1. Pistenbully auf Abwegen war PR-Aktion (ndr.de, Jörg Jacobsen)
Ein LKW-Fahrer mit einem Bully für Schneepisten auf der Ladefläche fährt nach Seefeld (Schleswig-Holstein) statt nach Seefeld (Tirol). Haha, hihi, große Freude auf den Panorama-Seiten von Zeitungen und Online-Portalen. Jetzt zeigt sich: War alles nur eine PR-Aktion, und viele Medien sind drauf reingefallen. Manchen Redaktionen kann man durchaus Vorwürfe machen, weil sie die Story zu leichtgläubig aufgeschrieben haben; anderen aber nicht: Sie haben recherchiert, bei den zuständigen Personen nachgefragt — und die blieben frech bei ihrer Mogelgeschichte. Auch die “dpa” ist auf den PR-Gag reingefallen und nun selbstkritisch der Angelegenheit nachgegangen.
2. Die dunkle Seite der Macht (spiegel.de, Jan Fleischhauer)
Die Geschichte zu dieser Geschichte geht zusammengefasst so: Nach der Wahl von Donald Trump lässt der Mediendienst “Meedia” unter anderem “Weltwoche”-Boss und Rechtsaußen-Politiker Roger Köppel die Leistung deutscher Medien bewerten. Überschrift: “‘Am schlimmsten ist der Spiegel’: Weltwoche-Chef Köppel rechnet mit deutscher Trump-Berichterstattung ab”. Gestern antwortete “Spiegel Online”-Kolumnist Jan Fleischhauer und schoss gegen Medienkritik im Allgemeinen und “Meedia” im Speziellen: “Köppel zu Blättern wie dem SPIEGEL oder der ‘Süddeutschen’ zu befragen, ist in etwa so, als ob man eine katholische Nonne bitten würde, Herrenmagazine zu rezensieren.” Daraufhin meldete sich “Meedia”-Chef Georg Altrogge: “Leider gibt es zu ‘positiver Berichterstattung’ über den Spiegel aktuell wenig Anlass, und genau das scheint der Grund zu sein, warum die Nerven in der Chefredaktion blank liegen.” Das Popcorn steht bereit.
3. Was ARD und ZDF mit den gesparten Olympia-Ressourcen machen müssen (sueddeutsche.de, Hans Hoff)
Die Olympischen Sommer- und Winterspiele 2018 bis 2024 wird es nicht live im öffentlich-rechtlichen Fernsehen zu sehen geben. “Für ARD und ZDF sieht das Scheitern der Verhandlungen auf den ersten Blick natürlich aus wie eine Niederlage”, schreibt Hans Hoff, doch: “Richtig ist aber auch, dass ARD und ZDF weiter über Probleme hinter den Kulissen berichten können, berichten müssen. Das ist der Auftrag des öffentlich-rechtlichen Fernsehens. Und vielleicht gelingt die Erfüllung dieses Auftrags noch ein Stückchen besser, wenn man nicht abgelenkt ist, weil man nebenbei noch die Übertragung stemmen muss.”
4. Die Lügner sind immer die anderen (deutschlandradiokultur.de, Nana Brink & Mark Heywinkel, Audio, 6:26 Minuten)
Mal poltern sie heftig gegen Hillary Clinton, mal geben sie Tipps, welche Waffen man am besten an Weihnachten verschenken kann: Die Website “Breitbart” ist eines der großen Sprachrohre der sogenannten “Alt-Right”-Bewegung in den USA, “Breitbart”-Chef Steve Bannon inzwischen Chefstratege von Donald Trump. “Ze.tt”-Redakteur Mark Heywinkel hat eine Woche lang “Breitbart” gelesen. Bei “Deutschlandradio Kultur” erzählt er, was er dort entdeckt hat.
5. Bürgerjournalismus belebt das Mediensystem (de.ejo-online.eu, Tobias Eberwein & Colin Porlezza)
Graswurzeljournalismus, Laienberichterstattung, Jekami-Journalismus (“Jeder kann mitmachen”) — das war vor einigen Jahren ein großes Thema, verbunden mit einigen Hoffnungen für die Medienbranche. Tobias Eberwein und Colin Porlezza haben geschaut, wie es heute “in sechs europäischen Ländern” beim digitalen Bürgerjournalismus ausschaut. Ihre Studie zeigt: Zur Medienvielfalt habe er zwar beigetragen, die einst prophezeite Revolution von unten sei allerdings weitgehend ausgeblieben.
6. Wunderheilung durch Wiederholungsdrama (uebermedien.de, Mats Schönauer)
Die große Titelgeschichte des zweimonatlich erscheinenden Regenbogenblatts “Freizeit Total” im Dezember/Januar: “Familien-Drama”. Im Februar/März: “Familien-Drama”. Im April/Mai: “Schock-Nachricht”. Im Juni/Juli: “Familien-Drama”. Im August/September: “Familien-Drama”. Im Oktober/November: “Familien-Drama”. Erkennen Sie ein Muster?
Asylthemen haben eigentlich einen Stammplatz auf dem Cover des “Compact”-Magazins. Im Oktober verkündete das Rechtsaußen-Blatt auf seiner Titelseite beispielsweise eine “Invasion aus Afrika”. In der aktuellen November-Ausgabe kommt Asyl im Vergleich zu den Vormonaten hingegen nur am Rande vor. Vorne auf dem Titel geht es um einen angeblichen “Angriff auf deutsche Sparer”, den Kampf der “Presstituierten (sic) gegen Trump” und Andreas Gabalier (“Alpen-Elvis” — “Der Heimat-Rocker”). Erst im Heftinnern findet man die übliche Hetze gegen Flüchtlinge. Ein genauerer Blick auf Martin Müller-Mertens’ Artikel zur “heimlichen Kolonisierung” lohnt sich aber.
Die amtliche Asylstatistik sei falsch, so Müller-Mertens’ These, weil sie den Familiennachzug verschweige. “Unter diesem Schwindeletikett werden in den nächsten Jahren Millionen Muslime zu uns geholt — auch auf Druck der EU”, heißt es im Teaser. Ob damit zwei Millionen Muslime in den nächsten zehn Jahren oder zehn Millionen in zwei Jahren gemeint sind, verrät Müller-Mertens nicht. Stattdessen peitscht er sein Publikum mit Schlagworten der extremen Rechten auf:
Rund zwei Jahre nach Beginn der Siedlerinvasion staut sich die nächste Welle von Fremden gerade auf. Nach Abschluss ihrer Aufnahmeverfahren dürfen sogenannte Flüchtlinge Teile ihrer Familien legal nach Deutschland holen — und zwar auf direktem Weg. Quasi unbemerkt, vorbei an jeder Asylstatistik, führt sie ihr Weg in Angela Merkels gelobtes Land.
Er stütz seine Argumentation auf eine Kleine Anfrage der Grünen an die Bundesregierung (PDF). Den politischen Hintergrund der Anfrage nennt der “Compact”-Autor nicht: Die Grünen fragten nach der Datengrundlage für die Behauptung von Teilen der Bundesregierung, es würden demnächst besonders viele Flüchtlinge über den Familiennachzug nach Deutschland kommen.
Zu Teilaspekten der Anfrage lieferte die Bundesregierung keine Daten, “da für § 29 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) kein separater Speichersachverhalt zur Verfügung steht” — die einzige Passage des langen, 20-seitigen Antwortschreibens, die “Compact” zitiert. Übersetzt heißt das: Beamte können im Datensatz des Ausländerzentralregisters kein Häkchen für einen Aufenthaltstitel nach diesem speziellen Paragraphen 29 setzen, er wird statistisch also nicht erfasst.
