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AFP, Die Welt, Spiegel  etc.

Gewaltige Unterschiede

Beschimpft, bedroht, geschlagen” titelt die “Welt” am 27. Mai und meint damit die Situation von Polizisten in Deutschland und nicht etwa die von ihr und anderen Medien (z.B. AFP, Bild.de, tagesschau.de, “DW-World”, “RP Online”, “Spiegel”) so sträflich vernachlässigte journalistische Sorgfaltspflicht bei diesem Thema.

In allen dazu erschienenen Artikeln wird unkritisch weiterverbreitet, Gewalttaten gegen Polizisten hätten zwischen 2005 und 2009 um 60,1 Prozent zugenommen. Diese Zahl stammt ursprünglich aus einer Studie des kriminologischen Foschungsinstitut Niedersachen (KFN), die im Auftrag von Landesinnenminister Uwe Schünemann (CDU) durchgeführt wurde. Dass diese Studie aus politischen Gründen mit heißer Nadel gestrickt wurde, kann man auf Seite 35 nachlesen:

Die knappe Zeit, die zwischen dem Abschluss der Datenerhebung (28.3.2010) und der IMK (Innenministerkonferenz, Anm. BILDblog) (27./28.5.2010) zur Verfügung stand, reichte nur aus, diese ersten sieben Thesen zu erarbeiten und dazu einen Kurzbericht zu verfassen. (Seite 35, KFN-Studie)

Das erfuhr neben einer ganzen Reihe anderer interessanter Aspekte allerdings nur, wer sich den 37-seitigen Zwischenbericht Nr. 1 tatsächlich vollständig zu Gemüte führte und nicht etwa oben genannten vierseitigen Kurzbericht als Ausgangspunkt seiner Berichterstattung nahm. Nun raten Sie mal, woran sich die Medienberichte über Gewalt gegen Polizisten orientieren – kleiner Tipp: Es ist nicht die 37-seitige Langfassung.

Kurzzusammenfassungen enthalten bekanntermaßen deutlich weniger Informationen und auch nur die, die den Verfassern besonders wichtig sind. Auch bei der oben genannten Studie werden nur in der Langfassung gravierende Mängel bei der Datenerhebung deutlich, die die Macher der Studie größtenteils auch selbst einräumen:

1. Nur zehn von 16 Bundesländern beteiligten sich an der Befragung. Nicht dabei waren Bayern, Sachsen, Baden-Württemberg, Hamburg, Nordrhein-Westfalen und Hessen, die nach Einwohnern rund zwei Drittel der deutschen Bevölkerung ausmachen, ebensowenig nahm die Bundespolizei teil.

2. Da die Teilnehmer der Studie zu Vorfällen aus den Jahren 2005 bis 2009 befragt wurden, besteht die Gefahr, dass die Ergebnisse durch sogenannte Erinnerungseffekte verfälscht wurden. Selbst die Verfasser der Studie gehen davon aus (S. 25f.), dass der tatsächliche Anstieg der Gewalttaten gegen Polizisten deutlich geringer ausfällt. Hinzu kommt:

Es ist nicht auszuschließen, dass Beamte, die in den ersten drei Monaten des Jahres 2010 Opfer einer schweren Gewalttat geworden sind, diesen Vorfall teilweise dem Jahr 2009 zugeordnet haben. (Seite 26, KFN-Bericht)

Und:

Die starken Zunahmen (…) in den letzten Jahren könnten in Teilen auch darin begründet sein, dass ein Teil der in der Untersuchung mitwirkenden Beamten aufgrund von Arbeitsbelastung und Zeitknappheit auf eine vollständige Auflistung aller Übergriffe verzichtet hat, um sich nur auf den zeitlich am kürzesten zurückliegenden Übergriff zu konzentrieren. (Seite 26, KFN-Bericht)

In der ausführlichen Version der Studie wurden aus dem Anstieg von 60,1 Prozent noch diejenigen jungen Teilnehmer herausgerechnet, die erst so kurz im Polizeidienst waren, dass ihnen z.B. 2005 noch gar nichts zustoßen konnte, da sie zu diesem Zeitpunkt noch in der Ausbildung waren. Dies reduziert den Anstieg auf 56,5 Prozent (S. 27, KFN-Bericht). Im Kurzbericht und damit auch in sämtlichen Medien wird lediglich die Zahl 60,1 Prozent genannt.

