Suchergebnisse für ‘wie hetze ich gegen ein land auf’

An den Pranger gestellt, Ethik des Verzichts, Angriff auf Fernsehteam

1. Journalisten öffentlich an den Pranger gestellt
(deutschlandfunk.de, Pia Behme & Niklas Ottersbach & Sebastian Wellendorf, Audio: 4:55 Minuten)
Der AfD-Fraktionschef in Sachsen-Anhalt, Oliver Kirchner, habe bei einer Rede auf einer Demo zwei Journalisten des MDR namentlich erwähnt und sie für ihre Berichterstattung kritisiert. Diese öffentliche Nennung werde von mehreren Seiten kritisiert. So habe sich die Landespressekonferenz Sachsen-Anhalt mit einem offenen Brief an den AfD-Politiker gewandt: “Aus unserer Sicht schüren Sie damit Wut und Hass gegen einzelne Medienvertreter und befördern vorsätzlich eine Stimmung, die nur allzu leicht in Gewalt umschlagen kann.”

2. Telegram löscht hundertfach
(tagesschau.de, Manuel Bewarder & Florian Flade & Milan Panek)
Nach Informationen von WDR und NDR aus Sicherheitskreisen hat das Bundeskriminalamt den Messengerdienst Telegram dieses Jahr in 392 Fällen aufgefordert, Inhalte zu löschen, was mehrheitlich auch erfolgt sei. Wesentlich restriktiver sei Telegram jedoch, wenn es darum geht, Namen oder Telefonnummern an die Ämter zu übermitteln. Das Unternehmen bestimme offenbar weitgehend selbst, wie es mit Anfragen deutscher Behörden umgeht.

3. Angriff auf Fernsehteam des NDR
(sueddeutsche.de, Julia Werthmann)
Ein Fernsehteam des NDR interviewte an einem Bahnübergang einen Sprecher des Fahrgastverbandes Pro Bahn, als es zu einem Eklat kam. Ein für die Sicherheit des Bahnübergangs verantwortlicher Mitarbeiter sei offenbar nicht mit dem – vorher genehmigten – Dreh einverstanden gewesen und habe gewalttätig reagiert. Die Verletzten seien im Krankenhaus behandelt worden.

Bildblog unterstuetzen

4. Alles für die Aufmerksamkeit
(woz.ch, Johannes Franzen)
Literaturwissenschaftler Johannes Franzen plädiert in der Schweizer Wochenzeitung “WOZ” für eine Medienethik des Verzichts. Das bedeute für Medien, “dass man bewusst über bestimmte Geschichten nicht berichtet, bestimmte Prozesse nicht analysiert, bestimmte Konflikte nicht kommentiert – gerade dann, wenn die Nachfrage danach angeblich besonders hoch ist. Eine Reflexion über mögliche Kategorien des Nichtberichtens könnte helfen, die exzessive Beschleunigung der digitalen Medienöffentlichkeit abzubremsen.”

5. Die Temperaturen steigen – und der Hass nimmt zu
(spiegel.de)
Eine Studie mehrerer Forschungsinstitute, darunter das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, kommt zu dem Schluss, dass es in den Sozialen Medien bei Temperaturen über 30 Grad zu mehr Beleidigungen und Hassnachrichten kommt: “Die Ergebnisse deuteten auf Grenzen der menschlichen Anpassungsfähigkeit an extreme Temperaturen hin, schreiben die Forschenden. Der Hass im Netz wiederum wirke sich nachweislich negativ auf die psychische Gesundheit der davon Betroffenen aus.”

6. Deutscher Radiopreis 2022: Die Gewinnerinnen und Gewinner
(dwdl.de, Thomas Lückerath)
Der Deutsche Radiopreis ist eine Einrichtung der Hörfunkprogramme der ARD, des Deutschlandradios und der deutschen Privatradios. Der für die Hör-Branche so wichtige Preis wurde dieses Jahr zu 13. Mal vergeben. Thomas Lückerath berichtet, in welchen Bereichen sich die Favoriten durchsetzen konnten, und an welchen Stellen es Überraschungen gab.

Buhrows Nichtwissen, Döpfners Gebet, Somuncus Gedankengeröll

1. ARD-Spitzen wussten seit Jahren von rbb-Bonussystem
(rbb24.de, René Althammer & Jo Goll & Daniel Laufer & Oliver Noffke)
Wie ein unabhängiges rbb-Rechercheteam im eigenen Haus ermittelt hat, soll der öffentlich-rechtliche Sender die restliche ARD über das (mittlerweile abgeschaffte) Bonussystem für rbb-Führungskräfte informiert haben. Das gehe aus einem internen Schreiben hervor. Der ARD-Vorsitzende und WDR-Intendant Tom Buhrow hatte bisher stets besritten, von Boni gewusst zu haben, die WDR-Pressestelle bestreitet auch weiterhin, dass es in der Kommunikation mit dem rbb um “Boni” gegangen sei.

2. “Washington Post”: Mathias Döpfner soll zum Gebet für Trump-Sieg aufgerufen haben.
(turi2.de, Daniel Sallhoff)
Der Springer-Vorstandsvorsitzende Mathias Döpfner soll einem Bericht der “Washington Post” zufolge vor der US-Wahl 2020 in einer E-Mail zum Gebet für einen Sieg von Donald Trump aufgerufen haben. Döpfner habe die Existenz der Mail zunächst abgestritten und wolle sie nach Vorlage eines Ausdrucks als ironisch verstanden wissen. Eine Argumentation, die einem bekannt vorkommt: Seine geleakte Mitteilung an den Autor Benjamin von Stuckrad-Barre über Deutschland als “neuen DDR Obrigkeitsstaat” wollte Döpfner später ebenfalls ironisch gemeint haben.