Martin Müller-Mertens fragt: “Kennen die Behörden tatsächlich keine Zahlen — oder sollen diese vor der Öffentlichkeit verschleiert werden?” Eine Antwort auf die Frage spart sich der Autor, suggeriert doch allein die Überschrift des Artikels (“Die heimliche Kolonisierung”), dass Letzteres stimme.
Wer unsere Serie “Mut zur Wirrheit” kennt, kann ahnen, was jetzt kommt. Die Antwort auf die Frage von “Compact” lautet: Natürlich kennen die Behörden entsprechende Zahlen. Sie machen sie auch regelmäßig öffentlich.
Was stimmt: Fälle nach Paragraph 29 des Aufenthaltsgesetztes sind im Ausländerzentralregister tatsächlich nicht eigens aufgeführt. Der Paragraph regelt die allgemeinen Grundsätze des “Familiennachzugs zu Ausländern”. Die Beamten der Ausländerbehörden haben trotzdem einige Felder, bei denen sie Häkchen zum Familiennachzug im Sinne des Aufenthaltsgesetzes setzen können: der Ehegattennachzug nach Paragraph 30, der Kindesnachzug nach Paragraph 32 sowie der Nachzug der Eltern und sonstiger Familienangehöriger nach Paragraph 36 wird im Ausländerzentralregister einzeln erfasst (PDF, ab Seite 33).
“Compact” ist das nicht aufgefallen oder egal, weil es nicht zur Linie des Blattes passt. Dabei nennt Autor Martin Müller-Mertens sogar selbst Zahlen, die es laut ihm ja eigentlich gar nicht geben dürfte:
Stellten deutsche Botschaften im Jahre 2005 insgesamt noch 80.000 Visa für Familienangehörige aus, waren es von Januar bis Oktober 2015 nur 49.000.
Sein Artikel basiert zu großer Wahrscheinlichkeit auf dem “Wikipedia”-Eintrag zur Familienzusammenführung. Dort findet man jedenfalls die von ihm genannten Zahlen, mit Verweis auf zweiTexte der “Zeit” beziehungsweise von “Zeit Online”. Die erste Zahl, die “Wikipedia” als Fakt präsentiert, ist eine vorläufige Schätzung aus dem Jahr 2006 — und somit nicht, wie von “Compact” behauptet, die Zahl der tatsächlich ausgestellten Visa.
Diese findet man im Migrationsbericht von 2014 (PDF, Seite 37): Für 2005 sind dort genau 53.213 Visa zum Zweck des Ehegatten- und Familiennachzugs ausgewiesen. Auch die 49.000 Visa für die ersten neun Monate des Jahres 2015 findet man im Migrationsbericht (Seite 10). Und noch mehr:
Auch das Ausländerzentralregister (AZR) bestätigt einen Anstieg des Familiennachzugs für das erste Halbjahr 2015 um 22% im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.
Es gibt also sehr wohl Zahlen zum Familiennachzug, sogar im Ausländerzentralregister. Mit dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, das das Zentralregister betreibt, und dem Auswärtigen Amt, das die Visastatistik erstellt, gibt es somit zwei Institutionen, die jeweils eigene Zahlen zum Familiennachzug kennen — zwei mehr, als “Compact” seinen Lesern nennt.
Und was ist nun mit der “Compact”-Prognose, nach der “in den nächsten Jahren Millionen Muslime zu uns geholt” würden? An dieser Stelle bietet sich ein Rückblick an: Addiert man die Zahlen des Migrationsberichts zum Familiennachzug von 2005 bis 2014, kommt man nicht mal auf eine halbe Million Menschen in den vergangenen zehn Jahren. Wohlgemerkt: Menschen insgesamt, also nicht nur die Familien von muslimischen Flüchtlingen, sondern etwa auch die ausländischen Familien deutscher Staatsbürger, Menschen aus vielen Ursprungsländern und aller Religionen.
Wenn, wie “Compact” behauptet, demnächst tatsächlich “Millionen Muslime” so nach Deutschland kommen sollten, müsste sich also die Zahl der Familiennachzügler vervielfachen und nicht nur um 22 Prozent steigen. Martin Müller-Mertens glaubt auch schon zu wissen, wie es zu so einem Anstieg kommen werde:
Dank einer weitgehend unbekannten Neuregelung vom August 2015 können Asylanten “einen Antrag auf Familiennachzug stellen, auch wenn sie nicht ausreichend Wohnraum und einen gesicherten Lebensunterhalt vorweisen können”, freute sich seinerzeit der Flüchtlingsrat Bayern in einem Merkblatt.
Die Regelung ist so “unbekannt”, dass sie nur im gleichen “Wikipedia”-Artikel zu finden ist, aus dem der Autor vermutlich seine Zahlen zieht. Als Quelle dient dort das von ihm genannte Merkblatt des Bayerischen Flüchtlingsrats (PDF). Dass sich dieser darin freue, ist Müller-Mertens Interpretation einer nüchternen Erklärung in Form einer kurzen FAQ.
Anders als von “Compact” behauptet, bestand die Neuregelung auch nicht darin, dass alle “Asylanten” ohne gesicherten Lebensunterhalt den Antrag auf Familiennachzug stellen können. Anerkannte Flüchtlinge konnten das beispielsweise auch schon vorher. Die genannte Neuerung bezog sich nur auf die sogenannten “subsidiär Schutzberechtigten”, die nicht als Flüchtlinge nach der Genfer Konvention anerkannt werden, aber auch nicht abgeschoben werden, weil ihnen in ihren Heimatländern Schaden droht. Sie konnten den Antrag auf Familiennachzug zudem nur für kurze Zeit stellen: Zum 1. August 2015 wurde der Familiennachzug für sie erleichtert, bis er im Januar 2016 für zwei Jahre ausgesetzt wurde.
“Compact”-Autor Müller-Mertens meint wohl diese Verschärfung des Asylrechts Anfang des Jahres, wenn er in seinem Artikel von einer “nur für eine Minderheit relevanten Zwei-Jahres-Sperre” schreibt. “Minderheit” trifft es nun auch nicht mehr ganz, denn im Juli 2016 wurde bei fast jedem dritten Asylantrag nur noch der subsidiäre Schutz bewilligt, berichtet etwa “Spiegel Online”.
Die Redaktion von “Compact” stellt nicht nur falsche Behauptungen auf, sondern berichtet treffsicher das genaue Gegenteil der Faktenlage. Dahinter dürften keine Fehler oder einfach nur schlampige Recherche stecken. Die “Lügenpresse”-Rufer von “Compact” treiben so ihre politische Agenda voran, sie machen Propaganda.
Allein die Synonyme, die das Magazin für geflohene Menschen verwendet, zeigen, wo es politisch zu verorten ist. Es nannte Flüchtlinge in den letzten Ausgaben etwa “Asylforderer”, “Invasoren”, “Siedler”, “Vaterlandsverräter” oder “Rapefugees”. Es finde eine “Islamisierung” statt, eine “Siedlerinvasion”, es herrsche “Kolonialismus”, bei dem Deutschland die Kolonie sei, es gebe eine “schwarze Flut” oder gleich einen “Asyl-Tsunami”. Es fällt auch das alte NPD-Schlagwort der “Völkervermischung”. Wer nicht in diesem Stil gegen Flüchtlinge hetzt, ist laut “Compact” Teil eines “Gutmenschenclubs”, der “Multikulti-Religion”, der “Vielfaltlobby” oder gleich der “Refugee-welcome-Sturmtruppen” und betreibe wahlweise “linksgrünen Tugendterror” oder “Gesinnungsterror”.
