Suchergebnisse für ‘fakten’

Fotojournalismus, Karte der Schande, Hitlergruß

1. „Fotojournalismus: Zwischen Fakten und Empörung“
(rolandtichy.de, Heike Rost)
Heike Rost zeigt anhand von bekannten Beispielen der letzten Jahre, wie eindrücklich Fotojournalismus wirken kann: schockieren, Gefühle von Abscheu bis Tränen hervorrufen. „Es ist ein Ausschnitt der Realität, nicht die Realität. Aber sie [die Bilder] werden zum wirkmächtigen Symbol“, deshalb sei es wichtig, die Geschichte dahinter zu erzählen.

2. „Zornige junge Männer“
(nzz.ch, Urs Hafner)
Was für Typen waren die ersten Redakteure der „Neuen Zürcher Zeitung”? Urs Hafner macht eine Zeitreise zu seinen Vorgängern ins 18. Jahrhundert.

3. „Zukunft des Journalismus: Was Leser wollen und was sie sollen“
(derstandard.at, Michael Freund)
Der Sammelband „Die Idee des Mediums“ führt Reden deutscher Journalisten wie Hans Leyendecker und Cordt Schnibben zur Zunkunft ihrer Branche zusammen. Eine schlüssige Antwort darauf, wie diese aussehen mag, gebe das Buch nicht; es stecke aber „zumindest das Feld ab”, rezensiert Michael Freund.

4. „Bang Bang“
(taz.de, Cigdem Akyol)
In der Türkei wurde eine 28-jährige Frau festgenommen, die ihren „offenbar übergriffigen Ehemann“ erschossen haben soll. Im Netz bekomme sie unter dem Hashtag #cilemdogan Zustimmung, schreibt die „taz“-Autorin Cigdem Akyol. Bereits im Februar habe es einen Aufschrei in der Türkei und im Netz gegeben, als eine Studentin von einem Minibus-Fahrer ermordet wurde.

5. „The Royal family could not possibly have known the true wickedness of Hitler“
(telegraph.co.uk, Tim Stanley, englisch)
Tim Stanley, Historiker und Journalist, widmet sich der „The Sun“-Veröffentlichung eines Videos Films aus den 1930ern, das die heutige Queen als kleines Mädchen beim Hitlergruß zeigt. „We should not judge“, schreibt Stanley, denn historische Ereignisse müsse man immer im Kontext betrachten. Die Folgen der Machtergreifung habe man damals nicht absehen können. Dazu auch: „Die peinliche Vergangenheit der britischen Königsfamilie“ (berliner-zeitung.de, Sebastian Borger).

6. „Karte der Schande: Straftaten gegen Flüchtlinge und ihre Unterkünfte“
(trueten.de, Thomas Trueten)

Bild.de lockt Leser mit frechen Früchtchen an die Spielautomaten

Es gibt in der Redaktion von Bild.de eine auffallende Affinität für sogenannte Online-Slot-Machine-Games, also für einarmige Banditen im Internet. Zum Beispiel fürs Spiel “7 Slots”, das, so Bild.de, “für wahre Adrenalinschübe” sorge:

Das “Slot-Game” sei spannend …

In “7 Slots” steigt die Spannung praktisch bei jedem Dreh der Walzen! Gewinnen Sie Freispiele oder sogar den ganz großen Gewinn an Spiel-Chips?!

… das Richtige für Gewinnertypen …

Im kostenlosen Slot-Game “7 Slots” lassen Sie die Walze rollen und Sahnen [sic] ordentlich Punkte ab

… und einfach das “perfekte Spiel”:

“7 Slots” ist das perfekte Spiel für den Adrenalin-Kick zwischendurch. Zocker kommen hier garantiert auf ihre Kosten!

Spielen kann man “7 Slots” auf der Seite “jackpot.de”. Und die hat den Bild.de-Artikel bezahlt gepowert:

Von der Kooperation mit dem Online-Casino erfährt man allerdings nur in den Fotocredits und wenn man mit dem Mauszeiger über die Links geht, die zur Casino-Seite führen. Ansonsten kommt der Text wie jeder andere auf Bild.de daher.

Genauso beim Artikel, in dem die Redaktion für das Spiel “Fancy Fruits” wirbt:

Die “Früchtchen” stammen ebenfalls von “jackpot.de” und sollen ebenfalls “das perfekte Spiel” bieten:

“Fancy Fruits” ist das perfekte Spiel für den Adrenalin-Kick zwischendurch. Zocker kommen hier garantiert auf ihre Kosten!

Beide Artikel erschienen im Mai. Im Juni gab’s die nächste Slot-Machine-Geschichte bei Bild.de, dieses Mal “Powered by Gametwist”. Und wieder lautete das Versprechen:

Nun aber nicht nur bei einem Spiel:

BILD stellt Ihnen 5 kostenlose Slot-Machine-Games vor, die stundenlangen Spielspaß garantieren!

Zum Beispiel die Früchte von “Fruits’n Sevens”, die “in der bunten Spielwelt […] Ihre besten Freunde” seien. Oder der “Spieleklassiker ‘Book of Ra'”, in dem “Sie sich als mutiger Abenteurer auf eine Suche nach sagenumwobenen Relikten ins alte Ägypten” begäben. “Frisches Obst so weit das Zockerauge reicht” verspreche bei “Sizzling Hot Deluxe” eine “satte Gewinnernte”.

Das Fazit von Bild.de:

Kasino-Spiele sind der perfekte Adrenalin-Kick für zwischendurch

All diese Angebote, die Bild.de vorstellt, sind kostenlos; die Nutzer können Spielgeld setzen. Man könnte also — abgesehen vom merkwürdigen Werbeformat — meinen: Warum nicht auf Webseiten hinweisen und verlinken, die für ein bisschen Zeitvertreib sorgen?

