Suchergebnisse für ‘fakten’

Sachsensumpf, Panorama, Mars

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Der Sumpf, der eine Ente war”
(fr-online.de, Bernhard Honnigfort)
Bernhard Honnigfort berichtet vom “Sachsensumpf”-Prozess, der durch den im Januar 2008 im “Spiegel” publizierten Artikel “Dreckige Wäsche” ausgelöst wurde. “Die Angeklagten, die auch für Zeit Online über den angeblichen Sachsensumpf berichteten, haben in einer von ihren Anwälten verlesenen Erklärung bestritten, dass die beanstandeten Passagen von ihnen stammten. Der Spiegel-Artikel sei auch nicht von ihnen ‘legitimiert’. Ihre Namen stehen zwar darunter, aber die ehrverletzenden Passagen sollen von jemand anderem stammen.”

2. “Die ‘Ente’ über den Fake-Report”
(blog.tagesschau.de, Silvia Stöber)
Silvia Stöber beschreibt die komplizierte Faktenlage zu Meldungen, die auf einem inszenierten Bericht zum Flugzeugabsturz bei Smolensk basieren und behaupten, “der Sender Imedi habe den Tod Kaczynskis in diesem Szenario vorweggenommen”. “Keine der Redaktionen machte sich aber offenbar die Mühe, den ursprünglichen Bericht von Imedi genau anzuschauen.”

3. Interview mit Olaf Scholz
(ndr.de/panorama, Video, 9:05 Minuten)
Olaf Scholz hält nicht viel von politischen Fernsehmagazinen wie “Panorama”. Durch Schnitte würde die Realität zurechtgebogen, echtes Interesse an der Sachlage sei oft keines vorhanden. Diese Aussagen hindern “Panorama” aber nicht, daraus einen Beitrag (Video, 7:30 Minuten) zu schneiden, in dem die eigene Leistung mehrheitlich gefeiert wird. Ein zweites Interview (Video, 19:24 Minuten) wurde mit Günther Beckstein geführt.

4. “Wie die DPA vor Obama auf dem Mars landete”
(scienceblogs.de/alles-was-fliegt, Alexander Stirn)
Eine Ankündigung von Barack Obama und wie sie in deutschen Medien vermeldet wird.

5. “Das Mädchen ‘Jessica'”
(sueddeutsche.de, Stefan Ulrich)
Fragen zu Recherchen von Journalisten im Pädophilen-Milieu: “Dürfen Journalisten ihre Identität verheimlichen, um in schwer zugängliche Milieus vorzudringen? Und dürfen sie Informanten der Justiz preisgeben?”

6. “Re-publica 10: der Neidfaktor”
(indiskretionehrensache.de, Thomas Knüwer)
Thomas Knüwer über die Berichterstattung von Zeitungen wie FAZ und SZ zum Blogger-Kongress re:publica: “Ich erwarte keine unkritische Berichterstattung – sondern eine unvoreingenommene.”

Mozart, Patalong, Westphal

6 vor 9

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1. “Die dpa als Gschichtldrucker über Mozart”
(kobuk.at, Hans Kirchmeyr)
Angeregt durch eine Bucherscheinung feiern die Medien altbekannte Fakten über Wolfgang Amadeus Mozart als Neuigkeiten. Mit dabei: Die Nachrichtenagentur dpa, die Online-Portale krone.at, tt.com, heute.at sowie die Tageszeitungen “Die Presse” und “Tagesspiegel”.

2. “Brustwarzen-Content”
(peterbreuer.wordpress.com)
Peter Breuer denkt nach über die “Bild”-Berichterstattung zu den Vorwürfen an Jörg Kachelmann: “Die Vergewaltigung selbst – ob sie stattgefunden hat oder nicht – wird zu einer harmlosen Spielart degradiert.”

3. “Der Militärzensor am Werk”
(andremarty.com)
André Marty liefert ein Bild der israelischen Zeitung “Yedioth Ahronot”, die ihre Seite 9 der Ausgabe vom 6. April an vielen Stellen schwärzen musste. Mehr zu den Hintergründen im Artikel “Enge Pressefreiheit in Israel” (nzz.ch, George Szpiro).

4. Interview mit Frank Patalong
(ruhrbarone.de, Stefan Laurin)
Frank Patalong, Redakteur bei “Spiegel Online”, glaubt, dass sich der “meinungsfreudige, beschreibende Journalismus aus den Online-Redaktionen positiv auf alle Medien ausgewirkt” hat. Zum Einsatz von Werbung sagt er: “Aufdringliche Werbeformen wünschen sich nicht die Medienmacher, sondern die Werbewirtschaft. Auch die muss lernen, dass sie sich mit solchen Formen selbst schadet.”

5. “Wikileaks und das Video”
(ndr.de, Video, 3:48 Minuten)
Deutsche Medien berichten nur zögerlich über den “US-Angriff auf zwei Journalisten vor drei Jahren”, der auf Wikileaks veröffentlicht wurde. Rüdiger Ditz von “Spiegel Online” und Kai Gniffke von der “Tagesschau” erklären, warum.

6. “Die Frank-Schirrmacher-Maschine”
(magda.de, Wolfgang Michal)
Wolfgang Michal porträtiert Frank Westphal, den Macher des Aggregators Rivva.

Oscars, Pharma-PR, Swiss Quiz

6 vor 9

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1. “DER Fluch der Oscarverleihung”
(istschonzeit.wordpress.com, Schonzeit)
“Bild” glaubt, dass mehrere US-Schauspielerinnen nach dem Gewinn eines “Oscars” von einem “Liebes-Fluch” getroffen wurden. “Schonzeit” sucht und findet Fakten dazu. “Man könnte von einer ganz normalen Quote sprechen, aber das wäre ja zu einfach.”

2. “Eine Zwangsabgabe beantwortet die Frage nach der Finanzierung von Qualitätsjournalismus nicht”
(freischreiber.de)
Für Freischreiber, ein Berufsverband freier Journalisten, “besteht kein Zweifel daran, dass es den Zeitungs- und Zeitschriftenverlagen weniger darum geht, die Grundlagen für Qualitätsjournalismus im Internet zu schaffen, als vielmehr darum, ihre eigene Position zu stärken”: “Es sind nicht die Verlage, die aus dem derzeitigen Strukturwandel gestärkt hervorgehen müssen, sondern der Journalismus.”

3. “Ausfragen im 20-Minuten-Takt”
(taz.de, Julian Weber)
Julian Weber über die Schwierigkeiten von Journalisten, aus “Stars der Popkultur” Einzigartiges herauszuholen. “Am schlimmsten sind die Interview-Marathons, bei denen Stars während dreier Tage am Stück über ihr Wirken Auskunft geben, dabei immer mit den gleichen Fragen konfrontiert sind und entsprechend lustlos antworten. Auch für den Journalisten ist die Interviewsituation unangenehm, die Konkurrenz sitzt einem im Nacken.”

4. “Wie Pharma-PR in die Zeitung kommt: Ein Lehrstück”
(gesundheit.blogger.de, hockeystick)
Das Blog “Stationäre Aufnahme” zeigt, wie “eine offenkundige PR-Studie” in der “Fach- und Publikumspresse” Aufnahme findet. “Ganz sicher belegt der Vorgang jedoch, dass viele Wissenschaftsjournalisten schlechte Noten verdient haben, dass sie bei der Beurteilung von offenkundiger Pharma-PR überfordert sind, dass schlechte Journalisten die Umsatzzahlen der Pharmaindustrie hochtreiben und dass sie dabei ihre Leser zu der Einnahme von Medikamenten verleiten, deren Nutzen nicht belegt ist.”

5. “Wer schreibt, der bleibt”
(sueddeutsche.de, Michael Jürgs)
Auch Michael Jürgs schreibt zur Krise: “Die Krise des Journalismus ist manchmal nur die Krise von Eingebildeten der Medienbranche ohne Vorbildung, die nie zugeben werden, dass sie überall besser aufgehoben wären als da, wo sie gerade Big Macker spielen.”

6. “Die Schweiz ist befreit”
(fernsehkritik.tv, Video, insgesamt 42:10 Minuten)
Fernsehkritik.tv berichtet vom Ende der Call-In-Show “Swiss Quiz”, bei der es zu einigen, offenbar auch für die Moderatorinnen ziemlich überraschenden Auszahlungen kommt. In der Sendung geht es unter anderem um RTL und Winnenden und um Filme im Fernsehen, die aufgrund von Altersvorgaben zurechtgeschnitten werden.

