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Wein-Journalismus, US-Flugzeugträger, NRW-Einbrüche

1. Exklusiv: Journalismus zum Heulen
(uebermedien.de, Boris Rosenkranz)
Hat der Mann, der im Verdacht steht, ein Attentat auf den BVB-Mannschaftsbus begangen zu haben, wirklich unter Tränen ein Geständnis abgelegt? Wer “Focus Online” liest, muss genau das annehmen. Das Problem: Das Bundeskriminalamt widerspricht dieser Behauptung mit deutlichen Worten. Das hält “Focus Online” jedoch nicht ab, erneut … Ach, lesen Sie selbst, was Boris Rosenkranz auf “Übermedien” dazu aufgeschrieben hat.

2. Mediennotizen #1: Petry/”Spiegel” und DJV
(daniel-bouhs.de)
Daniel Bouhs sieht in den Aussagen von Frauke Petry über die “Spiegel”-Reporterin Melanie Amann ein Symbol für das verstörte Verhältnis der AfD zu vielen Journalisten. Er hat dazu die Langfassung des Interviews von Doku-Filmer Stephan Lamby mit Frauke Petry herangezogen und eine Antwort von “Spiegel”-Chefredakteur Klaus Brinkbäumer eingeholt. Im zweiten Teil seines Blogbeitrags geht es um die Causa der Mafia-Rechercheurin Petra Reski, der vom “Freitag” die juristische Unterstützung in einer Rechtssache verweigert wurde, und die Frage, inwieweit diese von Verdi oder DJV geleistet worden wäre. Weiterführender Link: Die “FAZ” berichtet über Petra Reskis Fundraising zur Abdeckung der Kosten für den gegen sie angestrengten Rechtsstreit: Nicht allein gegen die Mafia.

3. Das Ende der Zukunft des Journalismus’
(medium.com/@lorz, Lorenz Matzat)
Lorenz Matzat konstatiert: “Ohne Vorstellung von einer digitalen Gesellschaft braucht es auch keinen entsprechenden digitalen Journalismus.” Seit rund zwei Jahren sei hierzulande ein Stillstand zu beobachten. Je mehr das Wort “Innovation” überstrapaziert werde, desto weniger trete diese im Journalismus ein. “Die traurige Ironie ist, dass wir in Deutschland mit den Öffentlich-Rechtlichen Einrichtungen besitzen, die mit rund 8.000 Millionen Euro im Jahr von der Gesellschaft ausgestattet werden, um Information und Unterhaltung zu organisieren. Das sind etwa 100 Euro pro Jahr pro Einwohner dieses Landes. Wo wären wir, wenn davon ein Euro pro Jahr pro Einwohner in Experimente, in Format- und Technologie-Entwicklung, in Open-Source-Software gesteckt würde?”

4. Falschmeldungen über US-Drohkulisse
(faktenfinder.tagesschau.de, Wolfgang Wichmann & Jenny Stern)
Der “Faktenfinder” der “Tagesschau” beschäftigt sich mit den widersprüchlichen Meldungen über die Flugzeugträger der US-Marine bzw. deren derzeitigen Aufenthaltsort. Die Meldung der südkoreanischen Agentur “Yonhap”, dass sich drei Flugzeugträger auf dem Weg nach Nordkorea befänden, sei falsch.

5. Journalisten zensieren sich selbst
(deutschlandfunk.de, Thomas Otto)
Eine aktuelle Studie des Europarates fördert Erschreckendes zu Tage: Weit mehr als jeder zweite befragte Journalist habe angegeben, in den letzten drei Jahren mindestens einmal das Opfer von Demütigung, Herabsetzung, Einschüchterungsversuchen, Verleumdung oder Schmutzkampagnen gewesen zu sein. Das Ergebnis dieser unschönen Entwicklung sei oftmals Selbstzensur.

6. Faktencheck: Christian Lindner behauptet, dass Einbrüche in NRW massiv zugenommen haben. Richtig oder falsch?
(correctiv.org, Jacques Pezet)
FDP-Chef Christian Lindner hat der “Bild”-Zeitung ein Interview gegeben. Dort wurde ihm unter anderem die Frage gestellt: “Leben die Menschen in NRW weniger sicher als in anderen Bundesländern?” Darauf entgegnete Lindner, dass die Einbruchskriminalität massiv gestiegen sei, während die Aufklärungsquote stagniere.
Jacques Pezet von “Correctiv” hat sich in den amtlichen Statistiken schlau gemacht und schreibt: “Zwischen 2012 und 2016 ist die Zahl der Wohnungseinbrüche in NRW um 2,9 Prozent gesunken. Wir wissen nicht, wie FDP-Chef Christian Lindner zu der Auffassung gelangt ist, dass die Zahl der Einbrüche ‘massiv gestiegen’ sei. Jedenfalls — ist seine Behauptung komplett falsch.” Nachtrag, 22:10 Uhr: Zum Faktencheck von “Correctiv” hatten wir allerdings auch noch was zu sagen: “Vercheckt”.

Ging es beim Anschlag auf den BVB wirklich um Millionen Euro?

Kein islamistischer Terror, keine Rechtsextremen, keine Linksextremen. Habgier soll das Motiv des Anschlags auf den BVB-Mannschaftsbus vor zehn Tagen gewesen sein. Heute früh wurde ein Mann festgenommen, der die drei Sprengsätze am 11. April in Dortmund gezündet haben soll. Dabei soll es ihm um die Aussicht auf viel Geld gegangen sein — die Bundesanwaltschaft schreibt in einer Pressemitteilung, dass der Tatverdächtige vor dem Anschlag Optionsscheine gekauft habe, mit denen er auf einen fallenden Kurs der BVB-Aktie spekuliert habe. Viele Medien schreiben, dass der Mann dadurch Millionen hätte machen können.

