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Mit Anlauf in den Shitstorm, Mann hinter Lanz, Oscarverleihung

1. Auf die Fresse
(netzpolitik.org, Daniel Laufer)
Die Aktion #allesdichtmachen polarisiert wie selten etwas: Auf der einen Seite Jubel und Lob von AfD, “Querdenker”-Lager, Ex-Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen und “Bild”-Redaktion, auf der anderen Seite pures Entsetzen, Ablehnung und Shitstorm. Daniel Laufer fragt sich, wieso 53 Schauspieler und Schauspielerinnen “praktisch mit Anlauf in einen Shitstorm” sprangen. Die Antwort könnte mit Dietrich Brüggemann zu tun haben, einem in der deutschen Film- und Fernsehszene eigentlich hoch angesehenen Regisseur und Drehbuchautor.
Weitere Lese- und Hörhinweise: Im “Übermedien”-Podcast kommentiert Samira El Ouassil: “Am Ende schaut man sich diese 53 Videos an – und fühlt nur diesen schneidenden Effekt der Bitterkeit. Sie haben mit dem Messer nicht nur gekitzelt, wie es Künstler normalerweise machen, sondern sie haben zugestochen, in den Diskurs hineingestochen. Ohne Rücksicht auf Verluste. Und wir wissen am Ende nicht, wofür? Und warum? Was wollen sie denn jetzt genau?” (übermedien.de, Holger Klein, Audio: 42:21 Minuten)
Jetzt.de hat sechs Schauspieler und Schauspielerinnen, die nicht Teil der Kampagne waren, gefragt, was sie von der Aktion halten.
Bei n-tv.de räumt der Schauspieler und Aktionsteilnehmer Richy Müller ein: “Ich war blauäugig”. Er habe sein Video zurückgezogen: “Ich musste feststellen, dass mein Video vielen Menschen wehgetan hat, die ich niemals kränken oder veralbern wollte. Außerdem ist es auf einer Plattform gelandet, die ich nicht unterstützen will.”
Und bei rnd.de argumentiert Matthias Schwarzer lesenswert, warum Liefers Medienbashing so gefährlich ist.

2. Der Mann, der Markus Lanz zur Marke machte: “Es gehört Mut dazu, jemandem ins Gesicht zu sagen, dass er lügt”
(rnd.de, Imre Grimm)
Der ZDF-Talker Markus Lanz erfährt in letzter Zeit viel Lob für seine hartnäckigen Politikergespräche. Imre Grimm hat sich mit Markus Heidemanns, dem Produzenten und Mann hinter dem Erfolg, unterhalten und ihn gefragt, wie er sich die Entwicklung erklärt.

3. We love to infotain you: Gelingt die Info-Offensive der Privaten?
(dwdl.de, Peer Schader)
RTL, ProSieben & Co. bemühen sich derzeit mit allerlei Sondersendungen und Interviews um mehr Ernsthaftigkeit. Das gelingt mal mehr und mal weniger. Peer Schader ordnet den derzeitigen Stand der Transformation als “Übungsmodus” ein: “Der Wille, gesellschaftlichen Themen und aktuellem Tagesgeschehen im Programm mehr Raum zu geben, ist da – aber allzuoft hapert’s noch an der Ausführung.”
Weiterer Lesetipp: Neue Studio-Welt: Newssender sendet aus Springer-Neubau (dwdl.de, Alexander Krei).

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4. Warum Sie auf TikTok noch was lernen können
(meedia.de, Luca Schallenberger)
Viele assoziieren mit TikTok Tanzvideos oder lustige Lip-sync-Clips. Die Kurzvideoplattform fährt jedoch unter dem Hashtag #LernenMitTikTok eine Art Bildungsoffensive. Luca Schallenberger hat sich durch die Filmchen geklickt und ist recht angetan: “Auf TikTok lerne ich an einem Tag mehr als auf Twitter in einer Woche.”

5. Corona-Berichterstattung: Panikmacher oder seriöse Warner?
(de.ejo-online.eu, Marlis Prinzing & Florian Meißner)
Die Kommunikationswissenschaftlerin Marlis Prinzing und ihr Kollege Florian Meißner leiten aus Studienbefunden und Ethik fünf Punkte ab, was eine verantwortungsvolle Corona-Berichterstattung auszeichne. Gute Journalisten und Journalistinnen würden differenzieren, könnten zwischen Korrelation und Kausalzusammenhang unterscheiden, einordnen, Transparenz schaffen und die Risikokompetenz der Menschen stärken.

