Archiv für 6 vor 9

Digitale Gewalt vertreibt Mädchen, Burdas Lügen-Embryo, Insta-Birthday

1. Digitale Gewalt vertreibt Mädchen aus sozialen Medien
(sueddeutsche.de)
Laut einer Umfrage des Kinderhilfswerks Plan International erfährt eine deutliche Mehrheit der Mädchen und jungen Frauen im Internet Formen von digitaler Gewalt. In Deutschland hätten 70 Prozent von ihnen Bedrohungen, Beleidigungen und Diskriminierungen erlebt. Die Folge davon sei oft der Rückzug aus den Sozialen Medien. In einem Offenen Brief bittet das Hilfswerk die Plattformbetreiber um mehr Unterstützung: “Wir Mädchen und junge Frauen in all unserer Diversität müssen uns darauf verlassen können, dass wir uns immer an Sie wenden können, wenn wir digitale Gewalt erleben und dass Sie etwas dagegen tun.”

2. Viel Lob – wenig Geld für Fachjournalisten
(mmm.verdi.de, Bärbel Röben)
Selten wurde Wissenschaftsjournalismus so geschätzt wie in den heutigen Corona-Zeiten. Das ist die eine Wahrheit. Die andere Wahrheit ist, dass im Wissenschaftsjournalismus tätige Menschen oftmals frei und zunehmend prekär arbeiten. Kann womöglich eine Stiftung zur Förderung des Wissenschaftsjournalismus helfen? Bärbel Röben berichtet über die schwierige Lage der Wissenschaftserklärung zwischen Bundesverdienstkreuz und Verarmung.

3. Burda-Verlag ließ falschen Embryo von Diana durchrutschen
(uebermedien.de, Mats Schönauer)
Die Regenbogen-Postille “Freizeit Spaß” aus dem Verlag Burda hatte eine frei erfundene Geschichte des US-Magazins “Globe” über Prinzessin Diana übernommen und als wahr dargestellt: Ein Arzt hätte Diana vor vielen Jahren einen Embryo entnommen, seiner eigenen Frau eingepflanzt und das Kind dann heimlich aufgezogen. Mats Schönauer hat sich daraufhin beim Deutschen Presserat beschwert – der Startpunkt für ein weiteres unwürdiges Schauspiel der “Freizeit Spaß”-Verantwortlichen.

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4. «Ich begann, mich zunehmend zu hinterfragen»
(persoenlich.com, Edith Hollenstein)
Der Medienjournalist Rainer Stadler hat seinen Job bei der “NZZ” an den Nagel gehängt. Das ist bemerkenswert, da Stadler mehr als 30 Jahre für die Schweizer Zeitung tätig war und dort die Medienseite verantwortete. Sein Abgang ist nicht ganz freiwillig, wie er im Interview berichtet: “Es ist für Verlage schwierig geworden, Meinungen zu tragen, die der Unternehmensmeinung nicht entsprechen. Es ist kein Zufall, dass bei allen anderen Zeitungen die Stellen der Medienjournalisten schon längst gestrichen worden sind.”

5. Politische PR an der Grenze zur Medienarbeit
(deutschlandfunk.de, Daniel Bouhs, Audio: 4:51 Minuten)
Lange Zeit waren Podcasts ein mediales Nischenprodukt, doch mittlerweile hat selbst die Politik das Medium für sich entdeckt. Ob Parteien, Fraktionen oder gar die Bundesregierung, alle wollen ihre Botschaften hinaus in die Welt senden und haben damit erstaunlich oft Erfolg. Viele klassische Medien übernehmen die Inhalte und damit gelegentlich auch unhinterfragt die Agenda der podcastenden Politiker und Politikerinnen. Daniel Bouhs berichtet über ein Medienformat zwischen informierender Aufklärung und politischer PR.

6. 10 Jahre Instagram: Die Welt als Werbefoto
(rnd.de, Matthias Schwarzer)
Instagram feiert am heutigen 6. Oktober seinen zehnten Geburtstag. Matthias Schwarzer zeichnet die Entwicklung des Dienstes nach, von der reinen Fotoplattform bis hin zum audiovisuellen Riesennetzwerk.
Weiterer Lesehinweis: Das sind die erfolgreichsten Instagram-Posts aller Zeiten (rnd.de).

Steingarts Steuermann, Twitters KI-Kapitulation, Zeitungsbote gewinnt

1. “Überlebt haben fast keine”
(taz.de, Steffen Grimberg)
Kommunikationswissenschaftlerin Mandy Tröger hat untersucht, wie sich der ostdeutsche Zeitungsmarkt nach dem Mauerfall entwickelt hat, und ihre Erkenntnisse in einem Buch zusammengefasst (“Pressefrühling und Profit – Wie westdeutsche Verlage 1989/1990 den Osten eroberten”). Im Interview mit der “taz” erklärt sie, warum die ostdeutschen Verlage es ungleich schwerer hatten, in Westdeutschland Fuß zu fassen, als andersherum die westdeutschen Verlage in Ostdeutschland.

2. “Das klassische Zeitungsmodell hat keine Zukunft”
(journalist.de, Catalina Schröder)
Was für eine Art von Journalismus findet auf dem Berliner Redaktionsschiff von Gabor Steingart statt? Wie sieht der typische Alltag aus? Und wie verläuft die Zusammenarbeit mit einen Chef, der “nicht gerade für sein leises Auftreten bekannt sei” und dessen Buch auf deutliche Kritik gestoßen ist? Catalina Schröder hat sich mit Michael Bröcker unterhalten, dem Chefredakteur und Miteigentümer der Media Pioneer Publishing AG.

