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Juristische Keule gegen “Kontext”, Merkwürdiger Satz, NPD-Bedrohung

1. Wir schweigen nicht
(kontextwochenzeitung.de)
Als die “Kontext”-Redaktion aus Facebook-Chats eines Mitarbeiters von zwei AfD-Abgeordneten zitierte, wurde dies vielfach gelobt, weil die Zitate den Rassismus, den Antisemitismus und die Demokratieverachtung dieser Kreise offenlegten. Auch das Oberlandesgericht Karlsruhe habe “Kontext” in dieser Sache vollumfänglich Recht gegeben. Doch nun wird die Redaktion erneut juristisch bedroht, mit einer 60.000-Euro-Schmerzensgeld-Forderung und einem sehr hohen Streitwert: “Wer den Streitwert in einem Presserechtsverfahren gegen eine spendenfinanzierte Zeitung auf 260 000 Euro veranschlagt, hat ein klares Ziel: eine kritische Stimme zum Schweigen zu bringen.” “Kontext” bittet daher um finanzielle Unterstützung durch Spenden: “Lassen Sie uns gemeinsam stark und laut sein gegen den Rechtsruck und dessen juristische Keule. Diesmal zielt sie auf uns. Gemeint sind wir alle.”

2. Kommentar: der wirklich ziemlich merkwürdige Satz des Holger Friedrich
(meedia.de, Matthias Oden)
Nach ihrem langen Aufsatz in der “Berliner Zeitung” haben die Verleger Silke und Holger Friedrich nun der dpa ein Interview gegeben. Darin liefert Holger Friedrich auch eine Erklärung für seinen umstrittenen Dank an den ehemaligen Staatsratsvorsitzenden der DDR Egon Krenz. Eine Erklärung, die “Meedia”-Chefredakteur Matthias Oden erschreckt aufhorchen lässt: “Man hätte man also auch dieses Thema irgendwie beiseite legen können, wenn nicht Holger Friedrich in diesem Zusammenhang einen anderen Satz hätte fallen lassen: “Ich kann es aber nicht nachvollziehen, wenn jemand, der danach geboren wurde, sich zu einem kräftigen moralischen Urteil aufschwingt, weil er zu der Zeit nicht dabei war.” Und weil die Friedrichs wichtige Themen gerne in Fragen angehen, soll an dieser Stelle auch mit einer geantwortet werden: Meint er das ernst? Wirklich jetzt?”

3. Reflexe der Redaktionen
(journalist-magazin.de, Josef Zens)
Kalkulierte Tabu-Brüche, inszenierte Skandalisierungen, “False Balance”, mangelnde Fehlerkultur, unzureichende Recherchen … In der neuen Folge von “Mein Blick auf den Journalismus” hat sich Josef Zens die Wut über aktuelle Missstände des Journalismus von der Seele geschrieben. Zum Schluss gibt es aber auch Lob, und zwar für neue (und hier auch gelegentlich verlinkte) Journalismusmodelle wie die “RiffReporter” und das deutsche “Science Media Center”.

4. “YouTubers Union” sucht den Streit mit Google
(heise.de, Torsten Kleinz)
Zwischen Youtube und den vom Netzwerk lebenden Videoproduzentinnen und -produzenten besteht ein großes Machtgefälle: Die Youtuber sind dem Netzwerk mehr oder weniger schutzlos ausgeliefert und müssen sich an das halten, was ihnen Youtube vorschreibt. Der Youtuber Jörg Sprave wollte sich mit diesem Ungleichgewicht nicht abfinden und gründete die Initiative “YouTubers Union”. Mittlerweile hat er einen mächtigen Bündnispartner gewonnen, die IG Metall. Torsten Kleinz erklärt in seinem Beitrag die Streitpunkte der beiden Parteien und sagt, welche Aktionen die Youtube-Gewerkschafter planen.

5. “Ein sehr starker Versuch der Einschüchterung”
(deutschlandfunk.de, Antje Allroggen, Audio: 7:42 Minuten)
Die NPD will in Hannover anscheinend eine Demonstration gegen drei Journalisten durchführen, die im rechtsextremen Milieu recherchieren. Antje Allroggen hat sich im Deutschlandfunk mit dem Rechtsextremismus-Experten Andreas Speit unterhalten, der das Vorgehen für bundesweit einmalig und für einen Teil einer neuen Einschüchterungsstrategie hält. Speit fürchte, “dass manches Mal Kolleginnen und Kollegen dann doch so ein wenig überlegen: ‘Ja, Mensch, muss ich mir das antun, wenn ich über die berichte, wenn das solche Folgen haben könnte?'”
Weiterer Lesehinweis: Die andere Pressefreiheit oder: Wie ich mit der AfD Bekanntschaft machte: “Nach der Abwahl des Rechtsausschuss-Vorsitzenden Stephan Brandner wegen Antisemitismus stellte ich nahe liegende Fragen und bekam unverschämte Antworten. Mir ist das eine Lehre. Sollte die AfD mal regieren, bleibt von der von ihr reklamierten Meinungsfreiheit vermutlich nicht viel übrig.” (rnd.de, Markus Decker).
Und noch ein Lesehinweis: Gericht untersagt NPD Falschbehauptungen gegen NDR Mitarbeiter.

6. Rezo hat ein kleines Meisterwerk geschaffen
(netzpolitik.org, Markus Beckedahl)
Die Deutsche Umwelthilfe hat den Youtuber Rezo mit dem UmweltMedienpreis in der Kategorie Online ausgezeichnet. In seiner Laudatio betont netzpolitik.org-Gründer Markus Beckedahl, wie wichtig Rezos Video für das Entstehen einer gesellschaftlichen Klimadebatte war: “In Kombination mit den aufkommenden Protesten der Fridays-for-Future-Bewegung wurde “Die Zerstörung der CDU” ein weiteres bedeutendes Puzzlestück in der Sensibilisierung und Mobilisierung vieler, vor allem junger Menschen gegen die Klimakrise. Klimafragen waren auf einmal cool, was auch an der Darreichungsform von Rezos Video und seiner Vermittlung lag.”

Seevetaler Sockenpuppen, Melange des Grauens, Verpushtes vom ZDF

1. Er wäre gern Karl May
(faz.net, Andrea Diener)
Der Schweizer “Tagesanzeiger” hat herausgefunden, dass sich jemand mit mehreren Fake-Accounts über die Wikipedia-Seite des “Spiegel”-Fälschers Claas Relotius hergemacht hat. Das durchsichtige Ziel des “Sockenpuppen-Kartells”: Die Taten des Fälschers zu relativieren, gar zu glorifizieren. Einiges deute darauf hin, dass der Wikipedia-Fälscher mit seinen Fake-Accounts vom norddeutschen Seevetal aus operierte, nur wenige Kilometer entfernt von Tötensen, dem Heimatort von Claas Relotius.

2. Was wir wollen
(berliner-zeitung.de, Silke und Holger Friedrich)
Mit dieser Leseempfehlung tue ich mich etwas schwer: Einerseits ist es spannend zu erfahren, was das Verlegerpaar Silke und Holger Friedrich mit seiner Neuerwerbung “Berliner Zeitung” vorhat. Andererseits ist der Text eine krude Mischung aus Schüleraufsatz, Regierungserklärung und naivem bis zweifelhaften Politmanifest, dem ein straffes Redigat gutgetan hätte. Die “Salonkolumnisten” bezeichnen den Text gar als “ostdeutsche Melange des Grauens aus Mahnmalstolz, Rammsteinpromo, Diktatorendank und Politikerbeleidigung”: “Die fünf dämlichsten Sätze aus dem komplett bekloppten Manifest von Holger und Silke Friedrich”.

