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Explosiv, X-Factor, Wikileaks

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Kleine Boulevardreporterschule”
(faz.net/blogs/fernsehblog, Peer Schader)
Wie man einen RTL-“Explosiv”-Beitrag plant: 1. Ein geeignetes Thema finden, 2. Die Protagonisten ins Lächerliche ziehen, 3. Neue Opfer suchen.

2. “Wie die ‘BILD’ einmal Dresden mit Bonn verwechselte”
(presseclub-dresden.de, owy)
Der Vater des dritten Kinds eines Topmodels komme aus Dresden, ist auf Bild.de zu lesen. Kurze Zeit später stammt der Mann dann aus Bonn. Andere Portale übernehmen die Meldung, nicht aber die nachträgliche Änderung.

3. “Eine Antwort zu Ernst Elitz Journalismusbild”
(freitag.de/community/blogs/columbus, Christoph Leusch)
Und noch eine Antwort zu den “zwölf Thesen für einen besseren Journalismus” von Ernst Elitz: “Wer einmal von einem hoch angesehenen Journalisten oder Publizisten Dinge lesen musste, die dieser unmöglich gesehen, gelesen, verstanden und bearbeitet haben kann, der zweifelt doch daran, diese wichtiger Aufgabe des ‘Filterns’ so einfach in die Hände der Journalisten zurück zu geben.”

4. “Geben Sie Ihre Rechte bitte an der Garderobe ab”
(medienpiraten.tv/blog, Peer Schader)
Peer Schader liest die Castingvereinbarung der für Sommer 2010 geplanten RTL- und VOX-Sendung “X-Factor” und notiert sich einige Passagen, die Kandidaten unterschreiben müssen. Zum Beispiel: “Ich übertrage auf den Produzenten auch alle Rechte für unbekannte Nutzungsarten.”

5. “Leak-o-nomy: Die Ökonomie hinter Wikileaks”
(stefanmey.wordpress.com)
Nachgetragen: Ein Interview mit Julian Assange, der über die Finanzierung von Wikileaks spricht.

6. “Eine Schule in den Bergen”
(ardmediathek.de, Video, 7:33 Minuten)
Ein Bericht über die Schulsituation in Zentralchina, die sich von der in Westeuropa stark unterscheidet.

Bild, dpa  etc.

Einar hat aufm rechten Auge ein Milchmädchen

Und sie waren so dicht dran. Fast hätte es die Nachrichtenagentur dpa heute geschafft, klüger zu sein als die anderen und nicht auf eine Quatschmeldung der “Bild”-Zeitung hereinzufallen. Fast!

Die “Bild”-Zeitung schreibt in ihrer heutigen Ausgabe, die Zahl der Gewalttaten mit rechtsextremem Hintergrund sei im vergangenen Jahr deutlich zurückgegangen, und hatte dies vorab auch den Nachrichtenagenturen mitgeteilt. APD, AFP, dpa und Reuters übernahmen die Behauptung der Boulevardzeitung, wie üblich, ungeprüft und verbreiteten sie noch in der Nacht weiter.

Heute Vormittag aber hatte ein Kollege bei dpa die gute Idee, bei der Quelle nachzufragen, auf die sich “Bild” beruft: das Bundeskriminalamt (BKA). Und siehe da: Das BKA bestritt, dass die Zahlen von ihm seien.

Was machte aber der brave dpa-Mann nun? Er schrieb in seine Meldung den Satz: “Das BKA in Wiesbaden erklärte dagegen, die Zahlen stammten nicht von ihm”. Aber er meldete den von “Bild” unter Berufung auf das BKA behaupteten Rückgang der Gewalttaten trotzdem.

Das ist der Artikel aus der heutigen “Bild”*:

Berlin – Die Zahl der rechten Gewalttaten ist 2009 bundesweit erstmals seit sechs Jahren gesunken. Laut Bundeskriminalamt (BKA) zählte die Polizei bis Ende November 624 Gewalttaten von Rechten. 2008 waren es im gleichen Zeitraum 682 Delikte – minus 8,5 %. Die Zahl der verletzten Personen ging von 713 auf 614 Personen zurück. Die Zahl rechter Straftaten insgesamt (z. B. Volksverhetzung) stieg um 0,35 %.

