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Toxischer Somuncu, “SZ” will Kündigungen, Sprachbewahrer-Furor

1. rbb entschuldigt sich nach Twitter-Kritik an Serdar Somuncu
(t-online.de)
Bereits die erste Folge des Podcasts von Florian Schroeder und Serdar Somuncu sorgte für viel Empörung in den Sozialen Medien. Somuncu hatte sich auf eine ordinäre und menschenverachtende Weise in einen Rausch von Misogynie, Rassismus und Sexismus geredet. Wer sich die lange Podcast-Ausgabe nicht komplett anhören will oder kann: Auf Twitter hat sich Anna Neumann geopfert und gleich auch noch die Kommentierung übernommen. Der rbb hat mittlerweile eine Stellungnahme veröffentlicht, die nach Entschuldigung klingen soll, jedoch keine ist. Ganz im Gegenteil: Man sieht sich als Opfer eines Shitstorms.

2. Sparen in München
(taz.de, Anne Fromm)
Trotz gewaltiger Abo-Zuwächse will die “Süddeutsche Zeitung” an ihrem “Effizienzprogramm” festhalten, das den Abbau von bis zu 50 Stellen in der Redaktion vorsieht. Damit verlöre rund ein Zehntel der Belegschaft seinen Arbeitsplatz. Ein Ausstiegsprogramm mit Abfindungen soll möglichst viele Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen dazu bewegen, freiwillig den Verlag zu verlassen. Der Betriebsrat befürchte negative Auswirkungen auf die journalistische Qualität: “‘Der Erfolg der SZ beruhte bislang immer auf der umfangreichen und fundierten Berichterstattung, die durch weniger Personal sicher nicht umfangreicher und fundierter werden kann.'”

3. Die Macht der Zahlen: Wie ein Fehler Nachrichten macht
(ndr.de, Nadja Mitzkat)
Die Meldung ließ einen aufschrecken: Zwischen 2015 und 2019 habe sich die Zahl der Menschen ohne Krankenversicherung von 79.000 auf 143.000 Menschen fast verdoppelt. Eine offizielle Zahl des Statistischen Bundesamts, die von einer Linken-Politikerin aufgegriffen wurde und ihren Weg in die Medien fand. Die Journalistin Nadja Mitzkat fragte sich, wie dieser rasante Anstieg zu erklären sei. Nach einigen Tagen intensiver Recherche habe sich herausgestellt, dass die Zahlen falsch und auf einen methodischen Fehler der Statistiker zurückzuführen sind. Ihr Fazit: “Hier wurde von einer Partei mit einer catchy Zahl Politik gemacht und ‘die Medien’ sind allesamt auf den Zug aufgesprungen. Und so machte eine Nachricht Karriere, die schlichtweg falsch war.” (Anmerkung des Kurators: Wobei man es der Politikerin nicht unbedingt übelnehmen kann, eine offizielle Zahl verwendet zu haben, oder?)

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4. Kritiker versuchen, Rundfunkräte gegen Gender-“Knacklaut” zu mobilisieren
(uebermedien.de, Anne Fromm)
Der Statistikprofessor Walter Krämer ist als Verfechter der deutschen Sprache bekannt, der sich leidenschaftlich gegen Neuerungen stemmt. Als Vorsitzender der Stiftung Deutsche Sprache und des Vereins Deutsche Sprache rennt er mit sprachbewahrerischem Furor gegen Binnen-I und Gender-Sternchen an. Nun hat er Protestbriefe an Mitglieder der ARD-Rundfunkräte, des ZDF-Fernsehrats und des Hörfunkrats des Deutschlandfunks geschrieben. Anne Fromm hat sich für “Übermedien” Krämers Argumentation angesehen und die Sender um eine Stellungnahme gebeten.

5. “Die Gemeinnützigkeit von Journalismus muss endlich anerkannt werden”
(horizont.net, Frederik Fischer)
Anlässlich eines bevorstehenden Medientreffs hat sich Frederik Fischer mit dem netzpolitik.org-Gründer Markus Beckedahl unterhalten. Es geht um den Kampf gegen Hass, Manipulation und Fehlinformation, um Möglichkeiten der Journalismusfinanzierung sowie um die Herausforderungen einer zeitgemäßen Medienpolitik.

6. Als “F.A.Z.-Redakteur” bei Gucci und Macbeth
(faz.net, Jannik Waidner)
Ein “FAZ”-Redakteur ist Opfer einer ganz besonderen Form von Identitätsdiebstahl geworden. Ein 61 Jahre alter Mann soll sich jahrelang in betrügerischer Absicht als eben jener Redakteur ausgegeben und sich so Zugang zu Veranstaltungen erschlichen haben, darunter ein Gucci-Event, eine Berlinale-Sause und die Macbeth-Premiere der Berliner Staatsoper. Nun wird der Fall vor Gericht verhandelt.

(K)ein Böhmermann-Interview, Ein Mann wie ein Schrang, Löwenherz

1. Böhmermann veröffentlicht umstrittenes FAZ-Interview auf Twitter
(welt.de)
Jan Böhmermann hat der “Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung” ein großes Interview gegeben, das der Herausgeber Jürgen Kaube unmittelbar vor Drucklegung aus dem Blatt gestrichen haben soll. Böhmermann reagierte mit einem offenen Brief bei Twitter (“Sowas habe ich wirklich noch nicht erlebt”). Warum die “FAS” das Interview gestrichen hat, ist derzeit nicht bekannt.
Update: Kurz vor Mitternacht postete Jan Böhmermann das Interview als 73-teiligen Twitter-Thread. Medienrechtler Markus Kompa fragte sogleich keck: “Wird die FAZ nun ihr Urheberrecht an den Interviewfragen einfordern …?”
Weitere Lesehinweise: Besprechungen des gerade erschienenen Böhmermann-Buchs gibt es unter anderem beim “Spiegel” (Der Robert Habeck der linken Twitterblase, Jonas Leppin) und bei der “Süddeutschen Zeitung” (Früher fand ich mich mal gut, Quentin Lichtblau).

2. Liebe Medien, hier sind 199 unserer Klima-Themenideen, die ihr einfach klauen könnt
(krautreporter.de, Rico Grimm & Isolde Ruhdorfer)
Derzeit wird viel über den medialen Umgang mit der Klimakrise diskutiert. Am Montag wiesen wir in den “6 vor 9” auf die Bemühungen der “taz” hin, besser übers Klima zu schreiben, und auf den Kampf des ZDF-Wettermoderators Özden Terli gegen Klimawandel-Leugner. Gestern ging es in den “6 vor 9” um die Forderung einiger Klima-Aktivisten nach einem neuen Format vor der “Tagesschau”: “#Klima vor 8” (deutschlandfunk.de, Annika Schneider).
Nun haben sich die “Krautreporter” des Themas angenommen: “Liebe Medien, hier sind 199 unserer Klima-Themenideen, die ihr einfach klauen könnt. Ernst gemeint. Nehmt sie, und macht was draus.”

3. Bild Boykott: Wie werden wir die Bild-Zeitung los?
(youtube.com, Sarah Bosetti, Video: 5:40 Minuten)
“Nichts hilft gegen die ‘Bild’-Zeitung. Unsere Empörung ist ihr Frühstück. Unsere Sensationslust ist ihr Viagra. Nichts hilft – außer sie zu ächten.” Die Kabarettistin Sarah Bosetti fragt sich: “Wie werden wir die ‘Bild’-Zeitung los, und ist ein ‘Bild’-Boykott der richtige Weg?”
Weiterer Lesehinweis: In seiner “Medienmacher”-Kolumne bei der “Berliner Zeitung” fragt Kai Hinrich-Renner: Wie sehr wackelt der “Bild”-Chefredakteur?

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4. RTL-Chefredakteure räumen ein: “Wir haben Fehler gemacht”
(uebermedien.de, Jürn Kruse & Boris Rosenkranz)
Nicht nur die “Bild”-Redaktion, sondern auch RTL wurde für die unethische Berichterstattung aus Solingen kritisiert, bei der aus privaten Chat-Nachrichten eines Minderjährigen in einer Extremsituation zitiert wurde. Die offiziellen Statements des Senders klingen relativ kühl und uneinsichtig, intern sei der Vorfall jedoch “intensiv diskutiert und analysiert” worden.

5. Nichts zu dumm, aber alles geheim
(mission-lifeline.de, Felix M. Steiner)
Heiko Schrang ist ein Verschwörungsideologe, der auf seinem Youtube-Kanal regelmäßig seine rund 180.000 Abonnenten mit allerlei Abwegigkeiten und rechtem Unsinn versorgt. Wer ist dieser dauergebräunte “bekennende Buddhist”? Und was unterscheidet Schrang vom Standard-Hetzer rechter Couleur? Felix M. Steiner berichtet über die bizarre Figur: “Wenn man nicht sonderlich anfällig für den Quatsch ist, den Schrang erzählt, ist er ein verdammt lustiges Kerlchen. Bei Schrang ist immer alles ‘geheim’, wird immer die wahre Wahrheit verbreitet oder der ‘Wahnsinn’ hinter den Plänen der Eliten offengelegt. Und das alles gemischt mit einem kräftigen Schuss esoterischem Quatsch auf dem Niveau der Kalendersprüche, die ich früher immer in der Küche meiner Großeltern lesen durfte.”

