Archiv für 6 vor 9

Buhrowkrat im Feuer, Kampf um die “Krone”, Happy New Leak

1. “Wir werden nicht einer Meinung sein”
(zeit.de, Ralf Heimann)
Nach Ansicht vieler Kritiker hat WDR-Intendant Tom Buhrow mit seiner übereilten Telefon-Intervention und der Bitte um Entschuldigung für den eigentlichen Skandal um das Satireliedchen von der Oma als “Umweltsau” gesorgt. Viele WDR-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter fühlten sich im Stich gelassen, hatten das Gefühl, ihr Chef sei ihnen in den Rücken gefallen. Nun fand in Köln eine Redaktionsversammlung statt, zu der 700 Leute kamen. Buhrow habe dort sein Verhalten in einer Weise verteidigt, die Zweifel daran aufkommen lasse, dass er verstanden hat, worum es bei der Sache geht.
Weiterer Lesehinweis zum Hintergrund: Aufgepasst, Ihr Umweltsäue! — warum die Vorwürfe gegen die WDR-Satire falsch sind (taz.de, Heiko Werning). Lesenswert auch die aktuelle Kolumne von Sascha Lobo zur Debattenkultur: Diagnose: Vorzeitiger Nachrichtenerguss (spiegel.de).

2. “Ibiza lebt”
(sueddeutsche.de, Leila Al-Serori)
In Österreich wird ein erbitterter Kampf um die “Krone” geführt. Das Blatt mit einer Reichweite von 30 Prozent weckte bereits die Begehrlichkeiten des damaligen FPÖ-Politikers Heinz-Christian Strache, wie man im “Ibiza-Video” sehen und hören konnte. Nun versuche der Tiroler Immobilienmilliardär und Investor René Benko das Blatt zu übernehmen: “Eine weitere Parallele zu Ibiza bekommt der Machtkampf auch durch die Nähe René Benkos zum Kanzler: der Milliardär gehört dem engsten Zirkel rund um Sebastian Kurz an. Benko beteuert, dass es nicht um Politik, sondern nur ums Geschäft gehe.”

3. Ein Abschied vom Vermesser
(taz.de, Steffen Grimberg)
Horst Röper, die “taz” nennt ihn den “King of Medienforschung”, geht in den Ruhestand. Der Journalist und Medienwissenschaftler leitete seit 1984 das Formatt-Institut (“Forschung Medien Aktuell Technologie Transfer”) und sei damit “das Gedächtnis der deutschen Zeitungslandschaft”. “taz”-Autor Steffen Grimberg in seiner Art Ruhestandslaudatio: “Und jetzt will der Mann, der sich als Einziger noch so richtig um all diese Fragen kümmert, in den Ruhestand gehen. Einfach so. Is nich, Horst. Wir brauchen dich!”

4. Happy new Leak!
(deutschlandfunk.de, Samira El Quassil, Audio: 5:23 Minuten)
Die Firma Cambridge Analytica brachte es zu trauriger Berühmtheit, als 2018 bekannt wurde, dass ihre Datenanalysen für personalisierte Wahlwerbung auf dem illegalen Besitz von Informationen zu Millionen von Facebook-Profilen beruhten. In der Folge meldete das umstrittene Unternehmen Insolvenz an. Nun tauchen Tausende von neuen Dokumenten auf, die von einer Ex-Mitarbeiterin stammen sollen. Samira El Ouassil ordnet den Fall für den Deutschlandfunk neu ein.

5. Versöhnt in der Irritation
(faz.net, Nina Rehfeld)
Aus dem us-amerikanischen Phoenix berichtet Nina Rehfeld über die Zwickmühle des TV-Senders Fox News: Einerseits fungiere er als Sprachrohr der Republikaner und Stichwortgeber des amtierenden Präsidenten Donald Trump. Andererseits habe Starmoderator und Publikumsliebling Tucker Carlson den Angriff auf den iranischen General Soleimani und die offizielle Begründung dafür scharf kritisiert.

6. Die “Wissenschafts-Blogs des Jahres 2019” sind gewählt: Qualität setzt sich durch
(wissenschaftkommuniziert.wordpress.com)
“Wissenschaft kommuniziert” hat die “Wissenschafts-Blogs des Jahres 2019” wählen lassen. Auf Platz 1 landete das “Zukunftsblog” der ETH Zürich, auf Platz 2 die Archäologin Geesche Wilts mit “Miss Jones” und an dritter Stelle das Nachrichtenblog “Wissenschaft aktuell”.
Weiterer Lesehinweis: Ein gutes Beispiel für gelungene Wissenschaftskommunikation und Datenvisualisierung liefert heute die interaktive Karte der “Berliner Morgenpost”: So groß ist der Brand in Australien — im Vergleich zu Ihrer Gegend.

Basisdemokratie als Volksmusik, Wahlforscher, Selbstbespieglung

1. #12062020olympia: Die Klimabewegung hat ein Abgrenzungsproblem
(vice.com, Thembi Wolf)
Der umtriebige Geschäftsführer der Firma Einhorn und Initiator des Olympiastadion-Events #12062020olympia hat sich im Gespräch mit Tilo Jung merkwürdig bis ungeschickt zu der Frage geäußert, ob bei dem Event auch Nazis willkommen seien. Anlass für Thembi Wolf, etwas anzusprechen, was sie für ein Problem neuer sozialer Bewegungen hält: die Konsenssucht. “Soziale Bewegungen sind Volksmusik geworden. Alle können sich unterhaken, alle können den Text mitsingen. Ein bisschen Liebe, ein bisschen Frieden. Wer könnte darüber uneinig sein? (…) Mehr Basisdemokratie — klingt gut! Aber ist es vielleicht eher das Setting für einen dystopischen Netflix-Thriller, wenn ein Unternehmen ein Stadion mietet, um darin Petitionen abstimmen zu lassen?”

