Bild  

Energiesparendes Atomenergie-PR-Recycling

Als Laie glaubt man vielleicht, dass es bei “Bild”-Geschichten wie “7 Wahrheiten über unsere Energie” darauf ankommt, dass es sich um Wahrheiten handelt. Tatsächlich scheint es wichtiger zu sein, dass es sieben sind.

Der Pro-Atomenergie-Artikel rechts ist fast genau ein Jahr alt. Er erschien am Tag, nachdem aus einem Atomkraftwerk in Südfrankreich radioaktive Uranlösung ausgetreten und in zwei Flüsse gelangt war. “Bild” fragte damals beim RWE-freundlichen Institut RWI nach.

Der Pro-Atomenergie-Artikel links ist von heute. Er erschien am Tag, nachdem der Chef des Atomkraftwerkes Krümmel wegen eines erneuten Störfalls gehen musste. “Bild” fragte diesmal bei der RWE direkt nach. Die Frage, wie sicher “unsere Atom-Meiler” sind, können deren Betreiber ja auch am besten beantworten. (Das Gespräch führte in bewährter Art der “Bild”-PR-Mann Oliver Santen.)

Der Arbeitsaufwand beim Recyclen der sieben “Wahrheiten” scheint überschaubar gewesen zu sein:

Aber was damals richtig falsch war, muss ja heute nicht falsch richtig sein.

Mit Dank an die Hinweisgeber!

Nachtrag, 19:20 Uhr. Der Mär vom billigen Atomstrom hat sich im vergangenen Jahr das ZDF-Magazin “Frontal 21” angenommen.
B.Z.  

Kein Vorwurf ist auch ein Vorwurf

Anlässlich des heutigen Testspiels zwischen Hertha BSC und Union Berlin kann man natürlich noch mal daran erinnern, dass Hertha-Manager Michael Preetz und Union-Sportdirektor Christian Beeck in ihrer aktiven Zeit ein für Beeck unerfreuliches Aufeinandertreffen hatten:

“Preetz war der Anfang von meinem Ende”, erzählt der Unioner. Es geschah am 17. März 2001 in Cottbus. Beeck: “Wir führten mit Energie 1:0 gegen Hertha. Nach einer knappen halben Stunde sprang mir Preetz bei einem Zweikampf unglücklich von hinten ins Knie. Kreuzbandriss, meine Leidenszeit begann um 15.59 Uhr. Die Uhrzeit werde ich nie vergessen, sie stand im Unfallbericht für die Berufsgenossenschaft.”

Einen Vorwurf macht Beeck dem Herthaner nicht: “Das war keine Absicht vom Micha. Der war immer fair, da war ich ganz anders. Ich habe halt Pech gehabt.”

Und wie überschreibt die “B.Z.” den Artikel mit diesen Zitaten?

Manager-Duell: Beeck wirft Preetz Karriere-Aus vor

Aber das ist ja nur die Online-Variante. In der gestrigen Print-Ausgabe lautete die Überschrift:

Preetz hat meine Karriere zerstört — Christian Beeck über das verhängnisvolle Duell mit dem Hertha-Manager

Nachtrag, 21:40 Uhr: Die “B.Z.” hat ihre Online-Überschrift jetzt in Richtung der gestrigen Print-Überschrift abgeändert:

Manager-Duell: Beeck: "Preetz zerstörte meine Karriere"

Mit Dank an den Hinweisgeber.

Jackson, Schlatter, Entrepreneure

1. “Abgesang auf die Zeitung”

(blog-cj.de, Christian Jakubetz)

Christian Jakubetz fragt eine “sehr medienaffine und ziemlich muntere Gruppe” von 25 Leuten aus einer 11. Klasse Gymnasium, wer denn regelmäßig zur Zeitung greife: “Drei oder vier sind es, die sich melden. Der Rest lebt vollständig digital. Die würden sich wundern, wenn ich ihnen jetzt erzählen würde, dass Hintergründe und Kommentare nur gedruckt richtig Sinn machen, denke ich mir, und beschließe, diese schöne Theorie in diesem Fall eher für mich zu behalten.”

