In der Woche vom 26. Juli bis 1. August haben die “Bild”-Medien mindestens 31 Mal Fotos von Menschen gezeigt, die Opfer eines Unglücks oder Verbrechens geworden sind, davon fünfmal Kinder oder Jugendliche.
In zwei Fällen war das Gesicht verpixelt, in 29 Fällen gab es keinerlei Unkenntlichmachung.
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Bild.de zeigt zum Beispiel das Gesicht eines 13-jährigen Jungen, der ermordet wurde:
(Unkenntlichmachung von uns.)
Und das Gesicht einer Frau, die bei einem Hundeangriff ums Leben kam:
(Unkenntlichmachung von uns.)
Und das Gesicht einer Teenagerin, die in einem Kino in den USA erschossen wurde:
(Unkenntlichmachung von uns.)
Und erneut die Gesichter zweier Menschen, die bei einer Bootskollision gestorben sind:
(Unkenntlichmachungen von uns.)
Am häufigsten veröffentlichten “Bild” und Bild.de – wie in der Woche davor – Fotos einer Frau, die sie “Die Tote aus dem Nazi-Bunker” nennen:
(Alle Unkenntlichmachungen von uns. Dem Verdächtigen hat die Redaktion in manchen Fotos einen schwarzen Augenbalken spendiert; das Opfer bekommt keine Verpixelung.)
Mindestens 18 Mal haben die “Bild”-Medien bisher Artikel veröffentlicht, in denen private Fotos der Frau gezeigt werden. Viele davon stammen von ihrer Facebookseite.
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Nach einem Verbrechen oder Unglück in Social-Media-Profilen zu wühlen und daraus Fotos der Opfer zu veröffentlichen, ist redaktioneller Alltag bei “Bild”. Häufig erscheinen solche Fotos ohne jede Verpixelung und ohne Zustimmung der Angehörigen oder Hinterbliebenen.
In vielen Fällen werden Freunde, Kollegen oder Familienmitglieder sogar von Reportern bedrängt, damit sie Fotos der Menschen herausrücken, die sie gerade verloren haben.
“Bild” begründet die Veröffentlichung solcher Bilder damit, dass “nur so” die Tragik “deutlich und fassbar” werde.
Wie jedoch viele Betroffene selbst darüber denken, kann man zum Beispiel hier nachlesen. Dort sagt der Vater eines Mädchens, das beim Amoklauf von Winnenden getötet wurde und deren Foto in den Tagen darauf immer wieder in der “Bild”-Zeitung erschien:
Die “Bild”-Zeitung und andere, auch Fernsehsender, ziehen Profit aus unserem Leid! Dreimal hintereinander sind Bilder [unserer Tochter] erschienen, ohne dass wir das gewollt hätten. Wir hätten das nie erlaubt. Die reißen die Bilder an sich und fragen nicht danach, was wir Hinterbliebenen denken und fühlen.
Pressekodex Richtlinie 8.2
Die Identität von Opfern ist besonders zu schützen. Für das Verständnis eines Unfallgeschehens, Unglücks- bzw. Tathergangs ist das Wissen um die Identität des Opfers in der Regel unerheblich. Name und Foto eines Opfers können veröffentlicht werden, wenn das Opfer bzw. Angehörige oder sonstige befugte Personen zugestimmt haben, oder wenn es sich bei dem Opfer um eine Person des öffentlichen Lebens handelt.
In einem Interview in unserem Buch sagt ein anderer Betroffener, dessen Bruder bei einem Skiunfall gestorben ist und später ohne Erlaubnis der Angehörigen groß auf der Titelseite der ”Bild”-Zeitung zu sehen war:
Das war eines der schlimmsten Dinge an der Geschichte: Dass die “Bild” die Kontrolle darüber hat, mit welcher Erinnerung mein Bruder geht. Dass das letzte Bild von der “Bild”-Zeitung kontrolliert wird und nicht von ihm selbst oder von uns.
Auch in anderen Medien kommt es vor, dass solche Fotos veröffentlicht werden. Doch niemand macht es so häufig und so eifrig wie “Bild”. Mehr als die Hälfte aller Rügen, die der Presserat je gegen die “Bild”-Medien ausgesprochen hat, bezog sich auf die unzulässige Veröffentlichung von Opferfotos.
Um zu verdeutlichen, in welchem Ausmaß “Bild” auf diese Weise Profit aus dem Leid von Menschen zieht, wollen wir hier regelmäßig dokumentieren, wie häufig die “Bild”-Medien solche Fotos veröffentlichen.