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Dachdecker-Journalisten, Kopflose Frauen, Türkei

1. Das Dilemma der vorschnellen Berichterstattung
(wolfgangmichal.de)
Wolfgang Michal schreibt über das Dilemma der vorschnellen Berichterstattung und macht dies an der Amokfahrt von Nizza und dem Putschversuch in der Türkei fest: Die Berichterstattung unter dem Diktat der Hochgeschwindigkeit werde für den Leser zu einem zeitfressenden, sich endlos dahin windenden Annäherungsprozess an die Wahrheit. Michal hat für die vorschnelle Berichterstattung der Medien einen Vergleich: “Das ist so, als würde ein Dachdecker einem Hausbesitzer sagen, ich habe zwar keine Ahnung vom Dachdecken, aber Sie können mir dabei direkt über die Schulter schauen, oder noch besser: Wir decken das Dach gemeinsam. Eine solche Haltung mag außerordentlich sympathisch sein, führt aber über kurz oder lang zu der Einstellung, dass man besser nichts von dem glauben sollte, was berichtet wird.”

2. “Deutsches Serial” – gute Podcasts, miese Vermarktung
(marckrueger.tumblr.com)
Der “Rundfunkfritze” Marc Krüger freut sich über den amerikanischen Podcast-Erfolg “Serial”. Dadurch könnten Radiomacher immer etwas Großes, Erfolgreiches nennen, wenn sie nach Innovationen gefragt werden. Krüger beschreibt, warum “Serial” so erfolgreich geworden ist. Aber auch in Deutschland seien einige serial-artige Produktionen entstanden, die jedoch wenig bekannt seien. Damit dies nicht so bleibt, nennt er einige seiner Lieblingsproduktionen, inklusive Inhaltsbeschreibung und Downloadlink.

3. Warum die Medien sofort aufhören müssten, über Nizza zu berichten
(vice.com, Matern Boeselager)
“Warum ignorieren wir den Terror nicht einfach”, fragt Matern Boeselager. Terror funktioniere nur, weil wir ihm Aufmerksamkeit schenken. “Angenommen, die Medien würden nach einem solchen Anschlag nur melden, dass er passiert ist. Ansonsten würde nur mitgeteilt, was unbedingt notwendig ist: Die Opferzahlen, ob der Täter noch auf freiem Fuß ist oder nicht, ob der Flughafen gesperrt ist. Niemand würde den Namen des Täters nennen, niemand seine Tagebücher oder Fotos seines Hauses veröffentlichen. Niemand würde ihn unsterblich machen.”

4. Verschleiern oder «köpfen», das ist hier die Frage
(infosperber.ch, Jürgmeier)
Die Webseite «The Headless Women of Hollywood» (Die kopflosen Frauen von Hollywood) sammelt Filmplakate, auf denen Frauen als gesichtslose, austauschbare Objekte vorkommen. Der Artikel des “Infosperber” zieht einen Vergleich der “geköpften” Filmplakatfrauen mit der Verschleierung. Dabei geht es vor allem um den Mann: “Ein kurzer Blick auf nackte Haut kann ihn nachhaltig verwirren & ins sündige Elend stürzen. Davor muss er mit der Verschleierung «des Weiblichen» geschützt oder durch das Köpfen «der Frau» zumindest verhindert werden, dass sie ihn, so die Unterstellung, bei gierigen Blicken oder unzüchtigen Phantasien angesichts ihres (zerstückelten) Körpers ertappt. Das heisst für «die Frau»: Asexueller Kopf oder verführerischer Leib. Verschleiern oder «köpfen». Das ist hier die Frage.”

5. „So etwas interessiert einfach jeden“
(taz.de, Jens Mayer)
Jens Mayer von der “taz” macht auf das vielfach ausgezeichnete Interaktiv-Team der “Berliner Morgenpost” und ihre Produktionen aufmerksam. Neben “Zeit Online”, der 2010 gegründeten Agentur “Open Data City” und dem gemeinnützigen Recherchezentrum “Correctiv” gehöre die “Berliner Morgenpost” zu den populärsten Vorreitern des Datenjournalismus in Deutschland. Mayer hat mit Teamleiter Julius Tröger über einige der populären Anwendungen wie den “Zugezogen-Atlas” gesprochen, für die die Morgenpost Netz-Berühmtheit erlangte.

6. „6 vor 9“-Sonderausgabe zu den aktuellen Geschehnissen in der Türkei
(bildblog.de, Lorenz Meyer)
Ausnahmsweise ein BILDblog-Verweis: Unsere “6 vor 9”-Sonderausgabe von gestern. Mit ausgewählten Medienlinks zum Geschehen in der Türkei.

Intransparenz, Rutschunfall, Wortallergien

1. „Honorare offenlegen!“
(tagesspiegel.de, Joachim Huber)
Joachim Huber vom “Tagesspiegel” hat sich mit dem Justiziar des Südwestrundfunks unterhalten, der in der ARD federführend für das Rundfunkgebührenrecht zuständig ist. Es geht um den geheimnisvollen ARD-Vertrag mit Ex-Fußballprofi Mehmet Scholl. Huber erkundigt sich danach, wann die ARD die vielbeschworene Transparenz walten lasse und die Honorare ihrer Experten, Moderatoren und anderer Vertragspartner offenlege: “Ist das nicht ulkig? Ich weiß, was jeder Intendant einer ARD-Anstalt verdient, aber das Honorar für Mehmet Scholl oder Anne Will bleibt ein Sendergeheimnis.”

