Suchergebnisse für ‘fakten’

Bettwäsche, Nasenring, Wendi

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Auf dem Niveau von Bettwäsche”
(taz.de, Matthias Dell)
Noch bevor es überhaupt gesendet worden war, gehörte das Interview von ARD und ZDF mit Christian Wulff schon einer Vergangenheit an, die Kommentatoren aus Medien und Politik durch Einordnung bereits bewältigt hatten, stellt Matthias Dell fest.

2. “Die Wulffolyse”
(wahrheitueberwahrheit.blogspot.com)
Eine Zusammenstellung verschiedener Analysen zum Wulff-Interview.

3. “Schaf im Wulffpelz”
(heise.de/tp/blogs, Rüdiger Suchsland)
Sind die Medien Kontrollinstanz oder selbst Getriebene? “Jedenfalls bleibt festzustellen: Auf dem vorläufigen Höhepunkt der europäischen Staatsschuldenkrise ist das ganze Land damit beschäftigt, die Amigo-Affaire eines real recht machtlosen Durchschnittspolitikers aufzuklären. Sämtliche Medien von Links bis Rechts lassen sich vom über Bande spielenden Springer-Verlag am Nasenring durch die Arena ziehen, lassen sich von der Guttenberg-Fanpostille mit immer neuen Fakten füttern, die punktgenau über Wochen in Tagesrationen verabreicht werden.”

4. “Wenn man keine Einigung findet, geht es vor Gericht”
(20zwoelf.de, Lennart Wermke)
Auf 20zwoelf.de, einer Publikation der Axel-Springer-Akademie, sprechen “Bild”-Chefredakteur Kai Diekmann und Medienanwalt Christian Schertz über Persönlichkeitsrecht, Pressefreiheit und Inszenierungen.

5. “Wieso die Tech-Berichterstattung sorgfältiger werden muss”
(netzwertig.com, Martin Weigert)
Martin Weigert kritisiert einen Eintrag im “Digitalblog” auf Sueddeutsche.de – Autor Dirk von Gehlen antwortet in den Kommentaren.

6. “How Twitter Verified the Fake Wendi Over the Real Wendi”
(allthingsd.com, Kara Swisher, englisch)
“Mistakenly, Twitter apparently thought that the correct account was the one with the underscore and not the one with no space at all.”

Fehler, Pogromly, Paketsklaven

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Falschliegen lernen”
(spiegel.de, Sascha Lobo)
Sascha Lobo schreibt über das Begehen von Fehlern und ihre Korrektur. Er vermutet: “Das Internet, dieses vernetzte Gift gegen absolute Wahrheiten, treibt einen Wandel im Umgang mit eigenen Fehlern voran, der weit über die digitale Sphäre hinausgeht.”

2. “Nochmal Pogromly: Erleben Sie live die Entstehung einer Legende!”
(geistbraus.de, Martin Johannes Grannenfeld)
Martin Johannes Grannenfeld phantasiert in einem Beitrag über mögliche Inhalte einer rechtsradikalen Version von “Monopoly” – 20min.ch übernimmt einige dieser Phantasien als Fakten. “Munter mischen sich hier Fakten und Legenden. Dass das LOS-Feld durchs Hakenkreuz ersetzt ist, kann man auf den Fotos des Spiels sehen. Dass die Bahnhöfe durch KZs ersetzt sind, wahrscheinlich auch (da kenn ich Monopoly nicht gut genug, um das beurteilen zu können). Das zehnte Kind, der versteckte Jude und die Horst-Wessel-Allee sind von mir.”

3. “Bühne frei für neue Kritiker”
(nzz.ch, Philipp Ramer und Claudio Steiger)
Philipp Ramer und Claudio Steiger beschreiben neue Wege im Kulturjournalismus, zum Beispiel die Website Theaterkritik.ch: “Insbesondere die Art der Finanzierung alarmierte Kritiker. Denn anders als sonst üblich werden die zu besprechenden Premieren nicht von einer Redaktion ausgewählt, sondern Veranstalter und Theatergruppen können Rezensionen eigener Inszenierungen gegen Bezahlung in Auftrag geben.”

4. “Internet: ‘Eine gigantische Effizienzmaschine'”
(diepresse.com, Isabella Wallnöfer)
Helge Fahrnberger und das Medien-Watchblog “Kobuk”: “Der Name ist Programm: Hat doch 1951 ein gewisser Helmut Qualtinger die heimischen Tageszeitungen an der Nase herumgeführt, als er die Ankunft eines Eskimo-Autors namens Kobuk in Wien ankündigte – den gab es gar nicht, was sämtliche Tageszeitungen nicht hinderte, Kobuks fiktive Werke in den höchsten Tönen zu loben.”

5. “Schafft die Polit-Talkshows ab!”
(dradio.de, Mely Kiyak)
Wer will den “immer gleichen Redner-Typ mit Talkshow-Gestus und Talkshow-Rhetorik” noch sehen, fragt Mely Kiyak. “Unsere Fernsehformate sind doch keine Nebenstellen des Parlaments. Sollen sich doch Parteien Werbeprogramme im Fernsehen kaufen. Denn wenn sie dies selber zahlen würden, gäben sie sich bestimmt mehr Mühe!”

6. “Die Paketsklaven”
(ndr.de, Video, 43:58 Minuten)
Reinhard Schädler arbeitet einige Wochen undercover als Paketzusteller bei einem Subunternehmer von Deutsche Post DHL. Siehe dazu auch das Dossier und das Interview mit Schädler.

Brüssel, Ironie, Onlinebeleidigung

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Abgeschirmte Infos: Journalisten in Brüssel”
(ndr.de, Video, 6:33 Minuten)
Brauchbare Informationen erhalten Journalisten in Brüssel nur auf inoffiziellen Wegen. Die EU-Kommission übt sich in Nicht-Information, zitiert werden will niemand. “Es wird zur Pressekonferenz geladen. Die Presse ist da. Was hier fehlt, sind nützliche Informationen.”

2. “Diese dummen Journalisten! Kleiner Rant”
(opalkatze.wordpress.com)
Hinweise von Lesern, Journalisten sollen bei Politikern härter nachfragen, sind zwar verständlich, stossen aber auf eine eingespielte Realität, in der Politiker und Berichterstatter aufeinander angewiesen sind. “Zielführendes Nachhaken funktioniert bei den rhetorisch geschulten Amtsträgern kaum noch. Scharfe Fragen werden ebenso akzeptiert wie die dritte ausweichende Antwort, weil jeder vom anderen weiß, dass der auch nur seinen Job macht.”

3. “Der Feind meines Feindes”
(fxneumann.de)
Felix Neumann macht sich Gedanken darüber, wie der “Welt”-Artikel “Katholische Kirche macht mit Pornos ein Vermögen” geschrieben ist.

4. “Auf der Straße zur Ironie-Hölle”
(coffeeandtv.de, Lukas Heinser)
Lukas Heinser greift den “Zeit”-Artikel “Wenn Ironie zum Zwang wird” auf und fragt sich, ob es moralisch eigentlich verantwortbar ist, Sendungen wie “Bauer sucht Frau” oder “Schwiegertochter gesucht” zu schauen.

5. “Die Mechanismen der Onlinebeleidigung”
(netzfeuilleton.de, Jannis Kucharz)
Eine inhaltliche Analyse von 10.000 Nutzerkommentaren, die zwei Wochen nach dem Unfall von Fukushima auf “Spiegel Online” zu Artikeln dieses Themas abgegeben wurden. Die Arbeit “Fakten & Schmähkritik – Die Mechanismen der Beleidigung in Onlinediskussionen” ist als PDF-Datei verfügbar.

6. “Die Schöne und der Arme”
(mediensalat.info, Ralf Marder)
“Was der neue Leserbeirat der BILD bislang (nicht) bewirkt hat.”

Bild  

It really does not work

Dass die “Gewinner/Verlierer”-Rubrik in “Bild” nicht sehr faktenorientiert ist, hat sich mittlerweile herumgesprochen.

Das ist heute nicht anders:

Fiese Attacke auf CSU-Innenexperte Hans-Peter Uhl (67): Internet-Hacker knackten gestern die Homepage des Politikers, legten die Adresse "uhl-csu.​de" für Stunden lahm, löschten alle Daten und verhöhnten ihn noch. Denn wenn man die kaputte Seite anklickte, erschien der böse Spruch "it works" – es funktioniert.  BILD meint: Pechvogel!

Dass “it works” – zu deutsch: “es funktioniert” – ein “böser Spruch” sein soll, hätte die Redakteure eigentlich misstrauisch machen müssen. Hätten sie dann noch auf Bild.de nachrecherchiert – ein Vorgehen, von dem wir sonst ausdrücklich abraten – hätten sie neben einem Screenshot der gehackten Homepage Uhls auch die Erklärung für die merkwürdige Kurzbotschaft gefunden:

Trotzdem ist auf der Webseite momentan nicht mehr zu sehen als der Satz "It Works" (engl. für "Es läuft").  Diesen Satz gibt ein Webserver nach der Neuinstallation aus, wenn alles funktioniert.

Mit Dank an Hanno B. und C.

Piratenpartei, Commentarist, Volltext

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Was Chefs in den Zeitungen zu lesen wünschen”
(nzz.ch, Sergio Aiolfi)
Firmenvertreter bringen Journalisten immer leichter dazu, das zu schreiben, was sie “am nächsten Tag gerne in der Zeitung lesen würden”.

2. “Ein Lehrstück”
(haekelschwein.de)
“Der NDR verhöhnte heute in ‘Menschen und Schlagzeilen’ die Piratenpartei mit einer ganz einfachen Methode, die sonst vornehmlich gegen extremistische Parteien und Sekten angewendet wird, worüber wir dann gerne lachen, die aber prinzipiell gegen jeden eingesetzt werden kann.”

3. “Orientierung im Dschungel der Fakten”
(taz.de, Jakob Schulz)
Ein Interview mit Eric Hauch, Gründer von Commentarist.de: “Für den Leser unterscheiden sich inzwischen die verschiedenen faktenorientierten Angebote immer weniger voneinander. Die Meinung kompetenter Journalisten gibt Medien die Möglichkeit, sich klar von der Konkurrenz zu differenzieren. Ich denke, dass die Nutzer zukünftig wesentlich stärker nach Einordnung und Einschätzung verlangen.”

4. “Nummernzauber: Autoren ohne Namen”
(umblaetterer.de, Luisa)
In der Printausgabe der Literaturzeitschrift “Volltext” werden die Verfasser der Artikel als Nummern angegeben. Auf volltext.net kann man nachsehen, um wen es sich handelt.

5. “Haltet den Dieb!”
(welt.de, Günther Lachmann)
Hans-Peter Buschheuer, Chefredakteur der Boulevardzeitung “Berliner Kurier”, sucht den potenziellen Dieb seiner Brieftasche im Netz.

6. “Entwurf eines P2P Social Networks”
(schockwellenreiter.de, Jörg Kantel)
Jörg Kantel fragt sich, wie ein soziales Netzwerk aussehen müsste, “in dem der Nutzer immer und zu jedem Zeitpunkt Herr seiner Daten bleibt, das Kommentare und Like-Buttons ermöglicht und das notfalls sogar auf minimalem Webspace mit statischen Seiten funktioniert”.

Studenten verbummelt

Mit Klischees ist es wie mit Topfpflanzen: Wenn sie nicht regelmäßig gepflegt werden, dann gehen sie irgendwann ein. Entsprechend titelte die Hamburger Regionalausgabe von “Bild” gestern zum Thema Langzeitstudenten an der Universität Hamburg:

Bummelrekord!

“Bild” präsentiert ein paar “drastische Einzelfälle” und behauptet,

(…) dass Langzeitstudenten an vielen Fakultäten ein verbreitetes Problem sind. An der Uni gilt das für 16,2 Prozent aller Studenten, also 2319 von 14 248.

Und genau an dieser Stelle hätte der “Bild”-Redakteur stutzig werden müssen. Immerhin hat die Hamburger Universität nicht nur 14.248, sondern insgesamt 39.402 Studierende (Stand WS10/11), woraus sich eigentlich ergeben müsste, dass nur knapp 6 Prozent der Studenten Langzeitstudenten sind.

“Bild” beruft sich bei der Berechnung der Anzahl der Langzeitstudenten auf die Ergebnisse einer Kleinen Anfrage des Abgeordneten Dr. Wieland Schinnenburg (FDP) und unterschlägt dabei diesen elementaren Aspekt aus der Antwort des Hamburger Senats:

für die neuen Studiengänge trifft das in der Frage genannte Kriterium [Langzeitstudium] noch nicht zu.

Alle Zahlen aus der Kleinen Anfrage beziehen sich also ausschließlich auf die zur Zeit auslaufenden Diplom- und Magisterstudiengänge, denn:

Im Bachelor- und Masterbereich kann es keine Langzeitstudierenden geben, da die Prüfungsordnungen bei Überschreiten der doppelten Regelstudienzeit eine Exmatrikulation vorsehen.

Dass es wiederum unter den Studierenden der alten Studiengänge, die seit 2004 kaum mehr Nachwuchs verzeichnen, anteilig immer mehr Langzeitstudenten geben muss, versteht sich von selbst: Ein Großteil der wenigen, die jetzt noch auf Magister oder Diplom studieren, besteht zwangsläufig aus Langzeitstudenten, denn alle anderen haben ihr Studium bereits weitgehend abgeschlossen.

Insofern sind auch die anderen Beispiele, die “Bild” aus der kleinen Anfrage genommen und damit aus dem Zusammenhang gerissen hat, obsolet:

Im Fachbereich Sozialökonomie studieren beispielsweise 73 von 120 Studenten (60,8 Prozent) schon doppelt so lang wie die Regelstudienzeit, also länger als 16 Semester. Bei den Informatikern sieht es genauso schlimm aus: 130 von 213 Studenten (61 Prozent)

Insgesamt, also mit Bachelor- und Masterstudenten, sind derzeit 1.376 Studenten für Informatik eingeschrieben, woraus sich ein Anteil von nur 9,4 Prozent Langzeitstudenten ergibt. Die Gesamtzahl der Studenten, die Sozialökonomie studieren, liegt bei 2.200 (Langzeitstudenten 3,3 Prozent).

Obwohl die Zahlen von “Bild” also letztlich nichts wert sind, verbreiten der Online-Auftritt der “Hamburger Morgenpost” und die Nachrichtenagentur dpa die Mär von den faulen Informatik- und Sozialökonomiestudenten munter weiter.

Vielleicht hätten die Journalisten die Quellen einfach ein bisschen länger studieren sollen.

Mit Dank an bono und Jan G.

Nachtrag, 21. September: Christian Röwekamp von der dpa hat uns auf folgendes hingewiesen:

Wir haben den falschen Bezug in unserer Meldung inzwischen berichtigt. Eine entsprechende Neufassung des Textes ist um 15.11 Uhr in den Landesdienst Nord der dpa eingegeben worden. (…)

Außerdem möchte ich feststellen, dass Ihr implizit erhobener Vorwurf mangelnder Recherche so nicht stehenbleiben kann. Wir bei der dpa haben eben nicht etwas “munter weitererzählt”, sondern die Hamburger Kollegen haben bei der Wissenschaftsbehörde eigens nachgefragt und zur Antwort bekommen, dass alle Zahlen aus der “Bild” korrekt seien. Wir haben den Sprecher der Behörde in unserer Meldung sogar wörtlich zitiert, wenn auch zu einem anderen Aspekt dieses Themas. Dass im Gespräch mit der Pressestelle nicht der Gedanke entwickelt wurde, dass es in dem Bericht ja gar nicht um die Gesamtzahl aller Studierenden ging, mag misslich sein. “Nachgeplappert” haben wir aber keinesfalls.

Warum bei der dpa niemandem aufgefallen ist, dass eine der größten Universitäten Deutschlands nur 14.248 Studenten haben soll, geht aus der Stellungnahme nicht hervor.

Spiegel Online, Piratenpartei, Staatsbankrott

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Off Topic 2: Noch mehr Fakten zu SPIEGEL Online”
(security-informatics.de, 13. September 2011)
Wissenschaftler “im Bereich Korpus- und Computerlinguistik sowie Informatik” liefern Statistiken zu “Spiegel Online” von 2000 bis 2010. Im Fokus: die “Wortschatzkomplexität”, der “Skandalisierungs- und Mutmaßungsindex”, der “Manipulativitätsindex” und der “Angstindex”. Zur Entwicklung der Ressorts siehe diesen Beitrag vom 21. August 2011.

2. “Der Großteil des Journalismus wird datengetrieben sein”
(derstandard.at, Tatjana Rauth)
Tatjana Rauth spricht mit Shazna Nessa von AP über visuelles Geschichtenerzählen: “Viele Journalisten, mit denen ich spreche, glauben, dass sie Data nicht betrifft. (…) Viele glauben noch, dass Daten nur den Bereich des investigativen Journalismus betreffen.”

3. “Im Schraubstock”
(tagesanzeiger.ch, Felix Schindler)
Felix Schindler gerät bei Krawallen in Zürich zwischen die Fronten: “Während die Jugendlichen überzeugt sind, wir würden sie in unseren Berichten ungerecht behandeln und nur die Position der Polizei vertreten, nehmen es offenbar viele Polizisten genau umgekehrt wahr.”

4. “Rambo mit Fliegenkultur”
(tagesspiegel.de, Gerrit Bartels)
Oliver Gehrs und sein Magazin “Dummy”: “Die Werbekunden wollen keine politischen Artikel, keine Gewalt, keinen Sex im Umfeld ihrer Anzeigen? Dann erst recht. Behinderte auf dem Cover gehen nicht? Mal sehen. Über Juden kann man in Deutschland nicht schreiben? Und ob.”

5. “Protestpartei? Ach was!”
(heise.de/ct, Jan-Keno Janssen)
“Für manche Journalisten ist die Sache sonnenklar. Wer eine so seltsame Partei wie die Piraten gewählt hat, kann das nur aus Protest getan haben – und auf keinen Fall aus inhaltlichen Gründen.”

6. “Staatsbankrott – ein Fiasko mit Tradition”
(sf.tv, Video, 9:18 Minuten)
Staatsbankrotte in der Geschichte. Spanien: 13. Frankreich: 8. Deutschland: 8. Griechenland: 5. Schweiz: 0.

Hokusai, Ürümqi, Women’s Health

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Hokusai und die Linguistik”
(schnellinterkulturell.de, Marco Damm)
“Im Land der aufgehenden Sonne” (Japan) gebe es “kein Wort für die mörderische Wucht meterhoher Wellenwände, überhaupt kaum Begriffe für Katastrophen”, schreibt Roland Mischke auf mainpost.de. Schnellinterkulturell.de setzt eine Grafik mit den Entsprechungen von Wörtern wie Taifun, Erdbeben, Hochwasser, Erdrutsch, Vulkanausbruch, Hitzewelle und Kältewelle im Japanischen dagegen.

2. “Women’s Health – Zeitlos langweilig”
(kioskforscher.posterous.com)
Der Kioskforscher liest die “Women’s Health”: “Austauschbarkeit Zeitlosigkeit scheint bei den Health-Zeitschriften zum Markenkern zu gehören.”

3. “Richter fördern Presse-Monopol”
(taz.de, Jean-Philipp Baeck)
“Nur eine einzige Journalistin des marktbeherrschenden Weser-Kuriers war geladen, als sich fünf Bremer GerichtspräsidentInnen gemeinsam mit der Generalstaatsanwältin und dem Leiter der Justizvollzugsanstalt zu Sparplänen des Bremer Senats äußerten.”

4. “Hausrecht oder Pressefreiheit?”
(journalist.de, René Martens)
Bundesliga-Vereine machen in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen Vorschriften darüber, wer von wo aus dem Stadion berichtet. “De facto wird damit die Pressefreiheit beschnitten, denn selbstverständlich muss ein Journalist das Recht haben, sich privat – bei einem Stadionbesuch ja sogar als zahlender Kunde – an jedem beliebigen Ort aufzuhalten und darüber zu schreiben.”

5. “Entwicklung Leichtathletik-Weltrekorde: Datenjournalismus”
(danieldrepper.de)
Datenjournalismus im Sport: “Im Gegensatz zu brisanten Daten bei harten Recherchen sind Zahlen und Fakten im Sport sehr leicht zugänglich.”

6. “Internetzensur in China – ein Selbstversuch”
(klartext-magazin.de, Friedrich Leist)
Friedrich Leist testet das Web in Ürümqi: “Als Suchmaschine kann man nur baidu.cn aufrufen, Google ist nicht erreichbar. Dafür kommt man auf Spiegel.de oder die Seite der Bildzeitung, bei letzterer sind aber alle Bilder gesperrt.”

Apfelkraut und Rüben

Technik und Juristerei sind (wie Abwassersysteme) keine Gebiete, mit denen sich der Durchschnittsbürger gerne befasst: Beides versteht er nicht so richtig, aber es “funktioniert halt irgendwie” und hilft ihm im Leben — und wenn es nicht in seinem Sinne funktioniert, ist das Gemecker groß. Keine guten Voraussetzungen, dass noch irgendjemand den Überblick behält, wenn beide Themengebiete aufeinander treffen.

Der amerikanische Unterhaltungselektronikkonzern Apple hat im vergangenen Jahr das iPad auf den Markt gebracht, einen mobilen Computer ohne Tastatur. Auch der südkoreanische Mischkonzern Samsung hat einen solchen Computer produziert, das sogenannte Galaxy Tab 10.1. Apple wirft Samsung vor, das Galaxy Tab beim iPad abgeguckt zu haben, und hat Anfang August vor dem Düsseldorfer Landgericht eine einstweilige Verfügung erwirkt: Samsung verletze den Geschmacksmusterschutz von Apple, das Galaxy Tab darf in Deutschland (ursprünglich sogar in der EU) bis auf Weiteres nicht verkauft werden.

Samsung legte gegen die Entscheidung Widerspruch ein — unter anderem, weil die Fotos, mit denen Apple die optische Ähnlichkeit zwischen den beiden Geräten beweisen wollte, verzerrt waren, so dass die Proportionen des Galaxy Tab denen des iPad viel stärker ähnelten als in echt.

Heute nun begann die mündliche Verhandlung vor dem Düsseldorfer Landgericht und die Nachrichtenagentur dapd bewies schon mal mit ihrer ersten Zusammenfassung um 11.28 Uhr, nicht exakt verstanden zu haben, worum es eigentlich ging:

Das kalifornische Unternehmen wirft den Koreanern vor, bei Gestaltung und Design des eigenen Tablet-PCs Markenrechte von Apple verletzt zu haben und hatte deshalb vor dem Düsseldorfer Gericht ein Verkaufsverbot für den iPad-Rivalen erwirkt.

Nein, ums Markenrecht, das die Bezeichnung von Produkten oder Dienstleistungen regelt, geht es in diesem Prozess nicht, sondern ausschließlich um das Design.

Um 12.46 Uhr berichtete Reuters:

Apple hat im Patentstreit mit seinem Rivalen Samsung erneut einen Sieg vor Gericht errungen. Das Landgericht Düsseldorf bestätigte am Donnerstag die einstweilige Verfügung, wonach Samsungs Tablet-PC Galaxy in Deutschland nicht verkauft werden darf. Die Kammer folgte der Argumentation der Amerikaner, das koreanische Gerät verletze Patentrechte.

Dass es um Geschmacksmuster ging und nicht um Patentrechte ging, ist hier fast zweitrangig, denn das Gericht hatte zu diesem Zeitpunkt die Einstweilige Verfügung noch gar nicht bestätigt — und würde es bis zum Ende des heutigen Verhandlungstages auch nicht mehr tun. Die Entscheidung soll erst am 9. September verkündet werden, bis dahin bleibt die Einstweilige Verfügung weiterhin bestehen, wurde vom Gericht aber noch nicht bestätigt.

Zu den vielen Medien, die die vorschnelle Reuters-Meldung übernahmen, zählte auch tagesschau.de, deren Mitarbeiter aber irgendwann selbst beim Gericht nachfragten und ihren Artikel alsbald korrigierten:

tagesschau.de hat – auf Basis von Agenturmeldungen – zunächst berichtet, die mündliche Verhandlung vor dem Landgericht Düsseldorf über die einstweilige Verfügung sei bereits zu Ende. Eine Sprecherin des Gerichts stellte aber auf Nachfrage gegenüber tagesschau.de klar, dass die Verhandlung noch laufe und die entsprechenden Meldungen nicht zutreffend seien.

Bei Reuters selbst brauchten sie fast zwei Stunden, um festzustellen, dass sie vorzeitig Fakten berichtet hatten, die noch gar nicht geschaffen waren:

DEUTSCHLAND/APPLE/SAMSUNG (KORREKTUR)
KORRIGIERT-Richterin hält Verbot von Samsung-Tablet für gültig=

(Stellt klar, Richterin hält einstweilige Verfügung für rechtens. Entscheidung der Kammer erst später erwartet.)
Düsseldorf, 25. Aug (Reuters) – Apple hat im Patentstreit mit seinem Rivalen Samsung gute Aussichten in Deutschland. Die Vorsitzende Richterin im Verfahren vor dem Landgericht Düsseldorf erklärte am Donnerstag, sie halte die einstweilige Verfügung, unter der Samsungs Tablet-PC Galaxy in Deutschland nicht verkauft werden darf, weiterhin für rechtens.

Diese Korrektur kam zu spät für Bild.de, das von einer “Niederlage vor Gericht” für Samsung und einem “Sieg” für Apple berichtet.

Die “Deutsche Welle” hat in ihrem Internetauftritt ziemlich genau alles falsch gemacht und beeindruckt im Vorspann mit einem überraschenden Kausalzusammenhang:

Trotz des Rücktritts von Steve Jobs kann Apple einen Erfolg verbuchen. Im Patentstreit mit seinem Rivalen Samsung hat Apple einen Sieg vor Gericht errungen. Samsungs Tablet-PC erhält Verkaufsverbot in Deutschland.

Und während dapd weiter ahnungslos mit dem Begriff “Markenrecht” hantiert, fasst dpa den Sachverhalt in zwei Sätzen korrekt zusammen:

In dem Verfahren geht es ausschließlich um das sogenannte Geschmacksmuster, also Design und Äußeres aussehen. Bei der Bewertung, ob ein Geschmacksmuster verletzt wurde, geht es darum, ob ein Produkt vom Gesamteindruck her mit einem anderen identisch ist.

Mit Dank an Patrick D. und Gabriel W.

Nachtrag, 26. August: Gestern in der “Tagesschau” um 20 Uhr:

Patentstreit

Am Text, den Marc Bator vorlesen musste, war so ziemlich alles falsch:

Im Patentstreit mit seinem Konkurrenten Samsung hat Apple einen Etappensieg errungen. Das Düsseldorfer Landgericht bestätigte heute in mündlicher Verhandlung eine Einstweilige Verfügung gegen die Koreaner. (…) Es gebe deutliche Hinweise, dass Markenrechte von Apple verletzt worden seien.

Mit Dank an Klaus M., Kiki W., Dennis R. und Johannes.

Selbsttötung, Solarbäume, Bauer sucht Frau

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Loblied des Links”
(spiegel.de, Sascha Lobo)
Sascha Lobo lobt den Link: “Der Link verheisst Vernetzung, Zugänglichkeit, Offenheit. Ein Link gibt dem Nutzer auch die Möglichkeit, die Seite zu verlassen; im Link steckt deshalb die Freiheit des Netzes. (…) Verlinkung ist digitales Leben, der Rest ist Konsum.”

2. “Dreifach-Suizid: Fragwürdige Details”
(ndr.de, Video, 4:32 Minuten)
“Die Berichterstattung über Selbsttötung gebietet Zurückhaltung. Dies gilt insbesondere für die Nennung von Namen und die Schilderung näherer Begleitumstände”, heisst es in Richtlinie 8.5 des Pressekodex. “Zapp” berichtet über einen aktuellen Fall aus Niedersachsen: “Selbsttötungen haben als solche in der Presse nichts verloren. Das sollten Journalisten wissen, spätestens seit Robert Enke. Von daher war es unverantwortlich, was sich letzte Woche in vielen Medien abspielte.”

3. “Bauernopfer”
(sueddeutsche.de, Frederik Obermaier)
Frederik Obermaier berichtet aus dem oberbayerischen Aiglsham, dem Wohnort des durch die Doku-Soap “Bauer sucht Frau” bekannt gewordenen Bauers Josef und seiner Frau Narumol. “An einem einzigen Wochenende, so erzählen einige Dorfbewohner hier, fahren so viele Autos durch den 60-Einwohner-Weiler wie vor Bauer sucht Frau nicht mal in einem Monat.”

4. “Von Solarbäumen, Fibonacci-Folgen und unbelehrbaren Schreiberlingen”
(intern.de)
“13-Jährigem gelingt Durchbruch in Solarenergiegewinnung”, meldete beispielsweise Gizmodo.de vor wenigen Tagen. Intern.de schreibt auf, was sich ereignete, nachdem ein Blogger daran öffentlich zweifelte.

5. “Wenn Gerüchte Fakten schaffen”
(dw-world.de, Video, 4:09 Minuten)
Detlef Saitner liest keine Zeitungen mehr: “Er liest lieber im Netz, bei den Crash-Propheten. Deren Klickraten haben sich seit 2008 fast verdreifacht.”

6. “Der Lottogewinner Erwin Lindemann”
(youtube.com, Video, 3:41 Minuten)
“Wie kann man einen ‘Brennpunkt’ zum WM-Aus für Michael Ballack machen aber keinen zum Abschied von einer Legende, die so lustig war wie sonst kein Deutscher und so deutsch wie sonst kein Lustiger?”, fragt Imre Grimm auf haz.de.

Blättern:  1 ... 71 72 73 ... 91