2. “No Unternehmertum, please – wir sind Verleger”

(blog.handelsblatt.de/indiskretion, Thomas Knüwer)

Zu Hubert Burda und seinem Glauben, dass Google die Verleger schleichend enteigne. Thomas Knüwer sieht einen, “der sich als Unternehmer sieht – aber von anderen Unternehmern Geld haben will. So als ob Opel kein Staatsgeld haben wolle, sondern welches von VW. Das hat etwas von Kommunismus für Entrepreneure.”

3. “Naivität im Journalismus”

(neininger.wordpress.com, Norbert Neininger)

Der Chefredaktor der Schaffhauser Nachrichten kommt auf den Fall Erich Schlatter zu sprechen, einen Mann, den das Schweizer Fernsehen als eher harmloses Stadtoriginal portraitierte (“Ein schräger Vogel auf der Flucht“) und der nun in Spanien unter Mordverdacht verhaftet wurde. Es sei dies “ein Lehrstück über fehlende journalistische Distanz und die mangelnde Wahrung der guten Sitten in unserem Metier.” Ein Dossier dazu ist auf shn.ch zu lesen.

4. “Chinas neue Medienstrategie”

(faz.net, Mark Siemons)

“Im Unterschied zu den Unruhen in Tibet vom vergangenen Jahr, als sich die chinesische Regierung aufgrund ihrer restriktiven Nachrichtenpolitik von Beginn an gegenüber der westlichen Öffentlichkeit in der Defensive befand, haben die Pekinger Medien im Fall der aktuellen Ereignisse von Urumqi jetzt schon Zahlen, Bilder und Hintergründe parat, bevor die westlichen Agenturen von dem Vorgang überhaupt erst Kenntnis nehmen konnten.”

5. Michael Jackson und die Medien

(taz.de, Jörg Sundermeier)

Jörg Sundermeier vergleicht die Vorverurteilungen von Michael Jackson mit jenen von Phil Spector: “Niemand behauptete, dass er ein Perverser war, während dies bei Michael Jackson für die Mehrheit der Welt feststand, egal was er tat, egal was die Geschworenen meinten, egal wie dürftig die Beweislage war.”

6. “Netz der Ideologien”

(sueddeutsche.de, Andrian Kreye)

“Die Parteien rufen zum Kampf gegen die Onlinesucht auf. Ihr billiges Motiv: Sie wollen das linke Bildungsbürgertum mit seiner Abscheu vor Technologien und Popkulturen mobilisieren.”

Michael Jackson: kaum tot, schon untot

Videoaufnahme von der Neverland Ranch: Spukt hier Michael Jackson?

Unglaublich, dieser Michael Jackson. Gerade mal tot — und schon wieder als Geist unterwegs. In “Neverland” so berichtet Bild.de, habe man etwas gesehen, was nach Meinung von Johannes von Buttlar (laut Bild.de ein “Mysterien-Experte”) zum einen der Geist von Jackson sein könne und zum anderen leicht erklärbar sei: Das Phänomen kenne man, Jackson habe sich vermutlich noch von “Neverland” verabschieden wollen. Oder so.

Prominente machen das ohnehin gerne mal, dieses Rumgeistern, weiß Bild.de weiter. Elvis beispielsweise. Der wird ja alle Naslang irgendwo gesehen. Als Kronzeugen dafür nennt “Bild.de” die Seite “ghost-pictures.org”. Und in der Tat, die Seite nimmt ihren Auftrag (nämlich ganz offensichtlich den der Satire) sehr ernst und enthüllt sagenhafte neue Dinge.

Beispielsweise, wie das wirklich war, als die ersten Menschen den Mond betraten:

What the astronauts failed to see was that the ghost of Elvis was there to greet them and indeed to serenade them with a medley of his best loved songs.

Natürlich belegt “ghost-pictures.org” auch mit exklusivem Fotomaterial, wie Elvis die Astronauten mit einem kleinen “Medley seiner beliebtesten Lieder” auf dem Mond begrüßte — und vermutlich ist es auch nur noch eine Frage der Zeit, wann Jackson dort auftaucht, als Erfinder des Moonwalk ist er dafür geradezu prädestiniert.