3. Serdar Somuncu kündigt “künstlerischen Suizid” an (und hat damit vielleicht schon begonnen)
(uebermedien.de, Stefan Niggemeier)
Der Kabarettist und Podcaster Serdar Somuncu moderiert seit sechs Jahren am Sonntagnachmittag auf Radio Eins die “Blaue Stunde”. Die Sendung am vergangenen Sonntag muss besonders bemerkenswert gewesen sein. Somuncu habe die Hörer und Hörerinnen über zwei Stunden mit einem “wüsten, nicht enden wollenden Gedankengeröll zugeschüttet”, so Medienkritiker Stefan Niggemeier: “Es ist ein wilder Ritt durch Somuncus kunstvoll unsortierte Gedanken, ein verwirrter und verwirrender Monolog. Einige Versatzstücke könnten aus einem handelsüblichen Kabarett-Soloprogramm stammen, weitere aus einem religiösen Selbstfindungsprogramm, andere von einer Rede auf einer Querdenker-Demo, noch andere aus einer nachts nach zweieinhalb Flaschen Rotwein entwickelten, überaus selbstbezüglichen Theorie über das Wesen der Egozentrik.”

Bildblog unterstuetzen

4. So berichten Sie angemessen über Wetterextreme
(journalist.de, Leonie Sontheimer)
Beim “journalist” gibt die freie Klimajournalistin Leonie Sontheimer Medienschaffenden Tipps für eine bessere Berichterstattung über Wetterextreme. Es gehe darum, den Zusammenhang zwischen Extremwetter und Klima herzustellen, angemessen zu bebildern, nicht nachzulassen und “einen Schritt weiter zu denken”.

5. Propaganda mit gefälschten SZ-Videos
(sueddeutsche.de, Jannis Brühl & Benedikt Heubl & Simon Hurtz)
Unbekannte haben die Website der “Süddeutschen Zeitung” nachgebaut, um von dort aus pro-russische Propaganda auszuspielen: “Die Urheber versuchen augenscheinlich jene Menschen zu erreichen, die bekannten Medien vertrauen und obskure Kanäle eher meiden, beispielsweise den in Russland entwickelten Messenger Telegram, auf dem sich nationalistische Gruppen tummeln.” Dass die Fakes viele Menschen erreicht haben, sei jedoch unwahrscheinlich.

6. Transfeindliche Hetzseite vom Netz genommen
(spiegel.de)
Über viele Jahre ging von der Troll-Plattform “Kiwi Farms” Hass, Hetze und Stalking gegen trans Personen, Frauen und queere Menschen aus. Nun habe ein wichtiger technischer Dienstleister der Plattform den Stecker gezogen. Damit sei es für die Hintermänner schwierig, die Hetzseite weiterzubetreiben.

Schlesinger und das Nachbeben, Strafbare Hetze?, Investigativ im Netz

1. Wie geht es weiter?
(rbb-online.de, Sarah Oswald, Video: 16:14 Minuten)
In der Affäre um die rbb-Intendantin Patricia Schlesinger ist einiges kaputtgegangen, was das Vertrauen ins öffentlich-rechtliche System und die Reputation des Senders anbelangt. Erfreulich ist jedoch, wie Teile der rbb-Belegschaft für Aufklärung sorgen wollen. So ist es bemerkenswert, wie unerschrocken “Abendschau”-Moderatorin Sarah Oswald den Programmdirektor Jan Schulte-Kellinghaus ins Verhör nimmt. Empfehlenswert ist auch das “rbb24 Spezial”, das sich mit den Vorgängen im eigenen Haus beschäftigt (Video, 19:10 Minuten).
Mittlerweile ermittelt auch die Berliner Staatsanwaltschaft wegen des “Verdachts der Untreue und Vorteilsannahme”, wie Alexander Fröhlich im “Tagesspiegel” berichtet. In einem weiteren Beitrag berichtet die Redaktion über ein illustres Abendessen zu Hause beim Ehepaar Schlesinger, für das die Gebührenzahlenden mit über 1.100 Euro zur Kasse gebeten wurden. Besonders pikant ist die Reaktion der damals miteingeladenen Polizeipräsidentin Berlins, die überrascht ist: “Frau Dr. Slowik hat die Information darüber, dass die Kosten für ein Abendessen bei der Familie Schlesinger und Spörl dem RBB in Rechnung gestellt wurden, mit großem Erstaunen und Irritation am gestrigen Tag zur Kenntnis genommen”, so ein Polizei-Sprecher: “Es war für sie in keiner Weise ersichtlich, dass dieses Treffen einen beruflichen Hintergrund hatte.”
Im Deutschlandfunk kommentiert Olaf Steenfadt von der Initiative “Unsere Medien” die Causa Schlesinger, und in den “Tagesthemen” befindet Medienkritiker Stefan Niggemeier: “Der Schaden für die ARD ist immens.”

2. Bloßes Theater oder straf­bare Hetze
(lto.de, Arne Klaas)
In einem von der rechtsextremen Gruppe “Freies Heidenau” geteilten Video wurde die Entführung von Wirtschaftsminister Robert Habeck inszeniert. Haben sich die Videohersteller damit strafbar gemacht? Die zuständige Staatsanwaltschaft hat jedenfalls die Ermittlungen aufgenommen. Rechtsanwalt Arne Klaas stellt in seinem Gastbeitrag für “Legal Tribune Online” die in Frage kommenden Straftatbestände vor.

3. Investigativ im Netz
(drehscheibe.org, Max Wiegand, Audio: 24:45 Minuten)
Im “drehscheibe”-Podcast erzählt Investigativreporterin Isabell Beer von ihren Recherchen, in denen sie in ein Netzwerk aus Vergewaltigern und Voyeuren (PDF) oder in die Online-Drogenszene (PDF) eintaucht. Wie verarbeitet sie das im Netz Gesehene? Und warum sollten auch Lokalzeitungen mehr im Internet recherchieren?