6. Eklat im Traditions-Verlag Kampfsportler als Boss vorgestellt – dann wird’s turbulent
(mopo.de, Thomas Hirschbiegel)
Die Geschichte liest sich wie eine Mischung aus April-Scherz und Seifen-Oper: Die Verlegerin Alexandra Jahr stellt ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern den neuen starken Mann im Haus vor: den Kampfsportler Ardalan Sheikholeslami (Spitzname: das “persische Löwenherz”). Was dann passiert, ist verstörend schön, jedenfalls unter Trash-Gesichtspunkten, aber für die Belegschaft ein ziemlicher Graus. Eine unbedingte Leseempfehlung für alle, denen auch Netflix-Serien wie “Tiger King” gefallen haben.

MPs auf Instagram, Bodybuilder-Journalisten, Talkshow-Gesellschaft

1. Tag Zwei des Auslieferungsverfahrens von Wikileaks-Gründer Julian Assange
(twitter.com, Reporter ohne Grenzen, Video: 1:41 Minuten)
Was Christian Mihr, Geschäftsführer bei Reporter ohne Grenzen, von Tag zwei des Auslieferungsverfahrens gegen “Wikileaks”-Gründer Julian Assange berichtet, lässt nichts Gutes zum weiteren Prozessverlauf erahnen. Der Zugang zum Gerichtssaal sei am zweiten Verhandlungstag nur durch eine glückliche Fügung zustande gekommen. Die britische Justiz verweigere internationalen Prozessbeobachtern wie Reporter ohne Grenzen oder Amnesty International sogar den Onlinezugang zur Videoübertragung.

2. Wie Ministerpräsidenten Instagram nutzen
(politik-kommunikation.de, Bendix Hügelmann)
Bendix Hügelmann untersucht im Rahmen seiner Dissertation die Nutzung von Instagram in der politischen Kommunikation. Ihn interessiere, “wie sich Personalisierung und unmittelbare Wähleransprache auf die Herausbildung von Wahlentscheidungen und individuelle Verhaltensweisen auswirken”. In seinem Beitrag für “politik & kommunikation” hat er sich vor allem die Instagram-Profile der Ministerpräsidenten und -präsidentinnen vorgeknöpft. Ein spannendes Thema, das an Wichtigkeit zunehmen wird.

3. Böhmermanns digitale Chronik: Elf Jahre Twitter – Interview mit Jan Böhmermann
(deutschlandfunk.de, Michael Borgers, Audio: 10:37 Minuten)
Der Deutschlandfunk hat sich mit Jan Böhmermann unterhalten. Anlass war das Erscheinen von Böhmermanns Twitter-Chronik als gedrucktes Buch. Twitter sei zwar kein Massenmedium, trotzdem müsse man es ernst nehmen. Die wenigen Leute, die dort seien, seien Menschen, die im echten Leben was zu sagen hätten. In dem Gespräch geht es auch um die sogenannte “Cancel Culture”. Dabei handelt es sich laut Wikipedia um den “systematischen Boykott von Personen oder Organisationen”, “denen beleidigende oder diskriminierende Aussagen bzw. Handlungen vorgeworfen werden.” Das Wort sei für ihn ein politischer Kampfbegriff wie “Gutmenschentum”, “linksgrünversifft” oder “Systemling”, so Böhmermann.

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4. “Spiegel”-Journalistin wird Chefredakteurin von “Hinz & Kunzt”
(meedia.de, Gregory Lipinski)
Das Hamburger Straßenmagazin “Hinz&Kunzt” bekommt eine neue Chefredakteurin. Ab dem 1. Januar 2021 übernimmt Annette Bruhns die Leitung des Blatts. Bruhns kommt vom “Spiegel” und war dort 25 Jahre als Redakteurin tätig. Das hört sich nach einer guten Wahl an für das nach eigenen Angaben größte Beschäftigungsprojekt für obdachlose Menschen in Hamburg.

5. Polit-Talkshows: Studie kritisiert mangelnde Vielfalt
(ndr.de, Sebastian Friedrich)
“Die Talkshow-Gesellschaft” lautet der Titel einer Studie zu “Repräsentation und Pluralismus in öffentlich-rechtlichen Polit-Talkshows” (PDF). Sebastian Friedrich hat das zentrale Ergebnis in einem Satz zusammengefasst: “In den öffentlich-rechtlichen Polit-Talkshows diskutiert meist eine kleine privilegierte Gruppe über Themen, die eigentlich die ganze Gesellschaft betreffen.” Aber natürlich lassen sich aus den Zahlen auch noch weitere Erkenntnisse ableiten, wie Friedrich in seinem Beitrag ausführt.

6. Klaas schickt Bodybuilder-Journalisten auf Anti-Corona-Demo
(youtube.com, Late Night Berlin, Video: 14:11 Minuten)
Journalistinnen und Journalisten haben es auf Corona-Leugner-Demos wahrlich nicht leicht und werden dort teils sogar körperlich angegangen. Late-Night-Talker Klaas Heufer-Umlauf kam auf eine rettende Idee: “Wenn Journalisten nicht stärker werden, muss man eben starke Menschen zu Journalisten machen …” In einem zweistündigen Kurs hat er Bodybuilder zu Journalisten ausgebildet und anschließend zur Demo geschickt.

Facebook versus “Compact”, Tagesthemen XL, Faktencheck Demo

1. Facebook nimmt “Compact” vom Netz
(tagesschau.de, Sebastian Pittelkow & Katja Riedel)
Die in rechten Kreisen gern gelesene Verschwörungspostille “Compact” warb nicht nur im Heft, sondern auch in den Sozialen Medien für die Anti-Coronapolitik-Demo in Berlin. Nun habe Facebook den Facebook- sowie den Instagram-Account des Magazins ohne Ankündigung gelöscht. Die Begründung: “Compact” habe gegen das interne Regelwerk verstoßen. Ein schwerer Schlag für das Magazin, das bereits im März vom Verfassungsschutz als sogenannter Verdachtsfall eingestuft worden war und über seine Social-Media-Seiten auch Verkäufe generierte.
Weiterer Lesehinweis: “Fragen gelten als scharfe Waffe der Aufklärung. Aber Verschwörungserzähler, Rechtspopulisten und Twitter-Wichtigtuer beweisen: Manche dummen Fragen sind sogar gefährlich” – Das wird man ja wohl noch fragen dürfen!?, ein Essay von Maja Beckers (zeit.de).

2. Faktencheck zur Teilnehmerzahl
(spiegel.de, Holger Dambeck)
Anlässlich der Proteste gegen die Corona-Maßnahmen vom Wochenende gibt es erneut Streit um die Teilnehmerzahl. Die Veranstalter würden von Hunderttausenden oder gar von mehr als einer Million Teilnehmenden sprechen, laut Polizei seien knapp 40.000 Demonstrierende zugegen gewesen. Holger Dambeck ist dem Zahlenrätsel auf den Grund gegangen und hat nachgerechnet.

3. ARD-Kamerateam vorübergehend in Minsk festgenommen
(faz.net)
Die Berichterstattung aus Belarus gestaltet sich zunehmend schwieriger. So wurde ein Kamerateam der ARD in der Hauptstadt Minsk vorübergehend festgesetzt, anschließend erfolgte der Entzug der Akkreditierung. Korrespondenten und Korrespondentinnen ausländischer Nachrichtenagenturen ging es ähnlich. Außenminister Heiko Maas, WDR-Programmdirektor Jörg Schönenborn und Deutsche-Welle-Chefredakteurin Manuela Kasper-Claridge verurteilten den Angriff auf die Pressefreiheit.

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4. “Es wird noch härter”
(sueddeutsche.de, Alexander Mühlauer)
In der britischen Printmedien-Landschaft droht ein gewaltiger Kahlschlag. Ein britisches Branchenmagazin führe Buch über die Stellenabbaupläne der Verlagshäuser: Beim linksliberalen “Guardian” würden demnächst 180 Jobs wegfallen, die Gratiszeitung “Evening Standard” wolle 69 redaktionelle Stellen streichen, und bei der größten britischen Zeitungsgruppe Reach (unter anderem “Daily Mirror” und “Daily Express”) sollen 550 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter das Haus verlassen.

5. Nichtlineare Radiozukunft
(taz.de, René Martens)
Im Podcast “Corona Virus Update” (NDR) kommt zukünftig neben Christian Drosten eine weitere Stimme zu Wort: Sandra Ciesek ist Direktorin des Instituts für Medizinische Virologie am Universitätsklinikum Frankfurt und wird sich mit Drosten wöchentlich abwechseln. Die “taz” hat sich mit der NDR-Hörfunkdirektorin Katja Marx nicht nur über diese Personalie unterhalten, sondern auch über Einsparmaßnahmen und den in wenigen Tagen stattfindenden Deutschen Radiopreis.