Bei ihrer Jagd nach großen Schlagzeilen mit großen Summen bringen die Redaktionen allerdings Zahlen ins Spiel, an denen es erhebliche Zweifel gibt. Der Ursprung des Übels ist dabei einmal mehr Bild.de:

Die zuständigen sieben Autoren schreiben:

Nach BILD-Recherchen fanden die Ermittler heraus, dass Sergej W. vom Hotel aus online ein Aktienpaket von 15 000 Optionsscheinen für 78 000 Euro kaufte. (…)

Im Falle eines deutlichen Kursverlustes der BVB-Aktie hätte Sergej W. einen Millionengewinn machen können. Nach den Ermittlungen des Bundeskriminalamtes hätte er einen Gewinn von bis zu 3,9 Millionen Euro erzielt.

Dafür musste die Aktie dramatisch fallen. Und genau das wäre nach einem Anschlag, bei dem ein Teil der Mannschaft schwer verletzt oder sogar getötet worden wäre, vermutlich passiert.

Andere Nachrichtenseiten übernahmen die Kennziffern 15.000 Optionsscheine, 78.000 Euro Einsatz, 3,9 Millionen Euro möglicher Gewinn. “Focus Online” zum Beispiel:

“Der Westen”:

“20 Minuten” aus der Schweiz:

Und viele weitere.

Erstmal zu den 78.000 Euro — wir vermuten, dass die Bild.de-Mitarbeiter durch eine simple Rechnung auf diese Zahl gekommen sind: Sie dürften die 15.000 Optionsscheine, von der die Bundesanwaltschaft berichtet, mit dem Basispreis von 5,20 Euro je Optionsschein multipliziert haben. Macht insgesamt 78.000 Euro.

Das Problem dabei: So funktioniert der Kauf von Optionsscheinen nicht. Man erwirbt die sogenannten Put-Optionsscheine, mit denen man auf fallende Kurse spekulieren kann, nicht zum Basispreis, sondern zu einem Kaufpreis des jeweiligen Optionsscheins. Und der lag bei den Put-Optionen zur BVB-Aktie am Tag des Anschlags bei nur wenigen Cents je Schein.

Die Put-Option zur BVB-Aktie mit dem Basiswert von 5,20 Euro, auf die sich Bild.de bei der 78.000-Euro-Rechnung vermutlich bezieht, hatte am Tag den Anschlags einen Kaufpreis von 0,18 Euro. Die 15.000 Optionsscheine, die der Tatverdächtige gekauft haben soll, haben also nur 2700 Euro gekostet.

Weiter zu den 15.000 Optionsscheinen — vermutlich hat der Verdächtige noch einige mehr gekauft. Sowohl boerse.ard.de (wo Detlev Landmesser übrigens bereits am 12. (!) April im Zusammenhang mit dem Anschlag in Dortmund auf “eine kleine Auffälligkeit aus Börsensicht” hingewiesen hatte) als auch die “Wirtschaftwoche” gehen davon aus, dass mehr Transaktionen getätigt wurden.

Es gibt 23 verschiedene Put-Optionen auf die BVB-Aktie, die man an deutschen Börsen kaufen kann. Sie haben unterschiedliche Basiswerte und unterschiedliche Kaufpreise. Bei insgesamt fünf von ihnen gab es am Tag des Anschlags Aktivitäten an der Frankfurter Börse (was laut Finanzexperten auffällig ist, da Optionsscheine von Privatanlegern in der Regel an der Stuttgarter Börse gehandelt werden):

1) Wertpapierkennnummer DG9CHE
Basiswert: 3,60 Euro
gehandeltes Volumen: 15.000 Optionsscheine
Kaufpreis: 0,09 Euro

2) DG7MN5
Basiswert: 4,00 Euro
gehandeltes Volumen: 15.000 Optionsscheine
Kaufpreis: 0,019 Euro

3) DGQ1VU
Basiswert: 4,40 Euro
gehandeltes Volumen: 15.000 Optionsscheine
Kaufpreis: 0,043 Euro

4) DGM51Y
Basiswert: 4,80 Euro
gehandeltes Volumen: 15.000 Optionsscheine
Kaufpreis: 0,12 Euro

5) DGQ1VV
Basiswert: 5,20 Euro
gehandeltes Volumen: 15.000 Optionsscheine
Kaufpreis: 0,18 Euro

Der Gesamtkaufpreis für diese 75.000 Optionsscheine liegt bei 6780 Euro.

Einen Tag später gab es ebenfalls an der Frankfurter Börse noch einmal Aktivitäten bei Put-Optionsscheinen zur BVB-Aktie. Wir konnten nicht endgültig klären, ob es sich auch bei ihnen ausschließlich um Käufe — und nicht um Verkäufe — handelt. Sollten es alles Käufe gewesen sein, und sollte für all diese Käufe der nun festgenommene Mann verantwortlich sein, hätte er insgesamt 123.000 Optionsscheine im Wert von 10.218 Euro erworben. Also immer noch weit entfernt von den 78.000 Euro, die Bild.de ins Spiel gebracht hat. Und auch nur ein Bruchteil des 79.000-Euro-Kredits, den der Tatverdächtige laut NRW-Innenminister Ralf Jäger aufgenommen haben soll. Bei süddeutsche.de und “Spiegel Online” ist die Rede von einem 40.000-Euro-Kredit.