6. Wer hat gewonnen?
(spiegel.de)
Wegen der Corona-Pandemie fand die Oscarverleihung nicht im 3.400 Personen fassenden Dolby-Theatre, sondern mit 170 handverlesenen Anwesenden in der Union Station in Los Angeles statt. Beim “Spiegel” gibt es eine übersichtliche Zusammenfassung der Nominierten und Preisträger. Weitere Informationen unter: “Nomadland” ist der beste Film des Jahres (spiegel.de, Florian Pütz)

#NichtSelbstverständlich, Prinzip Trial & Error, Konsolen-Hilfe

1. “Katastrophaler Notstand”: Joko und Klaas geben Pflegekräften eine Stimme
(rnd.de, Sebastian Heintz)
Joko Winterscheidt und Klaas Heufer-Umlauf durften mal wieder das Abendprogramm bei ProSieben gestalten – diesmal aber nicht für die gewöhnlichen 15 Minuten, sondern für mehrere Stunden. Sie nutzten die Zeit, um auf die Situation von Pflegekräften und den “katastrophalen Pflegenotstand” aufmerksam zu machen. Anders als sonst war ProSieben eingeweiht. Dank zweier Sponsoren war der komplette Abend werbefrei. Auch die Konkurrenz reagierte begeistert: Arte schrieb von einem “Stück deutscher Fernsehgeschichte”, RTL gratulierte: “starke Aktion”.

2. ZAPP spezial: Lehren aus “Lovemobil”
(ndr.de, Annette Leiterer, Video: 46:10 Minuten)
Die nötige Aufarbeitung des “Lovemobil”-Debakels geht beim NDR in die nächste Runde. Der Sender hatte den Dokumentarfilm “Lovemobil”, der sich inzwischen als alles andere als rein dokumentarisch entpuppte, mitfinanziert. In einer Spezialausgabe des Medienmagazins “Zapp” spricht Annette Leiterer mit Susanne Binninger, Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Dokumentarfilm, mit Doku-Autor Stephan Lamby sowie mit Anja Reschke, die beim NDR die Abteilung Kultur und Dokumentationen leitet. In der Diskussion geht es unter anderem um die Grenzen des Dokumentarfilms und die Frage, wie groß der Schaden nun ist. Sehenswert, auch weil informative Einspielfilme rund um die Problematiken der Dokumentarfilm-Szene gezeigt werden.

3. Abschied in Freundschaft
(faz.net, Michael Hanfeld)
Die Vorstandsvorsitzende Julia Jäkel verlässt nach vielen Jahren den Verlag Gruner + Jahr (G+J). Michael Hanfeld wirft einen Blick darauf, was Jäkel dort bewegt hat.
Weiterer Lesehinweis: Der “Spiegel” geht der Frage nach, ob Jäkels G+J-Abschied der Vorbote einer Fusion mit RTL ist: Raus aus dem Dschungelcamp (spiegel.de, Isabell Hülsen & Anton Rainer & Alexander Kühn).

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4. Corona, deine Bilder
(medienwoche.ch, Adrian Lobe)
“Jede Krise produziert ihre eigenen ikonographischen Bilder”, schreibt Adrian Lobe. Die Corona-Krise habe aus seiner Sicht “bisher wenige, aber drastische Bildikonen” geschaffen. Lobe plädiert für einen “reflektierten und verantwortungsvollen Umgang der Medien mit solchen Motiven in einer ansonsten bilderarmen Krise”. Nur: “Das gelingt nicht immer.”

5. ARD und ZDF bei YouTube: Das Prinzip Trial & Error
(dwdl.de, Timo Niemeier)
Auch fernab von ihrem jungen Netzwerk “Funk” seien ARD und ZDF bei Youtube recht umtriebig, schreibt Timo Niemeier bei “DWDL”. Eine allgemeingültige Strategie gebe es aber keine, “teilweise gibt es nicht einmal innerhalb eines Senders die gleiche Vorgehensweise.” Niemeier hat sich angeschaut und umgehört, wie die öffentlich-rechtlichen Sender mit der Videoplattform umgehen.

6. Der 88-Jährige, der einen Aushang machte, um beim Videospielen weiterzukommen
(spiegel.de, Matthias Kreienbrink)
100 Plakate druckte ein älterer Herr und verteilte sie in seiner Nachbarschaft in Berlin-Spandau: “Wer hat Erfahrung mit Playstation-4 ? Ich (88-jährig) möchte gerne das Spiel Skyrim – The Elder Scrolls V spielen, komme aber – an manchen Stellen einfach nicht weiter !/? Wer kann Mir hierbei eine Hilfestellung geben ?” Ein Foto des Aufrufs wurde zum Social-Media-Hit, der Mann bekam die ersehnte Unterstützung an der Konsole. Matthias Kreienbrink hat ihn besucht und erzählt dessen bemerkenswerte Lebensgeschichte.

