Archiv für Merkwürdiges

Realisiertes dummes Zeug

Im Juli 2004 schrieb “Bild”-Kolumnist Franz Josef Wagner:

Lieber Jan Ullrich,
warum kriegen immer Sie einen Schnupfen und Lance Armstrong nie? Sie wissen es nicht? Aber ich weiß es. Ihr Unterbewusstsein nimmt sich einen Schnupfen. Vorsichtshalber. Ihr Unterbewusstsein mag Sie nämlich mehr, als Sie glauben. (…) Ihr Unterbewusstsein hat längst realisiert, dass das Radfahren mit Armstrong das Drama des Vergeblichen ist. (…)”

Ungefähr ein Jahr später, also gestern, schrieb Wagner:

Lieber Jan Ullrich,
vor einem Jahr war es ein Schnupfen, der Sie entkräftete, und jetzt ist es die Heckscheibe, durch die Sie kopfüber knallten. Warum passiert Ihnen immer was und Lance Armstrong nie? (…) Ich will’s Ihnen sagen. Der unfaire Gegner sind Sie selbst bzw. Ihr Unterbewußtsein. Ihr Unterbewußtsein hat längst realisiert, daß Sie Lance Armstrong nie besiegen werden. (…)”

Beendet hat Wagner seine gestrige “Bild”-Kolumne mit den Worten:

“Selbstverständlich wird Jan Ullrich sagen, daß all das, was ich hier geschrieben habe, dummes Zeug ist (…)”

Und wir merken uns: Dummes Zeug wird nicht weniger dumm, wenn es ein zweites Mal in der “Bild”-Zeitung steht.

Mit herzlichem Dank an Hanno S. für den Hinweis.

Sie sind hübsch und

Was haben Melanie W. und Anna-Lena Grönefeld gemeinsam? Eigentlich: fast nichts. Aber eben nur fast.

Melanie W. sitzt wegen Kokainschmuggels in Brasilien im Gefängnis und hat kürzlich an der merkwürdigen Wahl zur “Miss Knast” teilgenommen. “Bild” druckte deswegen reihenweise “erotische” Fotos der 21-jährigen Berlinerin, dem “schönen Knast-Mädchen”, und berichtete:

“Brasiliens ‘Miss Knast’ ist eine Deutsche.”

Aber das stimmt nicht (wie “Bild” ja selbst weiß und schreibt: Melanie W. hat bei der Miss-Wahl in Brasilien den zweiten Platz belegt, ist also quasi “Miss Vize-Knast” [siehe “B.Z.”]).

Anna-Lena Grönefeld wiederum hat nicht nur ein “süßes Lächeln” und eine “lockere Art”, sondern auch “schlanke Beine” und einen “blonden Pferdeschwanz, der auf dem Platz hin- und herfliegt”. Ach ja: Außerdem kann die 20-Jährige gar nicht übel Tennis spielen.

“Bild” schreibt:

“Sie ist hübsch und schaffte es bis ins Wimbledon-Finale. (…) Beim Tennis-Klassiker von Wimbledon hat’s unsere Anna-Lena Grönefeld bis ins Finale geschafft! An der Seite von Martina Navratilova unterlag Anna erst im Endspiel gegen das Weltklasse-Duo Kusnezowa/Mauresmo mit 4:6, 4:6.”

Auch das ist falsch (wie zum Beispiel die “Welt am Sonntag” und dpa berichten): Grönefeld und Navratilova sind nämlich bereits im Halbfinale gegen Amelie Mauresmo und Swetlana Kusnetzowa ausgeschieden, die im Finale wiederum gegen Cara Black und Liezel Huber verloren.

Aber wer interessiert sich schon für Fakten, wenn es bloß darum geht, Fotos von gut aussehenden jungen Frauen abzudrucken? “Bild” jedenfalls nicht.

Dank für die sachdienlichen Hinweise an Sascha und Marius M.-F.

Eiskalt erwischt (Symbolfoto XI)

“Bild” schafft es doch immer wieder, uns zu verblüffen. Zum Beispiel mit einer Geschichte wie dieser hier:

Unser Erstaunen hat verschiedene Gründe.