Die Zahlen stammen anscheinend aus den Kleinen Anfragen, in denen Petra Pau (Linke) monatlich von der Bundesregierung die Zahl rechtsextremer Straf- und Gewalttaten erfragt. Diese Angaben sind, wie Pau und die Bundesregierung jedesmal betonen, vorläufig. Sie können sich “aufgrund von Nachmeldungen noch (teilweise erheblich) verändern”, heißt es in den Antworten der Bundesregierung.

Die endgültigen Zahlen liegen immer höher als die vorläufigen, und zwar erheblich. Für 2008 ergaben sich aufgrund der vorläufigen Werte 735 rechtsextreme Gewalttaten — tatsächlich wies der Verfassungsschutzbericht schließlich 1042 aus.

Ob die Zahl rechter Gewalttaten 2009 wirklich erstmals seit Jahren gesunken ist, lässt sich aus den vorläufigen Angaben nicht errechnen. Richtig ist nur, dass die vorläufigen Werte der ersten elf Monate 2009 unter den vorläufigen Werten der ersten elf Monate 2008 liegen. Aber seit dem Sommer scheint sich selbst dieser vermeintliche Trend umgekehrt zu haben.

BKA-Chef Jörg Ziercke hatte vor drei Wochen in einem Vortrag gesagt, er rechne für 2009 mit einem “nahezu eben so hohen rechten Gewaltaufkommen” wie in den Vorjahren. “Bild”-Chefkorrespondent Einar Koch aber rechnet die Zahl rechtsextremer Gewalttaten systematisch klein.

Koch ist Wiederholungstäter: Bereits 2006 behauptete er in “Bild”, die Zahl rechtsextremer Gewalttaten sei deutlich zurückgegangen. In Wahrheit hatte sie drastisch zugenommen (BILDblog berichtete). Auch damals hatte Koch sich auf die vorläufigen Werte aus den Kleinen Anfragen verlassen und sie, was noch schlimmer war, mit den endgültigen Werten des Vorjahres verglichen. Entsprechend abwegig waren seine Ergebnisse. (“Bild” korrigierte sich damals übrigens erst mit Wochen Verspätung.)

Auch damals hatten Nachrichtenagenturen und andere Medien die falsche Rechnung ungeprüft übernommen. Sie haben daraus nichts gelernt.

*) Die Online-Version ist länger und nicht ganz so falsch.

Schweinegrippe, Newsroom, Wehensingen

6 vor 9

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1. “Die WHO ist schuld, die Medien nicht”
(der-postillon.com)
“Merke: Wer Gutes tun will, sollte es sich wohl überlegen und nicht Hysterie schüren” steht in einem Artikel von Elke Bodderas auf welt.de, der die Kosten der “Schweinegrippe-Panik” auflistet und reihum Schuldzuweisungen verteilt (nur nicht an die Medien). Der Postillion hat dazu einige Screenshots gemacht von Artikeln, die auf welt.de zur Schweinegrippe erschienen.

2. “Eine Antwort an Ernst Elitz”
(opalkatze.wordpress.com)
“Bei allem ehrlichen Respekt vor der Lebensleistung von Ernst Elitz: die Zwölf Thesen für einen besseren Journalismus ‘Gegen Lüge und Dummheit’ stammen geradewegs aus dem Elfenbeinturm des Qualitätsjournalismus.”

3. “Der Journalist am Fliessband”
(nzz.ch, Norbert Neininger)
Norbert Neininger schreibt über den Newsroom: “Es gibt, beispielsweise im Springer-Newsroom, keine private Ecke mehr, keine eigene Büroschublade und auch keinen Platz, um die Ferienkarten der Kolleginnen und Kollegen zu befestigen. Für Besprechungen setzt man sich auf die Rollcontainer, welche beliebig umgruppiert werden können.”