3. “Meinungsfreiheit muss man benutzen”
(sueddeutsche.de, Theresa Hein)
Im Interview mit dem ZDF-Journalisten Claus Kleber geht es um das angeblich bedrohte Recht auf freie Meinungsäußerung und die Freude an Dialog, Widerspruch und Streit. Und es geht um die Debatte um Begriffe, die Kleber für partiell unnötig hält: “Wir streiten, ob man Studierende sagt oder noch besser Studentinnen und Studenten, anstatt zum Beispiel tatsächlich etwas gegen die Benachteiligung vor allem von weiblichen Studierenden im Universitätsalltag zu tun. Man streitet sich gerne über die Worte, wo man sich eigentlich um die Sache kümmern sollte.” Man möchte Claus Kleber entgegnen, dass es durchaus möglich ist, das eine zu tun, ohne das andere zu lassen.

4. Keynote: Ingrid Brodnig . Wie wir die Macht im Netz zurückerobern
(zuendfunk-netzkongress.de, Ingrid Brodnig, Video: 45:24 Minuten)
Wie ist es dazu gekommen, dass der Facebook-Algorithmus das mächtigste journalistische Medium der Welt wurde? Ein Algorithmus, der entscheidet, was 1,5 Milliarden Menschen jeden Tag zu sehen bekommen. In dem Vortrag von Ingrid Brodnig geht es um “Walled Gardens”, Herden- und Netzwerk-Effekte, die Sicherung von Marktdominanz durch Firmenübernahmen und die Frage, mit welchen Tricks die marktbeherrschenden Unternehmen sonst noch arbeiten. 45 Minuten, die sich lohnen.

5. “Dann wird Ihre linkisideologische Propaganda ein Ende finden”
(bliq-journal.de, Fabian Goldmann)
Es gibt bestimmte Themen, bei denen Journalistinnen und Journalisten besonders viel Ablehnung entgegenschlägt. Eines dieser Themen ist die Berichterstattung rund um den Islam. Als das Online-Medium “Thüringen 24” beispielsweise über den Moscheebau in einem Erfurter Gewerbegebiet berichtete, füllten sich die Kommentarspalten augenblicklich mit Hass und Hetze. In Thüringen habe sich eine islamfeindliche Gruppe gebildet, die von “Diffamierungen der Lügen- und Lückenpresse” spricht und ihre Mitglieder gegen die Medien aufhetze.

6. Liebes @ZDFheute, macht sowas bitte nie wieder
(twitter.com, Helge Braun)
Kanzleramtsminister Helge Braun bekam den Schreck des Jahres: Das ZDF meldete ihm (und vielen anderen) per Push-Nachricht, dass Kanzlerin Angela Merkel ihr neues Kabinett vorstellt: “Blöd, wenn man Kanzleramtsminister ist und davon nix weiß.” Was war passiert? Das ZDF hatte versehentlich die alte Meldung “Merkel stellt Kabinett-Kandidaten vor” auf die Handys der “ZDFheute”-Nutzer gepusht. Für den Minister war es ein heftiger, aber kurzer Schreck: Das ZDF schickte schnell eine weitere Meldung hinterher und stellte den Fehler auf seiner Korrekturseite richtig.

Schwacher Staat, “Emmas” Dreisatz, Verdeckt in der Troll-Farm

1. Der Staat bleibt schwach
(zeit.de, Veronika Völlinger)
Mit einem Neun-Punkte-Plan will die Bundesregierung die Hasskriminalität im Netz bekämpfen. Ein Maßnahmenpaket, das vielfach als unzureichend kritisiert wurde (Klingt stark, ist schwach, zeit.de, Frida Thurm). Hinzu kommt das Problem der Umsetzung, denn ein Gesetz ist nur dann stark, wenn es auch umgesetzt werden kann. Und daran bestehen erhebliche Zweifel: Den Strafverfolgungsbehörden fehle das notwendige Personal. “Viele Staatsanwaltschaften arbeiten schon heute am Limit, bundesweit fehlen mehrere Hundert Ermittler”, so der Chef des Richterbunds DRB. Außerdem sei nicht klar, inwieweit die Sozialen Netzwerke die Behörden bei der Identifizierung von Verfassern von Hasspostings unterstützen.

2. “EMMA”s Islamfeindlichkeit ist genauso ekelhaft wie Kollegahs Sexismus
(vice.com, Paul Schwenn)
Das feministische Magazin “Emma” hat sich bei der ersten Verleihung ihres Schmähtitels “Sexist Man Alive” für den deutschen Rapper Kollegah entschieden. Doch anstatt sich auf Kollegahs Inhalte zu konzentrieren, habe “Emma” in der Laudatio pauschal alle Muslime beleidigt, kritisiert Paul Schwenn: “In Kollegahs Texten Sexismus zu identifizieren, ist einfacher, als einen Elfmeter ohne Torwart zu schießen. Es ist, wie einem Torwart dabei zuzusehen, wie er sich 90 Minuten die Bälle ins eigene Netz wirft und dazu breit grinst. Die Redaktion der EMMA hat es trotzdem vermasselt.” Vielmehr gehe es laut Schwenn um “den bewährten EMMA-Dreisatz: Frauenfeind, Antisemit, Muslim. Damit ködert das Magazin nicht zum ersten Mal Menschen, die bei Gewalt gegen Frauen immer an die Domplatte denken, aber niemals an das Schützenfest.”

3. Happy Birthday, alte Schachtel
(taz.de, Jan Feddersen & Ambros Waibel & Ulrike Herrmann)
Die “Frankfurter Allgemeine Zeitung” feiert in diesem Jahr ihr 70-jähriges Bestehen. Anlass für die “taz”, gleich drei “kritisch-würdigende Grüße” an die Kollegen in Frankfurt zu senden. Darin mischen sich Lob und Tadel. Die “FAZ” sei das Organ, das am besten erklärt, wie die andere Seite denkt, so “taz”-Wirtschaftsredakteurin Ulrike Herrmann: “Nirgendwo lässt sich besser nachlesen, wie Neoliberale die Welt sehen.”

4. Was passierte, als ich mich beim ZDF übers Programm beschwerte
(uebermedien.de, Boris Rosenkranz)
Schaut man sich den viereinhalbminütigen Zusammenschnitt der ZDF-Produktion “In Wahrheit” an, den Boris Rosenkranz produziert hat, mag man nicht an einen Krimi denken, sondern an einen Werbefilm mit Krimi-Anteilen. Konkret geht es um den Automobilhersteller BMW, der die Serie mittels “Produktionshilfe” unterstützt hat. Im Gegenzug wird das Fahrzeug in zahlreichen Szenen recht aufdringlich und offensichtlich wie in einem Werbeclip präsentiert. Rosenkranz hat sich beim ZDF beschwert und eine Antwort erhalten, die zwischen Uneinsichtigkeit, Trotz und Patzigkeit changiert.

5. Verdeckt in der Troll-Farm
(buzzfeed.com, Katarzyna Pruszkiewicz & Wojciech Cieśla)
Die polnische Reporterin Katarzyna Pruszkiewicz recherchierte im Auftrag des Recherche-Kollektivs “Investigative Europe” und des Recherche-Büros “Fundacja Reporterów” sechs Monate verdeckt in einer sogenannten Troll-Farm in Warschau. Sie verfasste dort Loblieder auf Polens Staatssender, hetzte gegen LGBTs und warb für einen linken Politiker. Eine schier unglaubliche Geschichte, die nun auch in deutscher Sprache vorliegt.