2. Männer machen Medien
(medienwoche.ch)
“Medienpranger.ch” versteht sich als Blog gegen sexistische Berichterstattung in Schweizer Medien. Die Autorinnen des Watchblogs haben für die “Medienwoche” einen Gastbeitrag verfasst, in dem sie ihre Motive erklären und auf typische Muster frauenfeindlicher Berichterstattung und Rollenklischees hinweisen, die sie als die Wurzel des Problems betrachten.

3. Wo war BILD?
(djv.de, Hendrik Zörner)
Auf der Ausstellungseröffnung “PresseFoto Hessen-Thüringen 2015” gab es bereits bei der Eröffnung kritische Worte über die sich verschlechternden Arbeitsbedingungen von Bildjournalisten. Hendrik Zörner macht für die Abwertung des Fotografenberufs auch die “BILD” und die von ihr erfundenen “Leser-Reporter” verantwortlich. “Und die Bildjournalisten, die für BILD arbeiten? Ihre Honorare liegen bei rund 50 Euro pro Foto – eine Unverschämtheit gegenüber den fürstlichen Gagen, die die Leser-Reporter bekommen. Wie lange wollen sich die Kollegen Springers Honorarpolitik noch gefallen lassen?”

4. 10 Texte zur Journalistenausbildung – Jetzt geht es ans Auswerten
(journalist.de)
Die Branchenseite “journalist.de” und das Onlinemagazin “vocer.org” haben im Mai gemeinsam eine Serie zur Ausbildung von Journalisten gestartet. Mittlerweile sind zehn Teile zusammengekommen, in denen vor allem junge Journalisten erzählen, welche Inhalte für eine zeitgemäße Ausbildung wichtig sind. In einer Übersicht werden die Beiträge vorgestellt und verlinkt.

5. Rutschunfall bei „Netzwerk Recherche“-Recherche
(uebermedien.de, Stefan Niggemeier)
Wenn Paul-Josef Raue, langjähriger Zeitungschef, Mitverfasser des Werks „Das neue Handbuch des Journalismus“ und Autor von Artikeln wie Recherchiere immer, von der Jahrestagung des „Netzwerkes Recherche“ berichtet, bei der er selbst auf dem Podium saß, freut man sich besonders auf eine spätere Einordnung. Raue hat dies auf “kress.de” getan und dabei eine ganze Reihe von Personen genannt und zitiert, die gar nicht auf der Veranstaltung waren.

6. Noch und nöcher
(rnd-news.de, Ulrike Simon)
RND-Kolumnistin Ulrike Simon leidet unter Wort-Allergien. “Content” ist eines dieser Allergene. Zum anaphylaktischen Schock kommt es bei Simon jedoch, wenn Interviewpartner nachträglich das Wörtchen “noch” einfügen.

“Focus Online” klaut einen erfundenen Asteroiden

Wissenschaftler der Columbia University und des staatliche französischen Forschungsinstituts Inria haben neulich untersucht, wie sich Nachrichten in Sozialen Netzwerken verbreiten. Zusammengefasst sagt ihre Studie “Social Clicks: What and Who Gets Read on Twitter?” (PDF): 59 Prozent der Links, die Leute bei Twitter retweeten, wurden von der Person, die sie verbreitet, zuvor nicht gelesen. Oder anders gesagt: Für viele reicht eine knackige Überschrift, um einen Link bei Twitter verbreiten zu wollen.

Elizabeth Bromstein vom “Yackler Magazine” hat dieses Ergebnis auf eine charmante Art veranschaulicht:

Scientists have discovered a massive asteroid that is on course to hit the Earth next week, and are scrambling to find a way to divert the object.

The asteroid has been named 2016-FI and measures approximately 1 km across. If it strikes a populated area is could wipe out entire cities and potentially devastate an entire continent or … nah. I’m totally messing with you. There’s no asteroid (at least not about to strike next week).

But there is a new study by computer scientists at Columbia University and the French National Institute that has found that 59 percent of links shared on social media have never actually been clicked, meaning that most people who share news on social media aren’t actually reading it first. […]

RTFA, of course, and don’t share things you haven’t read. Being informed is being responsible.

Bei “Focus Online” muss jemand auf Bromsteins Text gestoßen sein. Idee geklaut, kurzerhand übersetzt und schnell einen eigenen Artikel veröffentlicht:

Wissenschaftler haben kürzlich einen Asteroiden entdeckt, der sich auf Kollisionskurs mit der Erde befindet. Nun versucht man herauszufinden, wie die Katastrophe abgewendet werden könnte. Ein Einschlag könnte einen ganzen Kontinent verwüsten.

Wissenschaftler haben einen massiven Asteroiden von einem Kilometer Durchmesser entdeckt, der in der kommenden Woche die Erdumlaufbahn kreuzen könnte. Solche und vergleichbare Nachrichten erregen Aufmerksamkeit und werden im Netz tausendfach geklickt.