Bildblog unterstuetzen

4. Sendungsbewusstsein außerhalb der Echokammer
(netzpolitik.org, Thomas Seifert)
Eine neue Studie beschäftigt sich mit dem Verhalten von deutschen Twitter-Nutzern und -Nutzerinnen bei der Europawahl. Thomas Seifert fasst zusammen: “Als Ergebnis haben sie die Annahme widerlegt, dass rechtsradikale Nutzer:innen abgeschlossene Echokammern bilden würden. In Echokammern konsumieren die Nutzer*innen – ähnlich wie bei einer Filterblase – nur Meldungen, die in ihr Weltbild passen. Sie bestärken ihre Ansichten in diesen Kammern gegenseitig und radikalisieren sich auf diese Weise. Die Befunde der Forscher*innen legen nun aber vielmehr ‘die Existenz einer selbstbewussteren Form von Echokammern nahe’.”

5. Kampf um den Hetzmarkt
(jungle.world)
Mit dem neu gegründeten Internetradiosender “Kontrafunk” und dem österreichischen Internetfernsehsender “AUF1” starten gleich zwei Medien ins Geschäft mit rechtem Gedankengut und toxischen Inhalten. Der Beitrag der “jungle.world” fasst dieses Geschäftsmodell der “Alternativmedien” zusammen und erklärt, wie sie sich finanzieren wollen.

6. Knossi über TV-Auftritte, sein Software-Startup und wie viel er mit Youtube verdient
(omr.com, Philipp Westermeyer, Audio: 1:03 Stunden)
Youtuber, Streamer und Unterhaltungskünstler Jens “Knossi” Knossalla war beim “OMR”-Podcast zu Gast: “Knossi erzählt von seiner abgesetzten RTL-Show ‘Täglich frisch geröstet’, spricht über seine Auftritte als Musiker im Megapark, das Software-Startup Digital Blast, an dem er beteiligt ist. Und er beziffert auf den Euro genau, wie viel er mit Youtube in den vergangenen 28 Tagen verdient hat.”

Berichterstattung unerwünscht, Kampfansage an uns alle, Assange

1. Freie Berichterstattung unerwünscht
(taz.de, Gareth Joswig)
“Die AfD schließt unliebsame Medienvertreter aus und zeigt damit, wie ernst sie Pressefreiheit nimmt. Mit rechtextremen Medien spricht sie dagegen gern.” Gareth Joswig kritisiert in seinem Text den Umgang der Partei mit den Medien des klassisch-demokratischen Spektrums sowie ihre teilweise zu beobachtende Verschmelzung mit den sogenannten Alternativmedien.

2. Tik, Tok, Toxisch
(gutjahr.biz, Richard Gutjahr)
Als “Kampfansage an uns alle” bezeichnet Richard Gutjahr die neue inhaltliche Gewichtung bei Facebook und Instagram. Offebar in Reaktion auf die Konkurrenz durch TikTok sollen laut Gutjahr bei Facebook Freunde und Nachrichten-Inhalte von der Startseite verschwinden, und Creator-Clips sowie virale Videos stärker gewichtet werden. “Anstatt aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen, hat ein Wettrüsten begonnen um die hinterhältigste Manipulation menschlicher Schwächen und die schamloseste Ausbeute unserer Sehnsüchte. Das Ziel: noch mehr App-hängigkeit, noch mehr Daten, noch mehr Profit”, kommentiert Richard Gutjahr.

3. Professorin fürs Querdenken
(jungle.world, Tom Uhlig)
“Die Politikwissenschaftlerin Ulrike Guérot vertritt inzwischen lupenreine ‘Querdenker’-Positionen und wird dessen ungeachtet von deutschen Medien hofiert. Ob zu Corona oder zur Ukraine – Guérots Meinung ist gefragt.” Tom Uhlig schreibt über die bemerkenswerte Entwicklung einer Politikwissenschaftlerin, die trotz oder vielleicht gerade wegen ihrer extremen Positionen bei manchen Talk-Shows ein gern gesehener Gast ist.

Bildblog unterstuetzen

4. Medien und ihr schwieriges Verhältnis zu Assange
(deutschlandfunk.de, Bettina Schmieding, Audio: 47:03 Minuten)
Ein Deutschlandfunk-Hörer wirft deutschen Medien vor, das Schicksal des Wikileaks-Gründers Julian Assange, der in Abschiebehaft in einem britischen Hochsicherheitsgefängnis sitzt, nicht genügend thematisiert zu haben. Der Deutschlandfunk hat ihn in eine Gesprächsrunde eingeladen. Mit ihm diskutieren Bascha Mika (ehemals Chefredakteurin der “taz” und der “Frankfurter Rundschau”), Deniz Yücel (ehemals “taz”, jetzt “Welt”) und Bettina Schmieding aus der Dlf-Medienredaktion.

5. Hass im Netz – zu lange kultiviert durch Clickbait-Journalismus
(dwdl.de, Thomas Lückerath)
Dass sich Hass und Hetze im Internet so stark ausbreiten können, liege auch an der “verantwortungslosen Verwahrlosung von Journalismus”, kritisiert “DWDL”-Chefredaktuer Thomas Lückerath: “Dass Stimmungsmache im Netz – bis hin zur Hetze und Hass – überhaupt die große Bühne bekommen, ist über Jahre hinweg eben auch vielen Online-Redaktionen zu verdanken, deren Chefredaktionen journalistischen Anspruch durch Clickbait ersetzt haben und tausendfach Beihilfe zur Eskalation liefern.”

6. Mach nicht so ein Gesicht
(sueddeutsche.de, Christiane Lutz & Cornelius Pollmer & Johannes Korsche & Aurelie von Blazekovic & Tim Feldmann)
Für Hinweisgeber und Undercover-Reporter gibt es gute Gründe, anonym aufzutreten. Im Fernsehen werden diese Personen gerne hinter Schattenwänden versteckt, in übergroße Hoodies gesteckt oder sonstwie maskiert und verkleidet. Die “Süddeutsche” liefert einen unterhaltsamen Überblick über die kreativen Anonymisierungs-Methoden der TV-Branche.