Bei der Bebilderung des Magazins gehört die Agitation ebenfalls zum festen Programm. Nur ein besonders dreistes Beispiel aus der April-Ausgabe, das neben einem Artikel zu finden ist, der sexuelle Übergriffe von Asylbewerbern auf junge Mädchen zum “Alltag in Deutschland” erklärt:
Die Illustration ist natürlich keine Anleitung zur Vergewaltigung. Sie stammt aus einer internationalen Kampagne zur sexuellen Aufklärung, die sich an alle richtet, die diese nötig haben, und die sich auch gegen jegliche Form des sexuellen Missbrauchs ausspricht.
“Compact” behauptet von sich selbst, weder rechtsradikal noch ausländerfeindlich zu sein. Die Redaktion sieht sich als Opfer von Verleumdungskampagnen und Zensurbemühungen. Ihre Zeitschrift befindet sich weiterhin deutschlandweit im Vertrieb und verkauft — nach eigenen Angaben — monatlich 41.000 Exemplare.
1. Journalisten nicht willkommen (djv.de, Eva Werner)
Journalisten nicht willkommen! Die AfD Baden-Württemberg will auf ihrem Landesparteitag keine Medien dabeihaben. Der Deutsche Journalisten-Verband wertet dies als Zeichen für ein massiv gestörtes Demokratieverständnis. DJV-Bundesvorsitzender Frank Überall: “Geradezu lachhaft ist, dass die AfD Baden-Württemberg statt der Teilhabe am Landesparteitag Journalisten mit einer Pressekonferenz mit vorgefilterten Informationen abfrühstücken will.“
2. Warum “Programmatic Advertising” der eigenen Marke schaden kann: Wenn Werbung Wunder verspricht, haben Medien ein Problem (kress.de, Bülend Ürük)
Von den politisch motivierten Fake-Nachrichtenseiten war die letzten Tage oftmals die Rede. Doch es gibt noch andere Desinformationsseiten und mit denen wird viel Geld verdient. Dabei geht es um Themen wie Diätpillen, Nahrungsergänzungsmittel, Glücksspiel und Kosmetik. Daniel Brückner von “testbericht.de” berichtet, dass die Werbung dieser Fakenachrichtenseiten auf 72 von 100 überprüften seriösen Nachrichtenseiten erscheint. Schuld daran sei unter anderem das “Programmatic Advertising” das Brückner als “Hintertürchen für Fake-Nachrichten” bezeichnet.
3. Obama sollte Manning die Reststrafe erlassen (reporter-ohne-grenzen.de)
“Reporter ohne Grenzen” appelliert an US-Präsident Barack Obama vor seinem Ausscheiden aus dem Amt, der inhaftierten Whistleblowerin Chelsea Manning den Rest ihrer Freiheitsstrafe zu erlassen: “Chelsea Manning sitzt schon jetzt länger im Gefängnis als jeder andere verurteilte Whistleblower in der US-Geschichte und hat während ihrer Haft grausam gelitten. Ihre unverhältnismäßige Strafe weiterhin zu vollstrecken, wäre eine unnötige Verlängerung ihrer Qualen. Schon jetzt zeichnen sich schwere Zeiten für die Pressefreiheit in den USA unter dem künftigen Präsidenten Donald Trump ab. Gnade für Chelsea Manning und Jeffrey Sterling wäre eine späte Gelegenheit für Obama, sich nach seinem erbitterten Feldzug gegen Whistleblower mit einem positiven Signal aus dem Amt zu verabschieden.”
4. Totficken, Steinigen, Kreuzigen – Wir haben getestet, ob Facebook Hetze und Morddrohungen löscht (vice.com, Stefan Lauer)
“Vice”-Autor Stefan Lauer hat eine Woche lang mehr oder weniger wahllos, wie er sagt, auf den Facebook-Seiten von NPD, diversen Pegida-Ablegern, anderen rechten Facebook-Seiten und öffentlich einsehbaren privaten Profilen Hasskommentare gemeldet und abgewartet, was passiert. Die Ergebnisse sind, nunja, ernüchternd: “Facebook scheint in einer braunen Hasslawine zu versinken und nicht zu wissen, wie damit umzugehen ist. Oder sie wollen sich gar nicht darum kümmern.”
5. Ein Urteil gegen Ankara (taz.de, Reinhard Wolff)
Die Türkei hatte beim Satellitenbetreiber Eutelsat einen Ausstrahlungsstopp des kurdischen TV-Kanals “Newroz” bewirkt. Dies hat ein Gericht nun kassiert: Der Sendestopp wurde für rechtswidrig erklärt, Eutelsat muss das Programm wieder ausstrahlen.
6. Was soll der Hype um “Game of Thrones”? (sueddeutsche.de, Luise Checchin)
Luise Checchin metzelt für die “SZ” die US-amerikanische Fantasy-Fernsehserie “Game of Thrones” nieder: “Wäre Game of Thrones einfach nur platt und redundant, es wäre alles halb so schlimm. Aber da ist eben auch diese schmierige Grundstimmung, die ab der ersten Episode vorhanden ist und die nach und nach bei jedem einigermaßen kritisch denkenden Menschen einen fundamentalen Selbst- und Fremdekel auslösen müsste. Game of Thrones ist eine Aneinanderreihung von sexistischem und gewaltverherrlichendem Schund.”
1. Zur Not auch ohne Print (sueddeutsche.de, Viola Schenz)
“New York Times”-CEO Mark Thompson erklärt seine Strategie für die Zukunft des Medienunternehmens und die liegt (natürlich) im Digitalen. Die Zeitung hat wie fast alle anderen Medien mit einer sinkenden Druckauflage zu kämpfen, investiert jedoch konsequent in ihren Netzauftritt. Bis 2020 will Thompson die Digitaleinkünfte auf 800 Millionen Dollar verdoppeln.
2. Keine Angst vor dem Publikum (de.ejo-online.eu, Marlis Prinzing)
Der Weltverband der Zeitungen (WDZV) hat Standpunkte von 78 Medienhäusern aus weltweit 46 Ländern zum Umgang mit Leserkommentaren erfasst. In vielen Redaktionen herrsche Furcht: “Schadet es dem Ruf der Zeitung, wenn Nutzer sich im Ton vergreifen? Wer haftet dann? Lohnt es sich überhaupt, in die Kommentar-Moderation zu investieren? Weil sie keine klaren Antworten sehen, ermöglicht jede fünfte keine Nutzerkommentare mehr oder leitet den Publikumsdiskurs von den eigenen Kanälen um auf Facebook und andere soziale Medien.” Prinzing rät dazu, den Draht zum Publikum nicht abreißen zu lassen und blickt auf Best-Practice-Beispiele wie die “New York Times” und “Dawn” aus Pakistan, die sich konsequent in die Diskussion einschalten.
3. So klischeehaft berichten Medien über Unternehmerinnen (gruenderszene.de, Kim Richters)
Kim Richters weist auf eine neue Studie des Instituts für Mittelstandsforschung hin. Darin wurde untersucht, wie sich die Berichterstattung über Unternehmerinnen und Gründerinnen in den vergangenen Jahren veränderte. Ergebnis der Studie: Es wird immer noch zu selten über Frauen berichtet, obwohl diese ein Drittel aller Selbstständigen ausmachen. Und wenn dann über sie berichtet werde, dann oft klischeehaft und mit Bemerkungen über ihr Aussehen.