Grund 1: Der “Bild”-Text beginnt folgendermaßen:

Dino-Forscher sind verblüfft, aber die Beweise sind eindeutig: Dinosaurier beherrschten einst auch die Arktis.

Nur ist es ganz und gar unwahrscheinlich, dass “Dino-Forscher” ob der gefundenen Beweise “verblüfft” waren. Schließlich wissen sie schon seit mindestens 20 Jahren, dass es in der Arktis Dinosaurier gab, wie sich beispielsweise hier nachlesen lässt. Aber nicht nur dort. In dem Artikel in “Spektrum der Wissenschaft”, auf den “Bild” sich bezieht (und der leider nur gegen Bezahlung online zu lesen ist), heißt es nämlich:

Erst seit zwanzig Jahren wissen Paläontologen, dass Dinosaurier auch im Norden Alaskas beheimatet waren.

Grund 2: “Bild” nennt die gefundenen Dinosaurier “Eis-Dinos”. Und in der Bildunterzeile steht dies:

“Eis-Dino”: Dieser monströse Albertosaurus jagte vor 75 Millionen Jahren bei eisigen Temperaturen

Auch das ist ganz und gar unwahrscheinlich. Tatsächlich lag die Jahresdurchschnittstemperatur vor 75 Millionen Jahren in Nordalaska zwischen zwei bis drei und dreizehn Grad Celsius. Das lässt sich ebenfalls hier nachlesen, oder aber in “Spektrum der Wissenschaft”:

Welches Klima herrschte in Alaska überhaupt vor 75 oder 70 Millionen Jahren? Allgemein war die Welt damals wärmer. (…) In Nordalaska wuchs ein Nadelmischwald mit sommergrünen Nadelhölzern und einem Unterwuchs von Blütenpflanzen, Farnen und Palmfarnen. Heutige Nadelwälder gedeihen (…) bei einer Jahresdurchschnittstemperatur zwischen drei und dreizehn Grad Celsius. In Nordalaska dürften demnach in der Kreidezeit etwa diese mittleren Temperaturen geherrscht haben.

Und, ohne allzu sehr ins Detail gehen zu wollen: Die Theorien dazu, wie die dort lebenden Dinosaurier den Winter überstanden (in dem die Temperaturen durchaus mal unter Null Grad fallen konnten), laufen darauf hinaus, dass sie entweder eine Art Winterschlaf machten, oder aber nach Süden wanderten. Kurz gesagt: Die “Dino-Forscher” sind sich ziemlich sicher, dass kein Dino bei “eisigen Temperaturen” jagte.

Grund 3: Richtig erstaunt waren wir aber, als wir das Bild sahen, mit dem “Spektrum der Wissenschaft” die Geschichte illustriert, auf die “Bild” sich bezieht. Es stammt von Karen Carr und sieht im Original so aus:

Das ist ja nun unverkennbar derselbe Dinosaurier, den auch “Bild” (mit dem Hinweis “Illustration, Foto: Karen Carr/Scientific, Corbis) zeigt — nur, dass er sich in einer völlig anderen Umgebung aufzuhalten scheint.

In Anbetracht der Tatsache also, dass es sich hier um eine poplige vergleichsweise unwichtige Geschichte über Dinosaurierfunde handelt, die in erster Linie für Paläontologen interessant sein dürfte, sind wir in der Tat sehr verblüfft.

Mit Dank an Kai B. für die Anregung.

Xishuangbanna und Engesohde

Anlässlich des 70. Geburtstags von “Monopoly” lüftet “Bild” insgesamt “10 echte Monopoly-Geheimnisse”.

Geheimnis Nr. 4 lautet:

“Wußten Sie..?
…daß insgesamt über 200 Millionen Exemplare verkauft worden sind (…)? Die Fläche aller Spielbretter aneinandergelegt ergibt eine Fläche größer als Asien. (…)”

Und wir müssen gestehen, das wussten wir nicht – was aber möglicherweise daran liegt, dass es nicht stimmt: Denn laut “Bild” ist dieses Asien dann entweder nicht größer als Bühlerzell, Bendorf (genauer gesagt, Bendorf und die VG Vallendar) oder das Ganlan Becken von Xishuangbanna, oder ein einzelnes Monopolyspielbrett ist ungefähr so groß wie der Stadtfriedhof Engesohde.