Netzeitung, Pechstein, Afghanistan

6 vor 9

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1. “Kopieren wird belohnt”
(blog.zeit.de/kulturkampf, Tina Klopp)
Tina Klopp über eine Studie zur Online-Berichterstattung verschiedener US-Medien, “von der New York Times über AFP bis zur Gadget-Seite Gizmodo”: “Von 121 Reportern investierten 100 ihre Energie einzig, um die gleiche Geschichte noch einmal zu erzählen, obwohl es ein Link zu der Ursprungs-Story auch getan hätte.”

2. “Der Niedergang der Netzeitung”
(meedia.de, Jens Schröder)
Die von einer Redaktion mit zwölf Journalisten auf Aggregationsbetrieb umgestellte “Netzeitung” findet nur noch etwa einen Viertel der vorherigen Aufmerksamkeit.

3. “Deutungskampf um Pechstein”
(ndr.de, Video, 6:45 Minuten, Sinje Stadtlich)
An einer Pressekonferenz erklären Mediziner, wie es zu den Blutwerten der Eisschnellläuferin Claudia Pechstein kam. Die Journalisten stehen den komplizierten Fachausdrücken einigermassen ratlos gegenüber.

4. “6 Subtle Ways The News Media Disguises Bullshit As Fact”
(cracked.com, C. Coville, englisch)
Sechs journalistische Kniffe, um Fakten vorzutäuschen.

5. “The Top Ten Works of Journalism of the Decade”
(journalism.nyu.edu, englisch)
Online verlinkte Nominierungen für die zehn besten Werke im US-Journalismus der Jahre 2000 bis 2009.

6. “Sterben für Afghanistan”
(zdf.de, Video, 44:05 Minuten, Stefan Aust und Claus Richter)
Ein Film von Stefan Aust und Claus Richter, der die Situation von Bundeswehr-Soldaten in Afghanistan zeigt und die Bemühungen der Politik, diese nicht als Krieg darzustellen. Siehe dazu auch “Sergej, das ist Krieg” (faz.net, Michael Hanfeld).

Bild  

Der bodenlose Hass in Nigeria

Die Frage, die eigentlich keine ist, ist eines der meist benutzten Stilmittel der “Bild”-Redaktion. Wie man ein Fragezeichen vollkommen ad absurdum führt und wenig elegant mit feindseligen Ressentiments verknüpft, das demonstrierte “Bild” gestern einmal mehr in einem Beitrag anlässlich des Todes von 500 Nigerianern:

Christenhass! Was treibt die blutrünstigen Moslems ab?

Nun, was treibt solch “blutrünstige” Muslime wohl an? Die Antwort bleibt “Bild” schuldig und zwar zwangsläufig. Nicht nur sprachlich ergibt es keinen Sinn, dass die nigerianischen Moslems gleichzeitig “blutrünstig” und vom “Christen-Hass” getrieben sein sollen, weil “blutrünstig” wortwörtlich “aus Mordlust” bedeutet, also: ohne Grund, außer dem Willen zum Mord.

Aber auch sonst pflegt “Bild” in seiner Berichterstattung aus Nigeria ein eher laxes Verhältnis zu Wahrheit und Faktenlage — und bedient nach Möglichkeit islamophobe Klischees: Das am Golf von Guinea, also am Atlantischen Ozean, gelegene Nigeria ist natürlich keineswegs ein “zentralafrikanisches Land”, wie “Bild” behauptet. Und dass im Januar dieses Jahres 300 Muslime von Christen umgebracht worden waren, wie Ulrich Delius von der Gesellschaft für Bedrohte Völker dem Deutschlandfunk erläutert, findet in “Bild” ebensowenig Erwähnung wie der Klimawandel, der in Nigeria einen Konflikt um fruchtbares Ackerland entfacht hat.

Stattdessen erweckt “Bild” wie schon im Januar (BILDblog berichtete) den falschen Eindruck, es handle sich in Nigeria um eine Religionskonflikt mit ausschließlich christlichen Opfern, und wählt dafür einen besonders drastischen und gruselerregenden Einstieg in den Beitrag:

Die Kinder liegen in ihren bunten Kleidern im Staub des Dorfes, das einmal ihr Zuhause war. Zerhackt mit Macheten, erschossen, zu Tode gehetzt! Sie starben, weil sie an Gott glaubten!

Dass das so nicht stimmt, hätte man bei “Bild” schon merken können, wenn man auch bloß den eigenen Text zu Ende gelesen hätte. In diesem bestätigt nämlich ausgerechnet ein Vertreter des Vatikans, dass der Massenmord in Nigeria tatsächlich eher nichts mit Religion, dafür aber sehr viel mit dem Klimawandel und dem durch Austrocknung knapp werdenden Ackerland zu tun hat.

Und wenn man ganz, ganz genau hinschaut, dann findet sich in einer der sich selbst beantwortenden Pseudofragen von “Bild” sogar ein Hinweis auf eben diese Ackerbodenproblematik:

Woher kommt der bodenlose Hass auf Christen?

Zynismus, Leserbriefe, Ringier

6 vor 9

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1. Interview mit Stefan Enderle
(spreegurke.twoday.net, Ursula Pidun)
Stefan Enderle gibt Auskunft über seinen medienkritischen Film “Kann nicht sein, was nicht sein darf!?” (youtube.com, Video, 98 Minuten), “der im Rahmen der Diplomarbeit zum Abschluss des Studiums ‘Audiovisuelle Medien’ an der Hochschule der Medien in Stuttgart Vaihingen entstand.” Für den Film befragte er unter anderem Journalistikprofessoren und Journalisten.

2. “Berufskrankheit Zynismus”
(konitzer.wordpress.com, Michael Konitzer)
Michael Konitzer hält die Überwachung des Privatlebens von Politikern für eine fast schon pubertäre “Erotik-Phantasie verklemmter Medienmacher”: “Wer sich mal ein paar Tage im Kreis verdienter Journalismus-Kollegen bewegt, bekommt massenhaft Tatsachen und Fakten erzählt, die bei Licht besehen nur Tratsch und Gerüchte sind. Der treibt es mit der, diese mit jenem. Der ist schwul und diese Lesbe. Diese Ehe ist im Eimer, jener ist jener hörig. Und alles ist so belanglos, und wenn es denn stimmen würde, dann nur reinste Privatsache der Beteiligten.”

3. “Tangerinegate”
(bbc.co.uk/blogs/comedy, Lucy McDermott, englisch)
Wie ein Scherz über Gordon Brown, der angeblich mit dem Wurf einer Mandarine eine Maschine zerstörte, zur Nachricht wird. “So apparently a pretend worker at a pretend factory phoned The Sun to tell them about a pretend incident with a pretend tangerine breaking a pretend lamination machine.”

4. “Newsletter abmelden: Don’t make me work!”
(blog.zeix.com, Jeanine Troehler)
Jeanine Troehler zeigt auf, wie schwierig es manchmal ist, einen Newsletter abzumelden.

5. “Die Meinungskracher”
(medienspiegel.ch, Fred David)
Fred David, ehemaliger Chefredakteur der Wirtschaftszeitung “Cash”, gibt zu, “selber auch schon Leserbriefe in meinem Sinn gefälscht” zu haben. “Ist allerdings lange her und durchaus branchenüblich. Ich schäme mich noch heute.”

6. Interview mit Michael Ringier
(kleinreport.ch, Bruno Affentranger)
Verleger Michael Ringier (“Blick”) hat seinem hauseigenen Mitarbeitermagazin “Domo” ein Interview in drei Teilen gewährt, das der Kleinreport nun ins Internet gestellt hat. Ringier über das Internet: “Das Web bietet uns ein heilloses Chaos. Das Internet ist eine gigantische Ansammlung von absolutem Quatsch. Das ist unsere grosse Chance.”

Dr. Hope, Restauranttester, Tatort

6 vor 9

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1. “‘Dr. Hope’: Wortvogel unter Beschuss”
(wortvogel.de, Torsten Dewi)
Torsten Dewi wendet sich in einem langen Artikel gegen die im “Münchner Merkur” und der “Süddeutschen Zeitung” gegen ihn und Katrin Tempel gerichteten Plagiatsvorwürfe. “Historische Fakten sind nicht schützbar, ein Sachbuch ist kein Roman, und ‘Dr. Hope’ ist weder die Adaption noch die Verfilmung eines Sachbuches (oder einer anderen Quelle).”

2. “Wo gekocht wird, fallen Krümel”
(faz.net, Peer Schader)
Peer Schader hat sich bei verschiedenen Gastronomen erkundigt, wie die Auswirkungen von Sendungen wie “Rach, der Restauranttester” oder “Rosins Restaurants” sind.

3. “Falscher Prof muss vor Gericht”
(meedia.de)
Henner Ertel, Gründer des von vielen, auch seriösen Medien immer wieder zitierten Instituts für Rationelle Psychologie, muss sich “vor dem Amtsgericht München gegen den Vorwurf verteidigen, den Professorentitel zu Unrecht zu führen”.

4. “Falscher Enkel landet einen Kobuk – Schuld? Twitter!”
(kobuk.at, Helge Fahrnberger)
Der kanadische Folksänger Gordon Lightfoot wird von mehreren kanadischen Zeitungen und TV-Sendern für tot erklärt. Darauf ruft dieser selbst bei einem Radiosender an und erklärt die Meldung zum Hoax.

5. “Vorabend. Eine Reise durchs TV-Programm”
(youtube.com, Video, 3:44 Minuten)
Lukas Domnick singt sich durchs TV-Vorabendprogramm. Dwdl.de hat ihm dazu einige Fragen gestellt.

6. “Tatort”
(ichwerdeeinberliner.com, Wash Echte, englisch)
Wash Echte, “Auslander” in Berlin, widmet sich dem Sonntagskrimi Tatort: “Mirroring the German society, in Tatort, everybody is a victim. Even the detectives.”

Gerüchterstattung

Es ist schon ein Kreuz mit dem Twitter-Journalismus oder der “neuen Medienwelt”, wie sie Thomas Schuler heute auf der Medienseite der “Süddeutschen Zeitung” anhand von Gerüchten über den Gouverneur des US-Bundesstaats New York beschreibt:


Manchmal schicken Journalisten heute eine Frage über das Internet raus und nennen das Recherche. Erkundungen über die Stichhaltigkeit des Gerüchts, die eigentlich vor der Entscheidung über eine Veröffentlichung steht, machen das Gerücht bereits öffentlich.

Und weiter:

Alle greifen die Twitter-Frage von Koblin auf und rechtfertigen damit ihre Berichte. New York Post, Daily News, Talkradio, Huffingtonpost.com, AP, Reuters, die Online-Ausgabe der Washington Post - alle berichten. Sie nennen die Gerüchte Gerüchte, das schon. Aber sie verbreiten sie und sie befördern den Rufmord.

Doch man muss nicht nach Amerika schweifen, um diesen Medien-Mechanismus zu betrachten. Um zu sehen, wie die Berichterstattung Gerüchterstattung funktioniert, kann der Leser der “SZ” auch einfach zwei Seiten weiter blättern. Dort, mitten im Wirtschaftsteil, berichtet gerüchtet die “Süddeutsche” selbst. Über Kim Schmitz, den C-Prominenten der deutschen IT-Szene der 90er Jahre, gibt es nämlich neue Fakten Informationen. Nunja:

Der inzwischen 36-Jährige hat im Leben schon viele Rollen verkörpert: Einst ein vermeintlich genialer Hacker, dann ein scheinbar erfolgreicher Unternehmer, schließlich ein verurteilter Betrüger, und dann nur noch ein Phantom. Nun soll er wieder aufgetaucht sein. Das zumindest glaubt die neuseeländische Zeitung New Zealand Herald. Sie will den verschollenen "Kimble" gefunden haben, und zwar als Käufer einer der teuersten Villen des Inselstaates.

Das mag richtig sein oder auch nicht – mehr als einen anonymen Insider weiß auch der “New Zealand Herald” nicht zu zitieren. Dies ist freilich ein Informationsweg, der gerade in Sachen Kim Schmitz chronisch unzuverlässig ist. Aber die “Süddeutsche” hat nicht einfach nur Gerüchte abgeschrieben, sondern sogar recherchiert:

Seine längst stillgelegten Websites sind bis heute auf die Firma Kimpire Ltd mit Geschäftsadresse in der Metropole registriert. Kim Schmitz war dort am Montag weder telefonisch noch per E-Mail erreichbar.

Und so wird aus einem unbestätigten Gerücht ein – nunja – unbestätigtes Gerücht.

Warum sich deutsche Leser für den angeblichen Hauskauf 23000 Kilometer entfernt interessieren sollten, lässt die “Süddeutsche Zeitung” freilich offen – es ist schlichtweg ein willkommener Anlass, die uralten Kimble-Stories noch einmal zu erzählen.

Der Branchendienst “Meedia” versuchte bereits am Montag die Dringlichkeit dieser Fast-Informationen zu vermitteln. Nicht neue Fakten, sondern das gewaltige Medienecho ist Anlaß für die Berichterstattung:

New Economy-Hochstapler zurück in den Schlagzeilen

Das Wort “Schlagzeilen” ist freilich eine gewagte Interpretation der Sachlage, denn mehr als den einen Bericht einer neuseeländischen Zeitung hatte es bis dahin nicht gegeben.

Und der IT-Nachrichtendienst “Golem” fantasierte am Montag gar von einer öffentliche Verlautbarung des notorisch lauten Schmitz. Nicht ein anonymer Insider, Schmitz selbst habe sich sich in den Medien zurückgemeldet:

Kim Schmitz meldet sich zurück

Aber wen interessieren schon Details, schließlich ist die Medienspirale längst in Gang gesetzt: Aus Gerüchten sind Schlagzeilen geworden, die dann von weiteren Medien zitiert werden können. So zum Beispiel am Dienstagnachmittag von der Online-Ausgabe des österreichischen “Standard”, die den Artikel der “Süddeutschen” dankbar abschreibt aufgreift.

Obwohl die Geschichte damit durch die Hände von fünf Redaktionen gegangen ist, ist nicht einen Deut klarer, ob das Gerücht mehr als ein wildes Gerücht ist. Aber das ist egal. Denn wie es Alexander Becker bei Meedia formuliert:

Mittlerweile finden sich im Web so viele Gerüchte, Geschichten und Anekdoten über den vermeintlichen Hacker, dass sich Wahrheit und Fakten nur noch schwer trennen lassen. Damit hat der vermeintliche Kauf der Chrisco Mansion alles, was eine gute Schmitz-Story braucht. Fortsetzung folgt garantiert.

Nachtrag, 18.2.: Am Mittwoch hat auch die “Abendzeitung” das Gerücht aufgegriffen – die Münchner haben wenigstens pro forma eine E-Mail verschickt.

Und am Donnerstag hat schließlich auch Bild.de die Nicht-Nachricht entdeckt und präsentiert sie natürlich brandheiß und inaktuell. Obwohl die “Bild” Schmitz über Jahre unkritisch jede PR-Eskapade geglaubt hat, weiß die Redaktion jetzt nicht einmal von einem misslungenen Kontaktversuch mit dem “Prahlhans” zu berichten.

Mit Dank an die vielen Hinweisgeber.

Wie sich alle mit Hartz IV verrechnen

Der schmale Grat zwischen Arbeit und Hartz IVAm 6. Februar veröffentlichte die “Frankfurter Allgemeine Zeitung” unter der Überschrift “Der schmale Grat zwischen Arbeit und Hartz IV” einen mehr als halbseitigen Bericht über Berufe im Niedriglohnbereich. Unter Berufung auf Berechnungen des Karl-Bräuer-Instituts behauptet der Autor Sven Astheimer, dass das sogenannte “Lohnabstandsgebot” in mehreren Wirtschaftszweigen nicht eingehalten wird. Das Gehalt, das in bestimmten Branchen gezahlt wird, liege zum Teil noch unter dem Hartz-IV-Anspruch des jeweiligen Arbeitnehmers.

Die “FAZ” schreibt:

Besonders gefährdet sind Geringverdiener, vor allem, wenn von dem Lohn mehrere Familienmitglieder ernährt werden müssen.

Und tatsächlich: Studiert man die beigefügten Charts mit den Ergebnissen der Studie, so erfährt man, dass in einigen Extremfällen der Nettolohn eines Geringverdieners nur knapp über oder sogar unter dem jeweiligen Hartz-IV-Anspruch liegt.

Oder, wie es die “FAZ” formuliert:

In einigen Branchen sind die finanziellen Anreize zur Arbeitsaufgabe besonders stark: in der Zeitarbeit, dem Gastgewerbe, dem Wach- und Sicherheitsgewerbe und dem Garten- und Landschaftsbau.

Das Gehalt eines Zeitarbeiters an der unteren Lohngrenze mit Frau und zwei Kindern etwa liegt dieser Berechnung zufolge 278 Euro unter seinem Hartz-IV-Anspruch von 1.653 Euro. Wenigstens, so die “FAZ” weiter, “haben die Betroffenen einen Anspruch darauf, sich die Differenz ‘aufstocken’ zu lassen”.

Hart arbeitende Bürger haben also letztlich nur genausoviel in der Tasche wie Hartz-IV-Empfänger? Das klingt in der Tat zutiefst unsozial. Was die “FAZ” jedoch völlig unterschlägt, ist die Tatsache, dass Aufstocker durch Freibeträge als Anreiz für Erwerbstätigkeit auf einen deutlich höheren Betrag kommen.

Wir haben testweise den oben genannten Extremfall aus der “FAZ” in den Einkommensrechner des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales eingegeben und sind auf Freibeträge von 286,20 Euro gekommen (unter Einbeziehung eines 50-Euro-ÖPNV-Tickets zum Pendeln). Diese Freibeträge, die sich je nach Einkommen zwischen 240 und 350 Euro bewegen, erhalten Niedriglöhner noch zusätzlich zu ihrem auf Hartz-IV-Niveau aufgestockten Gehalt.

Auf Anfrage bestätigte uns dies auch die Bundesagentur für Arbeit:

Bevor Einkommen angerechnet wird, sind die Freibeträge abzusetzen. In Höhe dieser Freibeträge liegt somit der “Vorteil” des Erwerbstätigen. In dem Beispiel hat der Zeitarbeiter somit tatsächlich ein um 286,20 € höheres Haushaltseinkommen als die Familie, die nur Alg II bezieht. (…) Ihre Berechnung ist korrekt, die der FAZ nicht.

Auch das Karl-Bräuer-Institut distanziert sich auf Anfrage unsererseits von den Ergebnissen der “FAZ”. Das Institut habe keine Vergleichsstudie angefertigt, sondern lediglich die Brutto- und Nettolöhne ausgesuchter Branchen im Niedriglohnsektor berechnet. Den Vergleich mit Hartz-IV-Empfängern und insbesondere die Unterschlagung der Freibeträge hat demnach allein die “FAZ” zu verantworten.

Wir halten also fest: Die “FAZ” prangert einen Missstand an, den es so gar nicht gibt, und steuert dadurch die ohnehin schon hysterische Debatte, ob gewollt oder ungewollt, in eine nachweislich falsche Richtung. Und was machen andere Medien? Sie verbreiten die Mär vom fehlenden Lohnabstand völlig unreflektiert weiter:

Neue Hartz-IV-Sätze - In diesen Branchen lohnt sich Arbeit nicht mehr!
“Bild”

Diese Jobs bringen weniger Geld als Hartz IV
(“Welt Online”)

Studie: Diese Jobs bringen weniger als Hartz IV
(“Münchner Merkur”)

Studie: Diese Jobs bringen weniger Geld als Hartz IV
(“Hamburger Abendblatt”)

Einkommen auf Hartz-IV-Niveau: Arbeiten für ein Almosen
(“Spiegel Online”)

Selbst Finanzexperte Historiker Außenminister Guido Westerwelle plappert die Zahlen der “FAZ” nach, wie man in einem Gastbeitrag auf welt.de nachlesen kann:

Wer kellnert, verheiratet ist und zwei Kinder hat, bekommt im Schnitt 109 Euro weniger im Monat, als wenn er oder sie Hartz IV bezöge. Diese Leichtfertigkeit im Umgang mit dem Leistungsgedanken besorgt mich zutiefst.

Diese Leichtfertigkeit im Umgang mit Fakten besorgt uns zutiefst.

Mit Dank an Sven H.

Bild  

Verpulverschnee von heute

Für die Axel Springer AG ist die ARD im Internet plötzlich ein Konkurrent. Der Verlag schäumt, dass der Senderverbund mit seinen “kostenlosen”, durch die Rundfunkgebühren finanzierten Angeboten Springers eigene Versuche erschwert, Geld für informationen zu nehmen.

Deshalb arbeitet sich “Bild” gerade mal wieder an den öffentlich-rechtlichen Sendern ab — heute z.B. mit der Schlagzeile:

So werden unsere TVGebühren verpulvert - 1 Minute "Anne Will" kostet 3164 Euro - 610 Millionen Euro für Online-Portale - 2,3 Milliarden Euro für Pensionen

Am Montag hatte die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) ihren 17. Prüfbericht (PDF) vorgestellt und “Bild” hat sich für die heutige Ausgabe viel Mühe gegeben, “die wichtigsten und skurrilsten Fakten” des Berichts herauszusuchen — also, die öffentlich-rechtlichen Sender in einem möglichst schlechten Licht erscheinen zu lassen:

So erwähnt “Bild”, dass die KEF die Reduzierung der Personalkosten bei der ARD als “völlig unzureichend” betrachtet, unterschlägt aber im Gegenzug dazu den Hinweis, dass das ZDF die Vorgaben “durch Reduzierung des Personalaufwands um 18 Mio. Euro im Aufwand vollen Umfangs” umgesetzt hat.

Völlig unerwähnt bleibt, dass die Kommission davon ausgeht, “dass die Anstalten zusätzliche Einsparungen in einem Umfang erwirtschaften, der ausreicht, zum Ende 2012 ein ausgeglichenes Finanzergebnis zu realisieren”. “Bild” fasst die 388 Seiten des Berichts lieber in einem Satz zusammen:

Besonders die ARD wird von den Prüfern für ihren geringen Sparwillen gerügt.

Den Begriff “Grundversorgung”, den das Bundesverfassungsgericht 1986 als Anforderung an die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten geprägt hatte, versteht “Bild” – wie alle anderen Kritiker des öffentlich-rechtlichen Systems – sowieso nicht im Sinne einer alles umfassenden Versorgung, sondern einer Minimalversorgung. Dass der von “Bild” kritisierten Verdreifachung der Kosten für die ZDF-Digitalkanäle eine Reduzierung der Kosten bei 3sat und Kinderkanal gegenübersteht, erfährt nur, wer in den Bericht schaut. “Bild” unterschlägt auch dieses Faktum.

Laut “Bild” explodieren die Online-Kosten und “verdoppeln sich auf mehr als 610 Millionen Euro”. Von einer Verdopplung ist auch im Bericht die Rede, allerdings ist die Summe vielleicht schon nicht mehr ganz so beeindruckend, wenn man weiß, dass sie sich über einen Vierjahreszeitraum erstreckt — oder, dass die Zahl der Visits (Besuche) bei ARD Online beispielsweise “sogar um 119,1 % ” angestiegen ist.

Die Behauptung von “Bild”, dass der ARD-Videotext “den Gebührenzahler in diesem Jahr stolze 78 Mio. Euro.” koste, ist gleich völlig falsch, denn die Zahl von 78 Millionen Euro bezieht sich auf die Kosten für “Telemediendienste” (etwa die Streaming-Angebote) der einzelnen Landesrundfunkanstalten. Für Radio- und Videotexte wollen diese Landesrundfunkanstalten dieses Jahr 12,3 Millionen Euro ausgeben — knapp 300.000 Euro mehr als im Vorjahr.

Dass die Kosten pro Sendeminute bei “Anne Will” doppelt so hoch sind wie bei “Menschen bei Maischberger” kann man natürlich “merkwürdig” finden und auch noch mal in die Überschrift auf Seite 10 schreiben:

SO WERDEN UNSERE GEBÜHREN VERPULVERT: Anne Will kostet doppelt so viel wie Maischberger!

Mindestens ebenso merkwürdig ist aber wohl, dass “Bild”-Autor Nikolaus Harbusch gestern beim NDR nachgefragt hat, warum die Minutenkosten so unterschiedlich seien, auf die Verwendung der Antwort des Pressesprechers dann aber doch verzichtete.

Zur Erhellung veröffentlichen wir sie gerne an dieser Stelle:

1. “Anne Will” ist eine komplette Auftragsproduktion, während “Menschen bei Maischberger” in WDR-eigenen Studios mit eigener Technik produziert wird. Die internen Produktionskosten sind in dem Ihnen vorliegenden Minutenvergleich nicht berücksichtigt.

2. “Menschen bei Maischberger” ist 75 Minuten lang, “Anne Will” nur 60 Minuten. Die Fixkosten schlagen bei längerer Sendezeit naturgemäß geringer zu Buche.

Stattdessen darf SWR-Intendant Peter Boudgoust, derzeit ARD-Vorsitzender, im “Bild”-Interview die Frage beantworten:

Bei den Fragen liegt die Erklärung nicht nur in völlig unterschiedlichen redaktionellen Konzepten, die einen unterschiedlichen Programmaufwand erfordern, sondern auch in der völlig unterschiedlichen Herstellung, manche Sendungen werden komplett eigen- andere komplett fremdproduziert. Anders gesagt: Hier werden Äpfel mit Birnen verglichen.
(Hervorhebung von uns.)

Auf tagesschau.de sagt Peter Boudgoust heute über die “Bild”-Titelgeschichte:

Das ist ein Stück Kampagnenjournalismus. Ich finde das sehr schade, weil es auch alte Vorurteile bestätigt, was die Seriosität dieser Zeitung angeht.

Mit Dank auch an Christoph.

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