4. Interview mit Ulrich Meyer
(dwdl.de, Jochen Voß)
Ulrich Meyer von der Sat.1-Sendung “Akte” zur Entwicklung in der Branche: “Wir befinden uns schon seit Jahren in der Entwicklung von der Goldgräberbranche zur Tellerwäscherindustrie. Die Ressourcen werden immer enger. Wir müssen uns längst nicht mehr nur fragen, wie eine Geschichte möglichst gut und wasserdicht zu erzählen ist, sondern inzwischen vor allem, wie sie sich möglichst günstig produzieren lässt.”

5. “Interviews auf Krücken”
(interviewsfuehren.wordpress.com, Christian Thiele)
Christian Thiele hält nichts von “Regieanweisungen” in gedruckten Interviews wie “(lacht laut)” oder “(gestikuliert mit den Händen)”.

6. Interview mit Luise Kaller
(zeit.de, Tina Hildebrandt und Henning Sußebach)
Sehr langes und spannendes Gespräch mit der 64-jährigen Hebamme Luise Kaller: “Diejenigen Frauen, die sich besonders akribisch vorbereitet haben, bis ins kleinste Detail, die kommen so kopfgesteuert im Kreißsaal an, dass sie kaum loslassen können. Die haben Wehensingen gelernt und sind verunsichert, wenn sie merken, dass sie doch nur schreien. Ich sage dann immer: Singen oder schreien – egal! Hauptsache, laut.”

Kehraus 2009

… und wieder einmal ist es an der Zeit, schnell noch ein wenig Gerümpel wegzuräumen, das während unseres Winterschlafs liegen geblieben ist.

Da wäre zunächst diese (vermeintliche) Antwort auf die Frage “Was sieht man wirklich im Nackt-Scanner?”:

(Angebliche) Nacktscanner-Bilder bei Bild.de

Das, was Bild.de in seiner Klickstrecke als das “milchige Bild eines Nacktscanners” verkaufen will (und seitdem regelmäßig als Symbolbild nutzt), sieht als Negativ so aus:

(Angebliche) Nacktscanner-Bilder bei Bild.de (negativ)

… und hat damit – bis auf die Waffen – verblüffende Ähnlichkeit mit diesen zwei Fotos von einer CD mit 50 Fotos einer nackten Frau:

Stock images einer nackten Frau

Bild.de verschleiert die Herkunft der Bilder genau genommen nicht mal sonderlich und gibt als Quelle für die angeblichen Nacktscanner-Fotos sogar “PhotoAltoF1online” an, die Website, auf der man die CD bestellen oder die Fotos direkt kaufen kann. Dass es sich bei den gezeigten Abbildungen damit aber um Symbolfotos bzw. Fotomontagen handelt, die nicht gerade zur Beantwortung der Frage “Was zeigt der Nackt-Scanner?” taugen, erwähnt Bild.de allerdings nicht.

Dafür gibt es Aufklärung:

Auch Schwangerschaften können nicht erkannt werden.

Oder auch nicht:

• Schwangerschaft • Intim-Schmuck • Geschlechtsteile - Was sieht man wirklich im Nackt-Scanner?

* * *

Wie es eine Geschichte über eine angebliche Schönheitsoperation von Tiger Woods aus einer obskuren Kettenmail in mehrere deutsche Onlinemedien geschafft hat, müssen wir nicht mehr aufdröseln — das hat der Linksgolfer im alten Jahre schon ausführlich getan.

* * *

Und dann war da noch die österreichische “Kronen Zeitung”, die sich an Neujahr irgendwo zwischen Weihnachtstraditionen und der aktuellen Schweinegrippen-Hysterie verheddert hat:

Irrer wollte Grippe auf Petersplatz zerstören. Rom. Große Aufruhr auf dem Petersplatz: Ein verwirrter Mann hatte die Sicherheitsschleusen umgangen und stürmte auf die Grippe im Vatikan zu. Ziel: Er wollte die Figuren zerstören. Die Polizei konnte ihn festnehmen.

