Suchergebnisse für ‘foto opfer’

“LG Klaus”

Am vergangenen Freitag wurde eine Lehrerin in Bremen vor ihrem Wohnhaus erstochen. Weil es sich bei dem Täter offenbar um einen ihrer früheren Mitschüler Schüler handelt, der als “psychisch auffällig” gilt und “massiv” für das spätere Opfer “schwärmte”, berichten “Bild”, “Bild am Sonntag” und Bild.de ausführlich über den Fall.

Bebildert sind die Artikel mit einem Foto der toten Lehrerin, das erstaunliche Ähnlichkeit mit einem Foto aufweist, das an ihrem Gymnasium inmitten von Blumen und Kerzen zum Gedenken an die Verstorbene abgelegt wurde.

Am Samstag richtete die Schule ein Online-Kondolenzbuch für die Tote ein. Als einer der Ersten meldete sich 40 Minuten später ein Mann zu Wort, bei dem es sich offensichtlich um Klaus Schlichtmann handelte, Chefreporter der “Bild am Sonntag”.

Er hinterließ seine E-Mail-Adresse und schrieb:

Klaus Schlichtmann schrieb: Auch mein Mitgefühl gilt den Angehörigen und Freunden von Frau Block sowie den Schülern, die sie kennen- und schätzen gelernt haben.
Hat denn jemand eine Vorstellung, was hinter dieser schockierenden Tat stecken könnte (Motiv) bzw. gibt es Hinweise auf den ehemaligen Schüler, der zum Mörder wurde ...? LG Klaus
Admin: Emaillink wurde entfernt.

Auch eine Art, seine Anteilnahme zu zeigen.

Mit Dank an die vielen Hinweisgeber.

Bild, ZDF  

Der Zorn einer Mutter

Vergangene Woche ist in Brandenburg der 14-jährige Gymnasiast Jacob K. ums Leben gekommen, als er sich versehentlich mit einem Strick strangulierte. Weil der Junge einer Internet-Anleitung zu einem sogenannten “Würgespiel” gefolgt war, bei dem es darum geht, durch Reduktion der Luftzufuhr in einen Rauschzustand zu kommen, hat sich seine Familie entschlossen, mit den Hintergründen des Unglücksfalls an die Öffentlichkeit zu gehen. Sie will damit auf die Gefahren dieses vermeintlichen Spiels aufmerksam machen, dem in Frankreich allein in diesem Jahr 13 Schüler zum Opfer gefallen sein sollen.

Unter dem Artikel, den der Berliner “Tagesspiegel” dem Thema gewidmet hat, hat am Donnerstag jemand kommentiert, bei dem es sich offenbar um die Mutter des Verstorbenen handelt. Sie dankt für das Mitgefühl, aber ihr liegt noch etwas anderes am Herzen:

Und ich möchte diese Stelle auch nutzen, um über das widerliche Verhalten eines Bildreporters zu berichten: Er betrat unser Grundstück, klingelte an der Tür und fragte frech nach einem Foto von Jacob, wie denn mein Vorname sei und wo ich arbeite – ich bat ihn um Respekt, habe ihm erklärt, dass Jacob das nicht wolle – im Nachhinhein erfuhr ich, dass er wohl auch bei den Nachbarn geklingelt hatte. Er ging mit den Worten: er ist vielleicht der Erste aber garantiert nicht der Letzte!

1 Stunde später standen 2 Männer vom ZDF vorm Grundstück, auch hier baten wir höflich, uns nicht zu filmen, haben ihnen das erklärt, auch hier um Respekt gebeten, auch zum Schutz für Jacobs kleine Schwester – sie haben sich hingestellt und uns trotzdem gefilmt.

Wir mussten also einen Rechtsanwalt einschalten, diese Bildveröffentlichungen zu verhindern.

Nun weiß man weder mit letzter Sicherheit, ob der Kommentar tatsächlich von Jacobs Mutter stammt, noch, ob die Schilderungen über den “Bild”-Reporter Mann, der sich als “Bild”-Reporter ausgegeben hat, zutreffend sind.

Andererseits wären wir, nach allem, was wir über die Recherchemethoden von “Bild” wissen, auch nicht sonderlich überrascht, wenn sich das Geschilderte genau so zugetragen haben sollte.

Der “Bild”-Artikel über die Trauerfeier kommt dann interessanterweise ganz ohne Fotos des Verstorbenen aus. Dafür offenbart sich die ganze Merkwürdigkeit von “Bild” darin, dass die sonst so Anonymisierungs-scheue Zeitung den Vornamen des Jungen geändert hat — also den Namen nicht nennt, den die Familie selbst an die Öffentlichkeit gegeben hatte.

Wir haben das ZDF, bei dem wir auch nur mäßig überrascht wären, wenn sich die Vorwürfe als zutreffend erweisen sollten, um eine Stellungnahme gebeten.

Die Pressestelle des Senders erklärt, dass “ein erhebliches öffentliches Interesse an dem Fall” bestanden habe und neben dem Team der vom ZDF beauftragten Firma “Reportnet24” auch noch “zahlreiche andere Journalisten zugegen” gewesen seien. Das Kamerateam habe aber “ausschließlich auf der öffentlich zugänglichen Straße” gefilmt und dabei “Aufnahmen von den Blumen und Kerzen vor dem Haus sowie einige Einstellungen der Straße” angefertigt.

Eine Interviewanfrage lehnten die Eltern ab. Diese Ablehnung hat das Filmteam selbstverständlich berücksichtigt.

Indirekt bestätigt das Zweite Deutsche Fernsehen allerdings, dass die Eltern ihre Anwälte eingeschaltet haben:

Zu keinem Zeitpunkt waren identifizierende Filmaufnahmen der Eltern oder des Wohnhauses zur Ausstrahlung vorgesehen. Das hat das ZDF dem Anwalt der Eltern von Jacob K. daher auch am Mittwoch in vollem Umfang zugesichert.

Mit Dank an Dieter.

  

“Bild”-Wörterbuch

In den “Bild”-Redaktionen werden beständig neue Wörter produziert: selbsthaftende Etiketten für die kleinen Merkwürdigkeiten und das große Schlimme. Fast täglich werden es mehr. Eine unvollendete Sammlung, von niedlich bis menschenverachtend, von verharmlosend bis vorverurteilend.

Hinweis: Seit den Relaunch von Bild.de Anfang 2006 führen leider einige externe Links im Wörterbuch nicht mehr zum Ziel.

 

A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z

 

Abschiebe-Mädchen: minderjährige weibliche Person, der eine Ausreise-Aufforderung zugestellt wurde.

Altersangabe: geschätzter, vermuteter oder geratener Wert, der das mögliche Alter einer Person illustrieren soll.

Aids-Mann, unheimlicher: männliche Person afrikanischer Herkunft, die mehrere Frauen wissentlich mit HIV infiziert hat.

Aids-Playboy: männliche Person, die mehrere Frauen wissentlich mit HIV infiziert hat.

Airboss: Airbus A 380.

Amy Weinhouse: Amy Winehouse.

anonyme Handy-Nachricht: SMS, deren Absender die Empfängerin zu kennen glaubt.

Aschenputtel-Richterin: Richterin in Robe.

Atom-Chaoten: Greenpeace-Aktivisten, die gegen Atomkraft demonstieren.

Ausbrech-Bär: Brillenbär Juan aus dem Berliner Zoo (→ Flucht-Affe).

Baby-Beweis: Foto von Heidi Klum mit ihrem vier Tage alten Kind.

Badewannenfrau: telefonierende Kellnerin in der Badewanne, deren Wohnung von SEK-Beamten mit der eines Drogendealers verwechselt wird.

Balken-Fußball: Fernseh-Übertragung im “Quetsch-Format” 16:9.

Balkonmonster: (auch: Balkon-Vergewaltiger). Mann, der bei Frauen einsteigt, um sich sexuell an ihnen zu vergehen.

Bauch-Geheimnis: Operationsnarbe von Uwe Ochsenknechts Ehefrau Natascha.

Bein-ab-Professor: Dozent der Fachhochschule Dessau, dem anlässlich einer Entzündung in einer kostarikanischen Klinik das rechte Bein amputiert wurde, dessen linkes Bein aber nach Angaben der “Mitteldeutschen Zeitung” in einer deutschen Klinik gerettet werden konnte. (vgl. → Ohr-ab-Hund)

Benz-Baby: Luca-Timon Schrempp.

Benzin-Wut: Unzufriedenheit über die Höhe des Benzinpreises.

Berlinackte, die: (1) Von “Bild” erdachter Spitzname für die Schauspielerin Bai Ling, die während der Berlinale 2004 durch sparsame Bekleidung aufgefallen war. (2) Bezeichnung für Frauen, die irgendetwas mit Berlin und nackten Brüsten zu tun hatten oder einfach unbekleidet in der Stadt waren.

Bestie, fette: übergewichtiger Angeklagter.

Beton-Mutter: Sonderfall der → Todes-Mutter.

Bibber-Oma: 88-Jährige, die “bei 15 Grad bibbern” muss, weil der → Herzlos-Vermieter ihr die Heizung abgedreht hat.

Bin-Laden-Vize: Abu Mussab el Sarkawi.

Blut-Rallye, perverse: Fahrt mit einem Personenkraftwagen über eine Schaf-Weide, bei der ca. sechs Tiere zu Tode kommen.

Blutschande-Kinder: Abkömmlinge zweier Verwandter ersten Grades (→ Inzest-Paar).

Blut-Vermögen: Nachlass eines Mannes, der Amok lief.

Bojen: → Dutten; → Hupen.

Boller-Brüste: Brüste von Pamela Anderson.

Boris Specker: Boris Becker, von Paparazzi unvorteilhaft fotografiert.

Brücken-Teufel-Witwer: Ehemann des → Holzklotz-Opfers.

Brummi-Killer: Lkw-Fahrer, dem mehrere Morde zur Last gelegt werden.

Brust-ab-Mord: Tötungsdelikt, bei der das Opfer “pervers verstümmelt” worden sein soll.

Busen-Alarm: Noch mehr Fotos von leichtbekleideten Frauen (→ Popo-Alarm).

Busen-Ballarina: Ballettänzerin mit Körbchengröße 75 H.

Busen-Bettlerinnen: Frauen, die um Spenden für Brust-OPs bitten.

