Brutale Attacke in Chemnitz: Ein Mann wurde von unbekannten Tätern angegriffen. Mit einer Machete hackten sie dem 28-Jährigen dabei mehrere Finger ab!
Die Tat ereignete sich am Dienstag gegen 15 Uhr in einer Parkanlage an der Helbersdorfer Straße. Nach der Attacke flüchteten die schwarz Maskierten in Richtung Stadtpark.
Genauso eindeutig klingt es in der Überschrift:
So ist es gewesen, kein Konjunktiv, kein “soll”.
Heute, knapp zwei Wochen später, ist klar, dass etwas mehr Distanz und deutlich weniger Zueigenmachen dieser Geschichte des angeblichen Opfers besser gewesen wäre:
(Augenbalken durch Bild.de, weitere Verpixelung durch uns.)
Jetzt die überraschende Wende: Am Montag teilten Polizei und Staatsanwaltschaft mit, dass gegen den Mann wegen Vortäuschens einer Straftat und gegen einen weiteren Beschuldigten wegen schwerer Körperverletzung ermittelt wird.
Dem nun Mitbeschuldigten, der sich jetzt wegen schwerer Körperverletzung verantworten muss, waren die Ermittler durch Auswertung von Mobiltelefonen auf die Schliche gekommen. Der Deutsche soll nach BILD-Informationen wie Alexander W. der rechtsextremen Szene angehören.
Laut LKA und Staatsanwaltschaft Chemnitz hat der Überfall so nie stattgefunden. Oberstaatsanwältin Ingrid Burghart (59) zu BILD: “Nach den Ermittlungen hat sich ein Überfall durch Linke nicht bestätigt.”
Der Fall habe “bundesweit für Aufsehen” gesorgt, schreibt die “Bild”-Redaktion. Zu ihrer eigenen Rolle bei der Verbreitung der wahrscheinlich erfundenen Geschichte eines Neonazis schreibt sie nichts.
Seit vergangenem Donnerstag berichten die “Bild”-Medien intensiv über den Tod einer 32-jährigen Frau in Stuttgart. Der Fall hat einiges, was ihn für eine Boulevardredaktion interessant macht, beispielsweise einen festgenommenen Tatverdächtigen, mit dem das Opfer laut “Bild” eine Affäre gehabt haben soll. Außerdem, und das ist sicher von zentraler Bedeutung, gibt es Fotos – zwei verschiedene Aufnahmen der Frau hat die “Bild”-Redaktion zusammenklauben können. Und die zeigt sie bei jeder Gelegenheit.
Allein bei Bild.de sind mindestens sieben Artikel seit vergangenem Donnerstag erschienen (überwiegend als “Bild-plus”-Artikel, schließlich versucht die “Bild”-Redaktion immer wieder, mit dem Tod von Menschen Abos zu verkaufen). Dazu mehrere große Artikel in der Stuttgart-Ausgabe der “Bild”-Zeitung beziehungsweise in der “Bild”-Bundesausgabe. Außerdem eine komplette Seite in “Bild am Sonntag”. Und mehrere Push-Nachrichten für alle, die die “Bild”-App auf dem Smartphone haben.
Die Verpixelungen oben haben alle wir hinzugefügt – in den “Bild”-Medien sind die Fotos der Frau ohne jegliche Unkenntlichmachung erschienen (lediglich beim letzten Screenshot hat die “Bild”-Redaktion dem Tatverdächtigen einen schmalen Balken über die Augen gelegt). Als Quelle der Aufnahmen ist “Privat” angegeben.
Der Pressekodex des Deutschen Presserats ist bei diesem Thema recht eindeutig. In Richtlinie 8.2 zum “Opferschutz” steht:
Die Identität von Opfern ist besonders zu schützen. Für das Verständnis eines Unfallgeschehens, Unglücks- bzw. Tathergangs ist das Wissen um die Identität des Opfers in der Regel unerheblich. Name und Foto eines Opfers können veröffentlicht werden, wenn das Opfer bzw. Angehörige oder sonstige befugte Personen zugestimmt haben, oder wenn es sich bei dem Opfer um eine Person des öffentlichen Lebens handelt.
Um eine Person des öffentlichen Lebens handelt es sich bei der Frau nicht.
Wir haben bei “Bild” nachgefragt, ob der Redaktion eine Erlaubnis der Familie vorliegt, die Fotos unvepixelt zu zeigen. Und wenn nicht, warum sie es trotzdem tut. Eine Antwort haben wir bislang nicht erhalten.
Sollte keine Erlaubnis der Familie vorliegen, dürfte es auch juristisch gesehen recht klar sein, dass das, was die “Bild”-Redaktion hier macht, nicht in Ordnung ist. Allerdings gilt: wo kein Kläger, da kein Richter. Und so gibt es in diesem Fall noch einen weiteren Umstand, der ihn für die “Bild”-Redaktion besonders interessant machen dürfte: Die getötete Frau stammt aus Kenia. Sie soll allein in Deutschland gewesen sein, ihre Familie befindet sich laut “Bild” in Kenia. Es ist ausgesprochen unwahrscheinlich, dass die Familienmitglieder mitbekommen, was die “Bild”-Redaktion mit den Fotos alles anstellt.
