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Wissenschaftsgefahr “Bild”, Lisas Judenwitze, Deutsche Welle

1. Infamer “Bild”-Artikel: Im Stil von Fox News gegen die Wissenschaft
(riffreporter.de, Christian Schwägerl)
Unter der Überschrift “Die Lockdownmacher” (Unterzeile: “Experten-Trio schenkt uns Frust zum Fest”) bildete die “Bild”-Redaktion Fotos von drei Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen ab. Dazu wurden in der Print-Version drei weihnachtliche Geschenkpakete mit den Aufschriften “Geschenke-Kauf 2G”, “Familienfest nach Corona-Regeln” und “Kino-Verbot für Ungeimpfte” gezeigt. Der Beitrag sei auf vielen Ebenen falsch, so Christian Schwägerl und besorgniserregend: “Was ‘Bild’ macht, wird vor dem Hintergrund der Radikalisierung der Szene der Coronaleugner zur Gefahr für die Wissenschaft in Deutschland.”
Weiterer Lesetipp: Beim “Tagesspiegel” schreibt Medien-Experte Joachim Huber: “Ob Blatt, online oder Bild-TV, ‘Bild’ hat nur die Macht, die ihr zugestanden wird. Also müssen sich ein Bundeskanzler Olaf Scholz und seine Koalitionäre genau überlegen, in welcher Nähe, mit welcher Distanz sie mit diesem zum Niedermachen bereiten Medium umgehen.” Und bei der “Süddeutschen” kommentiert Willi Winkler die Anwesenheit von Spitzenpolitikerinnen und -politikern bei Springers Spendengala im ZDF: “Der leider Gottes verstorbene Wiglaf Droste hat einmal gesagt: ‘Ich habe tote Fische gesehen, die es ablehnten, sich in Bild einwickeln zu lassen.’ Olaf Scholz, Annalena Baerbock und Robert Habeck haben damit kein Problem.”

2. Deutsche Welle stellt Mitarbeiter frei
(faz.net, Kim Maurus)
Mitarbeiter der Arabisch-Redaktion der “Deutschen Welle” sollen sich in Sozialen Medien antisemitisch geäußert haben. Der deutsche Auslandssender habe sie daraufhin für die Zeit einer Untersuchung freigestellt. Geleitet werde die Untersuchung von der ehemaligem Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger und dem deutsch-israelischen Psychologen und Autor Ahmad Mansour.

3. Lisa Eckhart und die Judenwitze
(juedische-allgemeine.de, Philipp Peyman Engel)
“Braucht es wirklich öffentlich aufgeführte Judenwitze, um auf das Problem des Judenhasses in diesem Land hinzuweisen?” Philipp Peyman Engel beschäftigt sich in der “Jüdischen Allgemeinen” mit dem Programm der Kabarettistin Lisa Eckhart. Diese sei keine Antisemitin, “aber sie ergeht sich, und das ist schlimm genug, genüsslich in judenfeindlichen Pointen, ohne jegliche ironische oder andere künstlerische Brechung. Sie reproduziert judenfeindliche Bilder, die in unserer Gesellschaft ohnehin schon massenhaft zirkulieren, und trägt zu ihrer weiteren Verbreitung bei.”

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4. Bündnis will EU-Sanktionen gegen NSO Group
(reporter-ohne-grenzen.de)
In einem offenen Brief drängt Reporter ohne Grenzen zusammen mit mehr als 80 gemeinnützigen Organisationen und unabhängigen Fachleuten auf die Einführung von EU-Sanktionen gegen die NSO Group, die Herstellerfirma der Spähsoftware Pegasus. Die EU müsse “angemessene Schritte ergreifen, um die Nutzung und den Handel von NSO-Technologie zu verbieten, bis ein wirksamer Schutz von Menschenrechten gewährleistet sei”. Seit den ersten Enthüllungen des Pegasus-Projekts im Juli dieses Jahres seien mehr als 220 Journalistinnen und Journalisten als mögliche Spähobjekte identifiziert worden.

5. Bis zu 13 Millionen Zuschauer: Interesse an “Tagesschau” steigt in Pandemie wieder
(rnd.de)
Ähnlich wie zur gleichen Zeit des vergangenen Jahres erleben Fernsehnachrichten sowie Informations- und Diskussionssendungen im TV einen deutlich erhöhten Zuspruch. Den Corona-Entwicklungen geschuldet, würden derzeit bis zu 13 Millionen Zuschauerinnen und Zuschauer die 20-Uhr-Ausgabe der “Tagesschau” einschalten. Ein normaler Wert über alle Kanäle hinweg seien zehn Millionen.

6. Pirinçci muss Neu­bauer 6000 Euro zahlen
(lto.de)
Das Landgericht Frankfurt hat entschieden: Nach einer sexistischen Beleidigung auf Facebook muss der Autor und Blogger Akif Pirinçci der Klima-Aktivistin Luisa Neubauer eine Entschädigung in Höhe von 6000 Euro zahlen. Neubauer wolle die Summe an die Organisation Hate Aid spenden, eine Beratungsstelle für Betroffene digitaler Gewalt. Pirinçci habe jedoch angekündigt, in Berufung zu gehen.

MeToo-Recherchen, Hasspostings, Porno-Portalen droht Abschaltung

1. “Was ist das für eine Unternehmenskultur?”
(journalist.de, Jan Freitag)
Juliane Löfflers Recherche trug maßgeblich dazu bei, dass “Bild”-Chef Julian Reichelt gehen musste. Der “journalist” hat sich mit Löffler zum Gespräch getroffen und sie gefragt, wie sie heute auf die Vorgänge im Oktober schaut, was bei #MeToo-Recherchen und Verdachtsberichterstattung wichtig ist und wie lange es wohl noch dauern werde, bis entsprechende Recherchen in Medienhäusern ernst genommen werden: “Noch heute höre ich von Kolleg*innen, dass ihre Recherchen zu Missbrauchsthemen in den Verlagen kein Gehör finden. Es könnten also noch viele Jahre sein.”

2. Polizei geht deutschlandweit gegen Onlinehetzer vor
(spiegel.de)
Am nunmehr siebten Aktionstag zur Bekämpfung von Hasspostings ist die deutsche Polizei bundesweit gegen strafbare Posts im Internet vorgegangen. Bei der vom Bundeskriminalamt koordinierten Aktion hätten die Polizeibehörden in allen 16 Bundesländern insgesamt 90 polizeiliche Maßnahmen durchgeführt, darunter Wohnungsdurchsuchungen und Vernehmungen.