Busenblitzalarm: Kurzzeitiger Blick auf sekundäres Geschlechtsmerkmal prominenter Frauen (→ Nippel-Alarm)

Busenmacher-Witwe: Frau mit operativ vergrößerter Brust und gestorbenem reichen Ehemann, die sich gegen die Bezeichnung → Busenwitwe wehrt.

Busen-Krieg: Zwist zweier Frauen wegen eines Mannes.

Busen-Witwe: Frau mit operativ vergrößerter Brust und gestorbenem reichen Ehemann.

China-Sklaven: illegal eingeschleuste Chinesen.

danach: davor (→ davor)

Danny DeCitro: Danny DeVito, wenn er Zitronenlikör verkauft.

David Gagahoff: David Hasselhoff als Opfer von Internet-Spott.

davor: danach (→ danach)

Deutürken: Türken mit Deutschland als zweiter Heimat.

Deutürk-Fahne: schwarz-rot-goldene Flagge mit Halbmond und Stern.

Döner-Killer: mutmaßliche/r Serienmörder von Opfern, die minderheitlich (2 von 9) in einem Dönerimbiss gearbeitet bzw. einen Döner-Imbiss besessen haben.

Doppel-Nackt-Triumpf: Zwei Frauen, die bei einem “Playboy”-Wettbewerb erfolgreich waren, kommen aus derselben Stadt.

3D-Papst: Filmregisseur James Cameron, dessen Erfolgsfilm “Avatar” in 3D gedreht wurde.

Drogen-Attacke auf dem Schulhof: Wortspiel (Schultüte / Haschisch-Tüte) im Fernsehen auf Kosten einer Mutter.

Dutten: Brüste der Sängerin Courtney Love (→ Hupen, → Schaumglocken).

Eis-Baby: Kind, das nach seinem Tod in der Tiefkühltruhe aufbewahrt wird (→ Eis-Eltern).

Eis-Eltern: Paar, dessen gemeinsames Kind (→ Eis-Baby) nach dessen Tod in der Tiefkühltruhe aufbewahrt wird.

Eis-Halle: Handballhalle im tunesischen Sousse.

Eis-Mädchen: Kind auf Intensivstation, nachdem es in einen vereisten See eingebrochen war.

Eis-Mutter: Frau, die eines ihrer Kinder nach dessen Tod in der Tiefkühltruhe aufbewahrt.

Eis-Vater: Mann, dessen Ehefrau das gemeinsame Kind nach dessen Tod in der Tiefkühltruhe aufbewahrt.

Energie-Abzocker: Energieversorgungsunternehmen, die die Preise erhöht haben.

Engel mit den Eisaugen, der: amerikanische Studentin, die in Italien ihre Mitbewohnerin getötet haben soll.

enthüllen: (1) etwas behaupten; (2) etwas längst Bekanntes mit Verspätung aufgreifen.

Erb-Penner: Obdachloser, der von seinem Vater ein Haus geerbt hat.

Erdnuss-Komet: Asteroid, dessen Form an eine Erdnuss erinnert.

exklusiv: bei einer Pressekonferenz mitgeschrieben.

Fesselsex-Anwalt: Schwiegersohn der → Fesselsex-Oma.

Fesselsex-Oma: Schwiegermutter des → Fesselsex-Anwalts.

Fliegenmädchen: äthiopisches Mädchen, das kein Geld für Waschwasser hat und deshalb Fliegen anzieht (→ Tränenjunge).

Flucht-Affe: Gorilla Bokito aus dem Berliner Zoo (→ Ausbrech-Bär).

folgenlos Beschuldigter: Angeklagter, dessen Karriere und Ruf durch einen Strafprozess, an dessen Ende er freigesprochen wurde, zerstört wird.

Fremdgeh-Wetter: Sonnenschein mit sommerlichen Temperaturen.

Fremdkuss (auch: fremdknutschen): Begrüßungsbussi in Anwesenheit von Paparazzi.

Ganz Deutschland: die “Bild”-Redaktion (in Wendungen wie Ganz Deutschland spricht über…”, “Ganz Deutschland diskutiert…”, “Ganz Deutschland rätselt…”).

Gasnosse: Gerhard Schröder, der im Anschluss an seine Kanzlerschaft Berater einer russischen Gasfirma wurde.

geheim: (1.) der “Bild”-Zeitung erst seit Kurzem bekannt; (2.) der “Bild”-Zeitung und ihren Lesern schon länger bekannt; (3.) weltweit lange bekannt; (4.) irgendwas mit Hitler; (5.) öffentlich; (6.) falsch; (7.) öffentlich und von “Bild” gefälscht; (8.) von “Bild” bis heute nicht verstanden; (9.) von “Bild” aus anderen Zeitungen abgeschrieben; 10.) privat (vgl. auch → heimlich).

Gewissheit, traurige: Befürchtung, schlimme.

Glatzen-Gau: eigenhändiges Abrasieren des Haupthaars in einem von Paparazzi belagerten Frisiersalons.

Glatzkopf-Killer: Mann mit kurzen Haaren und Halbglatze, der wegen Totschlags angeklagt ist.

Gluck-gluck-weg-war’n-sie-Schwimmer: Schwimmer des Deutschen Schwimmverbandes, die bei Olympischen Spielen nicht die Medaillenerwartungen der “Bild”-Zeitung erfüllen.

Google-Killer: Wegen Mordes Verurteilter, der vor seiner Tat im Internet recherchiert hat.

Grand-Prix-Porno: privater Videofilm mit pornografischem Inhalt unter Mitwirkung der späteren kroatischen Teilnehmerin am Eurovision Song Contest 2006, der “schon vor zwei Jahren für großes Aufsehen sorgte”.

Grinse-Killer: mutmaßlicher Mörder, von dem die Polizei ein Fahndungsfoto veröffentlichte, das ihn lachend zeigt.

Grinsi-Klinsi: Jürgen Klinsmann, lächelnd.

Grusiker: Marilyn Manson.

Gyros-Bomber: griechischer Fußballspieler.

Hamster-Dödel: überdurchschnittlich kleiner Penis (→ Mini-Enrique).

Haschisch-Bomber: Ebi Smolarek (mehrere Jahre, nachdem er 2002 wegen Haschisch-Konsums von der Europäischen Fußball-Union mal für drei Monate gesperrt worden war).

heimlich: ohne “Bild” einzuladen (vgl. auch → geheim).

Herzlos-Vermieter: Vermieter, der einer 88-jährigen Frau (→ Bibber-Oma) die Heizung abgestellt hat.

“Hinkefering”, Franz: Vize-Kanzler Müntefering (SPD) mit Bänderriss.

Hitlerkind Franz Josef Wagners ganz persönliche Bezeichnung für Neonazis (vgl. auch → Nazi-Killer).

Hitler-Putsch: Putschversuch, bei dem es sich nicht um den “Hitler-Putsch” handelt.

Hochhaus-Baby, totes: Kleinkind, das den offenbar vorsätzlich herbeigeführten Sturz aus einem 21-stöckigen Haus nicht überlebte.

Holocaust-Bestie: Adolf Eichmann, NS-Kriegsverbrecher.

Holzklotz-Opfer: Frau, die durch einen von einer Autobahnbrücke geworfenen Holzklotz ums Leben kam.

Horror-Eltern: Elternpaar, das wegen Mordes an seiner Tochter angeklagt ist.

Hunger-Hund: abzumagernde Mischlingshündin, die bei Flugreisen ins Handgepäck passen sollte.

HunSticker, Michelle: Moderatorin Michelle Hunziker als Gratis-Aufkleber-Motiv der Springer-Zeitschrift “TV Digital”.

Hupen: Weibliche Brüste (“Freie Sicht auf die Hupen”: → Nippel-Alarm).

Hurensohn: Kind einer Prostituierten.

Igelmädchen: 21-jährige Frau, die einen Igel von der Straße retten wollte und dabei tödlich verunglückte.

Inzest-Paar: Verwandte, die gemäß § 173 StGB den Beischlaf zwischen Verwandten vollzogen haben. → Inzest-Bruder, → Inzest-Vater.

Inzest-Monster: Mann, der seine Tochter 24 Jahre lang im Keller eingesperrt und mit ihr gegen ihren Willen zahlreiche Kinder gezeugt haben soll.

Irak: Iran.

“Irre von Teheran”, der: Mahmud Ahmadinedschad, iranischer Präsident.

Jahrtausend-Papst: Karol Józef Wojtyła (1920 – 2005, von 1978 – 2005 als Johannes Paul II. Oberhaupt der katholischen Kirche)

Jammer-Buch: Magnus Gäfgen, “Allein mit Gott – Der Weg zurück”, Atlantic Milenium Press 2005, 215 S.

jetzt: Zeitraum, der grob zwischen einem, drei, fünf und 22 Jahren liegt.

Käfigbande: Mit-Angeklagte.

Kaiser-Heli: Hubschrauber vom Typ “Agusta A 109”.

Karne-geil, der: Hochstimmung beim Karneval.

Käse-Tussi: Niederländerin.

Käs Moss: Kate Moss, die mit einem Käsesandwich nach Pete Doherty geworfen haben soll.

Kate Singleton: Kate Middleton, (Ex-)Freundin von Prinz William.

Katzen-Kraft: Aus Müll gewonnener Diesel-Treibstoff.

Killer-Krankheit: Schlaganfall.

Killer-Nazis (pl.): Gruppe von Rechtsextremisten, die mindestens zehn Menschen erschossen haben (ursprünglich und irreführenderweise auch “Nazi-Killer”).

Killer-Schüler (pl.): 17-jährige Jugendliche, die ein Ehepaar getötet haben.

King Knall: Miroslav Klose.

Klapprad-Rentner: 92-Jähriger, der von einem LKW “totgequetscht” wurde.

Klau-Chance, keine: unumstrittene olympische Goldmedaillen für deutsche Teilnehmer.

Klima-Heuchler: Sigmar Gabriel.

Klümchen: Leni Klum (Tochter von Heidi Klum).

Klümchen Nr. 2: Henry Günther Ademola Dashtu Samuel Klum (Sohn von Heidi Klum) (→ Klümchen).

Klum-Kugel: Bauch der schwangeren Heidi Klum.

klumen: unbestimmte Handlung von Heidi Klums ganzem Glück.

Krawall-Bär: Braunbär auf deutschem Boden.

Krebsjunge: (1.) An Krebs erkranktes Kind, das in Mexiko starb. (2.) Vom Krebs geheilter Jugendlicher, der im Michael-Jackson-Prozess als Ankläger und Zeuge auftrat.