3. Die Teilnehmer der Studie registrierten sich freiwillig online. Sie bilden also zum einen keinen repräsentativen Querschnitt aller Polizeibeamten, zum anderen besteht die Möglichkeit, dass überdurchschnittlich viele Polizisten teilnahmen, die bereits selbst ein Opfer von Gewalt wurden und deshalb besonders an den Inhalten der Studie interessiert waren.

4. Auch die Verfasser der Studie selbst trauen ihren Zahlen nicht und halten es für wahrscheinlich, dass die realen Zahlen deutlich niedriger liegen:

Insgesamt betrachtet gelangen wir auf der Basis der hier dargestellten Ergebnisse zu der Einschätzung, dass es in den zehn an der Untersuchung beteiligten Bundesländern zwischen 2005 und 2009 zu einem deutlichen Anstieg der Gewalt gegen Polizeibeamte gekommen ist, dessen Ausmaß wir auf 30 bis 50 Prozent einschätzen. (Seite 28, KFN-Bericht)

Man beachte: Diese Zahlen, die deutlich niedriger sind als die in den 7 Thesen genannten und von den Medien verbreiteten 60,1 Prozent, sind nur geschätzt – und zwar ohne jede mathematische Grundlage, also Pi mal Daumen.

In den oben genannten Publikationen und in vielen weiteren Artikeln wird keine dieser Ungenauigkeiten und Einschränkungen auch nur erwähnt. Stattdessen – und das unterscheidet die Berichterstatter von einem Sack Papageien – brachten es einige Journalisten sogar noch fertig, eigene Fehler einzubauen.

Die Nachrichtenagentur AFP behauptet beispielsweise:

Die häufigsten Situationen, in denen Polizisten Opfer von Gewalt würden, seien Streitfälle in Familien, Einsätze bei Ruhestörungen und bei linken Demonstrationen.

Diese Aussage ist schlicht und ergreifend falsch. In der Studie wird zwar konstatiert, dass der Anstieg bei diesen Einsätzen am stärksten ausfällt (S. 29) – das macht diese Situationen aber keineswegs zu den häufigsten (siehe S. 26).

Der größte Bock wurde allerdings im eingangs erwähnten Artikel der “Welt” geschossen. Da behauptet der Autor einfach mal:

Der Studie zufolge gehen fast drei Viertel der schwer verletzten Polizisten auf das Konto linksextremer Demonstranten.

Krankt schon die Studie an der scheinbar pauschal vorgenommenen Einordnung von Demonstranten in links oder rechts (Seite 19), ist die Behauptung in der “Welt” schlicht falsch. In der Studie (S. 18) steht klar und deutlich, dass 8,4 Prozent aller Polizisten, die wegen einer Verletzung mindestens sieben Tage dienstunfähig waren (gilt als “schwere Verletzung”), bei Demonstrationen verletzt wurden. Davon wiederum wurden 73,3 Prozent von linken Demonstranten verletzt. Linke Demonstranten verursachten also nicht “fast drei Viertel”, sondern gerade einmal 6,2 Prozent (drei Viertel von 8,4) der schweren Verletzungen bei Polizisten.

Da braucht man sich nicht zu wundern, wie es laut KFN überhaupt zur Durchführung der Studie kam:

1. Ausgangslage für die Planung des Projekts.

Aus mehreren Bundesländern berichten Vertreter von Polizeigewerkschaften davon, dass die Gewalt gegen Polizeibeamte in den letzten Jahren deutlich zugenommen habe und eine wachsende Zahl von Beamten im Dienst erheblich verletzt worden sei. (…) Für die These der Polizeigewerkschaften sprechen allerdings Berichte aus der Praxis, wie sie beispielsweise die Welt am Sonntag vom 22. März 2009 wiedergegeben hat.

Ein Artikel der “Welt” ist einer der Gründe für das KFN, eine Studie über Polizeigewalt zu erstellen, über die die “Welt” (und andere) rechtzeitig vor der Innenministerkonferenz dann wieder undifferenziert berichten kann. So schließt sich der Kreis.