3. ZDF auf Rekordkurs: 15,2 Prozent Marktanteil
(tagesspiegel.de, Joachim Huber)
Das als “Rentnerfernsehen” verschrieene ZDF hat im November mit 15,2 Prozent Marktanteil einen Rekordmonat hingelegt. Was macht das Zweite so viel besser als andere Sender? Joachim Huber hat sich auf die Suche nach den Gründen für den Erfolg begeben, und die lägen vor allem am bunten ZDF-Programm, das mit “heute-show” und Jan Böhmermanns “Magazin Royale” auch jüngere Zielgruppen bedient.

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4. Porno-Portalen droht Abschaltung
(sueddeutsche.de)
Mehrere in Deutschland sehr erfolgreiche Porno-Portale haben ihren Firmensitz auf Zypern, um von dort aus, jenseits von für sie lästigen Einschränkungen, frei agieren zu können. Doch damit könnte es bald zu Ende sein: Das Düsseldorfer Verwaltungsgericht habe die Auffassung der Landesanstalt für Medien NRW bestätigt, dass sie in Fragen des Jugendschutzes auch für Verfahren gegen ausländische Portale zuständig sei. Die Anbieter könnten sich nicht auf das sogenannte Herkunftslandprinzip berufen, das strenge deutsche Jugendmedienschutzrecht müsse Anwendung finden.

5. Peta erstattet Strafanzeige gegen NDR-Moderator Heinz Galling
(rnd.de)
Die Tierrechtsorganisation Peta hat Strafanzeige gegen den NDR-Moderator Heinz Galling erstattet. In einer Folge der TV-Sendung “Rute raus, der Spaß beginnt” soll der Moderator verbotenerweise einen lebenden Fisch als Köder genutzt haben. Galling streitet die Vorwürfe ab. Laut Peta beschäftigt sich nun die Staatsanwaltschaft Schwerin mit dem Fall.

6. ARD-Text zeigt Teletext-Seiten aus den 80ern und 90ern
(dwdl.de, Uwe Mantel)
Die ARD zeigt aktuell jeden Tag historische Teletextseiten aus den 80ern und 90ern, die von alten VHS-Bändern gerettet werden konnten. Der Teletext-Fan Christian Handwerck hatte seinerzeit seinen VHS-Rekorder dazu verwendet, die Seiten mitzuschneiden. Wie sich nun, Jahrzehnte später, herausstellt, eine gute Idee. Wer sich auf Zeitreise begeben will, kann dies bis Weihnachten im ARD-Text ab Seite 801 tun.

Drostens Hoffnung, Rand der Meinungsfreiheit, Liebesbeziehungen

1. “Ich hoffe, dass man nicht wieder Schulen schließt”
(zeit.de, Giovanni di Lorenzo & Andreas Sentker)
“Ich habe immer wieder dasselbe gesagt: Die Impfung ist der Weg aus der Pandemie, die Impflücken müssen geschlossen werden. Viel mehr gibt es jetzt nicht mehr zu sagen.” Die “Zeit” hat sich mit dem Chefvirologen der Charité, Christian Drosten, über den bevorstehenden Corona-Winter unterhalten. In dem Interview geht es auch um Drostens Blick auf Medien und um die Angriffe bestimmter Medien auf einzelne Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler.

2. Wie wir trotz der Corona-News nicht zusammenbrechen
(deutschlandfunk.de, Annika Schneider & Antje Allroggen, Audio: 5:25 Minuten)
Die große Menge an Nachrichten und Zahlen zur Corona-Pandemie führen bei vielen Menschen zu Frustration, Abstumpfung und Überlastung. Die Kakophonie der Berichterstattung versetze das Hirn in einen permanenten Zustand der Unsicherheit, sagt Maren Urner, Professorin für Medienpsychologie, im Deutschlandfunk. Die Folge sei Überforderung: “Wir wissen nicht mehr so richtig, wo oben und unten ist, und müssen irgendwie unseren Weg finden.” Urner empfiehlt zu überlegen, wann und wie man sich über Corona-Themen informieren wolle.

3. Am Rande der Meinungsfreiheit
(taz.de, Christian Jakob & Lisa Schneider)
Die Reform des Medienstaatsvertrags macht es möglich, dass die Medienaufsicht gegen Hetze und “Fake News” auf Webseiten vorgehen kann. Die Medienanstalt Berlin-Brandenburg (MABB) hatte beispielsweise dem Internetportalbetreiber Ken Jebsen einen “Verstoß gegen die journalistischen Sorgfaltspflichten” vorgeworfen und ihn aufgefordert, die monierten Beiträge “kritisch durchzusehen und anzupassen”. Lisa Schneider und Christian Jakob schreiben: “Das Ganze ist fraglos heikel – eine ‘Operation am offenen Herzen der Meinungsfreiheit’ nennt es die Sprecherin der MABB. Dass manche, die die Medienaufsicht in den Blick nimmt, über ‘Zensur’ oder ein ‘Ministerium für Wahrheit’ wie im Roman ‘1984’ klagen, liegt auf der Hand. Dass die Landesmedienanstalten sich selbst immer explizit als ‘staatsfern’ definieren, ändert daran nichts.”

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4. Liebesbeziehungen sind privat
(djv.de, Hendrik Zörner)
Als Reaktion auf eine Ankündigung des Springer-Konzerns stellt der Deutsche Journalisten-Verband klar, dass Liebesbeziehungen zwischen Beschäftigten eines Unternehmens Privatsache seien. Eine Informationspflicht über derartige Beziehungen im Konzern sei mit dem deutschen Recht ebenso wenig vereinbar wie mit dem Grundrecht eines jeden Menschen auf Privatsphäre. Ein Transparenzbericht, der tief in die Privatsphäre von Beschäftigten eingriffe, sei das falsche Gegenmittel zur Bekämpfung von Machtmissbrauch.

5. “Deswegen lohnt es sich, in konstruktiven Journalismus zu investieren”
(meedia.de, Torben Heine)
Seit vielen Jahren wird über konstruktiven Journalismus diskutiert, der Lösungen aufzeigt, statt nur über Negatives zu berichten. In Deutschland habe sich der Ansatz bisher nicht (flächendeckend) etablieren können. Ellen Heinrichs macht sich bei der Deutschen Welle für lösungsorientierten Journalismus stark. Im Gespräch mit “Meedia” verrät sie, warum sich konstruktiver Journalismus für Medien lohnen kann.
Weiterer Lesehinweis: Gemeinnütziger Journalismus: Vorsichtiger Optimismus (kontextwochenzeitung.de, Susanne Stiefel).