6. Empörung über “Back to black”-Ausgabe von “Elle”
(sueddeutsche.de, Theresa Hein)
Die deutschsprachige Ausgabe der “Elle” hat es zu internationaler Aufmerksamkeit geschafft — die ist jedoch reichlich negativ. Der Titel und ein Beitrag (“Back to Black”) seien missverständlich, so die Kritik. Das berühmte Supermodel Naomi Campbell schrieb auf Instagram: “I’ve said countless of times we are not a TREND. We are here to STAY. It’s ok to celebrate models of color but please do it in an ELEGANT and RESPECTFUL way.” Die Magazinmacherin Sabine Nedelchev sah sich daraufhin gezwungen, eine Art Entschuldigung zu veröffentlichen: “Es war falsch, die Coverzeile ‘Back to Black’ zu verwenden, die so missverstanden werden könnte, als seien schwarze Individuen eine Art Fashion-Trend. Das war nicht unsere Absicht und wir bedauern es, nicht sensibler mit den möglichen Interpretationsweisen umgegangen zu sein.”

7. #56 Meghan & Harry – Wie mächtig sind die Boulevard-Medien?
(deutschlandfunkkultur.de, Christine Watty & Johannes Nichelmann, Audio: 48:32 Minuten)
Ausnahmsweise heute ein siebter Medienlink: In der aktuellen Folge des “Deutschlandfunk Kultur”-Podcasts “Lakonisch Elegant” geht es um die Macht der (britischen) Boulevardmedien. Mit dabei der Berliner Medienanwalt Christian Schertz sowie BILDblog-Chef und Boulevard-Experte Moritz Tschermak.

Schertzhafte Ambiguitäts-Taktik, Fetisch Schönheit, Kinder des Koran

1. Ambiguität der Aufmerksamkeit: Fallen Sie nicht noch mal auf Claas Relotius rein (Digitale November-Notizen)
(dirkvongehlen.de)
“Wenn es blöd läuft, sorgt ausgerechnet die Dokumentationspflicht, die manche Medien empfinden, dafür, dass Marketingpläne aufgehen und die Berichterstattung als Teil einer Kampagne genutzt wird.” Als Beispiel für die “Ambiguität der Aufmerksamkeit” führt Dirk von Gehlen die kalkulierte Vorwärts-Verteidigung der Relotius-Anwälte an: “Diese Kampagne war so offensichtlich, dass sie als Lehrbeispiel in Sachen Medienkompetenz und Krisenkommunikation gelesen werden kann.” Von Gehlen erklärt den dahinterstehenden Spin, und warum wir kein zweites Mal auf Relotius hereinfallen sollten.
Weiterer Lesehinweis: Laura Hertreiter fragt in der “Süddeutschen Zeitung”: Wie heldenhaft muss Juan Moreno eigentlich sein? “Das Bedürfnis scheint in weiten Teilen des Publikums groß zu sein, ihn entweder als Supermann oder als Gestrauchelten zu sehen. Es ist dasselbe Bedürfnis, das die Hochglanzgeschichten des Claas Relotius so erfolgreich gemacht hat: weil sie die Welt so wunderbar in richtig und falsch, gut und böse, wahr und unwahr sortieren, weil sie keine Fragen und Brüche zulassen.”

2. MDR überdenkt Zusammenarbeit mit Uwe Steimle
(spiegel.de)
Der sächsische Komiker und Kabarettist Uwe Steimle macht seit einiger Zeit durch rechtspopulistischen Äußerungen und Provokationen auf sich aufmerksam. Bislang hielt der MDR stets zu seinem Hauskabarettisten (“Steimles Welt”). Damit könnte es jedoch bald ein Ende haben. Der Sender wolle laut “Spiegel” die Zusammenarbeit überdenken: “Es ist eine Grenze überschritten, wenn uns jemand in die Nähe des Staatsfernsehens rückt”, so MDR-Intendantin Carola Wille.
Weiterer Lesetipp: Bei Tagesspiegel.de kommentiert Joachim Huber: “Uwe Steimle ist ein Kann-Fall. Ja, der MDR kann ihn beschäftigen. Seine Tragbarkeit folgt keinen festgefügten Maßstäben, sie muss stets neu verhandelt werden. Was nicht verhandelbar ist: Der MDR muss den freien Mitarbeiter rausschmeißen, wenn diese Behauptung zur Gewissheit wird: Uwe Steimle ist ein Antisemit.”

3. Verzerrungen und Vorurteile – eine kritische Rezension zu Constantin Schreibers “Kinder des Koran”
(disorient.de, Jan Altaner)
Auf “dis:orient” schreiben unabhängige Journalistinnen und Journalisten, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie Aktivistinnen und Aktivisten über die Geschehnisse und Entwicklungen in den Ländern Westasiens und Nordafrikas. In der aktuellen Rezension des Buchs “Kinder des Koran. Was muslimische Schüler lernen” (Autor des Buchs: Constantin Schreiber) werden schwere Vorwürfe erhoben: Schreibers Analyse sei “ungenau, verzerrend und bisweilen faktisch falsch und verbreite xeno- und islamophobe Positionen, Stereotype und Diskurse”. Rezensent Jan Altaner hat viel Mühe für die Beweisführung aufgewandt und eine weitere, noch ausführlichere Langversion verfasst. 
PS: Sollte ein Statement bzw. eine Antwort von Constantin Schreiber vorliegen, werden wir es hier verlinken.

4. Worte, die vergiften
(sueddeutsche.de, Carolin Emcke)
Carolin Emcke beschäftigt sich in ihrer Kolumne mit dem oft verwendeten Begriff der “politischen Korrektheit”. Dabei handele es sich um “das Morsezeichen der Denkfaulen, mit dem sich reflexhaft alles abwehren lässt, was eingeübte Überzeugungen oder Habitus infrage stellen könnte.” Emcke lenkt den Blick auf die Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit, zwischen Sonntagsreden und gelebtem Alltag: “All die vollmundigen Erklärungen und Maßnahmen gegen rechtsradikale, völkische Fanatiker nützen nichts, wenn gleichzeitig all jene Bürgerinnen und Bürger herablassend bespöttelt werden, für die Respekt vor anderen keine elitäre Zumutung, sondern eine soziale Selbstverständlichkeit bedeutet.”

5. Die verrückte Sucht nach Schönheit
(rnd.de, Julia Rathcke & Imre Grimm)
Im Selfie-Zeitalter von Instagram und Co. geht es um das Ausstellen der eigenen Schönheit und die mitunter unschönen Folgen: Immer mehr junge Menschen wollen sich Schönheits-OPs unterziehen. In den Sozialen Medien machen Influencerinnen und Influencer mal mehr und mal weniger direkt Werbung für Eingriffe und Kliniken. Julia Rathcke und Imre Grimm schreiben über den Schönheitswahn der Ära Instagram, erzählen, was alles schiefgehen kann, und diskutieren die bestehende und geplante Gesetzeslage.
Weiterer Lesetipp: Imre Grimm hat mit dem Mediziner Burkard Jäger (Fachgebiet Essstörungen) über den “Fetisch Schönheit” gesprochen, der auch im Fernsehen allgegenwärtig sei: “Was sicher nicht hilft, sind Sendungen wie “Germany’s Next Topmodel”, wo Essstörungen direkt promotet werden. Das ist eine Katastrophe. Da macht sich Heidi Klum schuldig, ohne jeden Zweifel.”

