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Bild.de ballert die falscheste Dachzeile raus

Schon sprachlich ist die Dachzeile, naja:

Screenshot Bild.de - Annegret Kramp-Karrenbauer ballert das meiste Geld raus - Regierung gibt halbe Milliarde für Berater aus

Inhaltlich ist sie schlicht falsch.

In ihrem Artikel über die Ausgaben der verschiedenen Bundesministerien für externe Berater bezieht sich die Bild.de-Redaktion auf “eine Antwort des Finanzministeriums auf Anfragen des Linken-Abgeordneten Matthias Höhn”. Zu der “halben Milliarde” schreibt sie:

Die eigentlichen Ausgaben könnten noch viel höher liegen, da bisher vier der insgesamt 15 Ressorts nur Zahlen für das erste Halbjahr 2019 meldeten.

Auch das Bundesverteidigungsministerium hat bisher nur die Beraterausgaben der ersten sechs Monate präsentiert. Trotzdem liegt das Ressort von CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer mit 154,9 Millionen Euro an der Spitze.

Das mag stimmen. Aber in den “ersten sechs Monaten” des Jahres 2019 war nicht Annegret Kramp-Karrenbauer Verteidigungsministerin, sondern Ursula von der Leyen. Kramp-Karrenbauer, die das Amt erst am 17. Juli übernahm, konnte im ersten Halbjahr 2019 also gar nichts im Namen des Verteidigungsministeriums “rausballern”. Natürlich ist es möglich, dass “AKK” die Praxis ihrer Vorgängerin beibehalten und ebenfalls viel Geld an Beraterfirmen zahlen lassen hat. Die Antwort des Finanzministeriums, die Bild.de heranzieht, sagt darüber aber rein gar nichts aus.

Es ist ja nicht so, als könnten Redaktionen so etwas nicht vor Veröffentlichung rausfinden. Süddeutsche.de beispielsweise zeigt als Aufmacherfoto eines, auf dem Ursula von der Leyen zu sehen ist.

Mit Dank an @Der_Postillon für den Hinweis!

Nachtrag, 12:26 Uhr: Inzwischen hat auch Bild.de mitbekommen, wer wann Verteidigungsministerin war und was in Auftrag gegeben hat. Die Dachzeile lautet nun: “VERTEIDIGUNGSMINISTERIUM BALLERT AM MEISTEN RAUS”. Am Ende des Artikels steht:

In einer vorherigen Version des Artikels hieß es fälschlicherweise, AKK habe das meiste Geld rausgeballert. Tatsächlich war es nur ihr jetziges Ministerium. Bis Juli 2019 war noch Ursula von der Leyen Verteidigungsministerin, erst dann übernahm AKK.

Falscher Täter, aber mit Foto

Die Tatwaffe jemand anderem unterzuschieben, das versuchte schon die skrupellose Lady Macbeth. Nachdem ihr Gemahl Macbeth König Duncan ermordet hatte, drückte sie die blutigen Dolche den schlafenden Wachen des Königs in die Hände. So wollte sie den Verdacht von Macbeth lenken. Doch der Plan ging nicht auf: Macduff, Macbeths Widersacher, schöpfte Verdacht und brachte Macbeth schließlich zur Strecke.

Auch außerhalb des Shakespeareschen Universums kommen solche Dinge vor, so kürzlich in Starnberg. Der Unterschied zu Shakespeare: Damals gab es noch keine “Bild”-Zeitung, die aus einem irrtümlichen Anfangsverdacht eine Tatsache macht und den vermeintlichen Täter mit Foto anprangert. Auch der Landesdienst Bayern der dpa und die “Abendzeitung” aus München sehen in diesem Fall nicht gut aus.

Am 12. Januar entdeckte die Polizei eine Familie tot in deren Wohnhaus in Starnberg: die beiden Eltern und deren 21-jährigen Sohn. Die Polizei fand den Sohn offenbar mit einer Pistole in der Hand und zog daraus ihre Schlüsse. In einer Pressemitteilung des Polizeipräsidiums Oberbayern Nord vom 13. Januar heißt es:

Nach aktuellem Ermittlungsstand geht die Kripo davon aus, dass der 21-jährige Sohn am Wochenende zunächst seine Eltern (60 bzw. 64 Jahre) und dann sich selbst getötet hat. Vor Ort wurden zwei Faustfeuerwaffen als mutmaßliche Tatwaffen sichergestellt.

Zum Motiv der Tathandlung können derzeit keine Angaben gemacht werden. Die Ermittlungen stehen noch am Anfang.

Während die Kripo sich also noch zurückhält mit endgültigen Urteilen, von “mutmaßlich” und vom “aktuellen Ermittlungsstand” spricht, gibt es bei “Bild” (am 14. Januar) und Bild.de (am 15.) Tatsachen:

Ausriss Bild-Zeitung - Drei tote im feinen Starnberg - Kinder-Psychologin und Ehemann von Sohn erschossen
Screenshot Bild.de - Familiendrama in Starnberg - ... schoss auf Eltern und auf Familienhund Rocco
(Die Unkenntlichmachung des Namens stammt von uns.)