Zuletzt noch zu den 3,9 Millionen Euro — konnte der Verdächtige auf so viel Geld hoffen? Höchstwahrscheinlich nicht. Detlev Landmesser schreibt bei boerse.ard.de, dass “der theoretisch maximale Gewinn” bei “gerade mal 276.000 Euro” läge. Dafür hätte der Wert der BVB-Aktie allerdings auf 0 Euro sinken müssen. Wäre er lediglich auf 3 Euro gesunken, hätte der Gewinn nur 96.000 Euro betragen. Die “Wirtschaftswoche” nennt zwar keine konkreten Zahlen, glaubt aber auch nicht, dass der nun festgenommene Mann Millionen hätte verdienen können: Die Annahme, dass sich mit dem Einsatz von einigen Tausend Euro “mithilfe von Put-Optionsscheinen Millionen verdienen lassen”, sei “vollkommen unrealistisch.”

Dazu auch:

Mit Dank an Tobi W. für den Hinweis!

Bekennerschreiben, Wissenschaftsbashing, Netzwerkdurchsetzung

1. dpa-Eilmeldung: Das Problem mit Indymedia als Quelle
(flurfunk-dresden.de, Andreas Szabo)
Nach dem Anschlag auf den Mannschaftsbus von Borussia Dortmund tauchte im linken Szene-Portal “Linksunten Indymedia” ein angebliches “Bekennerschreiben” auf, das von der Nachrichtenagentur “dpa” aufgegriffen wurde. Andreas Szabo von “Radio Dresden” hält das für problematisch: “Einen irgendwo ins Internet geschriebenen Text (mit kurzer Nachfrage bei Polizei) allerdings als Quelle für eine Eilmeldung zu nutzen, die bundesweit für viel Aufsehen sorgt und den Ermittlungsbehörden noch mehr Arbeit beschert, ist fahrlässig. Zu jedem Journalismus-Seminar gehört in den ersten Stunden der Grundsatz: 2-Quellen-Prinzip.”

2. Jeder Beitrag könnte der letzte sein
(correctiv.org, Marta Orosz)
In der Türkei wurden mehr als 140 Journalisten inhaftiert mit der Begründung, sie hätten angeblich terroristische Gruppen unterstützt. Trotz dieser massiven Einschüchterung gibt es Journalisten, die auch weiterhin kritisch aus dem Land berichten. Eine dieser mutigen Personen ist Zübeyde Sarı, die für “#ÖZGÜRÜZ” arbeitet, das türkisch-deutsche Onlinemedium von Can Dündar und Correctiv.

3. Flüchtlinge als Quotenbringer
(taz.de, Bettina Figl)
Letzte Woche fand im italienischen Perugia das 11. Internationale Journalismusfestival statt. Ein Schwerpunkt war der Umgang europäischer Medien mit dem Thema Flucht. Bettina Figl hat für die “taz” einige Panels besucht und berichtet von ihren Eindrücken und Erkenntnissen.

4. kontertext: Wissenschaftsbashing
(infosperber.ch, Ariane Tanner)
Die Historikerin Ariane Tanner erklärt, mit welchen Techniken gearbeitet wird, um wissenschaftliche Tatsachen oder längst Erwiesenes in Zweifel zu ziehen. Sie geht dazu in die 1950er Jahre zurück. In dieser Zeit hatte sich ein Zirkel interessierter Personen zusammengeschlossen, um den bereits bekannten Zusammenhang zwischen Rauchen und Gesundheitsschäden zugunsten der Tabakbranche zu verschleiern. Aber auch in der Jetztzeit wird gegen unangenehme Wahrheiten agitiert wie das Thema Klimawandel beweist. Tanner beschreibt die “Strategie des Anzweifelns” und wie das Medienphänomen “false balance” entsteht.

5. Facebook will Fake-Accounts schließen
(zeit.de)
Facebook kommt nicht umhin, sich dem Thema Fake News zu widmen und hat dazu eine Anzeigenkampagne gestartet. Eine Facebook-Managerin hat im Blog angekündigt, man wolle nicht nur gegen Falschmeldungen vorgehen, sondern auch verdächtige Nutzerkonten (Fake Accounts) löschen. In Frankreich sei das soziale Netzwerk so bereits bei 30.000 Fake-Konten vorgegangen.

6. Netzwerkdurchsetzungsgesetz
(neusprech.org, Martin Haase)
Martin Haase denkt über den Begriff “Netzwerkdurchsetzungsgesetz” nach und kommt zum Schluss: “Wenn aber schon die Bezeichnung eines Gesetzes Murks ist, dann gilt das oft auch für den Inhalt. Das N. ist ein Beleg für diese Theorie.”

Heilige Scheiße, Schmier-TV, Theatertheater

1. Provinzblatt gewinnt Pulitzer
(taz.de, Maike Brülls)
„Heilige Scheiße, wir haben gewonnen“… Man kann sich das ungläubige Gesicht des Redakteurs des Lokalblatts “The Storm Lake Times” (Auflage: 3.000 Expl.) vorstellen, als bekannt wurde, dass er die wichtigste Auszeichnung im US-amerikanischen Journalismus bekommen hatte: den Pulitzer-Preis. Das Komitee würdigte damit die Leitartikel von Redakteur Art Cullen, in denen er über die in Iowa agierenden großen Landwirtschaftsunternehmen wie Monsanto, Cargill oder Koch Brothers schrieb. Und zeichnete symbolhaft den regional wichtigen, aber im Rahmen des US-Zeitungssterben gefährdeten Lokaljournalismus aus.