6. “Tagesthemen mittendrin”: Expedition ins Unbekannte
(dwdl.de, Peer Schader)
Die “Tagesthemen” (ARD) sind ab heute fünf Minuten länger. In der neuen Regional-Rubrik “mittendrin” wolle man “die gesamte Republik” porträtieren und “Geschichten aufbereiten, die wir alle voneinander wissen sollten, um uns besser kennenzulernen”. Peer Schader hält dies für eine im Kern gute Idee, hat aber angesichts der bislang schon gelaufenen Testbeiträge Sorgen, was die Umsetzung betrifft: “Bei manchen Geschichten hab ich das Gefühl, sie werden nur deshalb erzählt, damit der Reporter im sächsischen Örtchen Amerika, wo die zu selten genutzte ÖPNV-Verbindung in die nächste Stadt gestrichen wird, den zurechtgelegten Satz sagen kann: ‘Heute Nachmittag fuhr der allerletzte Bus nach Amerika.'”

Olaf Scholz und die Pressefreiheit, Holocaust auf TikTok, Corona-Netz

1. Olaf Scholz und die Pressefreiheit
(berliner-zeitung.de, Kai-Hinrich Renner)
Das “Financial Times”-Duo Stefania Palma und Dan McCrum hat zu einem Zeitpunkt über Unregelmäßigkeiten beim Finanzdienstleister Wirecard berichtet, als Politik und Wirtschaftsprüfer noch Loblieder auf das vermeintliche Vorzeige-Unternehmen gesungen haben. Anstatt sich für die journalistische Aufklärungsarbeit der beiden zu bedanken, erstattete die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) Strafanzeige gegen sie. Und obwohl Wirecards Luftschlösser mittlerweile eingestürzt und fast zwei Milliarden Euro Bilanzsumme auf wundersame Weise verschwunden sind, ermittelt die Staatsanwaltschaft anscheinend weiter gegen Palma und McCrum. Kai-Hinrich Renner hat dazu beim Bundesfinanzministerium nachgefragt – erfolglos. Sein Fazit: “Eigentlich kann das Rumgeeiere von Scholz und seinem Ministerium der SPD nicht gefallen. Wenn bezweifelt werden müsste, dass ihr Kanzlerkandidat ohne wenn und aber zur Pressefreiheit steht, wäre das für die Partei fatal.”

2. Alles automatisch: über die Tücken eines Journalismus ohne Menschen
(medienwoche.ch, Adrian Lobe)
Die Website msn.com von Microsoft ist eine der meistbesuchten Nachrichtenseiten der Welt. Dort, wo früher Menschen über die Nachrichtenauswahl entschieden haben, tun dies heute Algorithmen: MSN habe unlängst seine Redaktion entlassen und lasse das Newsportal automatisch bespielen. Die Folge könnte eine Prioritätenverschiebung bei der Auswahl der Themen sein, wie Adrian Lobe erläutert: “Wenn es wirklich ein Strukturmerkmal algorithmischer Auswahl ist, eher weiche Themen zu selektieren, könnte es für Medienunternehmen grössere Anreize geben, solche Inhalte zu produzieren, um eine entsprechende Reichweite zu erzielen. Die Algorithmisierung der Nachrichtendistribution könnte also langfristig auch zu einer Boulevardisierung führen.”

3. Im Netz der Corona-Gegner
(correctiv.org, Till Eckert & Matthias Bau & Alice Echtermann)
Das Recherche-Team von “Correctiv” hat sich im Lager der Corona-Maßnahmen-Gegner umgesehen und ist dort auf “ein bundesweites Netzwerk von Wissenschaftlern, Meinungsmachern und Anwälten” gestoßen. Der Verbund wirke inzwischen auch direkt auf die Politik ein. “Correctiv” stellt die wichtigsten Köpfe der Bewegung vor und zeigt, mit welchen Mitteln man dort arbeitet, um den Kampf gegen das Coronavirus zu torpedieren.

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4. Medienhaus Bauer geht an Lensing Media
(verdi.de, Holger Pauler)
Das Medienhaus Bauer (nicht zu verwechseln mit dem Bauer-Verlag in Hamburg – um den geht es im nächsten Link) wechselt aller Voraussicht nach den Eigentümer. Das Dortmunder Medienunternehmen Lensing Media übernehme damit, die Zustimmung der Kartellbehörde vorausgesetzt, sechs Tageszeitungen und 180 Beschäftigte. Was der Besitzerwechsel für die Angestellten konkret bedeutet, sei noch ungewiss. Die Redaktionen sollen fast vollständig übernommen werden, bei den Beschäftigten aus der Verwaltung sei dies jedoch noch unklar.

5. Bauer-Verlag hat in der NS-Zeit von Zwangsarbeitern profitiert
(meedia.de)
In der neuen Hamburg-Ausgabe der “Zeit” soll eine Recherche Klarheit über die Vergangenheit des Bauer-Verlags während des Nationalsozialismus bringen, so eine “Zeit”-Vorabmeldung. In der Bauer-Zentrale sollen während der NS-Zeit mehrere hundert italienische Zwangsarbeiter interniert gewesen sein. Über das dunkle Kapitel der Verlagsgeschichte hatten Anfang des Jahres bereits “Spiegel” (nur mit Abo lesbar) und “Zapp” berichtet.

6. Yad Vashem kritisiert Darstellungen von Holocaust-Opfern auf TikTok
(spiegel.de)
Dass gut gemeint nicht automatisch gut gemacht ist, beweist derzeit die angebliche Holocaust-Challenge auf TikTok. Vornehmlich Jugendliche mimen dort Holocaust-Überlebende. Um Aufmerksamkeit für das Leid von Millionen getöteter Juden und Jüdinnen zu erzeugen oder um vornehmlich Aufmerksamkeit für sich selbst zu schaffen – das ist nicht immer klar. Klar ist hingegen die Reaktion der Gedenkstätte Yad Vashem, die darin eine Trivialisierung des Holocaust sieht.

Studie kritisiert Sondersendungen, Twitternde Abgeordnete, Radiopreis

1. Studie kritisiert Sondersendungen von ARD und ZDF
(deutschlandfunk.de, Annika Schneider, Audio: 5:42 Minuten)
Wissenschaftler der Universität Passau haben über 90 Corona-Nachrichtensondersendungen von ARD und ZDF ausgewertet und in ihrem Fazit die Sender deutlich kritisiert. Hauptkritikpunkte: In der Berichterstattung sei ein permanentes Krisen- und Bedrohungsszenario vermittelt worden, außerdem seien die Regierungsmaßnahmen zu wenig hinterfragt worden. ARD und ZDF weisen die Kritik zurück.
Weiterer Lesehinweis: Haben ARD und ZDF die Corona-Angst geschürt? Sender wehren sich gegen Medienstudie (rnd.de, Imre Grimm).

2. “Für junge Kollegen ist Corona eine Katastrophe”
(fachjournalist.de, Ulrike Bremm)
Der 68-jährige Helge Timmerberg gilt als einer der schillerndsten Reiseschriftsteller Deutschlands. Der Journalist und Autor zahlreicher Bücher ist für seine subjektiven Reisereportagen in Ich-Form bekannt (“Gonzo-Journalismus”). Welche Eigenschaften sollte man als Reisejournalist mitbringen? Was sollte man vermeiden? Wie wirkt sich Corona auf den Reisejournalismus aus? Im Magazin “Fachjournalist” gibt Timmerberg Antworten auf all diese Fragen und beklagt die zunehmende Konkurrenz: “Im Prinzip fühlt sich jeder zum Reisejournalisten berufen, alle möglichen Leute schreiben von unterwegs, jeder kann reisen, Fotos und Texte fabrizieren. Das ist eine Riesen-Konkurrenz für uns ausgebildete Journalisten. Social Media ist ein Grab für den Journalismus.”
Weitere Guckempfehlung: Noch mehr Helge Timmerberg gibt es zum Beispiel in diesem Videointerview von “Weltwach TV” aus dem Jahr 2018 (Erik Lorenz, 1:39 Stunden).

3. Wer wir sind und was wir wollen
(medieninsider.com, Marvin Schade & Matthias Bannert)
Mit “Medieninsider” startet heute ein neues, unabhängiges Informationsangebot für Medienschaffende. Hauptaufmacher (aber hinter der Paywall): ein Bericht über die Dreharbeiten einer Amazon-Doku über “Bild”. Hinter dem “Medieninsider” stehen mit Marvin Schade (früher unter anderem bei “Meedia”) und Matthias Bannert (früher unter anderem bei “Bild”) zwei Kenner der Branche.

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4. Boom für die Gaming-Branche in der Pandemie
(spiegel.de)
Es gibt nicht nur Corona-Verlierer: Die Pandemie hat der Gaming-Branche einen wahren Boom beschert. Immer mehr Deutsche verbrächten seit Beginn der Corona-Krise mehr Zeit mit Videospielen und gäben dafür auch mehr Geld aus. Das habe jedenfalls eine Umfrage des Digital-Branchenverbandes Bitkom ergeben. Demnach hätten mehr als 55 Prozent der Befragten erklärt, mehr zu spielen als zu Vor-Corona-Zeiten. Die deutsche Spielewirtschaft profitiere davon jedoch nur wenig. Lediglich fünf Prozent des Umsatzes stamme von deutschen Spieleherstellern.

5. Erste Nominierungen für den Deutschen Radiopreis stehen fest
(meedia.de)
Am 10. September wird in Hamburg der Deutsche Radiopreis 2020 verliehen. Die Veranstaltung werde von mehr als 50 deutschen Radiosendern übertragen, komme jedoch coronabedingt ohne Gala und ohne Gäste aus. Die unabhängige Jury des Grimme-Instituts hat bereits die ersten Nominierungen bekanntgegeben in den Kategorien “Beste*r Newcomer*in”, “Beste Innovation am Morgen”, “Beste Programmaktion”, “Beste Reportage” sowie “Bestes Nachrichten- und Informationsformat”.

6. Die kleine Welt des Populismus
(de.ejo-online.eu, Gerret von Nordheim)
Gerret von Nordheim und Jonas Rieger haben untersucht, zu welchen Themen Bundestagsabgeordnete auf Twitter Links teilen, und das ist recht spannend, insbesondere, was das Social-Media-Verhalten von AfD-Zugehörigen betrifft. Bei ihnen gehe es vor allem um die vier Kernthemen Migration, Kriminalität, Rechtsextremismus und Minderheiten. Viele andere Themenbereiche wie Daten-, Klima- und Umweltschutz oder Fragen des Mietmarktes spielen in AfD-Tweets, die auf Medieninhalte verweisen, keine Rolle.

Hochgekochtes Satirevideo, Namensnennung, Kotzender Kühnert

1. Polizisten als Mörder: Wie “Bild” aus einer Satire einen ARD/ZDF-Skandal macht
(rnd.de, Imre Grimm)
Ein rund zweieinhalbminütiges Satire-Video beim öffentlich-rechtlichen Jugendportal Funk zum Thema Rassismus bei der Polizei lässt die Emotionen hochkochen. Imre Grimm hält das Filmchen nicht für besonders gelungen, aber daraus ein Generalversagen von ARD und ZDF abzuleiten, sei falsch: “Der Clip ist blöd und beleidigend. Ihn aber – wie mancher Zeuge der Anklage – als weiteren Baustein einer linksgrünmedialen Diffamierungskampagne gegen die Polizei zu brandmarken, schießt weit über das Ziel hinaus.”

2. RBB schafft Sommerinterview-Reihe ab
(sueddeutsche.de)
Der Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) kassierte wegen seines weitgehend unkritischen Sommerinterviews mit Brandenburgs früherem AfD-Chef Andreas Kalbitz viel Kritik. Nun stellt der Sender seine Sommerinterview-Reihe mit brandenburgischen Spitzenpolitikern ein.
Weiterer Lesehinweis: “Das Sommerinterview des RBB mit Andreas Kalbitz sorgte für einen Skandal. Nun hat der MDR den nächsten AfD-Rechtsaußen eingeladen: Björn Höcke. Und will alles besser machen.” Anne Hähnig und Martin Machowecz fragen in der “Zeit”: “Gehört er ins Fernsehen?”

3. Mit Verlaub: Ich kotze im Strahl.
(twitter.com, Kevin Kühnert)
Der SPD-Politiker Kevin Kühnert hat der Newsseite “Watson” ein Interview gegeben, aus dem sich die “Welt”-Redaktion einen Teilaspekt herausgepickt und zugespitzt hat (genauer: eine dpa-Überschrift weitergedreht hat). Entsprechend frustriert reagiert Kühnert auf Twitter: “Wenn der Versuch, differenzierte Antworten zu geben, in solch bewusstem Missverstehen mündet, dann braucht sich niemand wundern, dass Politiker*innen in Interviews nur Blabla von sich geben.” Kühnert weiter: “Diese ‘Zuspitzung’ ist leider auch ein erneutes Beispiel für das verbreitete Desinteresse an politischen Inhalten. Wer mit wem? Wer gegen wen? Welche Koalition hätten’s denn gern? Welches Ministerium wollen Sie führen? Das alles klickt sich leider besser als Steuern/Rente/Klima.”

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4. So geht die tagesschau mit der Nennung von Namen in Gerichtsprozessen um
(blog.tagesschau.de, Marcus Bornheim & Helge Fuhst & Juliane Leopold)
“Tagesschau” und “Tagesthemen” gelten als “Dokumente der Zeitgeschichte”, wodurch den Sendungen eine besondere Verantwortung in der Berichterstattung zukommt: Sie dürfen unbegrenzt online gestellt werden und bleiben unter Umständen Jahrzehnte sichtbar. Ein besonders sensibler Bereich ist die Nennung von Namen in Berichten über Gerichtsprozesse. Für den Verzicht auf Namensnennung kann der Schutz des Persönlichkeitsrechts sprechen, aber auch das Bestreben, sich von einem Angeklagten nicht instrumentalisieren zu lassen, wie ein aktueller Fall zeige. Die Chefredaktion von ARD-aktuell schreibt über das Spannungsfeld dieses Teilbereichs ihrer Arbeit.

5. Aktivisten wollen Facebooks Falschmeldungs-Spreader “bändigen”
(spiegel.de, Max Hoppenstedt)
Die Online-Bewegung Avaaz hat zahlreiche Facebook- und Webseiten untersucht, die falsche oder irreführende Informationen zu medizinischen Themen verbreiten. Avaaz fordert Facebook auf, nicht nur Warnhinweise, sondern auch Richtigstellungen zu veröffentlichen. Studienautor Christoph Schott dazu: “Facebook hat bis heute jenen Nutzerinnen und Nutzern keine spezifischen Korrekturen angezeigt, die die Falschinformation gesehen hatten, dass es als Covid-19-Test ausreiche, zehn Sekunden die Luft anzuhalten. Das ist schon grob fahrlässig aus unserer Sicht.”

6. Vom Newsroom zum Newszoom
(deutschlandfunk.de, Samira El Ouassil, Audio: 3:44 Minuten)
Coronabedingt sind derzeit viele Newsrooms verwaist. Wie kann unter diesen Bedingungen Journalismus gelingen? Können virtuelle Treffen das persönliche Gespräch ersetzen? Samira El Ouassil hat eine einfache Antwort: “Journalismus wird nicht an Orten gemacht, sondern von Menschen”. Außerdem erzählt sie die hübsche Anekdote, wie sie einmal in einem vollbesetzten Newsroom einen O-Ton vom Konsul von Georgien einholen wollte, aber jemanden aus den USA an der Strippe hatte …

So brachte “Bild” die Hisbollah in Zusammenhang mit den Explosionen in Beirut (mit falscher Recherche)

Im Libanon soll eine Untersuchungskommission der Frage nachgehen, wie es zu den verheerenden Explosionen im Beiruter Hafen kommen konnte, bei denen nach aktuellem Stand mindestens 220 Menschen getötet, mehr als 6000 verletzt und Hunderttausende obdachlos wurden. Doch eigentlich können sich die Libanesen die Ermittlungsarbeit schenken, denn die “Bild”-Redaktion weiß das alles längst:

Screenshot Bild.de - So brachte die Hisbollah den Sprengstoff nach Beirut - Und dieser windige Russe half den Terroristen dabei

titelte Bild.de am Donnerstag, keine 48 Stunden nach den Explosionen.

Es lohnt sich, einen genaueren Blick auf die “Bild”-Berichterstattung zum Thema zu werfen, denn sie zeigt, wie unjournalistisch die Redaktion arbeitet. Statt erst offen zu recherchieren und sich so einer mit Fakten unterfütterten These zu nähern, läuft es bei “Bild” andersrum: Am Anfang steht eine These, die selbstverständlich ins simple Freund-Feind-Schema des Blatts passt, und anschließend werden angebliche Fakten zusammengesucht, die die Erzählung stützen könnten. In diesem Fall noch schlimmer: Manche Fakten verbiegen die beiden Autoren Julian Röpcke und Mohammad Rabie kräftig, sie wählen sie einseitig aus oder geben sie gleich komplett falsch wieder, damit ihre Texte irgendwie zur bereits bestehenden These passen.

Um es gleich zu Beginn einmal klar zu sagen: Der Hisbollah, die große (finanzielle) Unterstützung aus dem Iran bekommt, einen gewissen Rückhalt in Teilen der libanesischen Bevölkerung genießt, über eine Miliz verfügt, deren Kampfkraft stärker sein soll als die der Armee des Landes, und die mit ihrem politischen Arm auch politisch ausgesprochen mächtig im Libanon ist, ist durchaus zuzutrauen, dass sie etwas mit dem Ammoniumnitrat im Beiruter Hafen zu tun hat. Sie hätte die Mittel dafür und ein mögliches Interesse. Es handelt sich immerhin um eine islamistische Gruppierung, die in Deutschland und vielen anderen Ländern der Welt als Terrororganisation eingestuft wird. Die Hisbollah trägt eine beachtliche Mitschuld an der desaströsen Lage, in der sich der Libanon, auch unabhängig von dem Unglück am Dienstag, aktuell befindet. Allerdings sollte man für eine Schlagzeile wie “SO BRACHTE DIE HISBOLLAH DEN SPRENGSTOFF NACH BEIRUT” etwas mehr in der Hand haben als Vermutungen und Vorurteile. Doch mehr haben Röpcke und Rabie nicht. Ihre Texte sind letztlich nicht viel mehr als ein “ist das nicht merkwürdig?”-Geraune plus falsche Recherche.