4. Ein §130-Button, aber schnell! (taz.de, Roberto de Lapuente)
Facebook sei zum Tummelplatz für Rassisten geworden, so Roberto de Lapuente in seinem Debattenbeitrag auf “taz.de”. Lapuente fordert Konsequenzen auf verschiedenen Ebenen: Um das Melden von Hasskommentaren zu erleichtern, soll es gleich neben dem „Gefällt mir“-Button auch einen Volksverhetzungsbutton mit „§130“-Icon geben. Bei volksverhetzenden Kommentaren soll es eine Meldepflicht des Unternehmens an die Behörden geben. Und Facebook soll bei Beleidigungen oder Angriffen auf Privatpersonen zur Beweissicherung verpflichtet werden.
Nun denn, die Reaktion des Unternehmens auf derartige Vorschläge kann man sich wohl vorstellen.
5. Blocker und Keule (medienwoche.ch, Anne-Friederike Heinrich)
Die Chefredakteurin der “Werbewoche” Anne-Friederike Heinrich beschäftigt sich mit dem Monetarismus-Dilemma der Medien: “Wie bringt man den mit Kostenlosmedien verwöhnten Nutzern bei, dass Journalismus etwas kostet? Mit sanftem Druck oder mit dem Holzhammer?”
6. oliver kalkofe ist gegen eigenwerbung (wirres.net, Felix Schwenzel)
Felix Schwenzel äußert sich kritisch über einen Oliver-Kalkofe-Clip, in dem dieser die Youtuberin “Bibi” aufs Korn nimmt. Schwenzel wirft Kalkofe unter anderem Doppelmoral vor: “werbung machen für eigene produkte ist verachtenswert? kurz nach seiner bibi-nachäffung kann man im video sehen, wie kalkofe werbung für seine sendung auf dem premium-kanal tele5 macht, seine twitter- und facebook-kanäle anpreist und (seine „dummen“ fans?) dazu auffordert seinen youtubekanal zu abonnieren.” (Schwenzelsche Kleinschreibung im Original belassen)
1. Ex-Minister Baum kritisiert ARD-Film “Terror – Ihr Urteil” (abendblatt.de, Theresa Martus)
In der Filmversion von Ferdinand von Schirachs Theaterstück “Terror” konnten die Zuschauer über Schuld oder Unschuld eines Piloten abstimmen, der einen Flieger mit 164 Menschen an Bord abschießt, um einen von ihm befürchteten Terroranschlag zu verhindern. Der ehemalige Bundesinnenminister Gerhart Baum hat ein Urteil erstritten, in dem derartige Abschüsse verboten werden und kritisiert die Abstimmung: “Die Würde des Menschen darf nicht qualitativ oder quantitativ bewertet werden. Ein todgeweihtes Leben ist genauso viel wert wie ein Leben mit Zukunft, fünf Leben sind genauso wertvoll wie 50 oder 5.000. Das ist unsere Verfassung, so, wie sie von Anfang an interpretiert worden ist. Der Kampf gegen den Terror darf uns nicht veranlassen, den Boden des Rechts zu verlassen. Diesen Gefallen dürfen wir den Terroristen nicht machen. Und es gibt eben kein Allheilmittel gegen das Risiko.”
Weiterer Lesetipp: Die TV-Kritik von Ruth Schneeberger in der “SZ”: Die TV-Zuschauer stimmen gegen das Grundgesetz
2. Christoph Bauers Operation an den Herzkammern des Verlages (horizont.net, Uwe Vorkötter)
Beim Medienunternehmen DuMont wird seit einiger Zeit umgebaut, doch die derzeitig anstehenden Änderungen könnten elementar sein. Eine “Operation an den Herzkammern des Verlages” sei es, die der CEO der DuMont Mediengruppe da durchführe. Uwe Vorkötter schreibt bei “Horizont” über die unterschiedlichen Interessenlagen und die sich daraus ergebenden Szenarien für ein Medienimperium im Wandel.
3. Trump treibt den Journalismus in einen Ausnahmezustand (welt.de, Clemens Wergin)
Donald Trump bricht so ziemlich alle Regeln des Wahlkampfs. Immer mehr US-Journalisten schlagen zurück, geben ihre Neutralität auf – und riskieren so, Trump am Ende unfreiwillig zu helfen, so Clemens Wergin in der “Welt”.
4. Warum Sachsens Medienanstalt keine Online-Verstöße ahndet (flurfunk-dresden.de, Klaus-Dieter Müller)
In zwölf Bundesländern sind die Landesmedienanstalten auch für Telemedien zuständig. Nur der Freistaat Sachsen und drei weitere Landesregierungen haben die Aufgabe an staatliche Behörden delegiert. Dies führt zu einer für die Nutzer kaum zu durchschauenden Gemengelage, so der “Flurfunk Dresden”: “Sie heißt zwar Sächsische Landesanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien (SLM). Aber für das, was die meisten Leute unter „neuen Medien“ verstehen, sind die Regelwächter erstaunlicherweise nicht zuständig. Wenn zum Beispiel ein sächsischer Privatsender auf seiner Website rechte Hetze verbreitet oder bei Facebook ein fragwürdiges Gewinnspiel startet: Dann ist es nicht Sache der Landesmedienanstalt, das zu unterbinden.”
5. Journalisten: Nutzt die neuen Werkzeuge, sonst tun es andere (lousypennies.de, Stephan Goldmann)
Stephan Goldmann sieht Journalisten in der Pflicht, sich der Kommunikation mit den Lesern zu stellen: “Wenn Ihr den Auftrag als Vierte Macht im Staate noch ernst nehmt, dann geht dahin, wo es weh tut, wo die Konflikte der heutigen Zeit ausgetragen werden. Pegida, Verschwörungstheoretiker, Hetzpropaganda nutzen diese Werkzeuge mit Erfolg. Sie ihnen einfach zu überlassen, wäre der Tod des Journalismus zugunsten von Propaganda. Darum kämpft endlich um die Köpfe und Herzen der Leser – auf Social, in den Kommentarspalten und auf den Suchmaschinen.”
6. Der goldene Oktober der “Bild” (twitter.com, Jörg Lorenz, Video 01:54 Min.)
Jörg Lorenz alias @A3803 hat sich die Wetterprognosen von @WetterExperte und @BILD angeschaut und eine visuelle Verifikation gebastelt.
Für seine Oktoberausgabe hat sich das “Compact”-Magazin mal wieder redlich Mühe gegeben, die Spitzenposition unter den Hetz- und Angstmacherblättern zu verteidigen:
Es gibt das volle Programm: Drohkulisse, AfD-Interviews und als Gastautor Martin Luther. Interessant ist vor allem aber das zwölfseitige Dossier, das “Compact” einem Teilbereich seines Lieblingsthemas widmet, den “Frauen in den Lügenmedien”. Eingeleitet wird es mit einer Fotomontage, die die “NDR”-Journalistin Anja Reschke als auf der Kanonenkugel reitenden Baron Münchhausen zeigt. Der Titel des Aufmachers: “Anja Reschke weiß alles besser”.
Außerdem bietet das Dossier:
“Wenn Journalistinnen baden gehen” (über die zahlreichen Burkini-Reportagen)
“Das Schweigen der Emanzen” (seichte Frauenmagazine wie “Brigitte” äußerten sich überraschenderweise weniger polarisierend zur Kölner Silvesternacht als die Feministin Alice Schwarzer)
“Das ist Genickschuss-Journalismus” (Ex-“Bild”-Chef Peter Bartels erzählt den gleichen Unsinn, den er schon in seinem beim “Kopp”-Verlag erschienenen Buch erzählt hat, dieses Mal aber am Beispiel von “Bild”-Chefin Tanit Koch)
“Ideologie knallt auf Realität” (die “Bundeszentrale für politische Bildung” wollte den Text einer Journalistin zur Kölner Silvesternacht nicht, die “Emma” hat ihn dann gedruckt)
Über Anja Reschke hat Hans-Hermann Gockel geschrieben. Der 62-Jährige hat mal beim Privatfernsehen gearbeitet, jetzt schreibt er für “Compact” und “Junge Freiheit”, spricht auf AfD-Veranstaltungen und gibt in seinem eigenen Verlag seine eigenen Bücher raus, in denen er den politischen Eliten “Gedankenfeigheit” vorwirft. In “Compact” findet er nun den Gedankenmut zu solchen Worten:
Das Wort “Lügenpresse” kommt nicht von ungefähr. Der Begriff “Lückenpresse” würde es vielleicht noch besser treffen. Man verschweigt. Man verharmlost. Man verdreht, ganz im Sinne der Willkommens-Politik.