Krebsmädchen: An Krebs erkrankte Minderjährige, über deren Schicksal “Bild” eine Zeitlang berichtet.

Kuckucks-Vater (auch “Zahle-Papa”): Mann, der Unterhalt für ein Kind bezahlt, das er nicht gezeugt hat.

Kuss-Mädchen: vermeintliche Freundin von Tom Kaulitz.

Kuss-Unfall: öffentlicher Kuss.

Kurti (auch “faltiger Kurti”): Kurt Russells Penis.

Kurvikova: die frühere Profi-Tennisspielerin Anna Kournikova, als sie noch “ultra-feminin” war und “schöne Rundungen” hatte.

Leichenprofessor (auch: Leichen-Mann): der umstrittene Anatom Gunther von Hagens, Visiting Professor an der New York University (USA), Gastprofessor an der Dalian Medical University (China) und Honorarprofessor an der Bishkek State Medical Academy (Kirgisien).

Liebesdepp, Deutschlands größter: Mann, der auf Mallorca eine Frau kennenlernt, sie nicht nach Name und Telefonnummer fragt und sich anschließend an “Bild” wendet.

Liebesmonster, tätowiertes: Erwachsener Mann, der möglicherweise eine Zeitlang in einer Intimbeziehung mit einer Minderjährigen zusammenlebte.

Luder-Alarm: wird von “Bild” meist bei → Luder-Rückfall ausgelöst, kann gleichzeitig mit → Busenblitzalarm oder → Nippel-Alarm auftreten.

Luder-Rückfall: wiederholtes freizügiges Verhalten einer meist prominenten, weiblichen Person. Oftmals gekennzeichnet durch → Busenblitzalarm oder → Nippel-Alarm.

Lügen-Politiker: Politiker, der nachweislich mehrere falsche, eidesstattliche Versicherungen abgegeben hat.

Maulkorb-Urteil: Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zur Veröffentlichung von Paparazzi-Fotos.

Mini-Enrique: überdurchschnittlich kleiner Penis (→ Hamster-Dödel).

Mini-Models: Brüste von Kate Moss.

Mord-Reiter: die Janjawid (berittene arabische Miliz), denen der → Tränen-Junge entkam.

Müll-Kinder: Kinder, von denen “Bild” behauptet, sie seien verwahrlost.

nachrechnen: Online-Berechnungen anderer (z.T. ohne Quellenangabe) übernehmen.

Nackt-Freundin: Striptease-Tänzerin, deren Beruf in einem Mord-Prozess keine Rolle spielt.

NacktFotograf: Aktfotograf mit Stalkerneigung (nicht zu verwechseln mit “Nackt-Fotograf”).

Nackt-Künstler: Aktmaler.

Nackt-Test: niederländische DVD, die Ausländern Informationen über ihr Einwanderungsziel vermittelt.

Nackt-Unfall: TV-Auftritt der Sängerin Kylie Minogue in einem kurzen geschlitzten Rock, bei der sekundenlang ihr vermutlich hautfarbener Slip zu sehen war.

NacktTochter: junge Frau mit prominentem Vater, von der “Bild” monatlang wiederholt verschiedene Oben-ohne-Fotos zeigte.

Nackt-Zensur: (1.) Überlegung der griechischen EU-Sozialkommissarin Anna Diamantopoulou, das Abbilden sog. “Seite-1-Mädchen” europaweit zu verbieten. (2.) Entscheidung, einen TV-Film ohne eine überflüssige Nacktszene zu zeigen.

Narbenmann (auch: Narben-Sänger): der an Lupus erythematodes erkrankte Sänger Seal Henry Olusegun Olumide Adelo Samuel (genannt Seal).

Nippel-Alarm: Kurzzeitiger Blick auf sekundäres Geschlechtsmerkmal prominenter Frauen (“Freier Blick auf die → Hupen).

Nippel-News: mit einem Schriftzug bedruckte T-Shirts für Frauen.

Ohr-ab-Hund: Hund, dem die Ohren abgeschnitten wurden.

Ohr-Abschneider: Mann, der dem → Ohr-ab-Hund die Ohren abschnitt.

Okrakel: Oktopus, der den Ausgang von Fußballspielen richtig vorhersagt.

Pannen-Pipi: Tomislav Piplica, Torwart von Energie Cottbus.

Papstneidische Glaubensbrüder: papstkritische Christen.

Pasta-Schnute: Mund eines Italieners.

Penis-Attacke: Entblößung eines männlichen Geschlechtsteils spätabends im Fernsehen.

Penis-Gerücht, irres: (auch: Penis-Anhängsel, irres) die im Internet aufgekommene und mit unseriösen Quellen untermauerte Behauptung, die Sängerin Lady Gaga habe (auch) ein männliches Geschlechtsorgan.

Penis-Opfer: Chavdar Yankov.

Perversling, feiger: Angeklagter (wg. sexuellen Missbrauchs Minderjähriger), der sein Gesicht vor Fotografen verbirgt.

Pete Drogerty: Pete Doherty.

Pfui-Liga: Fußball-Bundesliga.

Pfui-Profis: Bundesliga-Fußballspieler, die versteckte Fouls begehen.

Pfui-Skandal: umstrittene “Struwwelpeter”-Bühnenfassung am Berliner Carrousel-Theater.

Pfui-TV: britische Fernsehserie “The Farm”.

Pfusch-Mädchen: Junge Frau nach missglückter Dutten- Hupen- Schaumglocken- Zuckertüten- Brust-OP.

Pilzminator: US-Politiker und ehemaliger “Terminator”-Darsteller Arnold Schwarzenegger, in dessen verkaufter Villa ein Schimmelpilzbefall festgestellt wurde.

Pipi-Bombe: Abwässer, die in gefrorenem Zustand aus der defekten Bordtoilette eines → Pipi-Jets austreten.

Pipi-Fälschung: Austausch einer Urinprobe gegen Fremdurin aus einem an den Genitalien befestigten Plastiksack.

Pipi-Jet: Flugzeug, aus dessen defekter Bordtoillete Abwässer austreten (→ Pipi-Bombe).

Pipi-Überwachung: Urin-Probe zur Dopingkontrolle (→ Schummel-Pinkler).

Plapper-Assi: Assistenztrainer Roland Koch.

Pleite-Griechen, die: Einwohner Griechenlands.

Pleite-Protz-Scheich, der: (auch: Scheich Protz) Muhammad ibn Raschid Al Maktum, Vizepräsident der Vereinigten Arabischen Emirate.

Pocasso (auch: Po-mmendorf, Po Vinci oder Toulouse Po-utrec): Tätowierung auf dem Steiß.

Polen-Schumi: Robert Kubica, polnischer Formel-1-Pilot.

Pop-Titan: Dieter Bohlen.

Popo-Alarm: Veröffentlichung von Fotos leichtbekleideter Frauen (→ Busen-Alarm).

Popo-Unfall, gemeiner: Steißbeinbruch.

Porno-Rückfall, schwerer (auch: Schmuddel-Rückfall, erschütternder): “FHM”-Kolumne einer ehemaligen Porno-Darstellerin über “erotischen Erfahrungen mit farbigen Männern” (“Bild”).

Porno-Verdacht: Vermutung, dass Illustrationen auf Kaubonbon-Verpackungen sexuelle Handlungen darstellen.

Prinz Pause: Lukas Podolski als Ersatzspieler.

Prinz Peng: Lukas Podolski.

Prinz Peng, kleiner: Louis Podolski, Sohn von Lukas Podolski.

Prinzessin von Hohenkullern: Prinzessin Maja von Hohenzollern, deren rechte Brustwarze durch das Verrutschen ihres Kleides beim Tanz kurzzeitig zu sehen war (→ Zuckertüte).

Prof. Kara-Flex: der mit umgangssprachlichen Begriffen aus dem Hand- und Heimwerkermillieu wenig vertraute Anekdotenerzähler Hellmuth Karasek.

Prügelnacht von Istanbul, die (auch “Prügelnacht von Türkei gegen Schweiz”): Gewalttätigkeiten unter Fußballern nach einem WM-Qualifikationsspiel (→ “Türken-Sünder”)

Prügel-Nacht von Potsdam, die: Übergriff auf den Deutsch-Äthiopier Ermyas M.

Prügel-Prinz: ursprünglich Ernst-August von Hannover, inzwischen auch Harry Windsor und Frederic von Anhalt.

Prügel-Türke: Özalan Alpay; vgl. auch Prügelminister (Christoph Palmer), Prügel-Gauchos (Argentinische Fußballnationalmannschaft von 2006), Prügel-Model (May Andersen), Prügel-Männer und Prügel-Mädchen (diverse) sowie → Prügel-Prinz.

Pummelnaldo: der brasilianische Fußballspieler Ronaldo Luís Nazário de Lima nach Gewichtszunahme.

Pummel-Tore: erfolgreiche Torschüsse des brasilianischen Fußballspielers Ronaldo Luís Nazário de Lima trotz Übergewichtes.

Reifen-Depp: Michelin-Sportchef Pierre Dupasquier.

renommiert: umstritten.

Rollstuhl-Mädchen: 30-jährige Rheumakranke.

Rollstuhl-Sängerin: gelähmte Volksmusikinterpretin.

“Sahara-Sex”: Geschlechtsverkehr bei Außentemperaturen von bis zu 37 Grad Celsius.

Sarrazin-Land: Stadtteil mit sehr hohem Anteil an Menschen mit Migrationshintergrund, besonders Muslimen.

SAT 1-Baby: Fötus einer Mitarbeiterin in der Sat.1-Abteilung “Show & Unterhaltung”, der mutmaßlich von RTL-Chef Marc Conrad gezeugt wurde.

schänden: Ein mit einem Hakenkreuz bekritzeltes Din-A-4-Papier vor das Wappen der deutschen Botschaft in Athen halten.

Schamlos-Ehepaar: Paar, das angekündigt hat, während seiner Teilnahme an der RTL2-Show “Big Brother” ein Kind zeugen zu wollen.

Schaumglocken: Brüste der Sängerin Britney Spears (→ Hupen).

Schiri-Frau: Schiedsrichterin.

Schlechtschreibreform: Rechtschreibreform.

Schleck-Fall: Begrüßungskuss zwischen Dieter Thomas Heck und Jürgen Drews.

Schlüpfer-Opa: verheirateter 59-Jähriger, der heimlich Damenunterwäsche kauft und trägt.

schmidtzig: wichtigstes Kriterium zur Bewertung der Sat.1-Show “Anke Late Night”.

