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1. “Hokusai und die Linguistik” (schnellinterkulturell.de, Marco Damm)
“Im Land der aufgehenden Sonne” (Japan) gebe es “kein Wort für die mörderische Wucht meterhoher Wellenwände, überhaupt kaum Begriffe für Katastrophen”, schreibt Roland Mischke auf mainpost.de. Schnellinterkulturell.de setzt eine Grafik mit den Entsprechungen von Wörtern wie Taifun, Erdbeben, Hochwasser, Erdrutsch, Vulkanausbruch, Hitzewelle und Kältewelle im Japanischen dagegen.
2. “Women’s Health – Zeitlos langweilig” (kioskforscher.posterous.com)
Der Kioskforscher liest die “Women’s Health”: “Austauschbarkeit Zeitlosigkeit scheint bei den Health-Zeitschriften zum Markenkern zu gehören.”
3. “Richter fördern Presse-Monopol” (taz.de, Jean-Philipp Baeck)
“Nur eine einzige Journalistin des marktbeherrschenden Weser-Kuriers war geladen, als sich fünf Bremer GerichtspräsidentInnen gemeinsam mit der Generalstaatsanwältin und dem Leiter der Justizvollzugsanstalt zu Sparplänen des Bremer Senats äußerten.”
4. “Hausrecht oder Pressefreiheit?” (journalist.de, René Martens)
Bundesliga-Vereine machen in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen Vorschriften darüber, wer von wo aus dem Stadion berichtet. “De facto wird damit die Pressefreiheit beschnitten, denn selbstverständlich muss ein Journalist das Recht haben, sich privat – bei einem Stadionbesuch ja sogar als zahlender Kunde – an jedem beliebigen Ort aufzuhalten und darüber zu schreiben.”
6. “Internetzensur in China – ein Selbstversuch” (klartext-magazin.de, Friedrich Leist)
Friedrich Leist testet das Web in Ürümqi: “Als Suchmaschine kann man nur baidu.cn aufrufen, Google ist nicht erreichbar. Dafür kommt man auf Spiegel.de oder die Seite der Bildzeitung, bei letzterer sind aber alle Bilder gesperrt.”
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1. “Mein Bulle” (lawblog.de, Udo Vetter)
Ein Polizist wird vom Amtsgericht Mannheim zu einer Geldstrafe verurteilt, “wegen der Verhaftung einer Bundestagskandidatin, die so inszeniert war, dass die Journalistin eine exklusive Schlagzeile bekam.” Die Schlagzeile lautete 2009 auf Bild.de: “Hier wird eine Bundestags-Kandidatin verhaftet”.
2. “Die Selbstvergewisserungs-Maschine Bild” (meedia.de, Christian Meier)
Christian Meier liest gelangweilt die am Samstag in Übergröße erschienene “Bild”: “Die Mega-Bild ist auch mega-langweilig. Sie gibt sich als Huldigung an große Deutsche und deutsche Marken (Werbekunden, hereinspaziert) und endet als Einschlafhilfe.”
3. “Live by the BILD, die by the BILD” (sportmedienblog.de)
Fußball: Das Sportmedienblog befasst sich mit der “Führungsspieler-Debatte” und der Aufregung über das Buch von Philipp Lahm: “Seine Aussagen wurden aus dem Zusammenhang gerissen? Verkürzt dargestellt? Ach was! So arbeitet BILD nunmal.” Siehe dazu auch nennenswertes.de, das sich Aussagen von Mario Gomez im ZDF-Sportstudio widmet.
4. “traurige BILDfälschung” (die-anmerkung.blogspot.com)
Bezugnehmend auf diese Analyse eines Fotos von Steve Jobs fragt “Die Anmerkung”, ob Bild.de eine Fotofälschung verbreitet.
5. “Artikel Fanatismus” (343max.de, Max Winde)
Max Winde über Blogger und Twitterer, die jeden unverzüglich steinigen, der es wagt, ‘der Blog’ zu sagen. “Ganz im Ernst: Wie wollen wir jemals zu einer Gesellschaft gelangen, die jeden seine Kultur, Religion, Sexualität, Weltanschauung frei ausleben lässt, wenn wir es nicht mal schaffen solche Nebensächlichkeiten zu akzeptieren oder wenigstens zu ignorieren?”