Die Leiterin der Abteilung Innenpolitik beim “NDR”, Anja Reschke, habe in “dieser elitären Welt der selbstherrlichen Besserwisser ihren festen Platz”:
Reschke ist eine Kollegin, die man schnell durchschaut. Flüchtlinge sind traditionell die Guten. Und die Rechten sind die Bösen. Deshalb weiß man bei ihren Sendungen vorher schon, was am Ende herauskommt. Bedauerlich jedoch, dass dafür immer öfter das Motto der Maurer und Zimmerleute herhalten muss: Was nicht passt, wird passend gemacht.
Für seine These zimmert sich Gockel zurecht, warum das von Reschke moderierte Magazin “Panorama” ein manipulatives Machwerk sein soll. Vor allem stört er sich an einem Beitrag vom 28. Juli, der der Frage nachgeht, ob es in deutschen Freibädern vermehrt zu sexuellen Belästigungen durch Flüchtlinge komme. Er wirft der Sendung vor, wichtige Fakten zu unterschlagen.
Gockels erstes Beispiel ist eine Mail der Düsseldorfer Polizei, in der es um einen “enormen Anstieg” der Sexualstraftaten gehe. Dass es sich dabei letztendlich nur um eine ziemlich aufgebauschte Geschichte der “Bild”-Zeitung handelt, ist Gockel keine Erwähnung wert. Wir hatten über den “Sex-Mob”-Artikel berichtet, und selbst “Bild” lieferte Zahlen nach, die die Geschichte wieder erdeten. Hans-Hermann Gockel unterschlägt, dass es im laufenden Jahr bis Anfang Juli in ganz Düsseldorf — nicht nur in Schwimm- und Freibädern — gerade mal acht Anzeigen in Bezug auf sexuelle Belästigung oder Übergriffe gab. Stattdessen behauptet er, “Panorama” erwähne die Fakten “mit keiner Silbe”.
Doch nicht mal das stimmt. Im Beitrag werden Zeitungsausrisse zu Meldungen über sexuelle Übergriffe von Flüchtlingen in Schwimmbädern gezeigt, unter anderem auch die “Bild”-Schlagzeile zum “Sex-Mob-Alarm”:
Was “Panorama” zurecht nicht macht: die falsche Panik-Berichterstattung von “Bild” einfach zu übernehmen. Stattdessen fragt der Beitragssprecher nur: “Gibt es Anlass für den von ‘Bild’ so reißerisch ausgerufenen ‘Sex-Mob-Alarm im Schwimmbad’ oder ist eigentlich alles ganz normal?” Die “Panorama”-Redaktion bezeichnet ihren Beitrag selbst vorsichtig als “Versuch einer Bestandsaufnahme.”
Hans-Hermann Gockel zählt im Artikel einzelne Fälle von sexueller Belästigung auf, bei denen Asylbewerber tatverdächtig seien. “Die Liste der Übergriffe in NRW ist lang. Sehr lang”, schreibt Gockel, verrät aber nicht, wie lang sie nun genau ist, sondern nur: “In Panorama davon kein Wort …” Er selbst verliert dabei kein Wort darüber, dass in dem “Panorama”-Beitrag eine Mutter davon erzählt, dass ihre elfjährigen Töchter von einem Flüchtling sexuell belästigt worden seien.
Um weiter zu suggerieren, dass sexuelle Übergriffe besonders durch Flüchtlinge begangen würden, druckt “Compact” diese Grafik neben dem Artikel:
Wir haben keine Ahnung, woher diese Statistik stammt.* Ganz sicher stammt sie aber nicht, wie von “Compact” angegeben, vom “Pew Reserch Center” (was ein Schreibfehler ist, denn eigentlich heißt das Forschungszentrum “Pew Research Center”). Für das amerikanische Meinungsforschungsinstitut wäre es ein völlig neues Feld, wenn es auf einmal deutsche Kriminalitätsstatistiken anfertigte. Diese erstellt hierzulande in der Regel das Bundeskriminalamt. Die Tatverdächtigen der “Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung” sind in einer Statistik (PDF, Seite 70) aufgeführt, allerdings nur in den Unterkategorien “Tatverdächtige insgesamt”, “nichtdeutsche” und “Zuwanderer”.
Wie “Compact” auf die Unterteilung nach “Volksgruppen” kommt, ist nicht nachvollziehbar. “Volksgruppe” ist kein Unterscheidungskriterium offizieller Statistiken. Wenn überhaupt, würden diese von Staatsangehörigkeiten sprechen.
Von der fragwürdigen Quellenangabe mal abgesehen, präsentiert “Compact” die Zahlen auf spezielle Art und Weise und ohne jeglichen Zusammenhang. Gezeigt werden Tatverdächtige pro 10.000 Mitglieder einer Nationalität. Es handelt sich also um Promillewerte, die “Compact” allerdings deutlich größer wirken lässt. Auf die 36 tatverdächtigen — also nicht verurteilten — Algerier kommen 9964, die nicht verdächtigt werden. Was außerdem unter den Tisch fällt: In Deutschland lebten 2015 laut “Statistischem Bundesamt” (PDF, Seite 39) nur 20.505 Algerier. Das sind weniger als die absolute Zahl deutscher Tatverdächtiger bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung, von denen es laut BKA vergangenes Jahr 25.487 gab. Für eine “Multikulti-Vergewaltigungswelle”, die “Compact” herbeischreiben will, würden die Zahlen also noch nicht einmal dann genügen, wenn sie denn aus einer seriösen Quelle stammten.
Zurück zu Hans-Hermann Gockel. Der behauptet, dass “Panorama” auch “die Tatsache, dass die Bäder an Rhein und Ruhr ihr Sicherheitspersonal in diesem Jahr verstärken mussten”, verschweige. Das stimmt sogar. Die Bäder an diesen beiden Flüssen kommen nicht vor. Mitglieder des “Panorama”-Teams haben nämlich stattdessen ein Freibad besucht, das an einem etwas weniger prominenten Fluss liegt, an der Hunte bei Oldenburg. Sie finden auch dort einen Zeugen dafür, dass es inzwischen mehr Sicherheitsleute in Schwimmbädern gibt. Das wiederum verschweigt nun Gockel, vielleicht auch deshalb, weil der Zeuge von “Panorama” der “Compact”-These von der Vergewaltigungswelle widerspricht.
Abgesehen von dem konkreten “Panorama”-Beitrag wirft Hans-Hermann Gockel Anja Reschke ihre grundsätzliche persönliche Haltung vor:
Schon am 5. August 2015 hatte Reschke in einem Tagesthemen-Kommentar einen neuen “Aufstand der Anständigen” gegen rechts propagiert: “dagegen halten, Mund aufmachen. Haltung zeigen, öffentlich an den Pranger stellen.”
