Suchergebnisse für ‘schleichwerbung’

Der “Junta-Kumpel” und andere Rügen

Die drei Beschwerdeausschüsse des Deutschen Presserates haben Anfang Juni getagt und anschließend sieben öffentliche Rügen, zehn Missbilligungen und 19 Hinweise ausgesprochen.

Eine der Rügen ging an die “taz”, die mit einem Kommentar zur Papstwahl nach Ansicht des Presserates zwar “keine religiösen Gefühle geschmäht”, aber “grob gegen das Sorgfaltsgebot verstoßen” hatte. In der Print-Ausgabe war der Text unter der Überschrift “Junta-Kumpel löst Hitlerjunge ab” erschienen. Die Bezeichnung als “Junta-Kumpel” stelle “eine nicht bewiesene Tatsachenbehauptung” dar und verletze den Papst in seiner Ehre, urteilte der Ausschuss. Scharfe Bewertungen wie “Alter Sack I. folgte auf Alter Sack II.” seien hingegen zwar provokativ und polemisch, aber vom Recht auf Meinungsfreiheit gedeckt. Fast 50 Beschwerden waren zu dem “taz”-Kommentar von Deniz Yücel eingegangen.

Die “Maßnahmen” des Presserates:

Hat eine Zeitung, eine Zeitschrift oder ein dazugehöriger Internetauftritt gegen den Pressekodex verstoßen, kann der Presserat aussprechen:

  • einen Hinweis
  • eine Missbilligung
  • eine Rüge.

Eine “Missbilligung” ist schlimmer als ein “Hinweis”, aber genauso folgenlos. Die schärfste Sanktion ist die “Rüge”. Gerügte Presseorgane werden in der Regel vom Presserat öffentlich gemacht. Rügen müssen in der Regel von den jeweiligen Medien veröffentlicht werden. Tun sie es nicht, dann tun sie es nicht.

Drei weitere Rügen sprach der Presserat für die Laufmagazine “Condition”, “Laufzeit” und “Running” aus, die auf ihren Titelseiten jeweils ein PR-Foto eines Sportartikelherstellers veröffentlicht hatten. Der Presserat sah darin Schleichwerbung und damit einen Verstoß gegen Richtlinie 7.2 des Pressekodex.

Ebenfalls gerügt wegen einer Verletzung der Ziffer 7 wurde die Zeitschrift “Kanzlei Life!”, die sich an Rechtsanwalts- und Notarkanzleien richtet. Die Zeitschrift hatte in mehreren Artikeln auf Produkte eines Softwareunternehmens hingewiesen, Konkurrenzprodukte aber nicht genannt. Die Publikation wird von einem Schwesterunternehmen dieses Softwareentwicklers herausgegeben und kostenlos an Kunden verteilt. Der Presserat beurteilte die Zeitschrift “als reine Werbepublikation”, was für den Leser allerdings nicht ersichtlich sei.

Bild.de erhielt eine Rüge für die Berichterstattung über ein Tötungsdelikt, bei dem der Hauptverdächtige als überführter “Killer” bezeichnet wurde. In den Artikeln wurde der Eindruck erweckt, als habe erwiesenermaßen ein Mord stattgefunden und der Mann sei der Täter. Beides stand zum Zeitpunkt der Veröffentlichung aber nicht fest. Der Presserat erkannte darin einen Verstoß gegen die journalistische Sorgfaltspflicht (Ziffer 2) und einen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte des Mannes und des Opfers (Ziffer 8), weil über beide identifizierend berichtet worden war.

Schließlich gab es noch eine Rüge für die Münchener “tz”, die – ebenfalls identifizierend – über einen Mann geschrieben hatte, dem die Entführung und Vergewaltigung Minderjähriger in Thailand vorgeworfen wird. Darin erkannte der Presserat zudem eine Verletzung der Unschuldsvermutung (Ziffer 13).

Einen sogenannten Hinweis erteilte der Beschwerdeausschuss der Bremer “Bild”-Regionalausgabe sowie Bild.de, weil diese unter der Überschrift “Wir sind Bremens coolste Fahrschule” Schleichwerbung für eine, nun ja, Bremer Fahrschule gemacht hatten.

Keinen ethischen Verstoß stellte das Gremium hingegen bei zwei Beschwerden zur Berichterstattung über den Bombenanschlag in Boston fest. Bild.de hatte mehrere Fotos gezeigt, auf denen unter anderem verletzte Menschen zu sehen waren. “Die Fotos dokumentieren die schreckliche Realität dessen, was sich ereignet hat, überschreiten jedoch nicht die Grenze zur Sensationsberichterstattung” (Ziffer 11), so der Presserat. Ein grenzwertiges Foto, das einen verletzten Mann im Rollstuhl zeigte, “hatte die Zeitung kurz nach Erscheinen bereits wieder von sich aus aus dem Online-Angebot entfernt”.

FAZ, Nutzerkommentare, Kaffeehäuser

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Die vielen Köche und der Brei”
(journalist.de, Svenja Siegert)
“Es scheint, als sei die viel beschriebene Zweiklassengesellschaft aus textschrubbenden Onlinern und den besser verdienenden Edelfedern zumindest bei der FAZ Vergangenheit”, bemerkt Svenja Siegert nach einem Besuch in der Redaktion der “Frankfurter Allgemeinen Zeitung”, in der 30 Online-Journalisten arbeiten: “Zum Vergleich: Bei Spiegel Online arbeiten viermal so viele, bei süddeutsche.de ähnlich wenige.”

2. “Über unser Fernsehen”
(scharnigg.de)
Max Scharnigg denkt nach über das Fernsehen in Deutschland: “Es wird unseren Kindern höchst kurios vorkommen, dass es mal üblich war, in einer Papierzeitschrift nachzulesen, wann ein Film gezeigt wurde und die Tagesabläufe fortan diesem fixen Termin unterzuordnen.”

3. “Nutzerkommentare blockieren Informationsfluss”
(de.ejo-online.eu, Karen Grass)
Karen Grass berichtet über eine Studie zum Einfluss von Nutzerkommentaren: “Während die Leser der sachlichen Debatte die Informationen des Basisartikels aufnehmen und damit ihr Wissen über Nanotechnologie erweitern konnten, waren Teile der anderen Lesergruppe polarisiert. Wer die Technologie zuvor schon gut fand, sah ihre Risiken danach als noch geringer an; wer die Risiken scheute, sah sich danach darin bestätigt.”

4. “Digitale Zeitungen im Wiener Kaffeehaus”
(ots.at)
Sechs Kaffeehäuser in Wien bieten ihren Besuchern Zugang zu 122 verschiedenen Zeitungen online – in Zusammenarbeit mit einem Hotspot-Betreiber und einem Medienarchiv. Die Café-Kunden können die E-Paper mit ihren eigenen Smartphones, Tablets und Laptops kostenlos lesen.