* * *
PS: Kein Fall fürs BILDblog ist übrigens die Aktion “12 Tage, 12 Geschenke”, bei der “Bild” seit dem 26. Dezember seinen Lesern täglich ein Produkt aus Apples iTunes-Store schenkt: Zwar kann man diese Sachen auch ganz ohne “Bild” herunterladen — es ist eine schon fast traditionelle iTunes-Aktion. Aber “Bild” ist durchaus Kooperationspartner von Apple, auch wenn der Computerkonzern das aus unbekannten Gründen – anders als bei den Partnern “Frankfurter Allgemeine Zeitung”, “Glamour” und anderen – selbst verschweigt.

Mit Dank an die verschiedenen Hinweisgeber!

Slow Media, Dummy, Kaffeekartelle

6 vor 9

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1. “Das Slow Media Manifest”
(slow-media.net)
14 Gründe, warum es ab 2010 nicht immer “noch leichter, schneller und kostengünstiger” geht. “Analog zu Slow Food geht es bei Slow Media nicht um schnelle Konsumierbarkeit, sondern um Aufmerksamkeit bei der Wahl der Zutaten und um Konzentration in der Zubereitung.”

2. Interview mit Oliver Gehrs
(meedia.de, Christine Lübbers)
Der Chefredakteur von “Dummy” glaubt, dass Werber das Ziel haben sollten, “ihr qualitätsvolles Produkt in einem anderen qualitätsvollen Produkt zu lancieren. Warum sollte ich als Modelabel in ein Heft gehen, wo man die Werbung kaum noch vom Redaktionellen unterscheiden kann – das also niemand ernst nimmt. Die machen ihre Fotoshootings ja auch nicht im Puff.”

3. “Die Kaffeemädchenrechnung im Nachrichtenkartell”
(multipunkt.blog.de)
Multipunkt zweifelt an, dass der Schaden durch Kartelle von deutschen Kaffeeröstern 4.8 Milliarden Euro beträgt, wie “auf den Webseiten der Welt, der Bild, des Hamburger Abendblatts, des Spiegels und überhaupt überall im Internet” zu lesen ist, und rechnet nach.

4. “NDR geht gegen GEZ-kritischen Blogger vor”
(internet-law.de, Thomas Stadler)
Gegen den Blogger und Buchautor Bernd Höcker wird vor dem Landgericht Hamburg auf Unterlassung geklagt: “Was der NDR und der von ihm vorgeschickte Justitiar vor dem Landgericht Hamburg veranstalten, ist nicht nur meinungsfeindlich, sondern steht auch in Widerspruch zum Programmauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.”

5. “Marcel Reich-Ranicki: Frühwerk vs. Spätwerk”
(umblaetterer.de, Marcuccio)
Marcel Reich-Ranicki, Literaturkolumnist der “Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung”, wird bei “Fragen Sie Reich-Ranicki” eine Frage eines Lesers vorgelegt, die er 2005 bereits beantwortete. Während er damals ausführlich Auskunft gab, bleibt er diesmal wortkarg.

6. “The Shady Mainstream Media Payday of Flight 253 Hero Jasper Schuringa”
(gawker.com, Foster Kamer, englisch)
“Jasper Schuringa probably didn’t think twice before dismantling Northwest Airlines Flight 253’s would-be bomber. But before telling his story, he wanted money, and he got it. From major news outlets who pay up and lie about it.”

Kluge, Degeto, Pullover

6 vor 9

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1. Interview mit Alexander Kluge
(freitag.de)
Teile der “Freitag”-Redaktion sprechen mit Alexander Kluge über das Feuilleton-Thema der Stunde, die Verarbeitung der Datenmasse. Das per Skype geführte Gespräch wurde aus mehreren Blickwinkeln gefilmt und auf dem Haussender von Kluge zusammengeschnitten (dctp.tv, Video, 55:45 Minuten)

2. “Schützt meine Leistung!”
(print-wuergt.de, Michalis Pantelouris)
Michalis Pantelouris zur Verankerung des Leistungsschutzrechts im Koalitionsvertrag: “Dass die Verlage – mit der kleinen Ausnahme des Heise-Verlages – das Thema in ihren eigenen Blättern totschweigen hat meiner Meinung nach viel damit zu tun, dass ihre Position argumentativ einfach nicht vertretbar ist, wenn man das Geschwurbel weglässt.”

3. “Da fehlt dann nur noch das Baströckchen”
(sueddeutsche.de, Michael Bitala)
Eine Kritik an einer Degeto-Produktion der ARD, die “verstörend niveaulos”, “schlechter als Privatfernsehen”, “ein Albtraum” ist: “Da landet Christine Neubauer, die erfahren hat, dass ihr Vater viel länger in Namibia lebte, als es ihr die Mutter gesagt hat, auf einem verstaubten Flughafen. Sie blickt auf die Landebahn und sagt: Hier hat mein Vater gelebt. Ob er glücklich war? Ob ihr Vater hier, auf dem Asphalt, glücklich war? Wer lebt schon gerne auf einer heißen Flughafenpiste?”

4. “Wie Kenia online geht”
(youtube.com, Video, 3:06 Minuten)
Ein mit Satellitentechnik und Solarenergie betriebener “rural internet kiosk” soll der Landbevölkerung von Kenia Internetzugang bringen.

5. “Schnapp Dir den luxuriösen 10-vor-10-Pullover”
(bloggingtom.ch)
Blogging Tom erntet nach einem Auftritt in der Nachrichtensendung “10 vor 10” Kritik für seinen Pullover. Der “luxuriöse Pullover mit V-Ausschnitt” wird nun bei Ebay versteigert.

6. “… as every year”
(coffeeandtv.de, Lukas)
Wie jedes Jahr werden uns die Medien in den nächsten Tagen mit vorhersehbaren Beiträgen beglücken.

Ringier, Meinungen, Hersh

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1. “Ringier wird Unterhaltungskonzern”
(handelszeitung.ch, Gret Heer)
Der Schweizer Verlag Ringier (“Blick”) will in zehn Jahren nur noch einen Drittel des Umsatzes mit klassischen Medien machen. Die anderen zwei Drittel sollen von “transaktionsbasierten Internetseiten wie Geschenkideen und Scout24” und dem Bereich “Entertainment, Electronic Media & Events” erwirtschaftet werden.

2. SZ-Magazin vs. Bundeswehr
(meedia.de, ga)
Das Magazin der “Süddeutschen Zeitung” beklagt fehlende Kooperation der Bundeswehr für die Geschichte “Briefe von der Front”: “Für die Dokumentation hatten etliche Soldaten, vom Gefreiten bis zum Oberstleutnant, ihre Briefe und Unterlagen zur Verfügung gestellt. Die Folge: Wochenlang verschickte die Bundeswehr Mails, mit denen das Erscheinen der Titelgeschichte verhindert werden sollte.”

3. “Die Kunst, anderer Meinung zu sein”
(zeit.de, Harald Martenstein)
Harald Martenstein denkt über Meinungen nach: “Die meisten Meinungen werden vertreten, weil es eh alle sagen, weil man sich davon einen Vorteil verspricht, weil man nicht unangenehm auffallen oder weil man einfach nur gemocht werden will, ein Grund so fragwürdig wie der andere.”

4. “Liebe Brigitte-Redaktion”
(maedchenmannschaft.net, Susanne)
Susanne fragt sich anlässlich von Abnehm-Tipps zu den Weihnachtstagen, wie ernst es Brigitte.de mit der Aktion “Ohne Models” meint.