6. Der Flat White unter Deutschlands trüben Showtassen
(dwdl.de, Hans Hoff)
Hans Hoff hält den Entertainer und Comedian Luke Mockridge für zu nett: “Möglicherweise braucht es aber ein bisschen mehr, wenn man herausfallen will aus der Riege der Durchschnittlichen. Bei Tante Ursulas Geburtstag wäre er bestimmt eine Stimmungsbombe, denn er kann gut risikofreies Entertainment, glutenfrei, vegan und auch für laktoseintolerante tolerabel. Man ahnt bei ihm immer, was kommt, und das kommt dann auch. Unter den trüben Showtassen in Deutschland ist er der Flat White, schön warm, aber nicht geschäumt.”
Zusätzlicher Gucktipp: Stefan Niggemeier hat sich die erste “Abendshow” von Ingmar Stadelmann im rbb angeschaut. Ein Akt der Aufopferung, den Niggemeier zu einem unterhaltsamen, wenn auch etwas schmerzhaften Video zusammengeschnitten hat: “Sieben Humor-Hacks von Ingmar Stadelmann” (uebermedien.de, Video: 3:46 Minuten).

Rezo bei “Zeit Online”, Höcke will Bürgerkrieg, Die Methode Trump

1. Horst Seehofer ist kein drolliges Kleinkind
(zeit.de, Rezo)
“Ein Nazi tötet, ein Innenminister labert Scheiße und der Rest der Bevölkerung lässt sich vom Wesentlichen ablenken.” Das sind die ersten Worte der neuen “Zeit Online”-Kolumne von Youtuber Rezo (bekannt aus “Die Zerstörung der CDU”). In seinem Text erklärt Rezo, “wieso wir in Zukunft die Äußerungen von Politikern häufiger als Bullshit bezeichnen sollten, um ein konstruktiveres Umfeld zu schaffen für die Diskussionen, die ja geführt werden müssen.” Rezos Kolumne erreicht damit Platz 1 der Social-Media-News-Charts, wie Daten-Analyst Jens Schröder in seiner #trending-Kolumne bei Meedia feststellt.
Es sind allerdings wahrlich nicht alle begeistert von Rezos Beitrag: Jana Wolf findet ihn beispielsweise inhaltlich “daneben” und im Ton “überheblich” und “selbstgefällig”.

2. Werben wie Donald Trump
(netzpolitik.org, Alexander Fanta)
Bekanntermaßen gibt es für Posten wie den des Möchtegern-Autokraten Donald Trump keinen Ausbildungsgang. Alexander Fanta hat daher auf netzpolitik.org die wichtigsten Tipps und Tricks zusammengetragen, wie sich mit Hilfe von Facebook Menschen und Wahlen manipulieren lassen: “Schritt eins: Frage Fragen und bitte um Geld. Schritt zwei: Erzähle Märchen über deine Gegner. Schritt drei: Stifte mit Troll-Armeen Verwirrung. Schritt vier: Lasse Sockenpuppen für dich sprechen.” Was sich vielleicht etwas lustig anhört, hat einen ernsten Hintergrund und ist mit unzähligen Links zum Weiterlesen gespickt.
Weiterer Lesetipp: US-Präsident Trump hat angekündigt, die “New York Times” und die “Washington Post” im Weißen Haus abbestellen zu wollen. Die Bundeseinrichtungen sollen ebenfalls ihre Abos kündigen: Trumps neues Aufbäumen gegen kritische Medien (sueddeutsche.de, Anna Ernst).
Und wer sich darüber informieren will, wie es hierzulande um den Online-Wahlkampf bestellt ist: Wahlwerbung via Social Media: CDU gab am meisten für Microtargeting aus (heise.de).

3. Höcke will den Bürgerkrieg
(zeit.de, Hajo Funke)
Die Sprache des Thüringer AfD-Politikers Björn Höcke offenbare seine Gefährlichkeit, so der Rechtsextremismusforscher Hajo Funke in seinem Gastbeitrag auf “Zeit Online”: “Wenn wir Höcke also an seiner Sprache messen, so geht es ihm um eine nicht nur ethnische, sondern auch politische “Säuberung” und um das Einsetzen staatlicher Gewalt gegen beliebig definierte Feinde. Er suggeriert mit dieser Sprache auch einen künftigen Kampf zwischen denen, die anders denken und seinen Anhängern, er will offensichtlich den Bürgerkrieg in Dörfern und Städten in Deutschland. Es ist eine Strategie der Entfesselung und der Aufschaukelung von Ressentiments und Gewalt.”
Weiterer Lesetipp: Höcke scheitert mit Eilantrag gegen Verfassungsschutz (spiegel.de, Wolf Wiedmann-Schmidt).

4. Datenschutzbeschwerde gegen Zeit Online eingereicht
(onlinejournalismus.de, Matthias Eberl)
Matthias Eberl kritisiert seit Langem die Trackingpraxis und Datenweitergabe deutscher Medienhäuser. Nachdem die Redaktion von “Zeit Online” (von der in dieser “6 vor 9”-Ausgabe auch zwei Beiträge verlinkt sind) bereits im Sommer mit dem Negativpreis Big-Brother-Award bedacht wurde, hat nun ein Leser eine Datenschutzbeschwerde eingereicht. Eberl hat mit dem Beschwerdeführer über dessen Beweggründe gesprochen: “Ich finde es frech, dass Zeit-Online meine Daten an Facebook gibt, obwohl ich zahle”.

5. 70 Jahre FAZ: Wo die Herausgeber regieren wie «Kurfürsten»
(medienwoche.ch, Adrian Lobe)
Zum 70. Geburtstag der “FAZ” hat der Historiker Peter Hoeres ein über 500-seitiges Buch über die Geschichte der Zeitung vorgelegt. Adrian Lobe stellt das Werk vor und erzählt dabei von den verschiedenen Epochen und Machtkämpfen des berühmten Medienhauses. Lobe sieht in der Geschichte der “FAZ” auch den Bedeutungsverlust der gedruckten Zeitung: “Im Rückspiegel der Geschichte sieht man die aktuellen Entwicklungen klarer. Insofern leistet das Buch — wohl etwas unfreiwillig — auch einen Beitrag zum Verständnis des Medienwandels.”

6. “Lachen bedeutet Freiheit”
(taz.de, Erica Zingher)
Seit ihrem Start 2017 wurde die rbb-“Abendshow” von Britta Steffenhagen und Marco Seiffert moderiert. Nun hat der Sender das Moderatoren-Duo abgelöst und durch den Komiker Ingmar Stadelmann ersetzt. Im Interview mit der “taz” spricht Stadelmann über seine Pläne, die Grenzen der Freiheit und darüber, warum er Dieter Nuhr verteidigt, ohne seinen Verteidiger spielen zu wollen.
Weiterer Lesetipp: Markus Ehrenberg hat sich für den “Tagesspiegel” die erste Sendung der Stadelmannschen “Abendshow” angeschaut. Sein Befund: “Noch viel Luft nach oben”.
Und noch ein Lesetipp: Cordula Nitsch und Dennis Lichtenstein schreiben in der “Medienwoche” über Satire als “Einstiegsdroge”.