3. Twitter verbietet künstlicher Intelligenz den Bildbeschnitt
(spiegel.de, Jörg Breithut)
Twitter ist es nicht gelungen, seine Künstliche Intelligenz so zu trainieren, dass Personen auf Fotos benachteiligungsfrei erkannt und in Bildausschnitten herausgestellt werden. Nun zieht das Unternehmen die Reißleine und lässt die Nutzerinnen und Nutzer wieder über die Bildausschnitte bestimmen: “Wir hoffen, dass wir das Risiko von Benachteiligung reduzieren, indem wir den Nutzern mehr Möglichkeiten geben, die Bilder zu beschneiden, und bereits beim Tweet-Verfassen anzeigen, wie die Fotos später aussehen.”
Weiterer Lesehinweis: Kampf gegen Pornographie: Medienaufsicht prüft Twitter (faz.net).

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4. Zeitungsbote gewinnt in zweiter Instanz
(verdi.de, Frank Biermann)
Die Zeitungsbranche versuche, sich trotz klarer rechtlicher Vorgaben um Nachtzuschläge für ihre Zusteller und Zustellerinnen zu drücken und wortreich Sonderregelungen für sich zu reklamieren. Damit wollte sich ein Zeitungsbote nicht abfinden und hat erfolgreich dagegen geklagt. Nun habe das Landesarbeitsgericht Hamm dessen Arbeitgeber dazu verurteilt, die Nachtzuschläge der vergangenen drei Jahre nachzuzahlen – immerhin etwa 6868 Euro.

5. Döpfners neue Rolle ist kein Erfolgsgarant für Springer
(meedia.de, Gregory Lipinski)
Springer-Chef Mathias Döpfner bekommt von der Verlegerwitwe und Großaktionärin Friede Springer ein Milliardengeschenk und kann damit noch stärkeren Einfluss auf die Geschicke des Konzerns ausüben. Damit sei jedoch längst nicht klar, dass das Verlagshaus in eine sichere Zukunft steuere, findet Gregory Lipinski. Durch die Corona-Pandemie könne schwer eingeschätzt werden, wie sich die Geschäftsmodelle für Immobilien-, Job- oder Autobörsen, in denen das Unternehmen stark investiert ist, entwickeln. Außerdem bestehe der Investor KKR auf ordentliche Renditen und habe einen kritischen Blick auf die publizistischen Flaggschiffe “Bild” und “Welt”.

6. Das Dilemma mit der starken These
(zeit.de, Meike Laaf)
Der US-amerikanische Dokumentarfilm “Das Dilemma mit den sozialen Medien” beschäftigt sich kritisch mit den Folgen der Sozialen Medien für die Gesellschaft. Meike Laaf hat sich die Netflix-Eigenproduktion angeschaut und eine differenzierte Rezension verfasst.

Seenotrettung, Spendable “Tagesschau”, Fischers Haus

1. Die tagesschau stellt bestimmte Inhalte unter Creative Commons
(blog.tagesschau.de, Lena-Maria Reers)
Die “Tagesschau”-Redaktion könne, auch wenn sie es wolle, aus rechtlichen Gründen nicht alle Beiträge und Meldungen im Netz dauerhaft zur Verfügung stellen. Doch es gebe eine gute Nachricht: In einem extra eingerichteten Portal wolle man ab sofort die Erklärvideos aus den Sozialen Netzwerken unter einer freien Lizenz zur rechtefreien Nutzung anbieten. Dort wird auch in einem kurzen Video erklärt, was dabei erlaubt ist und was nicht.

2. Facebook verbietet Werbung, die Wahlergebnisse anzweifelt
(spiegel.de)
Viele Beobachter befürchten, dass US-Präsident Donald Trump eine Wahlniederlage nicht akzeptieren und sich seiner Ablösung widersetzen wird. Die Befürchtung ist nicht aus der Luft gegriffen, denn Trump selbst macht immer wieder Andeutungen, die in diese Richtung gehen. Der Facebook-Konzern will nun Desinformationskampagnen zur US-Wahl erschweren und keine Werbeanzeigen annehmen, die fälschlicherweise von Wahlbetrug sprechen oder vorzeitig Zweifel am Endergebnis säen.

3. «Konnten wir da noch Journalisten sein?» – Krisenberichterstattung über Seenotrettung
(message-online.com, Severin Pehlke)
Die NDR-Fernsehreporterin Nadia Kailouli hat mehrfach über die Seenotrettung auf dem Mittelmeer berichtet und ist dieses Jahr für ihren Dokumentarfilm “SeaWatch3” mit dem Grimme-Preis ausgezeichnet worden. Im Interview erzählt sie von ihrer Vorbereitung auf die schwierigen Einsätze und den gelegentlich auftauchenden Vorwürfen, nicht neutral zu berichten: “Ich finde schade, dass mir bei meiner Arbeit oft eine politische Positionierung nachgesagt wird. Ich möchte mir keine Vorwürfe anhören müssen, dass ich mich politisch positioniert habe, nur weil ich grundsätzlich darüber berichten möchte, wie Menschen leben, die aus Teilen Afrikas nach Europa geflüchtet sind. Einem Sportjournalisten würde man doch auch nicht vorhalten, dass er nicht neutral ist, weil er sich mehr für Fußball als für Handball interessiert.”

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4. Zwanzig Verlage sind dabei
(faz.net)
Google startet mit zwanzig deutschen Verlagen ein gemeinsames Medienangebot, für das erstmals Lizenzgebühren an die Medienhäuser fließen sollen. Weltweit lasse sich Google dieses Projekt eine Milliarde US-Dollar kosten. Dem Verband der Zeitungsverleger BDZV gehe dies nicht weit genug: “Die Geldausschüttung an Verlagshäuser” erfolge “nach Gutsherrenart”. Das habe “nichts mit unseren Vorstellungen von einem modernen Urheberrecht im 21. Jahrhundert zu tun”.

5. Medien werden kritischer – ein bisschen
(deutschlandfunk.de, Felix Lill, Audio: 5:15 Minuten)
Die Berichterstattung japanischer Medien über die eigentlich anstehenden Olympischen Spiele sei bislang stets positiv gewesen, doch nun zeichne sich ein Wandel ab. Die Mehrheit der Menschen sei, anders als noch vor ein paar Monaten, “Tokyo 2020” gegenüber skeptisch eingestellt, und auch viele Redaktionen würden inzwischen kritischer berichten. Felix Lill erklärt die Hintergründe.

