Was soll man schon denken, wenn die Überschrift lautete:
Da hat dann wohl ein 18-Jähriger einen Hotel-Portier erschlagen. Zumindest muss sich das der Teaser-Texter von Bild.de gedacht haben — und also die Nachricht wie folgt angekündigt:
Hätte Bild.de Recht, wäre es schon sehr verwunderlich, dass der “Münchner Merkur” schon gestern zu berichten wusste, die Polizei habe nach dem “brutalen Mord” mit dem Portier bereits “kurz sprechen” können. Und was die “Süddeutsche Zeitung” ebenfalls gestern über das “Raubmord”-Opfer berichtete, wäre ein echtes Wunder:
Der 72-jährige Portier befindet sich auf dem Weg der Besserung. (…) Er wurde am Dienstag bereits aus der Intensivstation entlassen, er war ansprechbar, erkannte seine Familie am Krankenbett und wurde auch kurz von der Kriminalpolizei vernommen. (…) Zugute kommt dem 72-Jährigen wohl auch seine Konstitution. Er sei “fit wie ein Turnschuh” attestierte ihm sein Chef (…).
Mit Dank an die Hinweisgeber.*
*) Apropos “Hinweisgeber”: Ob (oder wie) auch die Münchner Lokalausgabe der gedruckten “Bild” berichtet, wissen wir leider nicht. Kann uns da jemand weiterhelfen?
Nachtrag, 25.1.2008(mit Dank an Marko H. und andere): In der gedruckten “Bild” war offenbar nicht von “Mord” die Rede.
Wenn Kollegen vor Häme triefen (persoenlich.com, Helmut-Maria Glogger)
Am Dienstag vermeldete die deutsche Presse, dass Star-Kolumnist Michael Graeter in Zürich festgenommen wurde, weil er gegen Bewährungsauflagen verstossen hat. Für den Publizisten Helmut-Maria Glogger zeigt der Fall des deutschen Gesellschaftsreporters vor allem eines: Nämlich wie schnell Kollegen über einen herfallen, der ihnen an Wissen, Recherche und auch Unbestechlichkeit himmelweit überlegen war. Und ist.
Wo das Echte zählt (tagesspiegel.de, Harald Martenstein)
Aufregung um einen Video-Blog: Im Internet gilt der Experte wenig, der Authentische viel.
Die Wahrheit über Britney Spears (taz.de, Christine Brügge)
Britney Spears hat einen dramatischen Abschiedsbrief geschrieben! Hat sie? Warum man besser keiner Meldung über ihr “wildes Leben” glaubt.
Medientagebuch (woz.ch, Stefan Keller)
“Einen Politiker gibt es, der sogar fast keinen Satz ohne «ich» von sich gibt, egal um welche Katastrophe es geht. Er heisst Moritz Leuenberger und führt einen Blog mit der Adresse http://moritzleuenberger.blueblog.ch. Glaubt man Leuenbergers öffentlichen ’Notizen zu Politik und Gesellschaft’, dann verbringt er wirklich besorgniserregend viel Zeit damit, sich Gedanken über den Umstand zu machen, dass er oft falsch verstanden wird.”
Auf zum großen Medienmischmach (netzeitung.de)
Die Grenzen zwischen Print, Online und bewegten Inhalten lösen sich mehr und mehr auf, wie Experten nun beobachtet haben. Der Trend gehe zu immer neuen Plattformen. Aber nur die Ruhe: So schnell geht das alles nicht.
US-Journalisten haben regelrechte Angst (derwesten.de)
Regelrechte Angst haben US-Journalisten vor der Entwicklung der Nachrichtenberichterstattung und fürchten um ihre Existenz. Ursachen sind vor allem der Qualitätsverlust durch schlechte Personalkapazität und die Konkurrenz zum Internet.
Kann jemand für den “Zusammenhalt der Kulturen” stehen, wenn er nur kurz zuvor auf der Stelle marschiert und dazu das Deutschland-Lied singt?
Nun: Die kürzeste Antwort darauf würde “Ja” lauten.
Alternativ empfiehlt sich auch ein Blick ins “Bild”-Archiv, in dem sich ganze empörte Artikel darüber finden, dass der damalige Außenminister 1999 bei der Vereidigung des Bundespräsidenten das “Deutschlandlied” nicht mitsang, und andererseits “Bild”-Kolumnist Peter Hahne sich 2002 zu den olympischen Winterspielen einfach ungestraft “das Deutschlandlied zur Siegerehrung” wünschen darf.
Gut, andererseits steht “Bild” vielleicht auch gerade in diesen Tagen nicht für den “Zusammenhalt der Kulturen”.