Wenn’s soweit ist — Bild.de wird uns sicher auf dem Laufenden halten.

Mit Dank an Markus F.

Nachtrag, 14.7.: Unser Leser Klaus M. hat den Freunden von “ghost-pictures.org” eine nette Mail geschickt und sie darauf hingewiesen, dass auf ihrer Seite stehe, “Elvis was there to great them”. Inzwischen haben es die Geisterbildersammler in ein korrektes “to greet them” umgewandelt, weswegen jetzt  auch bei uns die korrekte Version zu finden ist.

Riepl, Barbier, Tanzbein, Krise

1. Interview mit Stephan Weichert

(fluter.de, Tobias Asmuth)

Stephan Weichert klärt auf, dass das Rieplsche Gesetz, an das sich so viele Menschen aus der Printbranche so hoffnungsvoll klammern, gar kein Gesetz ist, sondern eine Hypothese. “Für viele Journalisten gilt das Gleiche wie für die meisten Verleger: wenig Wille zum Experimentieren, eine fast schon pathologische Stutenbissigkeit gegenüber Bloggern und keinen Sinn dafür, warum das Netz-Medium den Journalistenberuf fast vollständig umkrempeln wird.”

2. Hans D. Barbier liebt den Journalismus nicht

(axel-springer-akademie.de/blog, Johannes Wiedemann)

Der FAZ-Kolumnist und Vorsitzende des Vorstands der Ludwig-Erhard-Stiftung Hans D. Barbier hat keine Erfahrungen mit dem Internet gesammelt und will das auch gar nicht. Er sagt es offen – ihm geht es um die Form, nicht um die Inhalte: “Ich liebe nicht den Journalismus, sondern die Zeitung.”

3. “Illner, Plasberg, Will: Wer ist ‘Krise’-Gewinner?”

(faz-community.faz.net/blogs/fernsehblog, Peer Schader)

Das Gefühl, es gehe zurzeit in jeder Talkshow um die “Krise”, wird von Peer Schader mit Fakten untermauert. Denn er hat nachgezählt. Bei Illner, bei Plasberg und bei Will.

4. “Neues von der Heimatfront”

(carta.info, Wolfgang Michal)

“Die Leser in der Provinz suchen nach einer ernst zu nehmenden Alternative. Sie haben die unerträgliche Mischung aus Agenturmeldungen, Hofberichterstattung, Honoratioren-PR und Allerweltsgewäsch aus Gesundheitsratgebern und Testberichten satt. Sie wollen nicht länger mit den 50er-Jahre-Phrasen ‘…wurde kräftig das Tanzbein geschwungen’ und ‘Der Wettergott hatte ein Einsehen’ veräppelt werden.”

5. “Wie das mit dem Bloggen geht”

(blogbar.de, Don Alphonso)

Don Alphonso eröffnet eine offenbar längere Serie, in der er Journalisten das Bloggen erklärt. In der ersten Folge lernen wir, dass es nicht um Subjektivität geht (“die erste zentrale Fehleinschätzung neubloggender Journalisten”) – sondern vor allem um Charakter: “Genau das ist aber der Unterschied zu jenen faulen Besitzstandswahrern, die genau wissen, dass Charakter in der Inhaltebehörde nur der Karriere schadet.”

6. “New Rules for Times Company Cell Phones”

(observer.com, John Koblin)

Die Journalisten der New York Times sollen ihr Firmenhandy im Ausland nicht mehr nutzen und ausserdem weniger simsen. Aus dem Memo: “Do not use Twitter via text messages; install a client like Twitterberry on your phone instead.”

Fotos aus Tralien

Es gibt Nachrichten, da fragt man sich, wie es dazu kommen konnte.

Nehmen wir zum Beispiel eine Meldung aus der Rubrik “Vermischtes”, die AFP heute Mittag verschickte, und die wie folgt begann:

Nach einem Streit hat ein 18-jähriger Australier Nacktfotos von seiner Mutter im Internet zum Verkauf angeboten. Der junge Mann namens Michael hatte sich geärgert, weil er die Garage sauber machen sollte, berichtete die Zeitung “Herald on Sunday”.