6. RTL und “Bunte” lassen Helene Fischer in ihrem neuen Haus nicht allein
(uebermedien.de, Boris Rosenkranz)
Mit Artikeln über die erfolgreiche Schlagersängerin Helene Fischer lässt sich viel Geld verdienen. Die Hoffnung auf Klicks und Auflagensteigerung lässt bei einigen Medien jedoch sämtliche Sicherungen durchbrennen. Boris Rosenkranz erzählt von einem besonders schamlosen Fall, bei dem Bildmaterial einer privaten Feier ausgebeutet wurde.

Gedächtnis­protokolle, “NZZ” im Tabaknebel, Diskursverschiebung

1. Warum berufen sich Undercover-Reportagen auf ominöse “Gedächtnis­protokolle”?
(uebermedien.de, Stefan Niggemeier)
In einer ProSieben-Reportage über rechte Netzwerke wurde ein AfD-Funktionär mit seinen Gewaltfantasien gegen Geflüchtete zitiert. Währenddessen wurde das Wort “Gedächtnisprotokoll” eingeblendet. Ein Undercover-Team hatte die den Politiker belastende Szene heimlich in einem Restaurant aufgenommen, in der Reportage war der AfD-Mann jedoch nicht zu sehen, und auch der Originalton war nicht zu hören. Medienanwalt Thorsten Feldmann ordnet die Thematik ein und erklärt, welche rechtlichen Gründe hinter dieser Vorgehensweise stecken.

2. Meinung: Mehr Debatte in den Tagesthemen
(ndr.de, Daniel Bouhs)
Bei den “Tagesthemen” soll es zukünftig einige Änderungen geben. Der “Kommentar” wurde nach 42 Jahren bereits zur “Meinung”. Ein “Pro und Contra” soll Debatten abbilden/anheizen. Der Historiker Jürgen Zimmerer warnt vor einer “Diskursverschiebung nach rechts”. Außerdem könnten auf diese Weise extreme Positionen salonfähig gemacht werden. Multiperspektivität sei gut, “aber es gibt natürlich einen Rahmen, außerhalb dessen Positionen einfach absurd sind. Ich warte dann auf den Kommentar in den ‘Tagesthemen’ zu ‘Die Erde ist eine Scheibe’ oder ‘Der Antisemitismus ist richtig’.”

3. Journalismus in Zeiten der Polarisierung: neun Empfehlungen von Jeff Jarvis
(innovation.dpa.com, Meinolf Ellers)
Der US-amerikanische Journalist und Autor Jeff Jarvis wurde vom Hamburger Senat und der Nachrichtenagentur dpa “für seine Verdienste als Brückenbauer zwischen den Internet-Plattformen und den traditionellen Medien” mit dem “Scoop-Award” geehrt. In seiner Keynote liefert Jarvis neun Denkanstöße für einen besseren Journalismus. Seine vollständige Rede gibt es bei Youtube (in englischer Sprache) zum Nachhören und Nachschauen.

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4. NZZ im Dunstnebel der Tabakindustrie
(infosperber.ch, Rainer M. Kaelin)
Die “NZZ” veröffentlichte jüngst einen PR-Artikel der Tabakindustrie. Der Pneumologe und ehemalige Vizepräsident der Lungenliga Schweiz, Rainer M. Kaelin, kritisiert den Beitrag: “Die Tribüne, die das älteste Medium der Schweiz dem Tabakgiganten Philip Morris zur Verfügung gestellt hat, lässt erschreckend deutlich erkennen, wie Lobbying, PR-Arbeit und Geld seit Langem die Tabakprävention auf Kosten der Jugend unterminieren. Das schadet dem Ansehen der NZZ, deren vornehmste Aufgabe die seriöse Information ihrer Leserinnen und Leser wäre.”

5. “Eine Frage von Leben und Tod”
(deutschlandfunk.de, Brigitte Baetz, Audio: 5:58 Minuten)
In London wird derzeit über die Auslieferung des Wikileaks-Gründers Julian Assange an die USA verhandelt. Dort drohen ihm eine Anklage wegen Spionage in 17 Fällen und insgesamt 175 Jahre Haft. Christian Mihr von Reporter ohne Grenzen beobachtet das Verfahren und zeigt sich äußerst besorgt: “Abgesehen davon, dass es hier um ein Verfahren gegen Julian Assange und ein Verfahren letztlich um Pressefreiheit geht, muss Julian Assange aus unserer Sicht auch schon allein aus humanitären Gründen sofort freigelassen werden.”

6. Die Rasen-Reporter
(zdf.de, 43:33 Minuten, Christian Bock)
Das Fußballmagazin “Kicker” wird dieses Jahr stolze 100 Jahre alt. Anlässlich des runden Geburtstags berichtet eine ZDF-Doku über die Entwicklung des Fußballs zum Volkssport und die Bedeutung der ihn begleitenden Medien, nicht nur des “Kickers”.
Weiterer Gucktipp: Die ARD hat im April eine Doku zum gleichen Thema in die Mediathek gestellt: 100 Jahre “Kicker”: Ein Sportmagazin schreibt Geschichte (Andreas Kramer, Video: 41:26 Minuten).

Amerikanische Katastrophe, Unzulässige Bilder, Jabadabaduuuu!