Mit Dank an Sebastian P. und Elmar G. fürs Vorrechnen.
 
Nachtrag, 13:00 (mit Dank an Joachim K. und Andreas G.):
Dass “Bild” den falschen Asien-Vergleich womöglich ungeprüft von einer Monopoly-Werbewebsite abgeschrieben haben könnte, macht die Sache nicht besser. Im Gegenteil.

Nachtrag, 15:30 (mit Dank an Lukas S. und Daniel D.):
Der Asien-Vergleichsbeauftragte von “Bild” hat seinen Dienst angetreten und das falsche “Geheimnis” geändert. Jetzt heißt es bei Bild.de:

“Wußten Sie..?
…daß insgesamt mehr als 250 Millionen Exemplare verkauft worden sind? Alle Spielbretter aneinandergelegt ergeben eine Strecke, die dreimal länger als der Umfang der Erde ist (250 Millionen Stück x 0,50 Meter Spielfeldbreite = 125 Millionen Meter oder 125.000 Kilometer. Das ist mehr als dreimal soviel wie der Erdumfang von 40.076,592 Kilometern).”

PS: Schade nur, dass der Asien-Vergleichbeauftragte nicht zufälligerweise auch Papst-Experte ist. Denn dann hätte er bestimmt auch an dieser Meldung was korrigiert, oder?

Nachtrag, 16:17 (mit Dank an Stefan B.):
Ach ja: Und dass das “Monopoly-Geheimnis” Nr. 8 so stimmt, darf offenbar ebenfalls bezweifelt werden.

Nachtrag, 16:44:
Jetzt hat auch der Papst-Beauftragte von “Bild” seinen Dienst angetreten und diese Papst-Sache geändert.

Reizthema Jugendwahn

Jugendwahn! Sat.1 schmeißt Fritz Egner (55) raus

So berichtete “Bild” am Montag über die Ablösung Fritz Egners als Moderator der Sat.1-Show “Die witzigsten Werbespots der Welt” durch Ingo Oschmann. Die (ebenfalls im Springer-Verlag erscheinende) “Welt” hatte darüber bereits am 11.12.2004 ausführlich berichtet – und alles weitere überlassen wir gern dem Online-Medienmagazin DWDL.de, wo es dazu heißt:

Erschreckend an der Geschichte sind zweierlei Dinge: Zunächst die fast ernst gemeinte Sorge, wieso Fritz Egner es nötig hat, mit Monate alten Themen noch einmal durch die Boulevard-Presse zu ziehen. Auf der anderen Seite aber erschreckt die Art und Weise, wie hier der Leser getäuscht wird. Eine Meldung bei “Bild” bedeutet einmal mehr nicht, dass es auch eine Neuigkeit sein muss. Ein sechs Monate altes Thema wird mit Kampagnen-Journalismus der Marke “Wir packen das Reizthema Jugendwahn noch aus” aufgewärmt.

Verlust der Realität

Es gibt Geschichten in “Bild”, die sind widersprüchlich, andere haben übergeigte Überschriften, und wieder andere erwecken durch das Verschweigen wesentlicher Informationen einen falschen Eindruck. Auf diese hier, die heute in der Berliner Ausgabe steht, trifft alles drei zu:

Sie beginnt mit folgendem Satz:

Er kann’s nicht lassen – der irre Film-Star aus dem ICE fuchtelt schon wieder mit einer Knarre rum…

Es geht um Alexander Scheer, und dazu, was es mit dem Vorfall im ICE auf sich hatte (worüber “Bild” gestern schon berichtete), kommen wir noch.

Zunächst zum Text in der heutigen “Bild”:
Dort wird zwar nirgends verraten, wann und wo Scheer “schon wieder” mit einer “Knarre” rumgefuchtelt haben soll, aber “Bild” fasst seinen neuesten Film kurz zusammen:

Darin rennt er bewaffnet durch Berlin, jagt einer schwarzen Tasche nach. Es gibt blutige Schießereien, Tote.