2. Die Sendung mit der Maus
(faz.net, Anna Vollmer)
Was Anna Vollmer da über das italienische Fernsehen zusammengetragen hat, ist schon erschütternd. Das Programm wirke nicht nur auf unangenehme Weise gestrig, sondern vermittle ein sexistisches Frauenbild: “Wer italienisches Fernsehen schaut, fühlt sich häufig um zwei, drei Jahrzehnte zurückversetzt: zu grell, zu bunt, zu laut. Die Moderatoren, oft Männer mittleren bis fortgeschrittenen Alters, machen schmierige Onkelwitze, während leicht bekleidete Frauen blinkende Treppenaufgänge hinauf und hinabstolzieren. Man wundert, ärgert sich seit Jahren, doch geändert hat sich wenig – bis jetzt.” Eine besonders missglückte Sendung des öffentlich-rechtlichen Programms hat nun allerdings einen Proteststurm ausgelöst, der Folgen haben könnte.

3. Der Freischreiber-Newsletter
(freischreiber.de)
Immer einen Blick wert: Der Newsletter von “Freischreiber”, dem Berufsverband freier Journalistinnen und Journalisten. In der aktuellen Ausgabe gibt es Lesenswertes über die Ende des Monats anstehende Verleihung des Himmel- und Höllepreises. Damit zeichnet der Verband vorbildliches beziehungsweise tadelnswertes Verhalten von Medienunternehmen im Umgang mit Journalistinnen und Journalisten aus. Außerdem führt der Newsletter zu vielen interessanten Beiträgen rund um den Journalismus. Nicht nur für Profis lesenswert, sondern auch für den am Mediengeschehen interessierten Laien.

4. “Woher wissen Sie das?”
(sueddeutsche.de, Karoline Meta Beisel)
Die Wahrheit hat es in den USA gerade nicht leicht: Immer mehr Fake News geistern durchs Netz und mittlerweile wird mit ihnen sogar Politik gemacht. Der Twitter-Account des amerikanischen Präsidenten Donald Trump gilt vielen als eine Fundgrube falscher Behauptungen, Verdrehungen und Lügen. Doch wie mit dem Thema umgehen? Erreicht man mit Faktenchecks sein Ziel? Nur eingeschränkt, denn das Misstrauen gegenüber den amerikanischen Medien ist groß. Außerdem erreichen Faktenchecks oft nur diejenigen, die sich eh gut auskennen.

5. Werben mit Google: Ist die taz Schmuddelkram?
(blogs.taz.de, Martin Kaul)
Die “taz” hat vor Jahren über den Streit zwischen Google und einer Webseite berichtet, auf der sich Youtube-Filmchen als MP3-Dateien herunterladen lassen. Nun hat die Zeitung eine Mail von Google bekommen, die ernsthafte Konsequenzen androht, wenn die Zeitung den Beitrag so stehen lasse. Der Artikel verstoße gegen die “Programmrichtlinien” heißt es diffus. Da der “taz” nicht klar ist, was genau bemängelt wird bzw. wie Abhilfe geschaffen werden soll, hat man bei Google nachgefragt. Bislang ohne Erfolg.

6. Schreiben Sie das jetzt!
(nachtkritik.de, Dirk Pilz)
Theaterkritiker Dirk Pilz wird in letzter Zeit immer öfter aufgefordert, Theaterevents bereits im Vorfeld zu betrommeln. Nun wendet er sich mit deutlichen Worten an Intendanten, Pressesprecher und Marketingbeauftragte: “Es gibt einen Unterschied zwischen Presse- und PR-Arbeit. Nein, Theaterkritiker sind nicht die Außenposten der Öffentlichkeitsarbeit, sie sind auch keine Angestellten der Theaterkunst. Nein, es ist nicht die Aufgabe von Theaterkritik, schöne Festivals, tolle Regisseure, Schauspieler oder Autoren zu bewerben. Und kommen Sie mir bloß nicht mit dem Hinweis, dass wir doch alle im selben Boot säßen und gegen die böse Kulturpolitik und ihre steten Kürzungsgelüste gemeinsam zu streiten hätten. Den Kampf hat schon verloren, wer vorderhand das demokratische Grundrecht der Pressefreiheit preist, hintenherum aber alles für die eigenen Belange instrumentalisiert.”

Bild.de pfeift auf Polizei-Bitte und spekuliert zu Explosionen in Dortmund

Vor dem Champions-League-Spiel des BVB gegen den AS Monaco gab es am Mannschaftsbus der Dortmunder Fußballer offenbar drei Explosionen.

Die Polizei Dortmund bat bei Twitter darum, “Gerüchte und Spekulationen” zu unterlassen:

Dabei richtete sich die Polizei nicht explizit an Medien. Aber warum soll diese Bitte nicht (und gerade auch) für Redaktionen gelten?

Und was machen die Mitarbeiter von Bild.de? Sie pfeifen auf die Bitte der Polizei und spekulieren:

Bomben-Explosion am Dortmund-Bus! Spiel abgesagt! Dortmund-Boss Watzke: 'Sprengstoff-Anschlag auf den Bus. Mannschaft in Schockstarre' - BVB-Spieler Bartra leicht verletzt und auf dem Weg ins Krankenhaus - Polizei bestätigt: Drei Sprengsätze am Mannschaftsbus - Schock nach Bombenattacke: Was steckt hinter dem Anschlag?

In ihrem Artikel “Was steckt hinter dem Anschlag?” rät die Redaktion rum, wie es zu den Explosionen gekommen sein könnte (auf einen Link verzichten wir bewusst — wir wollen die Spekulationen von Bild.de ja nicht noch stärker weiterverbreiten als wir es durch unsere Zusammenfassung sowieso schon tun):

Dortmund unter Schock. Kurz vor Beginn der Champions-League-Partie gegen Monaco wurde der BVB-Mannschaftsbus angegriffen. BILD erklärt, was hinter der Attacke stecken könnte.

… ohne genauere Informationen dazu zu haben. Es sind schlicht Spekulationen: vielleicht sei etwas ferngezündet worden, was “für Erfahrung beim Bau und Auslösen von Sprengsätzen” spräche; vielleicht sei eine Lichtschranke “(wie zum Beispiel beim Anschlag auf Deutsche-Bank-Chef Alfred Herrhausen)” oder “eine Druckplatte auf der Straße” benutzt worden; vielleicht habe aber auch jemand “die Sprengsätze (zum Beispiel Granaten) von Hand auf den Bus” geworfen. Bild.de weiß nichts und schreibt viel.

Das Portal schließt aus der eigenen Rumraterei, dass viele der Punkte dafür sprächen, dass es sich um ein “Werk von Profis” handele. Das kann natürlich sein. Es kann aber auch ganz anders sein. Unter anderem deswegen bat die Polizei Dortmund, keine Spekulationen zu verbreiten oder — noch schlimmer — sie selbst in die Welt zu setzen. Aber seit wann interessiert die “Bild”-Medien schon, was die Polizei will?

Bild  

“Bild” zieht mit “Pleite-Griechen” in den Wahlkampf

Der “Bild”-Zeitung ist heute eine geniale Verknüpfung gelungen: auf der einen Seite eines der Lieblingsthemen der vergangenen Wochen (Martin-Schulz-Kritik), auf der anderen eines der Lieblingsthemen der vergangenen Jahre (Griechenland-Kritik-Bashing). In dieser Geschichte hat die Redaktion beide zusammengebracht:

Fangen wir bei Martin Schulz an. Seit bekannt ist, dass Schulz als SPD-Kanzlerkandidat bei der kommenden Bundestagswahl antreten will, schaut die “Bild”-Redaktion ganz genau, was bei den Sozialdemokraten und ihrem neuen Spitzenmann so alles schiefläuft. Natürlich ist es journalistisch völlig richtig, einen neuen Kandidaten genauer zu beobachten. Und es gibt auch mal positive Geschichte über Schulz — gerade erst veröffentlichte “Bild” Auszüge aus seiner Biografie. Vor allem aber geht es in Berichten über ihn um Ärger, Fehler, Zweifel.

Die Redaktion thematisierte gleich die “erste Wahlkampf-Panne”:

Sie dokumentierte Kritik von Experten …


… oder politischen Gegnern:

'

Wenn Informationen von der SPD-Website verschwanden, schrieb “Bild” darüber:

Oder wenn es von irgendwo Rügenärger für Schulz gegeben hat:


Die “Bild”-Mitarbeiter zweifelten an Schulz’ Wahlkampfthema …

… schrieben über das schwache Abschneiden der SPD bei der Wahl im Saarland, als wäre es seine Niederlage, obwohl Martin Schulz dort gar nicht zur Wahl stand …

… und entdeckten selbst bei großen Erfolgen etwas Negatives:

Und wenn nicht mal der gute, alte Fußball …

… dabei helfen kann, die aktuell hohen SPD-Umfragewerte nach unten zu bugsieren, dann muss ein neues Thema her; eines, auf das der durchschnittliche “Bild”-Leser direkt mit Schaum vor dem Mund reagiert — die “Pleite-Griechen”:

Diese Griechen-SPD-Geschichte von heute wirkt ein wenig wie die Fortsetzung der SPD-Griechen-Geschichte von Montag, als “Bild” das sozialdemokratisch geführte Nordrhein-Westfalen mit Griechenland und all den damit verknüpften Problemen in Verbindung brachte:

Die neue These der schulzwilligen “Pleite-Griechen” basiert auf Aussagen von FDP-Politiker Alexander Graf Lambsdorff (“‘Wer Schulz für die Wahl am meisten die Daumen drückt, ist klar: Griechenlands Ministerpräsident Alexis Tsipras'”), CSU-Politiker Markus Söder (“Schließlich stehe Schulz ‘für Geldtransfers ohne Reformen zulasten des deutschen Steuerzahlers'”) sowie einem EU-Abgeordneten der griechischen Syriza, der lediglich sagt, dass es “mit einer Koalition aus SPD, Grünen und Linken” beim Thema Griechenland “weniger um ständige Bestrafungen gehen” würde.

Aus den Aussagen zweier Deutscher und eines Griechen schließt “Bild” auf ein ganzes Volk und kramt dafür das grässlichen Wort “Pleite-Griechen” raus. Wie schon vor Jahren, als dieser Begriff bereits diffamierend und stigmatisierend und spaltend war, ist er auch heute noch diffamierend und stigmatisierend und spaltend.

Kein Schlagwort symbolisiert die “Bild”-Hetzkampagne gegen Griechenland und gegen die Griechen so sehr wie “Pleite-Griechen”. Als “Bild”-Reporter Paul Ronzheimer zum Beispiel im April 2010 durch Athen lief und mit Geldscheinen wedelte, verkündete “Bild” hämisch:

Als klar war, dass in Griechenland das Geld knapp wird, schlug “Bild” vor:

Als “Bild” von Angela Merkel eine Volksabstimmung über die Griechenlandhilfen forderte, schlug das Blatt schon mal zwei Antwortmöglichkeiten auf einem “Stimmzettel” vor: „JA, schmeißt ihnen weiter die Kohle hinterher!“ und „NEIN, keinen Cent mehr für die Pleite-Griechen, nehmt ihnen den Euro weg!“:

Das verallgemeinernde, verächtliche, populistische “Pleite-Griechen” wurde zur gängigen “Bild”-Vokabel:





Dank dieser jahrelangen Konditionierung der eigenen Leserschaft, bei der ein einfaches “Pleite-Griechen” direkt ein zorniges Grummeln in der Magengegend auslösen dürfte, kann “Bild” diese Wut nun mit nur einer Schlagzeile auf neue Feindbilder projizieren.

Nachtrag, 8. April: In ihrer heutigen Ausgabe macht “Bild” direkt weiter mit dem ätzenden “Pleite-Griechen”:

Hetze aus Österreich, Schüler-Recherche, affiger “Echo”

1. “Unzensuriert” kommt nach Deutschland: Wir haben der Hetzseite bei der Geburt zugeschaut
(motherboard.vice.com, Theresa Locker)
Bisher hat die Website “Unzensuriert” in Österreich zu hauptsächlich österreichischen Themen gehetzt. Nun hat das FPÖ-nahe Portal einen deutschen Ableger gegründet, mit Themen, die hier in der Berichterstattung eine Rolle spielen. Theresa Locker hat den Deutschland-Start von “Unzensuriert” beobachtet: “Tatsächlich sind die neuen Inhalte sorgfältig auf den deutschen Markt zugeschnitten. Die Artikel auf der .de-Seite sind zuwanderungsfeindlich, islamophob, russland- und AfD-freundlich.” Dazu auch: Matthias Meisner beim “Tagesspiegel” mit “‘Die rechte Blase im Netz wächst'”.

2. Wirbel um Hayalis “Junge Freiheit”-Interview
(ndr.de, Caroline Schmidt, Video, 8:11 Minuten)
Kann man, darf man, soll man einem mindestens rechten Blatt wie der “Jungen Freiheit” ein Interview geben? ZDF-“Morgenmagazin”-Moderatorin Dunja Hayali hat’s gemacht und ist dafür teils heftig kritisiert worden. Im NDR-Medienmagazin “Zapp” haben Jan Fleischhauer vom “Spiegel” und Heribert Prantl von der “Süddeutschen Zeitung” das Für (Fleischhauer) und Wider (Prantl) von Hayalis “Junge Freiheit”-Gespräch diskutiert.

3. Jenseits von Tabu und Sensation: Depressionen und Suizid in den Medien
(fachjournalist.de, Elisabeth Gregull)
Der heutige Weltgesundheitstag hat das Motto “Depression — Let’s talk”. Aber wie können Medien über Depressionen und Suizide berichten, ohne dabei stereotype Bilder zu wählen oder zu stigmatisieren? Sie müssten schon schon bei der Wahl der richtigen Begrifflichkeiten anfangen, schreibt Elisabeth Gregull und bietet weitere Tipps sowie Links mit weiteren Tipps für Journalisten. Eines der Ziele dabei sei: Papageno-Effekt statt Werther-Effekt.

4. Ist das Vertrauen in die Medien wirklich gestiegen?
(de.ejo-online.eu, Michael Haller)
Michael Haller ist verwirrt. Die einen (Medienwissenschaftler aus Würzburg) sagen: “Das Medienvertrauen ist so hoch wie seit 15 Jahren nicht mehr”. Die anderen (“Infratest”-Repräsentativerhebung) sagen fast zeitgleich: “Nur gut die Hälfte (52 Prozent) hält die Informationen in den deutschen Medien alles in allem für glaubwürdig”. Ja, was denn nun? Haller hat sich die verschiedenen Erhebungen, ihre Fragebogenformulierungen genauer angeschaut. Sein Fazit zur Jubelschlagzeile “Vertrauen in Medien so hoch wie lange nicht”: “Es handelt sich um Zufallsbefunde, die mal so, aber auch ganz anders ausfallen können.”

5. Von der Schülerzeitung entlarvt
(faz.net, Veronika Hock)
Eigentlich wollten die Mitglieder der Schülerzeitung “The Booster Redux” ihrer künftigen Schulleiterin in einem Interview nur ein paar Fragen stellen. Eine Antwort zum Lebenslauf war allerdings so merkwürdig, dass die Schüler der Pittsburg High School weiter recherchierten. Mit Folgen: Die Schule im US-Bundesstaat Kansas muss die Stelle neu besetzen.

6. Eier aus Stahl: Max Giesinger und die deutsche Industriemusik
(youtube.com, Neo Magazin Royale, Video, 22:11 Minuten)
Jan Böhmermann hat ein großes Ziel: Fünf Schimpansen aus dem Gelsenkirchener Zoo sollen nächstes Jahr einen “Echo” gewinnen, für ihren Song “Menschen Leben Tanzen Welt”. Mit einem “kleinen Experiment” und einer neuen Folge “Eier aus Stahl” zeigt das “Neo Magazin Royale”, wie musikalisch beliebig, maxgiesingerhaft und werbegesteuert die deutsche Industriemusik Musikindustrie ist.

Victim Blaming, Kritik an BVG-Tweets, Doppelmoral

1. Deniz Yücels Anwälte gehen vor das Verfassungsgericht
(welt.de)
Nachdem der „Welt“-Korrrespondent Deniz Yücel bereits mehrere Wochen inhaftiert ist, sind seine Anwälte nun vor das türkische Verfassungsgericht gezogen. Die Inhaftierung Yücels verletze „sein Recht auf körperliche Unversehrtheit und seine persönliche Freiheit, das Recht auf ein faires Verfahren, sein Recht auf die Unschuldsvermutung, sein Recht auf Schutz vor Verleumdung, das Recht auf Privatsphäre und freie Kommunikation sowie seine Meinungsfreiheit“. Deutsche Botschaftsvertreter haben unterdessen weiterhin keinen Zugang zu Yücel, obwohl von Seiten der Türkei eine konsularische Betreuung zugesichert worden war.

2. Victim Blaming im Fall Malina
(taz.de, Sibel Schick)
Seit dem 19. März wird eine 20-jährige Studentin aus München vermisst. Sibel Schick kritisiert die Berichterstattung der „Bild“, die mit irrelevanten Details die Unschuld der vermissten Studentin relativiere: „Die Betroffene ins Rampenlicht zu stellen führt den Täter tiefer in den Schatten: Interessiert uns noch, wer das überhaupt ist? Oder suchen wir nach Ausreden, welches Verhalten von Malina ihn dazu gebracht haben könnte? Machen wir eine Täterin aus der Betroffenen?“

3. Warum Verkehrsbetriebe keine politischen Witze machen sollten
(krautreporter.de, Rico Grimm)
Die Berliner Verkehrsbetriebe haben Krautreporter Rico Grimm mit ihren Witzen schon oft zum Lachen gebracht. Jetzt ist es ihm im Hals steckengeblieben… Anlass ist der Umgang der BVG mit dem Berliner AfD-Politiker Gunnar Lindemann. Die Antwort-Aktion diene nicht dazu, Menschen für die Benachteiligung von Minderheiten zu sensibilisieren. Sie sei ein unprovozierter Angriff auf den Politiker einer Partei, über die gerade sehr viel diskutiert werde. Grimm hält die BVG-Tweets an den AfD-Politiker deshalb für nichts als Marketing.

4. Der Freiraum schrumpft
(deutschlandfunk.de, Edda Schlager)
In Kirgistan herrschen für Journalisten vergleichsweise gute Zustände. Jedenfalls, wenn man es mit Nachbarländern der Region wie Tadschikistan, Turkmenistan oder Usbekistan vergleicht, in denen Pressevertretern Gefängnis und Folter drohen. Kirgistan hat sich daher zu einem Zufluchtsort für verfolgte Journalisten der Nachbarregionen entwickelt. Nun werden aber auch dort die Freiräume immer weiter eingeschränkt. Der Beitrag ist auch als Audio (4:53 Minuten) verfügbar.

5. Lagerberichte 4: Die Doppelmoral der “Alternativen Medien“
(schmalbart.de, Frank Zimmer)
„Warum ereifern sich die neuen „Alternativen Medien“ über Symbole und Begriffe, wenn Sie doch angeblich gegen „Political Correctness“ sind? Und warum sind immer nur die Anderen intolerant?“ Der „linksliberale Verfassungspatriot“ Frank Zimmers antwortet auf den „modernen Konservativen und Vollblutdemokrat“ Ben Krischke.

6. Kampf um US-Datenschutz: Aktivist will Internetnutzung aller Abgeordneten bloßstellen
(heise.de, Daniel AJ Sokolov)
Nachdem US-Netzbetreiber die Online-Aktivitäten ihrer User samt deren Bewegungsmustern überwachen, speichern, auswerten und verkaufen dürfen, will ein Netzaktivist zurückschlagen und bittet um Spenden: “Ich plane, die Internet History aller Abgeordneten und Manager sowie deren Familien zu kaufen, und sie einfach durchsuchbar auf searchinternethistory.com [bereitzustellen]. Alles, von ihren medizinischen über ihre pornographischen bis zu ihren finanziellen [Daten], und über ihre Seitensprünge. Alles, was sie sich angesehen haben, wonach sie gesucht haben, oder was sie im Internet aufgerufen haben, wird jetzt für jedermann verfügbar sein, um es zu durchleuchten.”

Sehen alle gleich aus (15)

Fotos, auf denen zwei Personen zu sehen sind, sind für Bild.de-Mitarbeiter immer doppelt gefährlich, weil sie dann gleich doppelt danebenliegen können. Wäre schließlich zweifach doof, wenn das Portal — mal als theoretisches Beispiel — ein Foto von Mick Jagger und Paul McCartney veröffentlicht, und in der Bildunterschrift steht dann: “Treffen zweier Musikgiganten: Florian Silbereisen und DJ Ötzi”.

Deswegen erst einmal ein großes Lob von uns: Toll, liebe Bild.de-Promierspäher, dass ihr Spielerberater Mino Raiola auf diesem Foto auf Anhieb erkannt habt.

Berater Raiola (r.) hat auch den bisher teuersten Fußballer der Welt, Paul Pogba, unter Vertrag

Und selbst die Info, dass Mino Raiola der Berater von Fußballprofi Paul Pogba ist, stimmt. Links im Bild ist aber gar nicht der französische Nationalspieler Pogba zu sehen — es handelt sich um den Italiener Mario Balotelli, der ebenfalls zu Raiolas Klienten zählt.

Das hätten die Mitarbeiter von Bild.de auch herausfinden können, wenn sie sich 15 Sekunden Mühe gegeben und sich die Fotobeschreibung der Agentur “Getty Images” angeschaut hätten. Denn dort steht:

Agent Mino Raiola and Mario balotelli are seen on March 5, 2013 in Milan, Italy.

Mit Dank an Andi F. für den Hinweis!