Huub Stevens ist derzeit und noch etwa sechs Monate Trainer des Fußballbundesligisten Hamburger SV. Im Sommer wird er aus privaten Gründen den Verein verlassen. Folgerichtig sucht der HSV einen neuen Chefcoach. Aber welche Rolle spielt Stevens dabei? Die Hamburg-Ausgabe der “Bild” meinte am Montag:
Kein Wunder, dass nach dem Test in Aachen (2:1) Stevens und Sportchef Dietmar Beiersdorfer in den Wagen sprangen, auf “Trainer-Tour” in die Niederlande fuhren.
Im Artikel wird Stevens dann recht deutlich (siehe auch Kasten):
Fahrgemeinschaft
“Schmunzeln musste Stevens dagegen über Vermutungen, dass er dem HSV bei der Suche nach seinem Nachfolger helfen und bereits intensiv involviert sein soll. Tatsächlich nahm Stevens am Freitagabend auf dem Weg in seiner [sic] Heimat Sportchef Dietmar Beiersdorfer ein Stück mit dem Auto mit, bevor sich dieser zu einem Treffen verabschiedete — ohne Stevens.” (Quelle: “Abendblatt”)
Ich bin bei der Trainerfrage weder einbezogen worden noch nach meiner Meinung gefragt worden und habe auch keine Tipps gegeben.
Laut “Abendblatt” ging es bei Beiersdorfers Reise “offenbar ausschließlich um das Sichten von Spielern”. Aber Stevens Version ist ohnehin plausibler, denn kein Trainer wird sich die Blöße geben, seinen eigenen Nachfolger zu bestimmen. Dann könnte er nämlich gleich zurücktreten und dem Neuen das Feld auf der Stelle überlassen, so groß wäre der Autoritätsverlust — oder, wie man es heute beim HSV auf unsere Nachfrage hin formulierte:
Stevens würde ja wohl der Teufel reiten, wenn er nach dem neuen Chefcoach suchen würde.
Schwer zu sagen, ob die Mars-Menschen entgegen anders lautender “Bild”-Berichte doch nicht im Mars leben, oder ob kürzlich bloß ein Marsbewohner an die Oberfläche gekommen ist, um mal zu sehen, wie das Wetter ist. Jedenfalls stellt “Bild” heute auf der Titelseite (!) folgende Frage:
Als Quelle für die Geschichte, nach der NASA-Forscher derzeit über ein bestimmtes Foto “rätseln”, das Ende letzten Jahres auf der Mars-Mission “Rover” aufgenommen wurde, gibt “Bild” artig die britische “Times” an. Die schreibt tatsächlich, ähnlich wie “Bild”:
Zeigt das hier, dass es Leben auf dem Mars gibt?
Ist es ein Felsen? Spielt das Mars-Licht den Augen einen Streich? Oder winkt Osama Bin Laden aus seinem öden Versteck, 300 Millionen Meilen entfernt vom Planeten Erde?
Dass Osama bin Laden hier auftaucht, könnte man als subtilen Hinweis darauf deuten, wie ernst die “Times” es mit ihrer Frage nach Leben auf dem Mars wirklich meint. “Bild” tut das jedoch nicht, und kommt in ihrem kleinen Artikel gänzlich ohne Osama bin Laden und auch sonst ohne Ironie oder Humor aus — und ohne Erkenntnisgewinn.
Anders als die “Times”, die in ihrem Wissenschafts-Teil schreibt…
[Das Foto] wird Weltraumbeobachter begeistern, die bis jetzt enttäuscht waren vom Mangel an Bildern kleiner Grüner Männchen (…).
…um dem interessierten Leser immerhin allerhand Details über die Mars-Mission nahe zu bringen.
Mit Dank an thori und Sebastian M. für den sachdienlichen Hinweis.
Wir machen es wie im Weißen Haus (faz.net, Thilo Komma-Pöllath)
Bayern München teilt Journalisten künftig in Kategorien ein – einflussreiche und freundlich gestimmte Medien sollen bevorzugt berichten dürfen. Auch das ist der FC Bayern dieser Tage – ein irrationales Gebilde, wenn es um Public Relations geht.
Gegen Einschüchterung (taz.de, Christian Rath)
Bisher konnte jeder eine Gegendarstellung erwirken, über den Medien etwas behaupteten. Das Bundesverfassungsgericht hat die Hürden nun höher gesetzt.
Ausweise im Internetcafé, Dauer-Handyüberwachung? (tagesschau.de, Holger Schmidt)
Vier Monate nach der Festnahme von drei Terrorverdächtigen im Sauerland beraten Verfassungsschützer heute über Folgen. Ihre Ermittlung war immer wieder von Pannen gefährdet worden. Jetzt fordern sie mehr Befugnisse.