Relotius vs. Moreno, AfD-Sprech analysiert, Tränen-lach-Emoji

1. Juan Moreno und der Fluch der fast perfekten Pointe
(uebermedien.de, Stefan Niggemeier)
“Spiegel”-Fälscher Claas Relotius wirft seinem Ex-Kollegen und Fälschungsaufdecker Juan Moreno per Anwaltsschreiben “erhebliche Unwahrheiten und Falschdarstellungen” vor. Neben allerlei Petitessen geht es um eine Anekdote in Morenos Buch, die als wirkungsvolle Schlusspointe dient. Ließe diese sich nicht beweisen, sei dies ärgerlich, so Medienkritiker Stefan Niggemeier. Trotzdem sei es wichtig, “den Maßstab nicht aus den Augen zu verlieren. Moreno ist kein Relotius, in keiner Hinsicht.”
Weiterer Lesetipp: Der “6 vor 9”-Kurator erklärt seinem Vater auf Twitter “die aktuellen Vorgänge in Sachen #Relotius und #Moreno”. Dabei geht es um goldene Armbanduhren, einen Zweireiher und ein Halteverbot.

2. Twitter-Krach um rechtspopulistische Äußerungen
(sueddeutsche.de, Sandra Lohse)
Es ist schon verwirrend, was sich teilweise beim Deutschen Journalisten-Verband abspielt: Ein Landesverband (Berlin-Brandenburg) macht durch fragwürdige und mit rechtspopulistischen Vokabeln gespickte Stellungnahmen auf sich aufmerksam. Der Dachverband distanziert sich von den Äußerungen, kann nach eigenen Angaben aber nicht direkt bei Twitter darauf reagieren, weil der Landesverband den Dachverband blockiert habe. Sandra Lohse schreibt über den irritierenden Verbandszwist.
Nachtrag: BILDblog-Leser Sebastian Pertsch merkt bei Twitter an, dass im verlinkten Artikel der Hinweis zu den Regionalverbänden “DJV Berlin und JVBB” fehle: “So entsteht der Eindruck, es wäre der einzige Landesverband in Berlin. Dabei spielt der DJVBB bis auf die rechten Polemiken als AfD-Fanboy keine Rolle.”
Nachtrag zum Nachtrag: Die Redaktion der “Süddeutschen” hat auf den Hinweis reagiert und die Information im Text nachgetragen.

3. Polizei schaut bei Eklat auf Frankfurter Buchmesse nur zu
(tagesspiegel.de, Sebastian Leber)
Als der Journalist Jonas Fedders auf der Frankfurter Buchmesse über rechte Verlage recherchieren will, wird er von rechten Aktivisten und einem Szene-Verleger schikaniert, bedrängt und bedroht und an der Arbeit gehindert. Auf gewisse Weise unterstützt durch die Frankfurter Polizei, wie ein Videomitschnitt beweise. Sebastian Leber kommentiert: “So unpassend wie das Verhalten der Beamten vor Ort gerät auch die Stellungnahme der Frankfurter Polizei im Nachhinein. Obwohl das Video der Polizei bekannt ist und seine Authentizität eingeräumt wird, erklärt die Behörde vage, die Beamten vor Ort hätten die Ausübung der Pressearbeit zu keiner Zeit eingeschränkt. Das ist, wie das Video belegt, offensichtlich unwahr.”

4. Ermittler: Hetze kommt überwiegend von rechts
(deutschlandfunk.de, Ann-Kathrin Büüsker, Audio: 10:41 Minuten)
Ann-Kathrin Büüsker hat sich im Deutschlandfunk mit Staatsanwalt Christoph Hebbecker über Hasskommentare im Internet unterhalten. Hebbecker arbeitet bei der staatsanwaltschaftlichen Anlaufstelle Cybercrime des Landes Nordrhein-Westfalen und beschäftigt sich tagtäglich mit Hasskriminalität. Die Fälle seien politisch ziemlich eindeutig zuzuordnen: “Wir können ganz klar sagen, dass die ganz weit überwiegende Anzahl der Fälle, die wir täglich bearbeiten, dem rechten und rechtsextremen Spektrum zuzuordnen ist, ein kleiner Teil auch dem linken Spektrum, und ein kleiner Teil ist auch keiner politischen Orientierung zuzuordnen.”

5. Die Macht der Komposition
(zeit.de, Lena Luisa Leisten)
Die AfD ist für ihre populistische Sprache bekannt, die auf Gefühle und Framing setzt. Sie bedient sich dabei einiger sprachlicher Tricks: Besonders eingängige Wortzusammensetzungen gehören genauso dazu wie Begriffe aus dem Bereich der Naturkatastrophen oder dem Kampf- und Kriegskontext. Lena Luisa Leisten hat den AfD-Sprech anhand von echten Beispielen analysiert und klassifiziert. Eine lohnende Lektüre, die auch in den Deutsch- oder Politikunterricht gehören könnte.

6. Nicht lustig: Warum das Tränen-lach-Emoji sterben muss
(haz.de, Matthias Schwarzer)
Matthias Schwarzer geht die lachende Fratze des Tränen-lach-Emojis auf die Nerven. Der Smiley werde inflationär eingesetzt und diene vielfach als Symbol von Überheblichkeit und Hass. Aus “sehr laut lachen” sei im Laufe der Jahre ein “auslachen” geworden: “Der Tränen-lach-Smiley hilft auch dem schlimmsten Rassisten, die eigentlich nicht vorhandene Witzigkeit auszudrücken und ein Gag-Feuerwerk (natürlich auf Kosten anderer) abzufeuern. Der Tränen-lach-Smiley wird dabei in den Facebook-Kommentarspalten zum Zeichen der Ausgrenzung, zum Zeichen der Erniedrigung, zur Verniedlichung ekelhaftester Beleidigungen.”

Mädchen.de schickt junge Leserinnen ins Casino

Das Magazin MÄDCHEN begleitet bereits seit über 40 Jahren junge Frauen und Mädchen beim Erwachsen werden und das auch digital — dort wo sich die Zielgruppe heute aufhält.

MÄDCHEN.de legt seinen Fokus auf Beautytrends und Styling speziell für junge Frauen und Mädchen. Zusätzlich finden Nutzerinnen aktuelle News zu ihren Stars, Horoskope, Spiele und Test sowie natürlich alles über Schule, Liebe und Beziehung.

… und den direkten Weg in Online-Casinos und an digitale Roulettetische, was im schlimmsten Fall in einer Spielsucht enden kann, aber das haben sie beim Verlag Klambt irgendwie vergessen dazuzuschreiben.

Scrollt man die Startseite von Mädchen.de durch, findet man zwischen der, öhm, Nachricht, dass “Hottie Noah Centineo” “sich von seinen Locken getrennt” hat, und Tipps, was gegen “Pickel im Intimbereich” helfen soll, unter anderem diesen Beitrag aus der vergangenen Woche:

Screenshot Mädchen.de - Worauf stehen Jungs bei Mädchen? Die fünf Top Eigenschaften, auf die alle Jungen stehen

Manche stehen auf stille, ruhige Leseratten, andere auf laute, lustige Mädchen, wieder andere auf robuste Kämpfernaturen und einige sicherlich auch auf genau das, was auch immer du bist!

Aber es gibt fünf Eigenschaften, auf die alle Jungen stehen, sei es bei einer sportlichen Kämpferin oder einer ruhigen Denkerin

(Muss es wirklich immer noch sein, dass man Mädchen und jungen Frauen erzählt, wie sie sein sollten, damit sie Jungen und jungen Männern gefallen?)

Die “fünf Eigenschaften”, auf die angeblich “alle Jungen stehen”, sind: “Ehrlichkeit”, “Humor”, “Gepflegtes Aussehen”, “Einen gesunder Körper und ein gesundes Eßverhalten” sowie:

Sinn für Spiel und Spaß — ohne einen Sinn für Spiel, Spaß und vielleicht auch ein bißchen Nervenkitzel geht nichts! Wer gerne spielt und eine Herausforderung wie Casinos online oder Roulette online nicht scheut, der kann auch in der Liebe nicht verlieren! Glück im Spiel und in der Liebe — das geht!

“Casinos online” und “Roulette online” sind mit direkten Links zu einem Schweizer Online-Casino versehen. “Du willst dem einen Jungen aus der Parallelklasse gefallen? Dann verzock hier doch mal ein bisschen von Deinem Taschengeld.”

Am selben Tag ist bei Mädchen.de ein anderer Artikel erschienen, der noch ein bisschen irrer ist:

Screenshot Mädchen.de - Magischer Herbst - Glück im Spiel und Glück in der Liebe! Glück in beidem zu haben wäre ja fast wie Magie

Es wird metaphysisch — und ziemlich holzhammerig:

Im September, Oktober und November liegt etwas Magisches in der Luft und wenn du dir diese magische Zeit für, zum Beispiel, live wetten oder […] Casinos zu Nutzen machen willst, dann hast du jetzt die Gelegenheit! Vor allem im Oktober sind die magischen Ströme um uns herum besonders stark und du kannst einfache magische Rituale ausprobieren, vor allem Liebes- und Glücksrituale! Willst du es mal versuchen? Hast du Lust?

Klickt die junge Zielgruppe auf “live wetten”, landet sie bei einem Anbieter für Sportwetten, klickt sie auf “Casinos”, landet sie im Online-Casino-Bereich desselben Anbieters.

Die Mädchen.de-Redaktion erklärt dann noch, dass im Oktober “die Grenze zwischen unserer Welt und der Welt der Toten” sehr dünn sei, und dass man “vor allen Ritualen einen magischen Kreis” ziehen solle, um dann doch noch mal aufs Wesentliche (und die entsprechenden Links) zurückzukommen:

Für ein einfaches Glücksritual (zum Beispiel Glück im Spiel für Online Casinos oder bei […] Sportwetten!) brauchst du nur eine Kerze (die muß aber gold, grün oder rot sein) die mit Gewürznelkenöl eingestrichen ist und eine Schale mit frischem (!) Wasser und einige Münzen. (…) Halte die Münzen erst in deinen Händen und lasse sie dann, eine nach der anderen in die Schale mit dem Wasser gleiten. Es ist wichtig, dass du vorher laut sagst, dass alles Glück und Geld, das du auf diese Weise bekommen solltest, anderen in keiner Weise schaden darf!

Diesen wichtigen Schritt, um bei der Suche nach Glück und vor allem nach (Werbe-)Geld Schaden von anderen abzuhalten, scheinen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Mädchen.de selbst ständig zu vergessen, wenn sie ihre als Artikel getarnten Anzeigen für Glücksspiel in die Welt jagen.

Und das macht sie zu allen möglichen Themen. Zum Beispiel, wenn es vermeintlich um einen “Spieleabend für Groß und Klein” geht:

Es muss nicht immer das Mensch-ärgere-Dich-nicht sein.

Genau — wie wäre es zum Beispiel, mit den Freundinnen vor dem Laptop zu hängen und zu pokern?

Einmal spielen wie die raffinierten Pokerspieler, die sich durch nichts aus der Ruhe bringen lassen und immer schön cool bleiben. Das geht bei […].

Auch die Antwort auf die Frage, was Frauen am liebsten spielen, führt bei Mädchen.de zum Glücksspiel:

Eines der populärsten Genres unter Frauen ist das Denkspiel. In diese Kategorie fallen alle möglichen Puzzlespiele, Rätsel und Kartenspiele, die aus dem Casino bereits bekannt sind. […] Doch auch Spiele wie Poker und Blackjack finden immer größeren Anklang. Bei diesen Casinospielen wird ebenfalls eine Strategie sowie eine Kombinationsfähigkeit gefordert, die vielen von uns besonders gut liegt. Diese Spiele werden ebenfalls aufgrund ihrer einfachen Zugänglichkeit für Anfänger immer populärer: So bieten manche Online Casinos Anleitungen zu den Spielen. Andere erleichtern den Einstieg mit einem Online Casino Bonus ohne Ersteinzahlung, der es ermöglicht, ein Angebot zunächst auszuprobieren. Mobilität und Ausprobieren ist bei diesen Spielen garantiert.

Bei “Online Casino Bonus” hat die Redaktion einen entsprechenden Link gesetzt.

Und wenn es um Mädchen geht, die Videospiele mögen, gibt es ebenfalls einen Link zu einem Online-Casino:

Gamer Girls sind mittlerweile genauso trendy wie Gamer Guys, und zwar nicht nur als Liebestraum eines Zockers, der darin den Topf für seinen Deckel sieht. Tun mehrere Gamer Girls sich zusammen, können sie aus einem Mädelsabend auch eine LAN-Party machen. Doch auch wenn es sich nur um Casual Gamer handelt, können Online Spiele jeden Mädelsabend versüßen. Ladies über 18 können sich dafür sogar ins Casino Online einloggen — für alle anderen gibt’s hier unterhaltsame Tipps.

Zum Thema “Stars und Casinos” schreibt das Mädchen.de-Team:

Prominente und das Glücksspiel, das ist seit Elvis untrennbar verbunden. Der Weltstar begann den wichtigsten Teil seiner Karriere in Las Vegas, dem ultimativen Ort für Glücksspiele wie Poker, Roulette und Black Jack. Heute muss aber niemand mehr bis in die Wüste fahren, um spielen zu können, denn Online Casinos haben das Internet erobert.

… und baut zwischen ein paar Promi-Geschichten aus den Casinos dieser Welt einen Link zu einer Vergleichsseite von Automatenspielen ein:

Ein besonders beliebtes Spiel ist dabei Poker, doch auch Automatenspiele, die laut der Webseite […] zu den besten Onlinespielen zählen, stehen in der Gunst ganz oben.

In einer großen Übersicht, in der die Redaktion schreibt, wonach “Dein Sternzeichen süchtig” ist, steht auch:

Wassermann

Candy-Crush? Farmville? Doodlejump? All diese Spiele hast Du auf Deinem Handy. Ganz klar: Wassermänner neigen zur Spielsucht! Aber solange es nur harmlose Handyspiele sind, brauchst Du Dir keine Sorgen machen. Gefährlich wird es erst, wenn Du regelmäßig auf Gaming-Seiten unterwegs bist oder in Casinos um Geld spielst.

Oder wenn Du Mädchen.de besuchst.

Mit Dank an Kad für den Hinweis!

Nachtrag, 22. Oktober: Die Redaktion von Mädchen.de hat alle Artikel, die wir hier thematisiert haben, gelöscht — selbst den Beitrag zur angeblichen Suchtgefahr beim Sternzeichen Wassermann, in dem es lediglich um die Gefahr von Gaming-Seiten und Casinos ging und überhaupt kein fragwürdiger Link zu einem Online-Casino vorkam.