1. Die Fairness aufgegeben
(deutschlandfunk.de, Michael Borgers)
Anfang der Woche ist das Buch “Im Wahn. Die amerikanische Katastrophe” des ehemaligen “Spiegel”-Chefredakteurs Klaus Brinkbäumer und des Dokumentarfilmers Stephan Lamby erschienen. Im Interview mit dem Deutschlandfunk spricht Lamby über die Entwicklung der US-amerikanischen Medien. Bis zum Jahr 1987 habe die “fairness doctrine” gegolten, nach der bei politischen Kontroversen immer auch die Gegenseite gehört werden solle. In den Jahren der Deregulierung sei dies aufgegeben worden, mit schädlichen Auswirkungen bis in die Gegenwart: “Diese Entwicklungen, die da 1987/88 etwa ihren Anfang nahmen, die sehen wir in voller Blüte heute, so dass da nicht nur Republikaner und Demokraten gegeneinanderstehen, sondern auch ‘Fox News’ und ‘CNN’. Das ist wirklich mit Händen zu greifen im Moment.”
Weiterer Lesehinweis: Die US-Korrespondenten des “Spiegel” haben sich die erste TV-Debatte zwischen Donald Trump und Joe Biden angeschaut: Der Schreikampf (spiegel.de, Roland Nelles & Marc Pitzke).

2. Artikel über Scheidung von Anke Engelke nur ohne Bilder zulässig
(urheberrecht.org)
Die “Bild”-Zeitung und Bild.de hatten über das Scheidungsverfahren der TV-Unterhalterin und Schauspielerin Anke Engelke berichtet und dabei auch Fotos verwendet, die auf dem Weg zum Amtsgericht geschossen wurden. Letzteres sei laut einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs unzulässig: Die Bilder würden nicht zum Bereich der Zeitgeschichte gehören, sondern seien Teil der Privatsphäre.

3. “Die ARD gibt selbst fürs Wetter mehr aus als für Dokumentarfilme”
(dwdl.de, Timo Niemeier)
Freie Doku-Produzentinnen und -Produzenten hätten in Hessen so gut wie keine Chance, ihre Arbeiten bei der dortigen ARD-Tochter unterzubekommen. Im Gespräch mit “DWDL” erklären zwei langjährige Dokumentarfilmer die für sie unbefriedigende Situation: “Der HR ist der einzige ARD-Sender, der eine sehr strikte Eigenproduktionspolitik fährt. 97 Prozent aller Produktionen des HR stammen direkt aus dem Haus. Freie Dokumentarfilmer oder Nachwuchsfilmer kommen so überhaupt nicht zum Zuge. Das ist kein Zufall, sondern die erklärte Politik des Hauses, die auch vom Rundfunkrat abgesegnet ist. Für uns Dokumentarfilmer ist das existenzbedrohend, gerade jetzt in der Coronakrise.”

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4. Arktis statt Aktien, Dürre statt Dividende: Initiative will ARD-Sendung “Börse vor acht” ersetzen
(klimafakten.de, Nick Reimer)
Eine Gruppe von Klima-Aktivisten will die Börseninformationen im Ersten kurz vor der “Tagesschau” durch Klima-Berichterstattung ersetzen. Das Crowdfunding für eine Testausgabe war äußerst erfolgreich: Statt der ursprünglich anvisierten 20.000 Euro seien mehr als 40.000 Euro zusammengekommen. Nun werde eine sechsteilige Testreihe produziert. Dass diese dann auch bei einem ARD-Sender ausgestrahlt werde, sei eher unwahrscheinlich, aber darum gehe es auch nicht: “Wir wollen zeigen, was gute Klimaberichterstattung ist – und dass es geht.”

5. Forschung, Strategie, Umsetzung: Wie sich der SPIEGEL für junge Leser*innen verändert
(medium.com/@devspiegel)
Nachdem der “Spiegel” mit seinem Jugendportal “Bento” gescheitert ist, unternimmt er einen neuerlichen Versuch, die junge Zielgruppe zu erreichen: “Spiegel Start” heißt das neue “Service- und Orientierungsangebot rund um Ausbildung, Studium und Berufseinstieg”, das in dieser Woche anläuft. Im hauseigenen Entwicklerblog verraten die Macherinnen und Macher, welche Analysen und Überlegungen sie im Vorfeld angestellt haben.

6. Jabadabaduuuu!
(sueddeutsche.de, Fritz Göttler)
Fritz Göttler erinnert an die erste Zeichentrickfilmserie, die es ins US-amerikanische Primetime-Fernsehen schaffte: “The Flintstones” (in Deutschland: “Familie Feuerstein”). Sie wurde von den Animationskünstlern William Hanna und Joseph Barbera entwickelt, die zuvor bei MGM lange Zeit “Tom und Jerry” betreut hatten. Die Serie war in vielerlei Hinsicht außergewöhnlich, und vielen klingt Fred Feuersteins Urschrei noch heute in den Ohren: “Jabadabaduuuu!”

Interessenkonflikte bei Strobl? Deutscher Comedypreis, Audio

1. Der Deutsche Comedypreis ist ein schlechter Witz
(uebermedien.de, Stefan Stuckmann)
Jetzt frei abrufbar auch ohne Abo: Was Stefan Stuckmann über den alljährlich verliehenen Deutschen Comedypreis berichtet, klingt in der Tat wie ein schlechter Witz. Hinter dem Ausrichter verberge sich eine selbst im Comedy-Geschäft tätige und höchst befangene Filmproduktionsgesellschaft, was teilweise zu seltsamen Ergebnissen führe. “Das Problem ist aber natürlich nicht nur, dass hier unter dem Deckmantel von Offenheit und Partizipation die ewige Günstlingswirtschaft fortgesetzt wird – sondern auch, dass hier wieder die mangelnde Diversität sichtbar wird, die die Branche seit Jahrzehnten nicht überwindet.” Wer jemals bei der Verleihung des Comedy-Preises lachen konnte: Spätestens nach der Lektüre von Stuckmanns Text wird es einem vergehen.

2. Interessenkonflikte bei Christine Strobl?
(deutschlandfunk.de, Daniel Bouhs, Audio: 5:10 Minuten)
Christine Strobl soll neue Programmdirektorin der ARD werden. Sie ist CDU-Mitglied, Tochter von Wolfgang Schäuble und mit dem Innenminister von Baden-Württemberg verheiratet. Kann diese Konstellation gutgehen? Oder drohen Interessenkonflikte? Daniel Bouhs ordnet die Personalie ein.