6. “Medienkorrespondenz” wird eingestellt
(faz.net, Miguel de la Riva)
Nach knapp 70 Jahren stellt die katholische Kirche ihre Fachzeitschrift “Medienkorrespondenz” ein. Die Berichterstattung über Medien werde von einem neuen Mediendienst fortgesetzt, einem wöchentlich erscheinenden digitalen Dienst der Katholischen Nachrichten-Agentur.

Social-Media-Wahlkampf, Facebooks späte Reaktion, Falsche Prioritäten

1. Wie der Wahlkampf 2021 auf Social Media geführt wird
(tagesspiegel.de)
Welche Partei postet am meisten? Was sind die am häufigsten verwendeten Hashtags? Welche Politiker haben die meisten Follower? Was sind die meistgenutzten Emojis? Der “Tagespiegel” hat zusammen mit Democracy Reporting International den Wahlkampf auf Facebook, Twitter, Instagram und Youtube ausgewertet und die Ergebnisse in interaktiven Grafiken aufbereitet.

2. “Die Sternstunden des Journalismus stehen noch bevor”
(journalist.de, Henning Kornfeld)
Otto-Kommunikationschef Thomas Voigt diskutiert im “journalist”-Interview über die Herausforderungen des Journalismus beim Thema Klima und über die Frage, wo bei Projekten wie “Now”, einer Kooperation von Otto und “Geo”, die Probleme liegen.

3. Über 100 afghanische Journalisten bitten um Hilfe
(reporter-ohne-grenzen.de)
Mehr als 100 afghanische Journalistinnen und Journalisten haben anonym über Reporter ohne Grenzen einen dringenden Appell an die internationale Gemeinschaft gerichtet. Ihr Aufruf ist mit “Der Journalismus in Afghanistan ist vom Aussterben bedroht” überschrieben. Unterzeichnet haben ihn insgesamt 103 Medienschaffende: “Wir sind afghanische Journalistinnen und Journalisten verschiedener politischer Überzeugungen und Ethnien. Einige von uns sind noch arbeitsfähig. Andere verstecken sich in Kabul oder anderswo in Afghanistan. Andere sind bereits ins Ausland geflohen oder stehen kurz vor der Ausreise. Wir alle sind gezwungen, bei diesem Aufruf anonym zu bleiben. Wir wollen nicht, dass der Journalismus in Afghanistan wie von 1996 bis 2001 ausstirbt. Die Zeit drängt.”

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4. Warum jetzt, Facebook?
(zeit.de, Lisa Hegemann)
Eine Woche vor der Bundestagswahl hat Facebook 150 “Querdenken”-Kanäle gelöscht. Der Gedanke dahinter sei richtig, aber der Weg falsch, findet Lisa Hegemann: “Wieso reagiert die Plattform erst jetzt, so kurz vor der Bundestagswahl und zu einem Zeitpunkt, an dem die Bewegung deutlich an Zulauf und Bedeutung verloren hat? Tatsächlich erinnert das Vorgehen stark an den Umgang des sozialen Netzwerks mit US-Präsident Donald Trump: Jahrelang durfte er die Community-Standards ignorieren und Falschinformationen sowie Hetze in den Newsfeed von Nutzerinnen und Nutzern hineinblasen. Erst nach dem Sturm auf das Kapitol im Januar, als er die US-Präsidentschaftswahl schon verloren hatte und sein Abgang nahe war, reagierte Facebook und sperrte ihn.”

5. “Tagesschau” revidiert Bericht über AfD
(faz.net)
Die AfD hat eine Unterlassungsverpflichtung gegen die “Tagesschau” erwirkt. Die Nachrichtensendung muss einen Bericht über das Abstimmungsverhalten der AfD-Bundestagsfraktion zur Fluthilfe nachträglich umarbeiten. Es habe der Eindruck entstehen können, die AfD-Fraktion habe gegen den Aufbau des Fluthilfefonds gestimmt, “tatsächlich hatte sie in 2. Lesung einstimmig dafür votiert.” Ein Beitrag des “Tagesschau”-“Faktenfinders”, der auf den Einwand der AfD geantwortet hatte, ist derzeit offline und werde nach Angaben des NDR überarbeitet.

6. Möbelhaus schlägt Herzzentrum? Die falschen Doku-Prioritäten des ZDF
(dwdl.de, Peer Schader)
Peer Schader erinnert die Programmzuständigen der Öffentlich-Rechtlichen daran, mehr gesellschaftsrelevante Themen aufzugreifen: “Ich hab nicht den Eindruck, dass in Mainz, München und andernorts, wo Fernsehen für die Realitäten des Jahres 2021 gemacht werden soll, schon ausreichend verstanden worden ist, wie viele Beitragszahlende sich nach einem öffentlich-rechtlichen Rundfunk sehnen, der seine Prioritäten sehr viel besser zu ordnen versteht als das in den zurückliegenden Jahren der Fall war.”

Klick-Sklavinnen, “Kulturwandel” beim WDR?, Rechte Goldgräber

1. Journalismus – gefangen zwischen Nullen und Einsen
(medienwoche.ch, Anna Miller)
Anna Miller hat sich den Frust über den heutigen Journalismus und dessen Bedingungen von der Seele geschrieben: “Wir Journalistinnen und Journalisten wollen sauber recherchieren, mit Menschen sprechen, die Realität abbilden. Doch stattdessen sind wir immer öfter Sklavinnen von Klicks, Zeitdruck und digitalem Optimierungswahn.” Es sei höchste Zeit für einen kulturellen Wandel. Ein Lesetipp nicht nur für die Chefetagen der Verlags- und Medienhäuser.

2. Zwischen Übertreibung und Desinteresse
(deutschlandfunk.de, Ronny Blaschke, Audio: 5:39 Minuten)
Während sportlicher Großveranstaltungen wie den Paralympics gibt es ein breites Interesse am Behindertensport, doch abseits dieser Events ist es deutlich kleiner. Auch in anderer Hinsicht sei die Berichterstattung unausgewogen, so Ronny Blaschke: “Worüber in den Medien überverhältnismäßig berichtet wird, ist der technische Aspekt bei den Paralympics. Dazu gehören Reportagen aus den Technikwerkstätten. Details über teure Hightechprothesen und Rennrollstühle. Was kaum erwähnt wird: Viele Menschen mit Behinderung wollen oder können nicht sportlich aktiv sein. Weil Sportunterricht häufig nicht inklusiv ist. Weil vielen Trainern und Physiotherapeuten die nötige Ausbildung fehlt. Und weil der nächste paralympische Trainingsstützpunkt eventuell 100 Kilometer entfernt ist.”