2. Wen frag ich denn heute?
(katapult-magazin.de, Lukas Brenner)
Medien veröffentlichen gerne und regelmäßig politische Umfragen beziehungsweise Umfrageergebnisse wie die zur bekannten “Sonntagsfrage”. Entsprechend viele “Umfrageinstitute” tummeln sich auf dem Markt: Forsa, Allensbach, Forschungsgruppe Wahlen, Infratest dimap, Infas, Insa, Kantar Emnid, GMS, GESIS, YouGov, Civey … Lukas Brenner hat sich die Methoden der Demoskopen angeschaut. Sein Urteil: “Einige Institute verwenden umstrittene Methoden und sind politisch nicht neutral.”

3. Ist der Ruf erst ruiniert, der Intendant den Halt verliert
(dwdl.de, Thomas Lückerath)
“DWDL”-Chefredakteur Thomas Lückerath kommentiert das Vorgehen des WDR-Intendanten Tom Buhrow in der Causa “Umweltsau”: “Ausgerechnet in Hochzeiten von Fake News und Stimmungsmache darf ein Journalist und ehemaliger Nachrichtensprecher nicht zulassen, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk zum Spielball von Stimmungsmache wird, die langsam aber stetig die Koordination des Erlaubten verschieben will. Satire, ob bissig oder banal, ob mal treffsicher oder weniger gelungen, bleibt Satire. Es beschämt mich allein schon, diese Zeilen schreiben zu müssen. Ohne hyperventilierende Medien und Buhrows Entschuldigung wäre es der Sturm im Wasserglas geblieben.”

4. Eine 18-Jährige beschwört auf Tiktok die Eskalation zwischen USA und Iran zum «Dritten Weltkrieg» herauf – und erreicht damit ein Millionen-Publikum
(nzz.ch, Gabriela Dettwiler & Reto Stauffacher)
Die 18-jährige Schülerin Laura Sophie aus München hat auf Tiktok mehr als 2,2 Millionen Followerinnen und Follower, die sie mit Tanzvideos und kleinen Schulgeschichten versorgt. Am Wochenende veröffentlichte sie ein (nicht mehr öffentlich einsehbares) Erklärvideo, warum es möglicherweise zu einem Dritten Weltkrieg kommen könnte. Die “NZZ” kritisiert: “Es ist fragwürdig, wenn junge Erwachsene wie Laura Sophie unwidersprochen Halbwahrheiten an Millionen von Menschen verbreiten können. Sie scheinen sich nicht bewusst zu sein, dass sie mit ihren Videos mehr Menschen erreichen als viele Tageszeitungen und bei ihren Followern eine Kompetenzfunktion besitzen. Dass ihre «Kriegserklärung» ohne Einordnung auf Plattformen wie Tiktok oder Twitter zirkuliert, ist gefährlich.”

5. “Dieser Bericht ist unanständig”
(deutschlandfunkkultur.de, Martin Böttcher, Audio: 6:52 Minuten)
Vergangenes Jahr sorgte der Film “Leaving Neverland” und die darin enthaltenen Kindesmissbrauchsvorwürfe gegenüber Michael Jackson für einiges Aufsehen. Nun hat der TV-Sender Sat.1 eine Doku gesendet, die anscheinend eine Art Gegenposition beziehen und den Musiker entlasten soll. Filmkritiker Wolfgang M. Schmitt hat sich den 110-Minuten-Beitrag (inklusive Werbeunterbrechungen) angeschaut. Der Film komme wie ein überlanger Bericht aus einem typischen Boulevard-Magazin daher, sei einseitig und ziehe falsche Schlüsse.

6. Alles neu denken – der Prozess hinter dem Relaunch des digitalen SPIEGEL
(medium.com/@devspiegel)
Lust auf eine Überdosis Marketing-Bla-Bla? Dann gönnt Euch diesen Artikel der “Spiegel”-Leute zur neu überarbeiteten Website — ein Mix aus BWL-Gelaber, inhaltsleeren Worthülsen und peinlichem Selbstlob. Es entsteht der fatale Eindruck, dass es nicht von Belang ist, ob hier mit Schrauben oder Journalismus gehandelt wird. Aber vielleicht war es ja auch nur ein emotionaler Ausrutscher im narzisstischem Liebesrausch der Selbstbespieglung.

Neurechte Schmähgemeinschaft, Mordmetropole, “Homo-Milieu”

1. Berlin doch nicht Mordmetropole Europas
(uebermedien.de, Stefan Niggemeier)
Ist Berlin tatsächlich die “Hauptstadt der Tötungsdelikte”, wie es kürzlich in den Blättern des Berliner Verlags hieß? Stefan Niggemeier ist der Meldung nachgegangen und kommt, so viel kann verraten werden, zu einem gänzlich anderen Schluss.

2. Die Schmähgemeinschaft der neuen Rechten
(netzpolitik.org, Daniel Laufer)
Über mehrere Jahre habe der Sprachwissenschaftler Joachim Scharloth Artikel und Kommentare rechter Internetportale gesammelt und ausgewertet. Die neue Rechte definiere sich vor allem über Beleidigungen und herabwürdigende Sprache und könne daher als “Schmähgemeinschaft” bezeichnet werden. Allein für Angela Merkel habe Scharloth über 1000 Beschimpfungen gefunden. Insgesamt habe er bei seiner Bestandsaufnahme mehr als 30.000 unterschiedliche Schimpfwörter erfasst.
Weiterer Lesehinweis: Soleimani: «Tot» und «Tötung» oder «Mord» und «ermordet»: “Der Sprachgebrauch deckt auf, welche Medien nicht im Klartext informieren, wenn es um die befreundeten USA geht.” (infosperber.ch, Urs P. Gasche).

3. Im ZDF ist das “Homo-Milieu” noch lebendig
(queer.de)
Obwohl seit Jahren kritisiert, tauchen in Medienberichten und Pressemitteilungen immer noch Begriffe wie “Homo-Milieu”, “Homosexuellen-Milieu” oder “Schwulen-Milieu” auf. Jüngst sei der Begriff in einer (laut queer.de ansonsten empfehlenswerten) ZDF-Doku über den Mord an Walter Sedlmayr verwendet worden.