3. Wir verabschieden uns
(bento.de, Viktoria Bolmer & Julia Rieke)
Der “Spiegel” stellt sein Jugendportal “Bento” ein. Die Ressortleiterinnen Viktoria Bolmer und Julia Rieke verabschieden sich mit einigen aus ihrer Sicht besonders lohnenswerten Lese- und Guckempfehlungen. All diese Texte und Videos würden weiter existieren und in das Archiv bei Spiegel.de wandern. Was auch noch von “Bento” bleibe: Der Podcast, der zukünftig im neuen Karriere-Ressort des “Spiegel” zu finden sei.

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4. “In Krisenzeiten eigentlich immer am besten”
(message-online.com, Volker Lilienthal)
“Message”-Herausgeber Volker Lilienthal hat sich mit Christian Tretbar vom “Tagesspiegel” über die Herausforderungen der Corona-Krise unterhalten. Die Zeitung sei relativ früh von einem Corona-Fall betroffen gewesen, dementsprechend ernst nehme man dort die Pandemie. Ein interessanter Blick hinter die Kulissen von Berlins größter Tageszeitung, der sowohl die logistischen als auch die inhaltliche Fragen behandelt.
Hörempfehlung: Bei radioeins spricht Joachim Huber, Ressortleiter Medien beim “Tagesspiegel”, über seine Corona-Erkrankung. Huber hatte sich im März infiziert, erlitt eine Lungenembolie, Nierenversagen sowie einen Herzinfarkt und lag fünf Wochen im Koma (Audio: 4:50 Minuten).

5. WDR-Umfrage zu Audioverständlichkeit
(sueddeutsche.de, Theresa Hein)
Der WDR will die Hörverständlichkeit seines Programms verbessern und arbeitet mit dem Fraunhofer-Institut an einem technisch optimierten Audiokanal. Auf der Website des WDR kann man an einem Hörtest teilnehmen, bei dem man zwischen dem Original und dem “sprachverbesserten Dialog+ Audiokanal” wechseln kann.

6. Wie Sascha Lobo vom “irgendwas mit digital”-Typ zur deutschen Internet-Instanz wurde
(omr.com, Philip Westermeyer & Christian Cohrs, Audio: 1:19 Stunden)
Im “OMR”-Podcast packt “Spiegel”-Kolumnist und Digital-Experte Sascha Lobo viele unterhaltsame Anekdoten aus seiner langen Karriere aus: von seinem Studium mit 38 Semestern, seiner Arbeit als Kreativdirektor in einer Berliner Digitalagentur, seinem kalkulierten Haarschnitt. Und er erzählt die Geschichte, wie er einmal wegen der Teilnahme an einer Werbeaktion 40.000 empörte E-Mails und automatisierte Beleidigungen erhielt.

“FinCEN-Files”, Unbezahlbarer Journalismus, Falsche Shitstorms

1. Wie interessiert man Leute für ein Thema wie die “FinCEN-Files”?
(uebermedien.de, Stefan Niggemeier, Audio: 52:32 Minuten)
Bei einem Verdacht von Geldwäsche müssen multinationale Großbanken der US-amerikanischen Finanzaufsicht FinCEN eine Meldung zukommen lassen. Dem kämen die Banken auch in erschütternd hoher Anzahl nach, doch fast immer ohne Folgen. Ein Teil dieser Informationen wurde “Buzzfeed News” zugespielt. Die Redaktion teilte den Datenschatz mit über 100 Redaktionen in 88 Ländern. Marcus Engert hat als investigativer Reporter von “Buzzfeed News Deutschland” an dem Projekt mitgewirkt. Im Gespräch mit Stefan Niggemeier schildert er die Schwierigkeit, die komplexe Materie vorstellbar zu machen und journalistisch aufzubereiten.

2. Kriegsreporterin Ramsauer: “Habe mich 20 Jahre in jedes Drecksloch gesetzt”
(derstandard.at, Oliver Mark)
Seit mehr als 20 Jahren berichtet die Journalistin Petra Ramsauer aus Kriegs- und Krisengebieten, doch damit ist nun Schluss. Ihre Arbeit als Kriegsreporterin sei nicht mehr finanzierbar. Für ihre Reportagen brauche sie wegen des erheblichen Aufwands und der Kosten für Fahrer und Fixer (Vororthelfer) zwischen 3.000 und 4.000 Euro pro Einsatz. Angeboten habe man ihr jedoch teilweise nur 150 Euro: “Ich habe abgelehnt. Das geht sich nicht mehr aus.” Ramsauer schule nun um zur Therapeutin mit dem Schwerpunkt Traumaverarbeitung.

3. Strafanzeige zu taz-Kolumne: Innenministerium wollte auch gegen Chefredaktion vorgehen
(fragdenstaat.de, Arne Semsrott)
“FragDenStaat” hat sich unter Berufung auf das Informationsfreiheitsgesetz die interne Kommunikation des Bundesinnenministeriums zur umstrittenen polizeikritischen “taz”-Kolumne (“All cops are berufsunfähig”) vorlegen lassen. Wider besseres Wissen und gegen den Rat seines Hauses habe Innenminister Horst Seehofer verkündet, die Kolumne habe mehrere Straftatbestände erfüllt. “Angesichts der Prüfung durch das Ministerium steht der Minister, der sich selbst als ‘Erfahrungsjuristen’ bezeichnet, mit dieser Ansicht alleine. Welche Straftatbestände neben Volksverhetzung überhaupt einschlägig sein sollen, ist unklar. Offiziell traf man die Entscheidung gegen eine Anzeige zum Schutze der Pressefreiheit. Viel wahrscheinlicher ist jedoch, dass die fehlenden Erfolgsaussichten den Ausschlag gegeben hatten.”
Weiterer Lesehinweis: Zuvor hatte bereits der “Tagesspiegel” über das missglückte Vorgehen berichtet.