5. Besuch bei Seymour Hersh
(nzz.ch, Michael Marek)
Ein Besuch bei der lebenden Journalistenlegende Seymour M. Hersh, der in einem alten Büro ohne Sekretärin arbeitet und unter anderem von dort aus “die Schattenseiten US-amerikanischer Politik” untersucht. Seine Theorie: “Wer nicht liest, der kann auch nicht schreiben.”

6. “Klang-Supermarkt zum Nulltarif”
(spiegel.de)
Da der Link zur “Spiegel”-Kritik gestern mehrere kritische Mails nach sich gezogen hat (und das zurecht, sie war tatsächlich überzogen), linken wir heute auf einen lesenswerten Text aus dem “Spiegel”-Archiv von 1977, in dem die Musikbranche davor gewarnt wird, an der Schallplatte festzuhalten; Parallelen zu anderen Zeiten und Branchen sind nicht zu übersehen. “Schon einmal, bei der Umstellung von der zerbrechlichen Schellack-Scheibe mit 78 Umdrehungen pro Minute auf die unzerbrechliche 33er PVC-Longplay, leistete die notorisch konservative Musikindustrie verbissen Widerstand.”

“LG Klaus”

Am vergangenen Freitag wurde eine Lehrerin in Bremen vor ihrem Wohnhaus erstochen. Weil es sich bei dem Täter offenbar um einen ihrer früheren Mitschüler Schüler handelt, der als “psychisch auffällig” gilt und “massiv” für das spätere Opfer “schwärmte”, berichten “Bild”, “Bild am Sonntag” und Bild.de ausführlich über den Fall.

Bebildert sind die Artikel mit einem Foto der toten Lehrerin, das erstaunliche Ähnlichkeit mit einem Foto aufweist, das an ihrem Gymnasium inmitten von Blumen und Kerzen zum Gedenken an die Verstorbene abgelegt wurde.

Am Samstag richtete die Schule ein Online-Kondolenzbuch für die Tote ein. Als einer der Ersten meldete sich 40 Minuten später ein Mann zu Wort, bei dem es sich offensichtlich um Klaus Schlichtmann handelte, Chefreporter der “Bild am Sonntag”.

Er hinterließ seine E-Mail-Adresse und schrieb:

Klaus Schlichtmann schrieb: Auch mein Mitgefühl gilt den Angehörigen und Freunden von Frau Block sowie den Schülern, die sie kennen- und schätzen gelernt haben.
Hat denn jemand eine Vorstellung, was hinter dieser schockierenden Tat stecken könnte (Motiv) bzw. gibt es Hinweise auf den ehemaligen Schüler, der zum Mörder wurde ...? LG Klaus
Admin: Emaillink wurde entfernt.

Auch eine Art, seine Anteilnahme zu zeigen.

Mit Dank an die vielen Hinweisgeber.

Paid Content, ZDFneo, Krawatten

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1. “Doppelt missverstehen heißt trotzdem nicht verstehen”
(print-wuergt.de, Michalis Pantelouris)
Langer, aber lesenswerter Artikel über die Mühen mit dem Online-Journalismus: “Wenn man sich ansieht, wie viele Millionen der Aufbau der Online-Redaktionen und der Seiten, die sie betreuen, bis heute gekostet hat, ist es fast unerträglich zu sehen, wie wenig dabei herausgekommen ist. Einfach nur, weil es niemand gewagt hat, sich auf das zu konzentrieren, was seine Marke ausmacht.”

2. “RSS-Feeds: Eine Option für Paid Content?”
(netzwertig.com, Martin Weigert)
Martin Weigert liefert einen Paid-Content-Vorschlag: “Warum bieten führende Anbieter von journalistischen Angeboten ihren Lesern nicht an, vollständige RSS-Feeds gegen ein monatliches Entgelt zu abonnieren?”

3. “10 noch erwähnenswerte Flops 2009”
(fernsehkritik.tv, Video, ca. 15 Minuten)
10 TV-Flops 2009 mit “Zimmer frei!”, dem TV-Duell zwischen Merkel und Steinmeier, Til Schweiger, Johannes B. Kerner und, überraschend auf Platz 1, ZDFneo. Die Website Fernsehkritik.tv ist derzeit übrigens dazu gezwungen, Inhalte offline zu stellen, siehe dazu den Beitrag “Einfach mal den Stecker gezogen…”.