Seine eigene Haltung versteckt Gockel lieber hinter anderen:
Wer diesen Kommentar heute im Internet aufruft, gewinnt schnell den Eindruck, dass er mit heißer Nadel gestrickt ist. Mancher nennt die Art des Vortrags sogar hysterisch.
Wer diesen Kommentar heute tatsächlich im Internet aufruft, wird schnell merken, dass Gockel das Zitat von Reschke verkürzt wiedergibt; möglicherweise, um zu suggerieren, Reschke rufe zum Vorgehen gegen sämtliche Meinungsäußerungen rechts der Mitte auf. Ihr volles Zitat lautet:
Wenn man also nicht der Meinung, ist, dass alle Flüchtlinge Schmarotzer sind, die verjagt, verbrannt oder vergast werden sollten, dann sollte man das ganz deutlich kundtun, dagegen halten, Mund aufmachen, Haltung zeigen, öffentlich an den Pranger stellen.
Anja Reschke spricht also nicht einfach nur von “rechts”, sondern von strafbaren rechtsextremen Äußerungen und Handlungen.
Und so scheint es, als würde Hans-Hermann Gockel nichts finden, das er Anja Reschke vorwerfen könnte, ohne seinerseits die Tatsachen zu verdrehen. Am Ende kommt er nur auf die dünne Anklage, dass Reschke bei einem Auftritt in der Sendung “Hart aber fair” Moderator Frank Plasberg spontan nicht genau sagen konnte, woher ein paar Sekunden Bildmaterials eines “Panorama”-Beitrags über Flüchtlinge stammen:
Die Leiterin einer Redaktion weiß nicht, wie ein Bilder-Teppich in ihrer Sendung zustande kommt? So viel Ahnungslosigkeit dürfte einmalig sein im deutschen Fernsehgeschäft!
Was Hans-Hermann Gockel offenbar nicht merkt: Mit diesem Urteil nimmt ausgerechnet er, der “Lügenpresse”-Rufer, das gesamte deutsche Fernsehen in Schutz. Eine solch positive Meinung übers deutsche TV dürfte einmalig sein unter “Compacts” Medienkritikern.
*Nachtrag, 19. Oktober: Inzwischen sind wir uns ziemlich sicher, woher die “Compact”-Redaktion die Zahlen aus der “Frau, komm!”-Grafik hat: vom Bundeskriminalamt (Tabelle 62). Dort findet man jedenfalls die Rohdaten, noch nicht “auf je 10.000 Mitglieder folgender Volksgruppen” heruntergerechnet. Diese Zahlen findet man in einer Grafik, die beim Hoster “Imgur” hochgeladen wurde und die sich auf die BKA-Zahlen beruft.
Die Zahlen, die “Compact” verwendet, beziehen sich also auf 2014 und nicht, wie von der Redaktion behauptet, auf 2015. Und sie stammen eben nicht vom “Pew Reserch Center” beziehungsweise vom “Pew Research Center”. Von den amerikanischen Forschern haben wir inzwischen ebenfalls eine Bestätigung bekommen, dass die Zahlen nicht von ihnen veröffentlicht wurden:
Dass wir fälschlicherweise als Quelle angegeben werden, oder bei vagen Aussagen als Quelle herhalten müssen, ist für uns inzwischen fast schon zur Gewohnheit geworden. Dass dieses Phänomen nun auch jenseits des Atlantiks auftritt, ist allerdings eine neue Erfahrung für uns.
Mit Dank an Hauke H. und @griboe für die Hinweise!
Auf der Facebookseite des Wiener Nachtclubs “Grelle Forelle” ist gerade ordentlich Rambazamba. Grund dafür ist ein Artikel des Gratis-Boulevardblatts “Heute” aus Österreich:
Der Text hat bei den Betreibern des “Grelle Forelle” für ziemlichen Unmut gesorgt. Denn irgendwie schien da so einiges nicht zu stimmen:
Dieser Facebook-Post verbreitete sich in den vergangen Stunden irre schnell — aktuell über 9400 Likes, mehr als 2400 Mal geteilt, über 350 Kommentare. Da konnte auch die “Heute”-Redaktion nicht anders als zu reagieren:
Und die Reaktion des “Grelle Forelle”-Teams darauf:
Weil der Fall etwas komplizierter ist, und in den Sozialen Netzwerken einiges zum Thema durcheinandergebracht wird, mal der Reihe nach: Völlig falsch dürfte der “Heute”-Artikel nicht sein. Es gab in der Nacht von Freitag auf Samstag tatsächlich einen Diebstahl im Backstage-Bereich eines Wiener Clubs. Und auch die Adresse stimmt. Nur sitzt dort nicht nur die “Grelle Forelle”, sondern auch “Das Werk”. Und dort war eben dieser Vorfall. In der “Grelle Forelle” kann es tatsächlich nicht gewesen sein, weil dort erst am kommenden Samstag nach mehrwöchiger Pause das Programm wieder startet.
Es gibt da aber noch weitere Probleme beim “Heute”-Artikel. Zum Beispiel das Foto der Sängerin Alison Lewis. Das zeigt tatsächlich eine Frau, die Alison Lewis heißt und mit ihrer Band “String of Ponies” auch tatsächlich Musik macht. Doch das ist nicht die Australierin Alison Lewis, die am vergangenen Wochenende in Wien aufgetreten ist, sondern irgendeine US-Sängerin aus Detroit, Michigan. Die richtige Alison Lewis hat sich bei Facebook inzwischen zu Wort gemeldet. Sie betreibt dort ein Profil unter ihrem Künstlernamen “Zanias” und schreibt unter anderem:
I was indeed robbed on Friday night in Vienna. While I was on stage someone snuck into the backstage, went through my bag and took my phone and wallet. However…
– As anyone reading what I post on this page probably knows, that photo is not of me.
– The club was Das Werk not Grelle Forelle.
– My wallet contained no Australian notes, no cash at all.
Womit wir schon beim nächsten Problem des “Heute”-Artikels sind: Der australische Fünf-Dollar-Schein, durch den der Dieb aufgeflogen sein soll. Aus Alison Lewis’ Portemonnaie konnte er ihn jedenfalls nicht haben, weil die Sängerin, wie sie selbst schreibt, gar kein Geld dabeihatte — und erst recht kein australisches, schließlich lebt sie in Berlin. In einer Polizeimeldung ist allerdings auch von diesem Fünf-Dollar-Schein aus Australien die Rede.
Dann ist da noch die Uhrzeit, zu der der Dieb zugeschlagen haben soll. “Heute” gibt sie mit “gegen 5 Uhr Früh” an. Da stand Alison Lewis beziehungsweise “Zanias” aber gar nicht auf der Bühne, sondern zwischen 2 und 3 Uhr. Der “Das Werk”-Betreiber bestätigte uns auf Nachfrage, dass der Diebstahl zu dieser Uhrzeit stattgefunden haben muss.
In den Kommentaren unter dem Facebook-Post des “Grelle Forelle”-Teams wird noch ein weiterer Aspekt des Artikels heftig kritisiert: die Nennung der Nationalität des Diebes. Der Vorwurf ist in diesem Fall nicht, dass die Information falsch ist, sondern dass sie überhaupt im Artikel steht. Auch aus unserer Sicht macht es keinen Sinn, das Herkunftsland eines Handy-Diebes in einem Nachtclub zu nennen. Die beklaute Alison Lewis schreibt ebenfalls: “Why the fuck is his nationality even relevant to the story?” In der Polizei-Meldung ist von der Nationalität nichts zu lesen. Der Vorwurf vieler Kommentatoren lautet, dass “Heute” hier nur gegen Ausländer hetzen will.