4. Ohne bösen Vorsatz
(deutschlandfunk.de, Mirjam Kid & Annika Schneider, Audio: 7:29 Minuten)
Der Deutschlandfunk hat mit “Buzzfeed”-Redakteur Marcus Engert über eine Falschmeldung beziehungsweise ungenaue Meldung der Leipziger Polizei und deren Folgen unterhalten. Engerts Rat: Journalistinnen und Journalisten sollten die Social-Media-Accounts der Polizei nicht als privilegierte Quellen betrachten und entsprechende Meldungen gegenrecherchieren.

5. Stimmungsmache im Netz: “Die Empörungsmaschinerie sprang an”
(t-online.de, Nicole Diekmann)
Eine offensichtlich ironisch gemeinte Bemerkung bescherte der ZDF-Korrespondentin Nicole Diekmann vor einem Jahr einen gewaltigen Shitstorm. Gerade haben wir mit dem Satireliedchen von der Oma als “Umweltsau” einen ähnlichen Vorgang erlebt. Diekmann attestiert den Sendern Fehleinschätzungen und eine katastrophale Krisenkommunikation: “Keine Frage danach, ob womöglich eine Agenda hinter einem Shitstorm steckt. Ob im Netz dazu aufgerufen wurde, in Zuschauerredaktionen anzurufen. Stattdessen hektischer Aktionismus, der eben denen in die Hände spielt, die die Algorithmen verstanden haben und sie zu ihren Zwecken zu nutzen wissen. Noch immer fällt man auf sie herein und macht im Zweifel alles nur noch schlimmer mit aussichtslosen Versuchen, die neuen Dynamiken mit den traditionellen Instrumenten in den Griff zu kriegen. In etwa so, als würde man ein Pferd vor ein liegengebliebenes Auto spannen.”

6. Glaskugelige Kaffeesatzlesereien 2020
(indiskretionehrensache.de, Thomas Knüwer)
Thomas Knüwer hat turnusgemäß die Glaskugel aus dem Schrank geholt und wirft einen Blick auf mögliche Medienentwicklungen des bevorstehenden Jahres. Er geht dabei auch schonungslos seine Prognosen des Vorjahres durch: Knüwer kommt auf einen Endstand von 1,5 zu 7,5 Punkten (“So, verzeihen Sie das Wort, beschissen daneben lag ich noch nie”). Wie auch immer die nächste Auswertung ausfällt: Seine aktuellen Prognosen sind dennoch lesenswert.

Kritik an Buhrow, Selfies vor Kriegstrümmern, Plattform-Ära

1. “Eklatante Verletzung der Rundfunkfreiheit”: WDR-Redakteure kritisieren Buhrow
(uebermedien.de, Stefan Niggemeier)
Die Redakteursvertretung des WDR hat dem Intendanten Tom Buhrow und der Geschäftsleitung des Senders einen Brief geschrieben. Es geht um das umstrittene “Oma-Lied”: “Wir sind fassungslos, dass Intendant Tom Buhrow einem offenbar von Rechtsextremen orchestrierten Shitstorm so leicht nachgibt, sich vorschnell redaktionell distanziert und das (WDR2)-Video mit dem satirischen Kinderlied nicht nur löschen lässt, sich nicht nur persönlich entschuldigt, sondern dabei mehrfach öffentlich (u. a. live bei WDR2) Redakteurinnen und Redakteuren in den Rücken fällt, statt ihnen in Zeiten inszenierter Empörungswellen gegen den WDR und den ÖRR den Rücken zu stärken.” Mittlerweile habe die Redakteursvertretung jedoch zwei Vorwürfe aus ihrem Schreiben zurückgenommen.
Weiterer Lesehinweis: Die Kollegen den Löwen zum Frass vorgeworfen (tagesspiegel.de, Klaus Brinkbäumer).

2. Die Ära der Plattformen: Sieben Probleme für die nächsten Jahrzehnte
(sebastianmeineck.wordpress.com)
Sebastian Meineck denkt über die “Ära der Plattformen” nach, zu denen er nicht nur die klassischen Sozialen Netzwekre und Kommunikationsmedien, sondern auch Unternehmen wie Amazon zählt: “Eine Plattform startet zwar meist als wirtschaftliche Akteurin, aber sobald sie erfolgreich wird, sind ihre Entscheidungen auch politisch. Denn durch Netzwerkeffekte und Disruption sind mehr und mehr Menschen auf der Plattform aktiv, und Entscheidungen der Plattform-Betreiber:innen haben einen massiven Einfluss auf die Öffentlichkeit. Große Plattformen befinden sich also in einer Doppelrolle zwischen Politik und Wirtschaft, in der sich finanzielle Interessen und öffentliche Verantwortung gegenüberstehen.”

3. Die italienische “Vogue” verzichtet für eine Ausgabe auf Fotoshootings
(spiegel.de)
Die italienische “Vogue”-Redaktion hat anscheinend überrascht entdeckt, dass die aufwändige Hin- und Herfliegerei für ein paar Modefotos einen nachteiligen Effekt für Umwelt und Klima hat. Deshalb soll es in der ersten Nummer des Jahres “als Statement für mehr Nachhaltigkeit” statt glamouröser Fotos nur gezeichnete Illustrationen geben.

4. Fest, frei, vogelfrei
(taz.de, Peter Weissenburger)
In der letzten Zeit sind zwei freie Journalisten im Zusammenhang mit ihrer Arbeit zum Gegenstand von Hass und Hetze geworden: Danny Hollek beim absurden Streit um das Lied von der Oma (zum Hintergrund siehe: #Umweltsau: Aufgerieben am Jahresende von Andrej Reisin, ndr.de) und Richard Gutjahr, der bereits seit Jahren belästigt, bedroht und verfolgt wird. Gutjahr hatte seinen Unmut über die seiner Ansicht nach unzureichende Unterstützung jüngst in einem offenen Brief an den Intendanten des Bayerischen Rundfunks ausgedrückt (siehe dazu auch: “Mit Hass und Hetze alleingelassen” von Sonja Peteranderl, spiegel.de). Wie viel Verantwortung tragen Sender für ihre freien Mitarbeiter? Und wieviel finanzielle Unterstützung sollten sie ihnen im Akutfall zukommen lassen?
Weiterer Lesehinweis: Debatte über öffentlich-rechtliche Sender: Worum es in der Kritik an ARD, ZDF und Co wirklich geht (tagesspiegel.de, Caroline Fetscher).

5. Selfies vor Kriegstrümmern: Influencer entdecken Syrien – und finden vieles schön
(bento.de, Marc Röhlig)
Neuerdings berichten einige Blogger und Influencerinnen aus dem Bürgerkriegsland Syrien. Was davon hat einen ernsten Hintergrund, was dient nur der platten Selbstinszenierung? Die Antworten darauf fallen recht unterschiedlich aus. Und “ist es ethisch vertretbar, ein Bürgerkriegsland zu besuchen? Stärkt so eine Reise die Zivilbevölkerung — oder nur das Regime?”

6. Liebes Netflix, die End Credits gehören mit zur Produktion
(dwdl.de, Kevin Hennings)
Beim Streaminganbieter Netflix würden am Ende eines Films die sogenannten “End Credits” im Abspann automatisch übersprungen, um per Trailer den nächsten Film zu bewerben. Eine Entwicklung in die falsche Richtung, wie Kevin Hennings findet: “Liebes Netflix, eure Sparten auf der Startseite namens ‘Beliebt auf Netflix’, ‘Derzeit beliebt’, ‘Serien für einen Serienmarathon’, und ‘Netflix Originale’, die mir augenblicklich ins Gesicht springen, sobald ich dich öffne, reichen vollkommen aus, damit ich Bescheid weiß, was du zu bieten hast. Doch dass du mir meinen zen-mäßigen Moment mit den End Credits vermiest, geht schlicht zu weit. Bewegtbild sprintet so schnell wie nie zuvor über den Bildschirm, sodass immerhin dieser Moment erhalten bleiben muss, damit jeder von uns auch einfach mal durchatmen kann.”

Die besten Hör-, Lese- und Sehtipps aus den Redaktionen

Das “6 vor 9”-Jahr nähert sich dem Ende, die Feiertage stehen vor der Tür. Für viele von Euch die Gelegenheit, sich mit einem guten Buch aufs Sofa zurückzuziehen, Podcasts zu hören oder den Streamingdienst der Wahl leer zu “bingen”. Das Angebot ist riesig, doch was lohnt? In dieser Ausgabe der “6 vor 9” geht es um die besten Hör-, Lese- und Sehtipps aus den Redaktionen. Wir wünschen viel Spaß und eine unterhaltsame und/oder erkenntnisreiche Zeit!

1. Die Redaktion empfiehlt: 17 Hör- und Lesetipps
(mediummagazin.de)
“Medium”, das Magazin für Journalistinnen und Journalisten, präsentiert zum Ende des Jahres 17 Hör- und Lesetipps. Im weitesten Sinne haben alle Empfehlungen etwas mit Medien zu tun, aber durchaus auf unterhaltsame Art und Weise. Der Blick auf die Zusammenstellung lohnt.

2. Hören, Sehen, Lesen – Tipps für die Feiertage
(deutschlandfunknova.de, Daniel Fiene & Sebastian Pähler, Audio: 41:05 Minuten)
Die “Was mit Medien”-Podcaster Daniel Fiene und Sebastian Pähler haben ein Dutzend Medienmacher und Medienmacherinnen nach ihren Empfehlungen für die Feiertage gefragt: “Welche Podcast-Episoden lohnen sich? Welche Zeitschrift sollte man mal durchblättern? Welche Streaming-Serie eignet sich zum Bingen zwischen den Jahren?” Interessante Tipps von interessanten Leuten.

3. Lesen, schmökern, wälzen und – lauschen
(tagesanzeiger.ch)
Das Ressort “Wissen” des Schweizer “Tagesanzeigers” empfiehlt 19 spannende Sachbücher. Die Themen sind breit gestreut: Von “mörderischen Bäumen und verheerenden Bränden” sowie den “Gesetzen der Physik als Gutenachtgeschichte” bis hin zum “Geheimnis der 100-Jährigen”.

4. Kinder- und Jugendbücher für den Gabentisch
(deutschlandfunk.de, Ute Wegmann & Dina Netz & Tanya Lieske & Jan Drees, Audio: 24:36 Minuten)
Welche Kinder- und Jugendbücher eignen sich für den Gabentisch? Das Redaktionsteam der “Bücher für junge Leser” hat auf den letzten Drücker noch ein paar Geschenktipps zu Weihnachten. Wer es nicht mehr schafft, sich die Sendung anzuhören: Auf der oben verlinkten Webseite sind die Buchtipps samt Mini-Rezensionen übersichtlich aufgelistet.
Weiterer Lesetipp: “Diese Kinderbücher empfehlen SPIEGEL-Redakteure”.

5. SJ-Podcast: Die besten neuen Serien 2019, Trends, Tipps und mehr
(serienjunkies.de, Audio: 1:31:29 Stunden)
Die “Serienjunkies” werfen in ihrem Podcast einen Blick auf die besten neuen Serien des vergangenen Jahres: “Was waren die neuen Top-Serien 2019? Welche Trends konnte man beobachten, was war besonders auffällig und wie wird es in der Welt der Serien weitergehen?”

6. Diese Filme lohnen sich bei Amazon und Netflix
(spiegel.de, Oliver Kaever)
An den Feiertagen und zwischen den Jahren kann man endlich guten Gewissens vor dem Fernseher oder Laptop abhängen und einen Film nach dem anderen weggucken. Oliver Kaever hat sich bei Netflix und Amazon Prime nach geeignetem Futter umgeschaut.
Weiterer Lesetipp: Das sind die schlimm-besten Weihnachtsfilme zum Streamen (jetzt.de, Lena Mändlen)
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7. Adventskalender 2019: Die Weihnachtsgeschichte, neu erzählt
(uebermedien.de, Lorenz Meyer)
Außer Konkurrenz, weil vom “6 vor 9”-Kurator selbst, der Hinweis auf den “Übermedien”-Adventskalender. Dort gibt es jeden Tag die Weihnachtsgeschichte aus der Sicht einer anderen Medienpersönlichkeit — von Mario Barth, Franz Josef Wagner, Udo Lindenberg, Ina Müller bis hin zu Gabor Steingart und Markus Lanz. Und wer einen guten Sachtext zum Journalismus lesen will, sei an unsere achtteilige BILDblog-Serie “Kleine Wissenschaft des Fehlers” von Ralf Heimann verwiesen. Gestern ging es dort zum Beispiel um das Zeugenproblem: Die Erinnerung ist eine Wikipedia-Seite.

Unvollständig berichtet, Mücke und Elefant, Kampf um “Schmähgedicht”

1. Was die “Süddeutsche Zeitung” zum Fall Epstein nicht schreibt
(uebermedien.de, Boris Rosenkranz)
Die “Süddeutsche Zeitung” hat sich ausgiebig mit dem Fall des verurteilten Sexualstraftäters Jeffrey Epstein beschäftigt, habe dabei aber nicht die Rolle des Literaturagenten John Brockman erwähnt. Boris Rosenkranz fragt bei “Übermedien” nach den Gründen: “Aus Rücksichtnahme auf einen engen Partner der Zeitung, der mit Feuilleton-Chef Andrian Kreye seit Jahren verbunden ist?”

2. Zeitungsverlag wider Willen
(welt.de, Christian Meier)
“Welt”-Journalist Christian Meier berichtet über die neuesten Entwicklungen im Medienhaus DuMont. Die Eigentümer des Traditionsverlags hätten den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mitteilen lassen, dass sie nun doch an ihren Kölner Zeitungen festhalten wollen: “Oder, anders gesagt, dass sie diese nicht verkaufen werden. Was ein Unterschied ist, denn nach allem, was zu hören ist, hätten die 17 Kommanditisten des Unternehmens, allen voran Isabella Neven DuMont und Christian DuMont Schütte, doch ganz gern einen Abnehmer gefunden. Angesichts der sinkenden Margen und der damit einhergehenden sinkenden Attraktivität des Verlegertums. Doch ein ansprechendes Gebot für Köln gab es dann nicht, auch wenn die Funke-Mediengruppe (“Westdeutsche Allgemeine Zeitung”) ein naheliegender Käufer gewesen wäre.”

3. Podcasts: Aus der Nische zum Massenmarkt
(blog-cj.de, Christian Jakubetz)
Christian Jakubetz nimmt den neuen täglichen Podcast-Mix von Spotify zum Anlass, einen Blick auf das Wachstumsmedium Podcast zu werfen. Er erkennt einen ähnlichen Trend wie beim Bewegtbild: “Weg von der linearen Nutzung, hin zu On-Demand-Inhalten. Weg von General Interest, rein in die Nische. Weg vom Allgemeinen, hin zur Personalisierung. Das bringt auch eine Fragmentierung des Marktes mit sich, das Long-Tail-Phänomen haben wir schon jetzt auch bei Podcasts: Ein paar laufen richtig gut, dahinter kommen dann ganz, ganz viele, die irgendwo bei sieben Hörern monatlich absaufen.” Eingebettet in den Beitrag ist das (schon etwas ältere) Gespräch mit dem Geschäftsführer von detektor.fm Christian Bollert. Darin geht es um die Zukunft von Radio, Podcasts und Audio-Technologie. Sowie um die Bedrohungen und Chancen durch die “Mediathekisierung” und “Spotifysierung” des Marktes, um Reichweitenmessung und den Mut zur Nische.

4. Wahlen in Großbritannien: Die Grünen haben ihr Ergebnis um 60 Prozent gesteigert
(rwi-essen.de)
Die aktuelle “Unstatistik des Monats” geht auf eine Meldung der ZDF-Nachrichtensendung “heute” zurück, nach der die Grünen bei der Wahl in Großbritannien ihr Ergebnis um 60 Prozent gesteigert hätten. Abgesehen von der niedrigen Basis habe es sich auch nicht um die beste Ergebnissteigerung gehandelt. Das Urteil der Unstatistiker: “So macht man aus einer statistischen Mücke einen Elefanten.”

5. Ab 18. Dezember: Mehr Geld für (fast) alle AutorInnen – acht Fragen und Antworten
(selfpublisherbibel.de, Matthias Matting)
Seit Neuestem gilt auf E-Books der gleiche Umsatzsteuersatz wie auf Bücher, also sieben Prozent statt bisher 19 Prozent. Wie wirkt sich das auf Self-Publisher und Verlags-Autoren und -Autorinnen aus? Für welche Einnahmen gibt es mehr Geld? Welche Folgen hat die Umstellung auf meine Steuern? Matthias Matting antwortet auf die wichtigsten Fragen.

6. Schmähgedicht: Böhmermann zieht vors Verfassungsgericht
(dwdl.de, Timo Niemeier)
Jan Böhmermann ergreife im Rechtsstreit um das in Teilen verbotene Erdoğan-“Schmähgedicht” seine letzte Chance und ziehe vor das Bundesverfassungsgericht, berichtete Timo Niemeier bei “DWDL”. Sein Anwalt Christian Schertz vertrete die Ansicht, dass die bislang damit befassten Gerichte verkannt hätten, dass Böhmermanns Gedicht keine “Herabwürdigung des Herrn Erdoğan als Person”, sondern eine “künstlerisch-kritische Auseinandersetzung mit den Grenzen der Satire” sei.

Journalist des Jahres, Kein Recht auf Sendezeit, Datenleck der Like-Fabrik

1. Juan Moreno ist der Journalist des Jahres 2019
(mediummagazin.de)
Der vor allem durch die Causa Relotius bekannt gewordene freie Reporter Juan Moreno ist von einer rund 100-köpfigen Jury des “medium magazin” zum “Journalisten des Jahres” 2019 gewählt worden: “Moreno zeigte als Reporter die Hartnäckigkeit des gründlichen Rechercheurs und ehrlichen journalistischen Handwerkers. Zudem bewies er den Mut, für die Wahrheit persönlich viel aufs Spiel zu setzen, da ihm zunächst niemand glauben wollte. Die Folgen seiner Recherchen werden die Debatten über Qualitätsjournalismus weit über 2019 hinaus prägen.”

2. Ein Recht auf Sendezeit gibt es nicht
(deutschlandfunk.de, Arno Frank)
Zum Ende des Jahres wird gerne nachgezählt, wie oft welche Politikerinnen und Politiker bei den großen politischen Talkshows der Öffentlich-Rechtlichen zu sehen waren. Begleitet von der Kritik, dass manche Parteien beziehungsweise deren Vertreterinnen und Vertreter zu kurz gekommen seien, wenn man die Sitzverteilung im Bundestag als Maßstab heranziehe. Eine Kritik, die Arno Frank nicht nachvollziehen kann: “Die Auswahl der Gäste erfolgt nicht nach demokratischem Proporz, sondern nach redaktionellen Erwägungen. Jede Sendung ist der Versuch, eine ergiebige Gesprächsrunde zu orchestrieren.”

3. “Projekt Herkules”: Springer-Chef Döpfner lockt “Bild”-Mitarbeiter mit Turbo-Prämie zum Ausscheiden
(meedia.de, Gregory Lipinski)
Der Axel-Springer-Konzern will “die Kostenbasis durch strukturelle Anpassungen um insgesamt rund 50 Millionen Euro senken” und setzt vor allem beim Personal an. Möglichst viele “Bild”-Beschäftigte sollen mit Prämien dazu bewegt werden, freiwillig das Unternehmen zu verlassen. Eine Vorgehensweise, die man bei der “Welt” schon gewählt hatte.

4. Die Like-Fabrik
(sueddeutsche.de, Svea Eckert & Simon Hurtz & Sören Müller-Hansen & Vanessa Wormer)
“SZ”, NDR und WDR liegt eine Liste mit Links zu knapp 90.000 Social-Media-Präsenzen vor, die von gekauften Likes des Like-Lieferanten “Paidlikes” profitierten. Wissenschaftler der Ruhr-Universität Bochum hatten die unzureichend geschützten Daten der Website entnommen und zugänglich gemacht. Obwohl aus ihnen nicht ersichtlich wird, wer den Likekauf beauftragt und bezahlt hat, ermöglicht die Recherche interessante Einblicke in das Geschäftsmodell mit den gekauften “Gefällt mir”-Angaben und Herzen.

5. Polizisten können zwei Tage lang nicht twittern
(netzpolitik.org, Marie Bröckling)
Auf Twitter wurden am Wochenende mehrere kleinere Polizei-Accounts zumindest zeitweise gesperrt. netzpolitik.org hat Ursachenforschung betrieben. Der Verdacht auf “Overblocking” liege nahe. Warum jedoch ausgerechnet die elf Polizei-Accounts betroffen waren, von denen die Sperrung bekannt wurde, sei unklar.

6. TikTok: Wir haben Videos von Polizeigewalt hochgeladen, dann wurden sie gelöscht
(vice.com, Sebastian Meineck)
Kritischer Journalismus ist auf TikTok anscheinend nicht erwünscht, so eine mögliche Erkenntnis aus einem Experiment der “Vice”-Redaktion. Die fünf testweise hochgeladenen Videoaufnahmen von Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Zivilbevölkerung seien entweder gelöscht oder in ihrer Reichweite gedrosselt worden.

Höckes ZDF-Aus, “Stern” schwärzt sich selbst an, Kollegah verliert

1. AfD-Rechtsaußen Björn Höcke darf in keine ZDF-Talkshow mehr
(tagesspiegel.de, Joachim Huber)
Laut Aussagen des ZDF-Chefredakteurs Peter Frey wird der AfD-Politiker Björn Höcke zukünftig zu keiner ZDF-Talkshow eingeladen. Laut einer Vorabmeldung der “Zeit” habe Frey erklärt: “Wir Medien haben niemanden zu erziehen. Aber wir müssen zeigen, wo die Grenzen demokratischer Gesinnung verlaufen.”

2. Digitalseiten geschwärzt
(sueddeutsche.de, Quentin Lichtblau)
Der “Stern” hat aus Sorge vor einem Prozess drei Seiten seiner Digitalausgabe geschwärzt. Betroffen sei die Reportage eines “Stern”-Journalisten, der ein Trump-Hotel in Washington besucht hat. Das Blatt habe den Text zwar juristisch prüfen lassen, aber bei einer Klage der anderen Seite würden selbst im Erfolgsfall erhebliche Verfahrenskosten drohen.

3. Die große Talkshow-Auswertung 2019: Annalena Baerbock ist die neue Talkshow-Königin, Markus Feldenkirchen meisteingeladener Journalist
(meedia.de, Jens Schröder)
Der Journalist und Datenspezialist Jens Schröder hat erneut die TV-Talkshows des zurückliegenden Jahres ausgewertet und interessante Daten zutage gefördert: Im vergangenen Jahr sei der Grünen-Bundesvorsitzende Robert Habeck der häufigste Gast bei “Anne Will”, “Hart aber fair”, “Maischberger” beziehungsweise “maischberger. die woche” und “maybrit illner” gewesen. Dieses Jahr sei es seine Kollegin, die Grünen-Bundesvorsitzende Annalena Baerbock. Der meistgefragte Journalist sei Markus Feldenkirchen vom “Spiegel” gewesen.

4. 8 Thesen zur Beobachtung von Publikumsinteressen im Journalismus
(medium.com, Laurenz Paul Schreiner)
Laurenz Paul Schreiner hat in seiner Masterarbeit die Auswirkungen von Echtzeit-Tools auf die journalistische Praxis untersucht. Schreiner hat dazu drei Newsrooms besucht und sich die Werkzeuge angeschaut, mit denen Online-Journalisten und -Journalistinnen die Interessen des Publikums in Echtzeit analysieren können. Seine Beobachtungen münden in acht daraus abgeleiteten Thesen.