4. “Dirk Mantheys Medientrends für 2010”
(meedia.de, Dirk Manthey)
“1. Paid Content wird viele Enttäuschungen bringen, 2. Markenartikel werden auf breiter Front ins Internet gehen, 3. Der ganz große Trend heißt Mobiles Internet, 4.Das iPhone wird weltweit Smartphone Nr. 1 – trotz Google, 5. Das Print-Sterben wird auch 2010 weitergehen, 6. Verlage konzentrieren sich auf Internet-Only-Produkte, 7. Digitale Lesegeräte schaffen 2010 den Durchbruch, 8. Der Widerstand gegen Google dürfte stärker werden, 9. Echtzeitsuche wird keine große Rolle spielen, 10. Noch ein Winner für 2010: Foursquare”

5. “Jahrelange Desinformation”
(spiegelblog.net, T. Engelbrecht)
“Wie der SPIEGEL nun endlich realisiert, dass die ‘Spanische Grippe’ von 1918 nicht allein durch ein Virus verursacht worden sein kann.”

6. “Guttenberg-Krawatten-Gedächtnis-Spiel”
(extra3.blog.ndr.de, Pausenbrot)
Unter der investigativen Lupe der Satiresendung “Extra 3” sind die Krawatten von Verteidigungsminister zu Guttenberg, auf denen süße, harmlose Tiere zu finden sind. “Hoppelhäschen und Tintenfischbabys, die sich fröhlich tanzend an den Ärmchen halten, nehmen auch aus den härtesten Verhandlungen ein wenig Schärfe.” Erst kürzlich widmete sich Kurt Kister in der “Süddeutschen Zeitung” den Kleidern des Ministers.

Optimierungswahnsinn, Paid Content, Vietnam

6 vor 9

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1. “The Year in Media Errors and Corrections”
(regrettheerror.com, englisch)
Ein sehr ausführlicher Jahresrückblick auf Fehler und Korrekturen der englischsprachigen Medien.

2. Presserat in Österreich
(medienschelte.at)
Medienschelte.at zählt drei Gründe auf, warum der zwischenzeitlich aufgelöste Presserat in Österreich “noch vor seiner Konstituierung eine Farce ist”.

3. “Masse statt Klasse”
(bf-g.de/berkner, Bastian Berkner)
Online-Redakteur Bastian Berkner schreibt, wie er “Texte und Überschriften in Richtung Suchmaschine optimieren” muss: “Langsam aber sicher geht mir der Optimierungswahnsinn aber auf den Keks, denn ich habe immer mehr das Gefühl für eine Maschine zu schreiben anstatt für meine Leser.”

4. “Wegen dieser Paid Content-Geschichte…”
(basicthinking.de/blog, André Vatter)
André Vatter widmet sich dem Zweifrontenkrieg, dem Printmedien ausgesetzt sind: “Schwindende Werbeeinnahmen und sinkende Auflagen”. Und dem Zeitungstauschring von Taxifahrern.

5. “Wie lebt es sich in einem Land mit Zensur? Ein Bericht aus Vietnam”
(blog.kooptech.de, Thomas Wanhoff)
“Ich lebe jetzt seit eineinhalb Jahren in Vietnam. Als ich hierher kam, wusste ich, welche Beschränkungen es für Journalisten gab. Ich wusste nicht, wie wenig man das merkt. Und genau das ist das Problem.”

6. “In mobile phone journalism, Africa is ahead of the west”
(guardian.co.uk/media/pda, Mercedes Bunz, englisch)
Mercedes Bunz zeigt journalistische Möglichkeiten mit dem in Afrika eher verbreiteten Mobiltelefon auf, so zum Beispiel über das Open-Source-Projekt Ushahidi, das während Krisen Informationen sammelt.

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