Mangels anderer Hinweise auf Knarren-Rumgefuchtel, müssen wir also davon ausgehen, dass “Bild” mit Überschrift und Einleitung den Film meinte.

Und mal abgesehen davon, dass das Wort “wieder” hier zeitlich nicht passt, es ist auch inhaltlich Blödsinn – Es sei denn, man trennt nicht zwischen der Rolle eines Schauspielers und der Person des Schauspielers, was natürlich auch Blödsinn wäre. Das weiß sogar “Bild”, wie dieses Zitat zeigt:

Wer ist der durchgeknallte Kerl eigentlich – verwechselte er im Zug Bühne und Realität?

Andererseits steht etwas weiter unten dann dieser Satz über Scheer:

In seinen Rollen zeigt er sich gerne nackt, greift seinen Bühnenpartnern schon mal ans Gemächt.

Halten wir also fest:
1. Übergeigte Überschriften haben zwar laut Chefredakteur und Herausgeber Kai Diekmann nichts in “Bild” zu suchen, kommen aber trotzdem zum Einsatz.
2. “Bild” unterscheidet zwischen Bühne und Realität, wenn das hilft, jemanden als “durchgeknallt” darzustellen.
3. “Bild” unterscheidet nicht zwischen Bühne und Realität, wenn das hilft, jemanden als durchgeknallt darzustellen.

Und nun zum Vorfall im ICE, den “Bild” u.a. “Wahnsinns-Tat” und “Pistolen-Auftritt” nennt und im zweiten Absatz so skizziert:

Mit Alkohol-Fahne und blutigem Hemd stoppte (…) Scheer den ICE (…), verursachte einen Großeinsatz der Polizei.

Und jetzt lesen Sie bitte kurz diesen Text hier in der “Welt”. Ist Ihnen da zufällig das Wort Spielzeugpistole aufgefallen? Sehr schön, in der “Bild” von heute fehlt es nämlich völlig.

Blindtext

Lorem ipsum? Aber nein, es ist nichts auszusetzen an dieser Meldung. Nichts. Es stimmt alles: Die Grünen haben allem Anschein nach 1998 vom PR-Unternehmer Moritz Hunzinger eine Spende über 19.999 DM erhalten. Der Betrag liegt eine Mark unter der veröffentlichungs-pflichtigen Grenze und wurde anlässlich eines von Hunzinger veranstalteten “politischen Salons” von Joschka Fischers Abgeordnetenbüro an seinen Kreisverband weitergeleitet, wie jüngst eine Grünen-Sprecherin der Springer-Zeitung “Die Welt” bestätigte. Alles vollkommen korrekt, auch inhaltlich.

Nachdem das alles aber (wenngleich weniger detailreich) bekanntermaßen schon seit 2002 bekannt ist und – von der CDU/CSU jüngst wieder ausgegraben – mit freundlicher Unterstützung der “Bild”-Zeitung für “Wirbel” (“Bild”) sorgte, bleibt die Frage, warum es eigentlich (unter der missverständlich schlichten Überschrift “19.999 Mark vom PR-Berater: Grüne räumen Hunzinger-Spende ein”) heute in “Bild” steht.

Um zu begreifen, was an dem “Welt”-Text, auf den “Bild” sich bezieht und bei dem es letztlich nur um eine Auslegung des Wortes anlässlich geht, so neu und berichtenswert sein könnte, muss man die bisherige Diskussion schon recht genau verfolgt haben. “Bild”, so scheint’s jedenfalls (auch nach mehrmaliger, eingehender Lektüre), hat das offenbar nicht getan. Wozu auch? Solange man bloß “Grüne räumen Hunzinger-Spende ein” drüberzuschreiben braucht, damit der “Wirbel” weitergeht, geht der “Wirbel” eben weiter. Wie ein Lorem ipsum.

Die Dummen

In der vergangenen Woche zeigten ARD und ZDF probeweise Fußballspiele im 16:9-Format, weswegen bei vielen TV-Geräten, die ein Bild im Verhältnis 4:3 zeigen, am oberen und unteren Bildschirmrand schwarze Balken zu sehen waren.