Klar, wenn es dem Werbekunden hier nicht auch darum ginge, potentielle Glücksspieler anzufixen. Denn “Gametwist” ist nicht irgendein kleines Spieleportal. Es gehört zum österreichischen Unternehmen Funstage. Und Funstage ist eine 100-prozentige Tochter (PDF) der Novomatic AG, einem riesigen Aufsteller von Glücksspielautomaten mit einem Umsatz von zwei Milliarden Euro im Jahr 2014. Vor den Novomatic-Geräten sitzen zahlreiche Süchtige, die nicht selten ihr gesamtes Geld verzocken. Und in diese so lustige Welt der “frechen Früchtchen” und “mutigen Abenteurer” führt Bild.de seine Leser nun ein.

Wenn das alles völlig abwegig klingen sollte: Vor wenigen Tagen ging der nächste Slot-Machine-Text online, “Powered by OnlineCasino Deutschland AG”. Und dieses Mal ist nicht nur von Spielgeld die Rede:


(Immerhin: Das Graue über der Schlagzeile ist eine Anzeigen-Kennzeichnung.)

Beim “Echtgeld-Modus” hingegen kommen Hobby-Zocker voll auf ihre Kosten! Hier können Sie mit echtem Geld spielen und natürlich auch echtes Geld gewinnen

Einen Hinweis darauf, dass man auch eine Menge “echtes Geld” verlieren kann, gibt es im Artikel nicht.

Mit Dank an @bassena.

Wie Glenn Greenwald mal versuchte, mit Julian Reichelt zu diskutieren

Gestern haben Bild.de-Chef Julian Reichelt, der Journalist Glenn Greenwald (der in Zusammenarbeit mit Edward Snowden die NSA-Spähaffäre publik machte) und “Spiegel”-Chefredakteur Klaus Brinkbäumer per Twitter so eine Art Diskussion geführt, bei der man viel lernen konnte, vor allem über Julian Reichelts Unfähigkeit zu lesen — beziehungsweise über seinen unbändigen Willen, sämtliche Fakten zugunsten der eigenen Realitätsverzerrung misszuverstehen.

Wir haben das Hin-und-Her mal (so gut es ging) nachgezeichnet und uns ein paar Aussagen etwas genauer angeschaut.

Vorab: Im Kern dreht sich die Unterhaltung um zwei Dinge. Erstens um die jüngsten Wikileaks-Enthüllungen zur Überwachung französischer Politiker und zweitens um die “Spiegel”Geschichte vom Oktober 2013, in der erstmals bekannt wurde, dass Angela Merkels Handy (offenbar) abgehört wurde.

In beiden Fällen geht es um die Frage, ob die Enthüllungen auf den Dokumenten von Whistleblower Edward Snowden beruhten. In beiden Fällen behauptet Julian Reichelt: ja, Snowden sei die Quelle. Und in beiden Fällen scheitert er immer wieder daran, seine Version zu belegen, und ist immer wieder der einzige, der das einfach nicht verstehen will. Aber der Reihe nach.

***

Zunächst zu den Wikileaks-Enthüllungen aus Frankreich. Am Mittwoch fragt Reichelt in Richtung Greenwald:

Eine Antwort bekommt er nicht. Aber es war ohnehin eher eine rhetorische Frage, denn die Antwort kennt Reichelt ja längst. Nämlich: Wikileaks hat die Dokumente von Snowden.

Daraufhin Greenwald:

Auch eher eine rhetorische Frage, denn:

Tatsächlich gibt es keinerlei Hinweis darauf, dass Wikileaks die Dokumente von Snowden bekommen hat. Im Gegenteil. “Zeit Online” schreibt zum Beispiel:

Die Quelle für das WikiLeaks-Projekt “Espionnage Élysée” ist offenbar nicht Edward Snowden. Seit zwei Jahren können mehrere Reporter auf die von ihm kopierten Dokumente zugreifen. Es ist nicht anzunehmen, dass sie alle derart brisante Unterlagen übersehen haben. Zudem hat WikiLeaks, anders als der Guardian, die Washington Post oder Der Spiegel, keine NSA-Originaldokumente veröffentlicht. Lediglich im begleitenden Artikel von mediapart.fr ist ein vollständiger Screenshot zu sehen. Die Liste der abgehörten Telefonnummern hat WikiLeaks in Form eines aufbereiteten Datenbankauszugs auf seine Website gestellt.

Damit verlassen wir den Punkt Wikileaks/Frankreich zunächst (später mehr dazu) und kommen zu der anderen Geschichte.

***

Am Mittwoch wird Glenn Greenwald gefragt, ob die Merkel-Handy-Abhör-Story im “Spiegel” vom Oktober 2013 auf Snowden-Dokumenten beruhte oder nicht. Greenwald antwortet:

Diesen Tweet greift Julian Reichelt gestern plötzlich auf und behauptet:

Denn er ist der festen Überzeugung, dass der “Spiegel” sich damals auf Snowden-Dokumente berufen hat.

Was Glenn Greenwald kaum glauben kann:

Reichelts Reaktion:

Einwurf von außen:

Reaktion von Greenwald:

Und dann geht sie los, die “Beweisführung” von Julian Reichelt.

“Beweisstück” Nr. 1:

“The Intercept” wird unter anderem von Greenwald betrieben. Im Text, den Reichelt verlinkt, steht auch tatsächlich:

A series of classified files from the archive provided to reporters by NSA whistleblower Edward Snowden, also seen by The Intercept, reveal that the NSA appears to have included Merkel in a surveillance database alongside more than 100 others foreign leaders.

Allerdings ist der Text im März 2014 erschienen und — was am wichtigsten ist — die Passage hat nichts mit der “Spiegel”-Geschichte zu tun. Die war schon fünf Monate zuvor, im Oktober 2013, veröffentlicht worden, wie auch im (von Reichelt verlinkten!) Text zu lesen ist:

Der Spiegel, which has already sketched out over several stories the vast extent of American and British targeting of German people and institutions, broke the news last October that Merkel’s cellphone calls were being tapped by the NSA – sparking a diplomatic backlash that strained US-Germany relations.

Der Link steht dort im Original. Folgt man ihm, kommt man zur ursprünglichen “Spiegel”-Enthüllung (“Kanzler-Handy im US-Visier? Merkel beschwert sich bei Obama”) aus dem Oktober, in der aber keinerlei Quelle genannt wird. Auch Snowden wird mit keinem Wort erwähnt, auch nicht andeutungsweise oder indirekt oder was auch immer. Nichts.

Erst die neuen Dokumente (“from the archive provided to reporters by NSA whistleblower Edward Snowden”) im März 2014 brachten Snowden ins Spiel.

Oder zusammengefasst von Glenn Greenwald:

Einwurf Konstantin von Notz:

Antwort Reichelt:

Nochmal: Widerlegt hat er den Punkt mitnichten. Es gibt einfach keinen Beleg dafür, dass der “Spiegel” die Story aus den Snowden-Dokumenten hatte. Im Gegenteil. Auf Golem.de war schon im Dezember 2014 zu lesen:

Aus dem Buch “Der NSA-Komplex” der Spiegel-Autoren Holger Stark und Marcel Rosenbach geht hervor, dass die Hinweise zum Abhören des Merkel-Handys nicht aus den Snowden-Dokumenten stammen. Demnach erhielt die Zeitschrift schon im Sommer 2013 “eine mündliche Warnung eines Geheimdienstmannes, ohne Details, ohne Beweis” zum Abhören des Handys (S. 252). Anfang Oktober 2013 “erreichte uns der Auszug aus der NSA-Datenbank zu Merkels Handy”. In welcher Form, steht allerdings nicht in dem Buch. Eine Abschrift des Eintrags auf einem einzelnen DIN-A4-Blatt sei am 17. Oktober 2013 an Regierungssprecher Steffen Seibert übergeben worden.

Aber Reichelt will es einfach nicht wahrhaben. Es folgt “Beweisstück” Nr. 2:

Vollständig liest sich der Textabschnitt (den Reichelt hier noch einmal als vermeintlichen Beleg anführt) so:

Recherchen des SPIEGEL in Berlin und Washington, Gespräche mit Geheimdienstlern, die Auswertung interner NSA-Dokumente und weiterer Informationen, die größtenteils aus dem Fundus des ehemaligen Geheimdienstmitarbeiters Edward Snowden stammen, lassen den Schluss zu: Die Vertretung im Herzen der Hauptstadt diente nicht nur der Förderung der deutsch-amerikanischen Freundschaft. Im Gegenteil: Sie ist so etwas wie ein Spionagenest. Vom Dach der Botschaft aus kann eine geheime Spezialeinheit von CIA und NSA offenbar einen Gutteil der Handykommunikation im Regierungsviertel überwachen. Und es spricht einiges dafür, dass auch das Handy, das die Kanzlerin mit Abstand am meisten nutzt, zuletzt von der Vertretung am Pariser Platz aus ins Visier genommen wurde.

Die “Spiegel”-Quellen sind also Recherchen in Berlin und Washington, Geheimdienstler, NSA-Dokumente und der Snowden-Fundus. Und für den “Spiegel” “spricht einiges dafür”, dass auch Merkels Handy abgehört wurde. Aus diesen beiden Informationen (und dem unsinnigen Verweis auf “The Intercept”) strickt sich Reichelt nun seine These, die Quelle für die Merkel-Story sei auf jeden Fall Snowden.

Und das Traurigste ist: Er hält das offenbar tatsächlich für eine gelungene und “umfangreiche Beweisführung”:

… woraufhin Greenwald sich nur noch entschuldigen kann:

Dann: Reichelts “Beweisstück” Nr. 3.

Der Artikel (November 2013) ist vom heutigen “Spiegel”-Chefredakteur (damals Stellvertreter) Klaus Brinkbäumer. Die — laut Reichelt — entscheidende Stelle ist folgende:

Die Deutschen bauen gute Autos. BMW und VW sind der Konkurrenz aus Detroit technologisch enteilt und haben offenbar gute Verkaufsstrategien. Warum sollte die NSA nicht auch BMW und VW abschöpfen und die Ergebnisse dezent weiterleiten, wenn sie es doch könnte? Weil die USA versprechen, dass sie so etwas nicht tun? Haha! Wenn die Amerikaner Angela Merkels Telefon nicht respektieren, was respektieren sie dann? Falls Edward Snowdens Dokumente eines bewiesen haben, dann dies: Alles, was gedacht wird, wird auch getan, das war schon bei Dürrenmatts Physikern so, und so ist es heute in Obamas Amerika.

Das ist quasi Reichelts Kronzeugenpassage, also lesen Sie diese Sätze zur Sicherheit noch einmal ganz in Ruhe. Und dann beantworten Sie doch bitte folgende Frage: Steht da, dass Snowden die Quelle für die Merkel-Geschichte ist? Eben: Nein.

Aber Reichelt will es immer noch nicht einsehen.

Hat er dann gemacht, nur gebracht hat’s wieder nichts:

Oh Mann.

Nein, Julian Reichelt. Kann man nicht. Weil es da nicht steht. Der “Spiegel” verrät die Quelle nicht. Wie oft denn noch?

Da wundert es auch nicht, dass inzwischen kaum noch jemand versucht, Reichelt klarzumachen, wie blödsinnig seine Argumentation ist. Und wenn doch mal Kritik kommt, reagiert der Bild.de-Chef so:

Glenn Greenwald, den man schon dafür bewundern muss, dass er den Quatsch überhaupt so lange mitgemacht hat, versucht es noch einmal sachlich (diesmal auch wieder bezogen auf die Wikileaks/Frankreich-Geschichte):

Aber vergebens:

Darauf geht Greenwald aber nicht mehr ein — und ärgert sich, dass er es überhaupt versucht hat:

Besonders ärgert ihn, dass Reichelt einfach kein Einsehen haben will (zur Erklärung: die Verfasserin des oberen Tweets hatte ebenfalls angenommen, dass die “Spiegel”-Story auf Snowden-Dokumenten basierte):

Und der “sleazy tablod editor” von Bild.de? Macht unbeeindruckt weiter mit seiner “Beweisführung”. Genauer: Er zeigt auf andere, die es vermeintlich genauso falsch gemacht haben wie er:

Als ob das in irgendeiner Weise ein Beleg dafür wäre, dass die Handy-Geschichte im “Spiegel” auf den Snowden-Dokumenten beruhte.

Oder das hier:

Auch das letzte “Beweisstück” von Reichelt …

… ist wertlos. Der Artikel ist (wie man sieht) vom Juni 2014. Da war die “Spiegel”-Enthüllung schon acht Monate alt. In der Zwischenzeit sind andere Dokumente aufgetaucht (auch aus dem Fundus von Snowden, siehe “Intercept”), die die Handy-Geschichte bestätigten. Heißt also wieder, um es mit Greenwald zu sagen: different story & different docs. Und noch einmal: The original “Spiegel” story said nothing about sourcing. Keine Quellen und erst recht kein Snowden.

Aber wem erklären wir das eigentlich? Alle haben es verstanden. Nur einer nicht, und bei dem sind eh alle Mühen umsonst.

Nachtrag, 12.50 Uhr: Tja.

Stefan Raab, Ghostwriter, Scheinselbstständigkeit

1. “Raabs späte Rache an ‘Bild’ und Co.”
(stern.de, Jens Maier)
Jens Maier glaubt, die Ankündigung, Stefan Raab werde sich vom Fernsehen zurückziehen, sei um 22:11 Uhr versendet worden, um die Boulevardmedien zu ärgern: “Sein Dogma, nichts über sein Privatleben preiszugeben, wurde von den meisten Journalisten akzeptiert. Recht passen wollte es nie. Ausgerechnet er, der in seiner Sendung ‘TV Total’ wildfremde Menschen wie Lisa Loch durch den Kakao zog, zeigte sich bei Details aus seinem eigenen Umfeld als empfindlich und sensibel, sogar nachtragend. Paradox. Aber so tickt er eben, der medienscheue Stefan Raab.” Siehe dazu auch “Der Ehrgeiz des Stefan Raab” (stefan-niggemeier.de).

2. “Tim Hunt und der Twitter-Mob”
(scilogs.de/relativ-einfach, Markus Pössel)
Markus Pössel hinterfragt die Existenz eines “Twitter-Mobs”: “Eine Äußerung eines Haupt-Vortragenden auf einer Konferenz, zu der nicht zuletzt auch Journalisten geladen sind, ist eine öffentliche Äußerung. Und wer diese Äußerung weitergibt, selbst und gerade wenn sie unangenehm und für viele potenzielle Leser ärgerlich ist, der macht genau das, was sich die FAZ im Zusammenhang mit der Presseratsentscheidung zum Germanwings-Absturz als edelste Aufgabe der Presse auf die Fahnen schreibt: Tatsachen nennen, auch wenn sie unangenehm sind.”

3. “Zersetzung für Anfänger”
(taz.de, Daniel Kretschmar)
Daniel Kretschmar stellt fest, dass sich Medien, “wenn es zu Fragen der Staatssicherheit (der aktuellen, nicht jener aus der DDR) kommt, bisweilen wie Handlanger von Behörden und Diensten aufführen. Kaum bekommt Journalist X ein Zuckerchen im Hintergrundgespräch mit dem Ministerialbeamten Y oder der Geheimdienstkoordinatorin Z, kennt er keine kritische Distanz mehr, keine Nachfrage, keinen Faktencheck.”

4. “Problemfall Scheinselbstständigkeit: Verlage im Visier”
(ndr.de, Video, 5:20 Minuten)
“Zapp” über scheinselbständig angestellte Journalisten in Deutschland.

5. “Liebe Neonazis, verschwindet von unserer Seite!”
(cicero.de, Petra Sorge)
Die “Lübecker Nachrichten” teilen Beiträge über Flüchtlingsthemen nicht mehr auf Facebook. Petra Sorge schreibt: “Mit Zensur hat der Verzicht auf Facebook schon einmal deshalb nichts zu tun, weil dieser Begriff eine staatliche Maßnahme zur Unterdrückung von Meinungsfreiheit voraussetzt. Hier wehrt sich ein privates, an Aufklärung interessiertes Unternehmen gegen einen braunen Mob.” Siehe dazu auch “‘Wer die Regeln bricht, ist raus'” (blog.tagesschau.de, Video) und “‘Abschaum’, ‘Schweine’, ‘Bastard’? So nicht, liebe Leser! – Warum Schweizer Medien beleidigende Leserkommentare löschen” (watson.ch).

6. “Der Ghostwriter-Report”
(zeit.de, Oskar Piegsa)
Oskar Piegsa mit einer ausführlichen Recherche über akademische Ghostwriter: “Die Ghostwriter können nach geltendem Recht nicht belangt werden, doch wer eine fremde Arbeit als seine eigene ausgibt, riskiert seine Creditpoints und seinen Studienplatz. ‘Der eigentliche Täter ist immer der Prüfling, der die Leistung einer Agentur in Anspruch nimmt’, sagt Henning Rockmann von der Hochschulrektorenkonferenz.”

“Bild” zimmert aus alten Stühlen historisches Mobiliar

„Bild“-Reporter Kolja Gärtner treibt sich für seine irren und bizarren Geschichten normalerweise in den Gerichtssälen Hessens herum, für seine neuesten Knaller hat er sich aber mal nicht mit kranken Killern oder metzelnden Messer-Mördern beschäftigt, sondern mit vergleichsweise edlen Dingen.

Auf einer Auktionsseite für ausgemustertes Behörden-Eigentum stieß er nämlich auf das hier:

Voller Ehrfurcht berichtet der Reporter:

An diesen Tischen und auf diesen Stühlen wurde hessische Geschichte geschrieben: Der Landtag versteigert 50 Möbelstücke aus der Frühzeit unseres Bundeslandes.

Am 1. Dezember 1946 trat die hessische Landesverfassung in Kraft – Geburtsstunde des Landes. Vermutlich im Folgejahr schaffte der Landtag die jetzt zum Verkauf stehenden Stücke an. (…)

Historische Stücke, die wohl von Politik-Legenden wie Georg-August Zinn (SPD, 1901-1976, Ministerpräsident 1959 – 69), Holger Börner (SPD, 1931-2006, Ministerpräsident 1976-87), Walter Wallmann (CDU, 1932-2013, Ministerpräsident 1987-91) und Joschka Fischer (67, 1985-87, erster grüner Minister) genutzt wurden.

(Wo hier gerade so schön mit Zahlen geworfen wird: Zinn war nicht von 1959 bis 1969 Ministerpräsident, sondern von 1950 bis 1969, aber das nur am Rande.)

Anders gesagt: Wer diese Exemplare erwirbt, kann …

Sitzen wie Georg-August Zinn, tafeln wie Joschka Fischer

So jedenfalls die Version der „Bild“-Zeitung.

Der hessische Landtag, von dem die Möbel kommen, erzählt die Geschichte allerdings ein wenig anders:

Wiesbaden – Entgegen der Berichterstattung der Bild Zeitung handelt es sich bei den (…) angebotenen Möbelstücken nicht um historisches Mobiliar.

Die 39 Stühle und 11 Tische wurden 1947 angeschafft und zunächst in der damaligen Kantine verwendet. Nach der Auflösung der Kantine (ca. Mitte der siebziger Jahre) wurden die Möbel für verschiedene Zwecke im Landtag verwendet, unter anderem als Mobiliar für Sitzungsräume und als Büroausstattung. Eine besondere Nutzung durch bekannte Landespolitiker wie in dem Artikel dargestellt ist nicht bekannt oder belegbar.

Auch sonst klingt die offizielle Version irgendwie nicht mehr ganz so romantisch:

Die Möbel sind aufgrund ihrer langjährigen Verwendung abgenutzt und insbesondere die Stühle im Holzwerk nicht mehr stabil. Zudem entsprechen die Stühle nicht den heutigen Anforderungen an Sitzmöbel für Besprechungsräume oder als Büroausstattung.

Aus diesem Grund wurden die Möbel zur Aussonderung freigegeben. Das Landesamt für Denkmalpflege hat im Zuge des Aussonderungsverfahrens mitgeteilt, dass die Ausstattung in der Nutzungs- und Baugeschichte des Stadtschlosses keine nachhaltige Phase darstellt und somit keinen historischen Wert hat.

Tja.

Doch von so doofen Fakten lässt sich „Bild“ freilich keine Story kaputtmachen: Der Text ist heute, zwei Tage nach der Richtigstellung des Landtags, immer noch unverändert online.

Von diesem ganzen Recherchegedöns scheint “Bild”-Mann Gärtner aber ohnehin nicht viel zu halten. Der Landtag schreibt noch:

Vor der Berichterstattung hat es keine offizielle Anfrage bezüglich des historischen Wertes des Mobiliars bei der Pressestelle des Hessischen Landtags gegeben.

Mit Dank an den Hinweisgeber.

Wrestling, Bellingcat, Sepp Blatter

1. “Mord war zu gewöhnlich: Presserat rügt Bild wegen Täter-Foto”
(meedia.de, Marvin Schade)
“Bild”-Chefredakteur Kai Diekmann ist nicht einverstanden mit einem Entscheid des Deutschen Presserats. Er ruft “Bild”-Leser dazu auf, sich in dieser Sache beim Presserat zu melden: “‘Sagen Sie dem Presserat ihre Meinung.’ Dazu veröffentlicht die Redaktion Telefonnummer und Adresse der Ethikinstanz, eine Aufforderung zum personalisierten Protest der Bildleser-Crowd.”

2. “Schlechte Recherche? Dafür habe ich keine Zeit”
(wrestling-point.de, Mathias)
“Muss alles was wir uns täglich zuführen Hochkultur sein?”, fragt Mathias zum Artikel “Prügel gegen Geld” (zeit.de, Felix Lill): “Im Endeffekt haben wir hier ein Paradebeispiel was dabei rauskommt, wenn jemand schon mit einer vorgefertigt Meinung in einen Artikel hüpft. Kein müder Gedanke wurde daran verschwendet nachzuforschen, warum Wrestling beliebt ist. Der Autor kam mit der Einstellung rein ‘Wrestling ist Idiotenunterhaltung’ und brachte das dann auch so zu Papier.”

3. “Wenn alle die Ersten sein müssen”
(deutschlandradiokultur.de, Jakob Schmidt)
Jakob Schmidt sucht Alternativen zum von Eilmeldungen getriebenen Journalismus und kommt auf das Prinzip Langsamkeit, das Prinzip Subjektivität und das Prinzip Unabhängigkeit.

4. “Russland soll MH17-Bilder manipuliert haben”
(ndr.de, Bastian Berbner)
Bastian Berbner schreibt über Recherchen der Website Bellingcat zur Absturzursache von Malaysia-Airlines-Flug 17: “Die Bellingcat-Rechercheure haben die Aufklärung dieses Verbrechens in der Öffentlichkeit so weit vorangetrieben wie niemand sonst. Wie Staatsanwälte haben sie aus Fakten ein dichtes Netz gesponnen, das kaum mehr Zweifel zulässt.”

5. “Bellingcat-Analyse MH 17 so unseriös wie BILD und SPON”
(hogymag.wordpress.com, almasala)
Almasala bezweifelt diese Sichtweise: “Die Ergebnisse von Bellingcat beruhen auf einer fehlerhaften Analyse und unschlüssigen Argumentation. Doch das Desaster ist nicht die stümperhafte und dilettantische Vorgehensweise von Bellingcat. Das Desaster ist, dass Leitmedien eine Laientruppe in den Stand von Experten und investigativen Journalisten erhebt, weil sie die gewünschten Ergebnisse für die gewünschte Meinung liefern. Die Medien schieben die vermeintlichen Experten von Bellingcat wie eine Monstranz vor sich her und lassen ihre eigene Agenda durch den Mund der selbsternannten Bürgerjournalisten verbreiten. Ergebnisse fehlerhafter Analysen werden dabei zu Fakten oder bestenfalls zu mutmaßlichen Fakten erklärt.”

6. “Gerechtigkeit für Sepp Blatter!”
(faz.net, Roger Köppel)
Roger Köppel fordert Gerechtigkeit für Josef Blatter: “Seine Dauerkritiker übersehen: Die Tatsache, dass man ihm nichts nachweisen kann, hat vor allem damit zu tun, dass es nichts gibt, was man ihm nachweisen kann. Was seine Feinde freilich nur noch rasender macht.”

Dauerfeuer der Halbwahrheiten

Seit Mitte vergangener Woche zieht eine neue Horrorstory aus Nordkorea ihre Kreise durch die westliche Medienwelt. Bild.de fasst sie so zusammen:

Schon wieder eine brutale Hinrichtung in Nordkorea.

Verteidigungsminister Hyon Yong Chol ist laut einem Agenturbericht abgesetzt und hingerichtet worden. (…)

Grund: Der Minister war (…) dabei ertappt worden, wie er bei offiziellen Militärveranstaltungen eindöste. Außerdem habe er Kim Widerworte gegeben.

Besonders brutal: Die Exekution wurde den Angaben zufolge mit Flakfeuer vollzogen.

Die Geschichte war am Mittwoch zuerst von der südkoreanischen Agentur Yonhap in die Welt gesetzt worden, die sich auf den südkoreanischen Geheimdienst NIS berief. Hierzulande wurde sie dann von den Agenturen AFP, AP, Reuters und dpa verbreitet.

Und wie das mit Horrormeldungen aus Nordkorea so ist, übernahmen so ziemlich alle die Geschichte und ließen bis auf ein paar vereinzelte „offenbar“s und „soll“s kaum einen Zweifel an ihrem Wahrheitgehalt:




(Screenshots von “Focus Online”, Express.de, News.de, “T-Online”, Web.de, “RP Online”, den “Deutschen Wirtschafts Nachrichten”, “Zeit Online”, “Spiegel Online”, Heute.de, Stern.de, den Seiten der “Kölnischen Rundschau”, der “Wirtschaftswoche”, der “Süddeutschen Zeitung”, der “Tagesschau”, des “SRF”, des “Tagesanzeigers”, der “Thüringischen Landeszeitung”, des “Deutschlandfunks”, des “Handelsblatts”, des “Tagesspiegels”, der “Mitteldeutschen Zeitung”, des “Kuriers”, der “Aargauer Zeitung”, des “Südkuriers”, der “Sächsischen Zeitung”, der “FAZ” und der “NZZ”. Auflistung sicherlich unvollständig.)

Und wie das mit Horrormeldungen aus Nordkorea ebenfalls so ist, stellte sich kurze Zeit später heraus: Stimmt (wahrscheinlich) doch nicht.

Am Tag nach Bekanntwerden der Story meldete die AFP:

Südkorea relativiert Angaben zu Exekution nordkoreanischen Ministers

Südkoreas Geheimdienst hat am Donnerstag zuvor kolportierte Angaben zur Absetzung und Hinrichtung des nordkoreanischen Verteidigungsministers Hyon Yong Chol relativiert. Hyon sei zwar entlassen worden, sagte ein Sprecher des Geheimdiensts NIS der Nachrichtenagentur AFP. Auch gebe es Geheimdienstberichte, denen zufolge er hingerichtet worden sein könnte. “Dies konnte aber noch nicht verifiziert werden”, sagte der Sprecher.

Also doch wieder nur ein unbestätigtes Konjunktivkonstrukt aus irgendeiner geheimen Quelle, das von den Medien fälschlicherweise als Tatsache dargestellt wird.

Nun wäre das nicht ganz so schlimm, wenn die Journalisten, die solche Geschichten rumposaunen, wenigstens auch bei der Richtigstellung so eifrig bei der Sache wären. Doch die Meldung vom Rückzieher des Geheimdienstes hat es nur in die wenigsten deutschen Medien geschafft (bisher haben wir ganze vier gezählt). Auch von den Agenturen, die die Story wie wild verbreitet hatten — allein die dpa hat sieben Texte dazu rausgehauen –, hat (bis auf die AFP) keine darüber berichtet, dass der Geheimdienst zurückgerudert ist.

Wahrscheinlich wird die Story nun also Teil des schaurig-bunten Nordkorea-Horror-Pools, aus dem sich die Medien alle paar Monate bedienen (“So grausam richtet der Diktator seine Minister hin”), wenn das nächste Gerücht die Runde macht. Da hat die dpa anlässlich der Flak-Geschichte sogar die Nummer mit dem von Hunden zerfleischten Onkel wieder rausgefischt, die (wie die dpa an anderer Stelle selbst schreibt) in Wirklichkeit eine Satiremeldung war. Auch die von der vergifteten Tante wird aufgezählt, obwohl sie (wie die dpa an anderer Stelle ebenfalls selbst schreibt) vom südkoreanischen Geheimdienst als grundlos zurückgewiesen wurde.