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4. Shitstorm vs. Meinungsfreiheit auf Sozialen Medien
(scilogs.spektrum.de, Markus Pössel)
Laut Duden handelt es sich bei einem “Shitstorm” um einen “Sturm der Entrüstung in einem Kommunikationsmedium des Internets, der zum Teil mit beleidigenden Äußerungen einhergeht”. Doch manchmal werde mit dem Shitstorm-Begriff lediglich legitime Kritik ausgehebelt, so Markus Pössel: “Besonders perfide ist es, Kritik pauschal als ‘Shitstorm’ abzuqualifizieren – mit dem bequemen Nebeneffekt, dass man so auch sachliche Kritik abwatschen kann, ohne dass man sich damit sachlich hätte auseinandersetzen müssen. Für diesen Kunstgriff kann man zudem ausnutzen, dass in einem breiten Spektrum kritischer Anmerkungen ab einer bestimmten Gesamtanzahl mit großer Wahrscheinlichkeit auch Menschen dabei sind, die ausfällig werden.”

5. Vielfalt und Freiheit
(sueddeutsche.de, Meredith Haaf)
Viele Redaktionen setzen gerade verstärkt auf Meinungsjournalismus, die “Zeit” beispielsweise mit ihrem “Streit”-Ressort, die “Tagesthemen” mit ihrem Pro und Contra. Wie ist die Meinung im Journalismus einzuordnen? Und dürfen die traditionellen Medien überhaupt “Meinung machen”, wie ihnen oft vorgeworfen wird? Meredith Haaf ist Redakteurin im Ressort Meinung der “Süddeutschen Zeitung” und weiß, was dieses Thema den Lesern und Leserinnen abverlangt: “Der Wunsch, vor der Meinung der anderen seine Ruhe haben zu wollen, sitzt offenbar tief im Menschen. Die Meinungsfreiheit wiederum beinhaltet die Gesetzmäßigkeit, dass es zu jeder Meinung eine Gegenmeinung gibt. Meinungen zu haben und zu hören ist eine Art Ausdauersport.”

6. Warum Comedy-Helden jetzt gelöscht werden sollen
(ardmediathek.de, Philipp Walulis, Video: 30:30 Minuten)
Das gesellschaftliche Humorverständnis hat sich in den vergangenen Jahren stark gewandelt, und damit auch der Blick auf Comedy. In früheren Sketchen haben viele bekannte Comedians Minderheiten klischeehaft bis verletzend bewitzelt. Was tun mit dem belasteten Altmaterial? Aus dem Programm nehmen? In den USA haben sich etliche Programmmacher tatsächlich für diese Maßnahme entschieden und teilweise ganze Folgen gelöscht.

7. “Ein zweites Mal diese Tortur – das würde ich nicht schaffen”
(tagesspiegel.de, Maris Hubschmid)
Als zusätzlicher Link, weil nur eine indirekte Medienmeldung: Joachim Huber, Leiter des “Tagesspiegel”-Medienressorts, spricht über seine Corona-Erkrankung, die mit einer Lungenembolie, totalem Nierenversagen und einen Herzinfarkt einherging. Huber ist zwar mit dem Leben davongekommen, leidet jedoch noch heute unter den Folgen der Erkrankung. Ein eindringlicher Bericht, an den man sich erinnern sollte, wenn man mal wieder genervt von Hygieneregeln, Abstandhalten und Maskenpflicht ist.

Tichys Ausscheiden, Friede Springers Milliardengeschenk, Interviewkritik

1. Tichy gibt Stiftungs-Vorsitz ab und verlässt Journalistenpreis-Jury
(tagesspiegel.de, Julia Bernewasser)
In einem Magazin des Publizisten Roland Tichy wurde eine sexistische Äußerung über die SPD-Politikerin Sawsan Chebli veröffentlicht, was für viel Kritik sorgte. Aus Protest kündigte die CSU-Politikerin Dorothee Bär ihre Mitgliedschaft in der von Tichy geleiteten Ludwig-Erhard-Stiftung. Nun will Tichy sein Amt als Vorsitzender der Stiftung abgeben. Außerdem sei er aus der Jury des Deutschen Journalistenpreises ausgeschieden.
Weiterer Lesehinweis: Im Deutschlandfunk kommentiert Stefan Fries: “Das Problem ist also nicht Roland Tichy als Stiftungsvorsitzender. (…) Das Problem ist Roland Tichy als Publizist, der behauptet, Journalismus zu betreiben, aber oft gegen dessen Grundsätze verstößt.”
Und noch ein Lesehinweis: Für die “Süddeutsche Zeitung” haben Simon Hurtz und Robert Probst aufgeschrieben, wie sich Tichy über die vergangenen 30 Jahre zu dem entwickelt hat, der er jetzt ist.

2. Friede Springer schenkt Döpfner eine Milliarde Euro
(faz.net)
Friede Springer ist Großaktionärin des Springer-Konzerns. Nun überträgt die 78-jährige Erbin 15 Prozent am Unternehmen, die bisher ihr gehören, an den Vorstandsvorsitzenden Mathias Döpfner – als Schenkung. Die “FAZ” hat nachgerechnet, wie viel die kleine Aufmerksamkeit unter Freunden wert ist: “Der Umsatz des Konzerns betrug im vergangenen Jahr 3,11 Milliarden Euro, der bereinigte Konzernüberschuss lag bei 263,7 Millionen Euro. Die Marktkapitalisierung betrug zuletzt knapp 6,8 Milliarden Euro. Eine Schenkung von 15 Prozent hätte demnach einen Wert von einer Milliarde Euro.”

