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Bin Laden zu Tode geshopt

hihi, BILD macht einen auf BILDBlog RT @Doener: Wirbel um falsches Bin-Laden-Foto: http://bit.ly/m7gSYc

So lautet ein Tweet, der bei Twitter aktuell die Runde macht.

Gemeint ist ein Artikel auf Bild.de, der nach mehreren Änderungen so aussieht:

Al-Qaida-Chef tot Der Beweis: Osama-Foto ist eine Fälschung Osama bin Laden Wirbel um falsches Foto Das Foto zeigt deutlich: Hier wurde retuschiert

Damit liegt Bild.de, wo das gefälschte Foto genauso wie auf n24.de, ntv.de, sueddeutsche.de und web.de zwischenzeitlich zu finden war, richtig und inzwischen berichten auch “Spiegel Online”, sueddeutsche.de oder tagesschau.de über das falsche Foto. Wer einen starken Magen hat, kann sich die einzelnen Komponenten der Montage, die schon seit Jahren durch das Netz geistert, etwa hier ansehen: Un fake la foto di bin Laden morto

Auf abendblatt.de findet man das vermeintliche Bild des toten Terroristenführers trotzdem noch — nebst moralischer Rechtfertigung für die Veröffentlichung dieses “mutmaßlich historischen Dokuments”:

Der tote Osama bin Laden auf einem Fernsehbild. Das Hamburger Abendblatt und abendblatt.de zeigen normalerweise keine Bilder von Toten. Die Redaktion hat sich jedoch entschlossen, dieses mutmaßlich historische Dokument zu veröffentlichen. Ähnliches hatte zum Beispiel für den hingerichteten Diktator Saddam Hussein gegolten.

Wie schwer sich Bild.de dann doch tut, selbst einmal Medienkritik zu üben, erkennt man nicht nur an der Steffen-Seibert-Gedächtnis-Überschrift, unter der der Artikel ursprünglich erschienen ist:

Obama-Foto ist eine Fälschung

Ebenfalls in der Ursprungsversion stand folgende inzwischen unauffällig entfernte Passage:

Doch, was zu diesem Zeitpunkt niemand ahnte: Das Foto ist eine Fälschung!

Schon 2008 trat der damalige US-Präsident George W. Bush mit dieser Foto-Montage vor die Presse, verkündete die Nachricht: Bin Laden ist tot!

Etwas derartiges hat Bush nie verkündet. Hier ist Bild.de höchstwahrscheinlich selbst auf eine weitere Fotomontage hereingefallen, die die amerikanische Online-Satirezeitung “Unconfirmed Sources” für den Fakenews-Artikel “Bush Confirms Death of Osama bin Laden” angefertigt hatte:

Bush Confirms Death of Osama Bin Laden

Aus diesem meist nur im Cache lesbaren Artikel dürfte auch die oben genannte Fotomontage der Leiche bin Ladens, die heute morgen noch so fleißig verwendet wurde, stammen. Der Name der Fotodatei, 20060923-torturedosama, weist darauf hin, dass das gefälschte Bild und die Falschmeldung über den angeblichen Presseauftritt von George W. Bush schon seit dem 23. September 2006 im Umlauf sind.

Das mit dem BILDbloggen sollte Bild.de noch üben.

Mit Dank an die Hinweisgeber.

Fast-Zusammenstoß mit der Realität

Ob Flugzeug oder Hubschrauber — wann immer in luftiger Höhe etwas schief geht, haben “Bild” und Bild.de eine passende Schlagzeile parat. Besonders, wenn ein Prominenter eine Rolle spielt. Und so bedachte Bild.de am Mittwoch einen Zwischenfall, bei dem ein Flugzeug mit Michelle Obama an Bord zu einem Ausweichmanöver veranlasst worden war, gleich mit zwei Schlagzeilen:

Zuerst, um 7.18 Uhr:

Beinahe-Zusammenstoß mit Militärtransporter! Michelle Obama entkommt Flugzeug-Katastrophe Schon wieder ein Fluglotsenfehler?

Dann noch einmal um 13.57 Uhr:

‘Michelle

Und tatsächlich hat die US-Flugaufsicht FAA einen Vorfall bestätigt, bei dem die Flugzeuge allerdings “zu keinem Zeitpunkt” in Gefahr gewesen seien. Immerhin war Michelle Obama wirklich an Bord — was ja sonst nicht zwingend erforderlich ist, um Beinahe-Katastrophen “knapp” zu entgehen.

Doch was war jetzt eigentlich los?

Sehr spät aber noch rechtzeitig bemerkten die Piloten, dass ein Militärtransporter (Typ C-17) der landenden Obama-Maschine in die Quere kommen könnte. Der Transporter wollte starten, es war jedoch nicht klar, ob er dies rechtzeitig schaffen würde. Zeitweise waren die beiden Maschinen nur 4,5 Kilometer voneinander entfernt! Vorgeschrieben sind aber mindestens 8 Kilometer, um gefährliche Turbulenzen zu vermeiden.

Wie ein am Boden stehendes Flugzeug Turbulenzen verursachen soll, die eine kilometerweit entfernte Boeing 737 in Schwierigkeiten bringen, erscheint rätselhaft. Die Auflösung ist jedoch einfach: offenbar hat Bild.de Start- und Landebahn verwechselt. Nach dem Bericht der “Washington Post”, auf die sich Bild.de bezieht, wollte der Militärtransporter nicht etwa starten, sondern setzte kurz vor der Regierungs-Maschine zur Landung an.

Die Flugzeuge drohten zu keinem Zeitpunkt in der Luft zu kollidieren. Sehr wohl bestand aber die Möglichkeit, dass die Boeing 737 in Turbulenzen geraten könnte, die von dem voranfliegenden Militärflugzeug verursacht worden waren. Damit auch die Landebahn sicher geräumt war, musste die Maschine mit Michelle Obama an Bord lediglich eine Warteschleife drehen.

Grund für die Verwechslung ist wahrscheinlich eine Meldung der Nachrichtenagentur AFP, die bereits um 2.11 Uhr gemeldet hatte:

Beim Landeanflug bemerkten die Fluglotsen in Andrews den Berichten zufolge, dass die Boeing einem Militärtransporter in die Quere kommen könnte, der im Begriff war zu starten. Sie fürchteten, die Militärmaschine würde nicht rechtzeitig abheben, und wiesen die Präsidentenmaschine an, eine Extrarunde zu drehen. Der Tower am Armeestützpunkt wies die Verantwortung für den Fehler einem zivilen Fluglotsen in der Region Washington zu.

Von AFP hat wohl auch sueddeutsche.de die Verwechslung übernommen:

Obamas Pilot hatte bereits zum Anflug auf die Andrews Air Force Base angesetzt, als die Fluglotsen des Stützpunktes bemerkten, dass die Boeing einem Militärtransporter vom Typ C-17 in die Quere kommen könnte, der im Begriff war zu starten. Da Gefahr bestand, das Militärflugzeug könnte nicht rechtzeitig abheben, wiesen sie die Präsidentenmaschine an, eine Extrarunde zu drehen.

Mit Dank an Hans E., Markus S. und Till G.

Deutschland sucht die Superheuchler

Heute erklärt “Bild” auf der Titelseite, es gebe “Ärger um Schreyl”: Ärger um SchreylMarco Schreyl, Moderator von “Deutschland sucht den Superstar”, reiße “seit Wochen” “eine schmuddelige Zote nach der anderen” und habe in der Show vom vergangenen Samstag einen “neuen Tiefpunkt” erreicht.

Schreyl hält die zwei Glückskugeln von Sarah Engels wie zwei Hoden in der Hand, sagt bewusst zweideutig: “Damit gehe ich immer besonders vorsichtig um.”

Zur Bestätigung des behaupteten “Ärgers” reißt “Bild” ein paar Sätze aus einem Artikel des Mediendienstes DWDL.de über Homosexuelle im deutschen Fernsehen aus dem Kontext, wodurch der Tenor des Artikels so klingt, als seien gar nicht Schreyls Sprüche das eigentliche Problem für Sven Kuschel und Daniel Cremer, sondern dessen sexuelle Orientierung.

“Bild” nutzt sogar die Gelegenheit, endlich mal wieder Michelle Hunziker ins Gespräch zu bringen, für deren Rückkehr zu “DSDS” die Zeitung seit mehr als fünf Jahren unermüdlich kämpft.

Was die “Bild”-Redaktion sonst so von schmuddeligen Zoten und bewussten Zweideutigkeiten hält, kann man dann heute bei Bild.de (anhand eines alten Fotos) bewundern:

Schräger Pokal: Seit diesem Kuss ist Golf-Star Cristie in aller Munde...

Mit Dank auch an Roman S., Arne M. und Marc.

Eine Entführung ist kein Mord

Ein Italiener, der seit längerem im Gazastreifen lebte, ist dort entführt und tot aufgefunden worden.

Bild.de versucht, die Tat historisch einzuordnen:

Der Mord an dem Italiener ist der erste Mord an einem Ausländer im Gazastreifen seit vier Jahren.

Damals, im März 2007, wurde der BBC-Reporter Allan Jonston ebenfalls von Salafisten verschleppt. Er kam nach 114 Tagen frei …

Und wenn Sie sich jetzt fragen, warum ein entführter, aber wieder freigelassener Journalist als Beispiel für einen “Mord an einem Ausländer” herhalten soll: Bild.de hat sich beim Aufmotzen einer dpa-Formulierung schlicht verrannt.

Die Nachrichtenagentur hatte vorher noch gemeldet:

Die Entführung Arrigonis war die erste eines Ausländers im Gazastreifen seit der Machtübernahme der Hamas vor knapp vier Jahren. Im März 2007 war der BBC-Reporter Allan Jonston in dem Palästinensergebiet ebenfalls von Salafisten verschleppt worden und erst nach 114 Tagen wieder freigekommen.

Und auch dieser Text enthält noch zwei kleine Fehler: “Allan Jonston” heißt eigentlich Alan Johnston.

Mit Dank an Jan H.

Nachtrag, 16.03 Uhr: Während die dpa eine Korrekturfassung mit dem richtigen Namen verschickt hat, hat Bild.de die beiden Absätze einfach aus dem Artikel entfernt.

Die nackte Wahrheit

Sila Sahin (25) schmückt den aktuellen “Playboy”-Titel. Sie ist die erste Türkin, die sich für das Männermagazin ausgezogen hat – aber nicht der erste Soap-Star.

Soweit, so falsch, Bild.de. Denn Sila Sahin ist nicht die erste Türkin im “Playboy”, sondern auf dem “Playboy”, wie “Bild” gestern noch richtig formulierte.

Unbekleidet in der Zeitschrift abgebildet waren zum Beispiel schon die türkischstämmigen Vivien Cetin (Miss Mai 2010) und Öznur Asrav (Miss April 2008). Letztere war die erste türkischstämmige Frau, die als Playmate firmierte, aber auch nicht die erste, die überhaupt im deutschen “Playboy” zu sehen war. Dieser Titel gebührt womöglich der Schauspielerin Lale Karci, die im März 1998 im Heft war — so ganz genau wissen das die Leute beim “Playboy” selbst nicht mehr.

Sila Sahin ist demnach nicht “die erste Türkin im ‘Playboy'” (“RP Online”, “B.Z.”) oder “die erste Deutschtürkin […], die für das Herrenmagazin die Hüllen fallen ließ” (“Focus Online”).

Mit Dank an Erkan A.

Nachtrag, 15. April: Unser Leser Martin hat im “Playboy” vom Januar 1987 eine Fotostrecke mit der Türkin Hülya Ejder entdeckt, die damit – bis zum Beweis des Gegenteils – die erste Türkin im Heft gewesen sein könnte.

Außerdem geht es hier natürlich ausschließlich um die deutsche Ausgabe des “Playboy”. Auf der türkischen Ausgabe, die zwischen 1986 und 1995 erschien, dürfte schon sehr viel früher eine Türkin abgebildet gewesen sein, wie unser Leser Thomas W. ganz richtig anmerkt.

Sarg die Wahrheit!

Was für eine Tragödie!

“Bild”-Reporter John Puthenpurackal scheint ehrlich erschüttert: Die Schauspielerin Hanna Köhler, die in der ARD-Serie “Marienhof” in “1600 Folgen (!)” mitgespielt hatte, ist tot. Doch Angehörige sind nicht aufzutreiben.

Jetzt steht ihr Sarg verlassen in einer Bestattungshalle, kein Angehöriger hat sich bisher gemeldet.

Am 17. März starb die Darstellerin mit 67 Jahren in der Seniorenresidenz Friedrichsau bei Ulm. Sie hatte Probleme mit dem Herzen, musste mehrfach operiert werden.

Was keiner wusste: Der Sarg mit der Leiche steht seit ihrem Tod einsam in einer Bestattungshalle des Zentralfriedhofs Ulm. Das bestätigte eine Sprecherin der Stadt: “Wir erreichen keine Verwandten, bei uns hat sich auch niemand gemeldet.”

All das schrieb Puthenpurackal am 6. April, dem vergangenen Mittwoch. Und jeder, der Formulierungen wie “jetzt” oder “seit ihrem Tod” wörtlich nimmt, musste annehmen, dass da seit rund drei Wochen ein Sarg in einer Bestattungshalle rumsteht, was für den Ablauf anderer Trauerfeiern mindestens unpraktisch und für den Zustand der Leiche extrem unschön wäre.

Doch all diese Schreckensszenarien verblassen etwas, wenn man in die “Südwest Presse” vom vergangenen Freitag schaut. Demnach stellt sich die Situation deutlich anders dar:

Wie Friedhofs-Abteilungschef Jüstl auf Anfrage mitteilte, war ein Bild-Reporter bereits am 23. März – fünf Tage nach Köhlers Tod – auf dem Ulmer Friedhof. Auf seine Bitte hin habe man den Sarg in die Bestattungshalle gefahren, damit der Journalist ein Foto machen könne. Warum der Bericht erst zwei Wochen später publiziert wurde, ist auch Jüstl ein Rätsel.

Mit Dank an Sebastian.

Fortsetzung vor dem Presserat hier.

Vollpfosten

Wohl weil sie bei Bild.de ihren Lesern nicht zutrauen, dramatische Handyfilme von undramatischen unterscheiden zu können, haben sie es vorsichtshalber gleich mal in die Dachzeile geschrieben:

Dramatischer Handyfilm: Hier fliegt ein Pfeiler in die Autoscheibe
Andererseits sind es unbestreitbar spektakuläre Bilder, auf denen ein am Fahrbahnrand liegendes Kantholz von einem LKW hoch- und durch die Windschutzscheibe eines PKW geschleudert wird. Bilder, die natürlich mal wieder aus dem Internet stammen:

Doch obwohl die Geschichte in den USA recht groß die Runde machte und Bild.de am Ende seines Videos “Powered by ABC News” schreibt, haben sie bei Bild.de offenbar wenig bis nichts begriffen.

So erzählt der leicht schläfrige Off-Sprecher, die Fahrerin des getroffenen Fahrzeugs hab schon vorab die Kamera eingeschaltet, “weil die beiden LKW vor ihr Schlangenlinien fuhren”. Und auch wenn das für die Geschichte nicht wirklich wichtig ist: Die Fahrerin Wendy Cobb hatte gegenüber dem Autoblog jalopnik.com etwas ganz anderes angegeben, wie auch ABC News zitiert:

Ich habe eigentlich die beiden LKW aufgenommen, die sich ein kleines “Elefantenrennen” lieferten und den Verkehr aufhielten. (Ich sage immer, ich schicke das an die Firmen, für die sie arbeiten, um diese wissen zu lassen, wie die Fahrer die Firma repräsentieren, aber ich mache das nie. Ich kann mir nicht helfen — ich arbeite im Marketing und denke deshalb über solche Sachen nach.)

(Übersetzung von uns.)

Doch dann wird Bild.de in dem Bestreben, den dramatischen Bildern einen wissenschaftlichen Überbau zu verpassen, vollends wahllos: Ein “Versuch mit Crash-Test-Dummies” soll zeigen, wie “der Einschlag eines Pfeilers bei nur 40 km/h” aussieht.

Den Versuch hat Bild.de – warum auch immer – der Fernsehserie “Mythbusters” entnommen und er zeigt, wie ein Stück Autoreifen bei 40 Meilen pro Stunde (rund 65 km/h) durch eine Scheibe geschossen wird.

Der Off-Text hat mit den gezeigten Bildern also vergleichsweise wenig zu tun, aber es bleibt natürlich ein “dramatischer Handyfilm”.

Mit Dank an Alexander H.

You know the name, you know the number

Glücklicherweise haben Machos auf dieser Seite nichts zu melden.

Das steht wo? Richtig: Natürlich auf Bild.de, dem Zentralorgan für Feminismus im deutschsprachigen Internet.

Dort zeigt man sich ganz begeistert, dass “ein cooler Typ” wie Pierce Brosnan “keine Size-zero-Frau” braucht. Seine Gattin Keely ist nämlich ein bisschen besser gebaut, was Machos, die ja glücklicherweise auf Bild.de nichts zu melden haben, womöglich mit Zoten kommentiert hätten wie: “Lieber einen Martini als diese Frau im Bikini”, so Bild.de.

Ein ungewöhnliches Paar also offenbar — und eines, das Bild.de nicht loslässt. Die folgende Auflistung ist daher womöglich unvollständig:

Keely Shaye Smith (90 kg) ist das einzige Bond-Girl
(28. März 2010)

Pierce Brosnan und Keely Shave Smith urlauben in Italien: Mama Mia! Diese Liebe ist richtig dicke!
(27. August 2009)

Keely Shaye-Smith am Strand von Hawaii: Hat die Frau von James Bond die Lizenz zum Essen?
(28. August 2008)

Die Bond-Frau hat die Lizenz zum Wellenreiten: Brosnan: Seine Keely ist Hawaiis pfundigste Surferin
(26. August 2008)

Liebe auf Hawaii: Hier knutscht Pierce Brosnan seine Pfunds-Frau!
(22. August 2008)

Ex-007 Pierce Brosnan und seine pfundige Frau: Das einzig wahre Bond-Girl
(18. August 2008)

James Bond und seine Keely: Eine Liebe durch dick & dünn
(12. September 2007)

Mit Dank an Volker K. und Philipp S.

Katastrophenszenario gekapert

Daraus, dass die Seite von BILDblog in den letzten Tagen aufgrund von Server-Problemen über einen längeren Zeitraum nicht aufrufbar war, hat Bild.de die einzig logische Lehre gezogen:

Deutschland auf Blackout nicht vorbereitet

Das ist natürlich Quatsch. Aber in einem ähnlichen Maße verdreht Bild.de die Tatsachen in einem Artikel, dessen Überschrift im Ganzen so lautet:

Atom-Ausstieg Deutschland auf Blackout nicht vorbereitet

Bild.de verquickt – völlig aus dem Zusammenhang gerissen – ein noch unveröffentlichtes Katastrophenszenario, das der “taz” vorliegt, mit der Gefahr einer Stromknappheit und daraus resultierender Blackouts:

Acht Atomkraftwerke sind schon abgeschaltet, im Mai werden bis zu fünf weitere für Revisionen vom Netz gehen.

Jetzt kommt raus: Ein Strom-Engpass droht – Deutschland ist auf einen möglichen Blackout schlecht vorbereitet.

Das klingt, als hätte der “Strom-Engpass”, den Bild.de vor Kurzem schon von einem Experten herbeireden ließ, dessen Unabhängigkeit bezweifelt werden darf (BILDblog berichtete), irgendetwas mit der schlechten Vorbereitung auf einen Blackout zu tun.

Bei der Untersuchung des Büros für Technikfolgenabschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB) ging es jedoch um eine völlig andere Situation.

Die “taz” schreibt:

Das Szenario ist wenig wahrscheinlich. Aber das galt vor wenigen Wochen auch für die Vorstellung, ein Erdbeben könnte einen Super-GAU in einem japanischen Atomkraftwerk auslösen.

Der Katastrophenfall, der in einem als “vertraulich” gestempelten Bericht für den Bundestagsinnenausschuss beschrieben wird, ist ein anderer: Ein großflächiger Stromausfall von mehreren Tagen oder gar Wochen, ausgelöst durch eine Naturkatastrophe oder einen Terroranschlag.

Abgeschaltete Atomkraftwerke sind aber weder eine Naturkatastrophe noch ein Terroranschlag. Ein Blackout von mehreren Tagen oder Wochen, wie er in der Untersuchung beschrieben wird, kann nicht aus kurzen Engpässen entstehen, in denen Deutschland tatsächlich einmal stundenweise weniger Strom produziert als verbraucht. In solchen Fällen würde Deutschland den fehlenden Strom einfach aus dem Ausland beziehen.

Doch obwohl der ganze Bericht laut “taz” schon seit Ende 2010 (!) vorliegt, stellt Bild.de die Situation so dar, als ginge es in dem Szenario um einen Blackout, der demnächst durch Atomstrommangel hervorgerufen wird:

Nicht zum ersten Mal wird vor einem Blackout im Mai gewarnt.

Die ganze Perfidie dieses Artikels wird jedoch erst offensichtlich, wenn man sich vor Augen hält, dass Großkraftwerke sogar ein wichtiger Grund dafür sind, dass längere Stromausfälle fatale Folgen haben könnten.

In der “taz”, nicht jedoch bei Bild.de, erfährt man:

Die Technikfolgenforscher plädieren deshalb dafür, “nachhaltigere Optionen zur Bewältigung eines lang andauernden und großflächigen Stromausfalls zu entwickeln”. So könnten durch eine dezentrale Stromversorgung auf Basis erneuerbarer Energien wichtige Infrastrukturen besser geschützt werden. “Regional begrenzte Inselnetze” könnten selbst bei einem Megablackout weiter Strom erzeugen. (…)

Nach der Katastrophe von Fukushima liefert also auch dieser Bericht weitere Argumente für eine Energiewende.

Mit Dank an Christian und noir.

Fäkaler Irrtum

Aufgrund des Erscheinungsdatums konnte man leicht für einen Aprilscherz halten, was Bild.de am Freitag über Britney Spears berichtete:

Ihr Stunt für die "Jackass"-Crew Britney Spears: Bungee-Jumping im Dixi-Klo!

Aber Bild.de meint es offenbar ernst:

Popstar Britney Spears (…) hat einen Bungee-Jump der etwas anderen Art gewagt: In einem gut gefüllten Dixi-Klo ließ sie sich mit einem Katapult zum Himmel schießen.

Sie tat es für die “Jackass”-Crew, die mit ihren irren Stunts zum Kult wurde.

Immerhin klärt Bild.de teilweise über die Hintergründe auf:

Für Britney eine PR-Aktion, denn gerade ist ihr neues Album “Femme Fatale” erschienen – auch wenn sie hier eher die “Femme Fäkal” gibt.

Doch ganz so schlimm wie es aussieht war es dann doch nicht: In Wirklichkeit alles nur Wasser und ein bisschen Toilettenpapier!

Bild.de verschweigt seinen Lesern aber, dass “in Wirklichkeit” nicht nur “alles nur Wasser und ein bisschen Toilettenpapier” war, sondern der ganze Stunt ein Fake. Dazu wurde der Bungee-Sprung von Steve-O aus dem Film “Jackass 3D” mit einigen Britney-Spears-Szenen neu zusammengeschnitten. Wer einen starken Magen hat, kann das Fake-Video mit dem Original vergleichen.

Bis auf Bild.de und Blick.ch haben das auch die meisten anderen Medien verstanden, die – warum auch immer – darüber berichteten.

Mit Dank an Conny S.

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