In einem Interview, das er dem Internetportal “Meedia” gegeben hat, lässt sich “Bild”-Chef Kai Diekmann gestern mit den abfällig gemeinten Worten zitieren, er wisse gar nicht, wann er das letzte Mal ins BILDblog “hineingeschaut” habe.
Letzten Samstag wäre zum Beispiel eine schöne Gelegenheit gewesen, auch wenn es da gar nicht um “Bild” ging. Da haben wir nämlich über die Leute von kicker.de berichtet, die geschrieben hatten, der deutsche Nationalspielers Mesut Özil sei bei einem Spiel mit einem Gegenspieler aneinandergeraten, weil dieser Özils Religion beleidigt habe. kicker.de hatte das angebliche Zitat aus einer unseriösen Quelle, den Artikel aber sofort offline genommen, nachdem wir die Redakteure darauf hingewiesen hatten, dass es keinen brauchbaren Beleg für diese Version gibt. (Bei sport1.de, das sich auf kicker.de beruft, und dem “Trierischen Volksfreund”, der sich auf sport1.de beruft, steht der Unfug immer noch online.)
Wenn Kai Diekmann den BILDblog-Eintrag zu diesem Fall gelesen hätte, hätte er unter Umständen verhindern können, dass Ertuğrul Özkök, “der berühmteste Journalist der Türkei”, heute in seiner Kolumne in “Bild” schreibt:
Özil hat den Grund erklärt: “Ich saß auf der Ersatzbank. Villa hat meine Religion beleidigt. Ich habe nur meine Religion verteidigt.”
Özköks ganzer “Bild”-Text über Religion, Staatsbürgerschaft und Toleranz baut auf dem falschen Zitat Özils auf. Das wäre nicht nötig gewesen.
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1. “Quelle: YouTube” (videopunks.de, Markus Huendgen)
Es wäre doch auch für TV-Sender gar nicht so schwierig, die Quelle von YouTube-Videos korrekt anzugeben, findet Markus Huendgen.
2. “Die Deutschen sind eine Nation von Panikmachern” (zeit.de, Sami Skalli)
Wirtschafts- und Sozialstatistiker Walter Krämer wünscht sich mehr nüchterne Berichterstattung: “Die Medien sollten sich auf ihre Rolle als Berichterstatter und Chronist konzentrieren. Zu viele Journalisten verstehen sich jedoch als Prediger und Weltverbesserer.”
3. “Den Opfern eine Stimme geben” (medienheft.ch, Nicole Tepasse)
“Bei der Berichterstattung über Opfer spielt auch die emotionale Nähe zu dem Ereignis eine Rolle. Oder, um mit den Nachrichtenfaktoren nach Johan Galtung und Mari Holmboe Ruge zu sprechen, je mehr ein Ereignis mit vorhandenen Vorstellungen und Erwartungen übereinstimmt, desto eher wird es zur Nachricht – die Konsonanz ist entscheidend: Menschen müssen sich hineinversetzen, Bilder, Ereignisse auf sich übertragen können.”
4. Interview mit Detlef Vetten (swr.de, Audio, Stefan Siller, 32:48 Minuten)
Sportjournalist Detlef Vetten wird nach 20 Jahren Alkoholabstinenz rückfällig und gerät in die Psychiatrie. “Ich war eine zu verwaltende Nummer, Person. Wenn es hoch kam: Person.”
5. “Scheitern als Chance” (taz.de, Jannis Papadimitriou)
Staatliche Medien in Griechenland: “In Griechenland ist es ist ein offenes Geheimnis, dass viele Jobs in staatlichen Medien nicht nach Qualifikation, sondern nach Parteibuch oder durch persönliche Beziehungen vergeben werden. In den vergangenen Jahren schien sich niemand darüber zu wundern, dass der Presseminister einen Günstling ohne TV-Erfahrung zum Nachrichtenchef beförderte.”
6. Interview mit Dorothea Misch (meedia.de, Alexander Becker)
Dorothea Misch von “Bild kämpft” gibt an, “knallhart in der Sache und weich in den Worten” zu sein. “Über den Löwenanteil unserer Arbeit reden oder schreiben wir nicht. Wir helfen einfach unseren Lesern.”
Der Aktienkurs des Unterhaltungselektronikkonzerns Apple ist in den letzten Jahren derart grotesk gestiegen, dass man sich schon im Internet ansehen kann, wie reich man inzwischen sein könnte, wenn man zu einem bestimmten Zeitpunkt statt eines Computers der Firma deren Aktien gekauft hätte.
Auch der Münchner Marketingmanager Helmut Schwarz hätte sehr viel Geld machen können, wenn er vor 14 Jahren Apple-Aktien gekauft hätte. Das hat er dem Blog des “Süddeutsche Zeitung Magazins” erzählt:
Am 1. Juli 1997 kostete die Apple-Aktie 3,30 US-Dollar, heute ist sie 384 Dollar wert. Ich hätte damals ungefähr 5000 Dollar gehabt. Mein Aktienanteil wäre jetzt also sportliche 1,9 Millionen Dollar wert. In diesem Zeitraum gab es allerdings auch zwei Stocksplits bei denen die Aktienzahl erhöht und der Wert der Aktie jeweils halbiert wurde. Damit wäre der reale Wert der Aktien 475.000 Dollar, immer noch ganz ansehnlich.
Die Rechnung ist in mehrfacher Hinsicht Quatsch: Auf die 1,9 Millionen Dollar käme Schwarz nur, wenn er damals 5.000 Aktien gekauft hätte (5.000 * 384 = 1,9 Millionen). Für die 5.000 Dollar hätte er aber nur 1.515 Aktien bekommen (5000 / 3,30 = 1515).
Aber auch beim Thema Aktiensplits irrt der Mann, der von sich sagt, er habe “wirklich keine Ahnung von der Börse”: Wenn beim Split die Anzahl der Aktien verdoppelt wird, halbiert sich zwar der Kurs der einzelnen Aktie, der Depotwert verändert sich aber nicht. Ein Aktionär hat einfach doppelt so viele Aktien wie vorher. Bei zwei Splits hätte Schwarz heute also 6.060 Aktien (1515 * 2 * 2), die gemeinsam 2,3 Millionen Dollar Wert wären (6060 * 384).
Nach einigen Leserkommentaren, die ein paar mal mehr, mal weniger korrekte Lösungsvorschläge beinhalteten, hat sueddeutsche.de den Fehler transparent korrigiert:
Am 1. Juli 1997 kostete die Apple-Aktie 3,30 US-Dollar, heute (Stand: 17.8.11, Anm.d.R.) ist sie 384 Dollar wert. Ich hätte damals ungefähr 5000 Dollar gehabt. Inzwischen gab es zwei Stocksplits, bei denen die Aktienzahl erhöht und der Wert der Aktie jeweils halbiert wurde. Mein Aktienanteil wäre jetzt also sportliche 2,3 Millionen Dollar* wert.
(…)
* Anmerkung: In der ersten Fassung dieses Gesprächs ist Herrn Schwarz ein Rechenfehler unterlaufen. Vielen Dank an die Kommentatoren, die uns mit der richtigen Zahl weitergeholfen haben.
Jetzt bleibt aber das Problem, dass die einzelne Apple-Aktie niemals 3,30 Dollar gekostet hat. Im Juli 1997 lag sie bei rund 13 Dollar — was sich von den 3,30 Dollar nicht zufälligerweise um den Faktor Vier unterscheidet: Die 3,30 Dollar sind der “um Splits bereinigte Schlusspreis”, mit dem man die Kurse von damals und heute besser vergleichen kann. Gehandelt wurde die Aktie am 1. Juli 1997 zum tiefsten Stand aber für 12,75 Dollar.
Hätte Herr Schwarz bei diesem Stand seine 5.000 Dollar in Apple investiert, hätte er dafür 392 Aktien erhalten (5.000 / 12,75 = 392). Nach den zwei Splits hätte er 1.568 Aktien (392 * 2 * 2), die heute 602.112 Dollar (1.568 * 384) wert wären. Genug für den einen oder anderen Taschenrechner.
Nachdem wir sueddeutsche.de auf den zweiten Denkfehler aufmerksam gemacht hatten, wurde der Artikel erneut überarbeitet:
Am 1. Juli 1997 kostete die Apple-Aktie etwa 13 US-Dollar, heute (Stand: 17.8.11, Anm.d.R.) ist sie 384 Dollar wert. Ich hätte damals ungefähr 5000 Dollar gehabt. Inzwischen gab es zwei Stocksplits, bei denen die Aktienzahl erhöht und der Wert der Aktie jeweils halbiert wurde. Mein Aktienanteil wäre jetzt also sportliche 580 000 Dollar* wert.