Schnief-Viren: Krankheitserreger, die “böse rumschwirren” und mit dem Verzehr von Sauerkraut bekämpft werden können.

Schniedel-Woods Eldrick “Tiger” Woods (→ Tiger-Woods-Syndrom).

Schnitzel-Stefan: mutmaßlicher Zechpreller, dessen Lieblingsgericht “Schnitzel mit Pommes oder Eisbein mit dicker Schwarte und viel Senf” sein soll.

Schummel-Huren: Prostituierte, die “gefälschten Geschlechtsverkehr” praktizieren.

Schummel-Pinkler: jmd., der eine Urinprobe gegen Fremdurin aus einem an den Genitalien befestigten Plastiksack austauscht (→ Pipi-Fälschung).

Schummel-Urin: → Pipi-Fälschung.

Schwarz-Rot-Geil: 1.) positives Nationalgefühl 2.) Deutschland (“Heute gegen Georgien will er wieder für ‘Schwarz-Rot-Geil’ ballern”).

Schweinirei: Foul von Bastian Schweinsteiger.

See-Schlacht: Nachbarschaftstreit um die Länge von Wolfgang Joops Bootssteg.

Sekt-Anschlag: jmd. öffentlich Sekt über den Kopf gießen.

Sekt-Politiker (→ Sekt-Anschlag): CDU-Wirtschaftssenator, der jmd. öffentlich Sekt über den Kopf gießt.

Sendezeit schinden: Wiederholungen im öffentlich-rechtlichen Fernsehen.

sexeln: küssen, umarmen.

Sex-Erpressung: Verkaufsverhandlungen über den Preis von Nacktfotonegativen.

Sex-Hure: Frau, die (anders als gewöhnliche Huren oder Prostituierte, die sexuelle Handlungen gegen Bezahlung anbieten) sexuelle Handlungen gegen Bezahlung anbietet.

Sex-Lehrerin: (beliebige) Lehrerin, die mit einem Schüler (oder dem Vater eines Schülers) in sexuelle Handlungen verstrickt war (nicht zu verwechseln mit Sexlehrerin).

Sex-Tragödie: Situation einer geschlechtsreifen Eisbären-Dame, die mit einem noch nicht geschlechtsreifen Eisbärenbullen anzubandeln versucht.

Sing-Unfall: Textschwäche beim öffentlichen Absingen der deutschen Nationalhymne.

Single: Mensch in fester Beziehung, aber unverheiratet.

SMSeln: flirten per SMS.

Strom-Wut: Unterstellte Ungerechtigkeit bei Energiepreisen.

Super-Polizist: (1.) Lee Paige, Fahnder der US-amerikanischen Anti-Drogenbehörde DEA, von “Bild” auch “Polizei-Trottel” genannt. (2.) Wolfgang Geier, Leitender Kriminaldirektor im Polizeipräsidium Mittelfranken, von “Bild” auch “Spezialist für aussichtslose Fälle” genannt.

SNN: Kurzform für “short nippel-news” (→ Nippel-News).

Suppen-Sylvie: Ex-MTV-Moderatorin Sylvie van der Vaart, die gemeinsam mit ihrem Fußball spielenden Mann Rafael in Holland einen Werbevertrag mit Knorr abgeschlossen hat.

Tanga-Grapscher, perverser: Mann, der Mädchen in den Schritt oder an die Unterhose greift (→ Tanga-Terror).

Tanga-Terror: Mädchenunterhosen, die einem Popstar von seinen Fans per Post zugestellt werden.

Telefonbusen: mit Telefonnummer beschriftetes Dekolletee.

Tequila-Junge: 16-jähriger, der, nachdem er größere Mengen Alkohol (Tequila) getrunken hatte, rund einen Monat später an den Folgen einer Alkoholvergiftung starb (→ Wodka-Mädchen).

Terror-Witwe: (islamische) Selbstmordattentäterin, deren Mann im Krieg gestorben ist.

Tiger-Woods-Syndrom: Sexsucht.

Todes-Mutter, die: Bezeichnung für eine Frau, die im jeweils aktuellsten, öffentlich gewordenen (oder von “Bild” öffentlich gemachten) Fall mit dem gewaltsamen Tod eines eigenen Kindes in strafrechlich relevanten Zusammenhang gebracht werden kann (oder von “Bild” gebracht wird).

Todespfleger: → Tot-Spritzer.

Tomaten-Schiri: Knut Kircher, Schiedsrichter.

Totraser: jmd., der einen tödlichen Autounfall verursacht.

Tot-Spritzer: Krankenpfleger, der Patienten mit Medikamenten tötet.

Tränenjunge (auch Tränenkind): der einjährige Sudanese Abdelsalam, fotografiert in einem Flüchtlingslager im Tschad.

Tränen-Krieg: Sorgerechtsprozess, bei dem eine der streitenden Parteien weinend den Gerichtssaal verlässt.

Tsunami-Kind, deutsches: Seit einem Seebeben im Indischen Ozean von ihren Eltern vermisstes Mädchen.

Türkei-Virus: Aus Zentralasien stammender Krankheitserreger H5N1, landläufig als “Vogelgrippe” bekannt.

Türken-Sünder: → “Prügel-Türke”

TV-Titan: Thomas Gottschalk.

Unterpfotung: Abschluss eines Arbeitsvertrages durch und für Daisy, den Hund des verstorbenen Rudolph Moshammer.

Umzugskisten-Gorilla (auch Gorilla aus der Umzugskiste, Umzugs-Gorilla): Gorilla-Junges, das den Zoo wechselt.

Uuuupsala-schön-anzusehen-sind-sie-ja: Brüste von Britney Spears.

Urlaub-Weg-Minister: SPD-Politiker, der den Deutschen nahegelegt hatte, man solle “im Zweifel auf eine Urlaubsreise verzichten, um für später vorzusorgen”.

Venus-Geweih: symmetrische Tätowierung unterhalb des Bauchnabels.

verklagen: anzeigen.

Versexen: den Look von DSDS-Gewinnerin Elli ändern.

Wasser-Schweini: Bastian Schweinsteiger, von einem Laienpaparazzo beim Wasserskilaufen fotografiert.

wegsexen: durch freizügiges Auftreten einen Wettbewerbsvorteil erlangen.

Wirbel (auch Riesen-Wirbel / Sex-Wirbel / Liebes-Wirbel / Porno-Wirbel / Baby-Wirbel): Sachverhalte, über die “Bild” an mindestens zwei Tagen berichtet (→ ganz Deutschland).

Wodka-Mädchen (auch Absturz-mädchen): 14-Jährige, die wenige Tag nach dem → Tequila-Jungen größere Mengen Alkohol (Wodka) getrunken hatte und mit dem Verdacht auf Alkoholvergiftung mehrere Tage im Krankenhaus verbrachte.

Zisch-und-weg-Polo: VW Polo GTI.

Zombie-Killer: Amokläufer bei einer Mottoparty.

Zuckertüte: rechte Brust des Fotomodells Naomi Campbell.

Zwischen Schambein und Schaumglocken: Bauch.

 

Danke auch an die vielen Hinweisgeber!

Gerügt: Leckerer Likör und typische Zigeuner

Das gekauft wirkende Loblied auf eine Fluggesellschaft ist nicht der einzige Artikel aus der “Welt am Sonntag”, der jetzt vom Presserat beanstandet wurde, weil er das Trennungsgebot von Werbung und Redaktion verletzt. Das Gremium rügte auch einen “WamS”-Artikel, in dem ein Münchner “Barchef” das hohe Lied auf ein Mixgetränk mit dem Likör einer bestimmten Marke sang. Genauer:

Wer derzeit in die Gläser der Republik schaut, sieht vor allem: Orange. Aperol Sprizz heißt das süffige Sommer-“Must-have”, wie man so sagt, von einem Trend zu sprechen wäre fast schon untertrieben, denn das modische Getränk ist allgegenwärtig. (…)

Spätestens seit diesem Frühling hat der Sprizz seinen Siegeszug durch ganz Deutschland angetreten, unterstützt von einem klug gemachten Fernsehwerbespot, in dem zwei Mädels per Handzeichen signalisieren, dass sie dazugehören zur großen, fröhlichen Aperol-Gemeinde. Diese wächst weiter, und man fragt sich, was den kollektiven Erfrischungsrausch in diesem Maße ausgelöst haben könnte. In der Eckkneipe wird ebenso “gesprizzt” wie am Gestade der hippen, innerstädtischen Strandbar.

Glaubt man den dort durch ausreichend Sprizz-Bestellungen Seliggewordenen in ihren Liegestühlen, dann entspringt der Kombination Strandbar und Sprizz der Erholungswert eines kleinen Italien-Urlaubs für zwischendurch. Dolce Vita in Dortmund. Oder Hamburg, Düsseldorf, Stuttgart, Berlin. (…)

Bei der “Welt am Sonntag” hielt man das womöglich für Journalismus, der Presserat war weniger besoffen. Er rügte allerdings nur “Welt Online”, wo der “WamS”-Artikel offenbar ursprünglich zudem “mit einem großformatigen Werbefoto des Likör-Herstellers, auf dem der Schriftzug des Getränks plakativ hervorgehoben wurde” illustriert war.

* * *

Wenn sich jemand beim Presserat über einen Online-Artikel beschwert, schaut das behördenähnliche Gremium anscheinend nicht nach, ob der nicht einfach aus der Zeitung übernommen worde. Das zeigt auch die Rüge für die Berichterstattung von Bild.de über ein Familiendrama, bei dem eine Mutter sich und ihre drei Kinder in einem Auto angezündet und so getötet hatte. Bild.de zeigt in einer Bilderstrecke nicht nur abwechselnd Fotos von dem ausgebrannten Auto und dem Abtransport einer Leiche und Werbung u.a. für das Kontaktportal StayFriends (“Schulfreunde wiederfinden”), sondern auch sechs offenbar private Fotos von den Kindern und der Mutter. Nach Ansicht des Presserates verletzt das die Persönlichkeitsrechte der Opfer. Die identifizierende Berichterstattung habe vor allem mit Rücksicht auf die Angehörigen unterbleiben müssen. Bild.de habe außerdem gegen das Gebot verstoßen, bei Selbstmorden besonders zurückhaltend zu berichten.