Fragwürdige Telefonaktion, Youtube-Willkür, Künasts Sieg gegen Hetzer

1. Der WDR und die “jüdischen Wurzeln”
(uebermedien.de, Andrej Reisin)
In der WDR-Doku-Reihe “Unterwegs im Westen” fragte die Reporterin Rachel Patt “Wie jüdisch ist Deutschland?” und führte eine Telefonaktion durch, die bei einigen Zuschauerinnen und Zuschauern für heftiges Kopfschütteln sorgte. Es gibt aber noch weitere Kritikpunkte an der Sendung. Auf “Übermedien” kommentiert Andrej Reisin: “Nicht die Ergebnisse von Patts Recherche sind das Problem, sondern dass sie schlicht zu wenig recherchiert hat, dass sie nach Bauchgefühl agiert, statt simpelste Fakten wie die jüdische Einwanderungsgeschichte nach 1991 auf dem Kasten zu haben. Und kein:e Redakteur:in irgendetwas davon merkt.”

2. Schrecken mit Ende
(kontextwochenzeitung.de, Minh Schredle)
Wie an dieser Stelle vergangene Woche zu lesen war, warb die AfD in der “Frankfurter Rundschau” ganzseitig gegen die Corona-Impfpflicht. Die Verlagsverantwortlichen verteidigten die Schaltung der Anzeige zunächst als “Teil der geltenden Meinungsfreiheit”, ruderten dann jedoch zurück: Geschäftsführer Max Rempel bat um Entschuldigung und versprach, “dass es künftig keine Anzeigen der AfD mehr in der Frankfurter Rundschau geben wird”. Minh Schredle fragt sich, wie es zu dem Vorgang überhaupt kommen konnte, und ordnet den Fall ein.

3. Wider die Willkür
(sueddeutsche.de, Philipp Bovermann)
Wenn Youtube Videos oder ganze Kanäle löscht, kennen die Uploader und Betreiber häufig den Grund dafür nicht. Es gibt oft nur einen lapidaren Hinweis auf einen angeblichen Verstoß gegen die Community-Regeln. Wer sich damit nicht abfinden will, muss gegen den Großkonzern juristisch vorgehen. Die Europäische Union wolle diesen Zustand mit einem “Gesetz über digitale Dienste” beenden. Philipp Bovermann ist skeptisch: “Es sieht also so aus, als dürften die digitalen Plattformen künftig zwar nicht mehr so willkürlich wie bisher agieren, ihre souveräne Macht über die Inhalte aber behalten – auf expliziten Wunsch der EU. Das dürfte noch zu interessanten Debatten führen.”

Bildblog unterstuetzen

4. Renate Künast erringt klaren Sieg gegen Facebook-Hetzer
(spiegel.de)
Das Bundesverfassungsgericht hat der Politikerin Renate Künast im Streit über gegen sie gerichtete Beleidigungen bei Facebook in vollem Umfang recht gegeben: “Facebook dürfte damit in der Folge verpflichtet werden, weitere Daten von Nutzerinnen und Nutzern, die Renate Künast im Netz beleidigt haben, an die Grünenpolitikerin herauszugeben.”

5. Goldene Blogger 2022: weniger Blog, mehr Gold
(indiskretionehrensache.de, Thomas Knüwer)
Anfang April wird “Deutschlands ältester Social Media-, Creator- und Influencer-Award” verliehen, der noch den Namen aus alten Zeiten trägt: “Die goldenen Blogger”. Mit-Ausrichter Thomas Knüwer ist begeistert von den Nominierten, beklagt aber den abnehmenden Textanteil.
Transparenzhinweis: Der “6-vor-9”-Kurator des BILDblogs ist Bestandteil der Nominierungsliste.

6. ABC suspendiert Whoopi Goldberg nach Holocaust-Aussagen
(dwdl.de, Alexander Krei)
Die US-amerikanische Schauspielerin Whoopi Goldberg hat in einer Talkshow, an der sie als Co-Moderatorin teilnimmt, gesagt, dass es beim Holocaust “nicht um Rasse”, sondern um “Unmenschlichkeit des Menschen gegenüber dem Menschen” gegangen sei. Trotz ihrer hintergeschobenen Entschuldigung ist sie vom TV-Sender für zwei Wochen suspendiert worden.

Strafverfahren-Lawine, Feindbild Presse, Twitter nicht nur Rattenloch

1. Bundeskriminalamt erwartet 150.000 neue Strafverfahren pro Jahr
(zeit.de)
Das Bundeskriminalamt (BKA) bereitet sich wegen der Neufassung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes (NetzDG) gegen Hass in Sozialen Netzwerken auf Zehntausende zusätzliche Strafverfahren im Jahr vor. “Nach derzeitiger Schätzung ist jährlich mit rund 250.000 NetzDG-Meldungen zu rechnen, die etwa 150.000 neue Strafverfahren nach sich ziehen werden”, so ein BKA-Sprecher. Zum Hintergrund: Laut der neuen Regelung müssen Betreiber Sozialer Netzwerke ab dem 1. Februar den Behörden sämtliche strafbaren Inhalte melden.