(…)
* Anmerkung: In der ersten Fassung dieses Gesprächs ist Herrn Schwarz ein Rechenfehler unterlaufen (er war von dem um Dividenden und Splits bereinigten Schlusspreis der Aktie ausgegangen). Wir danken allen Kommentarschreibern.
Jetzt bleibt eigentlich nur noch die Frage, die ein Kommentator formuliert:
Ich verstehe nicht, warum hier von einer einzigartigen verpassten Möglichkeit für Herrn Schwarz gesprochen wird. Wir hatten doch damals alle die Möglichkeit die Apple-Aktie zu kaufen. Genauso gut hätte wir auch Google-Aktien kaufen können.
Beim spanischen Supercup zwischen Real Madrid und dem FC Barcelona am Donnerstag ging es (wieder einmal) hoch her: Unter anderem sahen David Villa und der deutsche Nationalspieler Mesut Özil die rote Karte, nachdem sie nach ihrer Auswechslung in einem großen Tumult aneinander geraten waren.
Özil hat sich zu den Ereignissen noch nicht groß geäußert. Das einzige Zitat, das seit Freitag die Runde macht, stammt von “Bild”:
Mesut Özil gestern zu BILD: “Ich bin unschuldig! Das kann man im Fernsehen sehen. Rangeleien sind nie auszuschließen, das ist dann pure Emotion. Und wenn Kollegen angegriffen werden, dann versuche ich zu helfen.”
Nur bei kicker.de wussten sie schon genau, was los gewesen war:
Und weiter:
Warum ging der sonst eher besonnene Mesut Özil im Schlussakt des Supercopa-Endspiels beim FC Barcelona (2:3) so aus sich heraus und sah die Rote Karte? War es ein Schlag des ebenfalls vom Platz gestellten David Villa? Inzwischen hat der Spielmacher von Real Madrid das Rätsel gelöst. “Ich habe mich so verhalten, weil ich meine Religion verteidigen wollte. Er hat den Islam beleidigt”, so der Nationalspieler.
Das Webportal “questionhalal.com” zitiert den Ex-Bremer am Donnerstagabend. (…)
Nur: “gelöst” war damit gar nichts.
Wer auf questionhalal.com ging, konnte auch ohne größere Französischkenntnisse herausfinden, dass sich die Seite auf football.fr beruft — und zu Bedenken gibt:
Es gibt keine andere zuverlässige Quelle für die Richtigkeit dieser Informationen, die zum jetzigen Zeitpunkt nicht bestätigt sind.
Inzwischen gibt es nicht mal mehr diese eine Quelle: In einem Nachtrag stellt questionhalal.com fest, dass der Ursprungsartikel bei football.fr offline genommen wurde. Einer Stellungnahme der Verantwortlichen von football.fr kann man entnehmen, dass es wohl zu “inakzeptablen Kommentaren” gekommen war und auch der Blogger, der das Gerücht über Villas Islam-Beleidigung in die Welt gesetzt hatte, sich nicht ordnungsgemäß verhalten hatte.
Aber weil sie diese Entwicklungen bei kicker.de nicht mehr verfolgt haben, behauptete die populäre Sportseite weiter, Mesut Özil habe so reagiert, weil David Villa dessen Religion beleidigt habe.
Nachdem wir bei kicker.de angefragt haben, ob man diese Art der Recherche und der Verkürzung dort für legitim halte (auch angesichts der Reichweite von kicker.de und des heiklen Themas), schrieb uns die Redaktion:
Wir werden den Quellen nochmal genauer nachgehen und das Thema redaktionsintern diskutieren.
Bis dahin haben wir uns entschlossen, den Beitrag aus dem Angebot zu nehmen.
Da war die Geschichte natürlich schon andernorts abgeschrieben worden.
sport1.de drehte die Irrsinnsspirale der Quellenangabe einfach weiter:
Mesut Özil hat eine Beleidigung von David Villa als Grund seines Ausrasters nach dem Supercup-Spiel gegen den FC Barcelona genannt. “Ich habe mich so verhalten, weil ich meine Religion verteidigen wollte. Er hat den Islam beleidigt”, so der Nationalspieler im “kicker”.
blick.ch bemühte sich noch ein wenig um Relativierung und schrieb von “verschiedensten Gerüchten”:
Aber was bringt den Deutsch-Türken bloss so auf die Palme? Auf verschiedenen Internetseiten wird Özil nun zitiert: “Ich habe dies getan um meine Religion zu verteidigen, weil David Villa den Islam beleidigt hat.” Ob dieses Zitat aus Özils Mund stammt, ist jedoch unklar.
Das freilich ficht die üblichen Islamhasser im Internet nicht an, die sich unabhängig jeder Faktenlage schon wieder in Rage geschrieben haben.
Das Zentralorgan für Moslemhasser, “Politically Incorrect”, schreibt:
Man stelle sich nur einmal vor, ein Christ oder Jude würde sich aufgrund seines Glaubens so aufführen. Die FIFA würde sich vermutlich einschalten und drastische Strafen aussprechen. Doch bei der “Religion des Friedens” sollten wir weiter fleißig Toleranz üben und Verständnis aufbringen…
Und “Nachrichten ohne Zensur” sekundiert:
Beim Abspielen der deutschen Nationalhymne erleben die Fans den Fußballsöldner Mehmet Özil schweigend und meistens mit seinen Gedanken abwesend. Dagegen rastet Özil aus, wenn es um die Religion des Friedens geht. In der Nachspielzeit des Supercups zwischen Real und Barca kam es zu Wild West Szenen, wobei auch Özil mit Handgreiflichkeiten nicht sparte und seinen Herausforderer David Villa attackierte, der angeblich den Islam beleidigte.
Wer hätte auch anderes erwartet, außer der DFB, schließlich sind die Heilsbringer für ihr hitziges Gemüt bekannt.
In den Leserkommentaren wird weiter gegen den Islam gehetzt, während bei Facebook Gruppen wie “Fuck you David Villa because you insulted religion of Mesut Ozil” gegründet werden.
Und so hat das ohnehin schon emotional aufgeladene Spiel zwischen Barcelona und Madrid völlig grundlos noch mehr Emotionen provoziert.
Im Profifußball ist es eine liebgewonnene Tradition, dass Journalisten munter verkünden, welcher Spieler aktuell zu welchem Verein wechseln könne oder gar wolle, während Spieler und Vereine mindestens ebenso viel Energie darauf verwenden, alles abzustreiten. Wer recht hatte, weiß man höchstens hinterher, als Faustformel kann man aber sagen: jede Seite kommt auf etwa 50%.
Seit Tagen spekulieren “Bild” und andere Ruhrgebietsmedien, der Spanier Raúl werde den FC Schalke 04 verlassen. Womöglich war es in dieser Situation nicht allzu clever von Schalkes Manager Horst Heldt, gegenüber Bild.de zu bestätigen, dass eine Anfrage von den Blackburn Rovers vorlag. Denn aus dem Angebot machte Bild.de schnell einen Wechsel:
Schalke-Superstar Raúl (34) steht vor dem Abflug nach England. Der Premier League-Klub Blackburn Rovers macht dem Spanier ein Angebot. Das bestätigte Schalke-Manager Horst Heldt (41) gegenüber BILD.de
Heldt: “Wir haben gestern (Montag, die Redaktion) eine offizielle Anfrage von Blackburn Rovers per Mail bekommen. Daraufhin haben wir mit seinem Berater Kontakt aufgenommen. Wir werden uns heute mit Raul und seinem Berater treffen und darüber sprechen.
Eigentlich wollen wir ihn nicht abgeben, aber wenn er uns sagt, dass er gehen möchte, werden wir uns damit beschäftigen und in Verhandlungen einsteigen. Es wird eine zeitnahe Entscheidung in dieser Sache geben und zwar bis spätestens Morgen, 13 Uhr.” Dann steigt Schalke in den Flieger zum Europa League-Play-Off-Spiel in Helsinki.
Noch mehr wusste die “Recklinghäuser Zeitung”:
Jetzt ist es sicher: Schalkes Star Raul wird den Verein noch bis zum 31. August verlassen. Das hat S04-Sportdirektor Horst Heldt unserem Medienhaus gerade bestätigt.
Schon seit Tagen gab es Gerüchte über einen Wechsel des Spaniers in die englische Premiere League zu den Blackburn Rovers. Gerade sagte Horst Held zu dem Thema: “Es macht keinen Sinn, einen Spieler auf Schalke zu halten, der nicht mehr zufrieden ist”. Mehr Details wollte Heldt nicht preisgeben.
Interessant, dass Schalke 04 anschließend das exakte Gegenteil auf seiner Website schrieb:
Am heutigen Dienstag (16.8.) nahm der FC Schalke 04 von einer offiziellen Anfrage der Blackburn Rovers Kenntnis, in welcher der Premier-League-Club mitteilte, an einer Verpflichtung von Raul interessiert zu sein. “Sowohl unser Trainer Ralf Rangnick als auch mein Vorstandskollege Peter Peters und ich haben immer betont, dass wir ihn nicht abgeben möchten”, stellte Manager Horst Heldt klar.
Gleichwohl unterrichteten die Königsblauen den Spieler vom Interesse aus England. Heldt: “Raul hat uns gesagt, dass er bei Schalke 04 bleiben möchte und uns gebeten, den Blackburn Rovers abzusagen. Dies haben wir bereits getan. Wir freuen uns, dass Raul auch künftig alles dazu beitragen will, dass wir sportlich erfolgreich sind.”
Bild.de drehte den Artikel, der ursprünglich unter der Überschrift “Also doch! Raul vor Abflug nach England zu Blackburn Rovers” gestanden hatte, um 180 Grad:
Und die “Recklinghäuser Zeitung”, deren Überschrift “Raul geht definitiv” gelautet hatte, schreibt nun unter der gleichen URL und der ursprünglichen Uhrzeit:
Nur das Ruhrgebietsportal westline.de, das den Artikel von der “Recklinghäuser Zeitung” übernommen hatte, verkündet immer noch:
Mit Dank an Machete04, Martin E., Cornelius und Steffen F.
Nachtrag, 18. August:westline.de hat seinen Artikel überarbeitet und mit einem Hinweis versehen:
Durch ein Missverständnis war aus einer ganz neutralen Aussage des Schalker Managers Horst Heldt eine “Vollzugsmeldung” geworden. Heldt hatte (wie oben im Artikel nachzulesen) lediglich erklärt, dass es sinnlos sei, einen unzufriedenen Spieler unbedingt halten zu wollen.
Beim Übermitteln des Gesprächsinhaltes in eine Onlinemeldung war dann in unserem Haus aus dem Konjunktiv eine Tatsache geworden. Nun hieß es nicht mehr “wenn ein Spieler gehen wolle”, sondern “dass der Spieler gehen will”.
Wir bitten um Entschuldigung wegen der Falschmeldung. Mehr dazu auch im Schalke-Forum.
Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].
1. “Nichts worauf man stolz sein muss” (taz.de, Anna Stommel)
Anna Stommel fragt sich, warum “Bild” sich genau jetzt mit der Vergangenheit des Chefredakteurs der “Märkischen Oderzeitung” auseinandersetzt und liefert Hintergründe dazu. “Pünktlich zum 50. Jahrestag der Mauer? Oder weil sich im Land Brandenburg gerade ohnehin eine Enquete-Kommission mit der Geschichte der DDR auseinandersetzt?”
2. “Absturz ins Sommerloch” (czyslansky.net, Tim Cole)
Mitarbeiter der “Daily Mail” halten die fiktive Serie “Terminus pour l’euro” (“la fiction de l’été”) der Zeitung “Le Monde”, in der man sich eine Schieflage der Bank “Société Générale” ausmalt, für echt und verbreiten sie weiter. “Dann setzte der normale Automatismus der Branche ein: Ein ums andere Blatt druckte die Meldung nach und bezog sich wiederum auf die Daily Mail.”
3. “Haben sich die Medien nach Robert Enkes Tod verändert?” (11freunde.de, Alex Raack)
André Beem untersucht in seiner Magisterarbeit Artikel vor und nach dem Tod von Robert Enke. “Haben vor Enkes Tod noch acht Prozent aller Zeitungen negativ über Fußballer berichtet, waren es danach neun Prozent. Die Durchschnittsnote in der Spielerbewertung hat sich von 3,5 auf 3,6 verschlechtert, in einer Tageszeitung aus Hannover sogar von vorher 3,2 auf 4,1. Das hatte allerdings auch mit dem sportlichen Absturz von Hannover 96 zu tun.”
