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Bild  etc.

Aber der Hund ist verrückt, ja?

In ihrer gestrigen Münchner Regionalausgabe konnte “Bild” mit einer kleinen Sensationsmeldung aufwarten:

Neu entdeckt! Ein Lied von Mosi

So soll unser Mosi für immer unvergesslich bleiben: ​Im Internet ist jetzt drei Minuten lang die Original-Stimme des ermordeten Modezaren Rudolph Moshammer (†64) zu hören!

Wie “Bild” berichtet, habe der Münchner Musikproduzent und Komponist Gottfried Seidl-Carusa einen Schlager veröffentlicht, “der Jahre lang bei ihm in der Schublade schlummerte”.

Seidl-Carusa: “Wir haben den Dixie-Song zusammen vor elf Jahren in einem Tonstudio von Ambros Seelos aufgenommen. Ich habe gesungen, er seinen Text dazu gesprochen. ​Mosi war begeistert. ​Aber dann kam 2001 sein Grand Prix-Auftritt dazwischen und unser Liebeslied geriet leider völlig in Vergessenheit.”

Als BILD jetzt über das nachlassende Interesse der Münchner an ihrem einstigen Liebling berichtete, erinnerte sich sein Freund wieder an das unveröffentlichte Mosi-Lied und verewigte es auf seiner Homepage (www.​carusa-music.​de/​projekte).

Es spricht wenig dafür, dass sich Seidl-Carusa tatsächlich erst jetzt, nach einem “Bild”-Bericht an seinen Song mit der wiederkehrenden Zeile “Mein Hund Daisy ist so crazy” erinnert hat. Und wenn, dann muss er ihn zwischendurch mehrfach erfolgreich verdrängt haben:

Der Text, den er online gestellt hat, datiert vom Mai 2005. Im Internet (also auf Carusas Website), wo der Song laut “Bild” “jetzt” zu hören ist, steht er auch schon länger, im Google-Cache vom 3. April 2011 ist er jedenfalls schon vorhanden.

Außerdem hatte sich der Produzent und Komponist schon im Februar 2005, dreieinhalb Wochen nach Ermordung des Modeschöpfers, schon einmal an das Werk “erinnert”: Das bayerische Regionalprogramm von Sat.1 hatte damals über die wieder entdeckte Hunde-Hymne berichtet. Seidl-​​Carusa posierte damals im Tonstudio und kündigte an, das Lied zugunsten von Moshammers Verein “Licht für Obdachlose” veröffentlichen zu wollen. Anschließend erklärte die Sat.1-Moderatorin, der Song sei auch auf einer neuen DVD zum Andenken an Moshammer enthalten.

Sat.1 Bayern hat seinen Beitrag vom 7. Februar 2005 heute noch einmal online gestellt — um damit auf die aktuelle Berichterstattung zu reagieren, die längst weite Teile der deutschen Medienwelt erfasst hat.

Die folgende Auflistung ist sicher unvollständig:

dpa:

Moshammers Liebeslied an Hund “Daisy” aufgetaucht

dapd:

Moshammers Hymne auf Daisy – Bislang unbekanntes Lied vom verstorbenen Modezar Moshammer soll für Stimmung auf dem Oktoberfest sorgen

“Spiegel Online”:

Sechs Jahre nach dem Tod von “Modezar” Rudolph Moshammer schenkt der Münchner Musikproduzent und Komponist Gottfried Seidl-Carusa der Welt ein Lied. Nicht irgendein Lied. Es ist eine – bisher garantiert unveröffentlichte – musikalische Liebeserklärung Moshammers an seine Yorkshire-Hündin Daisy.

stern.de:

Mosi-Song aus Schublade gezaubert: Liebeslied an Hundedame Daisy. Vor sechs Jahren wurde der Münchner Modezar Rudolph Moshammer in seinem Haus ermordet. Jetzt ist ein bislang unbekanntes Lied von ihm aufgetaucht: eine Liebeserklärung an seinen Hund Daisy.

“Die Welt”:

Mehr als sechs Jahre nach seinem Tod ist ein Lied des exzentrischen Modeschöpfers Rudolph Moshammer aufgetaucht. Der Titel: “Mein Hund Daisy ist so crazy”. Der Münchner Musikproduzent Gottfried Seidl-Carusa hat den Song nach eigenen Angaben jahrelang in seiner Schublade gehabt. Nun hat er ihn auf seine Internetseite gestellt.

“Rheinische Post”:

Moshammer-Lied für “Daisy” aufgetaucht

“Focus Online”:

Modezar: Moshammer-Song "Mein Hund Daisy" aufgetaucht

abendblatt.de:

Musikalischer Nachlass: Neues Lied vom toten Modezar Moshammer im Internet zu hören. Ein Musikproduzent hat das Lied "Mein Hund Daisy ist so crazy", das er 2000 mit dem Modezar Rudolph Moshammer aufnahm nun veröffentlicht.