Am Samstagabend meldete die “Bild”-Redaktion per Push-Nachricht die angebliche Schwangerschaft einer prominenten deutschen Frau: “Erstes Kind mit 43!” Im dazugehörigen Bild.de-Artikel findet sich auch diese Passage:
Doch wenn sie wie jetzt das Glück unter ihrem Herzen trägt, können auch sie und ihr Lebensgefährte, ein erfolgreicher Musiker, dessen Namen BILD nicht nennen darf, die Freude wohl nicht für sich behalten.
In der “Bild am Sonntag” fand sich gestern zum selben Thema eine ganz ähnliche Formulierung: “… dessen Namen BamS nicht nennen darf …”.
So viel Zurückhaltung und Selbstreflexion ist bei den “Bild”-Medien überraschend. Und nicht von langer Dauer. Gestern Abend ganz oben auf der Bild.de-Startseite:
(Alle Unkenntlichmachungen in diesem Beitrag durch uns)
Im Artikel wird dann tatsächlich der Name des angeblichen Vaters genannt (“so erfährt BILD exklusiv”). Auch die “Bild”-Zeitung nennt in ihrer heutigen Ausgabe den Namen.
Es scheint sich für die Redaktion gelohnt zu haben, das zu machen, was sie laut eigener Aussage gar nicht machen darf. Der Beitrag hinter der “Bild-plus”-Paywall führte gestern Abend die erfolgreichsten Artikel des Bezahlangebots an:
Zusammengefasst geht die Geschichte so: Ein Mann entscheidet sich, warum auch immer, für ein Auto, das überhaupt nicht zu seinen Bedürfnissen, seinem Fahrverhalten und der ihn umgebenden Infrastruktur passt. Und bei “Bild” ist das “E-Auto” schuld.
Leipzigs Handwerkskammer-Chef teilte vergangenen Mittwoch groß in der Leipzig-Ausgabe der “Bild”-Zeitung mit:
Leipzigs Handwerkskammer-Chef Volker Lux (54) gibt nach drei Jahren Elektromobilität auf und fährt wieder einen klassischen Diesel.
Die erste Überraschung kommt in Absatz drei. Denn wer nach dem Lesen der “E-Auto”-Überschriften annahm, es geht um ein rein batterieelektrisches Auto, erfährt dort, dass es sich stattdessen um einen Plug-in-Hybrid handelt:
Lux schaffte sich einen Dienstwagen an, den er auch privat nutzen darf, einen BMW X3 Hybrid.
Jedenfalls war dieses Auto für den Handwerkskammer-Chef zum Verfluchen:
Der Wagen kann 30 Kilometer elektrisch fahren und hat zusätzlich einen 40-Liter-Tank. Genau da begann der Alltagsärger. Lux: “Zum Termin nach Berlin und zurückfahren funktionierte nicht, ohne zu tanken. …
Pardon, da müssen wir eben unterbrechen.
Man könnte jetzt sagen: Klar, nachher ist man immer schlauer! Aber bei der Autowahl kann man sich ja ganz gut schon vorher schlau machen und zum Beispiel schauen, ob der Tank (oder beim E-Auto: die Batterie) groß genug ist, um mit einer Füllung eine häufig gefahrene Strecke zu schaffen.
Und zur konkreten Strecke: Von der Leipziger Handwerkskammer bis zum Brandenburger Tor in Berlin sind es 180 Kilometer. Hin und zurück also 360 Kilometer. Lassen wir den elektrischen Fortbewegungsteil des Wagens bei der Rechnung mal außenvor: Um 40 Liter auf 360 Kilometern zu verfeuern, muss man rund 11,1 Liter auf 100 Kilometern verbrauchen. Im Test des ADAC (PDF) liegt der Verbrauch des Wagens deutlich unter diesem Wert:
Fährt man im Hybridmodus weiter, ergibt sich ein Benzinverbrauch von durchschnittlich 8,4 l Super pro 100 km. Dabei liegt der Benzin-Konsum innerorts bei 7,8 l, auf der Landstraße bei 7,6 l und auf der Autobahn bei 10,0 l/100 km.
Auf der Eco-Runde verbrauchte der BMW 6,7 Liter, während er sich auf der Pendler-Strecke 9,2 Liter genehmigte. Wurde der BMW sportlich bewegt, stieg der Verbrauch auf 11,5 Liter. Der Durchschnittsverbrauch hybridisch beträgt 9,2 Liter.
Mit dem Verbrauch der “sportlichen” Fahrweise läge man etwas über den von uns errechneten 11,1 Litern auf 100 Kilometern, die es bräuchte, um den 40-Liter-Tank auf der Strecke Leipzig-Berlin-Leipzig leer zu fahren. Wenn man unbedingt diese 360 Kilometer fahren und dabei auf keinen Fall tanken möchte, sollte man vielleicht einfach eine Fahrweise wählen, die zur Reichweite des gewählten Autos passt.
Aber letztlich scheint das alles völlig irrelevant zu sein. Denn die Angabe des Handwerkskammer-Chefs in “Bild” zum Tankvolumen dürfte schlicht nicht stimmen. Während er von einem “40-Liter-Tank” spricht, findet man anderswo, zum Beispiel bei “Autobild”, die Angabe, dass der BMW X3 Hybrid einen 50-Liter-Tank hat. Wir haben auch noch mal bei BMW nachgefragt. Der Konzernsprecher, der für die X3-Reihe zuständig ist, antwortete uns, dass ihm “nix anderes bekannt” sei als ein Tankinhalt von 50 Litern.
Und bei einem 50-Liter-Tank müsste man schon 13,9 Liter auf 100 Kilometern verbrauchen, um auf der Tour Leipzig-Berlin-Leipzig den Tank leer zu fahren.
Nun aber wieder zurück zum Zitat des Handwerkskammer-Chefs in “Bild”:
Lux: “Zum Termin nach Berlin und zurückfahren funktionierte nicht, ohne zu tanken. Um für den Stadtverkehr 30 Kilometer in die Batterie zu bekommen, musste ich bei uns in der Tiefgarage der Handwerkskammer mehr als vier Stunden laden.”
Vier Stunden laden für 30 Kilometer? Das klingt nach einer ganzen Menge Zeit für nicht so wahnsinnig viel Reichweite. Und dafür gibt es auch einen Grund. Die ganze Dämlichkeit dieser “Bild”-Geschichte materialisiert sich in diesem Foto:
“Die Ladesäule ist ungeeignet”. Dem Mann, der sein “E-Auto” verflucht, steht also gar nicht die adäquate Infrastruktur zur Verfügung. Das schreibt auch “Bild”:
Die Kammer hat die Plätze in der Tiefgarage nur gemietet und hat keine Profi-Säule. “Das funktioniert gut für unsere kleinen E-Flitzer, die über Nacht stehen bleiben können. Aber nicht für mich, der ständig und unplanbar unterwegs ist.”
Die mangelhafte Lade-Infrastruktur ist ein absolut relevantes Thema bei der Debatte um die E-Mobilität in Deutschland. Aber sein “E-Auto” an sich zu “verfluchen”, weil der eigene Laden es nicht schafft, einen ordentlichen Ladepunkt zu installieren, und dadurch das Laden so lange dauert?
Die “Bild”-Redaktion spendiert einem für sowas gern eine große Schlagzeile.
Jedes Kind kennt die Geschichte (und das Lied) von St. Martin, dem römischen Soldaten, der in einer kalten Winternacht auf einen “armen Mann” traf, der nur “Lumpen” anhatte und fror. Martin gab ihm einen Teil seines stattlichen Mantels ab, damit der “Bettler” es wenigstens ein bisschen wärmer hatte.
In der Logik der “Bild”-Redaktion hätte der arme Mann noch einen Sack mit wärmender Kleidung dabei gehabt, die er aber nicht anzieht, und dem Heiligen Martin noch was von den Lumpen abgegeben, denn ein “Bettler” ist bei “Bild” irgendwie was anderes.
Deutschland hat im ersten Halbjahr 2023 mehr Strom importiert als früher. Insgesamt hat es in diesen sechs Monaten aber immer noch mehr Strom exportiert als es importiert hat.
Deutschland rutscht innerhalb von sechs Monaten rapide ab: Lag der Netto-Stromexport in der zweiten Jahreshälfte 2022 noch bei 9,2 TWh, sind es jetzt gerade einmal 0,6 TWh. Vom Strom-Exporteur zum Strom-Bettler!
Auch in der “Bild”-Bundesausgabe sind “wir” nun “Strombettler” – ein Begriff, der suggeriert, dass Deutschland sich nicht mehr ausreichend selbst mit Strom versorgen kann:
Richtig müsste es heißen: “Wir” sind im ersten Halbjahr 2023 immer noch Stromexporteur, aber mit einem geringeren Exportüberschuss als im Halbjahr zuvor.
Die “Bild”-Redaktion beruft sich in ihrem Artikel von Anfang August auf eine Veröffentlichung von EnAppSys, einem Portal, das Daten und Analysen über den europäischen Energiemarkt für Geschäftskunden bereitstellt:
Grund für den deutschen Absturz laut der “EnAppSys”-Experten: das Kernkraftwerk-Aus!
“Diese Stilllegungen bedeuteten, dass Deutschland in Zeiten geringer erneuerbarer Stromerzeugung zusätzlichen Strom aus anderen Ländern beziehen musste”, so Experte Jean-Paul Harreman.
Wir haben mit Jean-Paul Harreman von EnAppSys Kontakt aufgenommen – und der widerspricht der Darstellung von “Bild” entschieden.
Das fängt schon damit an, dass es einigermaßen unwissenschaftlich ist, eine zweite Jahreshälfte mit einer ersten zu vergleichen: Harremann sagt, dass es eine klare Saisonalität bei den Import- und Exportmustern gebe.
Und auch die Gründe für die gesteigerten Importe liegen nicht etwa darin, dass Deutschland nicht in der Lage wäre, sich selbst mit Energie zu versorgen: Es ist nur tatsächlich billiger, Strom aus dem Ausland zu importieren, als die Leistung der eigenen Kohle- oder Gas-Kraftwerke, die alle mit verminderter Leistung liefen, hochzufahren. Genau für diesen Zweck sei der europäische Binnenmarkt für Strom geschaffen worden, sagt Harremann. (Man stelle sich umgekehrt mal vor, was “Bild” schreiben würde, wenn die Bundesrepublik ohne Grund teureren Strom produzieren würde, anstatt ihn zu importieren!)
Laut Jean-Paul Harremann liegt einer der Gründe, dass Deutschland mehr importiert als im Vorjahr, darin, dass Frankreich nach einer langen Zeit wieder in der Lage sei, Strom zu niedrigen Preisen zu exportieren. Im vergangenen Jahr war nämlich zeitweise die Hälfte der französischen Atomkraftwerke abgeschaltet – entweder wegen gravierender Mängel und Schäden oder weil wegen des heißen Sommers nicht ausreichend Kühlwasser zur Verfügung stand. Jetzt laufen die französischen AKW wieder.
Nun kann man es natürlich seltsam finden, in Deutschland alle Atomkraftwerke abzuschalten, aber weiter Atomstrom aus Frankreich zu importieren. Dafür muss man sich allerdings vom Gebiet der reinen Physik auf das der Politik begeben – und dort findet man einen von einer schwarz-gelben Bundesregierung im Jahr 2011 beschlossenen Atom-Ausstieg. Als nach dem russischen Angriff auf die Ukraine im vergangenen Jahr die Energiepreise anstiegen und eine Laufzeitverlängerung deutscher Atomkraftwerke diskutiert wurde, erklärten die deutschen AKW-Betreiber, dass diese technisch und genehmigungsrechtlich schwer möglich sei.
Man kann also unterschiedlicher Meinung sein, ob Atomkraft ein sicherer oder – langfristig gerechnet – preiswerter Energieträger ist. Aber dass die deutschen Atomkraftwerke nicht weiterlaufen konnten, ist etwas, was im Januar 2022 sogar noch Christian Lindner wusste. (Die damalige schwarz-gelbe Bundesregierung hatte übrigens erst im Oktober 2010 eine Laufzeitverlängerung der deutschen Atomkraftwerke beschlossen, die sie im Frühjahr 2011 wieder zurücknahm, weswegen die AKW-Betreiber vom deutschen Staat jetzt 2,4 Milliarden Euro Entschädigung bekommen, die “wir” letztlich alle bezahlen müssen, aber das nur am Rande.)
Unabhängig von der politischen Dimension importiert Deutschland überhaupt nur einen sehr geringen Teil seines Stroms aus Frankreich. Sehr viel mehr kommt aus Dänemark, der Schweiz, den Niederlanden und Norwegen – alles Länder mit hohen Anteilen erneuerbarer Energien. Und es ist nicht nur günstiger, diesen Strom zu importieren, es ist auch umweltschonender, als die heimischen Braun- und Steinkohlekraftwerke hochzufahren.
Deutschland muss also nicht um Strom “betteln”, wie “Bild” behauptet, sondern es kauft – um im Bild zu bleiben – Öko-Strom im Sonderangebot beim Discounter in der Nachbarschaft ein, um nicht in den Kohlenkeller zu müssen.
Entsprechend ist Jean-Paul Harreman von EnAppSys mit der Wortwahl im “Bild”-Beitrag “überhaupt nicht einverstanden”, wie er uns verriet:
Es ist eine Tatsache, dass Deutschland nach der Abschaltung der Kernkraftwerke mehr Strom von seinen Nachbarn importierte, aber die damit verbundenen Auswirkungen auf die Energiesicherheit sind maßlos übertrieben. Selbst wenn die Grenzen geschlossen würden, was nicht möglich ist, hätte Deutschland überschüssige Erzeugungskapazitäten zum Zuschalten. Dass die Importe gestiegen sind, ist die logische Folge einer wirtschaftlichen Optimierung.
Besonders unglücklich ist Harremann mit seiner Rolle als Kronzeuge in dem “Bild”-Artikel: Zum einen sei es in der Pressemitteilung von EnAppSys nur am Rande um Deutschland gegangen und hauptsächlich um den Wiederanstieg französischer Stromexporte, nachdem dort wieder mehr Atomkraftwerke im Betrieb sind (Mängel und Trockenheit, wir erinnern uns). Sein Zitat “Diese Stilllegungen bedeuteten, dass Deutschland in Zeiten geringer erneuerbarer Stromerzeugung zusätzlichen Strom aus anderen Ländern beziehen musste” sei aus dem Kontext gerissen, sagt Harremann, der sich gewünscht hätte, dass die “Bild”-Redaktion ihn kontaktiert, bevor sie ihn zum Kronzeugen ihrer Geschichte macht.
Nachdem EnAppSys und er persönlich viele kritische Nachfragen erhalten hätten, habe das Unternehmen die Pressemitteilung überarbeitet. Statt …
“Meanwhile, in Germany, the closure of nuclear power plants was the main reason why the energy balance flipped to imports. These closures meant that Germany had to source additional power from other countries in periods of low renewable generation.”
“In Deutschland war die Stilllegung der Kernkraftwerke der Hauptgrund dafür, dass die Energiebilanz in Richtung Importe drehte. Diese Schließungen führten dazu, dass Deutschland in Zeiten geringer erneuerbarer Energieerzeugung zusätzlichen Strom aus anderen Ländern beziehen musste.”
“Meanwhile, in Germany, the closure of nuclear power plants was the main reason why the energy balance flipped from export in the first quarter to import in the second quarter. These closures meant that Germany sourced additional power from other countries in periods of low renewable generation, as other markets provided power at lower prices than unused generation assets in Germany.
Note that imports and exports are the result of market coupling among European electricity markets, with cross-border connections limiting the amount of power that can flow from one country to another. The objective is to optimize welfare across the continent. Except for borders that are not automatically coupled, parties acting on day-ahead markets do not actively choose to import or export.”
“In Deutschland war die Stilllegung der Kernkraftwerke der Hauptgrund dafür, dass sich die Energiebilanz vom Export im ersten Quartal zum Import im zweiten Quartal drehte. Diese Schließungen führten dazu, dass Deutschland in Zeiten geringer erneuerbarer Energieerzeugung zusätzlichen Strom aus anderen Ländern bezog, da andere Märkte Strom zu niedrigeren Preisen bereitstellten als ungenutzte Erzeugungsanlagen in Deutschland.
Beachten Sie, dass Importe und Exporte das Ergebnis der Marktkopplung zwischen europäischen Strommärkten sind, wobei grenzüberschreitende Verbindungen die Strommenge begrenzen, die von einem Land in ein anderes fließen kann. Ziel ist es, den Wohlstand auf dem gesamten Kontinent zu optimieren. Mit Ausnahme von Grenzen, die nicht automatisch gekoppelt sind, entscheiden sich die auf Day-Ahead-Märkten agierenden Parteien nicht aktiv für Import oder Export.“
(Übersetzung von uns)
Harreman betont, dass die Formulierung “dass Deutschland […] zusätzlichen Strom aus anderen Ländern beziehen musste” in der ursprünglichen Version der Pressemitteilung unglücklich gewählt war, und “bezog” richtiger gewesen wäre.
Der “Strombettler”-Artikel war Teil einer losen und vermutlich noch nicht beendeten Serie, in der “Bild” immer wieder versucht, den (noch einmal: vor zwölf Jahren von einer schwarz-gelben Bundesregierung beschlossenen und in diesem Jahr umgesetzten) Atom-Ausstieg als kapitalen Fehler der aktuell regierenden Ampel-Koalition zu brandmarken – möglicherweise aus Trotz, weil der von “Bild” herbeigeschriebene Blackout bis heute ausgeblieben ist.
Muss Deutschland nach dem AKW-Aus jetzt dauerhaft mit Strom aus dem Ausland versorgt werden?
“Jedes Jahr gibt es Phasen, in denen wir Strom aus anderen Ländern einkaufen”, antwortete Bundeskanzler Olaf Scholz (65, SPD) am Donnerstag im Erfurter Bürgerdialog auf die Frage, warum Deutschland die Kernkraft durch Importstrom ersetze.
Klang ganz so, als habe sich durch das AKW-Aus nichts verändert im Vergleich zu den Vorjahren. Doch das Gegenteil ist der Fall: Deutschland importiert so viel Strom wie nie! 5783,4 Gigawattstunden waren es im Juli laut Bundesnetzagentur – Allzeit-Rekord.
Noch NIE hat Deutschland so viel Strom aus dem Ausland eingekauft, Herr Bundeskanzler!
Ja, weil’s halt billiger ist.
Das weiß eigentlich sogar “Bild”:
Auch wenn Import-Strom teurer ist als unser Export-Strom, ist er immer noch günstiger als Kohle oder Gas von hierzulande.
Wir seien auf den Import-Strom aber keineswegs angewiesen, deutete Scholz an: “In der Gesamtbilanz ist die Lage ganz anders.” Es gebe schließlich noch die Braunkohle als Ersatz. Aber Deutschland setze lieber “auf Windstrom aus Dänemark und Atomstrom aus Frankreich”, weil der eben günstiger sei.
Und dann wird die “Bild”-Redaktion nachgerade investigativ:
Funktioniert der europäische Strommarkt wirklich so gut, wie Scholz denkt? BILD fragte nach!
… fand für Zitate aber seltsamerweise nur Personen, die Strom-Importe mindestens kritisch sehen und vor steigenden Strompreisen warnen. Der Bayerische Rundfunk hingegen hat ganz viele Gesprächspartner und -partnerinnen gefunden, die von sinkenden Preisen ausgehen und die aktuelle Umweltbilanz loben:
Im Mai, dem Monat nach dem deutschen Atomausstieg, wurde so wenig Steinkohle nach Deutschland importiert wie in keinem Maimonat seit 2004 – mit Ausnahme des Corona-Jahres 2020.
Angesichts so unterschiedlicher Interpretationen der gleichen Fakten kann man schon mal den Überblick verlieren. “Bild” hatte deshalb schon im Juli eine “Riesenverwirrung um den deutschen Strommarkt” ausgerufen – und selbst weiter fleißig dazu beigetragen:
► Alles nicht so wild, sagen die einen. Strom sei im Ausland gerade billiger als in Deutschland, deshalb werde mehr eingekauft.
► Alles ziemlich wild, behaupten die anderen, Deutschland verliere seine Energie-Autonomie, mache sich abhängig.
Mithilfe von Manuel Frondel vom RWI Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung bemüht sich “Bild” tatsächlich um eine gewisse Ausgewogenheit (diese einigermaßen ausgewogene Betrachtung hat die Redaktion aber schön hinter der Bezahlschranke versteckt). Frondel fühlt sich in dem Artikel auch korrekt wiedergegeben, wie er uns auf Anfrage erklärt hat.
ABER (um in der Diktion von “Bild” zu bleiben):
“Bild” schreibt unter anderem: “Seit elf Jahren gibt es Pläne für Stromautobahnen von Nord- nach Süddeutschland, die dieses Problem beheben würden. Aber sie kommen nicht voran.”
Was “Bild” nicht schreibt: Dass diese Stromtrassen in den Süden nicht “vorankommen”, liegt vor allem am Widerstand der CSU – nicht zuletzt in Person des früheren bayerischen Finanzministers und heutigen Ministerpräsidenten Markus Söder. Wer das nicht weiß, kann fast wieder nur annehmen, dass die seit weniger als 21 Monaten regierende Ampel-Koalition an allem schuld ist.
Dafür zitiert “Bild” im Artikel eine INSA-Umfrage, nach der “jeder dritte Deutsche” der Ansicht ist, “dass die Stromversorgung in Deutschland nicht mehr sicher” sei.
Diese Menschen kann Jean-Paul Harreman von EnAppSys beruhigen:
Für dieses Jahr sind alle Gasvorräte ausreichend gefüllt und es stehen auf dem gesamten Kontinent ausreichend Erzeugungskapazitäten aus Gas-, Kohle- und Braunkohlekraftwerken zur Verfügung. Es besteht kein Grund zur Panik. Nur ein sehr langer, sehr kalter Winter könnte echte Probleme bereiten. Diese Probleme wären eher hohe Preise als Stromausfälle.
“Kein Grund zur Panik” – der absolute Horror für die “Bild”-Redaktion.
Dazu auch:
Über die Mär von der “Energiesouveränität” und die Rolle von “Bild” in dieser Desinformationskampagne hatte Christian Stöcker im Juli bereits einen aufschlussreichen Artikel beim “Spiegel” veröffentlicht.
Entweder haben Tanja May, Mitglied der “Bild”-Chefredaktion, und Cathy Hummels, Influencerin und Unternehmerin, beide ein sehr schlechtes Gedächtnis. Oder sie halten die “Bild”-Leserinnen und -Leser für so bescheuert, dass sie kein Problem damit haben, sie ganz offensichtlich zu verarschen.
Vergangenen Mittwoch berichtete May über Hummels bei Bild.de:
Einen Tag später schaffte es diese Entdeckung sogar auf die “Bild”-Titelseite …
… und groß ins Blatt:
Was sagt denn Cathy Hummels dazu?
Im exklusiven BILD-Interview gibt die schöne Single-Mama zu, dass sie sich jetzt bei “Raya” tummelt: “Erwischt! Ja, das stimmt. Modernes Dating? Bin ich auch dabei.”
Dass die eine berichtet, jemanden “erwischt” zu haben, und die Erwischte sich “erwischt” fühlt, ist etwas überraschend. Denn vor mehr als acht Monaten, im Dezember 2022, berichtete Bild.de schon einmal über Cathy Hummels und die Dating-App Raya:
“Ich habe die Dating-App Raya ausprobiert”, verrät die Mama eines kleinen Sohnes (Ludwig, 4) jetzt gegenüber BILD.
Die Autorin des Artikels damals: Tanja May.
Es ist schon eine tolle Symbiose: Auf der einen Seite Prominente, die trotz der eigenen Reichweite in den Sozialen Medien offenbar immer noch das Boulevardscheinwerferlicht brauchen. Und auf der anderen eine Klatschredaktion, die mit derartigen Nichtigkeiten Online-Abos und gedruckte Exemplare verkaufen kann – zur Not sogar als aufgewärmtes “Erwischt!”-Märchen.
Bei der Ursachenforschung zur Frage, warum namhafte Politiker und Politikerinnen so gern den “Bild”-Medien Interviews geben, wird meist die Reichweite als zentraler Aspekt identifiziert: Mit “Klartext”-Parolen in “Bild”, “Bild am Sonntag” und Bild.de kann man nach wie vor eine Menge Leute erreichen. Aber vielleicht spielt noch etwas anderes eine wichtige Rolle: Dass man beim Interview Leuten gegenübersitzt, die einen jeden Unsinn ohne Faktencheck erzählen lassen.
In “Bild am Sonntag” erschien gestern ein großes Interview mit CDU-Politiker Jens Spahn:
Spahn erklärt darin unter anderem seine Idee von einer im Grundgesetz verankerten “Belastungsbremse” für die Sozialabgaben. “Bild am Sonntag” will daraufhin wissen: “Braucht es darüber hinaus auch eine Steuerreform?” Antwort Spahn:
Leistung muss sich wieder mehr lohnen. Überstunden sollten steuerfrei sein. Zudem zahlt ein Facharbeiter mit 62.000 Euro Jahresgehalt schon den Spitzensteuersatz. Der sollte künftig erst ab 80.000 Euro greifen.
Da könnte man als Redaktion natürlich erstmal nachfragen, nachforschen und die Info nachliefern, wie viele “Facharbeiter mit 62.000 Euro Jahresgehalt” es in Deutschland denn so gibt. Sicher, in der richtigen Branche und/oder mit vielen Jahren Berufserfahrung gibt es die bestimmt. Aber Jens Spahn kann beim nächsten Besuch in der Kita oder im Seniorenheim oder in der Kantine des Bundestags ja mal eine Erzieherin, einen Pfleger oder eine Köchin fragen, was die so mit ihren 62.000 Euro Jahresgehalt anstellen. Wenn er Glück hat, wird er von den Fachkräften nur ausgelacht und nicht wütend rausgejagt.
Das aber nur nebenbei. Eigentlich soll es um Spahns Behauptung gehen, dass man “mit 62.000 Euro Jahresgehalt schon den Spitzensteuersatz” zahle. Das ist nämlich Unsinn. Und die “Bild”-Medien verbreiten diesen Unsinn unhinterfragt.
Richtig ist, dass der Spitzensteuersatz von 42 Prozent für das Jahr 2023 ab 62.810 Euro gilt (2022 lag diese Grenze bei 58.597 Euro). Aber es gibt einen wichtigen Unterschied zwischen dem von Spahn genannten Jahresgehalt und dem zu versteuernden Einkommen. Letzteres ist für die Berechnung des Steuersatzes entscheidend. Und auf dem Weg vom Jahresgehalt zum zu versteuernden Einkommen gibt es verschiedene, individuelle Möglichkeiten, Ausgaben geltend zu machen und damit die Summe zu reduzieren: Den wichtigste Posten dürften die Sozialversicherungsbeiträge bilden, beispielsweise die Beiträge zur Krankenversicherung. Dazu kommen noch weitere Vorsorgeaufwendungen, die die Summe drücken können, Freibeträge wie der Kinderfreibetrag oder der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende, außergewöhnliche Belastungen wie Krankheitskosten oder Pflegekosten für die eigenen Eltern und Sonderausgaben wie Spenden oder Kinderbetreuungskosten.
Nur wer nach all diesen Abzügen ein zu versteuerndes Einkommen von über 62.810 Euro hat, zahlt 2023 den Spitzensteuersatz (aber natürlich nicht auf die gesamte Summe, sondern nur auf den Betrag, der über dieser Grenze liegt; der Durchschnittssteuersatz liegt deutlich darunter: bei einem zu versteuernden Einkommen von exakt 62.810 Euro beträgt er laut Rechner des Bundesfinanzministeriums 26,12 Prozent). Oder anders gesagt: Wer “62.000 Euro Jahresgehalt” bekommt, zahlt nicht den Spitzensteuersatz.
Die Leserschaft von “Bild am Sonntag” und Bild.de erfährt von all dem nichts. Wer sich selbst mit dem Thema nicht so auskennt, wird einfach glauben, was der CDU-Politiker da erzählt.
Jens Spahn war Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesfinanzministerium. Er ist als stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion unter anderem zuständig für das Thema Wirtschaft. Es ist ausgesprochen unwahrscheinlich, dass er den Unterschied zwischen Jahresgehalt und zu versteuerndem Einkommen nicht kennt. In den “Bild”-Medien kann Jens Spahn unwidersprochen seine falsche Botschaft verbreiten.
Bei einem Unfall auf dem Nürburgring sind vergangene Woche zwei Testfahrer eines Reifenherstellers ums Leben gekommen. Die “Bild”-Redaktion versuchte daraufhin, mit Details des tödlichen Unfalls ein paar “Bild-plus”-Abos zu verkaufen. Auf der Bild.de-Startseite lockte sie die potenzielle Käuferschaft mit diesem Teaser:
Zwei Testfahrer starben bei Erprobungsfahrten auf dem Nürburgring.
Für wen die Männer auf der bekanntesten Rennstrecke der Welt unterwegs waren, was für ein Auto sie fuhren, lesen Sie mit BILDplus.
Dass die “Bild”-Medien Todesfälle und schwere Unfälle zum Ankurbeln des eigenen Abo-Geschäfts nutzen, istnunwahrlichnichtüberraschend, aber doch immer wieder abstoßend.
In der heute erschienenen Ausgabe der “Zeit” gibt es ein großes Interview mit Wirtschaftsminister Robert Habeck (online nur mit Abo lesbar). “Zeit”-Chefredakteur Giovanni di Lorenzo fragt den Grünen-Politiker unter anderem:
Sie sind über Monate fast täglich angegriffen worden. Auch durch eine Zeitung, die selten “Heizungsgesetz” geschrieben hat, sondern stark personalisiert: “Habecks Heiz-Hammer”. Hat so ein Dauerfeuer Auswirkungen auf Ihr Leben?
Habecks Antwort:
Ja, aber anders, als man vermuten würde. Das, was ich im Moment mache, ist das Beste, was ich in meinem bisherigen politischen Leben gemacht habe. Es bedeutet mir richtig viel, und ich bin stolz darauf. Ich habe immer viel gearbeitet, aber noch nie so viel wie in den letzten zwei Jahren. Ich weiß, wofür ich das tue. Es gibt null Hadern, null Zaudern, null Bedauern, gar nichts. Ich bin ganz verschmolzen mit der Aufgabe, die ich im Moment habe.
Robert Habecks Antwort, es gebe “null Bedauern, gar nichts”, bezieht sich ganz offensichtlich auf die Auswirkungen seines Berufs und der damit verbundenen (medialen) Angriffe, denen er ausgesetzt ist, auf sein Leben. Habeck spricht über seine persönliche Situation.
Und was macht die Redaktion dieser “einen Zeitung” daraus? Bei Bild.de auf der Startseite:
“Bild” reißt Robert Habecks Aussage aus dem persönlich gemeinten Kontext und verknüpft das fehlende Bedauern neu mit “Wirtschaftskrise und Heiz-Debatte”. Die Redaktion hinter dem von Giovanni di Lorenzo so beschriebenen “Dauerfeuer” feuert weiter.
Bei Twitter teasert “Bild” den eigenen Artikel wortgleich an. Das funktioniert. Die Followerschaft drischt in den Kommentar wütend auf den angesichts von “Wirtschaftskrise und Heiz-Debatte” so arrogant und ignorant wirkenden Habeck ein.
In der gedruckten “Bild” von heute gibt es ein Suchspiel. Die Redaktion hat eine Korrektur versteckt:
Nicht gefunden? Da unten, zwischen “Faesers Anti-Clan-Plan” und Scholz’ Provence-Urlaub:
Gut, die Redaktion hat das jetzt lieber nicht “Korrektur” genannt oder sonst ein Wort gewählt, das darauf hindeuten könnte, dass in ihrer Berichterstattung irgendwas richtig schiefgelaufen ist. Und auch bei Bild.de nennen sie es lieber “Transparenzhinweis”:
Transparenzhinweis: In der ersten Fassung des Artikels hieß es, dass die Kosten bei einer zweimaligen Verlängerung noch höher ausfallen könnten. In der Rahmenvereinbarung ist festgestellt, dass das maximale Auftragsvolumen auch im Falle einer Verlängerung auf 150 000 Euro festgesetzt ist.
Damit ist immerhin ein Aspekt korrigiert. All die anderen Einseitigkeiten und Auslassungen, über die wir vergangene Woche berichtet haben, thematisiert die “Bild”-Redaktion hingegen nicht. Keine Erklärung, was “maximales Auftragsvolumen” genau bedeutet (dass nämlich nur einzelne Einsätze über Stunden- oder Tagessätze bezahlt werden – es sich also nicht um ein Festgehalt handelt -, und dieses “maximale Auftragsvolumen” von 150.000 Euro überhaupt nicht ausgeschöpft werden muss). Keine genauere Beschreibung, wer alles fotografiert werden soll (nämlich nicht nur Bundesumweltministerin Steffi Lemke, sondern auch die Staatssekretäre und die Parlamentarischen Staatssekretäre des Ministeriums). Und kein Wort in der Korrektur dazu, auf wie viele Jahre sich diese maximale Summe von 150.000 Euro verteilt (nämlich auf maximal vier).
Auch in einem Tweet, den die “Bild”-Redaktion heute ungewöhnlicherweise ebenfalls veröffentlicht hat, fehlen diese Details und Differenzierungen. Praktisch: So können sich all die Halbinformierten (die zugegebenermaßen vielleicht auch gar nicht besser und differenzierter informiert sein wollen) in den Kommentaren unter dem Tweet noch einmal über die Politikerinnen und Politiker ohne “jedes Maß an Anstand” aufregen.