4. “Journalismus von oben” (faz.net, Harald Staun)
Mini-Drohnen seien wie geschaffen für die Recherchemethoden des Boulevardjournalismus, schreibt Harald Staun: “Mikrokopter müssen nicht angemeldet werden, sie sind so leicht zu fliegen wie ein Modellflugzeug, leise und sensationell günstig. Nur eine Modellflughaftpflicht ist Pflicht, wegen der Absturzgefahr. Schon für 300 Euro bekommt man bei Amazon den Quadrokopter Parrot AR.Drone mit zwei Kameras an Bord, steuerbar mit jedem iPhone.”
Hannover 96 muss am Donnerstag in der Qualifikationsrunde der Europa League gegen den FC Sevilla antreten.
Der spanische “El Diario de Sevilla” hat im Vorfeld schon mal über das Spiel der Hannoveraner beim 1. FC Nürnberg berichtet und dabei die Namen von Manuel Schmiedebach und Jan Schlaudraff falsch geschrieben: “Schmiedelbach” und “Schauldraff” steht da, weswegen sich “Der Platzwart” im 96-Blog der “Hannoverschen Allgemeinen Zeitung” beklagt:
Die Tageszeitung “El Diario de Sevilla” hat dem 96-Sieg gegen Nürnberg sogar einen eigenen Artikel gewidmet, obwohl sich sportlich in Sevilla derzeit (fast) alles um das bevorstehende Stadtderby des FC gegen Real Betis dreht. Berichtet wird von einer Tormaschine (“El Noruego”) und den Spielern Schmiedelbach und Schauldraff. Schmiedelbach und Schauldraff klingt süß, aber nicht nach Gruppenphase. Der Donnerstag wird zeigen, ob es die beiden dabei belassen, oder ob sie sich unter ihren richtigen Namen bei den Spaniern nachhaltig in Erinnerung bringen wollen. Der Platzwart ist für eine Richtigstellung.
Das war offensichtlich zu kompliziert für ndr.de, wo es jetzt heißt:
Nein, als die ganz große Hürde auf dem Weg in die Gruppenphase der Fußball-Europa-League wird Hannover 96 von der Presse in Sevilla nicht angesehen. Zwar widmete die Tageszeitung “El Diario de Sevilla” dem 2:1-Erfolg der Niedersachsen am vergangenen Sonntag beim 1. FC Nürnberg einen eigenen Artikel. Neben einem Lob für 96-Angreifer Mohammed Abdellaoue (“eine Tormaschine”), fanden sich in diesem aber auch Sätze, die von wenig Respekt gegenüber dem Bundesligisten zeugen. “Schmiedebach und Schlaudraff klingt süß, aber nicht nach Gruppenphase”, war dort beispielsweise zu lesen.
ndr.de hat es also geschafft, den Hinweis auf einen Fehler falsch zu verstehen und ihn dann falsch abzuschreiben.
Mit Dank an Simon G.
Nachtrag, 18.55 Uhr: Unser Leser Day weist uns darauf hin, dass “El Noruego” mitnichten “Tormaschine” heiße, sondern “der Norweger”. Genau das ist Mohammed Abdellaoue.
Es ist nicht ganz auszuschließen, dass diese Fehlübersetzung im eher humoristischen Blog vom “Platzwart” Absicht war und ndr.de auch das falsch verstanden hat.
Binde verloren, Auftakt verloren, und nun auch Werbe-Deal verloren: Für Kölns Lukas Podolski (26) kommt es gerade knüppeldick.
Gebäck-Riese Griesson de Beukelaer wirbt zukünftig nicht mit Prinz Poldi. Der neue TV-Spot für die “Prinzenrolle” wird ohne den Kölner Publikumsliebling ausgestrahlt.
Die (irgendwie) gute Nachricht für Lukas Podolski: Er hat seinen Werbe-Deal nicht “nun” oder “gerade” “verloren”, sondern bereits im Januar, als Griesson de Beukelaer ankündigte, “die Kommunikation der Marke Prinzen Rolle” in diesem Jahr “neu ausrichten” zu wollen.
Der Werbevertrag mit Fußballnationalspieler Lukas Podolski endete mit Ablauf des Jahres 2010.
Das hätten sie bei wuv.de, der Website des Branchenmagazins “Werben & Verkaufen”, vielleicht besser noch mal dazu schreiben sollen, als sie gestern den neuen Werbespot vorstellten und dazu kalauerten: