Suchergebnisse für ‘LINK’

Native Schleichvertising, Statistikfallen, Spin-Doktoren

1. Powered by Pepsi: Der Trend zum Native Advertising
(get.torial.com, Tobias Lenartz)
Seit Adblocker bei vielen Nutzern die Werbeanzeigen und lästigen Blinkbanner und Popups wegfiltern, setzen Publisher verstärkt auf das sogenannte “Native Advertisement”. Eine Werbung, die sich als redaktioneller Inhalt tarnt und daher höchst umstritten ist. Die Geister scheiden sich bereits bei der oftmals beschönigenden Ausweisung als “Sponsored Post”, “Service” oder “im Auftrag und mit Unterstützung von”. Der Artikel verrät den Stand der Dinge, erzählt von der Entstehungsgeschichte und liefert Beispiele gelungener und weniger gelungener Anzeigen.

2. Bild.de holt sich Spitzenposition zurück
(horizont.net, Katrin Ansorge)
Die Dezemberzahlen zur Reichweite von Nachrichtenseiten sind ausgewertet. Demnach hat “Bild” im letzten Monat des vergangenen Jahres den lange führenden “Focus Online” als Spitzenreiter abgelöst. Die Nachrichtenseiten hatten es zum Schluss des Jahres besonders mit der Konkurrenz von Koch- und Backseiten zu tun, die jahreszeitlich bedingt besonders klickstark waren.

3. Paartherapie auf Papier
(taz.de, Natalie Mayroth)
Der Bericht stellt das deutsch-hebräische Kunst- und Literaturmagazin “Aviv” vor. Die Macher wollen aus dem klassischen Deutschland-Israel-Kontext ausbrechen und gehen auch formal andere Wege: Das bilinguale Magazin kann von hinten und von vorne aufgeschlagen werden, denn es hat zwei Leserichtungen. Der Fokus des von der Stiftung Deutsch-Israelisches Zukunftsforum geförderten Projekts liege laut Blattmacher Hauenstein nicht auf der Beziehung zwischen den Ländern, sondern auf der gegenseitigen Beeinflussung zweier Sprachen und der Inhalte.

4. Warum Umfrageinstitute so häufig danebenliegen
(blog.zeit.de, Tobias Dorfer)
Bei den letzten Wahlen gab es erhebliche Unterschiede zwischen den Vorhersagewerten und den tatsächlich erreichten Prozentwerten. Tobias Dorfer macht im Blog der “Zeit” auf ein Projekt eines belgischen Datenjournalisten aufmerksam, der die Komplexität politischer Vorhersagen verdeutlichen möchte. Außerdem gibt er Hinweise auf Beiträge, die zeigen wie fehleranfällig Statistiken sind.

5. Der große Scrollytelling-Tool-Test
(onlinejournalismus.de)
Wer wissen will, was auf uns in den nächsten Jahren in Sachen “Scrollreportagen” zukommt, kann hier einen Blick hinter die Kulissen werfen. Der aktualisierte “große Scrollytelling-Tool-Test” stellt die Werkzeuge der Redaktionen vor und liefert Links zu Beispielreportagen.

6. „Wir hatten auch Glück, dass Julia Klöckner Panik bekommen hat“
(faz.net, Timo Steppat)
Ausführliches Interview mit einem hinter den politischen Kulissen agierenden “Spin-Doctor”. Wahlkampfmanager Frank Strauss gilt vielen als die Geheimwaffe der SPD und als Mann für aussichtslose Fälle. Im Interview gibt er sich erstaunlich offen. Er und die Firma, bei der er Teilhaber ist, machen Werbekampagnen für Joghurt, Versicherungen und eben… Parteien. 25 Wahlkämpfe in 20 Jahren will er laut Homepage durchgeführt haben. Man pendelt zwischen Respekt für die professionelle Leistung und der Ernüchterung, dass derlei Berater Politik wie eine Ware verkaufen. Wie den Joghurt, der eben manchmal links- und manchmal rechtsdrehend ist.