Allerdings haben Wissenschaftler der Columbia Universität und des Französisch Nationalen Instituts nun herausgefunden, dass 59 Prozent der geteilten Links in den sozialen Netzwerken nur in den seltensten Fällen angeklickt werden. Das bedeutet, dass sich die meisten Menschen geteilte Neuigkeiten zuvor gar nicht richtig durchlesen und sie einfach blind teilen. […]

Es ist also ratsam einen Artikel zunächst aufmerksam zu lesen und erst dann zu teilen oder sich an einer Diskussion zu beteiligen. Informiert sein heißt nämlich auch Verantwortung übernehmen.

Die Redaktion hat sich auf ihrem Raubzug nicht mal die Mühe gemacht, sich einen eigenen Namen für den Fantasie-Asteroiden auszudenken.

Blöderweise hat “Focus Online” eine ganz entscheidende Stelle hingegen nicht vom “Yackler Magazine” übernommen: Die eindeutige Auflösung, dass es sich bei der bedrohlichen Lage um eine bewusste Falschmeldung handelt. Besorgte Leser bitten nun die “Gute Frage”-Community um Aufklärung. Und auch unter dem “Focus Online”-Artikel herrscht Verwirrung:

Was hat der Bericht nun mit dem Asteroiden zu tun ?? Anstatt über ihn zu berichten und Fakten mitzuteilen wird über das Verhalten der Leute im Netz gelabert. […]

wow gerade mal 5sec bekam der Asteroid am Aufmerksamkeit — er sollte vielleicht doch mal die Erde aufsuchen – dann ist er in den Topnachrichten für die nächsten Wochen

Ist das euer Ernst? Eine solche Nachricht und dann der Großteil des Berichts über das teilen von Links? Stimmt die Sache mit dem Kometen überhaupt oder soll das nur verdeutlichen, dass meistens nur die Überschrift gelesen wird? Ist auf jeden Fall nicht witzig.

Mit Dank an Christian D. und Heiko S.!

Nachtrag, 15. Juli: Neben “Focus Online” haben auch die Seiten “Macwelt”, “Gulli” und “Yahoo Nachrichten” die Geschichte vom Asteroiden, der auf die Erde prallen wird, geklaut. Im Gegensatz zu “Focus Online” haben sich die drei Portale immerhin Mühe gegeben, den Fake im Artikel aufzulösen.

“Focus Online” hat seinen Artikel inzwischen geändert. Die Überschrift lautet nun:

Mit Dank an @Wasserbanane!

YouTube-Sexismus, Humorjournalismus, Pokemonismus

1. Die deutsche YouTube-Szene ist sexistischer als jede Mario-Barth-Show
(broadly.vice.com, Marie Meimberg)
Marie Meimberg ist genervt von all den in kleine Videos gepressten Geschlechterklischees und dumpfen Vorurteilen aus dem vorletzten Jahrhundert, die auf YouTube Millionenfach geklickt werden: “Das zieht sich in der deutschen YouTube-Szene durch alle Altersklassen und Content-Genres, betrifft Menschen, die ich privat mag und solche, die ich auch privat ziemlich scheiße finde. Von den 16-jährigen Zwillings-Lochis bis hin zur 32-jährigen Joyce Ilg, von einer Kelly aka MissesVlog bis hin zu ImbaTorben—überall findet man sie, die Videos, die den wirklich wichtigen Fragen der Menschheit nachgehen: „Was Männer an Frauen geil finden” oder „Was Frauen nie sagen, aber denken” oder was „Männer von Frauen nicht wissen”, wie Frauen streiten oder lügen … und völlig egal, ob hier ein YouTuber oder eine YouTuberin vor der Kamera steht, was dabei rauskommt, ist wirklich sexistischer Klischeescheiß vom allerfeinsten.”

2. Realsatire.de und der „Humorjournalismus“
(get.torial.com, Tobias Lenartz)
Eine neue Satireseite hat sich dem “Humorjournalismus” verschrieben. Crowdfundingunterstützt will man sich all der Geschichten annehmen, die bereits Realsatire seien. Tobias Lenartz hat sich die Seite näher angeschaut und lässt die Macher zu Wort kommen. Bislang sei die Updatefrequenz sowie die Zahl längerer Stücke noch recht übersichtlich. Doch das solle sich nach Angaben der Realsatirebetreiber ändern. Man wolle die crowdgefundete Summe in Autoren investieren und strebe an, in Zukunft ein längeres, gut recherchiertes Stück pro Tag und einige kürzere Geschichten, Fotos und Links zu veröffentlichen.

3. Ist das jetzt wirklich lustig oder werden wir alle gefoppt?
(br.de, Lisa Altmeier )
Zu den Dingen, die auf Facebook besonders gerne geteilt werden, gehören Screenshots von aberwitzigen Konversationen. Der Verdacht liegt nahe, dass diese meist gefaket sind. Lisa Altmeier hat einen dieser viral so erfolgreichen Dialoge einer Expertin für Scripted Reality zur Begutachtung vorgelegt, die ihren Verdacht prompt bestätigt. Altmeier fragt sich, warum die Bildchen so erfolgreich sind und kommt zu dem Schluss: “Wir alle finden es geil, berieselt zu werden und einfach mal laut loszugröhlen. Wir fühlen uns ein Stück schlauer, wenn wir uns mit den vermeintlich Dümmeren vergleichen. Oder wir erkennen unsere eigene Verpeiltheit in den Dialogen der anderen wieder. Die naive Person ist also in Wahrheit nicht Carmen aus dem Transformers-Dialog, sondern wir selbst.”