5. Der SWR verlost Flugreisen
(swr.de, Kai Gniffke)
Der Radiosender SWR3 hat Flugreisen nach Thailand verlost und ist dafür kritisiert worden. Teilweise aus dem eigenen Haus: SWR-Intendant Kai Gniffke berichtet von einer Mail einer Kollegin, die es “höchst problematisch fände, dass wir solche CO2-intensiven Reisen auch noch promoten”. Gniffke habe der Kollegin geantwortet und breitet seine Argumentation auf erstaunlich unterkomplexe Weise in seinem Blog aus: “Gehört es zu unserem journalistischen Auftrag dazu, Menschen von Flugreisen abzubringen? Meine Antwort: Nein.”

6. Kollegah verliert Rechtsstreit gegen BR
(faz.net)
Das Münchner Landgericht hatte dem Rapper Kollegah in seiner Klage gegen den Bayerischen Rundfunk (BR) noch recht gegeben. Nun kippte das Oberlandesgericht die Entscheidung: Der BR darf bei seinen in einem Podcast getätigten Aussagen über das “Alpha-Mentoring-Programm” des Rappers bleiben.

Bilanz der Pressefreiheit, China-Nähe der “Weltwoche”, Gelbkehlchen

1. Jahresbilanz der Pressefreiheit
(reporter-ohne-grenzen.de)
Zum Jahresende veröffentlicht Reporter ohne Grenzen die “Jahresbilanz der Pressefreiheit” (PDF). 2019 seien mindestens 49 Medienschaffende im Zusammenhang mit ihrer Arbeit getötet worden. Die gefährlichsten Länder für sie seien Syrien, Mexiko, Afghanistan, Pakistan und Somalia gewesen. 389 Medienschaffende hätten zum Stichtag 1. Dezember im Gefängnis gesessen, fast die Hälfte von ihnen in nur drei Ländern: China, Ägypten und Saudi-Arabien.

2. Ausufernde Jugendgewalt?
(community.beck.de, Henning Ernst Müller)
Strafrechtsprofessor Henning Ernst Müller berichtet über eine gerade veröffentlichte kriminalstatistische Studie zur Jugendkriminalität. Sein Resümee: “Die Jugend ist in der vergangenen Dekade nicht gewalttätiger geworden, sondern Jugendgewalt ist — im Gegenteil — deutlich zurückgegangen. Derzeit spricht viel dafür, dass dieser Trend anhält, auch wenn die Utopie einer gewaltfreien Gesellschaft wohl eine bleiben wird.”

3. Ein koksender Koch im TV, ein Joke in einem Nebensatz, eine Abmahnung der Kanzlei Höcker – und warum ich vielleicht ein bisschen Unterstützung gebrauchen könnte
(kraftfuttermischwerk.de, Ronny Kraak)
Blogger Ronny Kraak (“Kraftfuttermischwerk”) hat unangenehme Anwaltspost bekommen: Die in vielerlei Hinsicht bekannte Anwaltskanzlei Höcker hat ihm eine Abmahnung zukommen lassen, die er nicht unwidersprochen lassen will. Wenn da nicht die Sache mit dem Geld wäre: “Mein Problem: der Bums könnte mich am Ende um die 5000 Euro kosten, wenn ein Gericht dann halt für die Rechtsauffassung der Kanzlei Höcker entscheidet, was nicht sicher ist, denn mit dieser greifen auch die hin und wieder mal ins Klo. Auch mit anderen Dingen, aber um die soll es gerade nicht gehen.”

4. Unterwegs im Ausland: die Arbeit als Korrespondent/in
(anchor.fm, Levin Kubeth, Audio: 1:15:40 Stunden)
Levin Kubeth unterhält sich im Medienpodcast “Unter Zwei” mit Fabian Reinbold, Washington-Korrespondent von t-online.de, und mit Karoline Meta Beisel, EU-Korrespondentin der “Süddeutschen Zeitung” in Brüssel. Es geht unter anderem um die Schwierigkeiten und Besonderheiten derartiger Auslandseinsätze, ihre Arbeitsabläufe und die Frage, wie es ist, in einem kleinen Team über ein ganzes Land zu berichten.

5. Roger Köppels seltsame Nähe zu den chinesischen Kommunisten
(nzz.ch, Simon Hehli & Daniel Gerny)
Die “NZZ” berichtet über eine “bemerkenswerte Kooperation” der rechtslastigen Schweizer Wochenzeitung “Weltwoche” mit der chinesischen Botschaft. Der “NZZ” lägen Kopien von Mails vor, die darauf hindeuten würden, dass die “Weltwoche” für ihre chinafreundliche Berichterstattung mit Gegenleistungen belohnt werde: Die chinesische Botschaft habe chinesischen Firmen, die in der Schweiz tätig sind, die Übernahme der Kosten für Werbung in dem Blatt angeboten. Dabei gehe es um ganzseitige Anzeigen im Wert von jeweils über 10.000 Franken.

6. Gelbkehlchen
(sueddeutsche.de, Maresa Sedlmeir)
Maresa Sedlmeir erzählt von einem Synchronauftrag für die “Simpsons”. Bei dem interessanten Blick hinter die Kulissen geht es auch um Kulturunterschiede hinsichtlich Wertschätzung und Bezahlung: Während in den USA die “Simpsons”-Sprecher und -Sprecherinnen gefeierte und hoch bezahlte Stars seien, könne in Deutschland keine der “Simpsons”-Stimmen ausschließlich von dieser Arbeit leben.

7. Fehlerforschung: Jeder zweite Artikel hat Mängel
(bildblog.de, Ralf Heimann)
Ausnahmsweise ein (zusätzlicher) Link in eigener Sache: Im zurückliegenden Jahr haben wir hier im BILDblog viel über Fehler geschrieben. Aber was genau sind das eigentlich: Fehler? Wie häufig passieren sie? Wie entstehen sie? Und was können Redaktionen gegen sie tun? Unser Autor Ralf Heimann hat sich in einer achtteiligen Serie mit all dem Falschen beschäftigt. Hier Teil 1: die Fehlerforschung.



Greta in vollen Zügen, Suizide der K-Pop-Stars, Nuhr Andersdenkende

1. Greta genießt’s in vollen Zügen
(taz.de, Gereon Asmuth)
Das Foto der auf dem Boden eines ICE sitzenden Greta Thunberg sorgt für Schnappatmung in den Sozialen Medien. Das liegt vor allem an einer unglücklichen Antwort der Deutschen Bahn, die Thunberg wohl zu Unrecht in ein schlechtes Licht rückt. Gereon Asmuth schreibt über ein PR-Desaster der besonderen Art. Oder wie Julia Reda auf Twitter sagt: “Die @DB_Presse erweckt den Eindruck, @GretaThunberg hätte ihr ICE-Foto gefaked und liefert damit Futter für Klimaleugner. Dass es um 2 verschiedene Züge ging, wird sich nie dort rumsprechen. So funktioniert Desinformation, herzlichen Glückwunsch.”
Weitere Lesetipps: Bei “Spiegel Online” fragt Arno Frank in seiner “Analyse einer Blamage”: “Liebe Bahn, wie kann man das so verbocken?” Und Martin Hoffmann erklärt in einem Twitter-Thread, warum “der Umgang mit dem Greta-Foto” ein Lehrstück darüber ist, “was in vielen Medien falsch läuft.”

2. SPD-Chefin Esken geht juristisch gegen Berichterstattung vor
(tagesspiegel.de, Georg Ismar)
Im ARD-Magazin “Kontraste” wurden schwerwiegende Vorwürfe gegen die neue SPD-Vorsitzende Saskia Esken erhoben, die sich auf ihre Zeit als Vizechefin des Landeselternbeirats Baden-Württemberg beziehen. Es geht vor allem um das angebliche Ausspionieren einer Mitarbeiterin und eine umstrittene Kündigung. Esken sei mit der Darstellung nicht einverstanden und habe laut “Redaktionsnetzwerk Deutschland” “presserechtliche Schritte auf Unterlassung, Widerruf und Gegendarstellung” gegen den RBB eingeleitet.

3. “Die Jüngeren sind unterversorgt”
(sueddeutsche.de, Stefan Mayr & Claudia Tieschky)
Die “Süddeutsche” hat sich mit SWR-Intendant Kai Gniffke über dessen Pläne mit dem Sender unterhalten. Dabei geht es um die Schwierigkeit, ein junges Publikum anzusprechen, ohne das alte zu verprellen, und das geplante Innovationszentrum: “Das wird eine Hexenküche sein, ein Inkubator für Ideen aus dem SWR, es soll mit Start-ups und Wissenschaft gemeinsame Projekte realisieren. Und es soll konkrete Aufträge angehen. Zum Beispiel: Bitte macht mal ein Konzept, wie wir dieses und jenes Milieu künftig erreichen, in dem wir Defizite haben.”

4. Kein Witz: Dieter Nuhr möchte die Debattenkultur retten
(nollendorfblog.de, Johannes Kram)
Der Kabarettist Dieter Nuhr hat sich in einem Interview mit der “Rheinischen Post” (beim Bonner “General-Anzeiger” auch ohne Paywall) über die seiner Meinung nach unzureichende Debattenkultur beklagt (“Andersdenkende werden nicht mehr respektiert”). Johannes Kram kommentiert: “Das Interview hat einen seltsamen Beigeschmack, weil Dieter Nuhr hier unwidersprochen den Eindruck erwecken darf, er hätte mit dem, was er da beschreibt, nichts zu tun. Dabei ist es ja gerade Nuhr, der mit seiner Aggressivität verbunden mit seiner enormen Social-Media-Reichweite genau die Debattenkultur vergiftet, die er hier vorgibt, retten zu wollen. Und das in einer bemerkenswerten Perfidie.”

5. Twitter sperrt Polizei-Accounts in NRW
(blog.wdr.de, Dennis Horn)
Am Wochenende hat Twitter eine ganze Reihe von offiziellen Polizei-Accounts gesperrt. Bei den Sperren könne es sich um einen technischen Fehler handeln, so Dennis Horn, und dennoch sei es “offensichtlich, dass Twitter ein Problem mit Overblocking hat — und die Frage, wie gut es ist, dass private Unternehmen über Kanäle entscheiden, die für die Öffentlichkeit wichtig sind, bleibt aktuell.”

6. Wenn der mediale Druck zu groß wird
(deutschlandfunk.de, Kathrin Erdmann, Audio: 4:51 Minuten)
Innerhalb kurzer Zeit haben sich in Südkorea drei K-Pop-Stars das Leben genommen. Der Erfolg der Musikerinnen und Musiker scheint mit extrem hohem Druck verbunden zu sein. Das Management schreibe ihnen zum Beispiel ein Maximalgewicht von 50 Kilogramm vor und mische sich auch ansonsten in intimste Dinge ein. Der Chef einer K-Pop-Agentur: “In den Verträgen einer unserer Girlbands stand auch, dass sie keine Jungs treffen dürfen, aber es ist schwer, sie daran zu hindern, denn sie werden es trotzdem versuchen. Man muss sie dann kontrollieren, das kostet viel Geld. Größere Agenturen lassen ihre Manager sogar mit denen in einem Zimmer schlafen, damit sie keinen Blödsinn machen.”
(Solltest Du Suizid-Gedanken haben, dann gibt es Menschen, die Dir helfen können, aus dieser Krise herauszufinden. Eine erste schnelle und unkomplizierte Hilfe bekommst Du etwa bei der “TelefonSeelsorge”, die Du kostenlos per Mail, Chat oder Telefon (0800 – 111 0 111 und 0800 – 111 0 222 und 116 123) erreichen kannst.)

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