Dabei soll es weniger darum gehen, dass ein 18-Jähriger Nacktfotos seiner Mutter im Internet verkaufen wollte (obwohl man sich auch dort natürlich fragt, wie es dazu kommen konnte), sondern um das Wort “Australier”.

Die Zeitung, aus der AFP im Verlauf der Meldung noch mehrfach zitiert, beginnt ihren Bericht nämlich mit den Sätzen

Die meisten Menschen würden bei dem Gedanken erschaudern, Fotos ihrer Mutter in Reizwäsche und Strumpfhaltern zu sehen.

Nicht so der Schüler/Student Michael aus Auckland — der zweimal versucht hat, solche flotten Bilder bei Trade Me zu verkaufen.

Und dass damit offenbar tatsächlich das neuseeländische Auckland gemeint ist, kann man ganz gut davon ableiten, dass die Zeitung mit vollem Namen “The New Zealand Herald” heißt.

(Gegenprobe: Die australische “Herald Sun” spricht von einem “KIWI teenager”, wobei “Kiwi” ein gebräuchlicher Spitzname für Neuseeländer ist.)

Wie gesagt: Wir haben keine Ahnung, wie AFP bei dieser Ausgangslage auf die Idee kommen konnte, der junge Mann sei Australier. Und dass man die Nachricht dann trotzdem mit der Ortsmarke “Wellington” (das ist die Hauptstadt Neuseelands) versendete, macht die Sache nicht logischer.

So gesehen ist es vermutlich fast eine Verbesserung, dass “Spiegel Online” die Geschichte in “Sydney” spielen lässt …

Mit Dank an Clem für den Hinweis.

Nachtrag, 18:45 Uhr: Um 17:49 Uhr verschickte AFP eine korrigierte Meldung, in der es nun um Neuseeland geht, und auch “Spiegel Online” hat seinen Artikel korrigiert und mit einem entsprechenden Hinweis versehen.

Volkspizza, Leichtlohntruppen, Klicks

1. “Der Online-Markt sucht nach einer neuen Internet-Währung”

(sueddeutsche.de, Simon Feldmer)

Gibt es Einsicht beim Portal sueddeutsche.de, dem Ersteller von Klickgalerien wie “Die 100 besten Biere der Welt“? – “Bilder über Bilder, Artikel, die sich über zehn Seiten schleppen, weil man nach drei Hauptsätzen schon weiter klicken muss, Sudoku, Wissenstests – der Ideenreichtum im Online-Journalismus scheint groß. Der Grund dafür ist einfach: Klicks bringen Geld, theoretisch zumindest. Denn jede Seite, die ein Internetbesucher aufruft, wird gezählt und ist deswegen vermarktbar. Doch die Online-Währung könnte sich ändern, ein bisschen zumindest.”

2. “Mengenrabatt für Lobbyisten”

(taz.de, Adrienne Woltersdorf)

“Die Redakteure bei der Washington Post sind entsetzt. Die Marketingabteilung der renommierten Zeitung wollte Lobbyisten Zugang zur Redaktion verschaffen – gegen viel Geld.”

3. “Zu viele PS-Träume – zu wenig Energieeffizienz”

(nzz.ch, slz.)

Ein Text über die Mobilitätsseiten der Zeitungen, die zu 97% “vom motorisierten Individualverkehr, sprich vom Privat-Pkw, dominiert” werden. Grundlage dafür ist eine Studie (pdf) der Deutschen Engergie-Agentur dena. Bereits der erste Satz der Pressemitteilung dazu könne man aber “so aus der Studie nicht ablesen”.

4. Leichtlohntruppen

(kathpress.co.at)

Werner D’Inka, einer der Herausgeber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, glaubt, dass Journalismus “”eben keine Heimwerker-Beschäftigung” sei und spricht “professionelle Filter und die Korrekturinstanz einer versierten Redaktion” an: “Kritik übte der FAZ-Herausgeber an Zeitungsverlagen, die dazu übergingen, ‘ihre Seiten von Leichtlohntruppen füllen zu lassen’.”