4. Wenn der Krieg zur Gewohnheit wird
(ostpol.de, Alice Bota)
Alice Bota ist Moskau-Korrespondentin der “Zeit” und fand sich im siebten Jahr ihres Berufslebens im Krieg wieder, wie sie ihren Artikel beginnen lässt. Bota war im Frühjahr 2014 in den Osten der Ukraine gereist und lernte ab dem Zeitpunkt nicht nur etwas über den Krieg, sondern auch über Journalismus, eigene Versäumnisse, Meinungshoheiten in Talkshows und die Hartnäckigkeit gängiger Narrative. “Die Kritik an der Ukraine-Berichterstattung, von manchen Medienjournalisten fast neurotisch betrieben, war übrigens keine Hilfe, mit der eigenen Fehlerkultur umzugehen, weil sie entweder diffus blieb oder sich an handwerklichen Fehlern abarbeitete, die zwar ärgerlich, aber eben nicht intentional waren. Dabei hätten wir eine Debatte darüber gebraucht, was wir Reporter nicht abbilden und warum nicht. Doch in einer Atmosphäre, in der Reporter als Kriegshetzer, Propagandahuren und Agenten verhöhnt werden, fällt es schwer, laut über die eigenen Schwächen nachzudenken.”

5. Ein “Shooting” ist keine “Schießerei”
(sueddeutsche.de, Jörg Häntzschel)
Deutschen Beobachtern, die über die Polizeigewalt in den USA berichten wollen, fehlen die geeigneten Worte, konstatiert Jörg Häntzschelt und stellt einige der unzureichenden Begriffsübertragungen vor. Besonders bizarr sei der “Amoklauf”, mit dem oft die “school shootings” übersetzt würden: “Damit lassen sich die Tatmotive in eine so unzugängliche Zone der Täterpsyche verlegen, dass sich die Suche nach rationalen Erklärungen eigentlich erübrigt. In den USA spricht man in solchen Fällen auch von mass shootings und mass killings, doch “Massentötung” ist uns so unheimlich, dass wir sie allenfalls für die Opfer der Massentierhaltung verwenden. Und “Massenmord”? Darin waren wir Deutschen mal sehr gut. Wir wollen das Wort am liebsten gar nicht mehr verwenden.”

6. Pokémon Go: Der Hype um den Hype
(wuv.de, Markus Sekulla)
Pokémon Go ist eine Woche online. Laut W&V-Kolumnist Markus Sekulla Zeit für einen (nicht ganz ernst gemeinten) Rückblick.

Der Tod eines Toreros in Zeitlupe

Am vergangenen Samstag starb bei einem Stierkampf in Spanien ein Torero. In der Arena von Teruel stach ein Stier dem 29-jährigen Matador Victor Barrio mit einem Horn in die Brust. Manche Portale berichten, dass dabei Barrios Herz verletzt worden sei, andere schreiben, Lunge und Halsschlagader seien getroffen worden. Jedenfalls starb Victor Barrio an den Folgen seiner Verletzung noch vor Ort — alles gut dokumentiert, da der Stierkampf live von einem spanischen TV-Sender übertragen wurde.

Der letzte Todesfall eines Stierkämpfers in einer Arena liegt bereits 31 Jahre zurück. Und so erhoben manche Nachrichtenseiten den Unfall vom Samstag direkt zum Jahrhundertereignis:


(“Kölnische Rundschau”)


(n-tv.de)


(“Mitteldeutsche Zeitung”)

(Schade, liebe Jahrhundertjournalisten, leider habt ihr die große Chance vertan, aus Victor Barrios Tod gleich ein Jahrtausendereignis zu machen.)

Als wäre das — in Kombination mit mehr oder weniger detaillierten Beschreibungen des Vorfalls und Fotos vom verletzten, leblosen Victor Barrio — nicht schon Sensation genug, wollten manche Redaktionen ihrer Leserschaft nicht die Möglichkeit nehmen, einem Menschen beim Sterben zugucken zu können.

“N24” zeigt beispielsweise in einem Video in Zeitlupe, wie der Stier Barrio aufspießt. Genauso die “BZ”. Die “Huffington Post” bindet Aufnahmen von Victor Barrios Tod gleich in zwei Artikeln ein und will nicht darauf verzichten, in einem der Texte noch einmal extra auf das Material hinzuweisen, damit auch ja niemand etwas verpasst:

Eine Sequenz des Videos zeigt Barrio in Großaufnahme, bereits am Boden liegend, noch leicht zuckend. Es ist extrem würdelos. Diese Szene haben die russischen Propagandisten von “Sputnik” ebenfalls veröffentlicht. (Auf Links zu und Screenshots von den Videos haben wir bewusst verzichtet.)

Und auch Bild.de zeigt Victor Barrio beim Sterben. Auf der Startseite hat das Portal mit diesem Teaser für den Artikel geworben:

(Unkenntlichmachung durch uns.)

