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SZ wirft aus Glashaus mit Max Mosley auf “Bild”

Der Zweck einer Blattkritik ist Selbstkritik. Außer vielleicht bei “Bild”. Und so nutzte “Bild”-Chef Kai Diekmann die aktuelle “Bild”-Aktion der öffentlichen Blattkritik am vergangenen Donnerstag dazu, “eine kleine Geschichte aus den letzten zwei Tagen” zu erzählen:

Vor ein paar Tagen erschien ein großer Artikel in der “Süddeutschen Zeitung”, der sich ausgiebig mit unserer Berichterstattung zu Max Mosley befasste und darauf hinwies, dass nun “Bild” also von dem Anwalt Max Mosleys auf das Heftigste verklagt worden sei wegen der Verletzung der Privatsphäre und so weiter und so fort, Verletzung der Persönlichkeitsrechte… Und gegen zwanzig Kollegen von “Bild” liefen jetzt entsprechende Verfahren.

Vergessen hatte die “SZ” in diesem Zusammenhang offenbar, dass sie genauso, auch mit diesen Details über Mosley berichtet hatte, dass sie die Aussagen der beteiligten Prostituierten als besonders glaubwürdig eingestuft hatte und deshalb auch von dem gleichen Anwalt ebenfalls verklagt worden ist. Kein Wort dazu.

(Links von uns.)

Nun hat Diekmanns “kleine Geschichte” einen kleinen Haken: Anders als “Bild” und anders als der “Bild”-Chef behauptet, wurde die “Süddeutsche” nicht “verklagt”.

Nur ist die Geschichte hier nicht zu Ende – aber ab hier keine Geschichte über “Bild”.

“Süddeutsche” vom 8.10.2008:

“[Mosleys] Anwältin Tanja Irion (…) hat in dieser Sache mittlerweile fünfundvierzig einstweilige Unterlassungs-verfügungen gegen deutsche Medien vor Gericht erwirkt. Hinzu kommt noch einmal die gleiche Anzahl außergerichtlicher Unterlassungs-verpflichtungs-Erklärungen. Einige Fälle laufen noch. ‘Es ist immer wieder erstaunlich, dass große Medienhäuser nur eingeschränkt recherchieren: im Fall Mosley überhaupt nicht’, stellt die Anwältin fest. Vor allem legt sich Mosley in Deutschland mit dem Springer Verlag an. (…) Bild und Bild Online hatten große Artikel und auch Fotos über den Fall unters Volk gebracht. (…)

Denn tatsächlich hatte Hans Leyendecker, bekanntermaßen nicht unbedingt ein Freund von “Bild”, am 8. Oktober ohne ersichtlichen Anlass auf der Medienseite der “Süddeutschen” über Mosleys juristische Schritte gegen deutsche Medien berichtet (siehe Kasten). Leyendecker hatte aber mit keinem Wort erwähnt, dass Mosley nicht nur gegen “Bild” vorging, sondern (neben “Welt”, “Tagesspiegel”, “Berliner Zeitung”, “FAZ”, “Stern”, “Spiegel” und anderen) auch gegen die “Süddeutsche Zeitung”. Schließlich hatte die Zeitung zwischen April und Juni in zum Teil großen Artikeln im Sportteil, auf der Panorama-Seite, aber auch auf ihrer Seite 3 unschöne Gerüchte über Mosleys Sexualpraktiken als Tatsachenbehauptung weiterverbreitet – und u.a. über die vermeintlichen Enthüllungen einer Prostituierten in einem britischen Boulevardblatt behauptet, dass “deren Glaubwürdigkeit von der Vielzahl an Details gestützt wird, die sie preisgibt”. Mindestens ein halbes Dutzend Mosley-Artikel hatte die “Süddeutsche” auf Betreiben von Mosleys Anwältin schon Wochen vor Erscheinen des Leyendecker-Artikels unauffällig zurückgezogen und aus Archiven gelöscht.

“Bild”-Chef Diekmanns “kleine Geschichte” endete übrigens damit, dass er berichtete, wie schwer sich die Chefredaktion der “Süddeutschen” damit tue, ihren Fehler öffentlich einzugestehen, wiewohl sie “mit der Berichterstattung auch nicht ganz glücklich” sei.