Einen Artikel, den wir bisher nicht erwähnt hatten, und in dem Mädchen.de auf eine Seite mit Testberichten zu Online-Casinos verlinkt (die dann wiederum direkt zu den getesteten Online-Casinos verlinkt), hat die Redaktion hingegen nicht gelöscht.

Nachtrag, 22. März 2020: Der Presserat hat eine Rüge gegen die Mädchen.de-Redaktion ausgesprochen. Das Gremium bezog sich dabei auf den Artikel “Worauf stehen Jungs bei Mädchen? Die 5 Top Eigenschaften, auf die alle Jungen stehen!”:

Der Presserat sah darin eine unzureichende Kennzeichnung von Werbung nach Richtlinie 7.1 des Pressekodex, da die Verlinkungen nicht als Werbung erkennbar waren. Noch schwerwiegender war nach Ansicht des Beschwerdeausschusses allerdings der Verstoß gegen den Jugendschutz nach Ziffer 11. Es ist mit den presseethischen Grundsätzen nicht vereinbar, in einem redaktionellen Angebot, das sich in erster Linie an Jugendliche richtet, für Glücksspiele zu werben.

Sehen alle gleich aus (19)

In einem Artikel über die Schauspielerin Beatrice Richter schreibt Bild.de:

Ein Foto von Beatrice Richter mit einer anderen Frau, dazu die Bildunterschrift: Die Schauspielerin mit ihrer Tochter Julia (49) Richter im August 2019 bei der Premierenfeier von Zuhause bin ich Darling in Berlin. In dem Theaterstück stehen die beiden gemeinsam auf der Bühne

Die Schauspielerin mit ihrer Tochter Julia (49) Richter im August 2019 bei der Premierenfeier von “Zuhause bin ich Darling” in Berlin. In dem Theaterstück stehen die beiden gemeinsam auf der Bühne

Blöd nur: Die Frau links ist nicht die Schauspielern Julia Richter (die mit Beatrice Richter gar nicht verwandt ist), sondern die Schauspielerin Judith Richter (die tatsächlich die Tochter ist). Sie ist auch nicht 49, sondern 40 Jahre alt.

Ist aber auch egal, bei dem Text scheint es eh nur darum zu gehen, der #MeToo-Bewegung eins reinzuwürgen:

Beatrice Richter über #MeToo

Auch zum Thema #MeToo hat Beatrice Richter eine klare Meinung: “Ich habe manchmal Schwierigkeiten, Mitleid mit Schauspielerinnen zu empfinden, denen ich zugesehen habe, wie sie sich rangeschmissen haben an die verantwortlichen Männer. Wenn diese Frauen heute klagen, diese Männer seien schrecklich übergriffig geworden, hätten ihre Macht ausgenützt, dann kann ich nur sagen: ,Mein Gott, ja!‘”

Dass sie im Originalinterview (nur mit Abo lesbar) direkt im Anschluss gesagt hat, dass man sie “nicht falsch” verstehen solle, dass sie Typen wie Harvey Weinstein “grauenhaft” finde und sie “brechen” könnte, “wenn ich ihn nur anschaue”, hat Bild.de lieber rausgelassen.

Mit Dank an Peter B. für den Hinweis!

Wirres Manifest, Handke-Gedanken, Millionenschwere Abzock-App

1. Ein wirres Manifest
(neues-deutschland.de, Leo Fischer)
Leo Fischer kommentiert den “Welt”-Leitartikel (mittlerweile hinter der Paywall) von Springer- und Verlegerchef Mathias Döpfner zum Terror-Anschlag in Halle: “Jahrelang hat Springer gezündelt und im rechten Milieu gefischt. Nun soll ausgerechnet ein rechtsradikales Attentat dafür sorgen, dass hier die letzten eventuell noch vorhandenen Schranken fallen — mit Thesen zur Migration, die der Attentäter von Halle wahrscheinlich vollinhaltlich unterschreiben könnte. Springer braucht die Rechte — die Rechte aber braucht Springer nicht. Dort spürt man, dass da einer verzweifelt ist, und bastelt lieber weiter am eigenen Medienimperium.”
Auch im eigenen Haus bekommt Döpfner (leichten) Gegenwind. Deniz Yücel schreibt: “Die jeweiligen Probleme muss man präzise benennen, weil es ohne den richtigen Befund keine Lösungen geben kann. Aber nichts davon sollte man gegeneinander aufrechnen. Nicht, weil man es nicht darf. Sondern weil es der Sache nicht gerecht wird. Und nicht hilft.”
Weiterer Lesehinweis: Der Kinderarzt und Autor (“Erziehung prägt Gesinnung”) Herbert Renz-Polster schreibt über das, Was wir von einem “Loser” lernen können: “Schutz vor Hass bildet sich dort, wo Kinder lernen, anderen Menschen angstfrei, empathisch und zugewandt zu begegnen. Schutz vor Hörigkeit bildet sich dort, wo Kinder mündig und selbstbewusst werden können. Schutz gegen Vorurteile und Ausgrenzung bietet nur die gelungene menschliche Entwicklung.”

2. Bischof verschwieg rechtsextreme Texte
(tagesschau.de, Arnd Henze)
Fassungslos fragt man sich beim Lesen dieses Textes, wie es dazu kommen konnte, dass ein Mann wie Carsten Rentzing überhaupt sächsischer Landesbischof werden konnte. Nach Informationen des WDR habe Rentzing schon während seines Studiums als Redakteur einer extrem rechten Zeitschrift gearbeitet und dort antidemokratische Beiträge verfasst. Immer wieder fänden sich rassistische und völkische Gedanken in den Aufsätzen. Nachdem Rentzing zunächst eine förmliche Distanzierung abgelehnt hatte, ist er nun zurückgetreten — um “Schaden von meiner Kirche abzuwenden”.

3. Worum es bei Handke alles nicht geht
(medium.com, leonceundlena)
BloggerIn Leonceundlena sortiert, worum es bei der Nobelpreisverleihung an Peter Handke alles nicht und worum es tatsächlich gehe: “Soll einer Person, die Genozid und Kriegsverbrechen leugnet, die höchste Auszeichnung der Literaturwelt zugesprochen werden? Die Person ist hier wichtig, denn der Preis wird ausschließlich einem Menschen zugesprochen, der noch lebt. Wenn einem/r Genozide egal sind, sondern die Innerlichkeit und der Rückzug ins Private als Maßstab ausreicht: Wie kann es sein, dass die Akademie, deren Komitee aufgrund von Skandalen unter anderem um sexuellen Missbrauch sich neu zusammensetzen musste, einem Mann den Preis zuspricht, der frei zugibt, seine Partnerin geschlagen und getreten zu haben, um dann nachzulegen, dass er sich damit auch nicht so gut gefühlt hätte?”
Weiterer Lesehinweis: Michael Martens Essay in der “FAZ” endet mit den bitteren Worten: “Angesichts der jüngsten Stockholmer Entscheidung kann man jungen Dichtern, die Wert auf äußerlichen Erfolg legen, eigentlich nur raten: Fangt am besten gleich morgen an, öffentlichkeitswirksam Kriegsverbrechen in Syrien zu leugnen oder zu verharmlosen, besucht Assad und porträtiert ihn als großen Unverstandenen, der von einer unverständig-bösen Journalistenmeute gehetzt wird, kontrastiert solche Beobachtungen mit einer lyrischen Beschreibung der Farbe syrischer Äpfel, dem anderssüßen Geschmack syrischer Trauben auf dem Markt von Damaskus oder den sich in einer Benzinlache spiegelnden Wolken über Homs. Ein Vierteljahrhundert später winkt dann vielleicht der Nobelpreis.”