Dank der Taktlosigkeit einiger deutscher Redaktionen, können das nun auch alle anderen von zu Hause aus am Computer.

Mit Dank an Daniel W.!

Kummerreportagen, Mördergage, Talkshowzirkus

1. Tom Kummers unlautere Textcollagen
(nzz.ch, Boas Ruh)
Der Schweizer Journalist Tom Kummer wurde lange Zeit für seine exklusiven Interviews mit illustren Promis gefeiert. Umso größer war das Entsetzen, als sich im Jahr 2000 herausstellte, dass Kummer viele seiner Interviews frei zusammenfantasiert oder aus vorhandenem Material zusammengebaut hatte. Das mediale Beben war erheblich: Die verantwortlichen Chefredakteure des SZ-Magazins wurden gefeuert. Kummer selbst verklärte seinen Betrug gerne zur Kunstform. 2005 verpatzte Kummer seine zweite Chance mit einer weiteren Täuschung, wie der “Spiegel” schrieb. Nun fand Kummer für seine Texte erneut Abnehmer. Medien wie “reportagen” oder die “Weltwoche” haben anscheinend ungeprüft Reportagen des notorischen Wiederholungstäters veröffentlicht. Die “NZZ” hat die Kummer-Reportagen untersucht und festgestellt, dass sie zwar nicht komplett zusammenfantasiert, aber eine Melange aus abgekupferten Texten anderer Autoren sind.

2. Das Gegenteil von Lügenpresse
(derstandard.at, Noura Maan, Fabian Schmid)
Die rechte Pegida-Bewegung bedient sich besonders gerne der sozialen Netzwerke, um ihre Inhalte zu vermitteln und neue Anhänger zu requirieren. Noura Maan und Fabian Schmid haben das Social-Media-Verhalten der Bewegung untersucht und sich unter anderem angeschaut, welche Links von Pegida auf Facebook geteilt werden. Eine spannende Analyse, die möglich wurde durch eine Kooperation mit Wissenschaftlern des Alexander-von-Humboldt-Instituts für Internet und Gesellschaft in Berlin im Rahmen eines von der Volkswagenstiftung geförderten Forschungsprojekts zu “Wissenschaft und Datenjournalismus”.

3. Krankenpfleger Niels H.: TV-Produktionsfirma zahlte Serienmörder 5000 Euro Honorar
(spiegel.de)
Der Krankenpfleger Niels H. hat Patienten mit Medikamenten in einen lebensbedrohlichen Zustand gebracht, um sie danach zu reanimieren und sich selbst als Retter zu gerieren. Für ein im WDR ausgestrahltes Interview soll der mittlerweile wegen Mordes, versuchten Mordes und gefährlicher Körperverletzung zu einer lebenslänglichen Freiheitsstrafe verurteilte Mann einen Betrag von 5.000 Euro erhalten haben. Der WDR hat nach Bekanntwerden der Vorwürfe die Sendung für die weitere Ausstrahlung gesperrt.

4. “Nicht in Ordnung, nur weil man es immer macht”
(lto.de, Constantin Baron van Lijnden)
Die “Sächsische Zeitung” hat angekündigt, in Zukunft stets die Nationalität von Straftätern nennen zu wollen – auch, wenn es Deutsche sind. Dies kollidiert jedoch wahrscheinlich mit Richtlinie 12.1 des Pressekodex. Danach ist eine derartige Nennung nur zulässig, wenn ein begründbarer Sachbezug zu der Meldung besteht. Die “Legal Tribune Online” hat den Presserats-Geschäftsführer im Interview gefragt, ob der Presserat bald reihenweise Artikel der Sächsischen Zeitung beanstanden wird.

5. nr-Jahreskonferenz 2016
(netzwerkrecherche.org)
Der Verein “Netzwerk Recherche” ist ein Journalistenzusammenschluss, der nach eigenen Angaben für die Interessen jener Kollegen eintritt, die oft gegen Widerstände in Verlagen und Sendern intensive Recherche durchsetzen wollen. Am Wochenende hat man sich zur Tagung getroffen. Ein Team angehender Journalisten hat das Geschehen in einem ausführlichen Live-Blogbeitrag dokumentiert und zahlreiche Abstracts, Videobeiträge und Tweets der Veranstaltung zusammengestellt.

6. Lasst sie reden
(taz.de,Philipp Daum)
Steffen Bothe hat ein etwas anderes Hobby. In den letzten 20 Jahren hat er nach eigener Schätzung etwa 800 Talkshows besucht. “taz”-Autor Philipp Daum hat sich mit dem TV-Dauergast zum Fernseh-Marathon getroffen: Vier Talkshows in drei Tagen, zusammen wurden es 13,5 Stunden in Fernsehstudios.

Verabschiedet, Versendet, Verschlankt

1. Die Journalismus-Krise ist eine Krise seiner Umwelt
(carta.info, Christoph Kappes)
Was da unter der Überschrift “Gedanken zu Vertrauensverlust, Qualität, Unabhängigkeit und möglichen Entwicklungsrichtungen.” daherkommt, ist nichts weniger als eine umfassende Standortbestimmung des jetzigen Journalismus. Kein Text zum schnellen Überfliegen, sondern eine gründliche Analyse mit dem Potential eine, nein viele Debatten über die Zukunft des Journalismus anzustoßen.