3. WDR beauftragt Prüferin zur Bewertung des “Kulturwandels” im Sender
(rnd.de)
Im Frühjahr 2018 soll es beim WDR mutmaßliche Fälle sexueller Belästigung gegeben haben. Der Sender ließ die Vorwürfe daraufhin intern untersuchen und schaltete die frühere EU-Kommissarin Monika Wulf-Mathies als externe Gutachterin ein. Diese bescheinigte dem WDR in ihrem Abschlussbericht eine fehlende Kultur gegenseitiger Wertschätzung, “strukturelle Defizite” und empfahl einen “Kulturwandel”. Nun soll Wulf-Mathies den Fortschritt dieses Kulturwandels überprüfen.

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4. Politiker und Top-Manager fürchten Fake News und Datenklau
(faz.net)
Gestern wurde der “Cyber Security Report 2021” veröffentlicht. Laut dem vom Meinungsforschungsinstitut Allensbach und dem Wirtschaftsprüfungsunternehmen Deloitte herausgegebenen Bericht sei die digitale Bedrohungslage auf einem Rekordniveau: 75 Prozent der Befragten sähen ein Risiko, dass die öffentliche Meinung durch gefälschte oder unrichtige Nachrichten manipuliert wird. Knapp jeder zweite Abgeordnete (49 Prozent) habe mindestens einmal im Zentrum eines Shitstorms gestanden.

5. “Fernsehkameraleute sind Urheber”
(medienpolitik.net, Helmut Hartung)
Auch Fernsehkameraleute können Urheber sein – so das Fazit eines Gutachtens, das der Bundesverband der Fernsehkameraleute (BVFK) in Auftrag gegeben hat: Im modernen Verständnis der Bildgestaltung liege die Urheberschaft bei professionellen Bildaufnahmen typischerweise vor, und umgekehrt würden professionelle Bildaufnahmen Urheberrechte generieren. Im Interview äußert sich der BVFK-Vorsitzende zu den möglichen Folgen: “Die Frage ist, was sind diese Rechte wert und wie müssen sie vergütet werden.”

6. Goldgräber am rechten Rand
(blog.zeit.de, Dominik Lenze)
“Erst bringen sie Verschwörungstheorien unters Volk – dann Goldbarren: Ein Netzwerk von Edelmetallhändlern und Influencern verdient Geld mit rechter Hetze.” Dominik Lenze berichtet über ein lukratives Geschäftsmodell, das Meinungsmache und Hetze mit Profitgier und Bereicherung verbindet.

KW 31: Hör- und Gucktipps zum Wochenende

Hurra, endlich Wochenende – und damit mehr Zeit zum Hören und Sehen! In unserer Samstagsausgabe präsentieren wir Euch eine Auswahl empfehlenswerter Filme und Podcasts mit Medienbezug. Viel Spaß bei Erkenntnisgewinn und Unterhaltung!

***

1. Kühler Kopf oder heißes Herz? Wie berichten über Katastrophen?
(ardaudiothek.de, Isabel Sonnabend & Kai Schmieding, Audio: 14:53 Minuten)
Isabel Sonnabend und Kai Schmieding haben sich mit dem stellvertretenden “Zeit”-Chefredakteur Bernd Ulrich zusammengeschaltet. Im Gespräch geht es um die Rolle des Journalismus bei der Berichterstattung über Klimawandel und Klimakrise. Ist Parteinahme bei existenziellen Fragen erlaubt oder gar Pflicht?

2. Verschwiegene Tech-Konzerne: Die Strategie von Google und Co.
(ndr.de, Daniel Bouhs, Video: 16:27 Minuten)
Daniel Bouhs beschäftigt die Frage: “Warum können Konzerne wie Google und Facebook nicht so offen kommunizieren, dass man auf konkrete Fragen auch konkrete Antworten bekommt?” Er hat sich dazu mit dem Youtuber Tilo Jung getroffen, aber auch mit Medienschaffenden, die regelmäßig über die Konzerne berichten. Eins wird klar: Die Tech-Giganten schirmen sich weitgehend ab, sind intransparent und agieren wie eine Black Box.

3. Frauen als Opfer der Medien – Jolanda Spiess-Hegglins Kampf gegen Hatespeech
(youtube.com, Rosanna Grüter & Patrizia Laeri, Video: 44:45 Minuten)
Der Beitrag des Schweizer Senders SRF beschäftigt sich mit Personen wie Jolanda Spiess-Hegglin, die sich aktiv gegen den Sexismus der Schweizer Medienbranche stellt. Es geht um Frauen als Opfer der Medien im Allgemeinen und um Spiess-Hegglins Kampf gegen Hatespeech im Speziellen.

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4. Wie verändert sich die Podcast-Welt?
(wasmitmedien.de, Daniel Fiene & Sebastian Pähler, Audio: 1:54:42 Stunden)
Bei “Was mit Medien” dreht sich alles um den Wandel in der Podcast-Welt: Was bedeuten die ganzen Veränderungen, die in diesem Jahr angekündigt wurden – vor allem für die bisher freie Podcast-Szene? Und was bedeuten die Veränderungen für die Medienschaffenden mit ihren bestehenden oder künftigen Podcast-Angeboten? Darüber und vieles mehr sprechen die Gastgeber mit Meike Laaff, Redakteurin im Ressort Digital bei “Zeit Online”, und Timo Hetzel vom “Bits-und-so”-Podcast.

5. OMR #407 mit Spotifys Europa-Chef Michael Krause
(omr.com, Philipp Westermeyer, Audio: 1:11:04 Stunden)
Im OMR-Podcast hat Philipp Westermeyer Spotifys Europa-Chef Michael Krause zu Gast. Ihr Gespräch dreht sich um die Fragen: Welche konkreten Ziele verfolgt Spotify derzeit? Welchen Stellenwert hat das Podcast-Business inzwischen? Und an welche großen Audio-Trends glaubt die Plattform gerade besonders?