3. Das einstündige Kontraste-Interview mit Michael Ballweg, von dem der RBB 22 Sekunden gesendet hat
(planet-interview.de)
Der Initiator der “Querdenken”-Demos Michael Ballweg hat sich vom RBB-Magazin “Kontraste” etwa eine Stunde interviewen lassen. Bei den später gesendeten insgesamt 33 Sekunden (22 Sekunden O-Ton und 11 Sekunden aus dem Off) sei jedoch nicht korrekt verfahren worden, so Interview-Fachmann Jakob Buhre: “Wenn man einem Interview-Partner nur ein so kleines Sendefenster gibt, ist es dann zu viel verlangt, dass seine Aussage korrekt wiedergegeben und nicht verdreht wird? Wenn Ballweg gut hörbar ins Mikro sagt, er sei nicht angstgetrieben, warum wird er dann von ‘Kontraste’ als angstgetrieben dargestellt?” Um nicht missverstanden zu werden, ergänzt Buhre: “Ich teile Ballwegs Behauptung, dass es in Deutschland ‘massive Zensur’ gibt, ausdrücklich nicht. Ich habe aber gewisse Sorgen, dass ‘Kontraste’ in diesem Fall Ballwegs Vorbehalte gegenüber den Öffentlich-Rechtlichen eher verstärkt als verringert hat.”

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4. Jeff Jarvis: “Die besten Geschichten meines Lebens passieren gerade jetzt”
(meedia.de, Ben Krischke)
Der New Yorker Medienexperte und Journalismus-Professor Jeff Jarvis spricht im Interview über seine Sicht auf die US-amerikanische Medienlandschaft, die Corona-Berichterstattung, den Kampfbegriff der “Cancel Culture” und das Versagen der klassischen Medien angesichts des digitalen Strukturwandels: “Wir haben zum Beispiel Newsrooms verkleinert und damit an der falschen Stelle gespart. Wir haben angefangen, Click-Baiting über Katzen und die Kardashians zu machen, und damit stark an Vertrauen eingebüßt. Verlage geben ja gerne den großen Plattformen die Schuld an ihrer Misere. Dabei sind sie es, die ihre Misere selbst verschuldet haben.”

5. “Liebe Boomer*innen…”: Gegenrede
(wortvogel.de, Torsten Dewi)
Gestern haben wir in den “6 vor 9” eine Art Wutrede von Nicolas Wildschutz verlinkt: Liebe Boomer*innen, wieso seid Ihr eigentlich gegen das Gendern? Torsten Dewi hat den Text genau studiert und beschreibt in einer längeren Analyse, was ihn daran stört: “Es wäre einfach gewesen, diese Kolumne zu ignorieren. Aber sie zeigt sehr schön und exemplarisch, was schief läuft. Es wird als Debattenbeitrag missverstanden, was eigentlich nur eine Ansammlung von ‘Ich habe Recht – wieso seht ihr das nicht ein?’-Phrasen ist. Dann wundert man sich, dass keine echte Diskussion zustande kommt, dass in den Kommentarspalten nur Wut und Beleidigung Ausdruck finden – und nimmt es als weiteren Beleg, dass mit der Gegenseite halt nicht zu reden ist.”

6. Clickbait Suspense: Breaking News
(noemix.wordpress.com, Michael Nöhrig)
Die Boulevardpresse ist hinter ein Geheimnis ungeahnten Ausmaßes gekommen: Sie hat herausgefunden, wie Archie, der einjährige Sohn von Herzogin Meghan und Prinz Harry, seinen Opa nennt. Die Antwort ist schier unglaublich!

Debattenräume, Klimaheft, Witze über Minderheiten

1. Was denkt Lisa Eckhart?
(taz.de, Anne Fromm)
In einem “Appell für freie Debattenräume” protestieren über 100 Menschen aus Kultur, Wissenschaft und Politik mit großem Pathos gegen angebliche Denk- und Sprechverbote. “taz”-Medienredakteurin Anne Fromm erklärt, worum es dabei geht und worin die Unterschiede zum US-amerikanischen “Letter on Justice and Open Debate” liegen. Fromm zeigt sich insbesondere erstaunt darüber, wie viele Journalisten den Appell unterschrieben haben: “Das sind alles Leute, die sehr wohl sehr viel sagen dürfen. Ständig und überall.”

2. Der STERN gestaltet gemeinsam mit Fridays for Future ein Klimaheft
(stern.de)
Den globalen Klimastreiktag am 25. September begleitend, produziert der “Stern” ein Heft gemeinsam mit den Klimaaktivistinnen und -aktivisten von Fridays for Future. Die Redaktion erhält dafür viel Lob, aber auch Kritik, zum Beispiel, dass sich guter Journalismus mit nichts gemein mache. “In eigener Sache” schreibt das Magazin über die Beweggründe für die Aktion und erklärt, wie die Zusammenarbeit abläuft.

3. Witze über Minderheiten: Dumm und aus der Zeit gefallen
(rnd.de, Matthias Schwarzer)
Vergangene Woche sorgte ein Podcast von Florian Schroeder und Serdar Somuncu für Entrüstung in den Sozialen Medien. Somuncu hatte sich darin auf eine ordinäre und menschenverachtende Weise in einen Rausch von Misogynie, Rassismus und Sexismus geredet (siehe die “6 vor 9” vom 16. September). In ihrer neuen Folge äußern sich die Protagonisten noch einmal zu dem Fall, machen es sich dabei jedoch zu leicht, wie Matthias Schwarzer findet: Die Kabarettisten “gehen offenbar davon aus, dass Somuncus inszenierte Hassrede vom Publikum schlichtweg nicht verstanden wurde, und deshalb den Proteststurm ausgelöst hat. War wohl einfach zu große Kunst, zu feinsinnig für die Masse – und am Ende hat man doch wieder allen den ganz großen Spiegel vorgehalten.”

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4. Liebe Boomer*innen, wieso seid Ihr eigentlich gegen das Gendern?
(meedia.de, Nicolas Wildschutz)
Nicolas Wildschutz spricht in seinem “Meedia”-Gastbeitrag all die Menschen an, die sich hartnäckig einer gendergerechten Sprache widersetzen: “Überlegt Euch einmal wirklich, wieso Ihr gegen das Gendern seid. Habt Ihr Euch genügend mit dem Thema beschäftigt? Wenn ja, überzeugen Euch die Argumente nicht oder reagiert Ihr aus Trotz?”

