Archiv für Politisches

Bild.de befördert Stoiber-Sohn (in den Landtag)

Beim News-Ticker von Bild.de muss die Redaktion in den meisten Fällen eigentlich nur eine Überschrift über eine fertig angelieferte Agenturmeldung schreiben. Keine leichte Aufgabe, wie uns Bild.de heute wieder beweist:

Denn, um es mit der Nachrichtenagentur AFP zu sagen:

Edmund Stoibers Sohn Dominic hat am Sonntag bei der parallel zur Landtagswahl stattfindenden Abstimmung zum Kommunalparlament auf Anhieb den Sprung in den bayerischen Bezirkstag* geschafft.
(Hervorhebungen von uns.)

Mit Dank an Thorsten M. für den Hinweis.

*) Nachtrag, 30.9.2008 (mit Dank an die Hinweisgeber): Genauer gesagt, hat es der Stoiber-Sohn in den oberbayerischen Bezirkstag” geschafft.

Kurz korrigiert (482)

"Der Druck auf die Parteispitze ist immens. Immer lauter werden die Forderungen nach einem Machtwechsel in der CSU. Auch Gesundheitsminister Horst Seehofer (59) äußerte sich diesbezüglich am Morgen. Er stehe bereit, sagte er."

Womöglich glaubt die Bild.de-Redaktion ja wirklich, dass Horst Seehofer (seit November 2005 Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz) “Gesundheitsminister” sei. Schließlich hatte “Bild” das in der Vergangenheit ja ebenfalls mehrfach behauptet — und zuletzt nicht mal mehr korrigiert

Mit Dank an den Hinweisgeber.

Nachtrag, 13.40 Uhr: Nee, offenbar findet man’s auch bei Bild.de sinnvoller, Seehofer “Landwirtschaftsminister” zu nennen, und hat’s korrigiert.

“Bild” beschmiert Jungpolitiker mit Hakenkreuzen

Die bisherige politische Karriere des 25-jährigen CDU-Nachwuchspolitikers F. endete am 10. September 2008.

Darüber, welchen Anteil F. selbst daran hat, lässt sich diskutieren. Über den Anteil von “Bild” nicht. Denn “Bild” zeigte am 10. September unter der Überschrift “Hakenkreuz-Skandal bei der Jungen Union” ein Foto des Berliner JU-Kreisvorsitzenden und schrieb:

Mindestens drei CDU-Mitglieder sollen in einen Hakenkreuz-Skandal verwickelt sein. Jetzt tauchte ein geheimes Videoband bei der CDU-Zentrale im Abgeordnetenhaus auf.

Die Hauptdarsteller: drei Parteimitglieder, darunter [F.] (25), Kreisvorsitzender der Jungen Union […].

Der Film zeigt die CDU-Mitglieder während einer Fahrt vor zwei Jahren: Sie haben ihre Oberkörper mit Hakenkreuzen beschmiert, schreien wüste Nazi-Parolen!

Das Video:

Die Videosequenz, die kurz vor dem “Bild”-Bericht der Berliner CDU zugespielt worden war, zeigt mehrere junge, sichtlich alkoholisierte Männer, darunter auch F. und andere JU-Mitglieder (u.a. mit polnischem, tschechischem und jüdischem Hintergrund), die sich zum Zeitvertreib wie in einer Talk-Show Fragen stellen. Irgendwann hält einer der Anwesenden kurz einen Sticker mit Hakenkreuz-Motiv vors Objektiv, den er an einem Rigaer Souvenirstand erworben hat; ein anderer findet es hingegen sichtlich lustig, zum Thema Ausländer mit rechten Parolen wie der Bekämpfung “des jüdischen Bolschewismus” in die Kamera zu provozieren.

F. ist währenddessen anwesend, aber nicht im Bild.

Nach eigenen Angaben unterhielt er sich, während die Situation entglitt, mit einem Kollegen, wenig später spricht er sich im selben Video für eine multikulturelle Gesellschaft aus.