2. Feind­bild Presse: Bedrohungen von Journalisten durch “Querdenker” nehmen zu
(rnd.de, Imre Grimm)
Mit einem neuen Flyer (PDF) will der Deutsche Journalisten-Verband die Polizei dabei unterstützen, falsche Journalistinnen und Journalisten von echten unterscheiden zu können, und stellt dafür eine digitalen Schnellcheckliste bereit. Imre Grimm erklärt, warum die Initiative derzeit besonders notwendig ist.
Weiterer Lesetipp: Nur mit Bodyguards: “Die Stimmung gegen Jour­na­lis­t:in­nen wird rauer. Dabei werden sie von Quer­den­ke­r:in­nen an ihrer Arbeit gehindert. Aber auch von der Polizei.” (taz.de, Volkan Ağar)

3. Ippen Media kramt veraltete ADAC-Studie raus, um E-Autos schlechtzureden
(volksverpetzer.de, Jan Hegenberg)
Jan Hegenberg ärgert sich über die negative Berichterstattung der Ippen-Medien (unter anderem “HNA”, “Münchner Merkur”) über E-Autos. Die Artikel seien in Überschrift und Anreißer irreführend, würden auf einer veralteten ADAC-Studie beruhen und sich bei näherer Betrachtung als billiges Clickbaiting herausstellen: “Dass der Ippen-Verlag derartig alte und umstrittene Studien wie diese ADAC-Studie immer wieder bringt, um Menschen an einer alten Technologie festhalten zu lassen, wird tragischerweise auch am ehesten diesen Menschen schaden. Sie werden so im Glauben gelassen, E-Autos seien nur ein vorübergehender Trend und bekommen mutmaßlich in ein paar Jahren zunehmend Probleme, wenn ihr Vehikel auf dem Gebrauchtmarkt ähnlich beliebt ist wie heute ein Röhrenmonitor oder eine Schreibmaschine.”

Bildblog unterstuetzen

4. Gettr – Die neue Rechtsaußen-Filterblase
(belltower.news, Stefan Lauer & Veronika Kracher)
Seit die großen Social-Media-Plattformen wie Facebook, Instagram und Twitter verstärkt gegen Hass, Hetze und Desinformation vorgehen, weichen viele Rechtsradikale und “Querdenker” auf Gettr aus. Dieses Netzwerk spiele vor allen in den USA eine große Rolle, werde aber auch zunehmend von den entsprechenden Kreisen in Deutschland genutzt.

5. “Gerade auch über Missstände berichten”
(deutschlandfunk.de, Michael Borgers & Bettina Schmieding, Audio: 7:01 Minuten)
Der Sportjournalismus befindet sich im Wandel. Konzentrierten sich viele Medien früher nahezu ausschließlich auf die sportlichen Aspekte und blendeten alles Negative aus, wird heutzutage zunehmend auch über Missstände und die politischen und gesellschaftlichen Aspekte berichtet. Eine Herausforderung für den Sportjournalismus, wie beim Hören des Deutschlandfunk-Gesprächs klar wird.

6. Twitter ist nicht nur ein Rattenloch
(spiegel.de, Margarete Stokowski)
“Ich hasse Twitter und Instagram auch manchmal. Aber stellen Sie sich mal vor, es wäre Pandemie und wir hätten das alles nicht. Das wäre wirklich die Hölle.” Margarete Stokowski freut sich in ihrer Kolumne, dass die Sozialen Netze nicht nur aus Hass, Hetze und schlechten Menschen bestehen, wie man manchmal vielleicht denken könnte.

“Klima Update”, Muslimfeindlichkeit, Genderdebatte und Sportjournalismus

1. “Der Rechtsstaat im Herzen getroffen”
(deutschlandfunk.de, Sebastian Wellendorf, Audio: 5:55 Minuten)
In Amsterdam wurde am Dienstagabend der bekannte niederländische Kriminalreporter Peter de Vries auf offener Straße niedergeschossen und lebensgefährlich verletzt. Sebastian Wellendorf hat mit der Korrespondentin Kerstin Schweighöfer über die Hintergründe der Tat gesprochen. De Vries habe in mehreren spektakulären Fällen recherchiert und an der Aufklärung mitgewirkt: “Er ist nicht nur Reporter, er hat sich auch als eine Art Privatdetektiv einen Namen gemacht – spezialisiert auf ‘cold cases’. Zum Beispiel hat er einen 20 Jahre alten Mord an einem elfjährigen Jungen gerade erst aufgelöst.” Zudem herrsche gegenüber Journalistinnen und Journalisten in den Niederlanden schon seit Jahren ein feindliches Klima.

2. Türkischer Exiljournalist in Berlin angegriffen
(reporter-ohne-grenzen.de)
Am Mittwochabend ist in Berlin ein regierungskritischer türkischer Journalist von drei Männern angegriffen und verletzt worden. Für Reporter ohne Grenzen kommentiert Christian Mihr: “Wir kennen die Hintergründe der Tat noch nicht, aber dass ein regierungskritischer Journalist aus der Türkei in Berlin angegriffen wird, ist besorgniserregend und könnte andere Exiljournalistinnen und -journalisten im Land einschüchtern. Die Behörden müssen dem Verdacht nachgehen, dass der Angriff mit seiner journalistischen Arbeit zusammenhängt. Medienschaffende im Exil sind vor Repressionen in ihren Heimatländern geflohen. Sie müssen sich hier sicher fühlen können.”

3. Olympiahoffnung: Mehr Frauen im Sport und im Sportjournalismus
(genderleicht.de, Anna E. Poth)
Angesichts der bevorstehenden Olympischen Spiele in Tokio hat der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) die Medien in einem offenen Brief (PDF) dazu aufgerufen, mehr über Sportlerinnen zu berichten: “Unsere Forderung ist: das Gewährleisten einer ausgewogenen und gleichwertigen Sportberichterstattung – ohne stereotype und diskriminierende Darstellungen von Sportlerinnen in Wort und Bild.” Die Initiative “Genderleicht” hat sich mit verschiedenen Fachfrauen über den Einfluss der Genderdebatte auf den Sportjournalismus unterhalten: mit Ulrike Spitz, Pressesprecherin des DOSB, mit Susanne Opitz, langjährige Sportjournalistin und Reporterin für das ZDF, und mit Nina Probst, Chefredakteurin des Sportblogs Sportfrauen.net.

Bildblog unterstuetzen

4. “Klima Update” bei RTL: “Zeichen der Zeit erkannt”
(dwdl.de, Timo Niemeier)
Lange hatten sich die Verantwortlichen der “Klima-vor-acht”-Initiative für ein regelmäßiges Klimaformat im Ersten eingesetzt, waren dort jedoch regelmäßig abgeblitzt. Konkurrent RTL hat die Gunst der Stunde genutzt und bringt das Format als “Klima Update” auf Sendung, das künftig immer donnerstags und samstags im Anschluss an die Nachrichtensendung “RTL Aktuell” zu sehen sei.