Aber die gerügte Berichterstattung auf Bild.de stammt aus der gedruckten “Bild”-Zeitung. An zwei Tagen in Folge berichteten die “Bild”-Leute Noel Altendorf, Matthias Lukaschewitsch, Rainer Mittelstaedt, Peter Rossberg und Marco Zitzow detalliert, in großer Aufmachung und mit privaten Fotos von den Opfern über den Fall. “Bild”-Chefredakteur Kai Diekmann hat die Suizid-Berichterstattung seines Blattes vor längerer Zeit zur Chefsache gemacht. Dennoch verstößt “Bild” in diesen Fällen immer wieder gegen den Pressekodex. Oder deswegen.

* * *

Die “Thüringer Allgemeine” kassierte eine Rüge für einen Artikel, in dem sie mit Peter Albach abrechnete, dem Bürgermeister von Weißensee, der bis zur jüngsten Wahl auch für die CDU im Bundestag saß. Denn was die Zeitung ihren Lesern verschwieg: Der Autor des kritischen Textes hatte bis kurz zuvor noch die Öffentlichkeitsarbeit für die Stadt Weißensee gemacht. Anscheinend gab es dann eine unschöne Trennung, jedenfalls einen Interessenskonflikt — der Presserat rügte die mangelnde Transparenz, die das Ansehen und die Glaubwürdigkeit der Medien gefährde.

* * *

Der “Sarstedter Anzeiger”, der zur “Hildesheimer Allgemeinen Zeitung” gehört, wurde für die Berichterstattung über eine Familie gerügt, die in so katastrophalen hygienischen Verhältnissen lebte, dass das Jugendamt die 16-jährige Tochter in seine Obhut nahm. Der “Sarstedter Anzeiger” habe so viele Details benannt und Fotos gezeigt, dass die Familie für die breite Öffentlichkeit erkennbar geworden sei — obwohl kein öffentliches Interesse vorgelegen habe.

* * *

Und dann war da noch Holger Borchard, Redakteur der “Offenbach-Post” in Langen, der anscheinend verzweifelt nach Wegen sucht, seine Abneigung gegen Sinti und Roma auszurücken. In einem Artikel über Betrüger, die behaupten, für die Langener Tafel zu sammeln, formulierte er vermeintlich oberschlau:

Der Zeuge, nach eigenen Worten selbst Nutznießer der Langener Tafel, hatte der Polizei gegen 14.30 Uhr vier Frauen “südländischen Aussehens” gemeldet, die Passanten auf der Bahnstraße um Spenden für die Langener Tafel anbettelten. Die ausgesandte Funkstreife fing das beschriebene Quartett, darunter eine Zehnjährige, Minuten später auf der Einkaufsmeile ab. Zur — laut Polizeisprecher Henry Faltin “nicht gerade einfachen” — Überprüfung der Personalien wurden die Vier auf die Wache mitgenommen.

Bei den drei erwachsenen Frauen handelte es sich um eine Südosteuropäerin, eine Staatenlose und eine Deutsche — alle einwandfrei einer Volksgruppe zuzuordnen, deren Namen eine Zeitung heute nicht mehr schreiben darf, weil sich sie sich damit garantiert eine Rüge vom Presserat einhandelt. Wir bitten daher um Verständnis, dass wir es wie die Ordnungshüter beim unverfänglichen Hinweis auf besagter Damen Vorliebe für bunte Kleider belassen …

Der Presserat rügte den “klaren Verstoß” gegen das Diskriminierungsverbot im Pressekodex. Die Online-Ausgabe der “Offenbach-Post” habe mit ihrer “ironisch-herabsetzenden Umschreibung” der Frauen aus vermeintlicher Rücksicht auf den Pressekodex noch mehr betont, dass die angeblichen Täterinnen einer ethnischen Minderheit angehören — ohne einen sachlichen Grund zu nennen, warum das relevant ist.

Kein Herz für tote Kinder

Auf der Startseite von Bild.de findet sich tagtäglich die Rubrik “Ein Herz für Kinder”. Vorbildlich: Schließlich wird in unserer fortschrittlichen Gesellschaft noch immer allzu oft auf den Rechten von Kindern und Jugendlichen herum getrampelt. Und damit man das nicht vergisst, trampelt Bild.de besonders oft auf den Rechten von Kindern und Jugendlichen herum. Schließlich sind auch schlechte Vorbilder Vorbilder.

Aktuelles Beispiel: Die Berichterstattung über die Identifizierung einer 16-Jährigen, deren Leiche Mitte Oktober in Niederzissen entdeckt wurde. Bild.de nutzt die Meldung der Polizei Koblenz über die Identifizierung der Toten, um das Bild der 16jährigen am Freitag prominent auf der Startseite zu platzieren.

News - Ein Herz Für Kinder - Leserreporter. Mordfall Niederzissen: Identität der nackten Mädchenleiche geklärt

Obwohl die Notwendigkeit der Veröffentlichung durch die zweifelsfreie Identifizierung der Toten nicht mehr gegeben ist, verwendet Bild.de das Bild – wie gewohnt – weiter.

Und das nicht nur einmal — auch am Samstag erscheint das Bild noch einmal ohne Anonymisierung oder Rücksichten auf Rechte von Verbrechensopfern und ihrer Angehörigen auf der Startseite von Bild.de:

News - Ein Herz Für Kinder - Leserreporter. Wieder 2 Todesfälle: Dieses Kind starb an Schweinegrippe -- Das Mädchen lacht, strahlt, springt auf dem Trampolin: Ein Foto voller Lebensfreude. Doch jetzt ist Nina (11, Name geändert) tot – Schweinegrippe! Nackte Tote identifiziert: Nicht mal ihre Mutter hatte sie vermisst! Vor 6 Wochen entdeckte ein Bauer eine nackte Mädchenleiche. Erst jetzt wurde sie identifiziert. Traurig: nicht mal ihre Mutter hatte sie vermisst!

Laut Pressekodex wägt die “Presse das Informationsinteresse der Öffentlichkeit gegen die Interessen der Opfer und Betroffenen sorgsam ab.”

Bei den Redakteuren von Bild.de ist die Abwägung eine andere: Genommen wird, was einfacher zu bekommen ist und am meisten Auflage bringt — egal wie entwürdigend und traumatisierend das Motiv auch sein mag. Im Fall des Kindes, das angeblich an der Schweinegrippe gestorben ist, greift die Redaktion zu einem Foto, das eindeutig in privatem Rahmen entstanden ist und wohl nie zur Veröffentlichung bestimmt war.

Zynisch formuliert: Wer nicht wochenlang als Leiche auf der Startseite von Bild.de erscheinen will, sollte ausreichend Privatfotos im Zugriffsbereich der Bild.de-Redakteure hinterlassen.

Ein Herz für Kinder? Aber nur, wenn es Auflage und Klicks bringt.

Nachtrag, 1. Dezember: Die Meldung über die erste Festnahme im Mordfall nimmt Bild.de zum Anlass, ein weiteres Bild des Leichnams des 16-jährigen Opfers prominent auf der Startseite zu platzieren – und verzichtet natürlich wieder auf eine Anonymisierung.

Bild  

Ein exklusiver Entführungsfall

In Frankfurt am Main ist in der Nacht zum vergangenen Samstag ein 22-jähriger Amerikaner verschwunden. Weil “Bild” ihn für den “Sohn eines vermögenden Top-Bankers” (“und somit ein lohnendes Entführungsopfer”) hält, fragt die Zeitung heute in ihrer Regionalausgabe und online:

Seit 7 Tagen ist Devon Hollahan spurlos verschwunden: Sohn eines US-Bankers in Frankfurt entführt?

Kidnapping, Unglücksfall oder gar Mord? Seit 7 Tagen fehlt vom US-Millionärssohn Devon Hollahan (22), der in Frankfurt das Pink-Konzert besuchte, jede Spur. Im Polizeipräsidium klingeln alle Alarmglocken!

Der Artikel ist derart merkwürdig, dass wir am Besten mit einer (vermeintlichen) Kleinigkeit beginnen: Devon Hollahan war nicht beim Pink-Konzert. Er hatte auch nie vor, das Pink-Konzert zu besuchen, denn er war in Frankfurt, um sich die amerikanische Rockband “Portugal. The Man” anzusehen. Die Band beteiligt sich bei Facebook an der Suche nach Devon und fügt hinzu, dass sie beim Konzert in Frankfurt noch mit ihm “rumgehangen” habe.

Das mag ein unwichtiges Detail sein, bedeutet aber auch, dass Devon nicht in der Festhalle am Messegelände war, wie “Bild” schreibt (und der Hessische Rundfunk abschreibt), sondern in der “Batschkapp” im Stadtteil Eschersheim — was ja doch einen Unterschied macht, wenn es etwa um Zeugen geht, die ihn gesehen haben könnten.

Kommen wir nun zu den “Alarmglocken” im Polizeipräsidium:

Mittlerweile scheint aus dem “normalen Vermisstenfall” ein Kriminalfall zu werden!

Diese Meldung scheint “Bild” mal wieder weltexklusiv zu haben, denn uns sagte die Polizei, was sie auch der dpa (die “Bild” im Bezug auf das Pink-Konzert blind glaubt) erzählt hatte: Man behandle die Suche “wie einen normalen Vermisstenfall”.

Aber “Bild” weiß noch mehr:

“Morgan Stanley”-First Vice President Jeffrey Hollahan ist bereits in Frankfurt gelandet, sucht selbst nach seinem Sohn

Sagen wir es so: Es gibt Gründe zu bezweifeln, dass Jeffrey Hollahan tatsächlich einen derart hohen Posten bekleidet, wie “Bild” seine Lesern glauben lassen will. Zwar bezeichnet er sich auf seiner Profilseite beim Geschäftsnetzwerk Linkedin als “VP at Morgan Stanley”, aber schon ein Klick auf das Unternehmensprofil deutet an, dass es bei der US-Bank (auf deren offizieller Website der Name Hollahan nicht einmal auftaucht) viele, viele “Vice Presidents” gibt.

Oder, wie die Wikipedia schreibt:

In großen Brokerunternehmen und Investmentbanken gibt es üblicherweise mehrere Vice Presidents in jeder örtlichen Zweigstelle, der Titel ist dann eher eine Absatzmethode für Kunden als die Bezeichnung für eine tatsächliche leitende Position innerhalb des Unternehmens.
(Übersetzung von uns)

Die Frankfurter Polizei wollte die berufliche Position des Vaters weder dementieren noch bestätigen, aber er selbst wird von der Nachrichtenwebsite “The Local” mit den Worten zitiert, er sei kein berühmter Banker oder Manager, sondern Finanzberater. All das hielt die Deutsche Presseagentur freilich nicht davon ab, in einer Meldung zu schreiben:

Laut “Bild”-Zeitung handelt es sich bei dem Vermissten um den Sohn eines Top-Managers der US-amerikanischen Bank Morgan-Stanley. Die Polizei wollte das nicht bestätigen.