6. Online-Werbung: Der größte Schwindel im Internet
(youtube.com, Philipp Walulis, Video: 9:18 Minuten)
“Werbung nervt! Vor allem im Internet: Riesige Werbebanner, nicht überspringbare Werbeclips und natürlich viele Frauen in deiner Nähe, die dich kennenlernen möchten. Dabei bringt die Online-Werbung den Unternehmen nicht mal viel und auch Bots mischen kräftig mit.” Philipp Walulis schlägt satirisch zurück und zeigt auf, wo die Online-Ads nicht nur Nerven kosten, sondern auch Schaden anrichten.

Jeder 1. Tatverdächtige wird in “Bild”-Überschriften zum “Täter”

Mit einer falschen Überschrift und möglichst wenig Einordnung haben es die “Bild”-Medien gestern mal wieder geschafft, rechten Scharfmachern Munition zu liefern.

Die “Bild”-Zeitung schrieb:

Ausriss Bild-Zeitung - Sexual-Delikte in Bahnhöfen - Jeder 2. Täter ist Ausländer

Und bei Bild.de hieß es genauso:

Screenshot Bild.de - Sexual-Delikte in Bahnhöfen - Jeder 2. Täter ist Ausländer

Die Überschrift ist deswegen falsch, weil die interne Statistik der Bundespolizei, auf der der ganze “Bild”-Artikel beruht, gar nicht von “Tätern” spricht, sondern von Tatverdächtigen. Das ist in einem Land, in dem die Unschuldsvermutung gilt, ein bedeutender Unterschied.

Die “Bild”-Redaktion reagierte gestern zumindest teilweise auf die Kritik an der Überschrift – online änderte sie sie heimlich in:

Screenshot Bild.de - Sexual-Delikte in Bahnhöfen - Jeder 2. Tatverdächtige ist Ausländer

Wir haben uns die Statistik der Bundespolizei ebenfalls besorgt. Ein Blick darauf zeigt, dass die Zahlen die inzwischen geänderte Bild.de-Überschrift durchaus stützen: 2019 konnte die Bundespolizei im Zusammenhang mit “Sexualdelikten auf Bahnanlagen” 693 Tatverdächtige ermitteln. Davon hatten 371 Personen “eine nichtdeutsche Staatsangehörigkeit”. 2020 waren es 346 von insgesamt 621. Und im ersten Quartal 2021 80 von 137. Also jeweils mehr als 50 Prozent.

Allerdings fehlt in der Berichterstattung der “Bild”-Medien in diesem Zusammenhang ein Detail: Bei den von “Bild” und Bild.de angegebenen Tatverdächtigen handelt es sich um ermittelte Tatverdächtige. Es gibt allerdings zahlreiche “Sexualdelikte auf Bahnanlagen”, bei denen der Täter überhaupt nicht bekannt ist: 2019 konnte die Bundespolizei bei 682 Delikten einen Verdächtigen ermitteln. Insgesamt gab es aber 1.184 Delikte. 2020 waren es insgesamt 1.215 Delikte – nur bei 680 gibt es einen Tatverdächtigen. Und im ersten Quartal dieses Jahres sieht es ähnlich aus: Bei 143 von 274 Delikten gibt es einen Verdächtigen. Das heißt: Bei jeweils über 40 Prozent der Delikte weiß man nicht, woher die Verdächtigen/Täter stammen. Natürlich kann es sein, dass auch in diesen Fällen die Verteilung zwischen Personen mit deutscher und mit nichtdeutscher Staatsangehörigkeit ganz ähnlich ist. Sicher ist das aber nicht. In den “Bild”-Medien liest man von dieser Einordnung kein Wort.

Genauso bei der Frage, um welche Delikte es sich konkret handelt. Dazu schreibt “Bild” nur allgemein:

Die Delikte: Kindesmissbrauch, Vergewaltigung, Nötigung, Belästigung, exhibitionistische Handlungen und andere Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung.

Die Bundespolizei liefert in ihrer Statistik die genaue Verteilung: Sowohl 2019 als auch 2020 als auch im ersten Quartal 2021 entfielen rund 92 Prozent der Delikte auf die zwei Bereiche “exhibitionistische Handlungen” und “sexuelle Belästigung”. Auch diese Delikte können für Opfer zweifelsohne traumatische Folgen haben. Die in der Regel härter bestraften Delikte “sexueller Missbrauch von Kindern und Jugendlichen” sowie “sexuelle Nötigung/Vergewaltigung” kommen vergleichsweise allerdings deutlich seltener vor. Bei “Bild” liest man auch von dieser Einordnung nichts, obwohl die Zahlen der Redaktion laut Bundespolizei vorlagen.

Und auch mit Blick auf den größeren Zusammenhang geben sich die “Bild”-Medien keinerlei Mühe, irgendeinen Kontext herzustellen. Schaut man in die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) des Bundeskriminalamts, in der nicht nur das Geschehen an Bahnhöfen und in Bahnen dokumentiert wird, sondern jenes im gesamten Land, erkennt man, dass der von “Bild” gesetzte Fokus nur einen kleinen Teil aller Sexualdelikte ausmacht. Zur Erinnerung: 2019 gab es laut Bundespolizei 1.184 “Sexualdelikte auf Bahnanlagen”. In ganz Deutschland gab es im selben Jahr laut PKS (PDF) insgesamt 69.881 erfasste “Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung” (wir wählen in diesem Fall bewusst das Jahr 2019, weil es dafür die aktuellste PKS gibt). Auch hier gilt: Eine derartige Einordnung liefern “Bild” und Bild.de nicht.

Das Bundeskriminalamt gibt in seiner PKS auch an, wie groß der Anteil “nichtdeutscher Tatverdächtiger” im Bereich der “Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung” ist: 26,8 Prozent. Verglichen mit dem Anteil der ausländischen Bevölkerung an der Gesamtbevölkerung in Deutschland ist das immer noch überproportional viel*, aber eben auch deutlich niedriger als die “Jeder-2.”-Schlagzeile von “Bild”.

Und so stellt sich schon die Frage: Warum setzt die “Bild”-Redaktion diesen sehr speziellen Fokus auf die Sexualdelikte in Bahnhöfen und Bahnen? Doch nicht etwa nur, um ihrer Leserschaft einen möglichst großen Anteil krimineller Ausländer (oder genauer: ausländischer Tatverdächtiger) präsentieren zu können?

Mit ihrem Beitrag kommt sie in bestimmten Kreisen jedenfalls gut an: Den Bild.de-Artikel haben unter anderem die AfD-Politikerinnen und Politiker Beatrix von Storch, Joana Cotar, Markus Buchheit, Martin Sichert, Bernhard Zimniok, Martin Hess, Rainer Kraft, Tobias Peterka, Sebastian Wippel und Jörg Dornau, die AfD-Verbände Nordrhein-Westfalen, Hannover, Köln, Landkreis Leipzig, Emmendingen, Ravensburg, Weserbergland, Erding, Traunstein, Bergisch Gladbach, Straubing-Regen, Neustadt an der Weinstraße und Kleve sowie Gruppen mit Namen wie “WIR SIND DAS VOLK”, “Gegen Masseneinwanderung”, “Gutmenschen im Endstadium” und “Dr Hans-Georg Maaßen für Kanzler” bei Facebook geteilt. Es dürfte ein erfolgreicher Tag für die “Bild”-Redaktion gewesen sein.

Mit Dank an die vielen Hinweisgeber!

*Nachtrag, 17. Juni: Mehrere Leserinnen und Leser weisen uns berechtigterweise darauf hin, dass der Vergleich mit dem Anteil der ausländischen Bevölkerung an der Gesamtbevölkerung in Deutschland problematisch ist, da in der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) Personen auch dann als “nichtdeutsche Tatverdächtige” gezählt werden, wenn sie den Delikt zwar in Deutschland begangen haben sollen, aber aus dem Ausland stammen und dort auch wohnen. So werden beispielsweise auch Grenzpendler, denen in Deutschland eine Straftat vorgeworfen wird, die aber in Österreich wohnen, als “nichtdeutsche Tatverdächtige” in der Statistik des Bundeskriminalamts gezählt. Damit sind die Zahlen der PKS nicht direkt vergleichbar mit der Wohnbevölkerung in Deutschland. Gerade bei Bahnhöfen, wo die Reisebewegung qua Definition dazugehört, könnte das eine größere Rolle spielen.

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Wahlforschungs-Debakel, Exodus bei “Tagesschau” und Co., Ärgermacher

1. Ganz weit daneben
(zeit.de, Christian Endt)
Die Landtagswahl in Sachsen-Anhalt war ein Debakel für einen Großteil der Wahlforschung: Mehrere Institute hatten ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen CDU und AfD vorhergesagt, am Ende lag die CDU mit mehr als 16 Prozentpunkten vorne. Um festzustellen, wie es zu dieser eklatanten Diskrepanz kam, hat sich “Zeit Online” die Zahlen der Institute etwas genauer angeschaut. Christian Endt vermutet: “Die nachlassende Verlässlichkeit von Umfragen könnte mit dem Erfolg der AfD und der zunehmenden Zersplitterung des Parteienspektrums zusammenhängen. Zugleich fällt es den Demoskopen immer schwerer, Menschen für die Teilnahme an Telefonumfragen zu gewinnen. Außerdem haben die Institute lange auf Festnetzanschlüsse gesetzt und tun sich mit der Verbreitung von Mobiltelefonen schwer”.
Weiterer Lesehinweis: Beim “Spiegel” erklärt der Wahlforscher Rüdiger Schmitt-Beck: “Ostdeutschland ist einfach ein Sonderfall” (spiegel.de, Sophie Garbe).

2. Anja Reschke: “‘Panorama’ muss auch Ärger machen”
(dwdl.de, Timo Niemeier)
Die ARD-Sendung “Panorama” ist das älteste politische Magazin im deutschen Fernsehen: Sie wird dieses Jahr stolze 60 Jahre alt. Seit zwanzig Jahren wird “Panorama” von Anja Reschke moderiert. Bei “DWDL” spricht Reschke darüber, wie die Sendung auch intern hinterfragt wird, auf welche Erfahrung sie gerne verzichtet hätte und worin sich “Panorama” von anderen Polit-Magazinen unterscheidet.

3. Wenn die Polizei Berichterstattung behindert
(deutschlandfunk.de, Antje Allroggen, Audio: 5:58 Minuten)
Immer wieder werfen Redaktionen der Polizei vor, an der Berichterstattung über Umweltproteste gehindert zu werden, ob im Hambacher Forst, am Steinkohlekraftwerk Datteln oder bei den jüngsten Protesten gegen den Ausbau der Autobahn 100 in Berlin. Dort sollen rund ein Dutzend Medienschaffende eingekesselt und mit Platzverweisen sowie Anzeigen wegen Hausfriedensbruch überzogen worden sein. Wie konnte es dazu kommen? Und wie ist das Vorgehen der Polizei zu bewerten? Darüber hat sich Antje Allroggen mit ihrem Kollegen Sebastian Engelbrecht unterhalten.

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4. Der dezentrale Newsroom
(journalist.de, Kathi Preppner)
Die Corona-Pandemie hat viele Journalistinnen und Journalisten ins Home-Office gezwungen. Die Arbeit von zu Hause wird von ihnen sehr unterschiedlich empfunden: Die einen schätzen sie, den anderen fehlt der direkte Austausch mit den Kollegen und Kolleginnen. Die Medienjournalistin Kathi Preppner hat ein Stimmungsbild eingeholt und geht dabei auch auf die Frage ein, ob und wie sich die redaktionelle Arbeit verändern wird.

5. Exodus bei “Tagesschau” und “Tagesthemen”: Was zieht Linda Zervakis, Jan Hofer und Pinar Atalay zu RTL und Pro7?
(rnd.de, Imre Grimm)
Nach Linda Zervakis und Jan Hofer zieht es mit Pinar Atalay nun das dritte prominente Team-Mitglied von “Tagesschau” und “Tagesthemen” ins Privatfernsehen. Imre Grimm kommentiert: “Drei Abgänge in wenigen Monaten – es ist schon ein vergleichsweise spektakulärer Exodus, den das Team von ‘ARD Aktuell’ verkraften muss. Man darf zweifellos von schwierigen Wochen für das ARD-Nachrichtenteam in Hamburg-Lokstedt sprechen.” Bei der Motivlage der Wechselwilligen vermutet Grimm schlicht zwei Dinge: “Geld und Glamour.”

6. Hildmann-Hetze auf Apple- und Android-Geräten gesperrt
(t-online.de, Lars Wienand)
Seit Dienstag sind sowohl auf Apple- als auch auf Android-Geräten in der Telegram-App bestimmte Inhalte nicht mehr sichtbar. Von den Sperren betroffen ist auch der Kanal von Attila Hildmann (circa 100.000 Abonnenten). Dieser hatte dort über einen beunruhigend langen Zeitraum Hass und Hetze betrieben, Bilder mit Hakenkreuzen gepostet und zum Umsturz aufgerufen. Hildmann soll sich Anfang des Jahres in die Türkei abgesetzt haben.

Grimme-Preise, Spiegel der Machtverteilung, “Terrorbrutkasten”

1. Grimme-Preis geht an “Männerwelten” und “Drinnen”
(sueddeutsche.de)
Bei den diesjährigen Grimme-Preisen gingen 14 der 16 Auszeichnungen an Produktionen oder Akteure der ARD-Anstalten beziehungsweise des ZDF. Als einzige Netflix-Produktion wurde “Unorthodox” ausgezeichnet, außerdem wurden die Fernsehjournalistinnen Mai Thi Nguyen-Kim, Isabel Schayani und Caren Miosga mit Preisen bedacht. Der Beitrag liefert alle Preisträgerinnen und Preisträger und die damit in Zusammenhang stehenden Produktionen im Überblick.

2. Immer auf Sendung
(zeit.de, Judith Liere)
Dass viele Menschen mehr an der Meinung von Schauspielern und Schauspielerinnen als an der von Experten und Expertinnen interessiert zu sein scheinen, könnte an einem Missverständnis liegen, findet Judith Liere: “Dass jemand in guten, klugen Filmen mitspielt, als Seriendarstellerin Erfolg hat oder auf der Theaterbühne den Hamlet spektakulär verkörpern kann, bedeutet jedoch nicht, dass sie oder er dadurch automatisch zum scharfsinnigen Analytiker wird. Das ist eine Verwechslung von Rolle und Mensch und wahrscheinlich auch ein etwas realitätsfernes, ehrfürchtig überhöhtes Verständnis von Schauspielern.”
Weiterer Lesehinweis: Der “Tagesspiegel” bittet in einem Text in eigener Sache für seine Berichterstattung zu #allesdichtmachen um Entschuldigung: “Unsere Recherchen haben neue Hintergründe aufgezeigt – wir haben aber auch Fehler gemacht.” Einen der von der Redaktion angesprochenen Texte hatten wir auch in den “6 vor 9” verlinkt.

3. “Die Straße war mal für Kinder”
(taz.de, Anja Krüger)
Dirk Schneidemesser ist Verkehrsforscher am Institut für transformative Nachhaltigkeitsforschung in Potsdam. Im Interview mit der “taz” kritisiert er die üblichen Formulierungen rund um das Verkehrsgeschehen als Spiegel der Machtverteilung: “Die Sprache zeigt, wer berechtigt ist, Platz für sich in Anspruch zu nehmen. Das ist der Kern der Machtfrage. Wir sagen: ‘Die Fußgängerin wurde angefahren’ statt ‘Die Autofahrerin fuhr die Fußgängerin an’. Oft werden Autos und Autofahrende als Naturphänomen dargestellt und Fußgänger oder Radfahrende als Ausnahmen, deren Berechtigung subtil infrage gestellt wird.” Mit anderen Formulierungen könnte man Menschen positiver auf die Verkehrswende einstimmen: “Meine These ist, wenn wir nicht von Parkplätzen reden, sondern von Autolagerflächen, ändern sich die Diskussionen. Das Gespräch darüber, ob wir diese Flächen für private Autos, für Radwege oder als Aufenthaltsraum für Anwohnerinnen und Anwohner brauchen, würde ganz anders verlaufen.”

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4. Wie PI-News mit Rassismus und Hass auf Muslime zum Terrorbrutkasten wurde
(belltower.news, Stefan Lauer)
Die islamfeindliche Website “Politically Incorrect” wird mittlerweile vom Verfassungsschutz als “erwiesen extremistisch” eingestuft und beobachtet, wie der “Spiegel” Ende April berichtete. Stefan Lauer stellt die Seite vor, die auf eine lange Tradition an Hass und Hetze zurückblicken könne: “Immer wieder ist sie Brutkasten und Nährboden für gesteuerte Empörungsstürme, Drohungen, ungezügeltem Hass, bis hin zum Mord. Und das seit 17 Jahren.” Die Seite kenne “keine Regeln, keine Verantwortung und keine Menschenwürde. Während die Artikel sich in der Regel im legalen Bereich bewegen, herrscht in den Kommentarspalten nur noch Dauerempörung und enthemmter Hass. Wie eine Symbiose zwischen der Website und ihren Kommentator*innen schaukeln sich Menschenfeindlichkeit, Beleidigungen und Abwertungen immer weiter hoch.”

5. »jW soll Wasser abgegraben werden«
(jungewelt.de, Stefan Huth)
Die Partei Die Linke wollte im Rahmen einer Kleinen Anfrage von der Bundesregierung wissen, warum die “junge Welt” im jährlichen Bericht des Bundesamtes für Verfassungsschutz auftaucht. Die Linken-Co-Fraktionsvorsitzende Amira Mohamed Ali kommentiert: “Es ist nicht überraschend, dass eine Zeitung wie die jW, die die Regierungstätigkeit scharf von links kritisiert und entgegen dem neoliberalen Meinungsmainstream berichtet, nicht auf Gegenliebe dieser Regierung stößt. Das muss eine demokratische Gesellschaft allerdings nicht nur aushalten, sondern auch als inhärenten Bestandteil der pluralistischen Verfasstheit begreifen.”

6. “Für unsere Recherche zur offenbar problematischen Nachwuchsarbeit von Union Berlin …”
(twitter.com/Daniel Drepper)
Laut Recherchen von “BuzzFeed News Deutschland” und der “Märkischen Allgemeinen Zeitung” würfen zahlreiche Jugendliche und deren Eltern dem Bundesligaklub Union Berlin vor, minderjährige Spieler schlecht zu behandeln und vor allem Kinder mit türkischem und arabischem Migrationshintergrund zu benachteiligen. Im Zuge der Recherche habe man einen Fragenkatalog an den Verein geschickt, der von diesem jedoch auf der eigenen Website veröffentlicht wurde (PDF). “BuzzFeed”-Chefredakteur Daniel Drepper erklärt in einem Twitter-Thread, warum er diese Vorgehensweise für “extrem unprofessionell und problematisch” hält.