5. Muslimfeindlichkeit: Medien unter Druck
(verdi.de, Bärbel Röben)
Beim Interkulturellen Mediendialog in Frankfurt am Main wurde unter anderem über die Studie “Mediale Wahrnehmung des Islam bei Politiker*innen und Journalist*innen” diskutiert. Bärbel Röben fasst den Vortrag und die anschließende Diskussion zusammen.

6. Donald Trump klagt gegen Twitter, Facebook und Google
(zeit.de)
Der frühere US-Präsident Donald Trump will sich seine Socia-Media-Verbannung nicht gefallen lassen und hat Twitter, Facebook und Google auf Wiederherstellung seiner Accounts verklagt.
Weiterer Lesehinweis in Sachen Twitter: “Ein französisches Gericht ordnet an, dass Twitter seine Moderationspraktiken bei Hassrede offenlegen muss. Geklagt hatten französische Organisationen, die zuvor in einer Studie den nachlässigen Umgang des sozialen Netzwerks mit hetzerischen Inhalten angeprangert hatten.” – “Twitter muss endlich Verantwortung übernehmen” (netzpolitik.org, Denise Stell).

Rechte Hetze beim Kirchenschloss, Balders Abschied, Erzwingungshaft

1. Duldet das Bistum Augsburg völkisches Denken?
(br.de, Johannes Reichart)
BR-Reporter Johannes Reichart ist einem äußerst verstörenden Fall nachgegangen: Ein im Besitz der katholischen Kirche befindliches Schloss werde zur Verbreitung von rechter Hetze und völkischem Denken genutzt. Unter anderem werde dort das sogenannte “Schloss-Kultur-Magazin” publiziert. Darin mische sich unter allerlei Artikel über Gartenarbeit und Strickkleidung auch abstruses Gedankengut und Esoterik, das Magazin verbreite Weltverschwörungserzählungen und traditionalistisch-religiöse Extrempositionen: Ein Erzbischof warnt vor dem “Great Reset”, der von den “Dienern Satans” betrieben werde, Priester der erzkonservativen Piusbruderschaft hetzen gegen Abtreibung, Homosexualität und Klimaschutz. Das Bistum bemühe sich als Vermieterin der Immobilie seit Längerem “um Klärung”.

2. “Viel konsequenter digital ausrichten”
(journalist.de, Anna Paarmann)
Anna Paarmann ist Online-Chefin bei der “Landeszeitung” für die Lüneburger Heide und dort für Redaktionsprojekte zuständig. In einem Gastbeitrag für den “journalist” macht sie sich Gedanken darüber, wie der Journalismus widerstandsfähiger gemacht werden kann. Wer noch nicht auf “Digital First” setze, möge dies schleunigst tun: “Es gilt, historisch gewachsene Strukturen und Denkweisen ad acta zu legen: feste Ressortgrenzen, Einzelbüros, die Skepsis gegenüber Online, autonome Themenplanung, den Anspruch, dass ein guter Redakteur von 10 bis 19 Uhr ‘den Laden hüten muss’.”

3. Neues aus der Anstalt
(taz.de, Steffen Grimberg)
Bei den Gegnern des Rundfunkbeitrags wird derzeit ein Mann gefeiert, der seit drei Monaten in Erzwingungshaft sitzt. Dort befinde er sich jedoch nicht wegen ausstehender Gebühren, sondern wegen einer verweigerten Vermögensauskunft, erklärt Steffen Grimberg. Derlei Details scheinen den Leuten, die immer noch auf die (längst abgeschaffte) GEZ schimpfen oder die sich, wie die AfD, mit der Forderung “ARD abschaffen” an den Fall hängen, jedoch egal zu sein. Grimberg rät: “Damit endlich Ruhe im Erzwingerclub einkehrt, müssen alle Anstalten und die Vollstreckungsbehörden zu besseren Lösungen kommen. Denn pro 100 Euro, die ARD, ZDF und Deutschlandradio geschuldet werden, entsteht ein Imageschaden von locker 100.000 Euro.”

Bildblog unterstuetzen

4. Newsletter Netzwerk Recherche, Nr. 198 vom 24.6.2021
(netzwerkrecherche.org, Daniel Drepper & Albrecht Ude)
Pflichtlektüre, nicht nur für Journalistinnen und Journalisten aus dem Investigativbereich: der Newsletter des “Netzwerk Recherche”. Die neueste Ausgabe liefert wie immer einen guten Überblick über aktuelle Nachrichten, Veranstaltungen Seminare, Stipendien und Preise. Im Pressespiegel gibt es zudem wertvolle Lesetipps zu ausgesuchten Themen.

5. Gute Medienpraxis für städtische Quartiere der Vielfalt
(netzwerk-medienethik.de, Jessica Heesen)
Das “Netzwerk Medienethik” weist auf einen interessanten Forschungsbericht der Initiative “Migration und Sicherheit in der Stadt” hin. In dem Papier geht es um “Aspekte einer guten Medienpraxis für städtische Quartiere der Vielfalt” (PDF). Der Forschungsbericht gebe einen Überblick “über die rechtlichen und normativen Anforderungen an den Journalismus, die mit dem öffentlichen Integrationsauftrag der Medien verbunden sind.”

6. “Sender in die Grütze gefahren”: Hugo Egon Balder nimmt Abschied von Sat.1
(rnd.de, Matthias Schwarzer)
Hugo Egon Balder kann auf eine lange Zusammenarbeit mit dem TV-Sender Sat.1 zurückblicken. Anfang der 2000er-Jahre fing es für Balder dort mit “Genial daneben” an, einer Sendung, die sich erstaunlich lange hielt und nach einer Sendepause 2017 neu aufgelegt wurde. Doch nun steigt der mittlerweile 71-jährige Balder aus. Im Interview spricht er offen über seine Gründe und erzählt, welche Versäumnisse er beim Sender sieht. Außerdem kommentiert er den angestrebten Imagewandel des Sat.1-Konkurrenten RTL: “Es scheint mir so, als wollte man hier eher den Öffentlich-Rechtlichen Konkurrenz machen. Vermutlich kein ganz falscher Schritt: Zuletzt war die Devise bei den Sendern immer ‘Wir müssen verjüngen’. Das ist aus meiner Sicht aber ein Trugschluss. Von den Jungen kommt keiner mehr zurück. Wer seinen Sender verjüngt, hat irgendwann gar keine Zuschauerinnen und Zuschauer mehr.”

ZDF als Reputations-Waschanlage, Instanzenweg, Gegendarstellung

1. Das ZDF als Reputations-Waschanlage
(uebermedien.de, Christian Schwägerl)
Der Wissenschaftsjournalist Christian Schwägerl hat sich die aktuelle Corona-Doku des ZDF angeschaut (Untertitel: “Fakten mit Hendrik Streeck”). Er kommt zu einem vernichtenden Urteil: “Wenn diese Sendung ein Ziel hatte, dann kann das nicht gewesen sein, das Publikum zu informieren, wie es dem Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks entsprechen würde. Es ging offenbar darum, das Publikum für einen Mann zu gewinnen, über dessen Aussagen sich Spitzenfunktionäre der deutschen Wissenschaft schon seit Längerem mehr als nur ärgern.”

2. “Der Stern hatte mich gestern gebeten …”
(twitter.com, Jörg Kachelmann)
Der Moderator Jörg Kachelmann schreibt, er sei vom “Stern” darum gebeten worden, etwas zu den aktuellen Entwicklungen um Julian Reichelt und “Bild” zu verfassen. Weil die Sammelgeschichte nicht erschienen sei, veröffentliche er seinen Beitrag dazu nun auf Twitter. Wie man es von Kachelmann gewohnt ist, fallen deutliche Worte: “Erst wenn alle den Mut haben, nicht mehr übers Bild-Stöckchen zu springen, den Mut haben, sich nicht mehr nötigen zu lassen und Friede Springer und Mathias Döpfner für ihr bösartig kalkuliertes Geschäft mit der Menschenverachtung gesellschaftlich ausgrenzen, kann Deutschland ein besseres Land werden.”

3. Schönenborn über “Letzte Instanz”: “Kollektiv tiefrote Linien übersehen”
(dwdl.de, Alexander Krei)
WDR-Programmdirektor Jörg Schönenborn hat sich im “Tagespiegel” selbstkritisch zu der verunglückten Rassismus-Ausgabe der Talkshow “Die letzte Instanz” geäußert, dabei aber auch die in seinen Augen schnelle Reaktion des Senders gelobt. Alexander Krei ist anderer Meinung: “Allein, ‘schnell’ ist in diesem Zusammenhang relativ, denn was aus dem Interview im ‘Tagesspiegel’ nicht hervorgeht: Die Entschuldigung des WDR und die genannten Reaktionen erfolgten erst nach der Wiederholung im Januar – und damit zwei Monate nach der Erstausstrahlung, die offensichtlich weitgehend unbemerkt über den Sender ging.”
Weiterer Lesehinweis: Heute soll es im WDR einen Schwerpunkt zum Thema Rassismus geben, zu dem man auch die Comedy-Künstlerin Enissa Amani eingeladen hatte. Amani hatte als Reaktion auf die misslungene WDR-Sendung “Die letzte Instanz” auf eigene Kosten selbst einen Talk auf die Beine gestellt: “Die beste Instanz”. Auf Twitter macht sie ihrem Ärger über die Umstände der Einladung Luft: “Der WDR, hat sich am 20. Februar bei mir gemeldet, PER SMS, (Nummer über einen Comedian rausgefunden, ich war sehr sauer, dass man nicht die Courtesy hat zu mailen bei einer Person der Öffentl.) und wollte mich zum grossen ‘Reinwaschungs-Talk’ einladen. Ich habe abgelehnt.” Im sich daran anschließenden Thread geht es um ihre konkreten Ablehnungsgründe.

Bildblog unterstuetzen

4. Der aktuelle Zustand ist sehr bitter: Warum sich Datenjournalisten über das RKI und die Politik ärgern
(kress.de, Henning Kornfeld)
Die Datenjournalistin Christina Elmer (“Spiegel”) und ihr Kollege Johannes Schmidt-Johannsen (SWR) haben unter dem Dach des Netzwerk Recherche eine Fachgruppe gegründet, die bereits 70 Mitglieder habe. Das Ziel: Auf “eine höhere Verlässlichkeit der Daten zu drängen, zum Beispiel der des Robert Koch-Instituts. Wenn das gelänge, müssten die Kolleg:innen nicht dauernd ihre Skripte umstellen oder Daten händisch einpflegen. Der aktuelle Zustand ist sehr bitter, weil der Datenjournalismus viel mehr leisten könnte, wenn die Daten und Zugänge besser wären. Wir wollen als Fachgruppe darauf aufmerksam machen, dass es da einen großen Nachholbedarf gibt.”

5. Der Cancel-Culture-Strohmann
(taz.de, Malte Göbel)
Das Landgericht München hat die “Süddeutsche Zeitung” dazu verpflichtet, eine Gegendarstellung des Berliner Publizisten und Bloggers Johannes Kram (“Nollendorfblog”, einst auch als BILDblog-Kolumnist tätig) abzudrucken. Das Gericht urteilte, die “Süddeutsche”, konkret der “SZ”-Autor Andrian Kreye, habe Kram falsch wiedergegeben. Malte Göbel dröselt auf, worum es bei dem Konflikt geht, und erklärt, warum die Schlussfolgerung des, seiner Ansicht nach, ansonsten um Ausgewogenheit bemühten “SZ”-Textes falsch sei: “Johannes Kram hat das nie so gesagt oder geschrieben. Er taugt nicht als Hetzer. Kreye hat einen Cancel-Culture-Strohmann aufgebaut und niedergestreckt.”
Weiterer Lesehinweis: Johannes Kram erwirkt einstweilige Verfügung gegen die “SZ” (queer.de, Micha Schulze).

6. Beschwerdestelle verzeichnet Rekord bei gemeldeten Rechtsverstößen
(spiegel.de)
Die Zahl der berechtigten Beschwerden über kriminelle Inhalte im Internet in Deutschland sei weiter angestiegen, so der Internetverband eco in seinem Jahresbericht (PDF). Es habe knapp 19 Prozent mehr Fälle als im Vorjahr gegeben. Wer der eco Beschwerdestelle etwas melden will, kann dies unter beschwerdestelle.eco.de oder internet-beschwerdestelle.de tun.

Steilvorlage für Rechtsaußen, Spahns Privates, Männliche Regionalzeitungen

1. Die dpa liefert Steilvorlage für rechte Verschwörungshetzer – die “Welt” nimmt dankend an
(volksverpetzer.de, Tobias Wilke)
Die FDP-Bundestagsabgeordnete Linda Teuteberg fragte beim Bundesinnenministerium nach dem Anteil der Asylerstantragstellenden, die bei der Antragstellung keine gültigen Identitätspapiere vorweisen konnten. Der Anteil habe bei mehr als der Hälfte gelegen, so das Ministerium. Über eine dpa-Meldung gelangte die Zahl zu allerlei rechten Postillen und der NPD, die sie in ihre Erzählung einpflegten. Aber auch die “Welt” stürzte sich auf die Meldung. Tobias Wilke erklärt, wie die Zahl zustande komme und warum der Skandal an ganz anderer Stelle liege. Lesenswert, weil es eine Falschargumentation dekonstruiert, auf die viele aus Unkenntnis hereinfallen.

2. Das Private ist politisch
(taz.de, Steffen Grimberg)
Die Immobiliengeschäfte von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn werfen Fragen auf. Fragen, mit denen sich Redaktionen beispielsweise ans Grundbuchamt gewandt haben. Spahn scheint dies sehr zu missfallen: Laut “Tagesspiegel” hätten seine Anwälte erfahren wollen, wer denn da von welchen Medien was genau wissen wollte. Steffen Grimberg kommentiert: “Alles Private ist immer noch politisch. Und was Spahn verbergen wollte, interessiert plötzlich alle Welt. Er sollte sich schleunigst bessere Be­ra­te­r*in­nen besorgen, sonst geht’s am Ende noch auf die Gesundheit.”

3. Tipp: So klappt es mit der Filmförderung
(fachjournalist.de, Ralf Falbe)
Was nicht alle wissen: Die Filmförderung springt nicht nur bei aufwändigen Kinoproduktionen, sondern auch bei Kurzfilmen, Dokus und Multimedia-Projekten ein. Ralf Falbe gibt Tipps für die Antragstellung und Kostenzusammenstellung. Nicht nur für Produzenten und Filmemacherinnen lesenswert, weil der Text einen ganz anderen Blick hinter die Kulissen liefert.

Bildblog unterstuetzen

4. Männerdomäne Regionalzeitungen: ProQuote Medien stellt neue Studie vor
(pro-quote.de)
Der Verein ProQuote hat eine “qualitative Studie zu Machtbeteiligung und Aufstiegschancen von Journalistinnen bei Lokal- und Regionalzeitungen” angestoßen (PDF). In der Untersuchung geht es auch um die Fragen, warum in deutschen Regional- und Lokalzeitungen so wenige Frauen in Führungspositionen kommen und wie man dem entgegenwirken kann: “Der Frauenmachtanteil in den Chefredaktionen liegt bei rund zehn Prozent – und damit niedriger als in jeder anderen Mediengattung.”

5. Lie­bes­grüße von der Medi­en­auf­sicht
(lto.de, Frederik Ferreau)
Unlängst verschickten Landesmedienanstalten “Hinweisschreiben” an verschiedene Onlineportale, in denen sie auf Ungenauigkeiten in der Berichterstattung aufmerksam machten. Medienrechtler Frederik Ferreau wirft einen juristischen Blick auf die neue Praxis und kommentiert: “Das ist in der Anfangsphase ein begrüßenswertes, weil grundrechtsschonenderes Vorgehen. Bedenklich werden solche Schreiben aber, sollten darin geringfügige Mängel der Online-Portale thematisiert werden, die gar nicht das Potential einer Tatbestandserfüllung besitzen: Dann überdehnte die Aufsicht ihre Befugnisse und könnte schlimmstenfalls ‘chilling effects’ in Form einer Einschüchterung der Anbieter hervorrufen. Im sensiblen Spannungsfeld zwischen Medien und Medienaufsicht gilt es, solche Effekte unbedingt zu vermeiden.”

6. ServusTVs Corona-Quartett gleicht einem Verschwörungskabinett
(kobuk.at, Lena Wechselberger)
Lena Wechselberger analysiert die Sendereihe “Corona-Quartett” des österreichischen Privatsenders ServusTV, die zum Stelldichein von “alternativen Experten” wurde. Ihr Fazit: “Diskussionen über COVID-19 und die Regierungsmaßnahmen dürfen natürlich durchaus kritisch und kontrovers sein, das ist keine Frage. Polarisierung zum Selbstzweck einer gesamten Sendreihe zu machen, ist jedoch höflich ausgedrückt: Mehr als fraglich. Das Ergebnis ist die Konstruktion einer Parallelrealität fernab jeglicher wissenschaftlichen Fakten. Das Corona-Quartett wurde so zur österreichischen Speerspitze verharmlosender (Falsch-)Information während einer weltweiten Pandemie.”

Blättern:  1 2 3 4 ... 27