Eine Frau in der Kommentarspalte gibt sich übrigens als Autorin des Artikels aus, und in ihrem Facebook-Profil steht tatsächlich “Heute” als Arbeitgeber — gut möglich also, dass ihre Angabe stimmt. Sie entschuldigt sich bei den Mitarbeiter der “Grelle Forelle” und versichert, dass sie sich die Geschichte nicht ausgedacht hat. Auf die Nachfrage, warum sie denn nicht wenigstens etwas recherchiert und mal bei der “Grelle Forelle” angerufen hat, antwortet sie:
An einem Sonntag ein bissl schwierig…
Mit Dank an Sander und @KaiOliverKraft für die Hinweise!
1. USA haben Tempolimit, Europa bekommt Leistungsschutzrecht (golem.de, Friedhelm Greis)
Die EU-Kommission hat den Entwurf für eine neue Urheberrechtslinie vorgestellt — darunter das umstrittene Leistungsschutzrecht (LSR), das bei vielen Politikern, Branchenverbänden, Urheberrechtsexperten und sogar etlichen Medien (deren Leistung es eigentlich schützen soll) in etwa so beliebt ist, wie das Wort kurz ist. Nicht einmal Kommissionsvizepräsident Andrus Ansip scheint überzeugt (“Wird diese neue Regel den Verlagen und Journalisten helfen? Schauen wir mal”), lediglich die Verlegerverbände freuen sich über einen “historischen Schritt”. Die “SZ” beantwortet die wichtigsten Fragen zum LSR, “Netzpolitik” hat (vernichtende) Reaktionen gesammelt, “Zeit Online” und “Spiegel Online” kommentieren (ausgesprochen skeptisch), und auch DJV und “iRights.info” sehen in der Urheberrechtsreform einen Schritt in die falsche Richtung.
2. Adblock Plus & die Werbung — Das wahre Gesicht der Eyeo GmbH (mobilegeeks.de, Sascha Pallenberg)
“Personal Vendetta Rant incoming in 3, 2, 1…” So leitet Sascha Pallenberg seinen Text ein — und er hält, was er verspricht. Es folgt eine Abrechnung mit der dubiosen “Eyeo GmbH”, Betreiber des Werbeblockers “Adblock Plus”. Pallenberg liegt seit mehr als zwei Jahren im Clinch mit dem Unternehmen und insbesondere mit dessen Gründer Till Faida. Hier erklärt er nochmal die Hintergründe seiner Abneigung und nimmt die jüngste Ankündigung von “Eyeo”, künftig selbst Werbung ausspielen zu wollen, zum Anlass für eine hoffnungsvolle Prognose: “Man muss kein Prophet sein um behaupten zu koennen, dass wir gerade den Anfang vom Ende der Eyeo GmbH erleben und das ist verdammt gut so.” Dazu passt auch der Tipp von “Watson”: “Adblock Plus im Shitstorm — darum solltest du den Werbeblocker SOFORT deinstallieren”.
3. Die Mär, wie Portugal und Spanien vom “guten Weg” abkamen (uebermedien.de, Paulo Pena)
Der Spanien-Korrespondent der “Süddeutschen Zeitung” ist der Meinung, dass Portugals und Spaniens Reformen von dem “guten Weg” abgekommen seien, auf dem sich die Länder befunden hätten. Paula Pena fragt sich, “wie eine der einflussreichsten deutschen Zeitungen in einem Stück über die Wirtschaftssituation in Portugal und Spanien so viele falsche Tatsachenbehauptungen unterbringen kann”.
4. Wirkung des “Bild-Prangers” auf Facebook-Hetzer (de.ejo-online.eu, Anna Carina Zappe)
Im Oktober 2015 veröffentlichte die “Bild”-Zeitung Screenshots fremdenfeindlicher Hasskommentare von Facebook-Nutzern mit deren vollständigen Namen und Profilbildern. Jetzt haben Forscher der Ludwig-Maximilians-Universität München untersucht, inwieweit diese (vom OLG München als persönlichkeitsrechts-verletzend eingestufte) Praxis das Postingverhalten der Facebook-Nutzer beeinflusst hat. Demnach sei die öffentliche Bloßstellung “kein angemessenes Mittel, um Hasskommentaren entgegenzuarbeiten und so die öffentliche Meinung über Flüchtlinge zu verbessern”. Im Gegenteil: Zumindest kurzfristig habe sich die Zahl fremdenfeindlicher Kommentare sogar erhöht.
5. VG Wort: Noch keine Einigung über Rückforderung an Verlage (irights.info, Henry Steinhau)
Am Wochenende konnten sich die Mitglieder der VG Wort nicht darauf einigen, wie mit den anstehenden Nachzahlungen für Autoren umgegangen werden soll. Insgesamt geht es dabei wohl um knapp 100 Millionen Euro. Henry Steinhau fasst die (sehr gemischten) Reaktionen auf die Ergebnisse der Mitgliederversammlung zusammen und gibt eine eigene Einschätzung ab.
6. Wir hatten eine gute Zeit (zeit.de, Magnus Klaue)
Der Kulturphilosoph Byung-Chul Han schreibt über Buddhismus und Globalisierung, Aufmerksamkeit und Pornografie, Burn-out und Entschleunigung, Schwarmintelligenz und Flüchtlingskrise. Was dabei niemals fehlen darf: ein ordentlicher Schuss Kulturpessimismus. Das deutsche Feuilleton liebt ihn dafür — Magnus Klaue eher weniger. Zumindest nimmt er Han nicht allzu ernst und nähert sich seiner Schreib- und Denkweise in sieben Lektionen an.
1. kontertext: Sautreiben. (infosperber.ch, Felix Schneider)
In der “kontertext”-Kolumne hat Felix Schneider die Wahlen in Mecklenburg-Vorpommern zum Anlass genommen, an die Symbiose zwischen Politik und Medien zu erinnern. Die AfD hätte mit drei Themen gepunktet: Migration, Islam, Merkel. Alle drei seien tendenziell auch Hauptthemen in den Medien. Manchmal wäre es jedoch besser zu schweigen, so Schneider: “Wir brauchen einen Journalistenpreis, der nicht geschriebene Artikel und nicht gesendete Beiträge auszeichnet. Belohnt werden müsste, wer sich an der Burka-Debatte nicht beteiligt, wer Merkel nicht anschwärzt, wer nicht von der Flüchtlingskrise spricht. Das wäre, angesichts des ökonomischen und politischen Drucks, der auf den Medien lastet, schon viel, denn im Journalismus hat sich eine Ethik des Mitmachens etabliert: Dabei sein ist alles!”
2. DIE WELT begeistert durch schlagfertige Posts im Netz (netzpiloten.de, Jennifer Eilitz)
Die Social-Media-Redaktion der “Welt” ist für ihren gewitzten und schlagfertigen Umgang mit Trollen und Hetzkommentaren bekannt. Im Interview erklärt Niddal Salah-Eldin (Head of Social Media) wie die “Welt” in Sachen Community-Management vorgeht: “Wir wollten Rassisten, Hetzern und Trollen nicht das Feld überlassen, sondern den Bereich zurückerobern. Wenn man Nutzer, die nur zündeln, provozieren und hetzen wollen, nicht Grenzen aufzeigt, vergiften sie das gesamte Klima. Das wollten wir nicht zulassen. Es ist nun mal so: Eine positive und vitale Community bekommt man nicht geschenkt, man kann sie auch nirgendwo kaufen – man muss sie sich verdienen. Jeder bekommt die Community, die er sich erarbeitet.”