5. “Artist in Residence: Christoph Schwarz”
(tvthek.orf.at, Video, 27:58 Minuten)
Als Artist in Residence verbringt Christoph Schwarz mehrere Wochen beim ORF, sichtet nicht gesendete Beiträge, entwirft Konzepte für Schleichwerbung, dokumentiert seinen Aufenthalt.

6. “Wie man gut schreibt”
(dermachtdieworte.blogspot.de, Thies)

Übergriffe, Drachen, SWR3-Topthema

6 vor 9

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1. “Wenn Politiker übergriffig werden”
(welchering.de)
Journalist Peter Welchering berichtet nach Recherchen über die Verwendung von Steuergeldern von Übergriffen durch Politiker: “Vollends irritiert hat mich, dass die vier Kollegen, die ähnliche Erfahrungen mit übergriffigen CDU-Politikern gemacht haben wie ich, von diesen Amtsträgern mit Bananenrepublikverständnis so eingeschüchtert waren, dass sie dringend um Anonymität gebeten haben.”

2. “SWR3 Flopthema – Mein Topthema”
(thorstenreimnitz.blogspot.de)
Thorsten Reimnitz kritisiert das “SWR3-Topthema”: “Ich will keine Phrasen (‘blühender Blödsinn’, ‘Neiddebatte’) oder gar Beleidigungen (‘Lügenbaron’) hören, ich will Argumente. Und eine Meinung will ich mir selber bilden, ansonsten kann ich auch eine Boulevardzeitung lesen.”

3. “In eigener Sache: Der Heise Zeitschriften Verlag und das Leistungsschutzrecht”
(heise.de)
Zum vom Bundestag letzte Woche verabschiedeten Leistungsschutzrecht für Presseverleger erklärt der Heise Zeitschriften Verlag: “Die Freiheit der Berichterstattung, der Verlinkung und des Zitierens, wer immer sie auch in Anspruch nimmt, darf keinesfalls gefährdet werden. Oder, um es allgemeiner zu formulieren: Wir akzeptieren keine Einschränkungen der Freiheiten und Möglichkeiten des Internet.”

4. “Ich blogge jetzt 8 Jahre und wollte euch was sagen”
(stadt-bremerhaven.de, Caschy)
Caschy bloggt “seit Jahren so 12 – 14 Stunden am Tag”: “Wie sich dieses Blog mit mir finanziert? Es gibt hier keine Schleichwerbung.”

5. “Die Finanzkrise im Spiegel der Medien”
(nzz.ch, Helena Hamann und Stephan Russ-Mohl)
Eine Gruppe von Forschern untersucht die Medien während der Finanzkrise: “Überraschend war für die Forscher, dass in den Nachrichten zwar von staatlichen Eingriffen berichtet und ihr Nutzen diskutiert worden sei, die Medien jedoch die Einmischung des Staates generell nicht mehr in Frage gestellt hätten. Auch die redaktionellen Linien der untersuchten Medien hätten ihre Gesamtberichterstattung nicht beeinflusst. ”

6. “#6 Chinabildblog: Medien machen Angst”
(doppelpod.com)
China als Drache auf den Titelseiten von “Spiegel” und “Focus”: “Ist das den Korrespondenten denn nicht langsam peinlich, für Magazine zu arbeiten, die mit ihrer Bildersprache da weiter machen, wo Wilhelm II mit seiner Hunnenrede aufgehört hat? Merken die denn gar nicht, dass sie mit diesen Bildern den Verdacht vieler Chinesen, westliche Medien würden anti-chinesische Propaganda betreiben, immer weiter erhärten?”

Netzgemeinde, Nomadenleben, Masterplan

6 vor 9

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1. “Bekenntnis: Ich bin taz-Redakteur und Parteimitglied”
(blogs.taz.de, Felix Dachsel)
Taz-Journalist Felix Dachsel outet sich als Parteimitglied der SPD. “Sein Nebensitzer in der Journalistenschule war ebenfalls in der SPD.”

2. “Eine deutsche Phantomdebatte: Wie die deutschen Medien sich mit einer Nicht-Geschichte über Nordkorea blamieren”
(nordkoreainfo.wordpress.com, tobid001)
Ausgelöst durch einen Beitrag der FAZ ist in mehreren deutschen Medien von einem “Masterplan” zu lesen, der die Wirtschaft Nordkoreas mit deutschem Beistand nach dem Vorbild Vietnams umgestalten werde. “Dabei scheint es auch keinen weiter gestört zu haben, dass ausländische Medien einen weiten Bogen um die Geschichte gemacht haben und die globale Sensationsökonomie, die sich ja sonst oft für nichts zu schade ist, das ganze fast vollständig missachtete.”

3. “Die dubiosen Deals der Gottschalk-Brüder”
(spiegel.de)
Die aktuelle “Spiegel”-Titelgeschichte widmet sich Verträgen der Firma Dolce Media zur ZDF-Sendung “Wetten, dass..?”. Siehe dazu auch die Marke Audi in einer ARD-Übertragung eines Parallelslaloms (deutsche-wirtschafts-nachrichten.de).

4. “Ich bin kein Mitglied der Netzgemeinde”
(begleitschreiben.net, Gregor Keuschnig)
Die selbsternannten Sprecher des “Netzes” hätten “die Spielregeln der medialen Kako­phonie souverän verinnerlicht und spielen nun mit”, schreibt Gregor Keuschnig. “Es ist schon fast zur Normalität geworden, dass allüberall für mich irgendjemand glaubt sprechen zu müssen.”

5. “‘Mehr habe ich auch nicht probiert'”
(horizont.at, Philipp Wilhelmer)
Ein Interview mit Oscar Bronner, dem Gründer und Herausgeber der Zeitung “Der Standard”: “Das Businessmodell ‘Internet’ kann derzeit das was wir als Qualitätsjournalismus kennen, noch nicht finanzieren. Daran arbeiten wir aber. Wobei das, was wir als Internet kennen, ist ja noch wahnsinnig jung. Die Tageszeitung als Businessmodell, wie wir es kennen, ist rund 150 Jahre alt. Wie das Internet funktioniert, entwickelt sich gerade.”

6. “So wird fast jeder Ort auf der Welt zum virtuellen Büro”
(netzwertig.com, Martin Weigert)
10 Tipps für ein erfolgreiches digitales Nomadenleben.