Mit Dank an Jörg S.

Kachelmann, Radio Q, Datenautobahn

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “‘Bild’ macht jetzt ‘ernst’ mit Kachelmann…”
(blogmedien.de, Horst Müller)
Wer bislang aufgrund von “Bild”-Schlagzeilen meinte, Jörg Kachelmann sitze “eigentlich nur zum Spaß in Untersuchungshaft”, wird nun eines Besseren belehrt. Ebenfalls lesenswert ist der Beitrag “Andrea und die Gartenzwerge”, in dem es um Sponsoring im ZDF-Fernsehgarten geht.

2. “Abt. Qualitätsjournalismus”
(infam.antville.org, supra)
Zum aktuellen Kunstraub in Paris stellt supra die in Online-Portalen zu lesende Schadensumme in Frage und stellt klar, um welches Museum es sich eigentlich handelt.

3. “Die Neue Miss USA Eine Hisbollah-Hure?”
(blogs.taz.de/arabesken, Karim El-Gawhary)
In einem US-Blog wird die neue Miss USA, Rima Fakih, mit Cousins und Onkeln in Verbindung gebracht, die angeblich der Hisbollah nahestehen. “Das Ganze allerdings ohne einen ernsthaften Nachweis.”

4. “Aufregung um ein kleines Logo – oder: Lasst uns besser reden…”
(ingeseibel.de)
Inge Seibel hat mit den Beteiligten einer Abmahnung zu einem Markenlogo gesprochen: einerseits mit den Studenten, die Radio Q in Münster ehrenamtlich betreiben, andererseits mit Uwe Wollgramm, der Geschäftsführer der audio media service Produktionsgesellschaft in Bielefeld ist.

5. “200 Moments that Transformed Journalism, 2000-2009”
(poynterplayground.com, englisch)
200 Momente, die den Journalismus in den 2000er-Jahren verändert haben.

6. “Nachruf auf die ‘Datenautobahn'”
(umblaetterer.de, Marcuccio)
Marcuccio zeigt in einer Grafik auf, wie oft der “Spiegel” seit 1991 das Schlagwort “Datenautobahn(en)” verwendete.

Gerüchte, Kriegsreportagen, SRG

6 vor 9

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1. “Kobuk enttarnt ‘Österreichs’ faulsten Lehrer”
(kobuk.at, Hans Kirchmeyr)
Das Portal oe24.at zeigt mit Pfeil auf ein unkenntlich gemachtes Symbolbild eines Lehrers und schreibt dazu: “Das ist Österreichs faulster Lehrer”.

2. “Wie der Boulevard Gerüchte streut”
(11freunde.de, Alex Raack)
Ein paar Gedanken zu Schlagzeilen wie “Also doch” und “Was läuft da mit”: “Ganz krude wird es, wenn sich die Bild-Zeitung ganz offenherzig bei den Vielschreibern aus dem transfermarkt.de-Forum bedient, quasi der Großküche für Gerüchte. Schnell landen dann mal Wunschgedanken und Tagträume von meinungsfreudigen Fußball-Fans als brandheiße News auf der Online-Präsenz des Springer-Riesen.”

3. “Zehn Gründe, warum das Schreiben im Internet viel einfacher ist”
(magda.de, Wolfgang Michal)
Wolfgang Michal zählt zehn Gründe auf, warum Schreiben ohne Gatekeeper und Kürzungszwang, dafür mit Emotion, Aktualität, Links und Verbesserungsmöglichkeiten einfacher sein kann.

4. “Der Tod kam wie am Fließband”
(einestages.spiegel.de, Hans-Jörg Michaelsen)
Hans-Jörg Michaelsen über Ernie Pyle, der abseits der militärischen Führung über den Krieg schrieb. “Seine Reportagen wurden nicht nur in der Heimat, sondern auch in den vordersten Kampflinien gelesen. Sie erreichten die Soldaten per Feldpost aus der Heimat. Smarte Generäle sucht man in seinen Berichten vergebens. Stattdessen erwähnte Pyle die Namen und Heimatorte der einfachen Soldaten, für deren Eltern und Nachbarn war das eine Sensation. Man sprach wochenlang davon.”

5. “Leistungsschutzrecht für Presseverlage”
(irights.info)
Der Redaktion von iRights.info wurde ein Entwurf (PDF-Datei, 36 kb) eines möglichen Leistungsschutzrechts zugespielt, das einen “Formulierungsvorschlag der Presseverleger sowie Änderungsvorschläge der Gewerkschaften DJV und dju/ver.di” enthält. “Würde der Gesetzgeber diesen Forderungen Folge leisten, würde das unweigerlich zu einer nie da gewesenen Rechtsverwirrung führen und die Berichterstattung und Informationsvermittlung sowie -beschaffung in einer Weise beeinträchtigen, die bislang nur in Ansätzen absehbar ist.”

6. “Fernsehapparatschiks”
(sonntagszeitung.ch, Roger Schawinski)
Roger Schawinski kommentiert die anstehende Wahl eines neuen Generaldirektors der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft SRG. “Wie wird es ausgehen? Niemand weiss es. Die SRG wird geführt wie der Vatikan. Oder der Kreml zu Sowjetzeiten. Ein Idealkandidat ist nicht in Sicht.”

IPCC, Mädchen-WG, Heute

6 vor 9

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1. “FR zieht Artikel gegen Klimarat zurück”
(wissenslogs.de/wblogs/blog/klimalounge, Stefan Rahmstorf)
Die “Frankfurter Rundschau” zieht einen Artikel vom Februar mit Vorwürfen gegen den Weltklimarat zurück. “Zahlreiche andere Zeitungen innerhalb und außerhalb Deutschlands haben die falschen Vorwürfe gegen das IPCC ungeprüft nachgedruckt, die das Gespann North/Leake in die Welt gesetzt hat.” Siehe dazu auch die Übersicht über die angeblichen und echten IPCC-Fehler.

2. “Missbrauch light”
(fernsehkritik.tv/blog)
Der Fernsehkritiker stört sich daran, dass das ZDF für den Kinderkanal “derzeit fünf Mädchen zwischen zwölf und vierzehn Jahren für eine Dokusoap namens ‘Die Mädchen-WG'” sucht. “Was wäre eigentlich, wenn ein Sender wie RTL ‘Die Mädchen-WG’ produzieren würde? Sofort wären doch alle Jugendschützer und Politiker (zu Recht) auf den Barrikaden.”

3. Interview mit Sheri Fink
(derstandard.at, Michael Kremmel)
“Sheri Fink arbeitet als Journalistin unter Bedingungen, die sich für die allermeisten Journalisten wie Erzählungen aus einer fernen Welt anhören: Weder Geld noch Zeitmangel bei der Recherche, 140 Gesprächspartner und rund ein Dutzend Personen, die aktiv an der Entstehung eines Artikels beteiligt sind. Zwei alleine dafür, damit alle Fakten noch einmal überprüft werden.”

4. “‘Cicero’ wehrt sich gegen ‘Linksruck’-Vorwurf”
(tagesspiegel.de, Sonja Pohlmann)
Alexander Görlach von “The European” unterschreibt eine Unterlassungserklärung, “die ‘Cicero’-Chefredakteur Michael Naumann von ihm gefordert hatte”. Görlach dazu: “Wir möchten nicht in einen kostspieligen Prozess und langwierigen Rechtsstreit verwickelt werden. Aus all diesen Gründen haben wir uns entschieden, das Geld lieber in unser Magazin zu investieren. Andernfalls wäre dieses Geld an Anwälte und Gerichte zu zahlen.”

5. “Wieviele Fehler passen in eine Titelgeschichte von ‘Heute’?”
(kobuk.at, André Pascal Horvath)
Nicht der Staat, sondern die Wirtschaft zahlt die Gehälter, schreibt André Pascal Horvath zur “Heute”-Schlagzeile “Staat zahlt Häftlingen 10 Millionen € Gehalt!”.

6. “SEO-Tipps für Blogger und Journalisten”
(t3n.de)
Suchmaschinenoptimierung ist Alltag in Online-Redaktionen. “t3n” hat einige Tipps dazu und gibt zu bedenken: “SEO-Maßnahmen machen keinen Sinn, wenn der Artikel darunter leidet!”

TV-Politik, Mäzenatentum, Wikileaks

6 vor 9

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1. “Eine Doppelpressekonferenz namens Fernsehduell”
(faz.net, Reiner Burger)
Reiner Burger hat sich das “Duell” (wdr.de, Video, 66 Minuten) zur anstehenden Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen angesehen. “Über weite Strecken war ‘Das Duell’ eher eine Doppel-Pressekonferenz mit ausgestanzten Versatzstücken aus unzähligen Wahlkampfauftritten und den Parteiprogrammen der beiden Kontrahenten, die merkwürdigerweise nebeneinander standen in der Weite der Kölner Vulkanhalle.”

2. “ARD Griechenland-Brennpunkt: ‘Sensationell schlecht’ geht weiter”
(carta.info, Robin Meyer-Lucht)
Robin Meyer-Lucht beschäftigt sich kritisch mit dem Brennpunkt “Ruiniert Griechenland Europa?” (tagesschau.de, Video, 9:35 Minuten). “Im Ergebnis ist dieser ARD-Brennpunkt sehr nah dran an der offiziellen Interpretationsmaschinerie der Bundesregierung. Er findet keinen eigenen Standpunkt, er leistet keinen eigenen Aufklärungs- und Orientierungsbeitrag, sondern er gibt Wolfgang Schäuble eine Bühne für seine beschwichtigenden Botschaften.”

3. “Danke für die Spende, Leser!”
(spiegel.de, Frank Patalong)
Frank Patalong fragt in einem ausführlichen Artikel: “Ist Mäzenatentum durch große und kleine Spender ein Weg, Medien zu retten?”

4. Interview mit Daniel Schmitt
(dctp.tv, Video, 36 Minuten)
Daniel Schmitt ist eine der wenigen öffentlichen Figuren von Wikileaks. Am Rande der re:publica gibt er Auskunft über die Plattform, die Dokumente öffentlich macht.

5. “Leben zwischen Eiben”
(taz.de, Gabriele Goettle)
Gabriele Goettle besucht Juergen Jonas, der zwischen den Villen von Berlin-Dahlem im Freien lebt. “Und wie gesagt, Geld interessiert mich überhaupt nicht. Kein Geld, keine Geldsorgen. Geld ist was, womit der meiste Unsinn überhaupt getrieben wird. Arbeit interessiert mich auch nicht. Ich biete keine Leistungen und nehme auch keine in Anspruch. (…) Ich esse Brot, das man nicht mehr haben will. Vom Chinesen bekomme ich ab und zu Reis geschenkt, oder ich besorge mir was, aus der Ökotonne am Supermarkt vorne. Ich esse die abgelaufenen Sachen, und mir ist längst nicht jedes Mal schlecht geworden danach.”

6. “Liebe Online-Presse.”
(opalkatze.wordpress.com)
30 womöglich nicht ganz ernst gemeinte Tipps für Zeitungen online. Tipp 6: “Klickstrecken bauen, je länger, je lieber, das vermittelt dem Leser das heimelige Gefühl des Umblätterns.”

Der König der Kekswerbung

Es muss ein besonderer Keks sein, dem der Kolumnist von “Herzrasen”, der Jugendabteilung von “Rheinischer Post” und “RP
Online”, da erlegen ist.

Ein ganz besonderer:

Der beste Keks der Welt

Man könnte Sebastian Dalkowski sogar glauben, dass seine Begeisterung für eine bestimmte, “überwiegend in großen Supermärkten” aber auch “im Fabrikverkauf des Herstellers” erhältliche Keksmarke echt ist und er diese nur halb ironisch übersteigert niedergeschrieben hat:

Der beste Keks der Welt heißt Prinzenrolle Mehrkorn. Ja, Mehrkorn. Was nach dem Biss in eine bröselige Betonplatte klingt, ist in Wirklichkeit die beste mit Schokocreme denkbare Kombination. Ist die normale Prinzenrolle bereits fast uneinholbar großartig, lässt der Mehrkorn die Schokocreme noch mehr nach Schokocreme schmecken. Das ist wie Ribery und Robben. Alleine schon eine Klasse für sich, sind sie im Verbund nicht aufzuhalten.

Man könnte sich aber auch fragen, wie sich solche Produkthymnen, die auch direkt aus der PR-Abteilung des Herstellers kommen könnten, mit der kritischen Grundausrichtung eines Nachrichtenportals vertragen.

Zwar ist eine derartige Begeisterung das Konzept der Rubrik “Mein Herz schlägt schneller”:

Hier feiert die Herzrasen-Redaktion alles ab, was ihr gefällt: Filme, Platten, Klamotten, Bücher, Lebensmittel und alle anderen Dinge, denen die Autoren im Alltag begegnen und die sie begeistern. Dabei geht es nicht um ausgewogene Rezensionen und nüchterne Betrachtung, sondern um gnaden- und rücksichtslose Hymnen.

Doch was bei Kulturgütern wie Filmen, Platten und Büchern noch durchgehen mag, wirkt bei konkreten Produkten gleich wie schlecht getarnte Schleichwerbung.

“RP Online” erklärt uns dazu auf Anfrage:

Den Herzrasen-Text “Der beste Keks der Welt” kann man sicherlich in der Kategorie “gnaden- und rücksichtslose Hymnen” einordnen. Er spiegelt eindeutig die persönliche Meinung unseres Kolumnisten Sebastian Dalkowski wider.

Selbstverständlich gibt es zu diesem Produkt keine Werbung bei RP ONLINE oder andere finanzielle Zuwendungen für die Nennung.

Während der Kekshersteller die persönliche Meinung des Kolumnisten also unter unbezahlter Werbung verbuchen kann, setzt “RP Online” seine Reputation aufs Spiel für Produktloblieder, von denen das Nachrichtenportal noch nicht einmal einen finanziellen Nutzen hat.

Die Journalisten könnten einem fast leid tun.

Mit Dank an Stefan K.

Entlassungen, Verlinkungen, Hersh

6 vor 9

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1. “Fake TV: Reklame statt Recherche”
(ndr.de, Video, 7:48 Minuten)
Wie Bildmaterial, das im Auftrag von Firmen hergestellt wurde, seinen Weg in den Nachrichtenteil des Fernsehprogramms findet.

2. “Angriff ist die beste Verteidigung”
(medienspiegel.ch, Ugugu)
10 Tipps für von der Entlassung bedrohte Journalisten. Punkt 6: “Maximalforderungen aufstellen: Mehr Personal, 7 Wochen Ferien, mehr Mitarbeiterbeteiligung, mehr Weiterbildung. Je unrealistischer, desto besser. Minimalforderungen bereithalten: Keine Entlassungen, Teilzeitpensen, akzeptable Sozialpläne für freiwillige Ausreisser”.

3. “Deutschland ist im Zensieren Weltklasse”
(faz.net)
Eine Zusammenfassung der im zweiten Halbjahr 2009 von Regierungen gestellten Löschanträge und Datennachfragen, die Google auf google.com/governmentrequests veröffentlichte.

4. “Aktuelle Web-Tauglichkeit von ‘qualitäts’-journalistischen Artikeln – eine Kurzanalyse”
(goodyworks.com/blog, Michael Nordmeyer)
Michael Nordmeyer beanstandet “die unterbleibende Verlinkung in online veröffentlichten Artikeln” zur Zusammenstellung von Google in Online-Portalen und teilt einige von ihnen in “The Good”, “The Bad” und “The Ugly” ein.

5. “Seymour Hersh sagt, was guter Journalismus ist”
(drs2.ch, Audio, 25:19 Minuten)
DRS 2 trifft am Rande des Internationalen Kongress der Recherchierjournalisten in Genf auf den Investigativjournalisten Seymour Hersh.

6. “United Kingdom General Election”
(thedailyshow.com, Video, 10:39 Minuten, englisch)
Ein US-amerikanischer Blick auf die erste TV-Debatte zu den anstehenden britischen Unterhauswahlen.

Sachsensumpf, Panorama, Mars

6 vor 9

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1. “Der Sumpf, der eine Ente war”
(fr-online.de, Bernhard Honnigfort)
Bernhard Honnigfort berichtet vom “Sachsensumpf”-Prozess, der durch den im Januar 2008 im “Spiegel” publizierten Artikel “Dreckige Wäsche” ausgelöst wurde. “Die Angeklagten, die auch für Zeit Online über den angeblichen Sachsensumpf berichteten, haben in einer von ihren Anwälten verlesenen Erklärung bestritten, dass die beanstandeten Passagen von ihnen stammten. Der Spiegel-Artikel sei auch nicht von ihnen ‘legitimiert’. Ihre Namen stehen zwar darunter, aber die ehrverletzenden Passagen sollen von jemand anderem stammen.”

2. “Die ‘Ente’ über den Fake-Report”
(blog.tagesschau.de, Silvia Stöber)
Silvia Stöber beschreibt die komplizierte Faktenlage zu Meldungen, die auf einem inszenierten Bericht zum Flugzeugabsturz bei Smolensk basieren und behaupten, “der Sender Imedi habe den Tod Kaczynskis in diesem Szenario vorweggenommen”. “Keine der Redaktionen machte sich aber offenbar die Mühe, den ursprünglichen Bericht von Imedi genau anzuschauen.”

3. Interview mit Olaf Scholz
(ndr.de/panorama, Video, 9:05 Minuten)
Olaf Scholz hält nicht viel von politischen Fernsehmagazinen wie “Panorama”. Durch Schnitte würde die Realität zurechtgebogen, echtes Interesse an der Sachlage sei oft keines vorhanden. Diese Aussagen hindern “Panorama” aber nicht, daraus einen Beitrag (Video, 7:30 Minuten) zu schneiden, in dem die eigene Leistung mehrheitlich gefeiert wird. Ein zweites Interview (Video, 19:24 Minuten) wurde mit Günther Beckstein geführt.

4. “Wie die DPA vor Obama auf dem Mars landete”
(scienceblogs.de/alles-was-fliegt, Alexander Stirn)
Eine Ankündigung von Barack Obama und wie sie in deutschen Medien vermeldet wird.

5. “Das Mädchen ‘Jessica'”
(sueddeutsche.de, Stefan Ulrich)
Fragen zu Recherchen von Journalisten im Pädophilen-Milieu: “Dürfen Journalisten ihre Identität verheimlichen, um in schwer zugängliche Milieus vorzudringen? Und dürfen sie Informanten der Justiz preisgeben?”

6. “Re-publica 10: der Neidfaktor”
(indiskretionehrensache.de, Thomas Knüwer)
Thomas Knüwer über die Berichterstattung von Zeitungen wie FAZ und SZ zum Blogger-Kongress re:publica: “Ich erwarte keine unkritische Berichterstattung – sondern eine unvoreingenommene.”

Dokusoaps, Treberhilfe, Blogger

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1. “Du bist Dokusoap!”
(fernsehkritik.tv/blog)
Der Fernsehkritiker dokumentiert Anmeldeformulare und Rollenbeschreibungen der TV-Produktionsfirma Norddeich. So teilt die Firma ihre Schauspieler in der Kategorie “Charakter” in die vier Kategorien “Sympath”, “Unsympath”, “Opfer” und “konservativ” ein.

2. “Wohlfeiles über die ‘Treberhilfe'”
(ndr.de, Video, 7:07 Minuten)
Dass der Chef der “Treberhilfe” einen Maserati fährt, ist durch einen Bericht des “Tagesspiegels” schon länger bekannt. Breite Aufmerksamkeit fand die Geschichte aber erst, als sie von Nachrichtenagenturen aufgenommen wurde.

3. “Massenepidemie. Doppelpunkt.”
(weltwoche.ch, Kurt W. Zimmermann)
Kurt W. Zimmermann glaubt angesichts der Berichterstattung über die Schweinegrippe, dass sich heutige Journalisten vielfach nicht mehr als Beschreiber der Wirklichkeit sehen. “Sie sehen sich als Gestalter der Wirklichkeit. Die Wirklichkeit ist für sie eine Knetmasse, die sich formen lässt. Die Realität ist ihr Plastilin. Das vereinigte Plastilin ergibt am Schluss eine publizistische Pandemie.”

4. “Deutsche Blogger besetzen die FAZ”
(carta.info, Wolfgang Michal)
Wolfgang Michal zum FAZ-Dossier “Deutsche Blogger”: “Die Tendenz der Story ist vom Anfangsmotiv vorgegeben: Willst du etwas niedermachen, vergrößere die Fallhöhe! Behaupte gleich zu Beginn, die Blogszene habe ursprünglich ein wahres Paradies schaffen wollen, sie habe hehre ‘webkommunistische’ Ziele gehabt. Dann wird die Realität – im Vergleich dazu – erst so richtig mies, kleinkariert und nichtig erscheinen.”

5. “was das blog alles kann”
(gig.antville.org, andreaffm)
Andrea Diener denkt, dass Bloggen “noch nie inhaltlich begriffen” wurde, “immer nur formal oder wirtschaftlich, und das ist der große Fehler, den alle machen.”

6. Interview mit Markus Beckedahl
(fr-online.de, Marin Majica)
Re:publica-Organisator Markus Beckedahl im Gespräch: “Blogs werden ernster genommen, der Medienwandel wird ernster genommen, weil man realisiert, dass da etwas passiert. Das war vor drei Jahren völlig anders. Da träumten noch alle davon, dass die Zeitungen 30 Jahre weiterleben werden.”

Wikileaks, Estland, BDZV

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1. “Wikileaks: Die Medien haben versagt”
(netzwertig.com, Peter Sennhauser)
Peter Sennhauser sieht das am Montag durch Wikileaks veröffentlichte Video als Blamage für die Mainstreammedien. “Entweder sie hatten das Video nicht – weil ihnen die Whistleblower nicht mehr trauen -, oder sie hatten es und veröffentlichten es nicht. Beides ist eine journalistische Bankrotterklärung.”

2. “US-Angriff als Video”
(blog.tagesschau.de, Kai Gniffke)
Bei der Tagesschau sind gemäss Kai Gniffke offenbar noch keine Strukturen da, um mit solchem Material jetzt schon umgehen zu können. “Ich bin mir sicher, dass die Zahl solcher Fälle in Zukunft zunehmen wird. Deshalb müssen wir intern Strukturen schaffen, die einen verantwortungsbewussten Umgang mit diesem Material ermöglichen.”

3. “Estland: Sorge um Informantenschutz”
(sueddeutsche.de, Matthias Kolb)
Heute wird im estnischen Parlament abgestimmt, ob Journalisten Informanten schützen können: “Justizminister Rein Lang von der liberalen Reformpartei plant ein so genanntes Pressequellenschutzgesetz, um in 50 Ausnahmefällen vor Gericht die Identität der Quellen offen legen zu können. Wer sich weigert, muss mit bis zu einem Jahr Gefängnis rechnen oder mit 500 Tagessätzen.”

4. Interview mit Dieter Kassel
(dirkvongehlen.de)
Dirk von Gehlen spricht mit Dieter Kassel, Moderator beim Deutschlandradio, über den Umgang mit den Hörern und dem daraus resultierenden Gewinn: “Natürlich gibt es welche, die nerven und manchmal bin ich auch erschreckt über gewisse Ansichten, aber alles in allem verleiht einem eine solche Sendung eine gewisse Bodenhaftung. Man merkt, dass die Dinge oft nicht so sind, wie man sie sich in Redaktionskonferenzen vorstellt.”

5. Interview mit Helmut Heinen
(stuttgarter-zeitung.de, Armin Käfer)
Helmut Heinen, Präsident des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger (BDZV), sagt einerseits (zur Begrenzung der Online-Aktivitäten von ARD und ZDF): “Wir wollen keine neuen Gesetze.” Andererseits hält er “ein umfassendes Leistungsschutzrecht für erforderlich”.

6. “Sehr geehrte Frau Aigner!”
(fr-online.de, pb)
In einem von FR-online.de formulierten Brief antwortet Facebook-Gründer Mark Zuckerberg Bundesministerin Ilse Aigner auf den offenen Brief, den sie ihm am Montag schickte. “Nach eingehender interner Diskussion sind wir zu dem Schluss gekommen, dass es uns einen feuchten Kehricht kümmert, ob Sie Ihr Profil löschen wollen oder nicht.”

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