2. Ich mag einfach nicht mehr
(taz.de, Silke Burmester)
Silke Burmester schreibt seit 20 Jahren für die “taz”, sieben Jahre davon als das Mediengeschehen kommentierende “Kriegsreporterin”. Nun beendet sie ihre Kolumnentätigkeit bei der “taz” und verabschiedet sich mit einem letzten Brief. Nicht ohne nochmal verärgert festzustellen, “Dass es nicht zum Selbstverständnis von Journalisten gehört, sich mit Kollegen anzulegen. Und schon gar nicht mit den Bossen. Wir sind eine Branche der Schisser und Anpasser, die zwar groß darin ist, Fehler bei anderen zu suchen, aber sich heulend in der Ecke verkriecht, wenn sie ihre Arbeitsbedingungen benennen soll.”

3. BND darf ausländische Journalisten überwachen
(reporter-ohne-grenzen.de)
Übermorgen wird im Bundestag ein Gesetzentwurf beraten, der dem Bundesnachrichtendienst gestattet, ausländische Journalisten zu überwachen. Ein Skandal wie der Geschäftsführer der “Reporter ohne Grenzen” findet: “Bisher findet sich in jedem deutschen Überwachungsgesetz eine Ausnahmeregel für Journalisten. Im neuen BND-Gesetz aber ist an keiner einzigen Stelle ein Hinweis darauf zu finden, dass Journalisten nicht ausgespäht werden dürfen. Besonders Journalisten aus Nicht-EU-Ländern geraten damit in das Visier des Nachrichtendienstes. Offenbar betrachtet die Bundesregierung Pressefreiheit als ein deutsches Exklusivrecht, um das sie sich im Ausland nicht zu scheren braucht”

4. Warum meiner Meinung nach aus Sender nichts wurde
(medium.com, Lorenz Matzat)
“Wir gründen einen Sender, den ersten genossenschaftlichen Sender in Deutschland.” Mit diesem ersten Tweet wurde Mitte Januar 2015 ein hoffnungsvolles Projekt angekündigt, das jedoch nicht umgesetzt wurde. Einer der Mitgründer spricht nun über die Gründe: “Woran ist das Ganze gescheitert? Letztlich daran, dass wir uns nicht getraut haben, zu „springen“. Also wirklich zu starten. Ursächlich dürfte dafür gewesen sein, dass wir als Team nicht in der Lage waren, unsere Vision auf einen Nenner zu bringen. Sie blieb zu diffus.”

5. Für das dicke Ende sorgt die Welt.
(fettlogik.wordpress.com, Nadja Hermann)
Comic-Bloggerin Nadja Hermann („erzaehlmirnix“) betreibt mit “Fettlogik” eine Seite, auf der sie sich mit dem Thema Übergewicht auseinandersetzt. Wiederholt hat sie sich über Artikel der “Welt” geärgert, aktuell erregt der Beitrag “Kampf den Kilos: Warum Diäten uns immer dicker und dicker machen” ihren Unmut. Nadja Hermann seziert die Aussagen des Beitrags und ätzt zum Ende: “Wirklich schade, dass ich diesen Artikel nicht vor drei Jahren gelesen habe, dann hätte ich rechtzeitig gewusst, dass weniger essen leider nicht funktionieren wird, um von meinen 150 kg wegzukommen. Hilfreiche Artikel wie dieser hätten mich vielleicht davor bewahrt, zu glauben, ich könnte etwas gegen mein Übergewicht tun.”

6. Charaktermerkmal Doppel-F: Anime hat ein echtes Frauenproblem
(broadly.vice.com, Natalie Meinert)
Natalie Meinert schreibt über die Sexualisierung der weiblichen Figuren in Animes. Diese sei seit den 70er Jahren angestiegen, besonders rapide jedoch in den 90ern, als Anime sowohl in Japan als auch den westlichen Ländern immer populärer wurde. Ob das auch der westlichen Begeisterung für die Kulturform angelastet werden könne, ließe sich nicht klar sagen. Meinert über die auf RTL2 und Co. laufenden Mainstream-Animes: “Den Zuschauer beschleicht das ungute Gefühl, sich zweidimensionalen Frauen mit sozialen Werten aus den 50ern gegenüberzusehen.”

In eigener Sache

In den vergangenen Wochen war es hier auf der Seite deutlich ruhiger als gewohnt. Die angekündigte Pause hat aber bald ein Ende: Im Laufe der kommenden Woche wird es — neben den werktäglichen “6 vor 9”-Links — wieder Blogbeiträge über die kleinen Merkwürdigkeiten und das große Schlimme in deutschen Medien geben.

Wir danken für die Geduld und freuen uns, dann auch ein paar Neuerungen präsentieren zu können.

Prestigefrage, Frauenfrage, Haltungsfrage

1. Justiz blockt Neonazi-Watchblog
(tagesspiegel.de, Matthias Meisner)
Der “Tagesspiegel” berichtet über das Neonazi-Watchblog “Störungsmelder”, das seit neun Jahren bei den Kollegen von der “Zeit” gehostet werde. Dort würde fortlaufend über die rechte Szene berichtet, auch wenn sie mal nicht im Fokus der Öffentlichkeit stünde. Zuletzt beispielsweise über einen “Identitären”-Aufmarsch in Berlin, Verbindungen von Russlanddeutschen zur extremen Rechten und eine Sonnenwendfeier im schwäbischen Landkreis Neu-Ulm. Doch die “im besten Sinn journalistische Arbeit” hätte einen empfindlichen Dämpfer bekommen: Das Verwaltungsgericht Augsburg sehe im “Störungsmelder” kein Presseorgan und habe deshalb einem der Autoren die Auskunftsrechte gegenüber Behörden verweigert.

2. Benjamin Carter Hett: “Für den Spiegel ist das eine Prestigefrage”
(wolfgangmichal.de)
Das neue Buch des US-amerikanischen Historikers Benjamin Carter Hett über den Reichstagsbrand stellt die These vom Einzeltäter in Frage. Diese sei in den fünfziger Jahren vom “Spiegel” in die Welt gesetzt worden, so Wolfgang Michal auf seiner Seite. Nun ducke sich der “Spiegel” weg und sähe keinen Grund zur Selbstkorrektur. Während Ex-Spiegel-Chefredakteur Stefan Aust in der “Welt am Sonntag” fünf Druckseiten für Hetts Buch freigeräumt hätte, sei es dem “Spiegel” bis heute keine Zeile wert. Wolfgang Michal hat mit dem Autor über die Gründe gesprochen und ihn nach den Ergebnissen seiner Recherchen gefragt.

3. Hartmut Schneider: „Blessuren gelten als Statussymbol“
(augenzeugen.info, Frank Überall)
Seit Jahren hält Hartmut Schneider photographisch Aufmärsche und Veranstaltungen von Neonazis fest – zu journalistischen, aber auch zu Dokumentationszwecken. Frank Überall hat ihn im Interview u.a. gefragt, warum er so viel Zeit auf solchen Veranstaltungen verbringen würde, auch wenn damit meist kein Geld zu verdienen sei. Schneider berichtet von aus dem Ruder gelaufenen Demos der Rechtenszene und erklärt, warum Deeskalation aus seiner Sicht nicht immer das Mittel der Wahl ist. So wünscht er sich zum Beispiel ein schnelleres und beherzteres Eingreifen den Polizei: “Ich habe in meiner langen Tätigkeit noch nie beobachtet, dass ein rechtsextremistischer Störer einen Platzverweis erhielt. Dagegen werden mir regelmäßig Platzverweise angedroht, weil ich angeblich die Arbeit der Polizei störe.”

4. Die FAZ, Jürgen Kaube und die Frauen
(www.rnd-news.de, Ulrike Simon)
Jürgen Kaube ist einer der vier Herausgeber der “Frankfurter Allgemeinen Zeitung” und dort zuständig für das Feuilleton. RND-Autorin Ulrike Simon wirft Kaube in ihrer neuesten Kolumne vor, ein Problem mit Frauen zu haben. Konkreter Anlass ist die Versetzung einer Redakteurin. Ulrike Simon hat sich im Hintergrund umgehört und spekuliert über die Gründe.

5. ROG-Korrespondent freigelassen
(reporter-ohne-grenzen.de)
Erol Önderoglu, seit 20 Jahren Korrespondent und Repräsentant von “Reporter ohne Grenzen” in Istanbul, wurde am 20. Juni zusammen mit anderen Menschenrechtsverteidigern verhaftet. Der Anlass: Önderoglu hatte sich an einer Solidaritätsaktion für die pro-kurdische Zeitung “Özgür Gündem” beteiligt. Nun ist er auf Anordnung eines Istanbuler Gerichts freigelassen worden. Die Anschuldigungen wegen angeblicher “Terrorpropaganda” würden aber weiterhin aufrechterhalten.

6. Michael Jackson und die Kinder
(perlentaucher.de, Thomas Groh)
Das amerikanische Klatsch- und Schmuddelmagazin “RadarOnline” hat den Polizeibericht der Hausdurchsuchung bei Michael Jackson aus dem Jahr 2003 veröffentlicht. “RadarOnline” würde unterstellen, es seien üble Bilder missbrauchter Kinder aufgefunden worden. Deutsche Medien wie die “Deutsche Welle” oder der “Rolling Stone” hätten die Meldung ungeprüft übernommen. Es handele sich jedoch bei den im Polizeibericht aufgeführten Büchern um bei Online-Buchhändlern frei verfügbare und keineswegs justiziable Werke. Thomas Groh dazu in seinem Schlussabsatz: “In erster Linie ist diese ganze Angelegenheit vor allem ein Lehrstück über journalistische Kultur im Zeitalter potenzierter Empörungswilligkeit. Es zeigt sich, mit welchen kleinen semantischen Verschiebungen sich ein Maximum an öffentlicher Welle hervorrufen lässt. Wer der Ansicht ist, dass die Behörden bei Michael Jackson Folter- und Missbrauchsmaterialien gefunden hat, geht seiner eigenen voyeuristischen Fantasie und der eigenen spekulativen Lust auf den Leim.”