Wir können das nur bestätigen. Auch uns gegenüber will es den Verantwortlichen bei der “Süddeutschen” trotz mehrfachen Nachfragens offenbar nicht gelingen, die Frage zu beantworten, warum die “Süddeutsche” es wichtig genug fand, ihre Leser gleich zwei Mal* darüber zu informieren, dass Mosley gegen “Bild” vorgeht, aber kein einziges Mal, dass auch sie selbst unzulässig über Mosley berichtet hatte.

*) Erstaunlich, dass Leyendeckers Text in der “Süddeutschen” überhaupt erschien. Schließlich hatte die Zeitung selbst am 26. Juli (und ebenfalls auf der Medienseite) schon einmal ausführlich über Mosleys Vorgehen gegen “Bild” berichtet. Damals noch aktuell – und mit einer Erläuterung der Strategie von Mosleys Anwältin: “Uns geht es darum”, sagte sie, “gegen die mit Abstand bösartigste Berichterstattung vorzugehen – die fand unter anderem wochenlang in den Springer-Medien statt.” Womit wir dann doch wieder beim Thema wären.

Mit Dank an Kai D. für den Hinweis!

Nachtrag, 20.30 Uhr. Wenige Minuten nach der Veröffentlichung dieses Eintrages hat uns “SZ”-Chefredakteur Hans Werner Kilz geantwortet. Er bestätigt, dass Max Mosley eine einstweilige Verfügung gegen die Berichterstattung der “Süddeutschen Zeitung” erwirkt habe und fügt hinzu: “Natürlich hätte man das in einen SZ-Artikel reinschreiben können oder sollen, wenn es zu diesem Zeitpunkt schon feststand.” Warum das unterblieb, könne er nicht sagen.

In eigener Sache

Wer hätt’s gedacht: Sie lesen gerade das bekannteste Blog Deutschlands.

Denn ungefähr jeder dritte vierte Internetnutzer zwischen 18 und 49 Jahren, der Blogs kennt, kennt BILDblog. Das ergab eine repräsentative Studie des Markt- und Trendforschungsinstituts EARSandEYES*. Mit einer Bekanntheit von 28,8 Prozent liegt BILDblog in dieser Gruppe vor Ehrensenf (20,9 Prozent), Blogbar (9,3 Prozent) usw.

*) Online-Befragung von 1.213 Internetnutzern im August/September 2008.

Der Seismograph der Befindlichkeit

“Bild”-Chefredakteur Kai Diekmann ist kein Fan der “Süddeutschen Zeitung”, im Gegenteil. Eine Formulierung aus der “Süddeutschen” aber hat es ihm angetan. Er zitiert sie immer wieder, in Interviews und Vorträgen — und neulich zum Beispiel in der Blattkritik der “Bild”-Zeitung, als er als Reaktion auf die These von Gertrud Höhler, wer “Bild” nicht lese, sei politisch unreif, sagte:

Insbesondere in Eliten werden wir allein schon aus professionellen Gründen gelesen. Die “Süddeutsche Zeitung” hat das mal so schön formuliert, “Bild” sei der “Seismograph der deutschen Befindlichkeit”. Man muss eben nicht nur wissen, was wirklich passiert, sondern auch, wie ein Land, wie eine Nation fühlt, und das übersetzt “Bild”.

Der Mann, der das in der “Süddeutschen Zeitung” mal so schön formuliert hat, heißt übrigens Adolf Theobald und ist der große alte Mann des deutschen Verlagswesens: Er hat “Capital” gegründet, war Geschäftsführer beim “Spiegel” und Chefredakteur von “Geo”, “twen” und “natur”. Und so schön formuliert hat er das zu einer Zeit, als Kai Diekmann noch gar nicht “Bild”-Chefredakteur war: am 30. Dezember 1999.

Und weil Kai Diekmann die Formulierung so schön findet, haben wir einfach mal bei Adolf Theobald nachgefragt, ob er das heute auch noch über “Bild” sagen würde.

Er würde:

Ein Seismograph ist ein Messgerät, er misst, was ist, nicht was sein soll. Genauer: Er misst Richtung und Dauer von Erdbeben. Auch BILD lebt vom Beben, vom Beben der Masse, das sie zu Schlagzeilen verkürzt. Dieses Blatt gibt Sentiments und Ressentiments des kleinen Mannes auf der Straße wieder. Das darf man wohl “Befindlichkeit” nennen. Und die ist oft genug genau so widerlich wie der Protokollant.

Die “Popstars”-Lüge von “Bild”

Es hat schon eine gewisse Ironie, wenn ausgerechnet die “Bild”-Zeitung, die täglich das private Leid von Menschen ausschlachtet, scheinbesorgt fragt, ob man, wenn die Teilnehmerin einer Castingshow erfahren hat, dass ihre Mutter gestorben ist, “solche persönliche Szenen vor Millionen Menschen zeigen darf”.

Und es gehört natürlich zur routinierten Bigotterie von “Bild”, das nicht nur zu fragen, sondern die persönlichen Szenen, um die es geht, als Fotos auch ihren Millionen Lesern vorab zu zeigen.

Doch anders als “Bild” behauptet, zeigt die heutige Ausgabe von “Popstars” auf ProSieben gar nicht, wie Victoria die schockierende Nachricht bekommt. Der Moderator Detlef D. Soost bittet sie aus dem Raum, um einen Anruf entgegen zu nehmen. Dann ist sie nach Angaben von ProSieben nicht mehr zu sehen. Die Show zeige nur, wie die anderen Mädchen auf die Nachricht vom Tod von Victorias Mutter reagieren.

Im Kleinergedruckten schildert auch die “Bild”-Zeitung — die die Show nach Angaben von ProSieben wie üblich zusammen mit anderen Medien vorab vom Sender bekommen hat — den Vorgang ähnlich. Sie behauptet aber in der Überschrift das Gegenteil und erweckt geschickt (und vermutlich gezielt) den Eindruck, das große Foto von der traurig guckenden Kandidatin zeige sie in eben dieser Situation. In Wahrheit ist das Bild schon vor Wochen aufgenommen. Es zeigt Victoria beim Ausfüllen eines Fragebogens beim Casting in Dortmund.

Unter ein anderes Foto, das tatsächlich aus der heutigen Folge stammt, hat “Bild” geschrieben: “Er sagt es ihr! Jury-Mitglied Detlef D! Soost (38) bittet Victoria, ans Telefon zu kommen.” Wohlgemerkt: “Es” ist die Information, ans Telefon zu kommen.

Die Manipulationen haben sich für “Bild” ausgezahlt. In Jo Groebel fand sich ein willfähriger Berufsexperte, der über das Ausstrahlen “solch persönlicher Szenen” sagte: “Das geht absolut nicht!” Scheinjournalistische Angebote wie “RP Online”, der Internet-Ableger der “Rheinischen Post”, behaupteten unter Bezug auf “Bild”: “Der Sender hält mit der Kamera drauf, als die 16-jährige Kandidatin Victoria vom Tod ihrer Mutter erfährt.”

Und CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla gab eine Pressemitteilung heraus, in der er “dringend eine gesellschaftliche Debatte über die Qualität unseres Fernsehens” forderte und sich “fassungslos” über “die Verwahrlosung in manchen TV-Sendungen” zeigte:

Einem 16jährigen Mädchen im Rahmen einer TV-Show mitzuteilen, dass ihre Mutter verstorben sei, ist zynisch. (…) Ich fordere den Sender auf, die entsprechenden Stellen nicht auszustrahlen und das Mädchen zu schützen — auch vor sich selbst.

Es wirkt nicht so, als würde Pofalla die “entsprechenden Stellen” kennen und wissen, dass das Mädchen die Nachricht zwar “im Rahmen einer TV-Show” bekam, aber nicht in der TV-Show.

Pofallas durch die falsche Darstellung in “Bild” ausgelöste Empörung ist inzwischen wieder bei Bild.de gelandet. Ein neuer Artikel wiederholt unbeirrt die Falschmeldung:

Die 16-jährige Victoria — heute Abend will die Sendung “Popstars” (20.15, Pro7) zeigen, wie sie vom Tod ihrer Mutter erfuhr.

 
PS: Heutiger Blattkritiker bei “Bild” war der Hamburger Weihbischof Hans-Jochen Jaschke. Er sagte zur Frage “Wie geht ‘Bild’ mit Menschen um?”:

“Menschenverachtendes habe ich nicht gefunden, im Gegenteil. Ich finde es sehr gut, dass Sie sensibilisieren für den Missbrauch dieses Kindes Victoria bei der Casting-Show. Was da geschieht, und auch noch mit schönen Ausreden, das ist wirklich unerträglich. Wenn Sie wirklich groß aufgemacht dafür sensibilisieren oder dagegen sensibilisieren, dann ist das gut.”

Mit Dank an Jens L., Christian S., Thomas, Piet W., und H.-D.!

“Da ist nicht der Hauch einer Kritik”

Günter Wallraff hat mit der “Frankfurter Rundschau” unter anderem über sein Verhältnis zur “Bild”-Zeitung gesprochen, darüber, ob “Bild” harmloser geworden ist und über die öffentliche Blattkritik:

Seit Kurzem gibt sich Bild selbstkritisch, öffentlich im Internet – auch mit Prominenten wie Außenminister Frank-Walter Steinmeier oder Hellmuth Karasek als Blattkritikern.

Ja, die beiden habe ich mir angehört. Zuerst dachte ich, das ist Satire, aber es war ernst gemeint. Bei unserem Außenminister und SPD-Kanzlerkandidaten hatte man schwer den Eindruck, dass er sich durch Anbiederung Vorteile verschaffen wollte. Als Erstes attestierte er Bild doch tatsächlich “Enthüllungsjournalismus in eigener Sache”, so dass es sogar dem Bild-Chefredakteur peinlich schien und er zum Schluss sagte: “Sie hätten ruhig mal etwas strenger mit uns sein können.” (…)

Aber wie [Karasek] sich auf der Überholspur durchschleimt, ist unfassbar. (…) Der Professor katzbuckelt und bedankt sich artig. So geht es weiter, da ist nicht der Hauch einer Kritik.

Warum hat die Bild-Zeitung solche Fürsprecher nötig?

Weil das Blatt Auflage verliert. Das Image der Zeitung ist auch bei Durchschnittslesern nicht besonders: Man liest es zwar, aber man glaubt es nicht so richtig. Von diesem Image wollen sie weg. (…)

Sie haben die Machenschaften der Bild-Zeitung Ende der 70er in drei großen Enthüllungsbüchern dargelegt. Ist Bild heute harmloser geworden?

Bild ist immer noch eine Vernichtungsmaschinerie. Als Bundeskanzler hat Helmut Schmidt mal gesagt, es komme einem politischen Selbstmord gleich, sich mit Bild und der Springer-Presse anzulegen. Das bekommen nach wie vor viele zu spüren, die das wagen. Die werden abgeschossen – Journalismus als Menschenjagd.

Warum Kuranyi wirklich gehen musste

Mitte August berichteten wir über den Fluch-Fluch, der auf der “Bild”-Zeitung liegt: den verheerenden Hang, irgendwelche Zufälle damit zu erklären, dass Gegenstände, Personen oder Ort verwunschen seien (vgl.: “Aberglaube ist keine Hexerei”).

Wenig später fiel der “taz” auf, dass die “Bild”-Zeitung auch an einer Art Ferrero-Tourette leidet: einem ununterdrückbaren Hang, Markennamen des Süßwarenherstellers wie “Milchschnitte” oder “Nutella” immer wieder namentlich in scheinbar redaktionellem Zusammenhang zu erwähnen (vgl.: Kevin Kuranyi in Nuss-Nougat-Skandal verwickelt).

So gesehen ist heute ein großer Tag für “Bild”:

Mit Dank an Willi!

“Bild” in der Finanztippkrise

Zinsen steigen! Wo lege ich mein Geld gut und sicher an?

So berichtete die “Bild”-Zeitung am 15. September auf ihrer Serviceseite. Es seien “gute Zeiten für Sparer”, weil sie auf Fest- oder Tagesgeld zum Teil “deutlich über 5 %” Zinsen bekämen, meinte “Bild”, und listete “die besten Tagesgeld-Angebote” und “die besten Festgeld-Angebote” auf. In beiden Rubriken ganz vorne dabei war die isländische Bank Kaupthing Edge (Platz zwei beim Fest- und Platz eins beim Tagesgeld). Wie viele andere Medien auch, hatte “Bild” die Zahlen von der FMH-Finanzberatung.

Rückblickend war Kaupthing Edge jedoch kein so guter Anlagetipp. Die Bank ist zwar bislang nicht pleite, wurde aber bekanntlich gerade verstaatlicht. Die Frankfurter Niederlassung ist derzeit geschlossen, und deutsche Kunden kommen nicht an ihre Konten. Ob sie ihre Einlagen zumindest in Höhe der vom isländischen Staat garantierten Einlagensicherung (20.887 Euro) jemals wiedersehen, ist im Moment offenbar unklar.

Kaupthing in den Medien:

“Eine der größten Gefahren, die aktuell drohen, ist die Pleite einer Großbank, die in einem kleinen Staat beheimatet ist. (…) Unter verschärfter Beobachtung durch die Finanzmärkte war zuletzt auch Island, dessen Banken in den vergangenen Jahren enorm expandierten und ebenfalls weit größer sind als die Wirtschaftskraft ihres Heimatlandes. In Deutschland ist vor allem die isländische Kaupthing Bank aktiv und bietet Tagesgeldkonten mit besonders attraktiven Konditionen feil. Die isländische Einlagensicherung garantiert dabei maximal 20 887 Euro. Zudem gilt diese Garantie auch nur, solange der isländische Staat nicht bankrott ist – und Staatspleiten gab es in der Vergangenheit immer wieder.”
(“Welt” vom 16.9.2008)

“Und noch kritischer sieht es bei Auslandsbanken aus Kleinststaaten aus: Die Kaupthing Bank beispielsweise wirbt mit hohen Zinsen für Tagesgeld, doch bei einer Pleite wäre der gesamte Staat Island samt seiner Einlagensicherung überfordert.”
(“FNP” vom 17.9.2008)

“Wir empfehlen zum Beispiel nicht die isländische Kaupthing-Bank. Die lockt zwar mit hohen Zinsen. Sie ist aber nur nach isländischem Recht gut abgesichert und außerdem sehr eng mit der isländischen Wirtschaft verflochten. Das heißt: Wenn die Bank einmal straucheln sollte, ist es deshalb für den isländischen Staat um so schwerer, der Bank unter die Arme zu greifen.”
(boerse.ARD.de vom 18.9.2008)

Klar, hinterher ist man immer schlauer. Und wer konnte schon Mitte September, als “Bild” die Fest- und Tagesgeld-Angebote von Kaupthing Edge hervorhob, ahnen, dass es vielleicht doch keine so gute Idee wäre, dort anzulegen – außer zum Beispiel die “Welt”, die “Frankfurter Neue Presse” oder boerse.ARD.de (siehe Kasten).

Und nur wenige Tage nach dem Service-Artikel in “Bild” schrieb die “Welt”:

In Europa gelten nur kleinere Banken wie die isländische Kaupthing als Pleitekandidaten. Seit Monaten bekommt das Institut von anderen Banken kaum noch Geld – möglicherweise auch deshalb geht Kaupthing derzeit hierzulande mit hohen Festgeldzinsen auf Privatkundenfang.

Das hätten die Leser der “Bild”-Service-Seite vom September sicher auch gerne gewusst. Stattdessen warnte Max Herbst von der FMH-Finanzberatung*, die damals, wie gesagt, die Zahlen dafür geliefert hatte, erst vorgestern in “Bild” davor, bei Kaupthing Geld anzulegen:

“Angesichts der finanziellen Schieflage Islands sollte von der Anlage bei der isländischen Kaupthing Bank abgesehen werden.”

Das war immerhin einen Tag vor der Verstaatlichung – und nur drei Tage nachdem die “Bild am Sonntag” in einem “Finanzen Journal” unter der Überschrift “Das zinst wirklich! Wo das Ersparte krisensicher angelegt ist (…)” noch einmal die (gekürzte) “Bild”-Festgeldliste vom September nachdruckte – mit Quelle FMH und Kaupthing Edge unverändert an zweiter Stelle.

*) FMH-Berater Herbst gehört zum “Bild”-Finanzexperten-Team, das derzeit Leserfragen zum Thema “Angst ums Geld” beantwortet.

Mit Dank an Wolfgang A. für den sachdienlichen Hinweis.

Nachtrag, 12.10.2008: Die Stiftung Warentest hat übrigens bereits im Finanztest-Heft 06/2008 (also im Mai dieses Jahres) bei den Tages- und Festgeld-Angeboten von Kaupthing Edge eindringlich “zur Vorsicht” geraten.

Bild.de macht aus Doppelmord “Unterhaltung”

Der 29-jährige Skylar Deleon hat es heute auf die Startseite von Bild.de und im Ressort “Unterhaltung” sogar recht weit nach oben geschafft.

Und dass es daran liegt, dass am gestrigen Dienstag im kalifornischen Santa Ana der Prozess gegen den seit 2005 in Untersuchungshaft sitzenden, mutmaßlichen Doppelmörder begonnen hat, ist eher unwahrscheinlich. Nein, seinen prominenten Platz zwischen Halle Berry und den Effenbergs verdankt er auf Bild.de offensichtlich seinem Ruhm als “TV-Star”, denn:

Als Power Ranger begeisterte Skylar Deleon Millionen
Ja, Bild.de weiß es sogar noch genauer:

Skylar Deleon (29) wurde als Superheld in der TV-Serie “Power Rangers” weltweit bekannt. (…) Mit 14 Jahren schafft der Amerikaner den Durchbruch, bekommt bei den “Power Rangers” (läuft in Deutschland bei “SuperRTL”) die Rolle des pinken “Roger”. Sechs Jahre später ist der Traum aber schon wieder vorbei.

Dabei hätte der ahnungslose zuständige Unterhaltungstexteschreiber bei Bild.de doch spätestens, als er “d i e   R o l l e   d e s   p i n k e n   ‘R o g e r'” tippte, stutzig werden müssen. Einen pinkfarbenen “Power Ranger” names “Roger” gibt es nämlich gar nicht. Und keinen “TV-Star”. Oder, um es mit der Nachrichtenagentur AP zu sagen:

A listing for Deleon on the Internet Movie Database Web site says he appeared in one 1994 episode of the “Mighty Morphin Power Rangers” TV show. He is not listed in the program’s regular cast.
(Sprich: Laut Internet Movie Database hatte Deleon 1994 in einer Episode der “Power Rangers” einen Gastauftritt [als Roger], taucht aber in der Stammbesetzung der TV-Serie nicht auf.)

Bleibt also bloß die Frage, ob Bild.de sich die schlagzeilenträchtige Mär vom “TV-Star” selbst ausgedacht – oder einfach bei den Kollegen von Express.de* abgeguckt und lustig weitergedichtet hat.

Mit Dank an Stefan H. für den Hinweis.

*) Nachtrag, 22.30 Uhr: Möglich, aber nicht weniger traurig, dass man bei Bild.de die falschen “Power Ranger”-Infos auf der Suche nach Content heute nachmittag aus der “Bild”-Schwester “B.Z.” abgeschrieben hat. Die nannte nämlich Deleon in ihrer aktuellen Ausgabe auch schon “den pinken Power-Ranger”. Ach ja: Der “Pink Ranger” war übrigens weiblich.

Das verräterische Hartz

Und wie lautet das Wort, das wir aus dem Bild.de-Teaser ausgeschnitten haben? Genau:

 

Mit Dank an Gereon H., Erich D. und Dieter S.

Die Maß ist voll

"Tolle Bilanz für Oktoberfest–Chefin Gabriele Weishäupl (61). 2008 kamen trotz schlechten Wetters und hoher Bierpreise (bis zu 8,30 Euro/Maß) wieder mehr als sechs Mio. Besucher auf das größte Volksfest der Welt. Der Bierverkauf hat sogar leicht zugelegt."Tolle Bilanz für Oktoberfest-Chefin Gabriele Weishäupl (61): Die “Bild”-Zeitung hat das “größte Volksfest der Welt” im KlatschRessort aufopferungsvoll und minutiös begleitet – und macht Weishäupl heute sogar zur “Gewinnerin” (siehe Ausriss).

Allerdings scheint man bei “Bild” noch etwas bierselig zu sein. Zwar kamen offenbar tatsächlich “wieder” rund sechs Millionen Besucher. Aber 2007 waren es 200.000 mehr. Und der Bierverkauf hat nicht “leicht zugelegt”, sondern abgenommen. Statt 6,9 Millionen Maß wie noch 2007 wurden dieses Jahr 300.000 Maß weniger verkauft. Und auch sonst lief es überwiegend nicht so toll – außer eben in “Bild”.

Mit Dank an Manuel B. für den sachdienlichen Hinweis.

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