5. “Die Krise der publizistischen Repräsentation”

(heise.de/tp, Rudolf Stumberger)

“Wer für einen Bericht von normaler Länge sich auch von renommierten Tageszeitungen (wie zum Beispiel der ‘Neuen Zürcher Zeitung’) mit 150 Euro abspeisen lassen muss, dem vergeht diese Art Journalismus ganz schnell, es sei denn, sie wird als Liebhaberei betrieben.”

6. “Volks.Pizza Salami – das erste Farbbild”

(shopblogger.de, Bjoern Harste)

Das erste Farbbild der Volkspizza der Bild-Zeitung ist im Laden des Shopbloggers eingetroffen. Er findet “die Idee nach wie vor kein Stück originell”.

Erklärräume, Kommentare, Küng

1. “Sich die Blogger-Kultur aneignen”

(nzz.ch, Heribert Seifert)

Heribert Seifert liefert einen Überblick über die Anstrengungen der etablierten Medienhäuser, was mit Blogs zu machen. Fazit: “Zu viele uninspirierte, nur als Pflichtprogramm betriebene Blogs, die von knausrigen Verlagen vor allem als Landnahme auf einem weiteren Medienspielplatz ohne Bereitschaft zu Investition und netzspezifischem Engagement installiert werden, zeugen nicht gerade von Vitalität und journalistischer Phantasie.”

2. “Kein öffentliches Interesse”

(20min.ch, Lukas Mäder)

“Gibt es für Normalbürger im hintersten passwortgeschützten Winkel des Internets noch eine Privatsphäre? Der ‘Blick’ findet Nein – und publiziert Sado-Maso-Bilder einer Sekretärin. Juristen sehen die Rechte der Betroffenen verletzt.” Siehe auch “Darf sich eine ‘Blick’-Autorin so zeigen?

3. “Schöner Kommentieren mit Datenschutz”

(stefan-niggemeier.de)

Stefan Niggemeier wird es nicht leicht gemacht, ein Blog zu führen, das Kommentare zulässt. Einerseits soll er alle Kommentare sozusagen unverzüglich prüfen, andererseits soll er nicht mal eine E-Mail-Adresse verlangen dürfen. Der gar nicht rechtsfreie Raum Internet führt dazu, dass nun Kommentierwillige mit den Worten “Mit dem Absenden Ihres Kommentars willigen Sie ein…” gewarnt werden.

4. “Das Gefühl, ein linkischer Zwerg zu sein”

(sz-magazin.sueddeutsche.de, Miriam Meckel)

Miriam Meckel schildert den Spießrutenlauf roter Teppich: “Ich blicke in 100 Augenpaare, versteckt hinter 100 Linsen. 300 Augen und Linsen starren zurück.”

5. Im ZDF-Erklärraum

(faz.net, Michael Hanfeld)

Ab dem 17. Juli werden beim ZDF die Nachrichten in “einer großen grünen Höhle oder Hölle”, die 30 Millionen Euro gekostet hat, verlesen. Für die Journalisten heisst das: “Ihre Aufgabe wird anspruchsvoller, sie müssen sich als Meister des modernen Nachrichtenfünfkampfs beweisen – sie verlesen nicht mehr nur Nachrichten, sie moderieren, schreiten umher, gestikulieren, deuten und führen Interviews, bei denen die Kamera den Sprechenden im Studio über die Kamera schaut oder das zugeschaltete Gegenüber an die Stelle ‘beamt’, die der Moderator avisiert.”

6. Downsizing-Kongress Journalismus

(dasmagazin.ch, Max Küng)

“Ich weiss: Wenn mein Sohn dereinst in der Schule gefragt wird, was sein Vater arbeitet und er ‘Journalist’ sagen wird, dann werden seine Mitschüler den Mund verziehen, als habe man ihnen Essiglösung injiziert, sie werden die Augen verdrehen und sich die Hände vors Gesicht schlagen, der Lehrerin wird ein ‘Oje’ entfahren, und sie wird denken: ‘das arme Kind’.”