“Was würde Google tun?” (focus.de, Torsten Kleinz)
Das Internet hat die Spielregeln der Medien verändert: Immer neue Techniken und Plattformen geben quasi jedem die Gelegenheit, seine Gedanken und Arbeiten zu veröffentlichen.
ÖSTERREICH und seine Experten (medienschelte.at, Richard)
Da ÖSTERREICH gerne dabei hilft, die selbst ausgerufene Panik ein wenig zu beruhigen, gibt?s im Blattinneren ein kleines FAQ das die wichtigsten Fragen von KleinanlegerInnen klären soll.
Facts 2.0 mit Perspektiven – Interview mit Christoph Lüscher (blog.kooptech.de, Christiane Schulzki-Haddouti)
Mit Facts 2.0 hat sich der Tamedia-Verlag für den radikalen Schritt entschieden eine eingeführte Medienmarke zu einem reinen Aggregationsdienst mit News-Community umzuwandeln. Seither sind rund vier Monate vergangen. Zeit für ein paar Nachfragen bei Projektmanager Christoph Lüscher.
Fangen wir mal hinten an: Die “Bild”-Zeitung erklärt ihren Lesern heute, wie sich das so mit dem Abkupfern in der Formel 1 verhält. Dafür hat sie den Chef des BMW-Sauber-Formel-1-Teams Mario Theissen befragt und fasst seine Aussage so zusammen:
Abkupfern ist erlaubt (…).
Soweit, so uninteressant (wer sich ein wenig für die Formel 1 interessiert, weiß das sicher schon länger), hat man offenbar bei “Bild” gedacht und sich alle Mühe gegeben, den Artikel darüber, dass BMW Sauber jetzt, genau wie Ferrari schon in der letzten Saison, auch mit Radabdeckungen fährt, etwas aufzupeppen.
Fragt sich nur, ob es wirklich notwendig war, den Leser deswegen für komplett dumm zu verkaufen:
Heute der nächste Mammut-Test der Formel 1. (…) Erstmals herrscht höchste Geheimhaltungsstufe. (…)
BILD weiß: BMW hat bei Ferrari geklaut!
Hoffentlich weiß “Bild”, dass BMW bei Ferrari “geklaut” hat! Jeder Formel-1-interessierte Leser weiß es schließlich auch. Oder “erwischte”, um es im “Bild”-Jargon zu sagen, BMW schon bei der Präsentation ihres neuen Autos vor einer guten Woche mit den neuen Radabdeckungen. Da hat BMW das neue Auto nämlich offiziell der Öffentlichkeit vorgestellt. (Ein Video davon gibt es übrigens auch auf Bild.de direkt neben dem “Erwischt”-Artikel). Ganz ohne Geheimhaltungsmaßnahmen in der BMW-Welt in München. Eine dieser “geklauten” Abdeckungen ist dabei auf einer Proberunde abgefallen.
P.S.: Wir wissen zwar nicht genau, ob Renault, wie “Bild” schreibt, diese Saison auch mit den “geklauten” Radabdeckungen fährt, aber Toyota tut das offenbar. Und war auch in der letzten Saison schon gelegentlich damit auf der Strecke unterwegs.
Jimmy Wales zeigt seine Suchmaschine (focus.de, Video)
Wikipedia-Gründer Jimmy Wales führt seine soziale Suchmaschine vor. Statt auf Server und Algorithmen setzt Wikia Search auf menschliche Intelligenz.
Österreicher können mit “Web 2.0” wenig anfangen (diepresse.com)
Obwohl Seiten wie Wikipedia, Geizhals und Youtube fleißig benutzt werden, sagt der Begriff “Web 2.0” den meisten Usern nichts. Weblogs gelten glaubwürdiger als Wikis.
York von Heimburg, IDG. (turi-2.blog.de, Video)
Wie müssen sich Verlage verändern, wenn sie im digitalen Zeitalter überleben wollen? York von Heimburg, Geschäftsführer und Vorstand des Computer-Verlags IDG (“Computerwoche”, “PC Welt”), gibt Peter Turi beim DLD 2008 Antwort: “Meines Erachtens dramatisch – und viele haben es noch nicht verstanden.”
“Die Rückkehr ist mir leicht gefallen” (persoenlich.com, David Vonplon)
Anfang Januar hat Dirk Schütz den Chefredaktoren-Posten der “Bilanz” übernommen. Die Zukunftsaussichten des Wirtschaftsmagazins sind rosig — nach der Schliessung von “Cash” stammen die verbliebenen Konkurrenten des Blatts grösstenteils ebenfalls aus dem Hause Springer. Im Interview mit “persoenlich.com” sagt Schütz, wieviel Kritik an den Wirtschaftsmächtigen er bei der “Bilanz” zulassen, und wie er dem Titel zu mehr Relevanz verhelfen will.