“Bild” motzte daraufhin (wieder) über den “Balken-Fußball”:

“So ein Nerv-Bild droht uns auch bei der WM 2006!”

Fakt ist: Die Fifa hat vor, die WM 2006 im Format 16:9 zu produzieren. Die Sender aber, darauf weist auch “Bild” hin, dürfen selbst entscheiden, ob sie das Format übernehmen.

Nach der Probe-Ausstrahlung waren die Zuschauerreaktionen eher negativ. Die Nachrichtenagentur ddp zitiert etwa die ARD-Zuschauerredaktion damit, dass das Format “beim größten Teil der Bevölkerung (…) nicht besonders gut angekommen” sei.

Auch “Bild” berichtet von “überwiegend negativen Reaktionen”, kann sich allerdings nicht so recht darüber freuen, dass das (anderswo empfohlene) “Quetsch-TV” bzw. die “geplante 16:9-Ausstrahlung der Spiele (…) angesichts der überwiegend negativen Zuschauerreaktionen nicht wahrscheinlicher geworden” ist, wie ddp vermutet. Denn:

“Entscheiden sich die Sender bei der WM für das alte 4:3-Format, ärgern sich die Besitzer der 16:9-Fernseher. Die haben dann rechts und links schwarze Balken. Wie gesagt – der Fan ist immer der Dumme…

Mit anderen Worten: Für welches Format auch immer sich die Sender entscheiden, sie entscheiden sich – zumindest wenn man der merkwürdigen Argumentation von “Bild” folgt – falsch. Und sind damit immer die Dummen.

Dank an Axel W. für den sachdienlichen Hinweis.

Auf dem Trittbrett ganz vorn: “Bild”

Ein bisschen seltsam ist es schon, was da heute bei Bild.de über Ben Kingsley steht:
Aus Bild erfuhr ich, daß meine Frau fremdgeht
Weiter heißt es dort, “Bild” habe “am 20. Januar über den gehörnten Oscar-Preisträger Sir Ben Kingsley” berichtet. Und:

“Aus der Zeitung erfuhren Millionen Deutsche von der Liebelei. Und Sir Ben Kingsley selbst…

Als die Story erschien, drehte Kingsley (‘Gandhi’) in New York. Eine Freundin wies ihn auf die Geschichte in einer deutschen Zeitung hin – über seine Ehefrau und einen Mann aus Berlin. ‘Ich war tief, tief geschockt, denn bis dahin hatte ich keine Ahnung’, sagte Kingsley der ‘Mail on Sunday’.”

Und seltsam ist der Bild.de-Bericht zunächst mal deshalb, weil Kingsley in der britischen Zeitung “Mail on Sunday”, auf die sich Bild.de ja ausdrücklich bezieht, die “Bild”-Zeitung mit keiner Silbe erwähnt. Stattdessen ist dort von einer “German newspaper” bzw. “Berlin newspaper” die Rede.

Seltsam ist Kingsleys “Aus BILD erfuhr ich”-Zitat auch deshalb, weil bereits am 17. Januar tatsächlich die in Berlin beheimatete Zeitung “B.Z.” (übrigens wie “Bild” ein Springer-Blatt) ein Paparazzi-Foto von Kingsleys Ehefrau Alexandra mit ihrem neuen Freund gedruckt hatte und am 19. Januar sogar ein Interview mit der Kingsley-Gattin, in dem sie sagt: “Ich habe mich von Ben getrennt.”

Die Trennungs-Story schaffte es (mit Quellenangaben wie “German tabloid BZ“) mehr oder weniger schnell in die internationale Klatschpresse und stand selbstverständlich auch in “Bild” — am Erscheinungstag des “B.Z.”-Interviews allerdings noch als vages Gemunkel (“sagt der Mann am Nachbartisch zum BILD-Reporter”), am Tag nach Erscheinen des “B.Z.”-Interviews so:

“Mit einem Zweifach-Nicken beantwortete Alexandra zwei Fragen eines ‘BZ’-Reporters: Sind Sie getrennt? Ist Sammy Ihr neuer Freund? Nick! Nick!”