Nachtrag, 15:12 Uhr: Manche Leser haben uns darauf hingewiesen, dass die Bild.de-Redaktion in der Bildunterschrift gar nicht explizit — etwa durch ein “(l.)” — schreibt, dass sie den abgebildeten Mario Balotelli für Paul Pogba hält. Wir sind hingegen der Meinung, dass bei einem Foto, das nur zwei Personen zeigt und bei dem durch “(r.)” bereits klar ist, wer wer ist, das “(l.)” aufgrund des Ausschlussprinzips nicht zwingend nötig ist.

In der Zwischenzeit hat Bild.de die Bildunterschrift geändert. Nun wird klar, dass auf dem Foto Balotelli zu sehen ist. Dafür hat das Portal, entgegen unserer Annahme, ein “(l.)” verwendet:

Berater Raiola (r.) hat auch Stars wie Mario Balotelli (l.) oder den teuersten Fußballer der Welt, Paul Pogba, unter Vertrag

ZDF  

ZDF zeigt Hinrichtung von Menschen

Wer am vergangenen Dienstag “Frontal 21” geguckt oder gegen 21:07 Uhr zufällig ins ZDF gezappt hat, konnte sehen, wie zwei Frauen hingerichtet wurden. In einem Beitrag des Fernsehmagazins über die Türkei ging es unter anderem um die “Grauen Wölfe”, die Mitglieder der rechtsextremen “Milliyetçi Hareket Partisi”. Die Sprecherin des ZDF-Beitrags sagte:

Diese Bilder aus den Kurdengebieten verbreiten die Grauen Wölfe über die sozialen Medien selbst.

Menschenrechtsverletzungen. Wie auch in diesem Handy-Video. Experten halten diese Aufnahmen für authentisch: Männer in der Uniform türkischer Soldaten richten zwei kurdische Kämpferinnen hin. “Tamam, okay, das reicht”, sagt der Soldat und geht.

Dazu zeigte “Frontal 21” erst Fotos von verletzten oder getöteten Menschen, neben denen Personen in Uniformen stehen. Die Gesichter der Opfer hatte die Redaktion unkenntlich gemacht. Das ist alles noch im Rahmen. Dann folgte aber das 18 Sekunden lange “Handy-Video”, “Quelle: Twitter”. Man kann sehen, wie eine Frau in ein Erdloch geworfen wird, drei Männer in Uniformen schießen mit ihren Maschinengewehren in das Loch. Gleichzeitig, im Vordergrund der Video-Aufnahmen, schießt ein weiterer Mann in Uniform einer auf dem Boden knienden Frau mit seinem Maschinengewehr in den Kopf.

Diese menschenverachtenden Aufnahmen sind zum Glück nicht gestochen scharf. Es handelt sich eben um etwas wackelige Handy-Aufnahmen. Sie reichen aber aus, um genug zu erkennen: das Zerfetzen des Kopfes, das Zusammensacken des Körpers, das Blut auf dem Boden. Immerhin sind die Gesichter der Frauen nicht zu sehen, auch wenn die “Frontal 21”-Redaktion nichts verpixelt hat. Sie hat das Video, das die “Grauen Wölfe” vermutlich zu Propaganda-Zwecken bei Twitter verbreiten, eins zu eins übernommen.

Jeder, also auch Kinder und Jugendliche, können sich diese ziemlich würdelosen Aufnahmen aktuell rund um die Uhr in der ZDF-Mediathek angucken. Es gibt keine Zugangsbeschränkung.

(Wir haben uns bewusst dazu entschieden, weder den Beitrag in der ZDF-Mediathek zu verlinken noch Screenshots des Videos zu veröffentlichen.)

Mit Dank an @Schmier_Fink für den Hinweis!

Nachtrag, 16:57 Uhr: Das ZDF hat reagiert — die gesamte “Frontal 21”-Sendung ist nun erst ab 22 Uhr in der Mediathek abrufbar. *

*Nachtrag, 18:58 Uhr: Die “Frontal 21”-Redaktion hat die Folge vom vergangenen Dienstag kurzzeitig aus der Mediathek genommen, um die kritisierte Stelle zu bearbeiten. Nun sind die Opfer der Hinrichtung komplett unkenntlich gemacht. Der Beitrag ist in der Mediathek wieder abrufbar. In einer Stellungnahme hat das Team auf die Kritik an dem Türkei-Beitrag reagiert:

“Frontal 21” berichtete in der Sendung am Dienstag, 21. März 2017, über Menschenrechtsverletzungen in der Türkei. In dem Beitrag “Türken gegen Erdogan — Machtkampf auf deutschen Straßen” war zu sehen, wie Männer in türkischen Uniformen zwei mutmaßliche kurdische Kämpferinnen erschießen. Die Redaktion “Frontal 21” hatte sich entschieden, die 18-sekündigen Aufnahmen zu zeigen, um das Ausmaß der Menschenrechtsverletzungen zu veranschaulichen und zu verdeutlichen, mit welcher Brutalität in der Türkei der Kampf gegen Kurden geführt wird. Die Identität der Opfer war auf dem Video nicht erkennbar. Nach Ausstrahlung des Beitrags wurde das Video mit folgendem Warnhinweis in die ZDFmediathek eingestellt: “Achtung: Dieser Beitrag enthält Bilder, die Zuschauer schockieren könnten, da sie eine Erschießungsszene zeigen.” Zuschauer äußerten sich aber dennoch kritisch. Die Redaktion “Frontal 21” nimmt diese Kritik ernst und hat sich entschlossen, die Aufnahmen der Opfer zusätzlich unkenntlich zu machen. Die Redaktion bedauert, wenn die gezeigten Bilder Zuschauer verstört haben.

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