Bereits am Mittwoch schrieb das “Bild”-Duo über das “SCHIFF”, das “DEN TOD NACH BEIRUT” “BRACHTE”, ohne dabei die Hisbollah zu vergessen:

Screenshot Bild.de - Gerichtsdokumente warnten beireits 2016 - Dieses Schiff brachte den Tod nach Beirut - Einmischung der Hisbollah könnte den Abtransport des Ammoniumnitrats verhindert haben

Die Rhosus, um die es in dem “Bild”-Beitrag geht, gilt als Quelle für das Ammoniumnitrat, das wiederum als Ursache für die große Explosion am Dienstag in Beirut gilt. 2013 war das Schiff nach offiziellen Angaben von Georgien nach Mosambik unterwegs, beladen mit 2750 Tonnen Ammoniumnitrat (und nicht mit dem “TOD”, wie “Bild” schreibt – der soll erst durch viele spätere Versäumnisse die Folge gewesen sein). Es lief allerdings ungeplant den Hafen von Beirut an. Warum die Crew diesen Umweg einlegte, dafür gibt es unterschiedliche Angaben: An manchen Stellen heißt es, technische Probleme seien der Grund gewesen (PDF); andernorts ist davon die Rede, dass zusätzliche Ladung aufgenommen werden sollte (die allerdings gar nicht auf das Schiff passte), um die Fahrt rentabler zu machen oder sich überhaupt erst die Passage durch den Suez-Kanal leisten zu können. Den Beiruter Hafen verließ die Rhosus jedenfalls nicht mehr. Bei einer Hafenstaatkontrolle seien Mängel festgestellt und ein Auslaufverbot verhängt worden. Der Besitzer der Rhosus (“Bild” nennt ihn gewohnt sachlich “windigen Russen”) habe Hafengebühren nicht zahlen wollen und das Schiff letztlich aufgegeben. Die Ladung, das Ammoniumnitrat, wurde konfisziert und in Lagerhalle 12 des Beiruter Hafens geschafft. Inzwischen sind Briefe aufgetaucht, die belegen sollen, dass Vertreter des Zolls wiederholt an die Justiz geschrieben haben sollen, in denen sie darauf drängen, das Ammoniumnitrat wegen Sicherheitsbedenken aus der Halle schaffen zu lassen. Eine Reaktion auf diese Briefe soll es nie gegeben haben.

Wie sich dabei nun die Hisbollah eingemischt haben soll? So, laut Röpcke und Rabie:

Ein Grund dafür, dass keine Entscheidung [durch die Justiz] getroffen wurde, könnte sein, dass sich möglicherweise die Terrororganisation Hisbollah bereits damals in die Bemühungen um die hochexplosive Fracht im Hafen von Beirut eingeschaltet hatte.

In dem Zoll-Schreiben des Jahres 2016 erklärt der damalige Zolldirektor: Sollte ein Export der Ladung nicht möglich sein, könne “die Fracht auch, wie von der Armee empfohlen, an das libanesische Sprengstoff-Unternehmen ‘Majdal Shams’ verkauft werden”.

Und jetzt kommt’s:

Alarmierend: Majdal Shams ist der Name einer Stadt im 1981 von Israel annektierten Golan, die von den Vereinten Nationen bis heute als Teil Syriens geführt wird. Ihr gegenüber liegt nur vier Kilometer entfernt das syrische Dorf Khadar, in dem die Hisbollah massive Terrorstrukturen und einigen Berichten zufolge auch Tunnel errichtet hat, um Majdal Shams anzugreifen.

Der Verdacht, den auch der zuständige Richter gehabt haben könnte: Die Terroristen wollten das Ammoniumnitrat kaufen, um einen nie da gewesenen Terroranschlag auf Israel zu verüben.

Darum die verweigerte Antwort auf die Bitten des Zolls mit Unterstützung womöglich Hisbollah-freundlicher Elemente in der libanesischen Armee

(Link im Original)

Das ist nicht nur eine bemerkenswerte Häufung von “möglicherweise”s, “womöglich”s und Konjunktiven, sondern auch eine ziemlich kühne Herleitung: Die Hisbollah soll hinter dieser Firma stecken, weil diese einen Namen trägt, den auch eine von Israel annektierte Stadt in den Golanhöhen trägt, von der “nur vier Kilometer entfernt” ein Dorf liegt, in dem die Hisbollah Strukturen entwickelt hat? Allein schon zeitlich wäre das ein überraschender Vorgang: Der im “Bild”-Artikel beim Satzteil “in dem die Hisbollah massive Terrorstrukturen” gesetzte Link führt zu einem Beitrag aus dem Juli dieses Jahres, in dem es um eine aktuell möglicherweise bevorstehende Vergeltung durch die Hisbollah geht. Die Hisbollah hätte also schon bei der Namensgebung der Firma, mit der sie sich einem Brief von 2016 zufolge um das Ammoniumnitrat im Beiruter Hafen bemüht haben soll, wissen müssen, dass sie vier Jahre später, als Vergeltung für einen israelischen Angriff, eine Stadt namens Majdal Shams angreifen wird. Das wären bedeutende seherische Fähigkeiten.

Und es wird noch peinlicher für Röpcke und Rabie. Denn sie geben den Brief des Zollbeamten, in dem es um Majdal Shams gehen soll, schlicht falsch wieder: Darin ist nicht die Rede von “Majdal Shams”, sondern von “Majid Shammas”. “Majid” ist ein gängiger Vorname. Und “Shammas” der Name der Familie, der die Firma gehört, die sich um das Ammoniumnitrat bemüht haben soll: Lebanese Explosives Co. SARL (Majid Shammas & Co.).

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Einen Tag nach diesem fehlerhaften Artikel, am Donnerstag, war laut “Bild” die Hisbollah dann nicht nur beteiligt am Versuch, das konfiszierte Ammoniumnitrat zu kaufen, sondern gleich gänzlich dafür verantwortlich, dass es überhaupt nach Beirut kam. Zur Erinnerung:

Screenshot Bild.de - So brachte die Hisbollah den Sprengstoff nach Beirut - Und dieser windige Russe half den Terroristen dabei

Vielleicht erstmal zum Begriff “Sprengstoff”, der nicht nur in der “Bild”-Überschrift, sondern auch im Artikel mehrmals auftaucht: Ammoniumnitrat ist kein Sprengstoff, sondern ein Salz aus Ammoniak und Salpetersäure. Dieses kann zur Herstellung von Sprengstoff verwendet werden. Es ist dadurch aber nicht automatisch ein Sprengstoff. Denn sonst würden sich Landwirte weltweit Sprengstoff auf ihre Felder kippen – Ammoniumnitrat kann schließlich auch zur Herstellung von Düngemittel verwendet werden. Wie kommen Röpcke und Rabie also darauf, von “Sprengstoff” zu sprechen? Sie schreiben, das Schiff Rhosus habe 2750 Tonnen “einer billigen Kopie des australischen Minen-Sprengstoffs ‘Nitropril’ an Bord gehabt”, und berufen sich bei dieser Einschätzung auf einen “Waffenexperten”. Grundlage dafür ist ein Foto, das den Eingang einer Lagerhalle im Beiruter Hafen zeigen soll, in der Säcke mit dem Aufdruck “NITROPRILL” (also mit doppeltem L) stehen. Es gibt allerdings noch weitere Aufnahmen, die diese Säcke mit dem “NITROPRILL”-Aufdruck zeigen sollen. Und auf denen steht auch: “AMMONIUM NITRATE”. “NITROPRILL” scheint dabei nur eine gewählte Marken- oder Typbezeichnung zu sein.

Doch zurück zur von “Bild” längst festgeschriebenen Rolle der Hisbollah. Röpcke und Rabie schreiben über die Explosionen in Beirut:

BILD-Recherchen zeigen: Die Terrororganisation Hisbollah trägt zumindest eine Mitverantwortung, wenn nicht gar die alleinige Schuld an der Tragödie.

Leider liefern sie dafür dann keine Belege. Aber einen “Verdacht”, den haben sie: Die Ladung der Rhosus sollte nie nach Mosambik:

Der Verdacht: Die angebliche Lieferung nach Afrika war nur ein Vorwand, um den Sprengstoff in Hisbollah-Reichweite zu bringen.

Auch hier: kein Beweis, kein Hinweisgeber, nichts. Dafür aber wieder die Zollschreiben und der versuchte Kauf des Ammoniumnitrats – diesmal immerhin mit dem korrekten Firmennamen:

Es wird noch irrer: Die libanesische Firma “Majid Shammas & CO.”, fast gleichnamig mit der 1967 von Israel eroberten Stadt “Majdal Shams” im Golan, bietet Anfang 2014 an, die knapp 3000 Tonnen Sprengstoff zu kaufen. Die Firma hatte bereits 2013 heimlich Sprengstoff an Syrien-Diktator Assad verkauft – einen der engsten Verbündeten der Hisbollah.

Weil eine Firma mal Sprengstoff an den syrischen Diktator Baschar al-Assad verkauft hat, und die Hisbollah Assad nahesteht, muss die Firma nach “Bild”-Logik eine Verbindung zur Hisbollah haben. Fall gelöst.

Viel einfacher kann man es sich nicht machen. Vor allem, wenn es um den Libanon geht, wo das Verhältnis zu Syrien ein sehr komplexes ist. Man kann die politische Landschaft im Libanon unter verschiedensten Gesichtspunkten unterteilen. Einer davon: Ist eine Partei pro- oder anti-syrisch? Die “March 14 Alliance”, angeführt vom ehemaligen Premierminister Saad Hariri, ist anti-syrisch. Die “March 8 Alliance”, angeführt vom aktuellen libanesischen Präsidenten Michel Aoun, ist hingegen pro-syrisch. Zu dieser “Allianz des 8. März” zählt auch die Hisbollah. Aber nicht nur. Andere Parteien, wie das Amal Movement oder Aouns Free Patriotic Movement, gehören ebenfalls dazu. Michel Aoun ist maronitischer Christ. Wendet man die “Bild”-Logik an, könnte man also auch sagen: Weil eine Firma mal Sprengstoff an den syrischen Diktator Baschar al-Assad verkauft hat, und das Free Patriotic Movement Syrien nahesteht, muss die Firma Verbindung zu Michel Aoun haben. Oder als “Bild”-Überschrift: “SO BRACHTEN DIE CHRISTEN DEN SPRENGSTOFF NACH BEIRUT”. Das wäre genauso wackelig wie Röpckes und Rabies Argumentation.

Auch die am Mittwoch bereits thematisierten Schreiben des Zolls thematisieren Röpcke und Rabie am Donnerstag noch einmal:

Unterlagen des Zolls, die BILD vorliegen, enthüllen: Zwei Zolldirektoren drängen im August 2016 und Juni 2017 ein libanesisches Gericht, dem Kauf durch die offenbar der Hisbollah nahe Firma zuzustimmen. Erstens handele es sich um “gefährliche Materialien”, die “unter unangemessenen Außenbedingungen im Lager aufbewahrt” würden. Zweitens könne “die Fracht auch, wie von der Armee empfohlen, an das libanesische Sprengstoff-Unternehmen ‘Majid Shammas’ verkauft werden”.

Das ist eine stark einseitige Darstellung. Denn der Verkauf “an das libanesische Sprengstoff-Unternehmen ‘Majid Shammas'” war nur einer von drei Vorschlägen der Zollbehörde. Die zwei anderen: die Wiederausfuhr des Ammoniumnitrats ins Ausland sowie eine Übergabe an das libanesische Militär. Die Zolldirektoren nannten drei Optionen – sie “drängten” nicht auf eine davon.

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Wenn Julian Röpcke und Mohammad Rabie über die Stellung der Hisbollah im Libanon schreiben, sind ihre Beschreibungen und Einschätzungen merkwürdig inkonsistent. Auf der einen Seite stellen sie die Gruppierung als sehr mächtig dar, auch in Bezug auf den Hafen in Beirut und das Ammoniumnitrat: Die Hisbollah habe gewusst, “dass man jederzeit auf die 2750 Tonnen zugreifen konnte und hielt sich deshalb mit weiteren Aneignungsversuchen zurück.” Auch diese Behauptung ist reine Spekulation, die “Bild”-Autoren liefern keine Belege. Es stimmt allerdings, dass die Hisbollah als heimlicher Herrscher zumindest mancher Teile des Beiruter Hafens gilt. Auf der anderen Seite schreiben Röpcke und Rabie im selben Artikel ein paar Absätze später:

Reagierten die Hafenbehörden auf ein erneutes Interesse der Terrorgruppe an dem Sprengstoff im Hafen? Dafür spricht: Der Brand in der Lagerhalle soll bei Schweißarbeiten an einem Tor des Gebäudes ausgebrochen sein. Zollbeamte hätten versucht, den Sprengstoff gegen Diebstahl zu sichern, berichteten lokale Medien.

Ein einfaches Tor sollte also die Gruppe, die sich laut “Bild” alles im Libanon erlauben kann und “jederzeit auf die 2750 Tonnen zugreifen konnte”, davon abhalten, auf die 2750 Tonnen zuzugreifen. Ganz nebenbei suggeriert der Absatz: Es musste geschweißt werden, weil man das Ammoniumnitrat vor der Hisbollah schützen musste, und die Schweißarbeiten sollen den Brand in der Lagerhalle ausgelöst haben – also: Die Hisbollah ist indirekt schuld an den Explosionen in Beirut.

Dazu kommt: Die Behauptung, dass die Hisbollah sich “mit weiteren Aneignungsversuchen” zurückgehalten habe, nur weil sie gewusst hätte, dass sie auf das Ammoniumnitrat “jederzeit (…) zugreifen konnte”, ist eine schwache Antwort auf die Frage, die sich beim Lesen der “Bild”-Artikel automatisch stellt: Warum sollte die Hisbollah so großen Aufwand betreiben und eine vermeintliche Lieferung nach Mosambik inszenieren, die Lieferung dann aber jahrelang nicht anrühren? Durch ihre Verwicklungen in den Bürgerkrieg in Syrien und ihre Aggressionen gegen Israel hätte sie definitiv Bedarf gehabt. Und es stellen sich weitere Fragen: Warum sollte die Hisbollah so eine Geheimoperation daraus machen, dann aber auf den “Bill of Loading” (wobei wir diesen nicht endgültig verifizieren können) schreiben, dass es sich um Ammoniumnitrat handelt? Warum sollte die Hisbollah überhaupt so eine Anstrengung unternehmen für einen Stoff, der nicht so schwer zu bekommen ist? Warum sollte die Hisbollah dafür den Hafen von Beirut nutzen, in dem auch andere Gruppen mitmischen, wenn sie im Süden des Libanons, wo sich Hisbollah-Hochburgen befinden, in einem kleineren Hafen viel unkomplizierter und unbeobachteter Ladung an Land schaffen kann? Oder warum nicht gleich in Syrien in den größeren Häfen von Latakia oder Tartus, wo das Assad-Regime der befreundeten Hisbollah ganz sicher nicht im Weg stehen würde? Und warum fragen Röpcke und Rabie nicht einfach mal in Mosambik bei der Fábrica de Explosivos de Moçambique nach, die als der eigentliche Empfänger für das Ammoniumnitrat gilt, oder bei der Banco Internacional de Moçambique, die den Handel finanziell abgewickelt haben soll, ob dort das Ammoniumnitrat erwartet wurde? Dann bestünde natürlich die Gefahr, dass die “Bild”-Geschichte, die Ladung sollte von Anfang an an die Hisbollah gehen, überhaupt nicht mehr passt.

Dass die einstige Schlagzeile “SO BRACHTE DIE HISBOLLAH DEN SPRENGSTOFF NACH BEIRUT” so gut wie gar nicht vom dünnen Artikel gedeckt ist, merkte offenbar auch die “Bild”-Redaktion im Laufe des Donnerstags. Sie änderte sie klammheimlich in eine Frage:

Screenshot Bild.de - Russischer Geschäftmann bekam eine Million Dollar für den Transport - Brachte die Hisbollah den Sprengstoff nach Beirut?

Mit Dank an @goldi und @ZottelderZub für die Hinweise!

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Nachtrag, 22. August: In den vergangenen Tagen haben mehrere Redaktionen (weiter)recherchiert, wie das Ammoniumnitrat nach Beirut kam, und ob die Hisbollah damit etwas zu tun hat. Das hat zu neuen Erkenntnissen geführt, die wir hier ergänzen möchten. Wir beziehen uns dabei auf zwei Artikel: einen von Welt.de und einen vom “Spiegel” (nur mit Abo lesbar, als englische Übersetzung auch ohne Abo lesbar).

Der Grund, warum wir gerade diese zwei Artikel wählen: “Bild”-Redakteur Julian Röpcke stellt es bei Twitter so dar, als würden sie belegen, dass wir mit unserer Kritik an seiner Berichterstattung (siehe oben) völlig danebengelegen hätten. Wir hätten es “#VollVergeigt”, so Röpcke.

Entweder hat er die zwei Artikel nicht gelesen oder er hat sie gelesen und reißt weiter fröhlich Dinge aus dem Zusammenhang. Denn: Die Recherchen von Welt.de und “Spiegel” lassen die “Bild”-Behauptungen, die wir kritisiert haben, aus unserer Sicht nicht weniger kritikwürdig erscheinen. Sie stützen nicht das, was Röpcke und dessen Co-Autor Mohammad Rabie geschrieben haben. Ihre falsche Übersetzung bleibt falsch, ihr unbelegtes Geraune bleibt unbelegtes Geraune. Manch ein Recherche-Ergebnis widerspricht sogar ihren Spekulationen.

Erstmal zum Welt.de-Artikel: Die Überschrift “Die explosive Spur führt zur Hisbollah” könnte einen glauben lassen, dass Autor Daniel-Dylan Böhmer die entscheidende Verbindung von Hisbollah zu den Explosionen in Beirut gefunden hat. Allerdings geht es in Böhmers Text erstmal nur um ganz andere Lieferungen von Ammoniumnitrat an die Hisbollah. Es gebe lediglich einen “engen zeitlichen Zusammenhang mit dem in Beirut detonierten Material”, was heißen soll: Etwa zu der Zeit, als die Rhosus, also das Schiff, das mit den 2750 Tonnen Ammoniumnitrat beladen war, im Beiruter Hafen angelegt hat, hat die Hisbollah “große Lieferungen von Ammoniumnitrat” erhalten. Allerdings von ganz woanders (von der Kuds-Einheit der Iranischen Revolutionsgarden), teils über ganz andere Wege (per Flugzeug und per Landweg über die syrische Grenze) und ganz andere Mengen (vermutlich 630 bis 670 Tonnen).

Daniel-Dylan Böhmer schreibt:

Ob die Lieferungen aus den Unterlagen, die WELT einsehen konnte, in direktem Zusammenhang mit der Explosion in Beirut standen, ist ungewiss. Das Ammoniumnitrat, das am 4. August detonierte, soll nach heutigem Kenntnisstand ein Frachter unter moldawischer Flagge Ende 2013 in Beirut abgeladen haben, nachdem er auf seiner Fahrt von Georgien nach Mosambik wegen technischer und finanzieller Probleme einen Zwischenstopp in Beirut einlegen musste. Unklar ist bislang, warum die Chemikalien im Hafen gelagert und weder weitertransportiert noch vernichtet wurden.

Diese Faktenlage weist nicht direkt auf die Hisbollah als Empfänger dieses Stoffes hin.

Der letzte Satz widerspricht der “Bild”-Überschrift “SO BRACHTE DIE HISBOLLAH DEN SPRENGSTOFF NACH BEIRUT”, die die Redaktion später in die Frage “Brachte die Hisbollah den Sprengstoff nach Beirut?” geändert hat, auf die man dem Welt.de-Artikel zufolge mit “Nach aktuellem Kenntnisstand: nein” antworten müsste.

Im “Spiegel”-Artikel geht es um eine andere Verbindung zur Hisbollah, allerdings auch nur über Bande. Die Überschrift lautet: “Was die Hisbollah mit dem mysteriösen Fall der ‘Rhosus’ verbindet”. Im Teaser gibt es darauf einen ersten Hinweis: “Es gab Verbindungen des Reeders zur Bank der Hisbollah”.

Der Besitzer der Rhosus, so hat es der “Spiegel” herausgefunden, ist gar nicht Igor Gretschuschkin (den “Bild” den “windigen Russen” nennt), sondern ein Mann aus Zypern, der Reeder Charalambos Manoli. Gretschuschkin hatte die Rhosus nur gechartert. Manoli soll sich bereits 2011 etwa vier Millionen Dollar bei der tansanischen FBME-Bank geliehen habe. Die FBME-Bank wiederum sei die “Hausbank der Hisbollah”, so der “Spiegel”. Sie soll der Terrororganisation unter anderem bei der Geldwäsche geholfen haben. Dokumenten zufolge konnte Manoli den Kredit nicht komplett zurückzahlen. Er soll zwischenzeitlich die Rhosus als Sicherheit angeboten haben, was die Bank allerdings ablehnte. Die Frage, die der “Spiegel” aufwirft: Gibt es eine Verbindung zwischen den Schulden Manolis und dem Stopp des mit Ammoniumnitrat beladenen Frachters in Beirut? Der Reeder dementiere “jeden Zusammenhang”, so der “Spiegel”:

Ein Ermittler hingegen sagt, die FBME-Bank sei berüchtigt dafür gewesen, säumige Schuldner zu Gefälligkeiten gegenüber zwielichtigen Kunden wie der Hisbollah zu drängen.

Einen eindeutigen Beleg, der es schafft, eine direkte Verbindung von Hisbollah zum Frachter oder zum im Beiruter Hafen explodierten Ammoniumnitrat herzustellen, gibt es im “Spiegel”-Artikel nicht.

Beweise, die die Spekulationen der “Bild”-Autoren Julian Röpcke und Mohammad Rabie stützen, findet man dort ebenfalls nicht. Es geht im “Spiegel”-Artikel auch gar nicht um die Aspekte aus der “Bild”-Berichterstattung, die wir weiter oben kritisiert haben: Es geht nicht um eine Firma namens “Majdal Shams” (die falsche Übersetzung von Röpcke und Rabie, die die “Bild”-Redaktion inzwischen transparent korrigiert hat). Es geht nicht um eine Firma namens “Majid Shammas”, die Röpcke und Rabie in die Nähe der Hisbollah rücken. Es geht nicht darum, dass der libanesische Zoll ein Gericht “gedrängt” habe, das Ammoniumnitrat an diese angeblich Hisbollah-nahe Firma zu verkaufen, wie Röpcke und Rabie es einseitig darstellen.

Dafür gibt es auch im “Spiegel”-Artikel eine neue Erkenntnis, die Röpckes und Rabies Spekulation widerspricht. Die “Bild”-Autoren mutmaßen zu den ausgebliebenen Antworten der Justiz auf die Anfragen des Zolls, das Ammoniumnitrat aus dem Hafen zu schaffen:

Der Verdacht, den auch der zuständige Richter gehabt haben könnte: Die Terroristen [der Hisbollah] wollten das Ammoniumnitrat kaufen, um einen nie da gewesenen Terroranschlag auf Israel zu verüben. Darum die verweigerte Antwort auf die Bitten des Zolls mit Unterstützung womöglich Hisbollah-freundlicher Elemente in der libanesischen Armee

Der “Spiegel” hat hingegen herausgefunden, dass der Grund für die ausgebliebenen Antworten ein ganz anderer sein könnte: Die Schreiben seien “beharrlich an das falsche Gericht geschickt” worden:

Immer wieder warnten Behörden, vor allem der Zoll, das Ammoniumnitrat müsse aus dem Hafen weggebracht werden. Doch die Schriftsätze wurden so beharrlich an das falsche Gericht geschickt, dass es beteiligten Juristen schwerfällt, an bloße Inkompetenz zu glauben.

Eine Sache wollen wir bei dieser Gelegenheit noch einmal wiederholen: Wir haben nie ausgeschlossen, dass die Hisbollah etwas mit dem Ammoniumnitrat im Beiruter Hafen zu tun haben könnte. Im Gegenteil: Wir haben extra “gleich zu Beginn einmal klar” geschrieben:

Der Hisbollah […] ist durchaus zuzutrauen, dass sie etwas mit dem Ammoniumnitrat im Beiruter Hafen zu tun hat. Sie hätte die Mittel dafür und ein mögliches Interesse.

Unsere Kritik an den “Bild”-Artikeln war eine Kritik an der “Bild”-Artikeln und keine Verteidigung für die Hisbollah. Wir finden, dass bei einem so heiklen Thema und bei einem Ereignis, bei dem viele Menschen gestorben sind und viele verletzt wurden, wilde Spekulationen nicht in die Berichterstattung gehören – unabhängig davon, ob es um eine schweinische Terrororganisation geht oder nicht.

Nuhr Einsicht oder Nuhr eingeknickt?, Hayali-Dreh, “Rolling Stone”-Cover

1. Dunja Hayali bricht ZDF-Dreh bei Demo gegen Corona-Regeln ab
(tagesspiegel.de)
Die ZDF-Journalistin Dunja Hayali hat sich für einen Dreh unter die Demonstrierenden gegen die Corona-Maßnahmen gemischt, brach die Dreharbeiten jedoch wegen Sicherheitsbedenken vorzeitig ab (die gesamten 37 Minuten des Drehs gibt es bei Instagram). Der Deutsche Presserat kritisiert den Vorfall auf Twitter: “Es ist absolut unakzeptabel, wenn Journalisten ihre Arbeit nicht machen können, weil sie beschimpft und bedroht werden. Der Schutz von Journalisten muss dringend verbessert werden!” Es gibt jedoch auch andere Sichtweisen auf den Vorfall. Autor und Journalist Franz Sommerfeld kritisiert Hayalis Vorgehen: “Sie versteht sich als journalistische Aktivistin. Sie will einzelne Demonstranten überzeugen, wenn das nicht gelingt, sie zumindest wegen der Absurdität ihrer Vorstellungen bloss stellen. Sie meint es gut. Aber das misslingt natürlich. Und nun zeigt sich Dunja Hayali in ihrem Schlusskommentar beleidigt und gekränkt, weil jeder ihr etwas anderes vorhält, und freut sich noch einmal auf ihren ‘schmutzigen’ Hund. Das wäre zu vermeiden gewesen, wenn die Journalistin professionelle Distanz gewahrt hätte. Damit hätte sie ihrem Anliegen mehr gedient.”

2. Kanzel Culture
(hellojed.de, Moritz Hoffmann)
Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) wirbt zu ihrem 100-jährigen Bestehen für die Wissenschaft und setzt dazu verschiedene prominente Fürsprecherinnen und Fürsprecher ein. Eines der Testimonials stammt von Komiker Dieter Nuhr, dem Kritiker ein gebrochenes Verhältnis zur Wissenschaft vorwerfen – sie lehnen ihn als Werbegesicht für die Kampagne ab. Moritz Hoffmann kommentiert: “Das eigentliche Thema muss die DFG sein. Sie hat Nuhr angefragt, sie hat Nuhr abgenommen, sie hat Nuhr veröffentlicht, sie hat Nuhr auf den sozialen Netzwerken beworben und sie hat nach ein paar Stunden kritischem Gegenwind beschlossen, ohne weitere Erklärungen eine Kehrtwende zu vollziehen. Das alles spricht nicht für besonders viel Denkaufwand, es spricht für wenig Souveränität und für einen bemerkenswerten Mangel an Einfühlungsvermögen in die verschiedenen Arten, auf denen im Jahr 2020 in Deutschland Sachverhalte ausverhandelt werden.”
Weiterer Lesehinweis: Auch von anderer Seite wird Kritik an die DFG herangetragen. Diesmal jedoch nicht wegen des Testimonials von Dieter Nuhr, sondern wegen des vermeintlichen “Einknickens” der Forschungsgemeinschaft: “Damit gibt die DFG auf erbärmliche Weise ihre Prinzipien preis. Sie leistet als Wissenschaftsorganisation einen Offenbarungseid.” (faz.net, Michael Hanfeld)

3. Bewusst exponiert
(taz.de, Peter Weissenburger)
Die österreichische Journalistin Natascha Strobl schreibt bevorzugt über Rechtsextremismus und gerät damit immer wieder in den Fokus eines rechtsradikalen Mobs, der sie beschimpft und bedroht. Nach einem Beitrag eines “Welt”-Kolumnisten mit dem Namen “Don Alphonso” erlebt sie eine besonders stark ausgeprägte Hasswelle.
Weiterer Lesehinweis: In der “Frankfurter Rundschau” spricht Strobl über die massiven Drohungen, die ihr gegenüber ausgesprochen werden, und über ihren Widersacher “Don Alphonso”: “Ich bin da nicht die erste und werde nicht die letzte Frau sein, die er so angeht. Und das zweite ist, dass er ein sehr großes Problem mit eher links stehenden Menschen hat. Da geht es nicht um Meinungsaustausch, er will sie einfach persönlich zerstören. Das ist alles ganz offensichtlich durch persönliche Motivation getrieben, aber es ist auch ein Geschäftsmodell.”

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4. Lässt sich TikTok überhaupt verbieten?
(zeit.de, Anna-Lena Schlitt)
US-Präsident Donald Trump will die chinesische Videoplattform TikTok – zumindest in den USA – verbieten. Als Grund dafür wird die Befürchtung genannt, die App könne heimlich die Daten der Nutzerinnen und Nutzer an China weitergeben. Ist ein derartiges Verbot überhaupt möglich? Und wie könnte es umgesetzt werden? Gibt es bereits TikTok-Verbote? Und könnte TikTok verkauft werden? Anna-Lena Schlitt gibt Antworten auf die wichtigsten Fragen.

5. Die perfekte Welle
(journalist.de, Jennifer Garic & Olaf Wittrock)
Wie leicht nachzuvollziehen ist, bestimmt die Corona-Pandemie seit Monaten die Berichterstattung, doch die Nachrichtenflut ebbe langsam ab. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erkennten darin ein wellenförmiges Muster: Nach spätestens drei Monaten träten Gewöhnungs- und Ermüdungseffekte ein, das mediale Interesse lasse nach. Jennifer Garic und Olaf Wittrock von der Wirtschaftsredaktion “Wortwert” haben sich die Wellenbildung anhand der bisherigen Corona-Berichterstattung angeschaut.

6. Wie es einmal fast zwei Frauen aufs Cover des “Rolling Stone” schafften
(uebermedien.de, Stefan Niggemeier)
In der Musik-Zeitschrift “Rolling Stone” ist ein längeres Interview erschienen, in dem die Soulsängerin Joy Denalane und die Rockmusikerin Ilgen-Nur über Rassismus, Sexismus und Homophobie in der Musikindustrie sprechen. Beide Künstlerinnen gingen davon aus, dass ihr Gespräch die Cover-Geschichte des Heftes werden würde, es habe auch ein entsprechendes Cover-Shooting gegeben. Schlussendlich sei das Magazin jedoch den vermeintlich sicheren Weg gegangen und habe Altrocker Bruce Springsteen aufs Cover gehoben. Stefan Niggemeier kommentiert: “Während das amerikanische Schwesterblatt politischer und diverser geworden ist, will der deutsche Ableger lieber nicht riskieren, seine Stammleser mit nicht-weißen Frauen auf dem Cover zu verschrecken, nicht einmal, wenn der Sexismus und Rassismus der Branche Thema im Heft ist. Es hätte ein kleines Statement werden können in Zeiten, in denen einiges in Bewegung gerät, dass man sich mitbewegt.”

Gefährliche Wendung, Prinzenfonds, Bitcoin-Hack und Bitcoin-Werbung

1. Gefährliche Wendung
(taz.de, Levent Tezcan)
Die Debatte über Rassismus nimmt laut Levent Tezcan, Professor am Institut für Soziologie an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, eine gefährliche Wendung: “Mit einem quasireli­giö­sen Furor will eine neue Generation People of ­Color jede auch noch so verborgene rassistische Regung in der Seele ausrotten. Selbst die Liberalen, gar die Linken, die immer schon ein sicherer Hafen für die Fremden im Lande waren, sind nicht mehr davor gefeit, als Rassisten gebrandmarkt zu werden.”

2. Prinzenfonds hilft Journalisten
(deutschlandfunk.de, Christian Orth, Audio: 7:41 Minuten)
Wer über die Forderungen der Hohenzollern an den Bund und den Umgang der Familie mit journalistischer Berichterstattung schreibt, sollte sich darauf einrichten, eventuell am nächsten Tag Anwaltspost im Briefkasten zu haben. Arne Semsrott (“FragDenStaat”) kommentiert im Deutschlandfunk: “Aus meiner Sicht ist dieser Versuch, gegen alle möglichen Medien mit Abmahnungen, vielleicht dann auch mit einstweiligen Verfügungen, vorzugehen, der Versuch, die öffentliche Meinungsbildung stark zu beeinflussen. Und ich glaube, das ist teilweise tatsächlich auch erfolgreich aus Sicht von Herrn von Preußen. Denn ich sehe es ja an mir selbst und wie ich meine Worte wähle, und viele andere Journalistinnen, mit denen ich rede, auch – es wird dann doch schon zwei Mal überlegt, ob man tatsächlich einen Beitrag machen soll mit Herrn von Preußen”. “FragDenStaat” habe deshalb einen Rechtshilfefonds für Abmahnopfer eingerichtet, der sich aus Spenden der Community speist: den “Prinzenfonds”.

3. Google News ab sofort mit neuem Layout und einer Quelle pro Nachricht
(t3n.de, Patrick Büttgen)
Vor einem Jahr habe Google optische Änderungen für seine News-Suchergebnisse angekündigt, nun wurden sie offensichtlich umgesetzt. Technikjournalist Patrick Büttgen hat sich das neue Layout angeschaut, das aufgeräumter wirke, jedoch nicht nur Gutes mit sich bringe: Google zeige fortan nur eine Quelle pro Nachricht an, was zu Trafficverlusten der anderen Quellen führe.

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4. Techkonzerne gehen gegen von Trump geteilte Videos vor
(spiegel.de, Max Hoppenstedt)
Facebook, Twitter und Youtube gehen gegen Videos vor, in denen Falschinformationen zum Maskentragen und zum angeblichen Corona-Heilmittel Hydroxychloroquin verbreitet werden. Ein Präparat, das US-Präsident Donald Trump zum Entsetzen von Fachleuten als mögliches “Geschenk des Himmels” bezeichnet. Die Löschaktion wirkte sich auch auf Trumps Twitter-Account aus: Er hatte das Videomaterial öffentlich geteilt.
Weiterer Lesehinweis, weil damit in Zusammenhang stehend: Trump zweifelt an seiner Persönlichkeit: “Niemand mag mich” (fr.de, Anna-Katharina Ahnefeld).

5. Immer Ärger mit dem Rechtsstaat | Fahrradstraßen | Stadt duldet Gehwegparken
(rums.ms, Ralf Heimann)
Wer sich anschauen will, wie Lokaljournalismus der Zukunft aussehen könnte, sollte einen Blick auf “Rums” werfen. Dort findet Regionalberichterstattung rund um Münster statt, jenseits der verstaubten Klischees und auf eine frische und zeitgemäße Art. Ergänzt wird das Angebot durch Kolumnen von prominenten Stadtkindern wie Marina Weisband, Ruprecht Polenz und Klaus Brinkbäumer. Ein Projekt, das durchaus Vorbild für andere Regionen sein könnte.
Transparenzhinweis: Ralf Heimann schreibt auch für BILDblog. Zum Beispiel in seiner viel beachteten Serie über Fehlerkultur im Journalismus: Kleine Wissenschaft des Fehlers.

6. So leicht war es, Promis auf Twitter zu hacken
(zeit.de, Meike Laaff)
Am 15. Juli sorgte ein Hack für Verwirrung in der Twitter-Gemeinde: Promis wie Barack Obama, Joe Biden, Elon Musk, Jeff Bezos und Kim Kardashian schienen ein vermeintlich lohnendes Bitcoin-Investment zu versprechen – ihre Accounts waren zuvor gehackt worden. Wie konnte das geschehen? Wer steckt hinter den Angriffen? Und was befürchten Experten angesichts dieses Hacks? Meike Laaff ordnet den Fall ein, der auch mit Blick auf die bevorstehenden US-Wahlen besorgniserregend erscheint.
Weiterer Lesetipp: Michael Nöhrig macht in seinem Blog auf einen Fall von Bitcoin-Abzocke aufmerksam, bei dem man nicht weiß, ob man weinen oder lachen soll: “Da berichtet ein STANDARD-Artikel darüber, wie betrügerische Bitcoin-Werbung mit Prominenten getrieben wird, und die via AdSense zugeschaltete betrügerische Clickbait-Werbung bewirbt, akkurat!, eine ‘Sonderbericht’-Fakeseite, auf der betrügerische Bitcoin-Werbung mit Prominenten getrieben wird”.

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