Nach unseren Informationen veröffentlichte “Bild” diese Zeilen, ohne das “geheime Videoband” überhaupt gesehen zu haben. Und so ist es vielleicht auch kein Wunder, dass der Film (ein etwa 3-minütiger Ausschnitt aus einem längeren Privatvideo, entstanden vor knapp drei Jahren auf einer Schülerunionsreise in Riga) nicht das “zeigt”, was “Bild” behauptet: Mit Hakenkreuzen beschmierte Oberkörper etwa sucht man auf dem Video vergeblich (siehe Kasten).

Mehrere Teilnehmer der Riga-Reise haben, unmittelbar nachdem die Videosequenz der Berliner CDU zugespielt worden war, Konsequenzen aus dem Bekanntwerden gezogen und sind aus der Partei aus- bzw. von ihren Ämtern zurückgetreten.

F. indes, der in “Bild” als einziger namentlich genannt und gezeigt wird, sieht sich zu Unrecht diffamiert. Seine Beteiligung am “Hakenkreuz-Skandal” bestehe, wie er uns sagt, ausschließlich in seiner Anwesenheit während der fraglichen Szenen, sein Fehler wohl eher darin, dass er damals vor Ort nicht eingeschritten sei. Darüber hinaus jedoch habe er sich nichts vorzuwerfen — zumal er sich selbst seit längerer Zeit in Sozialprojekten für Intergration einsetzt und u.a. für den “Störungsmelder”, dem Anti-Nazi-Blog der “Zeit”, als Autor tätig war. (Dort ruht seine Autorenschaft derzeit “bis zur endgültigen Klärung der Vorwürfe”.)

F. prüft derzeit rechtliche Schritte gegen “Bild”. Dort erklärt man nach unseren Informationen die falsche Behauptung, F. und seine Kollegen hätten “die Oberkörper mit Hakenkreuzen beschmiert”, mit einem “Übermittlungsfehler”.

Hinweis: Dieser Artikel wurde nachträglich anonymisiert.

Hugo Müller-Voggs Liebe zu den Fakten

“Ha!”, könnte “Bild”-Kolumnist Hugo Müller-Vogg gerufen haben, als er vor zwei Wochen die ARD-Sendung “Hart aber fair” sah. Oskar Lafontaine, Parteivorsitzender der Linken und einer der Lieblingsgegner Müller-Voggs, ließ sich auch durch gutes Zureden von Moderator Frank Plasberg nicht dazu bringen, einen Fehler zuzugeben. Lafontaine hatte am 1. Juni 2008 in der Talkshow “Anne Will” behauptet, Bundeskanzlerin Angela Merkel habe in Moskau studiert. Tatsächlich hat sie zwar offenbar an einem Jugendaustausch mit Physikstudenten dort teilgenommen, aber nicht regulär studiert. Lafontaine beharrte aber darauf, bei Anne Will die Wahrheit gesagt zu haben.

“Ha! Schon wieder!”, könnte Hugo Müller-Vogg also gerufen und sich auf die Schenkel gehauen haben, denn den Fehler hatte er ihm damals schon in seiner “Bild”-Kolumne vorgeworfen. Und so verfasste er einen neuen Text mit der Überschrift “Lafontaine wiederholt die Mär von Merkels Moskau-Studium” und schrieb:

Das war dumm, um nicht zu sagen: falsch. Vielleicht hatte sich Müller-Vogg ein bisschen zu triumphierend auf die Schenkel gehauen, aber genau das hatte Lafontaine nicht gesagt. Im Gegenteil: Trotz allen Beharrens hatte Lafontaine seine Aussage über Merkel relativiert und ausdrücklich betont, Merkel habe als Austauschstudentin kein “reguläres Semester” in Moskau absolviert. Das kann man sich sogar im Original auf der Internetseite zur Sendung ansehen.

Anstelle einer Berichtigung veröffentlichte “Bild” am vergangenen Dienstag eine Gegendarstellung Lafontaines:

Bei Bild.de ist Müller-Voggs fehlerhafter Text ohne eine Erklärung entfernt worden.

Bei dem Hugo Müller-Vogg, der Lafontaine (möglicherweise nicht zu unrecht) vorwarf, dass ihm Fakten egal seien und er keine Fehler eingestehen könne, handelt es sich nach unseren Recherchen übrigens um denselben Hugo Müller-Vogg, der seinen Text mitsamt dem groben Fehler bis heute uneingestanden und unkorrigiert auf seiner Homepage verbreitet.

Nachtrag, 26. September, 13:00 Uhr. Der Artikel ist von Hugo Müller-Voggs Homepage verschwunden.

Nachtrag, 26. September, 15:50 Uhr. Hugo Müller-Voggs Internetseite gibt es in den drei Geschmacksrichtungen “classic”, “bold” und “modern”, was ihm die Möglichkeit zu einem differenzierten Umgang mit seinen Fehlern gibt. Anders gesagt: In der Variante “modern” hält er noch an seiner falschen Darstellung fest.

Mit Dank an Christopher und Lothar W.!

Als würde ein Heroindealer für Abstinenz kämpfen

Nikolaus Blome, der Leiter des Parlamentsbüros der “Bild”-Zeitung, hat ein Buch darüber geschrieben, dass Politiker besser seien als ihr Ruf. “Faul, korrupt und machtbesessen?” heißt es — und wurde gestern vom designierten SPD-Vorsitzenden Franz Müntefering vorgestellt. Die “taz” kommentiert:

Eigentlich ist Blomes Polemik ein seltsames Unterfangen. Dass ausgerechnet ein Bild-Redakteur die allgemeine Politikerverachtung geißelt, ist ungefähr so, als würde ein Heroindealer eine Kampfschrift für Abstinenzler schreiben. Denn Bild ist das Zentralorgan der Politikerverachtung, der gezielten Aufwiegelung und kalkulierten Wutwellen, die gegen raffgierige, faule, dumme Politiker ins Rollen gebracht werden. Auch wenn Politiker bloß tun, was das Bundesverfassungsgericht über ihre Diäten entschieden hat, stopfen sie sich laut Bild die Taschen voll. Davon sagt Müntefering kein Wort. Er macht noch nicht mal einen Witz darüber. Man redet im Haus des Henkers nicht über den Strick.

Oder wie es Bild.de unfreiwillig treffend formuliert:

Faul, korrupt und machtversessen? Warum Politiker besser sind als ihr Ruf — das weiß Nikolaus Blome, der darüber ein Buch geschrieben hat. Er muss es wissen. Denn er ist Leiter des “Bild”-Parlamentsbüros.

Nachtrag, 16:00 Uhr. Und “Zeit Online” berichtet über die Präsentation:

Aber noch etwas lernt der Zuhörer an diesem Tag. Nicht nur Politiker sind besser als ihr Ruf, sondern auch die Journalisten, allen voran natürlich die der Bild-Zeitung, die jedem Politiker, der sich als all zu menschlich entpuppt und seine ganz persönlichen Schwächen offenbart, eine besonders große Schlagzeile widmet. Deshalb findet sich in dem Buch auch kein Kapitel mit der Überschrift “Journalistenbeschimpfung”. Nein, das habe er nicht vergessen, wehrt Nikolaus Blome eine entsprechende Frage ab. Denn die schreibende Zunft könne doch wirklich nichts dafür, dass das Volk so schlecht von seinen Politikern denke. “Die Journalisten sind nur Transmissionsriemen”, sagt der Buchautor und hebt unschuldig die Hände: “Wir haben die Vorurteile nicht erfunden”.

Ebenfalls zum Thema:

Mit Dank an Henning S.!

Steinmeiers Feigenblattkritik

Heute sind sie bei “Bild” früher aufgestanden. Frank-Walter Steinmeier, Außenminister und SPD-Kanzlerkandidat, kam schon um acht Uhr früh in die “Bild”-Redaktion, um Blattkritik zu machen — die erste, die am Mittag auch bei Bild.de gezeigt wurde, wie es in Zukunft Brauch sein soll bei “Bild”.

Das war nett von dem prominenten Politiker, sich als Premierengast zur Verfügung zu stellen, ungefähr so nett wie die Worte, die er über die “Bild”-Zeitung fand, bei ein bisschen milder Kritik.

Aber vielleicht war es für ihn auch einfach mal Zeit, Danke zu sagen.

Nicht nur für das niedliche Foto von ihm heute in Berlin-Teil der “Bild”-Zeitung, das ihn mit Kindern und 99 Luftballons zeigte:

Nicht nur dafür, dass (und wie!) “Bild” ihn schon vor zwei Jahren zum “Gewinner des Tages” gekürt hat:

Und nicht nur dafür, wie “Bild” ihn damals, gegen alle Wahrheit, in der Affäre Kurnaz verteidigt hat.

Sondern für… alles.

16-mal durfte sich Frank-Walter Steinmeier seit 2006 von der “Bild”-Zeitung interviewen lassen (vermutlich häufiger als jeder andere Politiker). Und immer wieder hat ihn “Bild” dabei ins rechte Licht gerückt — natürlich ohne je jene journalistische Distanz zu ihm aufzugeben, die sie schon am 17. August 2006 eingenommen hatte:

Andere Medien über die erste öffentliche “Bild”-Blattkritik:

“Wirr, unlogisch – und unfassbar unmoralisch”

Seit einigen Monaten profiliert sich Nicolaus Fest (rechts), Sohn des bekannten Hitler-Biographen Joachim Fest und Mitglied der “Bild”-Chefredaktion, als radikaler Gegner all dessen, was er abfällig “Multi-Kulti” nennt. In der rechten Szene, die an diesem Wochenende in Köln versucht hat, einen Anti-Islam-Kongress zu veranstalten, wird er für seine langen Aufsätze auf Bild.de gefeiert. Unter dem Titel “HIEB- UND STICHFEST” polemisiert er immer wieder gegen Zuwanderung und Integration von Ausländern in Deutschland (wir berichteten).

Vorläufiger Höhepunkt war sein Beitrag in der vorigen Woche, in den man, wenn man wollte, fast ein Lob des Völkermordes lesen konnte. Fest rühmt darin die “Vorteile homogener Gesellschaften” und argumentiert, dass die Beseitigung von kultureller Vielheit Gesellschaften “Frieden und Stabilität” bringen könne.

Die preisgekrönte Reporterin und Autorin Carolin Emcke urteilt über seinen Text: “Das gab es so explizit wirklich lange nicht mehr zu lesen von Autoren, die nicht vom Verfassungsschutz beobachtet werden. Es ist ein pseudohistorisch verkleideter Rassismus und eine gar nicht verkleidete Aufforderung zur Homogenisierung unserer offenen Gesellschaften.”

In einem Gastbeitrag für BILDblog antwortet sie auf Nicolaus Fests Plädoyer.

Serkan A., “Bild” und der Rechtsstaat

Vermutlich weiß die “Bild”-Zeitung genau, warum sie Meldungen wie diese am vergangenen Freitag als Riesenschlagzeile auf die Seite 1 setzt:

Sie tut es vermutlich, weil sie weiß, dass sie damit bei vielen Lesern eine Reaktion erreicht wie die von Norbert S., dessen Leserbrief sie am folgenden Tag veröffentlichte:

Das klingt nach einer legitimen Meinungsäußerung — so wie auch die Frage von “Bild” legitim scheint, ob der “U-Bahn-Prügler Serkan A. (21)” seine langjährige Freundin, mit der er ein gemeinsames Kind hat, nur heiratet, “um die drohende Abschiebung zu verhindern”.

Nach Ansicht von “Bild” wäre das ein “Trick”. Ein treffenderer Begriff wäre in diesem Fall “sein gutes Recht”. Das ist keine Lappalie. Man nennt die Bundesrepublik Deutschland einen “Rechtsstaat”, weil zu seinen Grundsätzen gehört, dass das Recht für alle gilt. Auch für Menschen wie Serkan A.

Tatsächlich ist es so, wie “Bild” schreibt, dass durch die Heirat eine (von “Bild” dringend herbeigewünschte) Abschiebung von Serkan A. schwieriger würde. Dabei würden, wie uns der Strafverteidiger und Lawblogger Udo Vetter auf Nachfrage erklärte, die verschiedenen Interessen gegeneinander abgewogen werden. “In der Regel wird darauf abgestellt, ob die Ehegatten vorher zusammengelebt haben oder ob zu erwarten ist, dass sie zusammenleben werden. Bei einem gemeinsamen Kind hat der Betroffene gute Karten.” Dass Serkan A. aber eine Beziehung nur vortäuscht, beide gar nicht verlobt sind oder das Kind nicht von ihm ist, behauptet nicht einmal “Bild”.

Vetter kommentiert die Aufregung der “Bild”-Zeitung so:

Ich glaube, die Empörung ist mehr darin begründet, dass Serkan von seinen Rechten Gebrauch macht und sich im Rahmen seiner Möglichkeiten wehrt. Wenn man allerdings anfängt, Rechtsschutz zu kritisieren, sollte daran denken, dass man ihn vielleicht mal selbst braucht. Die Zeitungen sind voll davon, wie Deutsche mitunter im Ausland behandelt werden. Da regt man sich regelmäßig auf, wenn sie ohne fairen Prozess auf Jahre weggesperrt werden. Hier bei uns hätte man dann aber keine Probleme mit etwas mehr Bananenrepublik. Bemerkenswert!

Das ist ein Motiv, das immer wieder in der Berichterstattung der “Bild”-Zeitung durchschimmert: Dass sie es empörend findet, dass auch Kriminelle Rechte haben — und es sogar wagen, sie in Anspruch zu nehmen. (Manchmal findet “Bild” das sogar nicht nur bei Tätern, sondern auch bei Opfern empörend.)

Mit jedem solchen Artikel, in dem die “Bild”-Zeitung den Volkszorn schürt und Leser wie Norbert S. in ihrem Gefühl bestätigt, dass ausländische Straftäter ihr Recht auf das Recht verwirkt haben, nimmt sie in Kauf, den Rechtsstaat zu unterminieren.

Der E.on-Chef im “Bild”-Nichtverhör

Oliver Santen, Leiter des Wirtschaftsressorts der “Bild”-Zeitung, hat mal wieder eines seiner bei führenden Vertretern der Industrie so beliebten Interviews geführt. Heute mit E.on-Vorstandschef Wulf Bernotat:

"Erster Stromboss warnt vor Energie-Krise in Deutschland: Ohne neue Kraftwerke wird Strom knapp!"

Da ist der “Stromboss” offenbar ganz einer Meinung mit Wirtschaftsminister Michael Glos, der vor gut drei Wochen in “Bild” vor einer “Strom-Knappheit” warnte – und, beinahe möchte man sagen: natürlich, mit “Bild”-Mann Oliver Santen. Denn schon seine Eingangsfrage lautet:

Deutschland steigt als einzige Industrienation aus der Atomkraft aus. Wie kann die Versorgungslücke geschlossen werden?

Und so geht es munter weiter:

BILD: Drohen Deutschland Engpässe bei der Stromversorgung?

Bernotat: Eindeutig ja! (…)

BILD: Ohne Kraftwerksneubauten gibt es keine sichere Stromversorgung?

Bernotat: Richtig. (…)

BILD: Hat Deutschland ein bezahlbares und sicheres Energiekonzept für die Zukunft?

Bernotat: Ganz klar: Nein. (…)

BILD: Laut einem Gutachten dreier Forschungsinstitute sind zukünftig jedoch keine Erzeugungsengpässe zu erwarten. Wie erklären Sie sich diesen Widerspruch zu ihren eben gemachten Ausführungen?

Das Gutachten (pdf):

“Insgesamt sind zukünftig jedoch keine Erzeugungsengpässe (…) zu erwarten. (…) Auch bei einer expansiveren Entwicklung des Stromverbrauchs als hier unterstellt, wird es aus Sicht der Gutachter marktgetrieben nicht zu physischen Kapazitätsengpässen der Stromversorgung kommen. (…) Wegen des niedrigen Beitrags der Windenergie zur gesicherten Leistung ist hier eine zeitlich differenzierte Betrachtung wichtig: (…) Auch hier sehen wir heute und absehbar keine Angpässe.”

Nein, stopp! Die letzte Frage hat Santen dem “Stromboss” überhaupt nicht gestellt. Stattdessen wollte er lieber wissen: “Was ist zu tun?”, “Was schlagen Sie vor?” oder “Was tun Sie, um beim Stromsparen zu helfen?”

Dabei sollte Santen das Gutachten, das zu einem anderen Ergebnis kommt als Bernotat (siehe Kasten), eigentlich kennen. Darauf hatte sich nämlich Glos bereits in der “Bild”-Meldung von vor gut drei Wochen bezogen. Der Klima-Lügendetektor und zeit.de waren damals beispielsweise der Auffassung, dass Glos’ These von der “Strom-Knappheit” durch das Gutachten nicht gedeckt sei. Entsprechend erwartet auch die Bundesregierung keine Stromlücke.

Aber wenn Santen auch nur irgendeine kritische Nachfrage gestellt hätte, könnte man seine Stichwortgeberei ja womöglich mit Journalismus verwechseln.

Steuerzahlerblut für Münchner Moschee

“Bild” berichtet in ihrer Münchner Ausgabe über einen neuen “Krach um die Sendlinger Moschee”:

MÜNCHENS STEUERZAHLER MUSSTEN FÜR DAS BAUGELÄNDE ZAHLEN

(…) Jetzt kam raus: Für den türkischen Trägerverein, dem offensichtlich das Geld ausgeht, musste der Steuerzahler bluten!

Das ist im Grunde korrekt. Der Trägerverein Ditim e.V. war offenbar nicht in der Lage, die für den Erwerb des Baugrundstücks anfallende Grunderwerbssteuer vollständig zu bezahlen. Deshalb musste die Stadt München als Verkäufer des Grundstücks einspringen. “Das ist gesetzlich so geregelt”, schreibt “Bild” zutreffend. Und lässt wenig später dennoch den “CSU-Fraktionsvize Hans Podiuk” folgendermaßen zu Wort kommen:

“Ist die Stadt bereit, gegebenenfalls auch anderen Partnern bei Grundstückgeschäften solche Sonderkonditionen auf Wunsch einzuräumen?”

Wer jetzt aber den Untergang des Abendlandes befürchtet und schon überlegt, wie er gegen die vermeintliche Sonderbehandlung des Islams auf Kosten des deutschen Steuerzahlers protestieren soll, der sollte vielleicht noch mal schnell einen Blick in den (ebenfalls konservativen) “Münchner Merkur” werfen. Dort gibt es nämlich einige genauere Infos zu einem Aspekt, der in “Bild” lediglich im letzten Satz anklingt:

Scheitert das [Moschee]-Projekt, will sich [Münchens OB] Ude auch die vorausbezahlte Grunderwerbs-Steuer zurückholen.

Im “Merkur” (und ähnlich in der Münchner “Abendzeitung”) heißt es dazu wesentlich deutlicher:

OB Ude, größter Befürworter der Moschee, (…) betonte, dass für die Stadt kein Nachteil entstehe. Sollte das Projekt scheitern, werde das Finanzamt die Steuern zurückerstatten. Falls die Moschee gebaut wird, müsse Ditim der Stadt das Geld zurückzahlen.

Mit Dank an Hendric S. und politischkorrekt.

“Bild” fällt Vorurteil über Michelle Obama

Als Michelle Obama am Montagabend in Denver, Colorado als Hauptrednerin den Nominierungsparteitag der demokratischen Partei eröffnete, war der Redaktionsschluss für die Dienstagsausgabe der “Bild”-Zeitung schon längst vorbei. Laut “Welt” betrat Michelle Obama nämlich um 20.36 Uhr Ortszeit (4.36 Uhr MESZ) die Bühne.

Aber die “Bild”-Zeitung nimmt keine Rücksicht auf die Zeitverschiebung – schließlich nimmt die Zeitverschiebung ja auch keine Rücksicht auf die “Bild”-Zeitung. Und so konnten “Bild”-Leser trotzdem (unter einem Foto, das offenbar einige Stunden vor der Rede aufgenommen wurde) bereits aus der Dienstagsausgabe erfahren:

"Hielt eine mitreißende Rede: Obamas Frau Michelle"

Das war nicht schlecht geraten, wie man im Nachhinein sagen kann. Allerdings fragt man sich schon, ob das die Art von “Informationsvorsprung” ist, die “Bild” ihren Lesern verspricht.

Mit Dank an Michael H., der’s im ZDF-Morgenmagazin gesehen hat.

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