“Augsburger Allgemeine”:

Der "Verrückte-Daisy-Song". Komponist will mit Lied des verstorbenen Rudolph Moshammer einen Wiesnhit landen

n-tv.de:

"Mein Hund Daisy ist so crazy": Mosi-Liebeslied aufgetaucht

“Berliner Kurier”:

Gut sechs Jahre nach seinem Tod sorgt der exzentrische Modeschöpfer Rudolph Moshammer wieder für Furore: Mit dem Songtitel “Mein Hund Daisy ist so crazy” – einem Liebeslied an seinen Vierbeiner. Beim Münchner Musikproduzenten Gottfried Seidl-Carusa lag der Dixie-Song in der Schublade, nun hat er ihn auf seiner Internetseite veröffentlicht.

Bunte  etc.

Kachelmann-Prozess: Gericht verurteilt Medien

Es ist ein vernichtender Satz, den das Mannheimer Landgericht am Ende des Prozesses gegen Jörg Kachelmann den Medien mit auf den Weg gegeben hat. Michael Seidling, der Vorsitzende der 5. Großen Strafkammer, formulierte in seiner Urteilsbegründung:

Auf der anderen Seite hat die Kammer aber auch gesehen, dass einige Medienvertreter – wenn auch eher eine überschaubare Anzahl – durchaus sachgerecht und ausgewogen über das Verfahren berichtet haben.

(Hervorhebung von uns.)

Er nannte leider keine Namen, aber vermutlich ist eh kein größeres Medium gemeint, das man kennen könnte.

Ausführlich hatte der Richter zuvor die Medien gescholten:

Die Meinungsfreiheit ist ein hohes Gut. Aber auch sie kennt Grenzen. Diese Grenzen existieren offensichtlich im Internet nicht.

Vorwiegend hinter der Fassade der Anonymität wurden im Verlauf des Verfahrens in den Meinungsforen, Blogs und Kommentaren im Internet die Persönlichkeitsrechte des Angeklagten, der Nebenklägerin, aber auch des Gerichts und der Verfahrensbeteiligten immer wieder mit Füßen getreten, ohne dass die Möglichkeit bestanden hätte, sich dagegen in irgendeiner Weise effektiv zur Wehr zu setzen.

Auch angeblich Sachkundige konnten nicht der Versuchung wiederstehen, ohne Aktenkenntnis und ohne an der Hauptverhandlung teilgenommen zu haben, häufig aber auf der Grundlage unvollständiger und fehlerhafter Medienberichte per Ferndiagnose ihre persönliche Meinung zum Besten zu geben, die in der Regel nichts mit sachlicher Kritik zu tun hatte, sondern häufig nur Klischees bediente. (…)

Statt der gebotenen Zurückhaltung gegenüber einem laufenden Verfahren prägten vorschnelle Prognosen, das einseitige Präsentieren von Fakten und mit dem Anschein von Sachlichkeit verbreitete Wertungen die Berichterstattung. Diese mögen zwar als Garant für Schlagzeilen und Verkaufszahlen dienen; der Wahrheitsfindung in der Hauptverhandlung sind sie jedoch in hohem Maße abträglich. Sie erzeugen Stimmungen, wo Sachlichkeit gefragt ist; letztlich vertiefen sie den mit der Durchführung eines Strafverfahrens verbundenen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte des Angeklagten und der Nebenklägerin in nicht gerechtfertigter Weise. Vor allem aber erschweren sie die Akzeptanz eines Richterspruchs in der Öffentlichkeit und schaden damit dem Ansehen der Justiz.

Mit Befremden hat die Kammer die Aufrufe an die Bevölkerung registriert, im Wege der Abstimmung über Schuld und Unschuld des Angeklagten zu entscheiden. Damit verkommt das Gerichtsverfahren nicht nur zu einem reinen Event; vielmehr werden Entscheidungen von Gerichten, denen nicht selten eine hochkomplizierte Entscheidungsfindung vorausgeht, in der öffentlichen Wahrnehmung mit dem Merkmal der Beliebigkeit behaftet. Dass auch dadurch dem Ansehen der Justiz in der Öffentlichkeit massiver Schaden zugefügt wird, liegt auf der Hand.
Mit öffentlicher Kontrolle der Gerichte durch die Medien hat diese Form der Medienarbeit nichts zu tun. (…)

Ob einer Hauptverhandlung für die breite Öffentlichkeit ein ausreichender Unterhaltungswert zukommt, ist für die Beurteilung der Schuldfrage und damit für die Gestaltung der Hauptverhandlung ohne Belang. Das Gericht ist bei der Durchführung der Hauptverhandlung nicht der Befriedigung des Sensations- und Unterhaltungsinteresses verpflichtet.

Die medienwirksam vorgetragene Kritik des Verteidigers am Ausschluss der Öffentlichkeit ließ vordergründig den Eindruck entstehen, die Kammer habe bis zu seinem Auftreten ohne sachliche Rechtfertigung die Öffentlichkeit in exzessiver Weise ausgeschlossen. Dass sich drei Zeuginnen durch Interviews ihrer Persönlichkeitsrechte – jedenfalls teilweise – begeben hatten, verstärkte diesen Eindruck.

Ohne Zweifel haben diese drei Zeuginnen und die entsprechenden Medien durch ihr Verhalten dem Ablauf der Hauptverhandlung geschadet.

Gemeint ist mit dem letzten Punkt mindestens die Zeitschrift “Bunte”, die drei Zeuginnen für ihre anklagenden Auftritte im Blatt bis zu 50.000 Euro zahlte.

Angesprochen fühlen dürfen sich aber u.a. auch:

  • die “Süddeutsche Zeitung”, die am 22. April 2010 unter der Überschrift “Messer mit Fingerabdrücken” exklusiv berichtete, Ermittler hätten “nach eigener Aussage Teile von Fingerabdrücken und DNS von Kachelmann“ auf einem Messer gefunden. In Wahrheit hat die Spurensicherung keine eindeutig nachweisbaren Spuren gefunden.
  • die “Zeit”, in der Sabine Rückert massiv Partei für Kachelmann ergriffen hat — in der Regel (und auch aktuell) ohne die Leser wenigstens darüber darüber zu informieren, dass Rückert mit dem Anwalt Kachelmanns zusammengearbeitet hat und ihn sogar der Verteidigung empfohlen hat.
  • der “Focus”, der im Dezember eine “neue Zeugin gegen Kachelmann” präsentierte, deren Aussage ihn angeblich “schwer belastet”, und bereits vor Eröffnung der Hauptverhandlung “Indizien auch im Bad” gefunden, “Tausende Ermittlungsseiten” der “Akte Kachelmann” protokolliert und das Tagebuch des mutmaßlichen Opfers abgedruckt hatte.
  • und natürlich die “Bild”-Zeitung mit ihrer Kommentatorin Alice Schwarzer, die munter mangelnde Fachkenntnis durch Parteilichkeit ausgeglichen hat.

“Welt Online” hat aus der Urteilsbegründung sicherheitshalber die Kritik an den Medien einfach mal herausgekürzt.

Ottfried Fischer, Sportblogs, Vorlesungen

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Journalismus und Skepsis: Der Knabe, der doch nicht magnetisch war”
(scienceblogs.de/zoonpolitikon, Ali Arbia)
Ali Arbia greift die Story eines Jungen aus Kroatien auf, der angeblich magnetisch ist: “Wenn sich Journalistinnen und Journalisten sich schon nicht ein Minimum an Skepsis leisten um offensichtliche billige Tricks zu hinterfragen, wie sollen dann ihre Leserinnen und Leser, deren Beruf dies meist nicht ist, eine entsprechende Kompetenz entwickeln?”

2. “Grübler und Schüler”
(fr-online.de, Sarah Mühlberger)
Sarah Mühlberger porträtiert Sportblogs. Im Artikel erwähnt sind: FuPa.net, Hartplatzhelden.de, Allesaussersport.de, Gruebelei.de und die Blogs auf spox.de.

3. “Wie frei ist die deutsche Presse wirklich?”
(doppelpod.com, Christian Y. Schmidt)
Ein Vortrag von Christian Y. Schmidt über die ökonomischen und politischen Abhängigkeiten der deutschen Presse (im Video ab Minute 7). Die Journalisten in Berlin hält er “eng verflochten” mit den Politikern: “Journalisten stellen gegen gute Honorare Bücher vor, die Politiker geschrieben haben, Politiker und Journalisten besuchen dieselben Partys und Empfänge, und manchmal heiraten Journalisten und Politiker gar, so wie die Bild-Zeitungs und Focus-Journalistin Doris Köpf (Schwerpunkt: Innenpolitik) den damaligen Bundeskanzler Schröder.”

4. “Kein Beweis für Nötigung”
(faz.net, David Klaubert)
David Klaubert berichtet aus dem Münchner Landgericht: “Ottfried Fischer hat viel auf sich genommen für diesen Prozess, der für ihn auch ein Feldzug gegen die Berichterstattung der ‘Bild’-Zeitung ist – ein vergeblicher Anlauf, wie es nun scheint, denn das Münchner Landgericht hat in zweiter Instanz das Urteil gegen den Angeklagten Wolf-Ulrich Sch. aufgehoben.”

5. “Für Fußball keine Gebühren verpulvern”
(meedia.de, Alexander Becker)
Alexander Becker spricht mit Claudius Seidl über seine Bewerbung als ZDF-Intendant (Facebook-Gruppe). Die aktuelle Logik des öffentlich-rechtlichen Fernsehens schätzt er so ein: “Es muss das ZDF geben, weil wir das Fernsehen nicht nur kommerziellen Anbietern überlassen dürfen. Wir produzieren aber den gleichen Mist wie die kommerziellen Sender, weil wir von allen Gebühren verlangen und deshalb allen etwas bieten müssen.”

6. “Hier rein, da raus”
(zeit.de, Martin Spiewak)
Martin Spiewak schlägt vor, Uni-Vorlesungen abzuschaffen: “Statt dem Dozenten zu folgen, verschicken die Studenten E-Mails, mehren die Zahl ihrer sozialen Kontakte bei Facebook – oder laden sich das Skript der nächsten Vorlesung aus dem Netz. Sinnloser lässt sich akademische Zeit kaum vergeuden.”

Scanner, Eklat, Dortmund

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Die Scanner”
(faz.net, Friederike Haupt)
Friederike Haupt trifft sich mit Dissertationsprüfern aus dem GuttenPlagWiki und dem VroniPlagWiki: “Während KayH sich für seine ‘Gutten-‘ und ‘Vroniplag’-Recherchen mehr als hundert – meist antiquarische – Bücher kauft und sie durcharbeitet, digitalisiert marcusb, nebenbei Filme schauend, die Arbeiten, die er aus der Bücherei geliehen hat, liest sie in Windeseile, vergleicht sie mit Hilfe von Software und findet sofort Plagiate; sein gutes Gedächtnis hilft ihm, Plagiate zu entdecken, die der Software entgehen.”

2. “Schlag ins Gesicht”
(sueddeutsche.de, Hans-Jürgen Jakobs)
Kaum ist der gemäß “Bild” “peinlichste Medien-Skandal des Jahres” (eine Preisverleihung unter Journalisten) vorbei, präsentiert Hans-Jürgen Jakobs einen “Eklat”, “den es im öffentlich-rechtlichen Fernsehen so noch nie gab” (der Verwaltungsrat des WDR stimmt gegen einen von der ARD abgeschlossenen Vertrag mit einem Boxpromoter).

3. “FDP verärgert Journalisten”
(tagesspiegel.de, Sonja Pohlmann)
Die Freie Demokratische Partei FDP verlangt an ihrem Parteitag von Journalisten und Fotografen, vorab schriftlich zu erklären, keine Fotos der Kinder von Parteichef Philipp Rösler zu machen und zu veröffentlichen.

4. “Indien: Neue Macht für Mädchen”
(mediathek.daserste.de, Video, 6:52 Minuten)
Wie junge Frauen in Indien dank “Appan TV” zu Lokaljournalistinnen werden (Protokoll der Sendung).

5. “Griechenland in der Euro- und Medienkrise”
(dradio.de, Eleni Klotsikas und Jörg Wagner)
ERT-Journalist Pavlos Nerantzis äußert sich über deutsche Medienberichte über die Krise in Griechenland: “Griechenland wird mit Spott und Häme überzogen, wenn wir dabei an die Berichterstattung der Bildzeitung oder die Verunglimpfung unserer Aphrodite durch den Focus denken. Es wird immer gesagt der Grieche arbeitet nicht. Das stimmt nicht. Die Griechen arbeiten wie verrückt. Auf Basis der Statistik von Eurostat mehr als alle anderen.”

6. “Dortmund, Borsigplatz 2011”
(goncourt.net)
“Hier sammeln viele Pfandflaschen: Rentner, Arbeitslose, Studenten. Eigentlich ist es ein Kleinbürgerviertel: Leute, die morgens in der Bahn sitzen, um zur Arbeit zu fahren. Juweliere, Friseure, Handyverkäufer. Postleute, Studenten, Leute, die ich als Verkäufer in einem Kaufhaus wiedertreffe. Und eine ganze Großelterngeneration von Stahl- und Bergarbeitern, die in den Reihenhäusern der Westfalenhütte geblieben sind.”

Gegen ARD und ZDF geht alles

Das ist eine sensationelle Nachricht, die die “Welt” da seit Donnerstag in ihrem Online-Auftritt vermeldet:

Spartensender ZDF Kultur will eigenen Jugendkanal

Der Jugendsender eines Kultursenders? Der Ableger eines Ablegers? Sicher, nichts scheint unmöglich bei ARD und ZDF. Aber stutzig machen könnte den unbefangenen Leser, dass die Nachricht nicht nur nirgends sonst steht, sondern auch nicht hier. Im Artikel selbst ist zwar von einem Jugendkanal und einem Kulturkanal die Rede, aber in keiner Weise von einem Jugendkanal eines Kulturkanals.

Es scheint, als habe der diensthabende Mensch, der aus dem Artikel aus der gedruckten “Welt” eine Fassung für “Welt Online” machen musste, das Stück nur sehr flüchtig gelesen und nicht verstanden, dass es sich bei dem Jugendkanal um einen Jugendkanal der ARD handelt, der aus den Digitalkanälen “Eins Festival” und “Eins Plus” entstehen könnte.

Nun ist es tatsächlich leicht, den Artikel misszuverstehen, weil er überwiegend aus Wutschaum besteht und, was bei dem Thema ARD und ZDF häufiger vorkommt, scheinbar nicht von einem Journalisten, sondern der Lobbyabteilung der Axel Springer AG verfasst wurde. In der gedruckten “Welt” trägt er die programmatische Überschrift: “Dafür haben wir nicht GEZahlt!”

Autor Ekkehard Kern schreibt über die Digitalkanäle:

Nur selten vermag einer der sechs Miniatursender der Öffentlich-Rechtlichen die Ein-Prozent-Einschaltquotenhürde zu nehmen — was ARD und ZDF jedoch nicht davon abhält, im Segment dieser Spartenprogramme eifrig weiterzuplanen und deren Existenz dem großen Publikum in den reichweitenstarken Hauptprogrammen Das Erste und ZDF aus unerfindlichen Gründen konsequent zu verschweigen.

Er muss schon lange nicht mehr das ZDF eingeschaltet haben, um die vielen Programm-Ankündigungen für ZDF_neo verpasst zu haben. Auch für ZDF.Kultur wirbt das Hauptprogramm.

Im Lobbyistenton fantasiert er weiter:

Schelte für ihre oft wenig durchschaubare Expansionspolitik haben ARD und ZDF reichlich kassiert. Man denke nur an die herrlich überflüssige “Tagesschau”-App für das iPad und überhaupt die digitale Ausbreitung im Internet – einem Terrain, das die Öffentlich-Rechtlichen unangetastet lassen müssten, denn “Rundfunk” beinhaltet eben schon per definitionem nur Radio und Fernsehen.

Vieles ist der “Tagesschau”-App vorgeworfen worden, gerade auch von Springer, aber dass sie überflüssig ist, nun gerade nicht. Und über die Definition von “Rundfunk” lässt sich lange streiten, was daran liegt, dass keinewegs klar ist, ob sie “nur Radio und Fernsehen” beinhaltet. Das Bundesverfassungsgericht etwa sieht das durchaus anders.

Der Autor lästert dann noch ein bisschen über die “grauen Eminenzen von ARD und ZDF”, den “bizarr sturen Apparat” und den “Seniorenkanal” ZDF, bevor er vage auf den Wunsch des SWR-Intendanten nach einem Jugendkanal zurückkommt:

Ein ProSieben der Öffentlich-Rechtlichen mag dem SWR-Intendanten Boudgoust vorgeschwebt haben. Nur sinnvoller, versteht sich. Denn die Quote, so betont man bei den Öffentlich-Rechtlichen gerne und stets vorsorglich, bedeute einem nichts.

Dafür hätte man dann doch gerne einmal einen Beleg gelesen. Der ARD-Programmdirektor Volker Herres jedenfalls sagt regelmäßig Sätze wie: “Ich will Programm für alle Menschen machen und Quote sind nichts anderes als Menschen.” Vielleicht hat der Autor aber auch nur flüchtig ein Interview mit der ARD-Vorsitzenden Monika Piel im aktuellen “Focus” gelesen, in dem sie sich gegen den Vorwurf der Quotenfixierung wehrt. Die Überschrift lautet allerdings: “Quote ist nicht alles.”

Weiter im Text:

Sehr zupass und pünktlich zur Frühjahrstagung der ARD kam dann jetzt auch eine Wortmeldung des Chefs der rheinland-pfälzischen Staatskanzlei, Martin Stadelmaier (SPD).

“Pünktlich”? Stadelmaier äußerte sich am 19. April. Die Frühjahrstagung der ARD endete am 6. April. Jedenfalls:

[Stadelmaier] will mit dem noch vagen Plan des Jugendsenders endlich Ernst machen. Monika Piel, die derzeitige ARD-Chefin, denkt jetzt über eine Kooperation mit dem ZDF nach. Welch neues Projekt aus diesen Diskussionen erwächst, weiß bisher keiner so ganz genau. Aber in der labyrinthischen Welt der Öffentlich-Rechtlichen ist es wie in der Baumarktwerbung: Es gibt immer was zu tun.

Kern hat sich so besinnungslos auf ARD und ZDF eingeschossen, dass er gar nicht merkt, dass Piels Gedankenspiele ganz in seinem Sinne sein müssten. Schon im Januar sagte sie der “taz”:

Es wird keinen “Sender-Zuwachs” mehr geben. Wir müssen uns natürlich in der ARD weiter entwickeln, aber das bedeutet künftig: umverteilen, etwas Anderes lassen, damit man etwas Neues machen kann. Von daher wird es wohl am Ende meiner Amtszeit eher weniger geben — und ich hoffe bei den Digitalkanälen auf mehr Zusammenarbeit mit dem ZDF — analog zu Phoenix und KiKa.

Nichts in Kerns Artikel ist neu. Aber so tendenziös und falsch ist das womöglich tatsächlich noch nicht aufgeschrieben worden.

Die nackte Wahrheit

Sila Sahin (25) schmückt den aktuellen “Playboy”-Titel. Sie ist die erste Türkin, die sich für das Männermagazin ausgezogen hat – aber nicht der erste Soap-Star.

Soweit, so falsch, Bild.de. Denn Sila Sahin ist nicht die erste Türkin im “Playboy”, sondern auf dem “Playboy”, wie “Bild” gestern noch richtig formulierte.

Unbekleidet in der Zeitschrift abgebildet waren zum Beispiel schon die türkischstämmigen Vivien Cetin (Miss Mai 2010) und Öznur Asrav (Miss April 2008). Letztere war die erste türkischstämmige Frau, die als Playmate firmierte, aber auch nicht die erste, die überhaupt im deutschen “Playboy” zu sehen war. Dieser Titel gebührt womöglich der Schauspielerin Lale Karci, die im März 1998 im Heft war — so ganz genau wissen das die Leute beim “Playboy” selbst nicht mehr.

Sila Sahin ist demnach nicht “die erste Türkin im ‘Playboy'” (“RP Online”, “B.Z.”) oder “die erste Deutschtürkin […], die für das Herrenmagazin die Hüllen fallen ließ” (“Focus Online”).

Mit Dank an Erkan A.

Nachtrag, 15. April: Unser Leser Martin hat im “Playboy” vom Januar 1987 eine Fotostrecke mit der Türkin Hülya Ejder entdeckt, die damit – bis zum Beweis des Gegenteils – die erste Türkin im Heft gewesen sein könnte.

Außerdem geht es hier natürlich ausschließlich um die deutsche Ausgabe des “Playboy”. Auf der türkischen Ausgabe, die zwischen 1986 und 1995 erschien, dürfte schon sehr viel früher eine Türkin abgebildet gewesen sein, wie unser Leser Thomas W. ganz richtig anmerkt.

Das ist ja peterlustig!

Journalisten fallen ja gerne mal auf Aprilscherze rein — nicht so die Auto-Redakteure von “Focus Online”, die im Gegenteil vergangene Woche die “originellsten Auto-April-Scherze” dokumentierten:

Aprilscherze: Löwenzahnreifen und BMW M3 Pick-up

Neben einem Taubenflugverbot in Autonähe und Sondereditionen zur Hochzeit von Prinz William hebt “Focus Online” auch diese humoristische Meisterleistung hervor:

Als Refugium von Scherzkeksen bekannt ist auch die Pressestelle des Reifenherstellers Continental. In diesem Jahr falschmeldete (sic!) die Gummibäcker, dass Kautschuk künftig aus Löwenzahn hergestellt werden könne. Voraussetzung für die wirtschaftliche Nutzung sei allerdings der großflächige Anbau. “Ich hoffe, der Löwenzahn zählt in absehbarer Zeit zu den Nutzpflanzen in Deutschland, verdient hätte er es”, wird ein Experte zitiert.

Wirklich eine originelle Idee — und von langer Hand geplant. Die Pressestelle von Continental hatte ihren Aprilscherz nämlich schon am 24. Februar veröffentlicht. Wohl, damit er auch in Monatszeitschriften Platz finden kann.

Alternativ könnte es natürlich auch sein, dass die im Februar veröffentlichte Pressemitteilung kein Aprilscherz war. Zumal der von Continental zitierte Professor Dirk Prüfer tatsächlich an der Uni Münster auch zum Thema Löwenzahn forscht.

Und tatsächlich hat die Pressestelle von Continental uns gegenüber bestätigt, dass die Meldung über Löwenzahn als Kautschukliferant völlig ernst gemeint war: “Der Aprilscherz war ein anderer.”

Mit Dank an Rebecca.

Nachtrag, 19.30 Uhr: … und schon haben die Scherzkekse von “Focus Online” den Artikel ganz unauffällig korrigiert: Der Löwenzahn ist aus der Überschrift verschwunden und im Text loben die Autoren jetzt den tatsächlichen Aprilscherz von Continental.

Der King lebt!

Neben dem jemenitischen König sollte vielleicht auch die Person, die auf focus.de die Überschriften und Einleitungstexte zimmert, über einen Rücktritt nachdenken:

Jemen König denkt wohl über Rücktritt nach Der jemenitische König Ali Abdullah Saleh denkt einem Oppositionsführer zufolge über seinen Rücktritt nach. Kurz zuvor war bekannt geworden, dass drei Kommandeure des Heeres im Jemen zur Opposition übergelaufen waren. So wäre es möglich, dass König Saleh seine Macht an einen Militärrat übergebe.

Denn im Jemen regiert schon seit 1962 kein König mehr. Dafür gibt es einen Präsidenten namens Ali Abdullah Saleh, der tatsächlich über einen Rücktritt nachdenkt, — und das geht auch ganz klar aus dem übrigen Text hervor.

Mit Dank an Matthias K.

Nachtrag, 14:18 Uhr: focus.de hat Ali Abdullah Saleh wieder auf Präsidentenformat zurückgestutzt.

Alle Unbeteiligten blieben unverletzt (2)

Im vergangenen Dezember schrieben wir:

Man soll mit sowas ja keine Späße machen, aber stellen wir uns für einen Moment mal vor, der Fahrer von Angela Merkels Dienstwagen setzt das Automobil in den Straßengraben. Er war allein unterwegs, um die Kanzlerin abzuholen, und ihm ist nichts schlimmes passiert.

Würden die Zeitungen am nächsten Tag groß über diese, für Merkel gefährliche Situation berichten? Es ist nicht auszuschließen.

Gut: Es hat ein anderes Transportmittel erwischt und es ist letztlich noch weniger passiert, aber die Medien berichten tatsächlich.

Merkels Hubschrauber beinahe abgestürzt!

Irre, oder? Nur “wenige Stunden”, nachdem Angela Merkel einen Hubschrauber verlassen hat, ist dieser “beinahe abgestürzt”.

Doch die “Bild am Sonntag” ist mit ihrer Feststellung, Merkel sei “nur knapp einem Beinahe-Absturz ihres Polizeihubschraubers entgangen” noch vergleichsweise zurückhaltend unterwegs.

Bild.de klingt da schon etwas aufgeregter:

Angela Merkel Kanzlerin entgeht nur knapp Hubschrauber-Absturz

Oder gleich noch eine Stufe irrer:

Angela Merkel: Kanzlerin entgeht nur knapp Flugzeug-Absturz

Der gleiche Burkhard Uhlenbroich, der im Print noch einigermaßen entspannt war, verkündet hier plötzlich:

Bundeskanzlerin Angela Merkel ist am Mittwochabend bei einer Wahlkampfveranstaltung nur knapp einem Absturz ihres Hubschraubers entgangen.

Und weil “Bild am Sonntag” die Story vorab an die Agenturen gegeben hatte, taten die das Ihre, um den Wahnsinn zu steigern.

AFP scheint sich selbst nicht ganz sicher gewesen zu sein, was jetzt genau passiert ist:

“BamS”: Merkel entkommt knapp Beinahe-Absturz ihres Hubschraubers – Polizei geht nicht von Sabotageakt aus

Berlin, 20. März (AFP) – Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ist am Mittwochabend bei einer Wahlkampfveranstaltung nur knapp einem Beinahe-Absturz ihres Polizeihubschraubers entgangen. Nach Informationen der “Bild am Sonntag” (BamS) hatte der Hubschrauber sie nach einem mehrstündigen Flug zunächst in Offenburg abgesetzt. Beim Weiterflug nach Oberschleißheim setzten laut “BamS” zeitgleich beide Antriebsturbinen des Superpuma 332 aus. Der Helikopter sackte aus einer Höhe von 1600 Metern ab. Der Crew gelang es erst wenige hundert Meter über dem Erdboden, die Turbinen wieder zu starten und einen Absturz zu verhindern.

dpa ist da schon klarer, gibt sich in der Überschrift aber auch missverständlich:

“Bild am Sonntag”: Merkels Hubschrauber fast abgestürzt

Berlin (dpa) – Ein Polizeihubschrauber von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ist laut “Bild am Sonntag” nur knapp einem Absturz entgangen. Nur wenige Stunden nachdem die CDU-Vorsitzende den Helikopter am Mittwochabend verlassen habe, seien die Turbinen ausgefallen und der Helikopter um rund 1000 Meter abgesackt, berichtet das Blatt. Der Besatzung sei es erst wenige hundert Meter über dem Erdboden gelungen, die Turbinen wieder zu starten.

Reuters zerstört die in der Überschrift erzeugte Spannung dann gleich mit dem ersten Satz:

Merkels Hubschrauber wäre am Mittwoch beinahe abgestürzt

Berlin, 20. Mär (Reuters) – Ein Hubschrauber von Angela Merkel ist am Mittwoch nur wenige Stunden nach einem Flug mit der Kanzlerin beinahe abgestürzt. In rund 1600 Metern Höhe hätten beide Antriebsturbinen der Maschine ausgesetzt, erklärte am Sonntag eine Sprecherin der Bundespolizei, die damit einen Bericht der “Bild am Sonntag” bestätigte.

Auftritt deutsche Online-Medien!

“Spiegel Online” ging zunächst in die Vollen:

Merkel entgeht nur knapp Hubschrauberabsturz. Der Helikopter sackte ab, erst wenige hundert Meter über dem Boden starteten die Triebwerke wieder: Bundeskanzlerin Angela Merkel ist laut einem Zeitungsbericht nur knapp einem Hubschrauberabsturz entgangen. Die Polizei geht nicht davon aus, dass die Maschine sabotiert wurde.

Das war den Redakteuren im Nachhinein dann wohl doch ein bisschen peinlich. Sie änderten Überschrift und Vorspann, entfernten das Foto von Merkel und setzen einen Hinweis unter den Artikel:

Hinweis der Redaktion: In einer früheren Version dieses Artikels entstand der Eindruck, Merkel habe zum Zeitpunkt des Beinahe-Unglücks noch in dem Helikopter gesessen. Dies war nicht der Fall. Wir entschuldigen uns für die Unklarheit.

sueddeutsche.de hat seine Überschrift inzwischen von “Kanzlerin entgeht knapp Hubschrauber-Absturz” in “Merkels Hubschrauber beinahe abgestürzt” geändert, verkündet im ersten Satz aber immer noch:

Bundeskanzlerin Angela Merkel ist am Mittwochabend bei einer Wahlkampfveranstaltung nur knapp einem Absturz ihres Polizeihubschraubers entgangen.

Und auch “Focus Online” bemüht sich um Aufregung:

Helikopter-Flug: Merkel entgeht nur knapp Absturz

Vermutlich haben ganz viele deutsche Journalisten gestern auch “nur knapp” den Lotto-Jackpot nicht geknackt: Tippschein nicht abgegeben oder so.

Mit Dank an Andreas L., Daniel B., Carsten Z., Dennis S., Matthias Sch. und Horst M.

Nachtrag, 21. März: Zahlreiche Leser haben uns auf das Prinzip der Autorotation hingewiesen, die es ermöglicht, einen Hubschrauber auch bei ausgefallenem Antrieb sicher zu landen. Die ganze Situation war also offenbar noch unspektakulärer.

Wieder 9/11-Video wiederentdeckt

Die Zukunft des Journalismus soll unter anderem im Bewegtbild liegen, hört man mitunter. Videos sind also wichtig — und wenn darin kleine Kinder, flauschige Tiere oder die Terroranschläge des 11. September 2001 zu sehen sind, setzt bei Journalisten alle Vernunft aus.

In den letzten Tagen war es mal wieder soweit:

Ein “bisher unbekanntes Video” sei veröffentlicht worden, schreibt “Spiegel Online”, während 20min.ch ein “kürzlich freigegebenes Video” entdeckt zu haben glaubt und oe24.at erklärt, das “Neue an den Bildern” sei vor allem, “dass sie die brennenden Türme des World Trade Center von oben zeigen”. Von einem “neuen Video” sprechen unter anderem auch Bild.de, n-tv.de, RTL.de, kress.de, Reuters und die Website der “Financial Times Deutschland”. Eigentlich gibt es kaum eine Nachrichtenseite, die nicht über die “neuen Bilder” berichtet: selbst die BBC spricht von “Aufnahmen, die noch nie zu sehen waren”.

Und all das nur, weil die “Enthüllungsplattform” cryptome.org ein Video veröffentlicht hatte, das die New Yorker Polizei am 11. September 2001 an Bord eines Polizeihubschraubers aufgenommen hatte.

Nicht einmal Cryptome selbst behauptet, das Video sei “neu”. Es gehört zu dem umfangreichen Material, das das “National Institute of Standards and Technology” (NIST) nach den Anschlägen gesammelt hatte, um den Einsturz des World Trade Centers bautechnisch zu untersuchen. Dabei handelt es sich um die Kopien von teils veröffentlichten, teils unveröffentlichten Aufnahmen, die das NIST zusammengetragen hatte und seitdem in seinem Besitz hat.

Unter Berufung auf den Freedom of Information Act, fordern immer wieder mehr oder weniger seriöse Organisation die Herausgabe des vom NIST gesammelten Materials, das (vor allem europäische) Journalisten regelmäßig für “beschlagnahmt” oder “unter Verschluss gehalten” halten (BILDblog berichtete).

Womöglich ist das 17-minütige Video, das Cryptome jetzt online gestellt hat, in dieser Form tatsächlich noch nie veröffentlicht worden. Bei der Menge des 9/11-Materials, das auf verschiedenen Kanälen unterwegs ist, lässt sich das schwer sagen. Aber die spektakulären “neuen” Bilder, die die Medien wie “Spiegel Online” jetzt als “bisher unveröffentlichte Aufnahmen” anpreisen, die kann man schon seit dreieinhalb Jahren auf YouTube sehen — heller und mit einem größeren Bildausschnitt und hebräischen, statt deutschen Untertiteln:

Alte und "neue" 9/11-Videos im Vergleich.

Bei “Focus Online” haben sie den Braten gerochen und bemerken jetzt süffisant:

Die Verantwortung, Quellen zu überprüfen, nehmen Enthüllungsplattformen professionellen Journalisten nicht ab. Eine simple Suche bei YouTube hätte genügt, um das vermeintlich unveröffentlichte Material zu enttarnen.

Bei der letzten kollektiven Quellen-Nichtprüfung war “Focus Online” noch ganz vorne mit dabei gewesen.

Mit Dank an Sven G., Peter M., Steffen K. und Hans P.

Nachtrag, 10. März: Bei YouTube gibt es sogar eine noch ältere Version des Videos, hochgeladen am 20. Dezember 2006.

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