Uschi Glas, Panik und ein Audi-Ausflug

6 vor 9

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Bis zum 11. Januar gibt es hier ein ungewöhnliches Experiment: BILDblog und die Deutsche Journalistenschule organisieren die Urlaubsvertretung von Ronnie Grob – Schüler der 50sten und 51sten Lehrredaktion der DJS werden in den nächsten Tagen täglich sechs besondere Links auswählen und im BILDblog und auf djs-online.de vorstellen. Heute ausgewählt von Martin Schneider und Nicolas Diekmann.

1. Uschi Glas als Stammgast
(Altpapier, Klaus Raab)
Hat Bild das Attentat in Newtown genutzt, um für seine abendliche Veranstaltung “Ein Herz für Kinder” zu werben? “Den Massenmord an Grundschülern zu benutzen, um eine Spendengala zu promoten (…) ist schon herausragend ekelhaft”, schreibt Klaus Raab.

2. Newtown response shows perils of post-tragedy interview requests via social media
(Poynter, Jeff Sondermann)
Wenn durch Social Media jeder auffindbar ist, was tun Journalisten? Sie schicken Interviewanfragen zum Amoklauf direkt per Twitter und Facebook. “While social networks have made it easier for journalists to find and contact potential sources, it’s also made the hardest part of the job even harder. Those delicate interactions, what used to be just two humans figuring out what feels right, often occur over the cold distance of electronic communication and in full view of the public.”

3. More Guns, More Mass Shootings – Coincidence?
(Mother Jones, Mark Follman)
Eine datenjournalistische Aufarbeitung über den Zusammenhang aus der Häufung von Amokläufen und der zunehmender Verbreitung von Waffen in den USA.

4. Die Panik der Anderen
(Perlentaucher, Ina Hartwig)
Jahrelang war Ina Hartwig Literaturkritikerin für die “Frankfurter Rundschau”. Nun gibt sie einen Einblick in den langsamen Untergang der Zeitung, beschreibt diesen als “Sonderfall” und versteht die “Resignation und Autoaggression” diverser Journalisten nach der (Fast-) Pleite der FR nicht. Eher müsse eine ehrliche Auseinandersetzung um die Zukunft des “Leitmediums Zeitung” stattfinden.

5. Der Audi-Ausflug des Zeit-Herausgebers
(Meedia, Stefan Winterbauer)
Im letzten “Zeit”-Magazin attestierte “Zeit”-Herausgeber Josef Joffe in einem gemeinsam mit seiner Frau verfassten Auto-Test dem Audi Q3 “gedämpften Minimalismus”. Die Innengeräusche seien “gering, das Fahrverhalten bietet die richtige Balance zwischen flink und sicher. Kurven meistert der Q3 wie von Geisterhand gezogen.” Nach dem Verdacht auf Schleichwerbung, sagt die “Zeit” jetzt auf Anfrage von “meedia”, dass die Autoren bis auf 90 Euro alle Spesen selbst tragen müssten.

6. Countdown zum Weltuntergang
(ZDFneo, Weltuntergangsblog)
Am 21. Dezember geht ja bekanntlich die Welt unter; die ZDF-Spartenkanal-Allzweckwaffen Joko und Klaas servieren an diesem Abend bei Neo ihre große Show zum Thema. Bis dahin gibt es einen täglichen Blogeintrag – mit Twitter-Liste zum #weltuntergang.

Alle verrügt geworden

Die Beschwerdeausschüsse des Deutschen Presserats tagten diese Woche in Berlin und sprachen anschließend drei öffentliche Rügen, eine nicht-öffentliche Rüge, acht Missbilligungen und 17 sogenannte Hinweise aus.

Die nicht-öffentliche Rüge erging an Bild.de für die Berichterstattung über einen Jagdunfall. Ein Jäger hatte einen Mann für ein Wildschwein gehalten und versehentlich erschossen, Bild.de zeigte bei der Berichterstattung ein Foto des Opfers, das nach Ansicht des Presserats nicht hätte gezeigt werden dürfen.

Einen schweren Verstoß gegen die Persönlichkeitsrechte eines Opfers sah der Beschwerdeausschuss bei der Münchener “tz” gegeben, die bei der Berichterstattung über ein Familiendrama den Vornamen, die Adresse, den Beruf und die Herkunft des Opfers genannt und sein Foto gezeigt hatte. Dafür erhielt die Zeitung eine öffentliche Rüge.

Eine solche gab es auch für die “Wetzlarer Neue Zeitung”, die nach dem Autounfall eines ehemaligen Handball-Nationalspielers fälschlicherweise berichtet hatte, dieser sei zu Tode gekommen. Am Tag danach berichtigte sie sich und erklärte, der Mann habe den Unfall überlebt, aber schwere Hirnverletzungen erlitten. Auch das war allerdings falsch. Der Presserat sah darin einen schweren Verstoß gegen die Ziffer 2 des Pressekodex, die Journalisten auffordert, Informationen sorgfältig auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen.

Die “Maßnahmen” des Presserates:

Hat eine Zeitung, eine Zeitschrift oder ein dazugehöriger Internetauftritt gegen den Pressekodex verstoßen, kann der Presserat aussprechen:

  • einen Hinweis
  • eine Missbilligung
  • eine Rüge.

Eine “Missbilligung” ist schlimmer als ein “Hinweis”, aber genauso folgenlos. Die schärfste Sanktion ist die “Rüge”. Gerügte Presseorgane werden in der Regel vom Presserat öffentlich gemacht. Rügen müssen in der Regel von den jeweiligen Medien veröffentlicht werden. Tun sie es nicht, dann tun sie es nicht.

Schließlich gab es auch noch eine öffentliche Rüge gegen die Online-Ausgabe des “Münchner Merkur”, die in ihrer Rubrik “Outdoorteil der Woche” positiv über eine Stirnlampe berichtet und dabei Preis und Website des Herstellers genannt hatte. Der Beschwerdeausschuss sah die Grenze zur Schleichwerbung überschritten, da “ohne erkennbare redaktionelle Begründung eine einzelne Lampe aus einer Palette ähnlicher Produkte hervorgehoben wurde”.

In seiner Pressemitteilung erwähnt der Presserat auch einen Text von Deniz Yücel auf taz.de, zu der 25 Beschwerden eingegangen waren. In seiner Kolumne “Besser” hatte Yücel unter der Überschrift “Der Ausländerschutzbeauftragte” über einen Mann namens “Thilo S.” geschrieben: “[…] dem man nur wünschen kann, der nächste Schlaganfall möge sein Werk gründlicher verrichten.” Der Beschwerdeausschuss hielt es “für unvereinbar mit der Menschenwürde, jemandem eine schwere Krankheit oder Schlimmeres zu wünschen” und sprach eine “Missbilligung” aus.

Ja, bloß eine “Missbilligung”, keine “Rüge” (s. Kasten). Und damit kommen wir zu den Mediendiensten, die über die neuesten Entscheidungen des Presserates berichteten:

"Bild.de" und "taz.de" handeln sich Rügen ein

dwdl.de titelt zwar fälschlicherweise von einer “Rüge” für taz.de, bekommt es im Artikel selbst aber richtig hin und schreibt dort von einer “Missbilligung”.

Presserat: Rügen für taz.de und Bild.de

meedia.de war bei der Aufbereitung richtig glücklos und spricht in Überschrift und Text von einer “Rüge”.

Mit Dank an Florian G.

Nachtrag, 16.15 Uhr: “Meedia” hat seine Überschrift in “Presserat: Rügen für Bild.de und TZ” geändert und den Artikel überarbeitet:

Anmerkung:
In einer früheren Version dieses Textes stand fälschlicherweise, dass die taz eine Rüge kassiert hätte. Das war falsch und wurde korrigiert.

dwdl.de spricht in der Überschrift (und im Vorspann, wie uns erst jetzt aufgefallen ist) immer noch von einer “Rüge” für taz.de.

2. Nachtrag, 17.10 Uhr: Jetzt lautet die Überschrift bei dwdl.de “Presserat nimmt sich u.a. ‘Bild.de’ und ‘taz.de’ vor” und auch im Vorspann ist jetzt von der “Missbilligung” die Rede.

  

“Kein Hinweis auf eine seriöse Tätigkeit”

Dokumentation: Wie Horst Seidenfaden, Chefredakteur der “Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen Zeitung”, auf eine Anfrage von BILDblog zur Schleichwerbung für Nivea auf HNA.de reagiert.

Betreff: RE: Anfrage BILDblog
Datum: 18.11.2012 18:57
Von: Horst Seidenfaden
An: Mats Schönauer

Sehr geehrter Herr Schönauer,

ich kenne Sie nicht, erkenne auch keinen Hinweis auf eine seriöse Tätigkeit, finde das Vorgehen bemerkenswert unprofessionell und wüsste nicht, warum ich meine Zeit für Ihre Anfrage spenden sollte.

Gruß
Horst Seidenfaden

Betreff: Anfrage BILDblog
Datum: 18.11.2012 17:23
Von: Mats Schönauer
An: Horst Seidenfaden
CC: Jan Schlüter

Sehr geehrte Damen und Herren,
sehr geehrter Herr Seidenfaden,

ich recherchiere derzeit für einen Artikel, der im BILDblog veröffentlicht werden soll. Ich habe in diesem Zusammenhang einige Fragen an Sie. Es wäre nett, wenn Sie mir diese bis spätestens Mittwochmittag beantworten würden.

Seit August 2011 sind auf HNA.de einige Artikel erschienen, die Produkte der Marke “Nivea” und/oder die Marke selbst bewerben. Nach unseren Informationen ist der Inhalt von mindestens zehn Artikeln von Nivea bzw. der Firma Beiersdorf selbst produziert worden. Dennoch entsteht der Eindruck, es handele sich dabei um redaktionelle Beiträge. Die einzige Kenntlichmachung ist das Kürzel “nh”, das allerdings auch nur bei einigen Artikeln zu finden ist.

Konkret geht es um folgende Texte:

1) “Morgens ruckzuck fertig: Wecken Sie Ihr Zeitsparpotential”
http://www.hna.de/magazin/lifestyle-mode/morgens-ruckzuck-fertig-wecken-zeitsparpotential-mz-2618491.html

2) “Es muss rasiert werden: ‘Ohne-Bart-Tag’ am 18. Oktober”
http://www.hna.de/gesundheit/lokal/muss-rasiert-werden-ohne-bart-tag-oktober-mz-2532511.html

3) “Gewinnen und gut ausschauen: Nach dem Feiern muss Mann sich pflegen”
http://www.hna.de/gesundheit/lokal/gewinnen-ausschauen-nach-feiern-pflegen-mz-2519276.html

4) “Reden ist Silber, Berührungen sind Gold”
http://www.hna.de/gesundheit/lokal/hautkontakt-festigt-wir-gefuehl-eltern-kind-mz-2520789.html

5) “Eine gute Nacht zum Tag des Schlafes”
http://www.hna.de/gesundheit/lokal/eine-gute-nacht-schlafes-mz-2361450.html

6) “Gesichtsgymnastik: Anti-Ageing ohne Creme”
http://www.hna.de/gesundheit/lokal/gesichtsgymnastik-anti-ageing-ohne-creme-mz-2272572.html

7) “Gewinnen und Pflegen: NIVEA-Kulturtaschen für Ihn”
http://www.hna.de/gesundheit/lokal/gewinnen-pflegen-nivea-kulturtaschen-mz-1492235.html

8) “Stets unterwegs und trotzdem immer gepflegt”
http://www.hna.de/gesundheit/lokal/stets-unterwegs-trotzdem-immer-gepflegt-mz-1491027.html

9) “Interview: Männerhaut ist anders”
http://www.hna.de/gesundheit/lokal/maennerhaut-anders-interview-mz-1491300.html

10) “Energie tanken in der Spätsommerzeit”
http://www.hna.de/gesundheit/lokal/energie-tanken-spaetsommerzeit-mz-1424474.html

11) “Gewinnspiel: Tageslicht und Energie tanken”
http://www.hna.de/gesundheit/lokal/gewinnspiel-tageslicht-energie-tanken-mz-1424381.html

12) “Neue Pflegeserie von Nivea – Was ist das Besondere an Pure & Natural?”
http://www.hna.de/gesundheit/lokal/neue-pflegeserie-nivea-besondere-pure-natural-mz-1335684.html

Meine Fragen dazu lauten:

1. Welche der oben aufgeführten Artikel sind von Nivea bzw. der Firma Beiersdorf produziert worden?

2. In welchem Maße wurden diese Texte redaktionell bearbeitet?

3. Warum wird bei diesen PR-Texten der Eindruck erweckt, es handele sich um redaktionelle Inhalte?

4. Warum wird nicht kenntlich gemacht, dass die Texte von Nivea/Beiersdorf produziert wurden?

5. Ich gehe davon aus, dass das Kürzel “nh” für “nicht honoriert” steht. Sollte diese Annahme richtig sein: Ist es Ihres Erachtens ausreichend, solche Werbetexte lediglich mit dem Kürzel “nh” von nicht-werblichen redaktionellen Inhalten abzuheben?

6. Ist davon auszugehen, dass die Texte, die nicht das Kürzel “nh” tragen — insbesondere die Texte 2), 4) und 5) –, honoriert wurden?

7. Bezahlt die Firma Beiersdorf dafür, dass HNA.de solche Beiträge übernimmt?

7a) Wenn ja: Warum fehlt dann der Hinweis “Anzeige” oder “Sonderveröffentlichung”?

7b) Wenn nein: Handelt es sich dann nicht um unentgeltliche Werbung für Nivea im redaktionellen Teil? Und welche journalistische Rechtfertigung sehen Sie als Nachrichtenportal dafür?

8. Hat die Firma Beiersdorf Ihnen die Produkte, die in den Gewinnspielen verlost wurden, kostenfrei zur Verfügung gestellt?

9. Schaltet die Firma Beiersdorf Anzeigen in der gedruckten HNA/auf HNA.de oder hat sie es zwischen August 2011 und heute getan?

10. Ist Nivea die einzige Marke bzw. Beiersdorf die einzige Firma, von der regelmäßig solche Beiträge übernommen werden?

10a) Wenn ja: warum?

10b) Wenn nein: Von welchen anderen Marken/Unternehmen werden regelmäßig PR-Texte übernommen? Und woran kann der Leser solche externen Beiträge erkennen?

11. Ist es mit den journalistischen Grundsätzen der HNA vereinbar, solche Werbebotschaften ohne Kenntlichmachung (oder lediglich mit dem Kürzel “nh” versehen) im redaktionellen Teil von HNA.de zu veröffentlichen?

Vielen Dank und freundliche Grüße,
Mats Schönauer

Gesünder Werben mit AOK Plus

Drei- bis viermal im Jahr laden die “Dresdner Neuesten Nachrichten” für einen Tag einen “Gast-Chefredakteur” ein, der gemeinsam mit der Redaktion eine Ausgabe mit einem thematischen Schwerpunkt entwickelt. Darauf ist der Chefredakteur der “Dresdner Neuesten Nachrichten” offenbar so stolz, dass er in einer Stellungnahme gegenüber dem Deutschen Presserat ausführlich über dieses Projekt referiert und auflistet, welche prominenten und nicht-prominenten “Gast-Chefredakteure” es schon gegeben habe und welche Themen diese dabei bearbeitet hätten.

Diese Stellungnahme war nötig geworden, weil sich ein Leser beim Presserat über die “DNN”-Ausgabe vom 15. Februar beschwert hatte, deren “Gast-Chefredakteur” Rolf Steinbronn, Vorstandsvorsitzender der Krankenkasse AOK Plus, war.

In seinem Leitartikel hatte Steinbronn erklärt, wie viel Geld die AOK Plus (die “größte gesetzliche Krankenkasse in Sachsen und Thüringen”) wofür ausgibt, und dass die AOK Plus allein im vergangenen Jahr 70 Millionen Euro durch Rabattvertäge mit Pharmafirmen gespart habe.

Und solche Einsparungen sind natürlich was Tolles für die Versicherten der AOK Plus:

Vom Spareffekt profitieren letztlich alle Versicherten, indem sie sich darauf verlassen können, bei der AOK Plus bis mindestens 2014 von Zusatzbeiträgen verschont zu bleiben.

Und was die AOK Plus sonst noch tolles macht, konnte der Leser fast überall in dieser Ausgabe der “DNN” erfahren:

  • Im Lokalteil etwa kamen die Mitarbeiter eines Jugendgästehauses zu Wort, die dank der Gesundheitsförderung der Dresdner AOK jetzt drei Übungsstunden à 60 Minuten mit individuellen, arbeitsplatzbezogenen Rückenübungen bekommen haben.
  • Im Kulturteil stand ein Artikel über ein Präventionsprojekt, bei dem Musiker des Landesjugendorchesters Sachsen spezielle Übungen zur Stärkung ihres Bewegungsapparats lernen sollten, um Haltungsschäden zu vermeiden. Gefördert von der AOK Plus, wie der Leser erfuhr.
  • Und im Sportteil erschien ein Interview mit dem Leiter des Betriebssportvereins der AOK in Dresden, das “Entspannung bei Zumba in der Mittagspause” versprach. Man muss aber gar nicht bei der AOK arbeiten, um dort mitmachen zu dürfen: “Unser Sportverein richtet sich aber nicht nur an AOK-Mitarbeiter, sondern ist für alle offen.”

Der Beschwerdeführer fand insgesamt acht Artikel, in denen er das Gebot der klaren Trennung von Redaktion und Werbung verletzt sah.

Der Chefredakteur der “DNN”, Dirk Birgel, betonte in seiner Stellungnahme, dass die Veröffentlichung weder von dritter Seite bezahlt noch durch geldwerte Vorteile belohnt worden sei. Auch ein Kopplungsgeschäft liege nicht vor.

Die “DNN” beharrte auf ihre redaktionelle Unabhängigkeit: Nur der Leitartikel sei vom Chef der AOK Plus verfasst und durch den Chefredakteur selbst geprüft worden. Alle anderen Beiträge seien durch die Redaktion selbst erarbeitet worden. Es sei “naheliegend”, dass sie thematisch im Zusammenhang mit dem Gast-Chefredakteur stünden.

Wenn überhaupt, so der Chefredakteur, dann könnte allenfalls in der Mitteilung, dass die AOK bis 2014 keine Zusatzbeiträge erheben wolle, eine werbliche Wirkung gesehen werden. Er erklärte aber auch eindrucksvoll, warum das eigentlich nicht sein könne: Da die Meldung die überwiegende Anzahl der Leser betreffe, überlagere hier das öffentliche Interesse einen möglichen Werbeeffekt. Auch in allen anderen Artikeln überlagere der Informationswert eindeutig eine mögliche Werbewirkung für die AOK.

Einer der vom Leser kritisierten Artikel mit dem Titel “Last-Minute-Fitness für Wintersportler” gehöre übrigens gar nicht zu den mit dem AOK-Chef vorbereiteten Texten, führte der Chefredakteur weiter aus: Es handele sich dabei vielmehr um den vorletzten Teil der zwölfteiligen Serie “Gesund und aktiv”, die von der AOK lediglich durch die Schaltung einer Anzeige in Form eines Logos begleitet werde. Dieser Text sei aber auch keine AOK-Veröffentlichung, sondern ein von einem Facharzt für Orthopädie verfassten Beitrag zum Thema “Skilanglauf und Abfahrtski” ohne Bezug zur AOK. Auf der Seite finde sich zudem ein Interview mit einer Ernährungsberaterin, in dem der einzige Bezug zur AOK sei, dass diese bei der Krankenkasse arbeite.

Die “Maßnahmen” des Presserates:

Hat eine Zeitung, eine Zeitschrift oder ein dazugehöriger Internetauftritt gegen den Pressekodex verstoßen, kann der Presserat aussprechen:

  • einen Hinweis
  • eine Missbilligung
  • eine Rüge.

Eine “Missbilligung” ist schlimmer als ein “Hinweis”, aber genauso folgenlos. Die schärfste Sanktion ist die “Rüge”. Gerügte Presseorgane werden in der Regel vom Presserat öffentlich gemacht. Rügen müssen in der Regel von den jeweiligen Medien veröffentlicht werden. Tun sie es nicht, dann tun sie es nicht.

Der Beschwerdeausschuss des Presserats konnte sich der Argumentation der “Dresdner Neuen Nachrichten” nicht anschließen und erkannte in der Berichterstattung eine Verletzung des Grundsatzes der klaren Trennung von Redaktion und Werbung. Die gemeinsam mit der AOK Plus entstandenen Beiträge überschritten die Grenze zwischen einer Berichterstattung von öffentlichem Interesse und Schleichwerbung nach Richtlinie 7.2 Pressekodex.

Die Häufung von Beiträgen, in denen über die Krankenkasse und ihr im Wettbewerb stehendes Angebot berichtet wird, sei redaktionell nicht mehr zu begründen. Es entstehe dabei eine Werbewirkung für die AOK, die nicht durch ein Leserinteresse an der Berichterstattung zu rechtfertigen ist.

Der Presserat sprach deshalb eine “Missbilligung” gegen die “Dresdner Neuesten Nachrichten” aus.

Medizinjournalismus mit Chefarztbehandlung

Es ist eine zutiefst positive Geschichte, die die “Rhein-Zeitung” ihren Lesern am Mittwoch vergangener Woche erzählte. Das Blatt berichtet im Lokalteil von einem Medikament namens Carfilzomib, das gegen eine spezielle Art von Knochenmarkkrebs helfen soll. Es ist noch nicht zugelassen, hat aber bei einem Betroffenen aus dem Verbreitungsgebiet der Zeitung, der an einem Test mit dem Mittel teilnehmen konnte, schon phänomenale Wirkung gezeigt. Er hatte sich mit seinen Beschwerden an das Stiftungsklinikum Mittelrhein gewandt, was sich laut “Rhein-Zeitung” als Glücksfall herausstellte.

Ein kleines Detail, das den Lesern bei der Einordnung dieser Bewertung und des ganzen Berichtes helfen könnte, lässt die “Rhein-Zeitung” unerwähnt: Der Artikel stammt vom Stiftungsklinikum Mittelrhein selbst. Es hat ihn als Pressemitteilung herausgegeben, samt eines Fotos (das die “Rhein-Zeitung” übernommen hat), das den Bildtext trägt: “Werner Gibbert (links) ist glücklich und dankbar, dass er durch Prof. Naumann an einer klinischen Studie teilnehmen konnte.” Die “Rhein-Zeitung” hat diese Pressemitteilung nur leicht gekürzt und sehr sachte redigiert:

Pressemitteilung Stiftungsklinikum Artikel “Rhein-Zeitung”
Klinische Studien geben neue Hoffnung Klinische Studien geben Patienten neue Hoffnung
Werner Gibberts Vater ist 1987, ein halbes Jahr nach der Diagnose “Multiples Myelom”, gestorben. 2007 hat ihn diese Form des Knochenmarkkrebses selber getroffen. “Das hat mich natürlich umgehauen”, erinnert sich der heute 61-jährige aus Wolken. “Aber die Medizin hat in letzten 20 Jahren, besonders bei der Behandlung dieser Erkrankung, große Fortschritte gemacht, da habe ich meine ganze Hoffnung hineingesetzt.” Koblenz/Wolken. Als Werner Gibberts Vater im Jahr 1987 die Diagnose “Multiples Myelom” erhielt, hatte er noch ein halbes Jahr zu leben. 20 Jahre später, im Jahr 2007, traf es dann Werner Gibbert selbst: Auch er leidet unter dieser Form des Knochenmarkkrebses. “Das hat mich natürlich umgehauen”, erinnert sich der heute 61-Jährige aus Wolken an die Zeit. Aber die Medizin hat in vergangenen 20 Jahren — besonders bei der Behandlung dieser Erkrankung — große Fortschritte gemacht”, sagt er, “da habe ich meine ganze Hoffnung hineingesetzt”. Diese Hoffnungen wurden erfüllt — Werner Gibbert wird im Stift behandelt und nimmt an einer klinischen Studie teil.
Im November 2007 unterzog er sich erstmals einer hoch dosierten Chemotherapie in der Universitätsklinik Köln. Die Blut und Knochenmarkwerte hatten sich durch diese Behandlung wieder normalisiert. „Ich wusste allerdings, dass in einigen Jahren wieder eine weitere Therapie erforderlich werden wird, denn eine 100prozentige Heilung ist bei dieser Krankheit für die Mehrzahl der Betroffenen noch nicht möglich.“ Im November 2007 unterzog er sich erstmals einer hoch dosierten Chemotherapie in der Universitätsklinik Köln. Die Blut- und Knochenmarkwerte hatten sich dadurch wieder normalisiert. “Ich wusste allerdings, dass in einigen Jahren wieder eine weitere Therapie erforderlich werden wird, denn eine 100-prozentige Heilung ist bei dieser Krankheit für die Mehrzahl der Betroffenen noch nicht möglich.”
In Köln kam Werner Gibbert erstmals mit “Klinischen Studien” in Berührung. Durch sie hatte der Beamte bei der Telekom die Möglichkeit, ein neues noch nicht zugelassenes Medikament zu erhalten, mit dem der jetzt erreichte Zustand möglichst lange erhalten werden sollte. “Ich habe überhaupt nicht daran gedacht, hier ein Versuchskaninchen zu sein! Ich habe das als Chance für mich gesehen und war froh an einer Studie teilzunehmen zu können, denn das gibt es bei weitem nicht überall.” In Köln kam Werner Gibbert erstmals mit klinischen Studien in Berührung. Durch sie hatte er die Möglichkeit, ein neues noch nicht zugelassenes Medikament zu bekommen, mit dem der erreichte Zustand möglichst lange erhalten werden sollte. “Ich habe überhaupt nicht daran gedacht, hier ein Versuchskaninchen zu sein. Ich habe das als Chance für mich gesehen.”
2011 traten bei Werner Gibbert jedoch wieder Beschwerden auf. “Ich habe gemerkt, dass mit mir irgendwas nicht stimmt”. Der Vater von drei Söhnen fuhr zwar immer noch in dreimonatigen Abständen nach Köln zur Kontrolle der Erkrankung, aber diesmal wählte er das Stiftungsklinikum Mittelrhein, um sein Unwohlsein abklären zu lassen. Die Klinik hatte er bei einem Patiententag zum Thema “Multiples Myelom” kennengelernt. Im dortigen Zentrum für Innere Medizin stellte der Klinikdirektor Prof. Dr. Ralph Naumann dann über 50% krebsbefallene Zellen in seinem Knochenmark fest. “Prof. Naumann hatte mir angeboten, an einer klinischen Studie teilzunehmen. Ich habe sofort zugesagt (…)”. 2011 traten bei Werner Gibbert jedoch wieder Beschwerden auf. “Ich habe gemerkt, dass mit mir irgendwas nicht stimmt.” Der Vater von drei Söhnen fuhr zwar immer noch in dreimonatigen Abständen nach Köln zur Kontrolle der Erkrankung, aber diesmal wählte er das Stiftungsklinikum in Koblenz, um sein Unwohlsein abklären zu lassen. Klinikdirektor Prof. Dr. Ralph Naumann stellte dann mehr als 50 Prozent krebsbefallene Zellen in seinem Knochenmark fest. “Prof. Naumann hatte mir angeboten, an einer klinischen Studie teilzunehmen. Ich habe sofort zugesagt.”
Im Herbst 2011 wurde er in eine internationale Studie aufgenommen, an der nur 800 Patienten teilnehmen. In zwei Gruppen eingeteilt erhält die erste Gruppe die “herkömmlichen” Medikamente, während die zweite Gruppe zusätzlich das neue, zu testende Medikament Carfilzomib bekommt, wie Werner Gibbert. (…) Im Herbst 2011 wurde Gibbert in eine internationale Studie aufgenommen, an der nur 800 Patienten teilnehmen. In zwei Gruppen eingeteilt erhält die erste Gruppe die herkömmlichen Medikamente, während die zweite Gruppe zusätzlich das neue, zu testende Medikament Carfilzomib bekommt — Werner Gibbert ist einer von ihnen.
(…) Und ideal war auch das Ergebnis. “Das Medikament Carfilzomib hat phänomenal bei Herrn Gibbert angeschlagen”, bestätigt Prof. Naumann hocherfreut. “Schon nach dem ersten Therapiezyklus ist ein Großteil der Krebszellen im Knochenmark verschwunden. Die vorher katastrophalen Blutwerte lagen bereits wieder im Normalbereich.” Werner Gibbert lächelt: “Mir geht es wieder richtig gut. Insgesamt dauert die Studie 18 Monate. Nach sechs Behandlungszyklen haben sich alle Parameter im Normalbereich stabilisiert, die Erkrankung ist damit praktisch nicht mehr nachweisbar. Am liebsten würde ich die Behandlung nun beenden und in Urlaub fahren, aber natürlich ziehen wir das bis zum Ende durch.” Der Erfolg kam bald: “Das Medikament Carfilzomib hat phänomenal bei Herrn Gibbert angeschlagen”, bestätigt Ralph Naumann. “Schon nach dem ersten Therapiezyklus ist ein Großteil der Krebszellen im Knochenmark verschwunden. Die vorher katastrophalen Blutwerte lagen bereits wieder im Normalbereich.” Werner Gibbert lächelt: “Mir geht es wieder richtig gut. Am liebsten würde ich die Behandlung nun beenden und in Urlaub fahren, aber natürlich ziehen wir das bis zum Ende durch.”
Prof. Naumann erklärt: “Der Vorteil der klinischen Studien liegt darin, dass die Patienten sonst nicht an diese Wirkstoffe kommen.” (…) Rund 11.000 Euro kostet ein Therapiezyklus monatlich. Alle Kosten wie auch die aufwendigen Blutuntersuchungen sowie die Fahrtkosten werden komplett von dem Hersteller des Prüfmedikamentes übernommen. Naumann erklärt: “Der Vorteil der klinischen Studien liegt darin, dass die Patienten sonst nicht an diese Wirkstoffe kommen.” Rund 11 000 Euro kostet ein Therapiezyklus monatlich. Alle Kosten werden vom Hersteller des Prüfmedikamentes übernommen.
Die Anforderungen an Einrichtungen, solche Studien anbieten zu dürfen, sind sehr hoch. Gesetzgeber und Ethikkommissionen kontrollieren streng. Neben Prof. Dr. Naumann verfügen die Ärzte der Praxisklinik für Hämatologie und Onkologie Koblenz (Prof. Dr. Köppler und Partner) über eine langjährige Erfahrung als Prüfärzte sowie als Leiter klinischer Prüfungen in Studien zur internistischen Onkologie und Hämatologie. “Im Rahmen der intensiven Zusammenarbeit von Stiftungsklinikum und Praxisklinik haben wir die Durchführung von klinischen Studien in beiden Einrichtungen aufeinander abgestimmt, um so mehr klinische Studien für unsere Patienten anbieten zu können”, erklärt Dr. Thomalla von der Praxisklinik. Demnächst startet die Folgestudie mit Carfilzomib, an der Patienten aus beiden Einrichtungen teilnehmen können. Die Anforderungen an die Einrichtungen, die solche Studien anbieten, sind hoch. Neben Naumann verfügen die Ärzte der Praxisklinik für Hämatologie und Onkologie Koblenz (Prof. Dr. Hubert Köppler und Partner) über eine langjährige Erfahrung als Prüfärzte sowie als Leiter klinischer Prüfungen in Studien zur internistischen Onkologie und Hämatologie. “Im Rahmen der intensiven Zusammenarbeit von Stift und Praxisklinik haben wir die Durchführung von klinischen Studien in beiden Einrichtungen aufeinander abgestimmt, um so mehr klinische Studien für unsere Patienten anbieten zu können”, erklärt Dr. Jörg Thomalla von der Praxisklinik. Demnächst startet die Folgestudie mit Carfilzomib, an der Patienten aus beiden Einrichtungen teilnehmen können.
Weitere Informationen unter www.stiftungsklinikum.de oder www.onkologie-koblenz.de. Weitere Informationen unter www.stiftungsklinikum.de oder www.onkologie-koblenz.de

Die Klinik hatte ihrer Pressemitteilung übrigens den Satz hinzugefügt:

Werner Gibbert ist im Vorstand der Selbsthilfegruppe Multiples Myelom, Mayen Koblenz engagiert und steht unter der Telefonnummer … gerne für ein Gespräch zur Verfügung.

Vermutlich war das die Einladung an Journalisten, sich ein eigenes Bild zu machen. Aber warum sollte die “Rhein-Zeitung” mühevoll journalistisch arbeiten, wenn die PR frei Haus kommt?

Das Projekt “Medien-Doktor”, das sich kritisch mit Medizinjournalismus auseinandersetzt, hat diese Form der Schleichwerbung entdeckt und weiß auch, dass das bei der “Rhein-Zeitung” kein einmaliges Versehen ist: Bereits im April* veröffentlichte das Blatt im Lokalteil einen scheinbar redaktionellen Artikel, der fast wörtlich der Pressemitteilung eines Klinikums entsprach.

*) Nachtrag/Korrektur, 8. Juni. Der im letzten Absatz erwähnte frühere Fall stammt aus dem April 2011, nicht dieses Jahres.

Nachtrag, 14. Juni. Der Chefredakteur der “Rhein-Zeitung”, Christian Lindner, schreibt auf Twitter, es dürfe “nicht vorkommen”, dass “nicht transparent gemacht wurde, dass ein RZ-Text über eine Klinik eine Pressemitteilung der Klinik war”.

Nachtrag, 13. Oktober. Der Presserat hat — aufgrund einer Beschwerde von BILDblog — wegen dieser Berichterstattung eine “Missbilligung” ausgesprochen. Der Artikel verstoße gegen die Richtlinie 1.3 des Pressekodex, wonach Pressemitteilungen als solche gekennzeichnet werden müssen. Die Chefredaktion der “Rhein-Zeitung” hatte es in ihrer Stellungnahme gegenüber dem Gremium bedauert, dass die journalistische Distanz nicht gewahrt wurde. Sie habe die Kritik zum Anlass genommen, die Redakteure schriftlich auf das Einhalten der journalistischen Grundsätze hinzuweisen.

Von Manga-Mord und Profi-Piraten

Im vergangenen November fand man in Leipzig in einem Fluss die zerstückelte Leiche eines jungen Mannes. Anfang Dezember konnte er als Jonathan H. identifiziert werden. “Bild” bastelte sich aus den Spuren, die Jonathan H. im Internet hinterlassen hatte, das Psychogramm einer “bizarren Welt” (BILDblog berichtete) und die “Dresdner Morgenpost” spekulierte über einen “Manga-Mord”.

Beide Zeitungen beschrieben das Leben des Getöteten (bzw. den Teil seines Lebens, der im Internet dokumentiert war) detailliert und zitierten Spekulationen von Nachbarn über die Intimsphäre des Toten. Illustriert waren die Artikel mit mehreren privaten Fotos. Eine Bekannte von Jonathan H. veröffentlichte auf BILDblog einen offenen Brief über die diffamierende Berichterstattung von “Bild” und “Morgenpost”, der größere Aufmerksamkeit erregte.

Vergangene Woche beschäftigte diese Berichterstattung auch den Deutschen Presserat: Der Beschwerdeausschuss sprach nicht-öffentliche Rügen gegen Bild.de (wo der “Bild”-Artikel ebenfalls erschienen war) und die “Dresdner Morgenpost” aus, da er in den Artikeln eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts nach Ziffer 8 des Pressekodex sah. Der Presserat habe im konkreten Fall “kein öffentliches Interesse” erkennen können, das das Persönlichkeitsrecht des Opfers überlagert hätte.

Die “Maßnahmen” des Presserates:

Hat eine Zeitung, eine Zeitschrift oder ein dazugehöriger Internetauftritt gegen den Pressekodex verstoßen, kann der Presserat aussprechen:

  • einen Hinweis
  • eine Missbilligung
  • eine Rüge.

Eine “Missbilligung” ist schlimmer als ein “Hinweis”, aber genauso folgenlos. Die schärfste Sanktion ist die “Rüge”. Gerügte Presseorgane werden in der Regel vom Presserat öffentlich gemacht. Rügen müssen in der Regel von den jeweiligen Medien veröffentlicht werden. Tun sie es nicht, dann tun sie es nicht.

Die “Dresdner Morgenpost” kassierte außerdem auch noch eine öffentliche Rüge, weil sie auf der Titelseite und im Innenteil unter der Überschrift “Junge (17) warf sich vor Zug – tot” über den Suizid eines Teenagers berichtet hatte. Die “Morgenpost” schilderte die Selbsttötung ausführlich, spekulierte über das Motiv und beschrieb die Verletzungen des Jungen detailliert. Der Presserat sah durch diese Darstellungen die in Richtlinie 8.5 gebotene Zurückhaltung bei der Berichterstattung über Selbsttötung verletzt.

Eine nicht-öffentliche Rüge erhielt die “B.Z.” für die Berichterstattung über einen schweren Autounfall, bei der sie mit der Unfallschilderung auch ein Foto eines 32-jährigen Opfers gezeigt hatte, das die Redaktion ohne Einwilligung der Angehörigen aus einem sozialen Netzwerk kopiert und veröffentlicht hatte. Der Presserat betont, dass über Unfallopfer “im Hinblick auf den Schmerz der Hinterbliebenen besonders zurückhaltend berichtet werden” müsse. Ein überwiegendes öffentliches Interesse an der identifizierenden Berichterstattung sei auch hier nicht zu erkennen gewesen.

Hier saugen Profi-Piraten - So haben Polizei und Abmahner keine ChanceBemerkenswert ist die Titelgeschichte, für die das “PC Magazin” eine öffentliche Rüge erhielt: Unter der Überschrift “Quellen der Raubkopierer” und dem Hinweis “So haben Polizei und Abmahner keine Chance” beschäftigte sich der Artikel mit verschiedenen Möglichkeiten zum illegalen Download von Musik, Filmen und Software aus dem Internet. Dabei nannte die Redaktion konkrete Websites und bewertete in einer Tabelle u. a. das Risiko für den User bei Nutzung des jeweiligen Download-Dienstes. Der Presserat sah in dieser Veröffentlichung eine Verletzung des Ansehens der Presse: Es sei nicht mit der Ziffer 1 Pressekodex vereinbar, wenn eine Redaktion illegale Downloadmöglichkeiten beschreibe, durch deren Nutzung Urheberrechte verletzt werden. Im vergangenen Jahr hatte das NDR-Medienmagazin “Zapp” über die Tipps verschiedener Computerzeitschriften berichtet, die sich “ganz nah am Rande der Legalität” bewegten, das “PC Magazin” selbst war bereits 2006 in zwei ähnlichen Fällen gerügt worden.

Ebenfalls gerügt wurden die “Lünepost”, ein Anzeigenblatt der “Landeszeitung für die Lüneburger Heide” (wegen Verstoßes gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung), das “Deutsche Waffenjournal” (Diskriminierung), sowie die “Bunte” und der “Weserkurier” (beide Schleichwerbung).

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