Genauso sicher klingt es bei der “Abendzeitung” und beim bayerischen Landesdienst der dpa:

Screenshot abendzeitung-muenchen.de - Drei Leichen gefunden - Starnberg unter Schock: Sohn tötet seine Eltern
Screenshot Welt.de mit einer Meldung der dpa - Sohn erschießt Eltern und tötete sich selbst mit Kopfschuss

Andere Redaktionen waren vorsichtiger. Süddeutsche.de etwa titelte: “Sohn soll Eltern und sich selbst erschossen haben”. Und auch der Basisdienst der dpa baute ein “soll” in seine Überschrift.

Die “Bild”-Medien hatten das Urteil hingegen schon gefällt. Und sie schreckten auch nicht davor zurück, gleich noch ein Foto des 21-jährigen Sohnes zu veröffentlichen, unverpixelt versteht sich.

Gut eineinhalb Wochen später stellt sich allerdings heraus: Nicht der Sohn hat seine Eltern umgebracht, ein 19-jähriger Freund des Sohnes soll die Familie getötet haben. Der geständige Tatverdächtige legte dem 21-Jährigen offenbar eine Pistole in die Hand, um einen Suizid vorzutäuschen.

Der Pressekodex rät, in der Berichterstattung auch bei Tatverdächtigen die “schutzwürdigen Interessen von Betroffenen” zu berücksichtigen. Bei der Abwägung sei unter anderem der Verfahrensstand einzubeziehen. Dieser war bei den Veröffentlichungen durch “Bild”, Bild.de, dpa-Landesdienst und “Abendzeitung” wenige Tage nach der Tat noch nicht sehr weit fortgeschritten.

Der Fall aus Starnberg ist ein trauriges Beispiel dafür, warum es hochproblematisch ist, dass “Bild” und Bild.de regelmäßig unverpixelte Fotos von Tatverdächtigen veröffentlichen. Hier zeigt sich die Wichtigkeit der Unschuldsvermutung: Auch bei einem Tatverdacht mit scheinbar klaren Indizien kann sich der Tatverdächtige als unschuldig erweisen, so wie nun geschehen. Den neuen Tatverdächtigen zeigen die “Bild”-Medien wieder unverpixelt.

Bei Opfern ist der Presserat sowieso unmissverständlich: “Die Identität von Opfern ist besonders zu schützen.” Auch hier, leider wenig überraschend, halten sich “Bild” und Bild.de nicht an den Pressekodex und veröffentlichen unverpixelte Fotos der Getöteten.

***

Solltest Du Suizid-Gedanken haben, dann gibt es Menschen, die Dir helfen können, aus dieser Krise herauszufinden. Eine erste schnelle und unkomplizierte Hilfe bekommst Du etwa bei der “TelefonSeelsorge”, die Du kostenlos per Mail, Chat oder Telefon (0800 – 111 0 111 und 0800 – 111 0 222 und 116 123) erreichen kannst.

Vorsicht! Denn fast so schlimm wie ein Virus ist das Angstmachen davor

Das hier soll keine Satire sein, sondern ein ernst gemeinter “Zwischenruf” von “Bild”-Redakteur Ralf Klostermann:

Screenshot Bild.de - Zwischenruf zum Coronavirus - Vorsicht ja, aber keine Panik!

Dass Viren Schrecken verbreiten, ist verständlich, denn sie können töten. Aber, Vorsicht! Denn fast so schlimm wie ein Virus ist die Angst davor.

Die Bezeichnung “Zwischenruf” ist in diesem Fall sehr passend. Denn Klostermann ruft seine Warnung zwischen all die angstverbreitenden und panikmachenden Artikel der “Bild”-Medien zum Coronavirus:

Screenshot Bild.de - Schon vier Fälle in Deutschland - Coronavirus kam direkt aus der Seuchen-Zone - Alle Betroffenen arbeiten bei Autofirma Webasto - Unternehmen macht bis Sonntag dicht
Screenshot Bild.de - Virus-Angst in Deutschland! Apotheken gehen die Schutzmasken aus
Screenshot Bild.de - Erster Corona-Fall - Ist es gefährlich, Pakete aus China anzunehmen?
Screenshot Bild.de - Zwei Fälle in Frankreich bestätigt - Coronavirus erreicht Europa
Ausriss Bild-Titelseite - Bundeswehr rettet Deutsche aus der Seuchen-Zone - Sondermaschine startet nach China - Schon vier Corona-Fälle in Deutschland - Botschaft organisiert Krisentreffen - Ansturm auf Schutzmasken - Was Sie jetzt wissen müssen
Screenshot Bild.de - Mysteriöse Lungenkrankheit breitet sich weltweit aus - So wappnet sich Deutschland gegen das China-Virus
Screenshot Bild.de - 26 Menschen tot - Wie gefährlich wird das Virus für China-Präsident Xi?
Ausriss Bild-Zeitung - Doppelseite mit verschiedenen Artikeln zum Coronavirus
Screenshot Bild.de - 56 Todesfälle und fast 2000 Kranke in China - Coronavirus legt Tourismus lahm
Screenshot Bild.de - Corona-Virus - Deutsche sitzen in China fest - Je länger ich bleibe, desto größer die Gefahr
Screenshot Bild.de - Infektionsgefahr an der Börse - Aktien rutschen wegen Corona-Virus heftig ab
Screenshot Bild.de - Corona-Virus breitet sich weiter aus - Diese fünf Fragen müssen Wissenschaftler jetzt klären
Screenshot Bild.de - Bayer (33) mit Virus infiziert - Er steckte sich bei Kollegin aus China an - Behörden überprüfen eine Kita - Corona-Patient war gestern noch arbeiten
Screenshot Bild.de - Flieger soll heute Richtung Wuhan abheben - Bundeswehr holt morgen Deutsche aus Virus-Gebiet
Screenshot Bild.de - Mann (33) aus Bayern infiziert - 40 Menschen hatten engeren Kontakt - Bundeswehr holt Deutsche aus China - So kam das Coronavirus nach Deutschland
Screenshot Bild.de - Augenzeuge über die Lage im chinesischen Virus-Gebiet - Wer nicht in Lebensgefahr ist, wird nicht behandelt
Screenshot Bild.de - Experte erklärt, wie sowas gehen kann - Schlangen sollen das Coronavirus auf uns übertragen haben
Screenshot Bild.de - Fieber, Husten, Schnupfe - Ab wann muss ich mir Sorgen machen? - Vier Personen erkrankt - So werden die Corona-Infizierten behandelt
Screenshot Bild.de - Coronavirus - Drei weitere Infizierte in Bayern - Alle Betroffenen arbeiten bei der Autofirma Webasto - Unternehmen macht bis Sonntag dicht
Screenshot Bild.de - Coronavirus - Rettung der 90 Deutschen aus Seuchen-Gebiet wieder verschoben - weil das Gesundheitsministerium erst prüfen will, was mit den Betroffenen passieren soll
Screenshot Bild.de - Deutsches Ehepaar im Seuchen-Gebiet Wuhan - Wir kommen wohl nur weg, wenn wir gesund sind - Erst am Samstag soll es den Rückflug geben
Screenshot Bild.de - Coronavirus - Lufthansa will alle Flüge nach China streichen - Bundeswehr will Deutsche aus Wuhan holen - Wer aus der Virus-Region kommt, muss sofort in Quarantäne

Es gab auch schon mehrere “Bild live”-Spezialsondersendungen zum Thema:

Screenshot Bild.de - Coronavirus - Schon vier Fälle in Deutschland - live Spezial

Und “ANGST-EXPERTE” Borwin Bandelow antwortete auf die Frage:

Screenshot Bild.de - Angst-Experte über neuen Virus - Warum haben wir mehr Angst vor Corona als vor der Grippe?

Wird die Angst durch Häufigkeit der Berichte erhöht?

Bandelow: “Das denke ich nicht. Es ist die Aufgabe der Medien, uns zu informieren. Und wenn wie hier über den neuen Corona-Virus nicht berichtet würde, wäre die Angst vielleicht noch größer durch den Eindruck, dass eine Gefahr vielleicht bewusst verschwiegen wird. (…)”

Na, dann sollten “Bild” und Bild.de unbedingt so atemlos weitermachen.

Kurz korrigiert (535)

Nachdem es am Samstag eine Demonstration gegen das Verbot der Internetplattform “linksunten.indymedia” gab, berichtete auch Bild.de und nannte dabei eine etwas überraschende Demoroute:

Am späten Nachmittag hatten sich mehr als 1300 Demonstranten vor dem Bundesverfassungsgericht eingefunden, um in Richtung des Leipziger linken Szeneviertels Connewitz zu ziehen.

Vom Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe sind es bis nach Leipzig-Connewitz rund 435 Kilometer. Vermutlich meinte die Bild.de-Redaktion nicht das Bundesverfassungsgericht, sondern das Bundesverwaltungsgericht — vier fünf von sieben Silben waren immerhin richtig. Das Bundesverwaltungsgericht befindet sich in Leipzig. Und dort geht es seit heute auch um das Verbot von “linksunten.indymedia”.

Korrektur, 12:52 Uhr: Wir müssen uns auch noch mal kurz korrigieren: Beim Zählen der richtigen Silben haben wir das “ver” vergessen — fünf und nicht vier vor sieben Silben waren bei Bild.de richtig.

Mit Dank an Stefan S. für den Hinweis!

Nachtrag, 15:45 Uhr: Inzwischen ist auch bei Bild.de vom “Bundesverwaltungsgericht” die Rede. Einen Hinweis auf die nachträgliche Korrektur gibt es nicht.

Kim Jong-uns Tante und Wikipedia-Absätze tauchen wieder auf

Es ist nicht nur so, dass Kim Kyŏng-hŭi, die Tante des nordkoreanischen Diktators Kim Jong-un, wieder aufgetaucht sein soll:

Screenshot Bild.de - Sie wurde für tot gehalten - Tante von Diktator Kim taucht nach sechs Jahren wieder auf

Auch Passagen aus dem Wikipedia-Artikel über Kim Kyŏng-hŭi sind wieder aufgetaucht — bei Bild.de. Dort schreibt ein anonymer Autor heute über das Leben der Politikerin, die nun wieder lebendig bei einer Veranstaltung gesessen haben soll, obwohl verschiedene Medien, darunter Bild.de, schon vor Jahren meldeten: “DIKTATOREN-TANTE TOT”. Für ihren aktuellen Text hat sich die Bild.de-Redaktion ganz offensichtlich, aber ohne Quellennennung, bei Wikipedia bedient:

Bild.de Wikipedia
Kims Tante begann ihre politische Karriere 1971 im Demokratischen Frauenverband Nordkoreas. Sie ist Abgeordnete der Obersten Volksversammlung und seit 1987 Leiterin der Abteilung für Leichtindustrie beim Zentralkomitee der Partei der Arbeit Koreas (PdAK). Mitglied des ZK ist sie seit 1988. 1972 heiratete sie Jang Song-thaek, der – wie sie – General war und vom 7. Juni 2010 bis zum Dezember 2013 als stellvertretender Vorsitzender der Nationalen Verteidigungskommission fungierte.

Ihre einzige Tochter Jang Kum-song (1977–2006) studierte in Paris, wo sie sich das Leben nahm.
Kim Kyŏng-hŭi begann ihre politische Karriere 1971 im Demokratischen Frauenverband Nordkoreas. 1976 wurde sie stellvertretende Vorsitzende des Ausschusses für internationale Kontakte beim ZK der PdAK. Sie ist Abgeordnete der Obersten Volksversammlung und seit 1987 Leiterin der Abteilung für Leichtindustrie beim Zentralkomitee der Partei der Arbeit Koreas (PdAK). Mitglied des ZK ist sie seit 1988.

1972 heiratete sie Jang Song-thaek, der wie sie General war und vom 7. Juni 2010 bis zum Dezember 2013 als stellvertretender Vorsitzender der Nationalen Verteidigungskommission fungierte.
Daneben war er Leiter der Verwaltungsabteilung der PdAK. Ihre einzige Tochter Jang Kum-song (1977–2006) studierte in Paris, wo sie sich das Leben nahm.

(Hervorhebungen durch uns.)

Was würde “Bild”-Chef Julian Reichelt dazu noch mal sagen, wenn man so frech klaut?

Screenshot eines Tweets von Julian Reichelt - So sieht es aus, wenn Focuso nline und der digitale Hühnerdieb Daniel Steil

Dazu auch:

Organisierte Kriminalität, bitte hier entlang!

Nach BILD-Informationen sollen die libanesischen Clans mit Hilfe von tschetschenischen Gruppen mehrfach versucht haben, Capital Bra aufzulauern und zu finden.

schrieb Bild.de im vergangenen November. Es gehe “um Millionen”, “die Polizei sieht eine konkrete Gefahr für den Rapper.” Die Überschrift des Artikels damals:

POLIZEI: RAPPER IN LEBENSGEFAHR
Kriminelle Clans bedrohen Capital Bra

Die “libanesischen Clans” und die “tschetschenischen Gruppen” hätten den erfolgreichen Musiker allerdings nicht finden können, schreibt Bild.de noch.

Das könnte sich jetzt ändern — dafür haben die “Bild”-Medien gesorgt:

Screenshot Bild.de - Rap-Star Capital Bra ist umgezogen - Versteckt er sich hier etwa vor den Clans?

Online und in der entsprechenden Regionalausgabe der gedruckten “Bild” verrät die Redaktion Capital Bras neuen Wohnsitz. Bild.de teasert:

Das ist mal ein “capitaler” Neuzugang!

Derzeit gibt ER in der deutschen Musikszene den Ton an wie kein Zweiter: Was Capital Bra (25) rappt, geht in den Charts auf Platz 1, seine Konzerte sind ausverkauft.

Wie BILD erfuhr, ist der Rap-Star umgezogen (…). Erfahren Sie mit BILDplus, wo und wie Capital Bra jetzt wohnt — und was die Gründe für sein Umzug sein könnten!

Die “Bild”-Medien nennen nicht nur das Bundesland und die Stadt; sie schreiben auch, welches Bundesamt direkt um die Ecke des Hauses liegt, in dem Capital Bra nun wohnen soll. Und damit man das dann auch wirklich findet, veröffentlichen sie noch ein Foto davon. Außerdem nennen sie den bürgerlichen Namen des Rappers, und Bild.de zeigt eine Aufnahme des Klingelschildes, auf dem der Nachname zu sehen ist.

Sollte sich Capital Bra dort tatsächlich “vor den Clans” verstecken, kann er sich dank “Bild” und Bild.de ein neues Versteck suchen.

Dazu auch:

Mit Dank an Olli D. für den Hinweis!

Zitat-Erfindungen sind das Rückgrat von “Bild”-Überschriften

Wer etwas verkaufen will, braucht ein Verkaufsargument. Sowas hier zum Beispiel:

Screenshot Bild.de - Unionsfraktionschef Brinkhaus im Interview - Nackensteak-Esser sind das Rückgrat unserer Gesellschaft

Da will man doch unbedingt möglicherweise eigentlich gar nicht wissen, wie Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus auf diese bemerkenswerte Aussage kommt. Doch dafür muss man ein “Bild plus”-Abo abschließen.

Wer sich eins besorgt, sieht dann recht schnell: Den Satz “Nackensteak-Esser sind das Rückgrat unserer Gesellschaft” hat Brinkhaus nie gesagt, zumindest nicht in dieser Form. Und die Idee, über “Nackensteak-Esser” zu sprechen, kam auch nicht von ihm: “Bild am Sonntag”-Chefreporterin Miriam Hollstein und “Bild”-Parlamentsbüroleiter Ralf Schuler haben das Nackensteak, mit Bezug auf den CDU-Politiker Ole von Beust, ins Spiel gebracht. Sie fragen:

Hamburgs früherer CDU-Bürgermeister Ole von Beust sagt: “Die CDU gilt immer noch als die Partei des Verbrennungsmotors, des Schweinenackensteaks und des Arbeitens bis zum Umfallen.” Er meinte das nicht als Kompliment. Was halten Sie davon?

Worauf Brinkhaus antwortet:

“Ich schäme mich nicht dafür, dass ich die Leute vertrete, die mit einem Verbrennungs­motor unterwegs sind, ­Nackensteak essen und fleißig sind. Diese Leute sind das Rückgrat unserer Gesellschaft. Und mit ihnen zusammen und nicht gegen sie möchten wir als Union in die Zukunft gehen.”

(Man hätte sich natürlich schon denken können, dass die sprachlich ziemlich ungelenke Konstruktion “Nackensteak-Esser” von jener Redaktion stammt, die auch “Dumm-Aussage” und “Clever-Foul” schreibt.)

Nach demselben Prinzip hätten die “Bild”-Medien aus Brinkhaus’ Aussage auch das — ebenso nicht gefallene — Zitat “Fleißige Menschen sind das Rückgrat unserer Gesellschaft” für ihre Überschrift basteln können. Aber damit kann man vermutlich nicht so schön Abos verkaufen.

Bei Twitter reichte “BamS”-Reporterin Miriam Hollstein noch Brinkhaus’ “ganzen Satz” nach:

Dass eine Überschrift einen “#Servicetweet” benötigt, ist in der Regel kein gutes Zeichen. Auf derartige Kritik entgegnet Hollstein allerdings souverän, dass das “gequirlter Unsinn” sei:

Sowieso: Wie kommt man eigentlich auf die irre Idee, dass ein als wörtliches Zitat gekennzeichnetes wörtliches Zitat wirklich ein wörtliches Zitat ist?

Man solle erstmal “mehr als nur die Überschrift” lesen, bevor man seine Meinung zur Überschrift “rausblökt”, so Hollstein:

Was ein etwas drolliges Argument ist bei einem Artikel, für den man erstmal ein Abo abschließen muss, um erfahren zu können, dass die “Bild”-Medien sich für eine verkaufsträchtige Schlagzeile ein Zitat ausgedacht haben.

“ISIS-Gefährder” ist man, wenn “Bild” das sagt

Vergangene Woche Dienstag entschied das Bundesverwaltungsgericht, dass Ahmet K. nicht abgeschoben werden darf, jedenfalls nicht nach Paragraph 58a des Aufenthaltsgesetzes. Das niedersächsische Innenministerium ordnete im April 2019 per Verfügung die Abschiebung des Mannes in die Türkei an, da dieser von den Behörden als islamistischer Gefährder eingestuft wurde. Für einen solchen Fall bietet der Paragraph eine Art Abschiebeschnellweg. K. ging dagegen juristisch vor und bekam Recht. In einer Pressemitteilung schreibt das Gericht:

Auch unter Berücksichtigung der von der Behörde nach Ergehen des Eilbeschlusses und der daraufhin erfolgten Entlassung aus der Abschiebungshaft vorgelegten Erkenntnisse hält der Senat für den maßgeblichen Zeitpunkt der heutigen mündlichen Verhandlung die Verfügung für rechtswidrig. Eine Gefahr i.S.d. § 58a AufenthG kann auch dann vorliegen, wenn der Ausländer zwar nicht selbst — gar vollständig oder nachhaltig — ideologisch radikalisiert ist, er sich jedoch von Dritten im Wissen um deren ideologische Zwecke für entsprechende Gewalthandlungen “einspannen” lässt. Auch nach diesem konkretisierten Maßstab gelangt der Senat in der Gesamtschau bei umfassender Würdigung des Verhaltens des Klägers, seiner Persönlichkeit, seiner nach außen erkennbaren oder geäußerten inneren Einstellung und seiner Verbindungen zu anderen Personen und Gruppierungen zu der Bewertung, dass die festgestellten Tatsachen im Ergebnis nicht die Bewertung tragen, dass aktuell von dem Kläger mit der gebotenen Wahrscheinlichkeit eine nach § 58a AufenthG erforderliche besondere Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder terroristische Gefahr ausgeht.

Damit bestätigte das Gericht einen Beschluss vom 25. Juni 2019. Damals hatte das Bundesverwaltungsgericht “Zweifel an der der Gefahrenprognose des Beklagten zugrunde gelegten Hinwendung des Klägers zum radikal-extremistischen Islamismus.” Oder anders gesagt: Ahmet K. ist kein Gefährder, den man nach Paragraph 58a des Aufenthaltsgesetzes abschieben kann.

Das Bundeskriminalamt (BKA) glaubt auch nicht, dass K. Islamist ist. Die Behörde hat eine Risikoanalyse zu dem 29-Jährigen angefertigt. Das als Verschlusssache eingestufte Papier liegt dem NDR-Duo Angelika Henkel und Stefan Schölermann, das sich schon lange und ausführlich mit dem Fall beschäftigt, vor. Henkel und Schölermann schreiben dazu:

Das Bundeskriminalamt geht — wie das Bundesverwaltungsgericht — von keiner islamistischen Haltung des 29-Jährigen aus. Damit widerspricht es der Einschätzung der Göttinger Polizei. Die Kontakte zu Islamisten in der Stadt beruhten demnach nicht auf politischer Überzeugung. So schreiben es vier Beamte, die [K.] aufgrund der vom niedersächsischen Innenministerium zusammengetragenen Informationen in dem Papier bewertet haben. (…)

Hinweise auf eine eigene Radikalisierung sehen die Beamten nicht: Trotz zahlreicher polizeilicher Maßnahmen sei kein dezidiertes Feindbild vorhanden, ein Hass auf die westliche Gesellschaft sei ebenso wenig erkennbar wie eine Verbindung zur Terrormiliz “Islamischer Staat” (IS).

Und jetzt zu den “Bild”-Medien.

Wie bezeichnen “Bild” und Bild.de einen Mann, von dem laut Gericht nicht die “erforderliche besondere Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder terroristische Gefahr ausgeht” und von dem das BKA sagt, es gebe keine Verbindung zum sogenannten “Islamischen Staat”?

Ausriss Bild-Titelseite - Obwohl der Innenminister ihn für eine Bedrohung hält - Gericht verbietet Abschiebung von ISIS-Gefährder!
Ausriss Bild-Zeitung - Irres Urteil! ISIS-Gefährder zu ungefährlich für Abschiebung
Ausriss Bild-Zeitung - Rocker warfen ISIS-Gefährder raus - Weil er ihnen zu brutal war - aber abgeschoben wird Ahmet K. nicht
Ausriss Bild-Zeitung - Gericht verhinderte seine Abschiebung - Hier führt der ISIS-Gefährder seinen Hund spazieren
(Alle Unkenntlichmachungen in diesem Beitrag durch uns.)

Das ist gleich dreifach problematisch: Da wird ein Mann auf der Titelseite, im Blatt und online wiederholt als “ISIS-Gefährder” dargestellt, bei dem laut Bundesverwaltungsgericht und Bundeskriminalamt weder der Teil vor dem Bindestrich noch der danach stimmen soll. Außerdem schreibt die “Bild”-Redaktion damit ein weiteres (falsches) Kapitel in ihrer langen Erzählung von der deutschen Kuscheljustiz, die jetzt sogar schon in “irren Urteilen” Abschiebungen von “ISIS-Gefährdern” “verbietet” (wobei das Urteil ja gerade nicht gefällt wurde, obwohl K. “ISIS-Gefährder” ist, sondern weil er nicht “ISIS-Gefährder” zu sein scheint). Und drittens: Der “Bild”-Leserschaft wird einmal mehr vermittelt, dass in Deutschland scheinbar überhaupt nichts klappt in Sachen Abschiebung und dass ein vermeintlicher Gefährder nun einfach so durchs Land spazieren kann. Die AfD und sehr rechte Facebook-Gruppen haben dieses gefundene Fressen längst verbreitet:



Dabei ist das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, das im Fall von Ahmet K. so entschieden hat, “obwohl der Innenminister ihn für eine Bedrohung hält”, vor allem eines: ein Zeichen, dass Rechtsstaat und Gewaltenteilung funktionieren.

Für ein paar Klicks einen kranken Menschen vorführen

Im Internet kursiert derzeit ein Video, das eine Frau zeigt, die sich am Flughafen von Miami auszieht und nackt durch das Gebäude läuft. Dabei singt die Frau.

Die Bild.de-Redaktion veröffentlicht diese Aufnahmen — wohl wissend, dass die Person, die dort zu sehen ist, “verwirrt” ist:

Screenshot Bild.de - Verwirrte Frau zieht am Flughafen Miami blank - Striptease am Gepäckband
(Alle Unkenntlichmachungen in diesem Beitrag durch uns.)

Auch im Video schreibt Bild.de, dass die Frau verwirrt sei und “unter Wahnvorstellungen” leide:

Screenshot aus dem Video bei Bild.de - Die Frau sei verwirrt und leider unter Wahnvorstellungen

Rücksicht nimmt die Redaktion darauf nicht. Aber was ist auch schon sowas wie Menschenwürde im Vergleich zu ein paar geilen Klicks?

Mit Dank an Hauke G. für den Hinweis!

“Bild live”: “Das wissen wir noch nicht”, aber eine Sondersendung kann man ja schon mal bringen

Am vergangenen Donnerstag war großer Messer-Tag bei den “Bild”-Medien. Die “Bild”-Zeitung verkündete auf ihrer Titelseite, dass die “Messer-Gewalt” “immer schlimmer” werde:

Ausriss Bild-Titelseite - großes Titelthema: Messer-Gewalt immer schlimmer! Neue, erschreckende Zahlen - Innenminister warnt - Polizisten schlagen Alarm - Opfer sprechen in Bild - Heute große Sondersendung bei Bild.de

Und bei Bild.de lief am Morgen die auf der Titelseite angekündigte “große Sondersendung”.

Ein paar Stunden später, am frühen Nachmittag, gab es noch eine “Bild live”-Sendung. Denn es gab einen “NEUEN MESSERANGRIFF”:

Screenshot der Bild-live-Sendung - Bild live zur Messerattacke in Rottweil - Breaking News - Neuer Messerangriff - Motiv noch unklar

Im baden-württembergischen Rottweil hatte ein Mann eine Mitarbeiterin des örtlichen Jobcenters mit einem Messer attackiert und schwer verletzt. Die Frau musste per Hubschrauber ins Krankenhaus gebracht werden. Die Polizei konnte noch vor Ort einen Tatverdächtigen festnehmen. Und “Bild” berichtete mit einer Messer-Sondersendung.

Diese Sendung dürfte ein weiterer Testballon der Redaktion und ein Vorgeschmack darauf gewesen sein, wie das von Chefredakteur Julian Reichelt und dem Axel-Springer-Verlag geplante “Bild TV” aussehen könnte. Wenn das “Bild”-Team mehrere Stunden am Tag durchgängig senden möchte, muss es auch kurzfristig Sendungen zu aktuellen Themen auf die Beine stellen können. Durch die gut 16-minütige “Bild live”-Sendung vom Donnerstag konnte man einmal mehr erahnen, wie schrecklich das alles werden dürfte.

Das größte Problem war, dass es diese Sendung überhaupt gab; dass ein singuläres Ereignis, das eher von lokalem Interesse ist, durch “Bild” zu einer “BREAKING NEWS” von angeblich deutschlandweiter Relevanz aufgeblasen wurde. So schlimm der Angriff im Jobcenter in Rottweil war, bleibt es ein Vorfall von begrenzter Bedeutung. Die “Bild”-Redaktion aber schnappt ihn sich und schaltet zwei, drei Alarmgänge hoch: Hier, schaut her! Schon wieder ein Messerangriff! Überall Messergewalt! Und wie ist es beim nächsten Vorfall und beim übernächsten — berichtet “Bild live” dann wieder? Vermutlich nicht. Nicht einmal die “Bild”-Redaktion schafft es, aus jedem Messerangriff in Deutschland eine angstverbreitende TV-Sendung zu machen.

Ein möglicher Grund, warum gerade der Angriff in Rottweil zu einer “Bild live”-Sendung führte: Ein Plan von Julian Reichelt soll sein, plattformübergreifende Themenschwerpunkte zu setzen, mit denen er dank “Bild”-Zeitung, Bild.de und eben “Bild TV” bis zu 40 Millionen Menschen erreichen will. Wenn man zufällig sowieso schon eine Titelseite zur “Messer-Gewalt” an den Kiosken liegen hat, und dann ein aktueller Fall reinkommt, kann man doch wunderbar mit einer Messer-Sondersendung testen, wie das klappen könnte. Auch Moderatorin Juliane Bauermeister sagte gleich zu Beginn der Sendung:

Ein Mann greift eine Frau mit dem Messer an und verletzt sie schwer. Ja, dieser furchtbare Angriff passierte heute Vormittag. Das Opfer: eine Mitarbeiterin des Jobcenters in Rottweil in Baden-Württemberg. Ja, und wir haben ja erst heute morgen in unserer 8-Uhr-Sendung über den Anstieg von Messerangriffen in Deutschland berichtet. Nun also dieser neueste tragische Fall.

Durch diese Aktualitätshechelei begibt sich die “Bild”-Redaktion in einen selbst auferlegten Breaking-News-Modus, der dazu verpflichtet, irgendetwas zu erzählen und irgendetwas zu zeigen, auch wenn kaum bis gar nichts zu erzählen und zu zeigen ist. Das führt etwa dazu, dass Moderatorin Bauermeister dann einen Tweet wie diesen der Polizei Konstanz vorliest:

Screenshot von Bild live, wo ein Tweet der Polizei Konstanz eingeblendet wird - Am Tatort im Jobcenter hat unsere Kriminalpolizei die Ermittlungen übernommen. Ein Hintergrund der Tat ist bisher noch nicht bekannt.

Bauermeister: “Da müssen wir also abwarten, was jetzt die Ermittlungen dazu bringen.” Diesen Tweet, der eigentlich nur sagt, dass es noch nichts zu sagen gibt, liest sie später in der Sendung noch ein zweites Mal vor. Viel weniger kann man nicht zu berichten haben.

Und auch “Bild”-Redakteur Frank Klauss, der mit der Moderatorin im Studio steht, kann nicht viel mehr beitragen als: Mann, Messer, Jobcenter, Mitarbeiterin, Hubschrauber, Krankenhaus, Polizei, Festnahme. Ansonsten sagt er Dinge wie:

Ob sie in Lebensgefahr schwebt, ist derzeit noch nicht bekannt. Wir warten da auch noch auf weitere Nachrichten von Seiten der Polizei.

Und: Angriffe in Jobcentern kämen immer wieder vor …

so dass viele Jobcenter auch mittlerweile einen Sicherheitsdienst haben und auch ihre Mitarbeiter schulen. Ob das hier in Rottweil der Fall war, das wissen wir noch nicht. Aber das ist sicherlich auch eine interessante Frage, der wir noch nachgehen werden.

Dazu noch ein paar Allgemeinplätze: Die Polizei sei jetzt damit beschäftigt, Spuren zu sichern und mit Zeugen zu sprechen. Außerdem werde der Tatverdächtige nun vernommen. Schau an. Zum möglichen Motiv des Mannes sagt Klauss:

Über das Motiv können wir bislang erst noch spekulieren.

… und spekuliert dann über einen möglichen Streit um Leistungskürzungen.

Noch trauriger ist nur die Schalte zu “Bild”-Reporter Frank Schneider, der aus irgendeinem Grund vor einer Burger-King-Filiale steht, aber nicht in Rottweil. Schneider erzählt von der Statistik aus Nordrhein-Westfalen, die die Grundlage für die “Bild”-Titelseite mit der “immer schlimmeren” “Messer-Gewalt” ist:

Naja, die wichtigste Nachricht ist natürlich: Die Attacken nehmen deutlich zu. Es gibt ja wenige Zahlen in der Vergleichbarkeit, weil natürlich viele Bundesländer sie noch nicht erheben. Aber wir haben zum Beispiel in Nordrhein-Westfalen seit einem Jahr diese Erhebung. Und man sieht ja schon: Vom ersten zum zweiten Halbjahr nimmt die Zahl der Attacken deutlich zu.

Das ist deswegen bemerkenswert, weil nur kurz darauf von der “Bild”-Redaktion ein morgens aufgezeichnetes Interview mit Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul eingespielt wird, der gewissermaßen Herausgeber der Statistik ist, zu der “Bild”-Reporter Schneider behauptet, dass das alles “deutlich” steige. Reul sagt:

Man muss da behutsam sein, weil wir es das erste Mal machen, aber auch die einzigen sind in Deutschland, die das gemacht haben. Aber die Zahlen sind erschreckend. Wir können jetzt nicht sagen, ob sie wirklich gestiegen sind. Aber mein Gefühl ist, das nimmt zu, da tut sich was, da müssen wir achtsam sein. Das muss man vor allen Dingen ernst nehmen. Und das ist auch nicht einfach mit billigen Parolen zu lösen, sondern da muss man ganz genau hinschauen: Warum passiert das? Und welche Möglichkeiten haben wir als Polizei oder als Staat oder als Gesellschaft?

Aber zurück zu “Bild”-Mann Schneider, der noch mal sagen will, auf wen die Gesellschaft da besonders schauen muss: die Ausländer:

Es sind hauptsächlich männliche Tatverdächtige, es sind junge Männer. Es sind nicht nur Jugendliche, es sind auch viele Erwachsene, aber junge Männer, dabei. Es sind relativ viele Nicht-Deutsche dabei. Von den Deutschen haben viele auch noch Migrationshintergrund. Es ist offenbar auch ein kulturelles Problem. Der Psychologe hat es heute morgen ja auch noch mal erklärt: Das ist so ein Männlichkeitssymbol. Und das kommt eben diesem archaischen und patriarchalischen Männerbild von vielen Zuwanderern nahe. Man hat das Messer dabei, um seine Ehre, seine Männlichkeit zu verteidigen. Und das ist sicherlich die Aussagekraft dieser Statistik bisher.

Auch zu dieser billigen Parole zu diesem Aspekt gibt es eine Aussage von NRW-Innenminister Reul. Auf die Frage, wie “das Täterprofil von solchen Menschen” aussehe, sagt er im Interview:

Sie haben es richtig beschrieben: Vorrangig Männer. Vorrangig Männer und vorrangig Deutsche. Und das heißt zum Beispiel, dass die einfache Erklärung ‘Das sind nur diejenigen, die aus dem Ausland kommen’ falsch ist und nicht reicht. Aber auch da gibt es 40 Prozent. Und deswegen sind beide Sachverhalte ernst zu nehmen.

Inzwischen steht fest, dass der 58-jährige Tatverdächtige in Rottweil Deutscher ohne Migrationshintergrund ist.

Am Ende der “Bild live”-Sondersendung sagt Moderatorin Juliane Bauermeister:

So viel zu dem, was wir wissen über den heutigen Messerangriff.

Und:

Wir halten Sie natürlich weiterhin auf dem Laufenden.

Das kann man durchaus als Drohung verstehen.

Mit Dank an @panajotaki für den Hinweis!

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