Auch die Behauptung von “Bild”, Jeffrey Hollahan sei bereits in Frankfurt, wollte die dortige Polizei nicht kommentieren. Allerdings berichtet ein lokaler Fernsehsender (dessen Website die “Bild”-Redakteure besucht haben, um an ein Bild des Vaters zu kommen), dass er erst am Sonntag nach Deutschland aufbrechen wolle, wenn Devon nicht bald gefunden werde.

Noch mehr Exklusivmeldungen aus “Bild”?

Die hohe Brisanz des Falles zeigt, dass sogar die US-Bundespolizei “FBI” im “Fall Devon” ermittelt, die Hessen-Landesregierung eingeschaltet ist und über die Ermittlungen informiert wird.

Das FBI ist nach Auskunft der Polizei Frankfurt zwar noch nicht eingeschaltet, aber die luxemburgische Zeitung “L’Essentiel”, die französische Nachrichtenagentur “AFP” und der US-Finanznachrichtendienst Bloomberg scheint der deutschen Boulevardzeitung voll zu vertrauen:

Die deutsche Zeitung “Bild”, die zuvor über den Fall berichtet hatte, sagt, dass das FBI das Verschwinden ebenfalls untersuche.
(Übersetzung von uns)

Nun könnte man natürlich auch noch einwenden, dass es schon recht präziser Planung bedürfe, den Sohn eines “vermögenden Top-Bankers” (oder eines einfachen Finanzberaters), der für einen Tag von seinem Wohnort Prag nach Frankfurt gereist ist, um drei Uhr nachts in der dortigen Innenstadt zu entführen. Aber das wäre vielleicht zu vernünftig.

Ach, und dann ist da noch das Foto, von dem man glauben könnte, dass es zeigt, wie Kripo und FBI in der Taunusanlage ermitteln:

Interessanterweise scheinen dieselben Beamten in denselben Klamotten und mit demselben Wagen an derselben Stelle vor einem Monat schon in einem anderen Fall ermittelt zu haben:

Mit Dank an Matthias F.

Nachtrag, 23. Dezember: Nachdem “Bild” zunächst noch nach den vermeintlichen Entführern gefahndet hatte, ist jetzt klar, dass Devon Hollahans Leiche vergangene Woche in Boppard aus dem Rhein geborgen wurde.

Die Frankfurter Polizei stellt dazu fest:

Hinweise auf ein Gewaltverbrechen wurden im Rahmen der Obduktion nicht gefunden, so dass die Vermisstenstelle der Frankfurter Kriminalpolizei davon ausgeht, dass Devon Hollahan in den Morgenstunden des 21.11.2009 unter Alkoholeinfluss in den Main gestürzt und ertrunken ist.

Der Kult ums Horrorhaus

Schade, dass Halloween schon wieder vorbei ist. Die Stuttgarter Lokalredaktion von “Bild” hätte da nämlich noch ein passendes Thema:

Es ist Stuttgarts grusligste Immobilien-Anzeige.

Um was es sich dabei wohl handeln mag? Ein Spukschloss? Eine Geisterbahn? Eine Gruft?

Hier wird das Haus angeboten, in dem Amok-Killer Tim K. (17) lebte. Er hatte im März in Winnenden 15 Menschen und sich selbst erschossen.

Nun möchte man vor dem Hintergrund eines derartigen Verbrechens ungern Haare spalten, aber an dieser Stelle sollte man zumindest sicherheitshalber noch einmal daran erinnern, dass Tim K. seine Opfer nicht in seinem Elternhaus erschossen hat.

Auch das “Schwäbische Tagblatt” ereifert sich berichtet heute über die “Internet-Offerte”, die “aus dem Rahmen des Üblichen” falle:

Dass in diesem Elternschlafzimmer jene ungenügend gesicherte Pistole des Typs Baretta im Kleiderschrank gelegen haben soll, mit der Tim über 200 Mal geschossen hat, wird nicht erwähnt. Überhaupt unterbleibt jeder Hinweis auf die Besitzer des Hauses.

Auch wenn das “Tagblatt” und “Bild” die fehlenden Hinweise implizit und explizit “merkwürdig” finden: Es besteht keine Pflicht, in der Immobilienanzeige darauf hinzuweisen, wer die vorherigen Bewohner oder Besitzer sind.

Hans-Eberhard Langemaack, Geschäftsführer des Immobilienverbands Deutschland (IVD), sagt uns auf Anfrage, dass es in einem derart schweren Fall zwar durchaus zur Aufklärungspflicht des Immobilienmaklers gehöre, potentielle Interessenten beim Beratungsgespräch auf die Geschichte des Hauses hinzuweisen. In der Anzeige, die ja nur den Erstkontakt darstelle, könne man auf solche Informationen aber verzichten.

Natürlich ist es denkbar, dass mögliche Interessenten Abstand von einer Immobilie nehmen, in der ein Massenmörder gewohnt und sich auf seine Tat vorbereitet hat. Andererseits soll es ja auch Menschen geben, die eine gewisse Faszination fürs Morbide hegen und vielleicht gerne im Haus des “Amok-Killers von Winnenden” (“Bild”) leben würden. Ihnen kommt das “Schwäbische Tagblatt” mit großen Schritten entgegen, wenn es unter der Überschrift “Elternhaus des Amokläufers von Winnenden wird verkauft” nicht nur über die genaue Lage der Immobilie aufklären, sondern gleich noch den Namen der Maklerin und die genaue Exposé-Nummer des Objekts verrät.

Solche Gedanken finden Sie makaber? Na, dann warten Sie mal ab:

Dazu Farbfotos vom Koi-Teich, 50-Quadratmeter-Wohnzimmer, Kamin, Schlafzimmer, Terrasse.

Und der makabere Hinweis für Eltern mit Kindern: “…alle weiteren Schularten finden Sie in Winnenden!”

(“Bild”)

Vor dem Hintergrund des Amoklaufs an der Albertville-Realschule liest es sich durchaus makaber, wenn in einem Hinweis auf Grundschule und zwei Kindergärten im Ort noch erwähnt wird, “alle weiteren Schularten finden Sie in Winnenden”.

(“Schwäbisches Tagblatt”)

Der Artikel im “Tagblatt” endet übrigens mit folgendem Absatz über den anstehenden Prozess wegen fahrlässiger Tötung gegen den Vater des Amokläufers:

Wegen großen Medieninteresses und der Vielzahl der Nebenkläger wird die Verhandlung mit großer Wahrscheinlichkeit in Stammheim stattfinden. Beim dortigen Gefängnis gibt es dafür den größten Raum.

Das “Tagblatt” erwähnt zwar nicht, wer da schon alles auf der Anklagebank gesessen hat, aber das ist vermutlich nur die Rache für den fehlenden Hinweis auf die Baretta Beretta.

Mit Dank an Sibylle B.

Nachtrag, 26. November: Die Redaktion des “Tagblatts” als Lokalzeitung hat den Verkauf des Hauses nicht selbst aufgegriffen. Der Artikel ist gestern in der “Südwestumschau” der “Südwest Presse” erschienen und auf www.tagblatt.de übernommen worden.

Die dümmste anzunehmende Verwechslung

Vor dem Bonner Landgericht begann gestern der Prozess gegen eine 16-jährige Schülerin, die im Juni einen Amoklauf an ihrem Gymnasium im nahe gelegenen Sankt Augustin verüben wollte, aber in letzter Minute gestoppt wurde.

Die “Westdeutsche Zeitung” begann ihre Prozess-Berichterstattung, für die gleich zwei Autoren verantwortlich zeichnen, mit einem überraschenden Satz:

Die 16-jährige Blondine scheint so gar nicht dem Täterprofil eines Amokläufers zu entsprechen.

Überraschend ist daran weniger, dass 16-jährige Blondinen nicht unbedingt dem “Täterprofil eines Amokläufers” entsprechen (das sind ja immer nur verpickelte Jungs, die den ganzen Tag Computer spielen und Pornos gucken), sondern dass die Angeklagte gar nicht blond ist.

Die “Blondine”, von der die “Westdeutsche Zeitung” schreibt, ist nämlich gar nicht die mutmaßliche Täterin, sondern das Opfer. Sie hatte die Angeklagte bei deren Vorbereitungen überrascht und war von ihr schwer verletzt worden.

Weil der Prozess unter striktem Ausschluss der Öffentlichkeit stattfindet (ein Vorgang, den ein Gerichtssprecher im Hinblick auf das Alter der mutmaßlichen Täterin als “zwingend” bezeichnete), gibt es keine aktuellen Fotos der Angeklagten. Dass dpa deshalb nur Fotos des leeren Gerichtssaals und der anonymisierten Zeugin im Angebot hatte, schien manchen Redaktionen allerdings nicht aufzufallen.

So untertitelte die “Westdeutsche Zeitung” – passend zu ihrem Einleitungssatz – ein Foto der Zeugin wie folgt:

Die 16-Jährige soll versucht haben, einen Lehrer niederzustechen. (Foto: dpa)

Auch “Welt Online” vergriff sich böse beim Versuch, eine Bildunterschrift für ein Foto des Opfers zu finden:

Die Angeklagte im Prozess wegen der vereitelten Amoklaufs von Sankt Augustin

Auch wenn beide Fotos von dpa stammen: An der Deutschen Presseagentur hat’s nicht gelegen — die hat uns gegenüber bestätigt, dass alle Bildbeschreibungen unmissverständlich mit der Formulierung “Anna P. (…) am Dienstag (27.10.2009) im Landgericht in Bonn – sie hatte die Amokläuferin auf der Toilette überrascht.” beginnen.

Sowohl bei wz-newsline.de als auch bei welt.de wiesen alsbald mehrere Kommentatoren auf die dümmstmögliche Verwechslung hin, doch in beiden Fällen dauerte es länger, bis die Fotos entfernt wurden.