3. Marilys Liste (taz.de, Kaija Kutter)
Wie sich jetzt herausstellt, wurde die “taz”-Fotografin Marily Stroux 28 Jahre lang vom Hamburger Verfassungsschutz observiert. Woher man das weiß? Nun, sie hat über einen Anwalt nachfragen lassen, ob es beim Hamburger Verfassungsschutz eine Akte über sie gibt. Drei Jahre hat die Behörde gebraucht, um ihre Anfrage zu bearbeiten. Nun ist die Antwort da. Laut Verfassungsschutz sei Marily Stroux eine „bedeutende Person innerhalb der linksextremistischen Szene“. Stroux findet das gleichzeitig zum Lachen und zum Fürchten: „Das macht was mit mir. Ich fühle mich verfolgt.“
4. “Zeit Magazin Mann” haut opulent auf den Putz. (turi2.de, Jens Twiehaus)
Jens Twiehaus hat sich den neuen Magazinableger der “Zeit” angeschaut. “Mann” heißt das Ganze und soll für 8,50 Euro je Exemplar mit einer Auflage von 60.000 Stück ans gleichnamige Zielobjekt gebracht werden. Der Luxus triefe auf allen Seiten, so Twiehaus: ““Mann” positioniert sich als Magazin, das bei seinen Lesern untenrum mit dem Sexappeal des Geldes für Bewegung sorgt.”
5. Türkische Behörden konfiszieren Deutsche Welle-Videomaterial (dw.com, Martin Muno )
Die “Deutsche Welle” hat den türkischen Minister für Jugend und Sport in dessen Ministeriumsräumen interviewt. Dabei stellte Interviewer Michel Friedman auch Fragen zum vereitelten Putschversuch im Juli, zu den danach erfolgten Massenentlassungen und Verhaftungen, zur prekären Lage der Presse in der Türkei sowie zur Stellung der Frau in der türkischen Gesellschaft. Unmittelbar nach der Aufzeichnung des TV-Interviews hat ein Mitarbeiter des Ministeriums das Material beschlagnahmt. DW-Intendant Peter Limbourg dazu: “Das stellt einen neuen eklatanten Verstoß gegen die Pressefreiheit in der Türkei dar. Was wir hier erleben, erfüllt den Tatbestand der Nötigung durch die türkische Führung. Das hat mit Rechtsstaatlichkeit und Demokratie nichts mehr zu tun. Es darf nicht sein, dass ein Minister bereitwillig ein Interview gibt und dann auf derartige Weise dessen Ausstrahlung verhindern will, weil ihm die Fragen nicht gepasst haben. Wir fordern die türkische Seite zur unverzüglichen Herausgabe unseres Videomaterials auf. Zudem prüfen wir mögliche rechtliche Schritte.”
6. Fake-Foto bringt Stader AfD in Erklärungsnot (ndr.de)
Die AfD Stade hat die Wahlkampfbroschüre zum Thema “Innere Sicherheit” mit einem schockierenden Bild illustriert. Darauf ist ein schwarzgekleideter Mann zu sehen, der mit dem massiven Holzstiel einer Fahne auf einen zu Boden stürzenden Polizist eindrischt. Die Jacke des Schlägers trägt den Schriftzug “Antifaschistische Aktion”. Die AfD Stade hat das Bild mit “Rechtsstaat am Boden” beschriftet. Wie sich nun erweist, stammt das Bild nicht von einem Polizeieinsatz in Stade, es stammt noch nicht einmal aus Deutschland. Das Foto zeigt Ausschreitungen bei Protesten in Griechenland und das Logo der “Antifaschistischen Aktion” wurde nachträglich per Photoshop ins Bild montiert. Darauf angesprochen argumentiert die AfD Stade, bei dem Bild habe es sich lediglich um ein “Symbolfoto” gehandelt.
1. Nur din Job (youtube.com, Video, 2:51 Min.)
Das Schweizer Kleinkunst-Trio “Heinz de Specht” rechnet in seinem neuesten Clip mit den Methoden der Boulevardblätter “Blick” und “Schweizer Illustrierte” anlässlich des Vierfachmords von Rupperswil ab. Im Video zeigen sie nicht nur einige reißerische Überschriften, sondern holen zum Gegenschlag aus und blenden Bilder der verantwortlichen Reporter und Chefredakteure ein. Aus dem Refrain: “…dann bist du kein Arschloch und auch keine dumme Sau, dann bist du kein Riesentrottel und auch keine Trottelfrau, dann bist du nicht pietätlos, bist nicht mal besonders grob, nein, dann bist Blick-Reporter und machst ja nur deinen Job.”
2. Überschrift: “Kinder verschwunden” (ndr.de, Fiete Stegers)
Mit wenig schöner Regelmäßigkeit tauchen Schlagzeilen über in Deutschland verschwundene Flüchtlingskinder auf. Vor drei Tagen war es zum Beispiel die “Neue Osnabrücker Zeitung” (“NOZ”) mit “Fast 9.000 Flüchtlingskinder verschwunden”. Fiete Stegers ist für “Zapp” diesen Meldungen nachgegangen. Besonders von türkischer Seite hätte es viele Kommentare dazu gegeben, ein klarer Ursprung der türkischen Empörung könne jedoch nicht ausgemacht werden. Außerdem müsse man die Zahlen kritisch hinterfragen und in Relation setzen.
3. Der Gerüchte-Killer (kontextwochenzeitung.de, Susanne Stiefel)
Als die baden-württembergische Integrationsministerin Bilkay Öney vor einiger Zeit verkündete, dass in der Kaserne in Meßstetten Flüchtlinge untergebracht werden sollen, brach im Netz ein Shitstorm los. “Zollern-Alb-Kurier”-Lokaljournalist Michael Würz stemmte sich der Hetze mit sturer Beharrlichkeit und Geduld entgegen. Susanne Stiefel hat den Online-Redakteur besucht und sich mit ihm u.a. über die Glaubwürdigkeitskrise der Medien und über Ethik und Verantwortung im Journalismus unterhalten.
4. Unser Jeff (oxiblog.de, Kathrin Gerlof)
Kathrin Gerlof ist ein “Wirtschaftswoche”-Beitrag über den Amazon-Gründer Jeff Bezos negativ aufgefallen: Zu viel ungebrochene Bewunderung, zu wenig kritische Distanz und die ewig gleichen Gründermythen und Anekdoten: “Vielleicht liegt die Erfolglosigkeit so vieler Menschen auf der Welt nur daran, dass sie nicht über eine Garage verfügen. Und vielleicht zählt irgendwann mal irgendjemand all die Garagen in Vororten von Seattle oder anderswo zusammen, in denen Erfolgsgeschichten wie die von Amazon begonnen haben.”
5. No Comment – NPR deaktiviert Kommentarfelder unter den Artikeln (netzpiloten.de, Shan Wang)
Das von manchen mit dem Deutschlandradio verglichene amerikanische “National Public Radio” (NPR) deaktiviert auf seinen Webseiten die Kommentarfunktion. Nicht, weil man den Moderationsaufwand scheut, sondern weil es sich nicht lohnen würde. Die kommentierenden Hörer befänden sich auf Facebook, wo man bereits mehr als fünf Millionen Likes für die “NPR”-Page eingesammelt hat und Twitter (mehr als 6 Millionen Follower).
6. Apple-Kommunikation: Mit vollem Mund spricht man nicht (wuv.de, Peter Breuer)
Nachdem die Europäische Kommission Apple zu einer Steuernachzahlung von etlichen Milliarden Euro verdonnert hat (Rückforderung zu Unrecht erhaltener Steuervergünstigungen durch Apples Irland-Tricks), hat Apples CEO Tim Cook einen offenen Brief an seine europäischen Kunden geschickt. Peter Breuer hat das Schriftstück analysiert und findet ihn nicht besonders hilfreich.