Protest-Protest, Überzeugungstäter, Radiofälscher

1. Klarstellung: Wer hat die AfD wegen ihrer politischen Forderungen gewählt?
(erbloggtes.wordpress.com)
“Erklärt es irgendetwas, wenn man behauptet, drei Viertel hätten die AfD nicht wegen ihrer Inhalte gewählt, sondern aus Protest? Wahrscheinlich nicht. Denn die Aussage ist falsch.” Auf “Erbloggtes” lässt sich nachlesen, warum die vom ZDF am Wahlabend verbreitete Aussage falsch ist und auf welchen Missverständnissen sie beruht.

2. Der Job als Gradmesser der Freiheit
(horizont.at)
ORF-Korrespondent Jörg Winter muss sich an eine neue Form des Arbeitens gewöhnen: Die Berichterstattung in der Türkei werde zunehmend eingeschränkt, immer mehr Journalisten würden unter den sich verschlechternden Arbeitsbedingungen leiden. Objektive Stimmen würden in die sozialen Medien oder das Internet ausweichen. „Die Existenz vieler Kollegen ist bedroht“, sagt Winter. „Fast zynisch mutet da die Aussage von Präsident Erdogan an, dass Journalisten nirgendwo freier seien als in der Türkei.“

3. Auslandskorrespondenten: Überzeugungstäter
(de.ejo-online.eu, Anna Carina Zappe)
Eine kürzlich in Buchform erschienene Masterarbeit beschäftigt sich mit der Motivationslage von Auslandskorrespondenten. Nach 15 Interviews mit im Ausland tätigen Journalisten sei klar, dass es sich oft um “Überzeugungstäter” handele, denen es um „einen kleinen Beitrag zur Völkerverständigung“ gehe. Der wirtschaftliche Druck sei jedoch hoch und auch das Netz sei konkurrierender Gegner: “Die schnelle Verfügbarkeit von Nachrichten aus aller Welt, vor allem über das Internet, kann bei Redaktionen in der Heimat den Eindruck erwecken, bereits über genügend Informationen über das Geschehen in der Ferne zu verfügen.”

4. Die Trumpifizierung der US-Medien
(netzpiloten.de, Stephen Cushion)
Stephen Cushion berichtet über den amerikanischen Wahlkampf und die Vorgehensweise des republikanischen Abgeordneten Donald Trump. “Von provokanten Reden in Wahlkampfveranstaltungen bis hin zu billigen persönlichen Angriffen auf seine Gegner in TV-Debatten: die Trumpifizierung der Politik passt perfekt zu den kommerziellen Zielen der US-Fernsehsender.” Bei der jüngsten TV-Debatte der republikanischen Spitzenkandidaten auf Fox News hätten 17 Mio. Zuschauer eingeschaltet. Dies sei die höchste Zuschauerquote, die für eine der Spitzendebatten erzielt wurde.

5. Arno heißt jetzt Elvis
(fair-radio.net, Beata Beier)
Bei “Fair Radio” (Alternativlink) geht es um einen besonders kuriosen Fall: Der Sender “Radio NRW” behaupte, bei ihm würden für Spaßtelefonate Hörer anrufen. Die Gespräche mit Comedian Elvis Eifel seien aber gefälscht. Der Artikel legt mit einigen Soundclips die Beweisstücke vor. “So ein Hörerbetrug strahlt weit über den vermeintlich unseriösen und unwichtigen Bereich der Comedy hinaus. Hörer denken sich ihren Teil und im schlimmsten Fall bleibt ganz unterbewusst eine Erkenntnis hängen: Wer schon bei Comedy lügt, der ist auch an anderer Stelle – wenn es um wichtige, seriöse Infos geht – nicht ehrlich. Nicht vertrauenswürdig.”

6. Neues aus der Bildmontage-Bastelstube: Sinnentleertes
(noemix.twoday.net, Michael Nöhrig)
Wenn eine Redaktion kein passendes Symbolbild zur Hand hat, muss es manchmal eine selbsterstellte Fotomontage tun. “Nömix” hat einige haarsträubende Photoshopdesaster und Musterbeispiele für angewandten Pixelpfusch herausgesucht.

Unter AfD-lern, unter Whistleblowern, unter Klatschern

1. Wie ich auszog, die AfD zu verstehen
(zeit.de, Malte Henk)
“Zeit”-Reporter Malte Henk ist linksliberal und hat nichts gegen Merkels Flüchtlingspolitik. Mit AfD-Gerede von “Volksverrätern” und “Tugendterror” kann er nichts anfangen. Und er fragt sich, wer so denkt. Also hat er einen Selbstversuch unternommen, sich unter falschem Namen bei Facebook angemeldet und mit AfD-Anhängern befreundet. Langes und lesenswertes Dossier über ein Experiment, bei dem Henk nicht nur auf Rechtsextreme trifft, sondern auf viele Menschen, die ihm seltsam vertraut vorkommen.

2. Willkommen in der bunten Medienrepublik
(faz.net, Michael Hanfeld)
Von einer Posse aus Baden-Württemberg berichtet die “FAZ”. Vornehmlich Politiker der Grünen und der SPD hätten dort Einfluss auf die Vergabe einer regionalen Sendelizenz in Baden-Württemberg ausgeübt. Von eigens dafür ausgedachten, neuen Briefköpfen ist die Rede. Dem Sender RTL reiche das jetzt, er werde sich an die Präsidenten des Bundestages und des baden-württembergischen Landtages wenden.

3. Was vom Aufschrei übrig blieb
(sueddeutsche.de, Thorsten Schmitz)
Ende letzter Woche fand in Berlin das “Logan CIJ Symposium” des “Centre for Investigative Journalism” statt. Das Motto der Überwachungskonferenz: “Challenge Power! Building Alliances against Secrecy, Surveillance and Censorship”. Dort seien die bekannten Whistleblower wie Julian Assange und Edwar Snowden wie Popstars gefeiert worden. Der Beitrag erinnert an einen vergessenen Helden wie Thomas Drake, der vor elf Jahren der “Baltimore Sun” Informationen zum NSA-Projekt “Trailblazer” gab und zwischenzeitlich keine Anstellung fand und verarmte.

4. Sind Social Plugins rechtswidrig?
(internet-law.de, Thomas Stadler)
Das Landgericht Düsseldorf hat in einem aktuellen Urteil (Urteil vom 09.03.2016, Az.: 12 O 151/15) einem Unternehmen untersagt, auf seiner Website das „Social Plugin „Gefällt mir“ von Facebook zu integrieren“, ohne die Nutzer vorab darüber zu informieren. Wenn sich die Rechtsprechung durchsetze, so IT-Rechtler Stadler, könne man den Like Button und das Page Plugin von Facebook in Deutschland wohl nicht mehr rechtskonform in die eigene Website einbauen. Zudem seien bestimmte Konstellationen von Gesetzesseite nicht eindeutig geregelt, hier müsse die Rechtsprechung für die notwendige Eindeutigkeit sorgen.

5. Et kütt, wie et klickt
(zeit.de, Jana Gioia Baurmann)
Multi-Channel-Netzwerke bringen YouTuber und Markenfirmen zusammen. Jana Gioia Baurmann erklärt, was es mit den ominösen Netzwerken auf sich hat und warum es eines der größten davon, die Disney-Tochter “Maker Studios”, nun nach Köln zieht.

6. Klatschvieh im TV: Put your Patschehändchen together
(dwdl.de, Hans Hoff)
Letzte Woche kam es bei “Anne Will” zu einer blamablen Szene als sich der Pressesprecher von Bundesjustizminister Heiko Maas durch allzu lautes Klatschen outete. Kolumnist Hans Hoff beschäftigt sich mit dem Klatschverhalten von Zuschauern in Fernsehsendungen, das selten normal zu nennen sei. Und er bittet um mildernde Umstände für den Pressesprecher mit der ausdauernden Klatsche: “Hat man berücksichtigt, unter welchen Zwängen der Mann stand? Trug er vielleicht einen Elektroschocker am Bein, der ihm bei jeder Aussage seines Ministers einen aktivierenden Stromstoß versetzte? Oder klatschte er gar, um seinen Jahresbonus zu sichern?”

Gestreckter Stoff mit Hitler

Gestern Nachmittag verkündete Bild.de:

Im Artikel sagt der Sprecher der Berliner Staatsanwaltschaft, bei dem Politiker seien „0,6 Gramm einer betäubungsmittelsuspekten Substanz“ gefunden worden.

Nach Informationen von BILD soll es sich dabei vermutlich um Crystal Meth handeln.

Heißt also: Vielleicht hat “Bild” recht. Vielleicht war es auch wieder nur Salz. Oder was ganz anderes.

Volker Beck selbst erklärte bisher nur:

Und wie immer sind die Leute von „Bild” nun sehr darum bemüht, daraus eine möglichst große Sache zu machen. Allein sprachlich. Zum Beispiel nennen sie Crystal Meth konsequent die “gefährlichste Droge der Welt”. Wie sie darauf kommen, verraten sie allerdings nicht. Womöglich deshalb, weil sich über diesen Superlativ durchaus streiten lässt: In vielen “Gefährlichkeit”-Rankings belegen Alkohol, Heroin und Crack die obersten Plätze, noch vor Crystal Meth. Aber es ist ohnehin fraglich, wie groß die Aussagekraft solcher Rankings ist.

“Bild” jedenfalls bleibt dabei und lässt in den Berichten inzwischen auch die “Soll”s und “Vermutlich”s weg.


Für die heutige Titelseite hat sich die Print-Redaktion Folgendes überlegt:

Warum Hitler? Erstens: Weil’s geil ankommt. Zweitens:

Crystal Meth ist kristallisiertes Methamphetamin. Dieser Wirkstoff war einst Hauptbestandteil eines der populärsten Arzneimittel Deutschlands: Pervitin – in der Nazizeit bekannt als „Panzerschokolade“.

Vor allem Soldaten der Wehrmacht hätten die Pillen im Zweiten Weltkrieg genommen, schreibt „Bild“. Jedoch:

Was Süchtige heute konsumieren, entspricht dem Tausendfachen dessen, was Wehrmachtsoldaten geschluckt haben

Dem „Tausendfachen“?

Die “Nazi-Pillen” (Bild.de) sollen etwa drei Milligramm Wirkstoff enthalten haben. Laut „Spiegel“ wurde den Soldaten die Einnahme von ein bis zwei Tabletten empfohlen. Das entspricht also drei bis sechs Milligramm.

Heutzutage liegt eine mittlere Dosis bei 10 bis zu 40 Milligramm. Das ist nicht das Tausend-, sondern maximal das Dreizehnfache.

Gewöhnte Konsumenten dosieren oft höher. „Bild“ selbst schreibt:

Ein Gramm Crystal entspricht dem Tageskonsum eines Langzeitkonsumenten

Aber auch das wäre “nur” das 150- bis 300-fache. Noch dazu sind diese Dosierungen häufig verunreinigt, die Menge des reinen Wirkstoffs liegt also oft darunter. Wahrscheinlich wird es auch Leute geben, die noch höher dosieren, doch bis zum „Tausendfachen“ dürften wohl die wenigsten gehen.

Wie viele der anderen „Informationen von BILD“ im Fall Beck der Realität entsprechen, wird sich zeigen. Bisher hat die Staatsanwaltschaft keine Ermittlungen aufgenommen.

Mit Dank an Thomas R.!

Sehen alle gleich aus (12)

Aber auf welches nur?

Es kämen nämlich zwei Eggesteins in Frage: Einer heißt Maximilian, einer heißt Johannes. Sie sind Brüder und spielen beide Fußball beim SV Werder Bremen. Der eine, Maximilian, ist 19 Jahre alt und Teil des Profikaders, der andere, Johannes, ist 17 und stürmt bei der U19.

Das ist bereits zu viel Komplexität für den durchschnittlichen Bild.de-Mitarbeiter. Für das Teaserbild hat die Redaktion zwar ein Foto von Maximilian Eggestein gewählt. Aber bevor der sich jetzt fürs Probetraining schon mal ein Flugticket nach Manchester kauft oder eine Bleibe in Englands Nordwesten mietet: Gemeint ist eigentlich Johannes, der jüngere Eggestein. Das schreiben die Bild.de-Transferexperten zumindest in dem Artikel (“Wie lange kickt Johannes Eggestein (17) noch für Werder?”).

Dass es sich bei dem gewählten Foto nicht um den richtigen der Brüder Eggestein handelt, hätte die Redaktion durchaus rausfinden können. Zum Beispiel mit einem Blick auf die eigene Seite: Vor einem halben Jahr hat sie das Bild schon einmal verwendet — in einem Text über Maximilian Eggestein:

Mit Dank an Arnd Z.!

Ukraine, Meinungszensur, Snapchat

1. Kein Sinn fürs Europäische
(de.ejo-online.eu, S. Fengler, M. Kreutler & T. Bettels-Schwabbauer)
Das “European Journalism Observatory” hat eine vergleichende Studie zur Ukraine-Berichterstattung durchgeführt, bei der Teams von Forschern an 13 Universitäten mitgewirkt haben. Insgesamt wurden mehr als 3.000 Artikel der jeweils maßgeblichen Tageszeitungen analysiert. Dabei stellte sich heraus, dass der Ukraine-Konflikt in der europäischen Presse sehr unterschiedlich gewichtet wird und die nationalen Medien der nationalen Politik folgen.

2. Wir zeigen alles
(medienwoche.ch, Antonio Fumagalli)
Der Schweizer Journalist Antonio Fumagalli arbeitet zur Zeit in Nicaragua und berichtet Erschreckendes über die dort herrschende aggressive Pressepraxis. In dem zentralamerikanischen Land werde die öffentliche Zurschaustellung in den Medien auf eine besonders fragwürdige Art praktiziert. Nicht nur mutmaßliche Straftäter würden vorgeführt, sondern auch Opfer jeglicher Art – von Verbrechen, Unfällen oder Naturkatastrophen. Und zwar auf allen Kanälen.

3. Steinbach-Tweet: Empörungskultur ist Meinungszensur
(novo-argumente.com, Sabine Beppler-Spahl)
“Empörungskultur ist Meinungszensur”, findet Novo-Redakteurin Sabine Beppler-Spahl. Die Empörung über Erika Steinbachs jüngsten Tweet sei illiberal und gefährlich: „Ohne das Prinzip der Gedanken- und Meinungsfreiheit wäre eine liberale, offene Gesellschaft nicht denkbar“. Natürlich ist Letzterem zuzustimmen. Dennoch möchte man die Autorin fragen, warum eben jene Gedanken- und Meinungsfreiheit nicht auch für die Empörten gelten soll.

4. Adieu Elfenbeinturm! Wissenschaftler in sozialen Netzwerken.
(livestream.com, Video, 67 Minuten)
Videomitschnitt einer Paneldiskussion über die Wirkungen, Möglichkeiten und Risiken sozialer Medien für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler anlässlich der Hamburger “Social Media Week”. Es diskutierten die Journalismus-Forscherin Wiebke Loosen, der Medienwissenschaftler Matthias Kohring, der Wissenschaftsjournalist Jakob Vicari und der Physiker und Quantenwelt-Blogger Joachim Sohn.

5. Überraschend überschaubar: Medien für Homosexuelle
(dwdl.de, Nora Jakob)
Mehr als fünf Millionen Schwule und Lesben würden in Deutschland leben, doch der Markt für Magazine, die sich an queere Menschen wenden, sei erstaunlich überschaubar, so das Medienmagazin “DWDL”. In einem dreiteiligen Schwerpunkt zu schwul-lesbischen Printmedien geht man der Frage nach, warum dies so ist.

6. 10 Meinungsmacher, denen man folgen sollte
(horizont.net, Tilo Bonow)
Das Branchenmagazin “Horizont” fragt, welchen Snapchattern aus der Medienbranche es sich bei Snapchat zu folgen lohne und lässt ihren Autor eine Liste der wichtigsten Meinungsmacher vorstellen. Bevor Sie den Link anklicken: Raten Sie, wie viele Frauen auf der Liste vorkommen.

Sein Wort in ihren Ohren

„Mag“? „Vergöttert“ trifft es viel besser. In der Welt von „Bild“ ist Zuckerberg nämlich nichts weniger als ein übermenschlicher Held, der Franz Beckenbauer des Internets. „Bild“-Oberchef Kai Diekmann nennt Zuckerberg den „Charity-Gott“. Springer-Vorstand Mathias Döpfner schwärmt, er sei „a wonderful human being“. Franz Josef Wagner nennt ihn in einem rasselnden Atemzug mit Nelson Mandela und Mutter Teresa.

Umso aufgedrehter war die Springer-Bande gestern — denn der Facebook-Chef hatte angekündigt, sie am Abend in ihrem Hauptquartier zu beehren.

Schon morgens jauchzte Kai Diekmann:

Zu Ehren ihres Gastes hatten die Springer-Leute nicht nur schnell einen Award ins Leben gerufen, sondern gleich noch ihre Dachterrasse umgebaut …

… ein Stück Berliner Wald abgeholzt …

… und alles ganz facebookblau-kuschelig gemacht für den man of the evening.

Und dann — endlich:

An einem so zauberhaften Abend spricht man natürlich nur ungern über heikle Themen. Aber dafür gab es dann ja auch die Zuckerberg-Fragestunde heute in Berlin, zu der wir Folgendes eingereicht hatten:

Da die Frage zu denen mit den meisten Likes gehörte (vielen Dank für die Unterstützung!), ist Zuckerberg auch darauf eingegangen. Er sagte:

Well, this is a tricky one. If it’s not a public photo, then someone should not be taking your photo and using it publicly. You know, in general, the rule is that you control all the content that you post on facebook. (…) If we’re building a community and people are sharing stuff that they don’t intend to be public, and then someone else is making it public, then that’s an issue. Right? And that’s gonna undermine the trust that our community has in us to making sure that, you know, when you share something with just your friends then that’s actually going to only the people that you want.

This is a tricky area for us, because we don’t control … you know, the law in most countries around the world, I believe, is that you post a photo, you own that photo. And that people don’t have the ability to use that photo without your permission. So if you find out that someone, you know, whether it’s on a blog or … you know, someone else is using your photo without your permission, you should have the right to be able to send them an e-mail and get in touch with them and tell them that that they don’t have permission to do that and they should take it down. In (…) most countries I can think of, if people don’t respect your rights for the content that you own, you have legal recourse to go after that.

But this is obviously an issue for facebook, because we want people to feel completely comfortable, that if they share something with their friends or with a community of a hundred people, then that’s not somehow gonna be taken and shared with more people. Unfortunately, we don’t have complete control if someone takes a screenshot or something, but you do own those photos and have the right to have it distributed only how you want, wheter that’s on our service or outside.

Man darf also sagen: Er findet’s eher nicht okay.

Das hatten wir ehrlich gesagt vermutet, und wir hatten die Hoffnung (zumindest ein kleines bisschen), dass — wenn es schon die Justiz, die Polizei, Angehörige von Betroffenen, der Presserat, wir und auch sonst keiner schafft, den “Bild”-Mitarbeitern die Fotoklauberei bei Facebook auszutreiben — dass vielleicht ja Mark Messias Zuckerberg etwas in seinen Jüngern auszulösen vermag.

Jene Jünger waren natürlich auch bei seiner Fragestunde, haben live getickert und später einen Artikel gebracht, in dem sie die Fragen und Antworten zusammenfassen. Über das Thema Täter- und Opferfotos schreiben sie sowohl im Ticker als auch im Artikel — kein Wort.

Aber dafür, heute auf Bild.de:

(Unkenntlichmachung von uns.)

Persönlichkeitsrechte? Ehrensache!

Bei „Bild“ arbeiten noch Journalisten mit Anstand.

Als zum Beispiel der 1. FC Union Berlin vorgestern mitteilte, dass Trainer Sascha Lewandowski aufgrund einer nicht näher benannten Erkrankung drei Wochen lang ausfallen werde, schrieb „Bild“ nur:


Selbstverständlich. Journalisten mit Anstand eben.

Noch ein Beispiel? Hier: Über Justizminister Heiko Maas und dessen Frau, die sich kürzlich getrennt haben, schreibt „Bild“ heute:

Der SPD-Politiker und die Lehrerin bitten, ihre Privatsphäre strikt zu respektieren.

Den respektlosen Rest des Artikels mit den privaten Details und den ganzen Spekulationen über eine angebliche Affäre …

… muss die Redaktionskatze geschrieben haben, da kann „Bild“ selbstverständlich nichts für.

Auch diese beiden Damen, die vor ein paar Tagen vor Gericht standen und ganz offensichtlich nicht fotografiert werden wollten …


(Unkenntlichmachung durch den BR.)

… hat „Bild“ am Dienstag bestimmt bloß aus Versehen in Nahaufnahme und unverpixelt im Blatt gezeigt:


(Unkenntlichmachung durch uns.)

Denn Persönlichkeitsrechte zu respektieren, das ist für die Leute von „Bild“ — selbstverständlich.

Mit Dank an Pascal S.

Magermodels, Richterreputation, Protestrülpsen

1. Woher kommt die Gleichgültigkeit?
(pinkstinks.de)
“Pinkstinks” wundert sich über den Essay von “SZ”-Autorin Tanja Rest über “Germany’s Next Topmodel”. Darin fragt die “SZ”-Autorin, woher der Hass auf die Sendung käme. Sie fände die Empörung über dünne Models scheinheilig. “Pinkstinks” arbeitet die Argumente Punkt für Punkt ab und kommt, nicht ganz überraschend, zu gänzlich anderen Schlüssen.

2. So viele Beschwerden wie nie
(zeit.de)
Die “Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia-Dienstanbieter (FSM)” hat 2015 einen Rekord an Beschwerden über Inhalte im Internet registriert. Stark zugenommen hätte die Zahl der Beschwerden wegen rechter und rassistischer Sprüche.

3. Die deutsche Sprache ist “up-to-date”
(detektor.fm)
Fremdwörter aus dem Englischen und aus anderen Sprachen werden kaum noch eingedeutscht. Zu diesem Schluss kommt eine Studie des Instituts für Sprache in Mannnheim (IDS). Eingedeutschte Varianten wie „Ketschup“ hätten sich nicht durchgesetzt. Die Forscher hätten festgestellt, dass vermehrt Anglizismen verwendet werden würden. Dies läge an den zunehmenden Englischkenntnissen der Bevölkerung und dem steigenden Internetkonsum. Interessant für die Forschungsarbeit sei vor allem der Gebrauch von Neologismen (sprachliche Wortneuschöpfungen).

4. Richter verspielt seine Reputation mit Facebook-Bild
(sueddeutsche.de, Heribert Prantl)
Ein Richter stellt auf Facebook ein Foto von sich ein. Er sitzt dort mit einem Bier auf der Terrasse. Sein T-Shirt trägt den Schriftzug: “Wir geben Ihrer Zukunft ein Zuhause: JVA”. Nun hat sich der BGH der Sache angenommen und kommt zum Urteil: “Dessen Internetauftritt ist mit der gebotenen Haltung der Unvoreingenommenheit eines im Bereich des Strafrechts tätigen Richters nicht zu vereinbaren”. Das Urteil kann sich auch in anderer Hinsicht auswirken. Wie Udo Vetter im Law Blog kommentiert: “…es werden sich sicher etliche Kollegen finden, die jetzt ganz flink in laufenden Verfahren Befangenheitsanträge für ihre Mandanten stellen – und sie dann zumindest am Ende des Instanzenzuges wohl auch durchbekommen.”

5. Im gefährlichen Fahrwasser der Werbung
(de.ejo-online.eu, Alexander Kaimberger)
In Österreich fehlt es bislang an einer wirkungsvollen und professionellen Institution, die Schleichwerbung im Journalismus aufzeigt und ahndet. So die Quintessenz des Artikels von Alexander Kaimberger, der über eine Untersuchung von unzureichend oder ungekennzeichneter Werbung in österreichischen Printmedien berichtet. Teilweise niederschmetternde Ergebnisse sind es, die da zu lesen sind und die den Autor der Studie bewogen haben, eine spezielle Meldeseite ins Leben zu rufen.

6. Mann muss 70 Euro Strafe wegen Rülpsens bezahlen – Flashmob geplant
(tagesspiegel.de, Robert Klages)
Ein Mann hat in Hörweite eines Polizisten gerülpst und soll deswegen 70 Euro Strafe zahlen. Stattdessen ruft er einen Flashmob ins Leben. Das Motto: “Gegen den öffentlichen Anstand… für die Befreiung der Magengase.” Mit Hilfe von reichlich Döner und Bier will man jetzt protestrülpsen.

Blick  

“Blick” macht 15-Jährigen zum Dopingsünder

Der “Blick” (die “Bild”-ähnliche Journalismusattrappe aus der Schweiz) hat in seiner Ausgabe vom vergangenen Sonntag mehrere Seiten zum Thema Doping gebracht. Darunter auch eine Liste mit den derzeit gesperrten Schweizer Sportlern, auf der auch ein gewisser Lukas Stettler vom FC EDO Simme steht (zwei Jahre Sperre wegen des Besitzes von Anabolika).

Schon kurz nach der Veröffentlichung meldete sich jener FC EDO Simme und erklärte, die Behauptung sei Quatsch:

Weder dem FC EDO Simme 1977 noch dem Spieler selbst, liegen solche Informationen vor. (…) Es handelt sich hierbei um eine Zeitungsente.

Wenig später erfuhr der Verein dann auch, wie es dazu gekommen war: Der Verfasser des “Blick”-Artikels gab an, er sei zunächst von der offiziellen Liste der gesperrten Sportler auf antidoping.ch ausgegangen.

Diese Liste gibt es tatsächlich. Allerdings gibt sie keinen Aufschluss über die Vereinszugehörigkeit:

Eintrag auf der Liste: Lukas Stettler, Verstoß: Besitz von Anabolika, Sperre: 16.07.2015-16.07.2017

Also was tat der „Blick“-Journalist? Er recherchierte. Heißt: Er googelte den Namen. In den Suchtreffern stieß er auf den FC EDO Simme. Zack, Recherche beendet.

Aus dem Blick-Artikel: 'Aktuell sind 15 Schweizer Sportler gesperrt' - darunter: 'Lukas Stettler (FC EDO Stimme), Besitz von Anabolika, 16.7.2015-16.7.2017'

Hätte er noch zehn Sekunden weitergesurft, wäre er allerdings darauf gestoßen, dass jener Lukas Stettler vom FC EDO Simme in der B-Jugend spielt und erst 15 Jahre alt ist, und vielleicht hätte er dann geahnt, dass er sich hier um den falschen Spieler handelt.

In Wahrheit trifft die Sperre nämlich den 22-jährigen Lucas Stettler von einem ganz anderen Verein.

Der Vorsitzende des FC EDO Simme erklärte uns, es sei „unannehmbar“, dass sein Verein mit Doping in Verbindung gebracht werde.

Dass aber ein 15-Jähriger, der aktuell auf Lehrstellensuche ist, dermaßen verunglimpft werden kann, ist eine Frechheit sondergleichen.

Immerhin hat der “Blick” heute eine Korrektur abgedruckt.

Mit Dank an Samuel G.

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