Immerhin erklärten beide Onlinemedien in den Kommentaren, dass sie einen Fehler gemacht hatten, und entschuldigten sich dafür. (Dass bei der “Westdeutschen Zeitung” auch der Artikelanfang zunächst ganz anders ausgesehen hatte und klammheimlich korrigiert worden war, erwähnte die dortige Redaktion allerdings nicht.)

Der erste Hinweis auf das falsche Foto wurde bei “Welt Online” gestern Abend um 17:56 Uhr gegeben, eine halbe Stunde, nachdem der Artikel online gegangen war.

Heute gegen 12:20 Uhr wurde der Fehler korrigiert — wie es sich für ein Onlinemedium gehört nach einem telefonischen Hinweis:

Ein Anruf bei der Redaktion bringt was! - Binnen Minuten ist das kritische Bild aus dem Netz genommen.

PS: Und so sieht das bei Bild.de aus:

Prozessbeginn: Amok-Mädchen legt Geständnis ab

Mit Dank an Andreas S.

Nachtrag, 29. Oktober: Die “Westdeutsche Zeitung” brachte heute auf Seite 3 ihrer Printausgabe folgende Korrektur:

KORREKT: In dem Bericht über den Prozess um den geplanten Amoklauf an einem Gymnasium in Sankt Augustin ist uns gestern ein bedauerlicher Fehler unterlaufen: Das Bild mit der unkenntlich gemachten Person zeigt nicht die mutmaßliche Täterin (16), sondern das Opfer. Die 17-Jährige hatte die Angeklagte bei der Vorbereitung zum Amoklauf überrascht. Nach Überzeugung der Anklage wollte die 16-Jährige ihre Mitschülerin töten, stach mit einem Schwert auf sie ein und schnitt ihr dabei einen Daumen ab. Der 17-Jährigen gelang es dennoch, einen Lehrer zu alarmieren. Sie hat damit ein mögliches Massaker verhindert. Wir bitten, den Fehler zu entschuldigen.

Mit Dank an Thorsten L.

Von Monstern und anderem Irren

2008 war, wenn man so will, ein gutes Jahr für “Bild”. Der Deutsche Presserat sprach nur in zwei Fällen Rügen gegen “Bild” aus:

  • Das Gremium beanstandete — aufgrund einer Beschwerde von BILDblog — die teils frei erfundene Berichterstattung über zwei Mädchen, die angeblich von ihrer Mutter nach Afrika gebracht und dort beschnitten werden sollten (BILDblog berichtete).
  • Und der Presserat rügte die “unangemessen sensationelle” Art, wie “Bild” über einen Flugzeugabsturz berichtetete, verkohlte Leichen auf der Titelseite zeigte und die Opfer im Inneren identifizierte — und so “die Gefühle der trauernden Angehörigen verletzt” habe. (Die “Bild”-Zeitung fand die Beanstandung, wie berichtet, “rätselhaft” und führte ihre Leser beim Abdruck der Rüge in die Irre, was dem Presserat aber egal ist.)

Die “Maßnahmen” des Presserates:

Hat eine Zeitung oder eine Zeitschrift gegen den Pressekodex verstoßen, kann der Presserat aussprechen:

  • einen Hinweis
  • eine Missbilligung
  • eine Rüge.

Eine “Missbilligung” ist schlimmer als ein “Hinweis”, aber genauso folgenlos. Die schärfste Sanktion ist die “Rüge”. Gerügte Presseorgane werden in der Regel vom Presserat öffentlich gemacht. Rügen müssen in der Regel von den jeweiligen Medien veröffentlicht werden. Tun sie es nicht, tun sie es nicht.

Trotzdem hatte der Presserat auch im vergangenen Jahr reichlich mit “Bild” zu tun und sprach eine Reihe von “Missbilligungen” und “Hinweisen” aus. Und wie in jedem Jahr gibt das vor kurzem erschienene “Jahrbuch” des Presserates seltene Einblicke in die Argumentationsmuster innerhalb der notorisch öffentlichkeitsscheuen Axel-Springer-AG, wenn die Rechtsabteilung gegenüber dem Presserat ausgeruht die fragwürdigen Ad-Hoc-Entscheidungen der “Bild”-Zeitung zu rechtfertigen versucht.

Eine Auswahl:

Tote Kinder ohne Rechte?

“Die toten Kinder von Darry — Von der Mutter erstickt, vom Vater wieder ausgegraben”. Unter dieser Überschrift berichtet “Bild” am 26. Juni 2008, wie drei tote Kinder von einem Berliner Friedhof nach Schleswig-Holstein umgebettet werden. Sie und zwei weitere waren von ihrer Mutter getötet worden. “Bild” zeigt ein Familienfoto, auf dem die Gesichter der Erwachsenen unkenntlich gemacht wurden, sowie Nahaufnahmen der Särge und der Gruft — und ein Notfallseelsorger aus Schleswig-Holstein, der beruflich mit dem Fall zu tun hat, beschwert sich beim Presserat, der seine Position so wiedergibt:

Die Umbettung habe unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden sollen. Mit allen Firmen und den Friedhöfen sei Stillschweigen und absolute Vertraulichkeit vereinbart worden. Zu Beginn der Exhumierung in Berlin hätten mehrere Journalisten fotografieren und filmen wollen. Die Friedhofsverwaltung habe vergeblich versucht, sie davon abzuhalten. Im Gegensatz zu anderen Medien habe das Boulevardblatt Nahaufnahmen der Särge, der Gruft und des gesamten Vorgangs veröffentlicht. Zudem sei in der Online-Ausgabe ein “abscheuliches Video” mit Nahaufnahmen abrufbar gewesen. Der Geistliche sieht einen Missbrauch der Pressefreiheit und eine Verletzung der Persönlichkeitsrechte der verstorbenen Kinder und des trauernden Vaters.

Die Antwort von “Bild” ist vor allem eine juristische: Die Vorwürfe seien unbegründet, weil das Persönlichkeitsrecht nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichtes mit dem Tod erlösche. Es müsse dann nur noch allgemein die Menschenwürde geachtet werden. “Bild” habe die Kinder aber nicht herabgewürdigt oder erniedrigt. Das (nicht mehr abrufbare) Video auf Bild.de habe allerdings religiöse Gefühle verletzen können — das habe der Chefredakteur in einem Brief an den Seelsorger bedauert. Die Reporter hätten versichert, dass sie während der Exhumierung nicht am Fotografieren gehindert worden seien.

Der Presserat sieht in der Veröffentlichung der Fotos einen Verstoß gegen Ziffer 8 des Pressekodex, der eine Identifizierung der Opfer von Unglücksfällen und Straftaten untersagt. Der “engeren juristischen Wertung” des Verlages wollte er sich nicht anschließen. Aus ethischer Sicht hätte die Redaktion auf die Persönlichkeitsrechte der verstorbenen Kinder sowie des trauernden Vaters größeres Gewicht legen müssen. Der Presserat sah darin allerdings keinen rügenswerten Verstoß, sondern “missbilligte” die Berichterstattung nur — warum auch immer.

Lea-Sophie, nackt und verhungert auf dem OP-Tisch

Am 6. April 2008 veröffentlichten “Bild am Sonntag” und Bild.de zwei Fotos der fünfjährigen Lea-Sophie, die ihre Eltern verhungern ließen. Eines zeigte das Mädchen zu Lebzeiten, eines den Leichnam, nackt auf dem Obduktionstisch. Das zweite Foto, das die Zeitung auf unbekannte Weise bekommen hatte, war, wie die “BamS” damals schrieb, ein “schreckliches” Foto. Die Redaktion, behauptete die Redaktion, habe lange diskutiert, ob sie es zeigen solle. Dass sie sich dafür entschieden habe, das tote Kind auf diese Weise vor einem Millionenpublikum auszustellen, begründete sie mit dem Satz: “Denn wir wollen, dass so etwas nie wieder in Deutschland passiert!” (BILDblog berichtete.)

Ein Leser beschwerte sich beim Presserat, weil er in der Veröffentlichung des Bildes Sensationsmache und eine Verletzung der Menschenwürde der Verstorbenen sieht. Die Rechtsabteilung der “BamS” hält ihm entgegen, er habe sich mit den Überlegungen der Redaktion nicht auseinandergesetzt: Darin seien die Beweggründe, das Foto zu veröffentlichen, ausführlich dargelegt worden. Sie erinnerte an das “vermutlich eindringlichste Foto der Pressegeschichte”: fliehende, weinende, teilweise nackte und vom Napalm verletzte Kinder im Vietnam-Krieg. Wenn die Eltern von Lea-Sophie und ihr Anwalt ein falsches Bild der Ereignisse zeichneten, so die “BamS” laut Presserat, müsse dies ausnahmsweise durch ein Fotodokument korrigiert werden können.

Der Beschwerdeausschuss widersprach: Das Foto sei für eine wahrhaftige Berichterstattung über die Grausamkeit der Todesumstände nicht erforderlich gewesen — eine Beschreibung der Vorgänge hätte ausgereicht. Die “BamS” habe “unangemessen sensationell” berichtet und die Würde des Opfers verletzt — und somit gegen die Ziffern 1 und 11 des Pressekodex verstoßen. Der Presserat fand das aber offenbar lässlich genug, keine “Rüge”, sondern nur eine “Missbilligung” auszusprechen.

Ein “Kinderschänder” und sein Opfer im Bild

Zu den für “Bild” nachhaltig unbegreiflichen Realitäten gehört es, dass auch (mutmaßliche) Täter Rechte haben, sogar Persönlichkeitsrechte. Und dass die Richtlinie 8.1 des Pressekodex vorsieht, dass die Presse bei Straftaten in der Regel keine Informationen veröffentlicht, die die Beteiligten erkennbar machen. Es ist vermutlich die Richtlinie, gegen die “Bild” am häufigsten verstößt, so auch am 5. Juni 2008. Das Blatt titelte “Kinderschänder lockt 13-Jährige in Sex-Falle” und berichtete über ein Ermittlungsverfahren gegen einen Mann, der ein Mädchen, das er im Internet kennen lernte, zu sich nach Hause gelockt, dort vier Wochen lang versteckt und mit ihm einvernehmlichen Geschlechtsverkehr gehabt haben soll. “Bild” zeigt beide auf einem Foto. Der Anwalt des Beschuldigten sieht in der Bezeichnung “Kinderschänder” eine unzulässige Vorverurteilung und weist darauf hin, dass die Staatsanwaltschaft bereits nach einer Woche die Aufhebung des Haftbefehls beantragt habe. Das Foto, auf dem der Mann mit dem Mädchen zu sehen ist, sei auf unlautere Weise aus den Privaträumen des Beschwerdeführers beschafft worden. Und sowohl die Bildunterschrift “In diesem Gartenhäuschen auf dem Hotelgrundstück fanden die Ermittler Kinderpornos” als auch die Behauptung “Der Mann fiel der Polizei schon früher auf: Als 17-Jähriger soll er erstmals zwei Mädchen in einen Schuppen gelockt und gefesselt haben” seien frei erfunden.

Die Rechtsabteilung von “Bild” hingegen meint, dass die Wertung als “Kinderschänder” und der Tatbestand des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern durch die Beschreibung der beiden Betroffenen erfüllt sei. Und an der Veröffentlichung der Fotos gebe es ein öffentliches Interesse. “Wenn jemand eine 13-jährige Schülerin vier Wochen lang vor deren Eltern versteckt halte, sei das so außergewöhnlich, dass die Fotoveröffentlichung auch gegen den Willen des Abgebildeten gerechtfertigt sei”, erklärt “Bild” laut Presserat. “Die Mutter des Beschwerdeführers habe das strittige Foto zur Verfügung gestellt. Sie habe damit zeigen wollen, dass es sich um eine einvernehmliche Beziehung zwischen ihrem Sohn und dem Mädchen gehandelt habe.” Somit habe “Bild” nicht gegen Ziffer 4 des Pressekodex verstoßen, die unlautere Recherchemethoden untersagt. Schließlich beruhten die angeblich “frei erfundenen Behauptungen” auf Informationen der Ermittlungsbehörden und Aussagen der Mutter des Beschwerdeführers, die man “nicht als Tatsachen, sondern in der Soll-Form wiedergegeben” habe.

Der Presserat “missbilligte” die Berichterstattung von “Bild”. Er sah zwar keine Verletzung der Unschuldsvermutung und konnte, wie fast immer, nicht klären, ob “Bild” unlautere Methoden bei der Recherche angewandt hat. Aber “Bild” habe den mutmaßlichen Täter nicht einmal teilweise unkenntlich gemacht. Sowohl er als auch die 13-Jährige seien erkennbar. “Der Fall ist sicher von großem öffentlichem Interesse, doch ist es auch dann nicht gerechtfertigt, die Beteiligten erkennbar zu machen”, urteilte der Beschwerdeausschuss. “Diese hätten anonymisiert werden müssen.”

Ein Irak-Soldat “frisst” einen kleinen Hund

Man kann sicher darüber streiten, ob es wirklich, wie ein Beschwerdeführer meint, “abartig” ist, dass die “Bild”-Zeitung am 11. Januar 2008 auf ihrer letzten Seite zwei AFP-Fotos zeigt, auf denen ein irakischer Soldat einen Hund erst mit seinem Messer tötet und dann isst, um den Jahrestag der Übernahme der Stadt Nadschaf zu feiern. Aber die Argumente, mit denen die “Bild”-Justiziare die Veröffentlichung der drastischen Aufnahmen rechtfertigen, sind atemberaubend. Der Presserat gibt sie so wieder:

Die Rechtsabteilung der Zeitung hält das Foto mit dem irakischen Soldaten für ein über den Tag hinaus wirkendes zeitgeschichtliches Dokument. Es zeige die Verrohung des Menschen im Krieg. Das Foto dokumentiere zudem den Hass, der einen Moslem dazu bringe, genau das Tier zu verspeisen, das in seiner Religion neben dem Schwein als besonders unrein gelte. Das Foto sei aktueller Informationsträger und erfülle eine nachrichtliche Funktion. Das blutige Ritual zeige, zu welchen Taten Soldaten im Krieg — namentlich, wenn er von Glaubensgegensätzen begleitet werde — fähig seien. Dies dürfe die Berichterstattung aufgreifen. Sie solle weder verschleiern, noch verharmlosen, sondern die Wirklichkeit so abbilden, wie sie sei.

Der Hass eines Moslems? Ein Krieg, der von Glaubensgegensätzen begleitet wird? Und all diese Informationen und Hintergründe entdecken erfahrene “Bild”-Leser zwischen den gerade einmal 20 Zeilen eines Artikels, in dem von Glauben und Religion nicht einmal die Rede ist?

Der Presserat sieht in den Fotos kein “zeitgeschichtliches Dokument”: “Es scheint sich hier um einen sehr speziellen Einzelfall zu handeln.” Das Veröffentlichen brutaler Bilder sei zwar ausnahmsweise zulässig, wenn sie zu einer politischen Debatte beitragen. Ein solches öffentliches Interesse sei aber nicht zu erkennen; die Darstellung sei unangemessen sensationell. Der Presserat sprach einen “Hinweis” aus.

Franz Josef Wagner und die “Monster” in der Psychiatrie

Und dann hatten die Mitglieder des ersten Beschwerdeausschusses des Presserates noch eine Aufgabe, um die man sie wirklich nicht beneiden kann: Sie mussten versuchen herauszufinden, was Franz Josef Wagner in einer seiner “Bild”-Kolumnen eigentlich sagen wollte. Am 26. März 2008 schrieb er an den damals noch unbekannten Täter, der einen schweren Holzklotz von einer Autobahnbrücke bei Oldenburg geworfen und damit eine Frau getötet hatte. Unter der zu seinem Markenzeichen gewordenen Umgehung von grammatischen und logischen Regeln formulierte Wagner:

Mehrere Menschen, darunter Vertreter sozialpsychiatrischer Einrichtungen und Verbände, beschwerten sich beim Presserat darüber, dass Wagner psychisch kranke Menschen als “Monster” bezeichne. Einer fühlte sich an die Nazi-Zeit erinnert, zumal schon am Beginn des Beitrages von einer Art Sippenhaft gesprochen werde; ein anderer sah in Wagners Text eine menschenverachtende Diffamierung von Personen, die psychisch krank sind und Hilfe in psychiatrischen Einrichtungen suchen.

Die Rechtsabteilung der “Bild”-Zeitung hatte für die insgesamt vier Beschwerdeführer eine überraschende Antwort: Wagner habe gerade nicht psychisch kranke Menschen, sondern Kriminelle als “Monster” bezeichnet. Die Justiziare verstiegen sich sogar zu der — vermutlich auch für Wagner selbst überraschenden — These, seine Kolumne habe einen gedanklichen “roten Faden”: Der Autor beklage, dass selbst Straftäter, die gröbste Verbrechen begehen, immer irgendwie durch “mildernde Umstände” exkulpiert würden. Erwachsene Täter, die man aufgrund ihrer Verbrechen nur noch als “Monster” bezeichnen könne, schicke man nicht ins Gefängnis, sondern zur Behandlung in die Psychiatrie. Wagners Fazit laute: Verbrechen wie die des “Holzklotzwerfers” würden nicht wirksam bekämpft; ein nächster Fall sei zu befürchten. Dass einige der Beschwerdeführer die räumliche Nähe der Begriffe “Monster” und “Psychiatrie” in dem Kommentar als Erinnerung an die Nazi-Zeit “hochschraubten”, betrachte man als polemische Übertreibung im Rahmen ihrer politischen Agitation, erklärte die Rechtsabteilung des Verlages, den man ja in Sachen “politischer Agitation” getrost als Experten betrachten darf.

Und der Presserat? Er hält den Nazi-Vorwurf für überzogen und stellt sicherheitshalber fest, dass Wagners Text mehrere Deutungsmöglichkeiten habe und man deshalb nicht zwingend davon ausgehen könne, dass Wagner alle Patienten einer Psychiatrie als “Monster” bezeichnet habe:

Eine weitere Deutungsmöglichkeit ist jedoch, dass hier nur Menschen als “Monster” bezeichnet werden, die monströse Taten begehen. Ein so monströses Verbrechen wie der Holzklotzanschlag auf eine Familie kann umgangssprachlich durchaus einem “Monster” zugeordnet werden. Die Feststellung des Autoren, “Monster werden an Händen und Füßen festgeschnallt”, ist anders zu beurteilen. Dies ist eine falsche Tatsachenbehauptung. Die Feststellung, dass Kranke in der Psychiatrie gefesselt würden, ist in dieser pauschalen Form falsch und verletzt Ziffer 2 des Pressekodex (Journalistische Sorgfaltspflicht). Sie kommt einer Schmähung der Institution Psychiatrie gleich und zieht einen Hinweis nach sich.

Der Presserat erklärt also Wagners Satz “Monster werden an Händen und Füßen festgeschnallt” für sachlich falsch und diffamierend, indem er das Wort “Monster” als Synonym für “psychisch Kranke” interpretiert, glaubt aber nicht, dass Wagner “Monster” als Synonym für “psychisch Kranke” gebraucht habe. Irre.

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Den Falschen zum Todesschützen gemacht

Nicht weniger als drei Autorenkürzel stehen unter dem “Bild”-Artikel über das Familiendrama, bei dem ein Mann am vergangenen Samstag in Sundern seine Frau auf offener Straße erschoss. Aber es waren entweder nicht genug — oder einfach zu viele “Bild”-Autoren beteiligt, um einen gravierenden Fehler zu verhindern: Den Täter mit seinem Bruder zu verwechseln.

“Bild” hat zwar den Nachnamen der Eheleute abgekürzt, aber sich — wie üblich — keine Mühe gemacht, die Beteiligten tatsächlich zu anonymisieren. Das Blatt nennt den ungewöhnlichen Vornamen des vermeintlichen Täters, schreibt, wo er arbeitet und zeigt ein Foto des Hauses der Familie.

Das ist in diesem Fall besonders dramatisch, denn die Namen sind nicht die von Täter und Opfer, sondern vom Bruder des Täters und seiner Frau. Auch die “Hintergründe” des Artikels basieren teilweise auf dem Leben des Bruders.

Man kann sich ausmalen, wie sehr das das Leid der überlebenden Verwandten vergrößert hat, dass sie in ihrer Situation nun auch noch als Täter und Todesopfer dargestellt wurden. Und das nur, weil eine große Boulevardzeitung nicht anonymisieren will und nicht recherchieren kann.

PS: Heute korrigiert sich “Bild” am Ende eines weiteren Artikels zum Thema:

Durch eine bedauerliche Namensverwechslung war der engagierte Trainer des Fußballvereins […] bei BILD.de als Täter und seine Frau als Opfer bezeichnet worden. Beide haben mit dem Verbrechen nichts zu tun.

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