Fakten und Fiktion werden gefährlich vermischt, aber es gibt sich auch kaum jemand die Mühe, das zu verhindern. Auch in der Flak-Sache hätten die Journalisten mit ein bisschen Recherchewillen schon früh stutzig werden können, denn es gab bereits kurz nach der Veröffentlichung konkrete Zweifel an der Geschichte. So berichteten unter anderem die „New York Times“ und der „Guardian“ schon am Mittwoch (also an dem Tag, als die Meldung aufkam) über Cheong Seong-chang vom südkoreanischen Sejong Institute, der die Authentizität des Berichts infrage stellte. Der Verteidigungsminister sei kürzlich noch im nordkoreanischen Fernsehen zu sehen gewesen — normalerweise würden abgesetzte und hingerichtete Offizielle aber sofort aus allen TV-Bildern entfernt. Außerdem sei sein Name am 30. April (seinem angeblichen Hinrichtungstag) in der Tageszeitung des Regimes veröffentlicht worden.

„Das bedeutet, er war bis zum 29. April nicht verhaftet,“ sagte [Cheong Seong-chan]. „Das bedeutet, er wurde am 30. April verhaftet und am selben Tag hingerichtet. Das ist schwer zu glauben, es sei denn, er hat etwas Ungewöhnliches versucht, zum Beispiel ein Attentat auf Kim Jong-un.“

Hierzulande hat sich nur Welt.de ausführlich mit diesem Kritikpunkt beschäftigt. Die AFP erwähnte die Zweifel des Analysten am Mittwoch immerhin am Rande und zitierte ihn mit den Worten, der Bericht sei “unüberlegt”; es handele sich um “wackelige, unbestätigte Geheimdienstberichte”.

Dieses Zitat steht auch beim „Guardian“. Da geht es allerdings noch weiter:

He added: “It needs to be verified, but is already being reported as fact by the media, which only adds to the confusion.”

In deutschen Medien sucht man diesen Satz vergeblich.

Mit Dank an Erik H.

Snapstream, CEN, YouTube

1. “Der Medienmanipulator als Agent Provocateur: Schwarze Schafe sind noch lange keine Wölfe”
(wortvogel.de, Torsten Dewi)
Torsten Dewi denkt nach über die moralische Empörung über Provokationen: “Und so lassen wir uns von denen, die angetreten sind, uns zu provozieren, provozieren. Wir lassen uns am Nasenring durch die öffentliche Diskussion ziehen, während wir glauben, die Richtung vorzugeben.”

2. “Warum die ‘Heute Show’ neidisch nach Amerika blickt”
(sueddeutsche.de, Hakan Tanriverdi)
Hakan Tanriverdi stellt Snapstream vor, eine Suchmaschine für das Fernsehen: “Warum gibt es so einen Dienst in den Vereinigten Staaten, aber nicht in Deutschland? Es liegt an der US-Regulierungsbehörde Federal Communications Commission (FCC). Sie hat im Jahr 1999 vorgeschrieben, dass fast alle Sendungen untertitelt sein müssen, akkurat und möglichst synchron: Das zielte natürlich nicht auf die Zweitverwertung durch Firmen wie Snapstream, sondern auf Menschen, die schlecht hören oder ganz taub sind. Selbst die Macher von Live-Sendungen stehen in der Pflicht, müssen live transkribieren.”

3. “The King of Bullsh*t News”
(buzzfeed.com, englisch)
Die Storys der Central European News (CEN) mit Hauptsitz im britischen Canterbury: “They’re often bizarre, salacious, gruesome, or ideally all three: If you’ve read a story about someone in a strange country cutting off their own penis, the chances are it came from CEN.”

4. “‘Es wird viel gelogen'”
(ostpol.de, Othmara Glas)
Ein Interview mit Jutta Sommerbauer zur Berichterstattung aus der Ukraine: “Man kann physisch nur auf einer Seite der Front sein. Je nachdem welche Seite das ist, sind bestimmte Informationen zugängig. Da wird viel gelogen. Oft stecken propagandistische Absichten dahinter. Eine verlässliche Berichterstattung ist nicht immer einfach. Wenn man sich unsicher ist oder bestimmte Fakten nicht verfügbar sind, sollte man das dem Leser jedoch auch so kommunizieren.”

5. ” Das Geschäft mit den Youtube-Stars”
(faz.net, Michael Ashelm und Julia Löhr)
Die Vermarktungsgesellschaften hinter YouTube-Inhalten arbeiten wie wie Plattenfirmen in der Musikindustrie, schreiben Michael Ashelm und Julia Löhr: “Die reichweitenstärksten Netzwerke kommen auf mehr als 500 Millionen Zugriffe im Monat und sind damit de facto große Online-TV-Sender.”

6. “Landwirtin sauer: Spiegel erschleicht sich Interview”
(topagrar.com, Alfons Deter)
Landwirtin Anneli Wehling fühlt sich von einer “Spiegel”-Journalistin überrumpelt: “Wehling legte in der lockeren Unterhaltung freimütig ihre Sicht der Dinge dar: Dass es sicherlich Fehlentwicklungen gebe und sich alle Verbände mal an einen Tisch setzen müssten, um die Herausforderungen der Zukunft zu meistern. ‘Im Gespräch am Rande mit der Journalistin habe ich mich schon kritisch über die Ausrichtung der Landwirtschaft und auch über Kostendruck auf den Betrieben geäußert und was diese Entwicklung treibt. Aber nicht in der Form, wie im Spiegel zitiert wird, sondern so dass ich auch dazu stehen kann! Hier bin ich offensichtlich sehr blauäugig auf billigen Journalismus gestoßen, der nur seine reißerische Story brauchte!’, so Wehling gegenüber top agrar online.”

Spiegel, Apple, Patrick Gensing

1. “Wie wir dem ‘investigativen Qualitätsjournalismus’ des Spiegel auf den Leim gingen”
(blog.seibert-media.net, Matthias Rauer)
Matthias Rauer berichtet von seinen Erfahrungen mit den Recherchen einer “Spiegel”-Redakteurin: “Ganz ehrlich: Am liebsten hätten Sie sich wahrscheinlich eine Beispielfirma ausgedacht, in der es exakt so zugeht, wie Sie es für Ihren Artikel brauchen, richtig?”

2. “Lachen bis zum bitteren Ende”
(nzz.ch, Lennart Laberenz)
Lennart Laberenz beleuchtet die Glaubwürdigkeit und Ernsthaftigkeit von Nachrichten- und Satiresendungen.

3. “Exklusiv: IT-Konzerne umgarnen Journalisten”
(ndr.de, Video, 5:33 Minuten)
Ein Bericht über die Beziehung zwischen Technikjournalisten und Apple.

4. “Patrick Gensing: ‘Medien dürfen keine Ängste schüren'”
(vocer.org, Carla Reveland)
Ein Interview mit Patrick Gensing: “Ich glaube, dass man die Leute eher gewinnen kann, wenn im Journalismus eine Haltung vertreten wird, als wenn da irgendwie einfach nur Fakten angehäuft werden. Das ist in meinen Augen auch überhaupt nicht Journalismus. Einfach nur Fakten zu liefern und sagen, wir können das nicht beurteilen und wissen das nicht. Das zu beurteilen ist doch genau unser Job.”

5. “Die Hassknechte vom Abdiss-Dienst”
(zeit.de, Stefan Mesch)
“Oft laden ganze Feuilletons nur noch ein, laut ‘Zustimmung: Gut gebrüllt! Endlich sagt es jemand!’ zu brüllen oder ‘Blödsinn! Alles falsch! Böser Mensch, böse Presse, böse Welt!'”, schreibt Stefan Mesch in einem Beitrag über Debattenkultur: “Meine Traumartikel als Leser wären ‘100 Museen, die man sich schenken kann’, ‘Gesundheit: 10 unbegründete Sorgen’, ‘Politik: Was niemand wissen muss’. Texte, die versprechen: ‘Du musst nicht umdenken, nichts ändern oder wissen, dir keine Sorgen machen. Wir zählen auf, was du ignorieren darfst. Deine Vorurteile stimmen. Bleib, wie du bist!'”

6. “WER DAS LIEST, IST DOOF”
(medienwoche.ch, Reto Hunziker)
Reto Hunziker beschimpft das Publikum: “Sie zetern über den Schund, den Medien verbreiten, doch wer ist der Erste, der sich darauf stürzt? Sie, Sie werter Leser, Sie!”

Rolling Stone, Apple Watch, BFM TV

1. “Rolling Stone and UVA: The Columbia University Graduate School of Journalism Report”
(rollingstone.com, englisch)
Die Zeitschrift “Rolling Stone” zieht einen Artikel zurück und beauftragt drei Mitarbeiter der “Columbia Journalism Review”, einen Bericht über die falschen eigenen Recherchen zu verfassen. In der Einleitung zum Bericht schreibt Will Dana: “This report was painful reading, to me personally and to all of us at Rolling Stone. It is also, in its own way, a fascinating document ­— a piece of journalism, as Coll describes it, about a failure of journalism.”

2. “‘Rolling Stone’: Bittere Analyse des Versagens”
(medienblog.blog.nzz.ch, Rainer Stadler)
Rainer Stadler schreibt zum Bericht: “Der Artikel sei nicht wegen mangelnder redaktioneller Ressourcen misslungen, hält der Expertenbericht fest. Vielmehr hätten mehrere ‘Rolling Stone’-Mitarbeiter mit Jahrzehnten kollektiver Berufserfahrung dabei versagt, die richtigen Fragen zu stellen. Kritische Anmerkungen, die eine Kollegin der Abteilung für Faktenüberprüfung gemacht habe, seien ignoriert worden.”

3. “Falschmeldung: Apple Watch und das Schweizer Patent”
(steigerlegal.ch)
Die Meldung, Apple könne die Apple Watch in der Schweiz nicht verkaufen, sei falsch, stellt Martin Steiger fest: “In der Schweiz besteht – soweit ersichtlich – bislang kein Verkaufsverbot für die neue Apple Watch, schon gar nicht wegen einem Patent!”

4. “Harte Kritik an Berichterstattung”
(orf.at)
Betroffene der Geiselnahme in einem Supermarkt im Januar in Paris klagen gegen den TV-Sender BFM TV: “BFMTV brachte damals noch während des laufenden Anti-Terror-Einsatzes Telefoninterviews, sowohl mit Coulibaly als auch mit dem ‘Charlie Hebdo’-Attentäter Cherif Kouachi, in denen sie ihre Motive und Verbindungen zu den internationalen Terrorvereinigungen Al-Kaida und IS bestätigten. (…) Der Anwalt der Kläger sagte der Nachrichtenagentur AFP nun, das Leben seiner Mandanten wäre gefährdet gewesen, ‘wenn Coulibaly in Echtzeit von der von BFMTV verbreiteten Nachricht erfahren hätte’.”

5. “Extremismus der Erregung”
(zeit.de, Bernhard Pörksen)
Eine “elementare Ungewissheit bei gleichzeitig gefordertem Sofort-Sendezwang” habe nach dem Absturz von Germanwings-Flug 9525 zu einem vierfachen Informationsvakuum geführt, analysiert Bernhard Pörksen.

6. “Das Flugzeugunglück”
(taz.de, Bernd Gieseking, 1. April)

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