7. Kritik an “Bild”: “Ohne Rücksicht auf Verluste”
(ndr.de, Video: 7:42 Minuten)
In eigener Sache und deshalb als zusätzlicher Link: BILDblog-Chef Moritz Tschermak spricht im “Zapp”-Interview über sein neues Buch “Ohne Rücksicht auf Verluste – Wie BILD mit Angst und Hass die Gesellschaft spaltet”. Welche Schwerpunkte haben er und BILDblog-Kollege Mats Schönauer gesetzt? Hat “Bild” eine Mission? Gibt es Beispiele für eine besonders verwerfliche Berichterstattung? Welchen Einfluss hat “Bild”-Chef Julian Reichelt auf den Kurs des Boulevardmediums?

Palmer und das N-Wort, Drama in MV, Das Treiben der Tech-Giganten

1. Boris Palmer und das N-Wort
(deutschlandfunk.de, Michael Borgers & Anatol Stefanowitsch & Bettina Schmieding, Audio: 8:15 Minuten)
Baden-Württembergs Grüne wollen ein Parteiausschlussverfahren gegen ihr Noch-Mitglied Boris Palmer anstrengen. Dem vorausgegangen war ein vielfach kritisierter obszöner Facebook-Kommentar des Tübingener Oberbürgermeisters, der das N-Wort enthielt. Die Kanzlerkandidatin der Grünen und Co-Parteivorsitzende Annalena Baerbock hatte sich bereits auf Twitter von Palmer distanziert: “Die Äußerung von Boris #Palmer ist rassistisch und abstoßend. Sich nachträglich auf Ironie zu berufen, macht es nicht ungeschehen. Das Ganze reiht sich ein in immer neue Provokationen, die Menschen ausgrenzen und verletzen. Boris Palmer hat deshalb unsere politische Unterstützung verloren.” Im Deutschlandfunk spricht Bettina Schmieding mit dem Sprachwissenschaftler Anatol Stefanowitsch über Palmers Entgleisung. Der Fall zeige auch, wie kompliziert die Berichterstattung über Grenzüberschreitungen ist.

2. Der Gute, der Böse, das Drama
(taz.de, Anne Fromm)
Das Startup “Katapult MV” will im Lokaljournalismus Mecklenburg-Vorpommerns mitmischen, der bislang von Teilnehmern wie dem “Nordkurier” geprägt ist. Anne Fromm wirft einen differenzierten Blick auf das Geschehen: “Die alte, rechte Lokalzeitung gegen das coole, linke Medien-Start-up, ganz so einfach ist es eben nicht. Hört man sich um unter denen, die in MV für die Demokratie kämpfen, Initiativen und Vereine gegen Rechtsextremismus, dann warten da einige gespannt auf Katapult MV. Auch sie stören sich am teils rechten, verschwörerischen Sound des Nordkurier. Aber sie sagen auch, dass sich ein­ige Redakteur*in­nen vor Ort zuletzt besonders bemüht hätten, linke Initiativen ins Blatt zu holen.”

3. “Wenn ich 26 wäre, würde ich mich selbstständig machen”
(journalist.de, Stephan Weichert)
Astrid Csuraji war lange in der Journalistenausbildung tätig, bis sie 2018 den Sprung in die Selbstständigkeit wagte. Mit ihrem Start-up bietet sie Medienhäusern innovative Ideen für Vermittlung und Aufbereitung journalistischer Inhalte an. Wie akquiriert sie neue Projekte und Gelder? Warum hält sie so sehr am Journalismus fest? Und wie kommt sie mit ihrem jungen Unternehmen durch die Krise? Unter anderem darum geht es im Gespräch mit dem Hamburger Journalisten und Medienwissenschaftler Stephan Weichert.

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4. Schweden: Immer mehr digitale Hetze gegen Journalisten
(de.ejo-online.eu, Anika Hinz)
Auch Schweden hat ein Problem mit Gewalt gegen Journalisten und Journalistinnen. Vor allem Online-Attacken hätten in letzter Zeit stark zugenommen, wie Reporter ohne Grenzen in einer Erhebung festgestellt habe. Um sich selbst zu schützen, würden immer mehr Medienschaffende den Weg der Selbstzensur gehen. Laut Tove Carlén vom schwedischen Journalistenverband würden sie sich immer öfter dazu entscheiden, ihre Profile in den Sozialen Netzwerken zu löschen.

5. Offensive gegen Frauenhass im Netz
(tagesschau.de, Michael Stempfle)
Die Frauen-Union, eine Vereinigung von Politikerinnen von CDU und CSU, will auf das Phänomen Frauenhass im Netz aufmerksam machen und hat dazu ein Beschlusspapier ausgearbeitet, das dem ARD-Hauptstadtstudio vorliegt. Zur Initiative der Unionsfrauen um ihre Vorsitzende Annette Widmann-Mauz gehöre auch die Wiedereinführung der umstrittenen und derzeit ausgesetzten Vorratsdatenspeicherung.

6. Too Big To Regulate?
(gutjahr.biz)
Am Wochenende war es uns einen Gucktipp wert: Die Dokumentation “Un-Social: Wie soziale Medien unsere Gesellschaft bedrohen” von Nemi El-Hassan und Richard Gutjahr. Nun hat Gutjahr einen interessanten Beitrag zur Doku nachgeliefert, der das Treiben der Tech-Giganten beleuchtet. Die geballte Lobby-Power habe ihren Preis: “Knapp 20 Millionen Euro im Jahr lassen sich Facebook, Google, Microsoft, Apple und Amazon ihre Parlamentarier-PR in Brüssel kosten. Das ist doppelt so viel, wie die gesamte europäische Autoindustrie zusammen. Geld, mit dem man sich vielleicht nicht direkt Gesetze, sicherlich aber Wohlwollen erkauft.”

7. Toxisch und tendenziös
(sueddeutsche.de, Cornelius Pollmer)
In eigener Sache und deshalb als zusätzlicher Link: Cornelius Pollmer hat “Ohne Rücksicht auf Verluste – Wie BILD mit Angst und Hass die Gesellschaft spaltet” von unseren BILDblog-Autoren Mats Schönauer und Moritz Tschermak gelesen. Sein Fazit: “Der Boulevard, gerade der von Bild, kann vergnüglich und spielerisch sein, er kann mahnen und aufrütteln. Aber wer ihn regelmäßig konsumiert, dem wird beim Lesen dieses Buches wieder einmal bewusst, dass er damit Teil von etwas Toxischem ist, und dass Bild konsumieren mitunter mehr bedeutet, als einen Cheat-Day in die journalistische Diät einzubauen.”

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