Illustriert war die “Bild”-Berichterstattung von Christiane “Ich weiß es!” Hoffmann zudem mit besagtem Paparazzi-Foto (Bildnachweis: “BZ Exklusiv-Foto”).

Mit anderen Worten: Es wäre ziemlich unwahrscheinlich schon seltsam, wenn Kingsley von Ende seiner Ehe ausgerechnet “aus BILD erfuhr”, wie Bild.de behauptet.

Aber es wird noch seltsamer.

Anders als bei Bild.de steht nämlich in der gedruckten “Bild”-Zeitung selbst kein Wort davon, dass Kingsley irgendwas “aus BILD erfuhr”! Unter der Überschrift “Jetzt spricht der verlassene Hollywood-Star” wird dort (vom selben Autor wie bei Bild.de) bloß der “Mail on Sunday”-Text zusammengefasst. Und zu der Frage, wie Kingsley auf “Berlins heißeste Affäre” aufmerksam wurde, heißt es schlicht (oder perfide):

“Der Oscar-Preisträger (‘Ghandi’) erfuhr vom Ehe-Ende (BILD berichtete) aus der Zeitung.”

Mit Dank an die Britische Botschaft Berlin für die freundliche Unterstützung.

Nachtrag, 8.2.2005:
In der heutigen “Bild” (Berlin/Brandenburg) heißt es unter der Überschrift “Kingsley gegen Kingsley” übrigens nur noch, Ben Kingsley habe “von der neuen Liebe erst durch ein Foto auf einer Internetseite” erfahren. Und nach einer abermaligen, wenngleich deutlich distanzierteren Zusammenfassung des ursprünglichen “Mail on Sunday”-Artikels heißt es außerdem:

Diese Darstellung lasen gestern auch Alexandra
Kingsley und Sammy Brauner in BILD.

(Hervorhebung von “Bild”)

Nachtrag, 9.2.2005:
Mit Dank an Florian S. für den Hinweis sei hier noch nachgetragen, dass sich mitnichten nur Bild.de (wie zuerst angenommen) die seltsame “Aus BILD erfuhr ich”-Schlagzeile zusammenreimte, sondern dass sie so auch beispielsweise in Köln in der gedruckten “Bild”-Ausgabe stand.

(Nicht) merkwürdig

Es stimmt schon: Der Rundfunk Berlin Brandenburg (RBB) will demnächst die gemeinsam von Ulla Kock am Brink und Jörg Thadeusz moderierte Abendtalkshow “Leute am Donnerstag” einstellen. So steht’s beispielsweise heute in “Berliner Zeitung” und “Tagesspiegel”, so ähnlich steht’s auch in “Bild”:

Und man kann sicherlich spekulieren, ob mit dem O-Ton am Ende wirklich “ein RBB-Sprecher” zitiert wird, wie es den Eindruck macht, oder bloß aus einer RBB-Pressemitteilung. Andererseits: Hätte “Bild” tatsächlich mit einem RBB-Sprecher gesprochen, wieso ist dann in “Bild” von “maximal” 100.000 Zuschauern die Rede, wenn es doch – zumindest anfangs – auch schon mal 220.000 waren?

Spricht man indes mit einem RBB-Sprecher, ist sogar der “Marktanteil”-Satz plötzlich weit weniger “merkwürdig” als “Bild” ihn findet. Denn dann erfährt man, dass zwar die letzte Ausgabe der Sendung “knapp 7 Prozent” Marktanteil hatte, die Durchschnittsquote im Jahr 2004 allerdings mit durchschnittlich rund 4 Prozent (zuletzt rund 5 Prozent) nicht, wie von “Bild” fälschlicherweise behauptet, “über”, sondern unter dem Sender-Durchschnitt lag. Der nämlich lag 2004 bei rund 6 Prozent, zwischen 18 Uhr und 23 Uhr sogar bei 8,5 Prozent, weshalb eine Absetzung der Sendung denn auch alles andere als “merkwürdig” ist.

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