4. Pornhub und xHamster: Sexualisierte Gewalt bleibt erstmal online
(vice.com, Sebastian Meineck & Yannah Alfering)
Pornoseiten freuen sich, wenn Nutzer ihnen ihre Privatvideos zuschicken. Schließlich lässt sich aus dem Content bequem Profit schlagen. Ob es sich dabei um einvernehmliche Aufnahmen handelt, scheint erstmal sekundär zu sein. Und deswegen erscheinen auf den Plattformen voyeuristische Aufnahmen, geheime Sex-Videos oder gar Videos von Vergewaltigungen. Obwohl sich die Plattformen nach außen hin als moralisch und ethisch anständig geben. Die “Vice”-Reporter Sebastian Meineck und Yannah Alfering erzählen, was passierte, nachdem sie derartiges Material bei den Plattformen gemeldet hatten.
Weiterer Lesehinweis: Auf Facebook kritisiert Huschke Mau die mediale Verharmlosung oder gar Verklärung von Luxusprostitution und Escortwesen (dieser rbb-Beitrag dient ihr als Beispiel): “Wenn ihr demnächst wieder im Restaurant sitzt, schaut doch mal nach links oder rechts: ja, genau, der Typ da. Könnt ihr euch vorstellen, mit dem jetzt 3 Stunden essen und ins Theater zu gehen, ohne ihn merken zu lassen, dass er euch anekelt, langweilt, zuwider ist oder dass seine Meinung zu verschiedenen Dingen der euren diametral entgegensteht? Könnt ihr euch vorstellen, danach mit ihm ins Bett zu gehen, ohne ihn spüren zu lassen, dass euch das nicht gefällt? Nein? Tja. Dann ist Escort wohl doch nichts anderes als der übliche sexuelle Missbrauch, der in der Prostitution stattfindet.”

5. Warum darf der NDR zur besten Sendezeit beitragsfinanzierte Arbeitgeberpropaganda senden?
(norberthaering.de)
Der Wirtschaftsjournalist Norbert Häring bezeichnet einen “Panorama”-Beitrag (NDR) zur Rententhematik als “Schande für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk”: “Erzählt wird durchgängig eine Geschichte nach dem Geschmack und mit den Argumenten der Arbeitgeber mit einem Arbeitgeberökonomen als einzigem Experten, der aber nicht als solcher erkennbar gemacht wird. Der Beitrag lässt Wichtiges weg, verzerrt die Fakten und stellt sie in falsche Zusammenhänge. Viel schlimmer geht es eigentlich nicht.”

6. Coin Master – Abzocke mit Fun
(youtube.com, Neo Magazin Royale, Video: 19:59 Minuten)
Zahlreiche Promis und Influencer (unter anderem Dieter Bohlen und Youtube-Star Bibi) bewerben eine harmlos erscheinende Kinder-App, die sich bei näherem Hinsehen als riesige Abzocke herausstellt. Die “simulierte Glücksspiel-App” generiert hunderte Millionen von Umsatz. Geld, das oftmals aus den Sparschweinen Minderjähriger stammt. Die Böhmermann-Redaktion hat das ernste Thema in einem höchst unterhaltsamen Beitrag aufgearbeitet und fordert die Indizierung derartiger Apps bei der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien.

Why so incorrect?

Der Joker ist zurück im Kino — und eine Falschmeldung zurück in deutschen Medien.

“Zeit Online” schreibt:

Aufgeheizt wurde die Debatte [um den neuen Joker-Film], als bekannt wurde, dass die US-Armee ihre Mitglieder vor Attentaten möglicher Incels anlässlich der Joker-Premiere in amerikanischen Kinos gewarnt hatte. Als Incels (involuntary celibates — unfreiwillig zölibatär) bezeichnen sich Männer, die sich von Frauen — und oft von der Gesellschaft als solcher — zurückgewiesen fühlen. In Foren stacheln sie sich zu Hass und zum Teil auch zu Gewalt an.

Als einer der Vorbilder der Szene gilt ausgerechnet der Attentäter James Holmes, der während der Premiere des letzten großen Joker-Epos The Dark Knight Rises im Juli 2012 zwölf Menschen in einem Kinosaal in Aurora erschossen hatte. Der Polizei gegenüber behauptete er damals, er sei Joker.

(Link im Original.)

In “The Dark Knight Rises”, dem “letzten großen Joker-Epos”, hat der Joker gar nicht mitgespielt. Aber das nur am Rande.

Der eigentliche Punkt ist der, dass der Attentäter von Aurora gegenüber der Polizei behauptet hätte, er sei der Joker. So steht es auch im von “Zeit Online” verlinkten “Gizmodo”-Artikel:

It’s often been repeated that Holmes was inspired by the Joker, a claim that primarily rests on statements the killer reportedly made to police after the fact in which he said he “was the Joker.”

Allerdings mit einem interessanten Twist:

Speaking with the Hollywood Reporter, Daniel Oates, Aurora’s chief of police at the time, said that “there is no evidence” the shooter ever said that.

Erst vor einer Woche veröffentlichte “Vanity Fair” einen ausführlichen Artikel zu der Joker-Falschmeldung:

The rumor began in the hours after James Holmes killed 12 people and injured 70 more during a 2012 screening of The Dark Knight Rises. Speaking at a press conference in Manhattan, then-New York police commissioner Ray Kelly said that Holmes had actually referred to himself as the Joker. “He had his hair painted red, he said he was ‘the Joker,’ obviously the ‘enemy’ of Batman,” Kelly said.

Doch:

“It never happened,” said George Brauchler, the Colorado district attorney who prosecuted Holmes, citing Kelly as the source of the rumor. Brauchler and other Colorado officials have attempted to clarify for years that Holmes never referred to himself as the Joker. The story has persisted, Brauchler said, because it fits the narrative so cleanly. “Of course the crazy-hair-colored guy who shot up the Batman premiere thought he was the Joker, of course!” Brauchler added. “And yet it has no connection to reality.”

Zitiert wird auch der Psychiater, der den Attentäter für den Prozess mehrere Stunden lang befragt hatte. Demnach war Holmes nicht selbst auf diese Jokersache gekommen, sondern hörte erst im Gefängnis zum ersten Mal davon:

“He said that the first he heard of the Joker idea was [from] somebody in another cell,” he said. “He heard calling back and forth, ‘Hey, you’re the Joker,’ or something like that.”

Ein anderer vermeintlicher Beleg, der seit Jahren angeführt wird, ist die Tatsache, dass sich der Amokläufer die Haare rot gefärbt hatte. Bild.de etwa schrieb vor wenigen Tagen:

In Aurora hatte am 20. Juli 2012 ein Angreifer bei einer Premiere des Films “Batman — The Dark Knight Rises” wahllos ins Kinopublikum gefeuert, 12 Menschen starben. Vor Gericht erschien der Täter später mit orangerot gefärbten Haaren wie der “Joker”.

Der Joker hat grüne Haare.

Mit Dank an @JoachimKlarmann für den Hinweis!

Nachtrag, 11. Oktober: “Zeit Online” hat die Passage überarbeitet und am Ende des Artikels eine ausführliche Anmerkung veröffentlicht. Bei Bild.de steht es immer noch falsch.

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