Eine Welt voller Kinderschänder

Vielleicht liegt es ja an der allgemeinen Aufregung um das Thema, dass man in Redaktionen inzwischen nahezu alles für denkbar hält, was mit Kinderpornographie zu tun hat. Sogar, dass es sich dabei in den allermeisten Ländern der Welt um etwas handelt, was nicht einmal strafbar ist. Jedenfalls schreibt die Nachrichtenagentur AP in ihrer Berichterstattung über eine europäische Konferenz zum Schutz von Kindern vor sexueller Gewalt in den Medien:

Denn eines der größten Probleme sei die weltweite Verfügbarkeit kinderpornografischer Bilder. Die Ministerin [von der Leyen] wies darauf hin, dass Kinderpornografie in 95 Prozent der Länder weltweit noch kein Straftatbestand sei.

Und auch “Spiegel Online” plappert munter und unreflektiert nach:

Die Ministerin wies darauf hin, dass Kinderpornografie in 95 Prozent der Länder weltweit noch kein Straftatbestand sei.

95 Prozent aller Länder weltweit? Das wäre dann in der Tat skandalös — und ebenso erstaunlich, dass dies bisher noch nirgends thematisiert worden ist. Was aber auch daran liegen könnte, dass nicht mal Ursula von der Leyen so etwas behaupten würde. Mitgeteilt hat die Bundesregierung stattdessen:

Sie [von der Leyen] machte darauf aufmerksam, dass es weltweit knapp 100 Länder gebe, in denen Kinderpornographie kein Straftatbestand sei.

Und selbst diese Zahlen — die dann noch ziemlich weit von “95 Prozent aller Länder” entfernt sind — könnte man übrigens noch massiv anzweifeln.

Mit Dank an Gerd K. und andere Hinweisgeber!

Nachtrag, 3.7.: “Spiegel Online” hat den Text korrigiert — und erklärt auch, warum.

Bild  

Franz Josef Franjo Michael Wilhelm Pooth

In Köln ist diese Woche ein Mann festgenommen worden, der offenbar den Unternehmer Franjo Pooth und andere Prominente mit gefälschten Unterlagen über angebliche Schwarzgeldkonten erpressen wollte.

Er muss dabei ziemlich schlampig vorgegangen sein, wie “Bild” heute berichtet:

Der Personalausweis war leicht als Fälschung zu erkennen: Als Vorname war Franz Josef angegeben, in Wirklichkeit heißt Veronas Mann Franjo Michael.

Nun kann man natürlich nur vermuten, wie der mutmaßliche Täter auf die Idee gekommen ist, Franjo Pooth könne “Franz Josef” heißen:

  • Er könnte der Wikipedia geglaubt haben.
  • Er könnte sich auf die rund 300 Google-Treffer zu “Franz Josef Pooth” verlassen haben — darunter Artikel im “Kölner Stadtanzeiger” und Programmhinweise der ARD. (“Franjo Michael” liefert außer den “Bild”-Artikeln übrigens keine Treffer im Zusammenhang mit Pooth.)
  • Er könnte im “Bild”-Archiv nachgesehen haben:

    Ihr Dauerbegleiter Franz-Josef (“Franjo”) Pooth (32) ist gar kein Architekt – obwohl Verona und Franjo das immer wieder stolz behauptet hatten.

    (“Bild” vom 16.03.2002)

    Franz-Josef Pooth – so heißt der Ehemann von Verona Pooth (40) mit richtigem Namen – erschien nicht beim Millionenprozess um seine Pleite-Firma “Maxfield”.

    (“Bild” vom 24.09.2008)

Mit Dank an Micha B. und Moritz D.

Nachtrag, 5. Juli 2009: Bild.de hat die Behauptung “in Wirklichkeit heißt Veronas Mann Franjo Michael” inzwischen aus dem Artikel entfernt.

In der Bildergalerie aber findet sich noch das hier:

Verona & Franjo - Die schönsten Bilder der Pooths: Gefälschter Ausweis: Franjo Pooth heißt nicht Franz Josef, sondern Franjo Michael

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