7. Offener Brief an die AfD Bayern
(facebook.com, Lorenz Meyer)
Ausnahmsweise heute ein siebenter Link: Der in seiner Niedertracht schwer zu ertragende Facebook-Post der AfD-Bayern und die Antwort des BILDblog-6vor9-Kurators darauf.

Querfront, Queerfront, Querschuss

1. Zur Kritik am Artikel über eine Rechtsextremismus-Studie
(spiegel.de, Benjamin Schulz)
Die Universität Leipzig hat vor kurzem die Studie “Die enthemmte Mitte, Autoritäre und rechtsextreme Einstellung in Deutschland” veröffentlicht. Die Ergebnisse stießen auf große Aufmerksamkeit. Der Branchendienst “kress” kritisierte die Berichterstattung der Medien und erwähnte explizit den Artikel von Spiegel Online: “Den Vogel schoss Spiegel Online ab – die Berichterstattung dort war so reißerisch und so selektiv, dass der Text nur noch sehr bedingt etwas mit Information des Lesers zu tun hatte, dafür umso mehr mit Klick-Zahlen und Kampagnenjournalismus.” Der Autor des kritisierten Spiegel-Beitrags bezieht nun Stellung.

2. Was die „Zeit“ über Homophobie lernen könnte, wenn sie es denn wollte
(nollendorfblog.de, Johannes Kram)
In der “Zeit” vom 16. Juni 2016 konnte man auf der Titelseite einen Satz lesen, der für Irritationen sorgte („Homophobie ist nicht zuletzt eine Reaktion auf die enormen Emanzipationsgewinne der Schwulen und Lesben.“). Johannes Kram erläuterte in seinem Beitrag „Die schrecklich-nette Homophobie der “Zeit”” , warum er den Satz für “hammerhomophob” hält. Mittlerweile hat sich der Autor der beanstandeten Passage in den Kommentaren zu Wort gemeldet. Und macht die Sache nur schlimmer, wie Johannes Kram findet.

3. Wo die Zukunft der Unterhaltung produziert wird
(sueddeutsche.de, Michael Moorstedt)
Die deutsche Youtube-Niederlassung in Berlin hat erstmalig 16 ausgewählte Nutzer zum einwöchigen Lehrgang eingeladen. Auf dem Lehrplan standen Dinge wie Audience Development, Selbstpromotion, Kameraführung und Beleuchtung. Michael Moorstedt von der “SZ” nimmt den Leser mit ins hippe Bootcamp der “Creator”, wie Youtube seine Videolieferanten nennt. Eine muntere Mischung der verschiedensten Genres hatte man dort zusammengeführt: Von Indie-Poesie bis zu Kiffer- und Pimmel-Witzen war alles dabei.

4. Heftige Kritik an “kress”-Bericht über “Millionen-Honorare”
(dwdl.de, Uwe Mantel)
Der Branchendienst “kress pro” hat in einem Beitrag (Überschrift: “Mein teurer Scholli”) die Honorare kritisiert, die Fußballexperten wie Mehmet Scholl und Oliver Kahn bei ARD und ZDF angeblich kassieren würden. Von bis zu 50.000 Euro am Tag war die Rede. Die ARD hat mit heftigen Worten dementiert (“gleicht beinahe schon vorsätzlicher Bösartigkeit”). Als Betroffener hat sich Ex-National-Torhüter Oliver Kahn auf Facebook zu den Zahlen geäußert: “Hierbei handelt es sich um eine eklatante Falschmeldung, die jeglicher Grundlage entbehrt. Kress.de verbreitet eine Fehlinformation, die bewusst Neid und Missgunst in der Öffentlichkeit in Kauf nimmt und den Zuschauern die Freude an der Berichterstattung vermiesen soll. Auch die Redakteure der anderen Online-Dienste, die diese Fehlinformation ungeprüft weiterverbreiten, möchte ich an ihre publizistische Verantwortung erinnern.”

5. Neue Dimensionen des Hasses
(amadeu-antonio-stiftung.de)
Die Amadeu Antonio Stiftung hat den “Monitoringbericht zu rechtsextremen und menschenverachtenden Phänomenen im Social Web für 2015/2016” veröffentlicht. Die Hetze in den Sozialen Medien spitze sich weiter zu. Die Dimensionen des Hasses würden von rassistischer Hetze, die Meldungen über Attacken auf geflüchtete Menschen und Brandanschläge auf Asylunterkünfte bejubeln, bis hin zur Hetze gegen ehrenamtliche Flüchtlingshelfer, Journalisten, Verwaltung und Politik reichen. Die Vorsitzende der Stiftung Anetta Kahane: “Im Social Web beobachten wir zudem die Bildung einer gefährlichen Querfront aus unterschiedlichsten politischen Spektren, die aber zunehmend einen gemeinsamen Nenner finden und das ist der »Hass gegen das System.” Link zum Bericht in voller Länge.

6. Nackt im Kartenhaus: Der Enthüllungsjournalismus der Zoe Barnes – House of Cards
(journalistenfilme.de, Patrick Torma)
Patrick Torma hat sich die hochgelobte Netflix-Serie “House of Cards” näher angesehen. Obwohl man an anderer Stelle viel Gutes über die Serie sagen könne, zeige sich “HoC” in der Darstellung von Journalistinnen reichlich reaktionär.

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