5. Dorothee Bär verlässt Ludwig-Erhard-Stiftung
(spiegel.de)
Aus Protest gegen eine sexistische Äußerung in einem Magazin des Publizisten Roland Tichy kündigt CSU-Politikerin Dorothee Bär ihre Mitgliedschaft in der Ludwig-Erhard-Stiftung, deren Vorsitzender eben jener Tichy ist. Dem “Handelsblatt” gegenüber sagte Bär (nur mit Abo lesbar): “Grund für diese Entscheidung ist eine Publikation in dem Magazin ‘Tichys Einblick’, die frauenverachtende und in höchstem Ausmaß sexistische Äußerungen gegenüber meiner Kollegin Sawsan Chebli enthält”.
Weiterer Lesehinweis: Auf Twitter kommentiert Linus Neumann: “Roland Tichy ist seit Juni 2014 Vorstandsvorsitzender der Ludwig-Erhard-Stiftung. UND JETZT ERST treten Leute aus Protest aus.”

6. Titanic-Redaktionskonferenz, Folge 5
(titanic-magazin.de, Moritz Hürtgen & Torsten Gaitzsch, Audio: 57 Minuten)
Satiriker beobachten fortwährend das Zeitgeschehen, dementsprechend hoch ist ihr Medienkonsum. In der aktuellen Folge der “Titanic-Redaktionskonferenz” sprechen Torsten Gaitzsch und Moritz Hürtgen darüber, welche Medien sie verfolgen, was es mit den Austausch-Abos auf sich hat, und warum Journalisten und Journalistinnen anderer Redaktionen ihnen gelegentlich den Kaffee wegtrinken und ihre Toilette benutzen.

Beratungsresistenter Minister, Ehrungen, Merkbefreite Männer

1. Das eigene Haus zweifelte am Strafanzeigen-Plan des Innenministers
(tagesspiegel.de, Jost Müller-Neuhof)
Interne Dokumente des Bundesinnenministeriums zur umstrittenen polizeikritischen “taz”-Kolumne (“All cops are berufsunfähig”) zeigen, dass die Ministerialbeamten nicht an den Erfolg einer Klage glaubten: “Aus hiesiger Sicht dürfte eine strafrechtliche Verurteilung unverhältnismäßig sein”. Innenminister Horst Seehofer ließ sich davon wenig beeindrucken, änderte jedoch seine Vorgehensweise. Jost Müller-Neuhof dröselt den Vorgang auf, der für Seehofer wahrlich kein Ruhmesblatt ist.

2. Sie merken es einfach nicht
(spiegel.de, Margarete Stokowski)
Anlässlich der Diskussionen um den Somuncu-Podcast und Christian Lindners sexistische Witzchen beschäftigt sich Margarete Stokowski mit dem toxischen Humorverständnis mancher Männer: “Wir alle kennen diese Männer. Sie sagen in Diskussionen gern ‘ich spiele jetzt mal den Advocatus Diaboli…’, und dann sagen sie exakt das, was sie eh sagen würden, fühlen sich aber dabei als Vertreter einer höheren Macht. Sehr unangenehm. Üblicherweise wird empfohlen, so etwas einfach auszuhalten, aber erstens: Wer hält das aus? Und zweitens: Es geht davon nicht weg. Die einzige Lösung ist, diese Typen aufzuhalten, denn sie vermehren sich und halten an ihren Posten fest, und sie merken nicht von allein, wo das Problem ist.”

3. Presserat: Funkes Clickbaiting-Portal bedroht Ansehen der Presse
(uebermedien.de, Stefan Niggemeier)
Medienkritiker Stefan Niggemeier hat sich beim Presserat über drei Artikel beziehungsweise deren Überschriften beschwert, mit denen “Der Westen” seine Leserinnen und Leser auf eine besonders unangenehme und dramatische Weise in die Irre führte. Die Artikel wurden vom Presserat gerügt und von “Der Westen” offenbar auch gelöscht. Niggemeier musste sich jedoch zuvor allerlei Unterstellungen der Gegenseite anhören.

Bildblog unterstuetzen

4. “Als Frau wird man noch mal anders herabgesetzt”
(deutschlandfunk.de, Christoph Sterz & Michael Borgers, Audio: 7:27 Minuten)
Trotz wiederholter Versprechen versage Twitter noch immer beim Schutz von Frauen vor Online-Gewalt, so das Ergebnis einer neuen Untersuchung von Amnesty International (PDF, englisch). Der Deutschlandfunk hat sich mit der ZDF-Journalistin Nicole Diekmann über ihre Social-Media-Erfahrungen unterhalten und bei ihr nachgefragt, wie sie mit Herabsetzungen und Hass umgeht.

5. Wie groß ist Facebooks Macht im Wahlkampf?
(zeit.de, Eike Kühl)
In wenigen Wochen finden in den USA die Präsidentschaftswahlen statt. Facebook wolle sich dieses Mal stärker gegen Desinformationen und Wahlbeeinflussung stemmen. Ob die ergriffenen Maßnahmen erfolgreich sind, sei jedoch eine andere Frage. Facebook bleibe vor der Wahl am 3. November die große Unbekannte, so Eike Kühl in seiner Analyse: “Ob und wie groß der Einfluss des Netzwerks auf den Ausgang der Wahl, auf die Stimmenabgabe und Mobilisierung von Wählerinnen sein wird, bleibt wie schon 2016 schwer zu sagen und noch schwieriger zu belegen.”

6. Bundesverdienstkreuz für Drosten, Hitzlsperger und Levit
(rnd.de)
Am 1. Oktober wird Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier 15 Menschen mit dem Bundesverdienstkreuz auszeichnen. Unter den Personen, die die Ehrung erhalten sollen, sind die Wissenschaftsjournalistin Mai Thi Nguyen-Kim, der Virologe Christian Drosten und der Pianist Igor Levit.

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