CASH-Talk: Michael Ringier (cash.ch, Video, 29:12 Minuten, in schweizerdeutsch)
Die Firma Ringier feiert dieses Jahr ihr 175 Jahr-Jubiläum. Aus der ehemaligen Druckerei Ringier in Zofingen ist ein multinationaler Medienkonzern mit 7000 Angestellten in zehn Ländern entstanden. Michael Ringier über die weitere Expansion, die Zukunft der Boulevardzeitungen und den Einfluss von Web 2 auf das Verlagsunternehmen.
BILD war 2007 die am meisten zitierte deutsche Tageszeitung! Exklusive BILD-Nachrichten aus Politik und Wirtschaft wurden im vergangenen Jahr sogar noch häufiger von anderen Blättern und TV-Sendern aufgegriffen. (“Bild” vom 11.01.2008)
Und wenn das Bonner Institut für Medienanalyse “Media Tenor” Anfang 2009 sein Zitate-Ranking für das Jahr 2008 bekannt gibt, wird “Bild” wahrscheinlich wieder ganz vorne dabei sein — und Meldungen wie die folgende vom vergangenen Freitag werden dazu beigetragen haben:
Die Nachrichtenagentur dpa hatte diese Meldung noch in der Nacht zum Freitag weiterverbreitet — und zugespitzt:
Die Krankenkassen haben nach Informationen der “Bild”-Zeitung (Freitag-Ausgabe) mehr als 10 Milliarden Euro mehr Verbindlichkeiten als bislang bekannt.
Ähnlich verfuhr auch die Agentur Reuters in einer Meldung von Freitag früh:
Die Verbindlichkeiten der Krankenkassen sind der “Bild”-Zeitung zufolge mehr als zehn Milliarden Euro höher als bislang bekannt.
Zwar hatte “Bild” ihr “10-Milliarden-Loch” als Vorabmeldung heraus gegeben, doch dass es bislang unbekannt war,* stand im Artikel gar nicht drin. Zu Recht, muss man sagen. Denn es war spätestens seit dem 2. Februar 2007 bekannt. Damals wurde die Gesundheitsreform vom Bundestag gebilligt, und in der Debatte dazu wiesen sowohl die CDU/CSU-Bundestagsabgeordnete Annette Widmann-Mauz als auch der CDU/CSU-Abgeordnete Jens Spahn auf die fehlenden Pensionsrückstellungen der Krankenkassen hin. Mauz sagte:
Allein die Diskussion über den Verschuldensbegriff und die Insolvenzfähigkeit hat doch offenbart, wie groß das Ausmaß der Verschuldung und der nicht aufgebauten Altersrückstellungen in diesem System ist: 2 Milliarden Euro Altschulden, die in den nächsten beiden Jahren abgebaut werden müssen, und 10 Milliarden Euro nicht getroffene Pensionsrückstellungen.
Und von Spahn war zu hören:
Wir werden durch dieses Gesetz Schulden bei den gesetzlichen Krankenversicherungen abbauen und sie zwingen, Pensionen für Angestellte — entsprechende Verpflichtungen bestehen — in Höhe von 10 bis 11 Milliarden Euro aufzubauen.
Das lässt sich seither auch unproblematisch im öffentlich zugänglichen Plenarprotokoll von damals nachlesen. Insofern wies das Gesundheitsministerium also nach dem “Bild”-Bericht zu Recht darauf hin, “die Summe sei nicht überraschend, sondern seit längerem bekannt”. Da war die Diskussion allerdings schon in vollem Gange, und “Bild” konnte sich wieder freuen, mit ihren “exklusiven BILD-Nachrichten aus Politik und Wirtschaft” ein paar mal mehr vonanderenMedienzitiertwordenzusein — auch, wenn es dafür nicht wirklich einen Grund gab.
*) Erst am Tag darauf nannte “Bild” die fehlenden Altersrückstellungen in einem Artikel fälschlicherweise “das gestern von BILD enthüllte 10-Milliarden-Loch bei den Krankenkassen”.
Bild.de kooperiert mit der Deutschen Eishockey Liga (DEL). Leser von Bild.de können bis Mittwoch 13 Uhr per Online-Wahl die beiden Trainer für das DEL-All-Star-Game bestimmen, bei dem eine Auswahl der besten europäischen DEL-Spieler gegen eine Auswahl der besten nordamerikanischen DEL-Spieler antritt.
Mit was für einem kompetenten Partner die DEL da zusammenarbeitet, sieht man an der Anmoderation auf Bild.de: