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Kassensturz

Es kommt selten genug vor, dass ein Medium falsch aus der “Bild”-Zeitung abschreibt, wo doch sonst meist umgekehrt ist. Heute ist aber so ein Tag.

“Focus Online” berichtet:

Im kommenden Jahr wird keine gesetzliche Krankenkasse einen Zusatzbeitrag erheben. Die “Bild”-Zeitung berichtet, sechs Betriebskrankenkassen (BKK) hätten die Abschaffung angekündigt. Bei der BKK Heilberufe entfalle der Zusatzbeitrag aufgrund der Fusion von DAK, BKK Gesundheit und Springer BKK.

Auch ohne Ahnung von der Materie zu haben, könnte die Frage aufkommen, warum denn bitte “aufgrund der Fusion von DAK, BKK Gesundheit und Springer BKK” der Zusatzbeitrag bei der BKK Heilberufe entfallen soll. Tatsächlich macht die BKK für Heilberufe zum Jahresende dicht.

So steht es auch heute in “Bild”:

Die elf gesetzlichen Krankenkassen, die Zusatzbeitrag nehmen, wollen ihn 2012 abschaffen. Durch die Fusion von DAK, BKK Gesundheit und Springer BKK entfällt er dort, sechs BKKen haben die Abschaffung angekündigt, die BKK Heilberufe schließt am 31.12. BILD erfuhr: Auch BKK Hoesch und Publik planen das Aus der Extragebühr.

Mit Dank an Ploegi.

Prince Charming

Prinz Harry, Dritter der britischen Thronfolge und von den Boulevard-Medien gern als arger Hallodri beschrieben, weilt ob seiner Pilotenausbildung derzeit im Städtchen Gila Bend in Arizona.

Die britische “Daily Mail”, als Quelle für seriöse Berichterstattung in etwa so tauglich wie die gesammelten Grimm’schen Märchen, berichtete vergangene Woche, der Prinz sei dort etwas reserviert empfangen worden:

Ron Henry, Bürgermeister der 1.700-Seelen-Gemeinde, in der viele Einwohner streng gläubige Christen sind, sagt, Harry solle aufpassen, da ihm sein Ruf als Frauenheld vorauseilt.

“Hier gibt es bestimmt einige Väter, die zu extremen Mitteln greifen würden, um ihre Töchter zu beschützen”, sagte Mr. Henry, 64. “Einige der Väter würden nicht zimperlich mit einem Prinz umspringen, der sich des Nachts vergnügt.”

(Übersetzung von uns.)

Mal mit, mal ohne Nennung der Quelle “Daily Mail” hat sich diese Geschichte in den vergangenen Tagen auch in deutschsprachigen Medien verbreitet — zugegebenermaßen vor allem in solchen, die mit der Seriosität von Grimms Märchen nicht wirklich mithalten können: RTL.de, “Focus Online”, blick.ch, mopo.de oder der “Berliner Kurier” hatten darüber berichtet.

Die Geschichte verliert allerdings ein wenig dadurch, dass die Stadtverwaltung von Gila Bend schon am Tag, als der Artikel in der “Daily Mail” erschienen war, die angeblichen Zitate des Bürgermeisters brüsk zurückgewiesen hatte:

Unglücklicherweise hat die “Daily Mail” am 7. November 2011 eine schäbige und erfundene Geschichte aufgeschrieben. Bürgermeister Henry erklärte: “Ich bin tief betrübt, dass die “Daily Mail” Bemerkungen nicht nur aus dem Zusammenhang gerissen, sondern auch vollständig erdichtet hat. Tatsächlich waren die negativen Bemerkungen die Worte des Reporters, der sich entschieden hat, eine Geschichte lieber aufzubauschen und zu erfinden, als die Wahrheit zu berichten. Ich würde niemals solche seltsamen Äußerungen machen. Wir haben enormen Respekt und Verehrung für Prinz Harry und die königliche Familie. Wir sind aufgeregt, stolz und geehrt, ihn in unserer Gemeinde zu haben, und wir werden alles dafür tun, dass sein Aufenthalt so angenehm wie möglich wird.”

(Übersetzung von uns.)

Mit Dank an Konstantin K.

dapd  

Immerhin sind es keine Schülerlotsen

Wenn es in den letzten Tagen um den drohenden Streik der deutschen Fluglotsen ging, bestimmte ein Bild die Berichterstattung:


(Bild.de)


(fr-online.de)


(“Focus Online”)


(“Tagesschau”)

Das Foto bebildert seit dem Sommer die Tarifauseinandersetzungen zwischen der Gewerkschaft der Fluglotsen (GdF) und der Deutschen Flugsicherung (DFS), ist aber auch anderweitig einsetzbar.

Verbreitet wird es von der Nachrichtenagentur dapd, die es in den letzten Tagen unter anderem mit diesem Text anbot:

ARCHIV: Eine Bodenlotsin ueberwacht auf dem Flughafen Frankfurt am Main startende und landende Flugzeuge von einem neuen Kontrollturm (Foto vom 23.04.10). Die Tarifgespraeche zwischen der Gewerkschaft der Fluglotsen (GdF) und der Deutschen Flugsicherung (DFS) sind nach Angaben der Arbeitgeber geplatzt. Die GdF habe auf umfangreichen Befoerderungen der Lotsen bestanden, teilte die DFS am Freitag (07.10.11) mit. Daher sei das Schlichtungsgespraech ergebnislos geblieben.

Das Bild entstand also in einem der Türme der Vorfeldkontrolle (Apron Control) des Frankfurter Flughafens. Der Frankfurter Flughafen beschreibt den Aufgabenbereich der Vorfeldlotsen so:

Die 80 Vorfeldlotsen der Fraport AG, die jeweils in drei Schichten im Einsatz sind, koordinieren rollende sowie geschleppte Flugzeuge auf ihrem Weg von der Parkpo­sition zum Bahnsystem und umgekehrt. Außerdem ob­liegt dem Team der Vorfeldkontrolle die Koordination der Leitfahrzeuge, auch Follow-mes genannt, und – bei Schneefall – die Steuerung des Winterdienstes zur Räumung des Bahnsystems.

Doch nicht genug, dass die Frau auf dem Symbolbild gar keine “startenden und landenden Flugzeuge” überwacht: Die Vorfeldlotsen sind Angestellte des Flughafenbetreibers Fraport AG und haben mit der DFS und deren Streikplanungen “gar nichts zu tun”, wie uns jemand bestätigte, der dort arbeitet. Wenn die Lotsen der DFS ihre Arbeit niederlegen, müssten die Vorfeldlotsen weiterarbeiten — sie hätten nur ziemlich wenig zu tun.

Mit Dank an Sarah E.

dapd  

Die Reisewarnung, die keine Reisewarnung ist

Wenn das Auswärtige Amt eine Reisewarnung herausgibt, berechtigt das zu einer kostenlosen Stornierung von Reisen in das betroffene Land.

Insofern dürften die Reiseveranstalter gerade gut zu tun haben:

Ausschreitungen. Auswärtiges Amt: Reisewarnung für Ägypten

Gut zu tun beim Versuch, den Kunden zu erklären, dass es gar keine offizielle Reisewarnung für Ägypten gibt, obwohl das etwa bei “Focus Online”, “RP Online”, beim “Hamburger Abendblatt” und der “B.Z.” zu lesen ist.

Das Auswärtige Amt gibt lediglich … na gut: “lediglich” diese Empfehlungen:

Reisenden in Ägypten wird weiterhin dringend empfohlen, Menschenansammlungen und Demonstrationen weiträumig zu meiden und die örtliche Medienberichterstattung aufmerksam zu verfolgen. Dieser Hinweis gilt insbesondere für die urbanen Zentren, und derzeit ganz besonders für das Gebiet um den Tahrir-Platz und das Fernsehgebäude (Maspero) in Kairo.

Reisen nach Ägypten sollten bis auf weiteres auf Kairo, Alexandria, die Urlaubsgebiete am Roten Meer, die Touristenzentren in Oberägypten (insbes. Luxor, Assuan) und auf geführte Touren in der Weißen und Schwarzen Wüste beschränkt werden. Von Einzelreisen an sonstige Orte und Landstriche wird aufgrund der nach wie vor unübersichtlichen und unsteten Sicherheitslage weiterhin abgeraten.

Die Nachrichtenagentur dapd war mit den feinen rechtlichen Unterschieden zwischen den “Aktuellen Hinweisen” des Auswärtigen Amts und einer offiziellen “Reisewarnung” offensichtlich nicht vertraut und hatte gestern in zwei Meldungen lautstark eine “Reisewarnung” verkündet.

Heute dann reichte dapd eine “Berichtigte Neufassung” nach:

Di 11.10.2011, 12:13, dapd – Nachrichtenagentur

Ägypten/DEU/Reisen/BER/NEU
(Berichtigte Neufassung)
Auswärtiges Amt aktualisiert Reisehinweise für Ägypten
– (korrigiert Meldung und Zusammenfassung von Montagabend. Es gab lediglich einen aktualisierten Reisehinweis, keine Warnung) =

Die Medien haben diese neue Version weitgehend ignoriert.

Mit Dank an Robert Sch.

Stoibers Problem-Mär

Edmund Stoiber hat sich außerhalb Bayerns vor allem mit zwei Aktionen ins kollektive Gedächtnis eingebrannt: Dem Versuch, die Vorzüge einer Transrapidstrecke zwischen Hauptbahnhof und Flughafen in München zu erläutern, und dem Versuch, im Jahr 2002 Bundeskanzler zu werden. Beobachter sind sich immer noch uneins, was ihm gründlicher misslungen ist.

Anlässlich seines gestrigen 70. Geburtstags waren die bestimmenden Themen in den medialen Huldigungen Stoibers entsprechend seine “gestammelten Werke” und jener verhängnisvolle Abend, als er sich schon als strahlender Wahlsieger feiern ließ und später “ein Glas Champagner öffnen” wollte.

“Focus Online”:

Wohl kein Kanzlerkandidat scheiterte so knapp wie Edmund Stoiber. 0,01 Prozent, rund 6000 Stimmen, fehlten ihm am Wahlabend des 22. September 2002 zur Mehrheit, als er sich nach ersten Hochrechnungen bereits zum Sieger erklärt hatte, dann aber doch Gerhard Schröder Kanzler blieb.

“Rheinische Post”:

Ob als Regierungschef in München, als CSU-Chef (1999–2007), ob als 2002 an 6000 Stimmen gescheiterter Kanzlerkandidat der Union: Stoiber spielte immer mit höchstem Einsatz – ein Rackerer auf dem Platz mit bayerischer Kapitänsbinde.

“Bild München”:

Das herausragende Ergebnis war auch ein Trost für die wohl schwerste Niederlage im politischen Leben Stoibers, die er nur ein Jahr zuvor erlitten hatte: gegen Gerhard Schröder (SPD) im Kampf um das Bundeskanzleramt. Mit nahezu lächerlichen 6000 Wähler-Stimmen Unterschied…

“Bild”:

Er war das Gesicht der CSU, der erfolgreichste Ministerpräsident Deutschlands, und mit gut 6000 Stimmen mehr wäre er 2002 auch Kanzler geworden: Heute feiert Edmund Stoiber seinen 70. Geburtstag!

Das Gerücht, dass Stoiber nur rund 6.000 Stimmen gefehlt hätten, um Kanzler zu werden, hält sich seit Jahren hartnäckig in den Medien.

Und tatsächlich hatte die SPD bei der Bundestagswahl 2002 nur “nahezu lächerliche” 6.027 Zweitstimmen mehr erhalten als CDU und CSU zusammen — und doch ist unwahrscheinlich, dass Stoiber Kanzler geworden wäre, wenn er damals nur 6.028 Stimmen mehr bekommen hätte: Die Grünen, die damals mit der SPD die Regierungskoalition stellten, hatten nämlich gleichzeitig 571.540 Stimmen mehr erhalten als Stoibers Wunschkoalitionspartner FDP.

Stoibers Union ist denkbar knapp der SPD unterlegen; aber die Kanzlerschaft hat er deutlich verpasst.

Mit Dank an Tilman Sch.

“In Loriots unverwechselbarem Tonfall”

Die “Frankfurter Allgemeine Zeitung” hat sich dafür entschieden, mit diesem Bild des verstorbenen Humoristen Loriot zu gedenken:

Er läuft nicht mehr

Es entstammt dem Trickfilm “Auf der Rennbahn”, den Loriot 1970 zu einer alten Tonaufnahme gezeichnet hatte.

Und damit kommen wir zu einem kleinen Problem: Auch wenn die Bilder von Loriot sind, so sind die Stimmen die von Franz Otto Krüger und Wilhelm Bendow, letzterer hat den Sketch auch geschrieben.

Dieses Randwissen hilft einem vielleicht irgendwann mal bei der Beantwortung der 500.000-Euro-Frage bei “Wer wird Millionär?” — und es hätte einige Nachrufer vor Fehlern bewahrt:

n-tv.de:

Er rettete den Ruf des deutschen Humors. Seine Schöpfungen: “Ja, wo laufen sie denn?” und “Früher war mehr Lametta” kennt jeder.

“Zeit Online”:

Mit seinen Sketchen prägte Loriot nicht zuletzt die deutsche Umgangssprache. Sentenzen wie “Ein Klavier, ein Klavier”, “Ich schreie dich nicht an!”, “Die Ente bleibt draußen!”, “Ja, wo laufen Sie denn?” oder “Sagen Sie jetzt nichts” sind längst in den allgemeinen Sprachgebrauch übergegangen.

“taz”:

Loriot hingegen sollte sich mit seinen gezeichneten oder gespielten Sketchen tief ins kulturelle Gedächtnis der Deutschen einschreiben. Man denke nur an Erwin Lindemann, “seit 66 Jahren Rentner”, die Akademiker Kloebner und Müller-Lüdenscheid in ihrer Badewanne (“Herr Doktor Kloebner, ich leite eines der bedeutendsten Unternehmen der Schwerindustrie und bin Ihnen in meiner Badewanne keine Rechenschaft schuldig”), man denke an Zitate wie “Ja, wo laufen sie denn?”, “Früher war mehr Lametta”, “Morgen bringe ich sie um!” oder Hamanns konsterniertes “Ach was!”

news.de:

Jahr für Jahr fällt in unzähligen weihnachtlich geschmückten Haushalten der Satz “Früher war mehr Lametta!”. Geprägt hat ihn Loriot, während der Weihnachtsfeier bei Hoppenstedts. Auch Formulierungen wie “Das Bild hängt schief”, “Ein Klavier, ein Klavier!”, “Ach was?!” und “Ja wo laufen sie denn?” haben Einzug in den alltäglichen Sprachgebrauch gehalten.

“Focus Online”:

Zu seinen berühmtesten Szenen gehört zweifellos der Sketch mit der Nudel im Gesicht eines Restaurantbesuchers und dem Zitat “Sagen Sie jetzt nichts, Fräulein Hildegard”. Auch viele andere Redewendungen aus seinen Szenen wurden zu geflügelten Worten, etwa “Ein Klavier, ein Klavier”, “Wo laufen sie denn?” oder “Früher war mehr Lametta”.

dpa:

Und Sprüche aus Loriot-Sketchen wie “Hildegard, warum sagen Sie denn nichts?” oder “Wo laufen sie denn?”, “Früher war mehr Lametta” und das knappe und doch alles umfassende “Ach was!?” sind längst zu geflügelten Worten in der deutschen Umgangssprache geworden.

“Financial Times Deutschland”:

Um es vorwegzunehmen: Loriot war ein Ausnahmekünstler, ein genialer Kopf- und Baucharbeiter, dessen Humor quer durch alle Gesellschaftsschichten ging. Vielleicht war er sogar der wichtigste Humorist, den Deutschland bislang hervorgebracht hat – und der uns geflügelte Worte schenkte wie “Wo laufen Sie denn?”, “Im Herbst eröffnet der Papst mit meiner Tochter eine Herrenbutike in Wuppertal” oder “Früher war mehr Lametta”.

Das Pferd Den Vogel abgeschossen hat aber “Der Freitag”, der unter der Überschrift “Ja wo laufen Sie denn?” behauptet:

Einige seiner Sketche wurden zu Klassikern des deutschen Humors, etwa jener mit der Nudel, auf deren unstatthafte Existenz die Tischdame mit allerlei unauffälligen Andeutungen vergeblich hinweist, oder “Auf der Rennbahn” mit dem immer wieder zitierten Spruch “Ja wo laufen sie denn?” in Loriots unverwechselbarem Tonfall.

Mit Dank an M. Sch. und Stefan K.

Nachtrag, 15.05 Uhr: “Der Freitag” hat den Absatz geändert:

Einige seiner Sketche wurden zu Klassikern des deutschen Humors, etwa jener mit der Nudel, auf deren unstatthafte Existenz die Tischdame mit allerlei unauffälligen Andeutungen vergeblich hinweist, oder auch der Zeichentrickfilm zu Wilhelm Bendows “Auf der Rennbahn” mit dem immer wieder zitierten Spruch “Ja wo laufen sie denn?”.

Autor Thomas Rothschild schreibt in den Kommentaren:

Sie haben Recht. Ich fühle mich beschämt. Das hätte auch in der Eile eines Nachrufs nicht passieren dürfen. Danke jedenfalls für die Korrektur.

Die dpa hatte ihren Fehler sogar schon gestern Nachmittag korrigiert, bei zahlreichen OnlineMedien steht aber immer noch die ursprüngliche, fehlerhafte Version.

Störfall im Netz

Wir würden inzwischen bezweifeln, dass bei “Focus Online” die Agenturmeldungen überhaupt noch gelesen werden, bevor sie online gehen. Das wäre nicht schlimm (und weitgehend üblich), wenn “Focus Online” nicht die Angewohnheit hätte, diesen Agenturmeldungen eigene Vorspänne und Überschriften voranzustellen. Und da wird’s dann schwierig, wenn niemand die Meldung gelesen hat.

Vor drei Wochen wurde so aus der Forderung eines Papstkritikers eine Forderung des Papstes (BILDblog berichtete), gestern ging einer der (weitgehend zerstörten) Unglücksreaktoren von Fukushima weltexklusiv bei “Focus Online” wieder ans Netz.

Und das kam so: AFP hatte gestern Vormittag unter der Überschrift “Reaktor nimmt erstmals nach Fukushima wieder vollen Betrieb auf – Japanische Behörden geben grünes Licht” eine kurze Meldung verschickt. Ihre ersten Sätze lauteten:

Erstmals nach der Katastrophe im japanischen Atomkraftwerk Fukushima hat die Regierung des Landes die Wiederaufnahme des wirtschaftlichen Betriebs eines Atomreaktors genehmigt. Reaktor 3 der Atomanlage Tomari auf der Nordinsel Hokkaido nahm am Mittwoch wieder den vollen Betrieb auf, nachdem die Behörden dafür grünes Licht gegeben hatten, wie der Betreiber Hokkaido Electric Power (Hepco) mitteilte.

Von einigen vielleicht unbekannten Wörtern mal ab sollten Kinder der vierten Klasse diesen Sätzen entnehmen können, dass Reaktor 3 der Atomanlage Tomari auf der Nordinsel Hokkaido am Mittwoch wieder den vollen Betrieb aufgenommen hat.

Und das hat “Focus Online” diesen Sätzen entnommen:

Fukushima: Reaktor nimmt wieder vollen Betrieb auf. Erstmals nach der Atomkatastrophe in Fukushima nimmt der Reaktor 3 des Atomkraftwerks wieder den vollen Betrieb auf. Die japanische Behörde gab dafür grünes Licht, wie die Betreiber Hokkaido Electric Power mitteilte. Seit der Katastrophe sind fast drei Viertel der Atomreaktoren wegen Sicherheitschecks und zur Wartung außer Betrieb.
Mit Dank an Stefan.

Nachtrag, 19. August: “Focus Online” hat Überschrift und Vorspann unauffällig korrigiert. Beim Papst war es noch transparent gewesen.

2. Nachtrag: Unser Leser Andre Sch. weist uns darauf hin, dass “Focus Online” die Fehler nicht komplett “unauffällig” korrigiert hat. Wer sich durch die Leserkommentare klickt, findet dort einen kleinen Hinweis:

Erster Satz ist falsch. "Erstmals nach der Atomkatastrophe in Fukushima nimmt der Reaktor 3 des Atomkraftwerks wieder den vollen Betrieb auf." Eben gerade nicht der Reaktor 3 von Fukushima... Anmerkung der Redaktion: Vielen Dank für den Hinweis. Wir haben den Fehler inzwischen korrigiert.

Wir sind Papst!

Im Hinblick auf den anstehenden Papst-Besuch im September hat die “Rhein-Zeitung” mit Christian Weisner gesprochen, dem Sprecher der Kirchen-Volksbewegung “Wir sind Kirche”.

Weisner sagt in dem Interview unter anderem:

RZ: Wo brennt es in der Kirche?

Weisner: Dazu gehören vor allem der fehlende Nachwuchs an Priestern, die unbefriedigende Rolle der Frau, der fehlende theologische Diskurs, die mangelhafte Bereitschaft zur Ökumene und der sexuelle Missbrauch. (…)

Die Nachrichtenagentur dapd hat daraus eine kleine Meldung gemacht, die unter der Überschrift “Papst soll etwas für die Ökumene bewegen” bei verschiedenen Medien veröffentlicht wurde.

Auch “Focus Online” hat sich der Meldung angenommen und ihr einen eigenen Vorspann und eine eigene Überschrift verpasst. Und so kann die Internetseite jetzt weltexklusiv eine Sensation vermelden:

Katholische Kirche: Papst Benedikt XVI. fordert mehr Ökumene. Papst Benedikt XVI. hat im Vorfeld seines Deutschland-Besuches die „mangelnde Bereitschaft in der katholischen Kirche zur Ökumene“ kritisiert. Er nimmt damit Stellung zur wachsenden Kritik, dass die Kosten für den Papst-Besuch zu hoch seien.

Mit Dank an Wolfgang.

Nachtrag, 31. Juli: “Focus Online” hat den Fehler heute transparent korrigiert.

Das kann nicht Euer ERNSTL sein

Vergangene Woche stellte ein Mann namens Paul Awe bei eBay ein ganz besonderes Objekt zur Versteigerung ein:

GLÜCKSRAD - Original aus dem TV - Ikone der 80/90er

Diese Produktbezeichnung war womöglich etwas missverständlich, denn Awe versteigert nicht das Glücksrad aus der unfassbar erfolgreichen Sat.1-Sendung “Glücksrad” (1988 – 1998), sondern das Glücksrad aus der erfolglosen 9Live-Reinkarnation der Sendung (2004 – 2005) — deutlich zu erkennen etwa an den Euro-Beträgen auf dem Rad.

Das steht so ähnlich auch in der Produktbeschreibung:

Die zu versteigernde Version des Glücksrads drehte sich zuletzt auf 9Live. Es wurde mit Genehmigung des amerikanischen Lizenzgebers hergestellt und dürfte das einzig verfügbare Glücksrad in Deutschland sein.

Paul Awe hätte klar sein müssen, dass sein Angebot falsch verstanden werden könnte — zum einen von möglichen Bietern, ganz sicher aber von Journalisten.

Die Deutsche Presseagentur (dpa) berichtete bereits letzten Montag:

Das “Glücksrad” und die Buchstabenwand werden jetzt versteigert. Das kündigte der Münchner Medienunternehmer Paul Awe, dem die Kulissen gehören, am Montag an. Awe hatte das Glücksrad aus dem Fundus des Privatsenders Neun live übernommen, der im Jahr 2005 den Spielshowklassiker zuletzt übertragen hatte.

Das war (bis auf Awes Berufsbezeichnung, zu der wir später kommen) nicht falsch. Irreführend wurde die Meldung durch den darauf folgenden Absatz, der nichts mit dem angebotenen Glücksrad zu tun hatte:

Das “Glücksrad”, das im amerikanischen Original “Wheel of Fortune” heißt, war mit der meist stummen Buchstabenfee Maren Gilzer sowie den Moderatoren Frederic Meisner und Peter Bond im Jahr 1988 bei Sat.1 auf Sendung gegangen und wechselte 1998 zu Kabel eins, wo es sich bis 2002 drehte. 2004 und 2005 probierte es Neun live noch einmal. Awe kündigte an, er werde das mehrere hundert Kilo schwere Rad samt Buchstabenwand von Dienstag an im Online-Auktionshaus ebay anbieten – Mindestgebot: ein Euro.

Am Mittwoch berichtete “Welt Online”:

Online-Versteigerung: Glücksrad und Buchstabenwand landen bei Ebay. Vor über zwei Jahrzehnten drehte sich das "Glücksrad" erstmals im deutschen Fernsehen. Nun können Nostalgiker das berühmte Requisit im Internet ersteigern.

“Welt Online” hatte sich sogar die Mühe gemacht, die legendäre “Buchstabenfee” Maren Gilzer zu befragen, was sie von der Versteigerung halte (“Besser, als wenn es in einem Kulissenkeller irgendwo verstaubt.”) und ob sie selbst mitbieten werde (“Ich nicht, denn mein Hund Tinka interessiert sich nicht für Buchstaben.”).

Auch “Focus online” hatte einen schicken O-Ton aufgetan:

Auch Frederic Meissner, der “Das Glücksrad” 14 Jahre lang moderiert hat, denkt gerne an diese Zeit zurück. “Natürlich kommt auch etwas Wehmut auf, wenn die Studioeinrichtung nun versteigert wird”, so Meissner gegenüber FOCUS Online.

Gegen Ende der Woche hatten die “B.Z.”, die “Hamburger Morgenpost” und sogar die “Süddeutsche Zeitung” über die Auktion berichtetet. Letztere, obwohl die Sendung im Rückblick “dermaßen dämlich” sei, “dass es fast schade um jede Zeitungszeile ist, die man darüber verliert”.

Nachdem Paul Awe übereinstimmend als “Medienunternehmer” bezeichnet worden war, stellte er am 30. Juni in einem Update auf der Auktionsseite klar:

Ich bin KEIN “Medienunternehmer” (wie in der Presse dargestellt), sondern ein ganz normal arbeitender Mensch – jetzt mit ein bisschen Glück, hoffentlich!

Am gleichen Tag beantwortete er die Frage eines eBay-Mitglieds, um welches Glücksrad es sich denn jetzt eigentlich handle, so:

Die zur Verstiegerung stehende Version ist nicht die, die 1988 auf SAT.1 zu sehen war, sondern lief auf 9 Live.

Zwei Tage später war die Auktion auch zu Bild.de durchgedrungen:

Auktion bis 7. Juli: Das "Glücksrad" wird bei Ebay versteigert

Die Auktionsseite hatte die Autorin für ihren Artikel offensichtlich nicht gelesen, denn sie schrieb:

Der Münchner Medien-Unternehmer Paul Awe versteigert die Original-Requisite aus der gleichnamigen TV-Sendung jetzt im Online-Auktionshaus Ebay.​

Außerdem schrieb Bild.de:

Demnächst soll auch noch die dazugehörige Buchstabenwand, die bei der Show jahrelang das Reich von Buchstaben-Fee Maren Gilzer war, bei Ebay unter den Hammer kommen.

Die Buchstabenwand, die deutlich kleiner ist als die, vor der Maren Gilzer jahreland auf und ab schritt, stand da bereits seit mehreren Tagen zur Versteigerung.

Die Kabel-1-Variante des Glücksrads war übrigens bereits im Jahr 2002 für einen guten Zweck versteigert worden.

Mit Dank an Axel Sch. und Jens L.

Und wir holen den Pokal

In der vergangenen Nacht deutscher Zeit gewannen die Boston Bruins im entscheidenden siebten Spiel der Playoff-Finals nach einem 4:0-Sieg gegen die Vancouver Canucks den Stanley Cup, die legendäre Trophäe der nordamerikanischen Eishockeyliga NHL.

Da jeder Spieler der Siegermannschaft den Pokal anschließend für einen Tag mit nach hause nehmen darf und Dennis Seidenberg als zweiter deutscher Spieler den Stanley Cup gewonnen hat, freut sich sueddeutsche.de:

Eishockey: Boston gewinnt NHL-Finale. Seidenberg holt Stanley-Cup nach Deutschland

Schon im Vorspann des Artikels heißt es:

Dank Bruins-Spieler Dennis Seidenberg gastiert damit im Sommer der Stanley Cup in Schwenningen – und kommt zum ersten Mal seit 15 Jahren wieder nach Deutschland.

Der Text selbst schließt dann mit den Worten:

Uwe Krupp hatte 1996 mit der Colorado Avalanche als erster Deutscher die begehrteste Eishockey-Trophäe der Welt gewonnen und den Stanley Cup anschließend für einen Tag nach Deutschland gebracht.

Diese Behauptung ist offensichtlich falsch.

In einem Interview mit dem Internetmagazin Hockeyweb antwortete Uwe Krupp vor zwei Wochen auf die Frage, was er denn mit dem Pokal, den er 1996 und 2002 gewonnen hatte, gemacht hätte:

1996 hatten wir eine Party bei mir zu Hause in Colorado, so dass Freunde und Familie den Pokal bewundern konnten. Das zweite Mal wohnte ich bereits in Montana. Da der Cup noch nie dort war, habe ich ihn in Seeley Lake ausstellen lassen. Er wurde in der Stadt präsentiert, unter anderem in der Turnhalle. Doch im Nachhinein tut es mir leid, den Cup nie nach Deutschland mitgenommen zu haben. Aber das können ja jetzt Christian [Ehrhoff, Vancouver Canucks] oder Dennis nachholen.

Sollte Dennis Seidenberg den Stanley Cup also tatsächlich in seine Schwarzwälder Heimat bringen, wäre der Pokal damit zum ersten Mal auf deutschem Boden.

Mit Dank an Michael W.

Nachtrag, 15.50 Uhr: Den Fehler hat sueddeutsche.de offenbar von der Deutschen Presse Agentur (dpa) übernommen, die heute in mehreren Meldungen schreibt:

Uwe Krupp hatte 1996 mit der Colorado Avalanche als erster Deutscher die begehrteste Eishockey-Trophäe der Welt gewonnen und den Stanley Cup anschließend für einen Tag nach Deutschland gebracht.

Der Satz steht daher unter anderem auch bei faz.net, sportschau.de, “Focus Online” und Eurosport.

Mit Dank an Benjamin M.

2. Nachtrag, 19.45 Uhr: dpa hat eine Berichtigung ihres Artikels verschickt und mit einem Hinweis versehen:

Der zweite Satz und der vierte Absatz wurden neu formuliert. Damit wird klargestellt, dass Krupp zwar 1996 die Trophäe gewonnen, den Pokal aber nicht rpt nicht mit nach Deutschland gebracht hat.

sueddeutsche.de bleibt bisher bei ihrer Darstellung.

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