Döpfners Brief, Privat-Nachrichten, Gestreichelte Seele

1. Döpfner: “Für uns ist wichtig, dass wir bald Klarheit haben”
(dwdl.de, Timo Niemeier)
In einem internen Schreiben des Springer-Vorstands an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wird das Compliance-Verfahren gegen “Bild”-Chefredakteur Reichelt bestätigt: “Es liegt bislang kein Ergebnis vor, weder in die eine noch in die andere Richtung. Julian Reichelt bestreitet die Vorwürfe. Bitte glauben Sie uns, auch wir wollen so viel Transparenz wie möglich.”

2. Mehr Relevanz wagen
(sueddeutsche.de, Aurelie von Blazekovic & Claudia Tieschky)
Privatsender wie ProSieben hätten sich vor zehn Jahren von eigenproduzierten Nachrichten verabschiedet und bezögen ihre News von externen Zulieferern. Dies habe auch daran gelegen, dass das Genre strengen Werbebeschränkungen unterliege und deshalb für Investoren wenig reizvoll sei. Nun würden die Sender wieder verstärkt auf Nachrichten setzen und teils wieder eigene Nachrichtenredaktionen aufbauen. Woher kommt der Sinneswandel? Und was bedeutet er für die öffentlich-rechtliche Konkurrenz?

3. Wer streichelt unsere Seele?
(taz.de, Anne Fromm)
Die Otto-Brenner-Stiftung hat die Entwicklung von Medien in Ostdeutschland seit der Wende untersuchen lassen. Das Papier trägt den Namen “30 Jahre staatliche Einheit – 30 Jahre mediale Spaltung” und stammt vom Kommunikationsforscher Lutz Mükke. “taz”-Medienredakteurin Anne Fromm kommentiert: “Es mangelt also an Ostdeutschen in den meisten Medien, und somit auch an ostdeutschen Sichtweisen und Themen. Also zumindest an denen, die über die Ostquadriga von Nazis, Stasi, Leerstand, Doping hinausgehen. Ich will hier nicht die Leier der armen Ossis abspulen, denen niemand zuhört. Ich will nur verstehen, wie es kommt, dass der Schlachtruf ‘Lügenpresse’ im Osten lauter, die Aggression gegen JournalistInnen härter und die Ablehnung des Rundfunks vonseiten der Politiker eiserner ist.”

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4. Viel Hoffnung, viel Skepsis
(deutschlandfunk.de, Stephan Oszváth, Audio: 5:23 Minuten)
Die Deutsche Welle will Ende des Monats mit einem neuen Angebot für Ungarn an den Start gehen. Ein “realistisches Bild” von Europa und dem Land wolle man zeichnen und mit unabhängigen Medien zusammenarbeiten. Der Deutschlandfunk hat sich umgehört, wie das Projekt in Ungarn ankommt.

5. Es gibt mehr als das generische Maskulinum
(belltower.news, Milena Wurmstädt)
Im Online-Duden stehen seit neuestem bei allen Personen- und Berufsbezeichnungen die Erklärungen zur männlichen und zur weiblichen Form gleichberechtigt nebeneinander. Einige Menschen werten dies anscheinend nicht nur als Angriff auf die deutsche Sprache, sondern auch auf sich persönlich. Dementsprechend empört und hasserfüllt fällt so mancher Online-Kommentar aus. Milena Wurmstädt erklärt, worum es eigentlich geht: “Gendergerechte Sprache heißt in vielerlei Hinsicht ein mehr, nicht ein weniger. Mehr Geschlechter werden sichtbar. Mehr Menschen dürfen sich angesprochen fühlen. Mehr Menschen werden mitgedacht.”

6. Nach Mobbing-Vorwürfen gegen Reichelt: BILD-Zeitung sieht heute aus unerfindlichen Gründen nicht so aus
(der-postillon.com)
“Seit wann lässt man denn bei Springer solche Sensationsnachrichten links liegen?”, fragt der “Postillon” und macht mit einem fiktiven “Bild”-Titel auf, in dem er die in Rede stehenden Compliance-Verwürfe gegen “Bild”-Chef Julian Reichelt thematisiert: “Bedrängte er ‘BILD’-Mitarbeiterinnen? Mobbing-Boss im Visier. Kommt es jetzt ganz dicke für Ruchlos-Reichelt?”

Voyeuristische Hausführung, Digitaler Faschismus, Fünf Franken pro Tag

1. An der Grenze zur Pornografie
(taz.de, Gereon Asmuth)
Einen “ekelerregender Verstoß gegen das Recht auf Privatsphäre” nennt Gereon Asmuth die Aufnahmen aus dem mittlerweile geräumten Haus in der Berliner Liebigstraße 34: “Der Zustand im Inneren des Hauses war für den Polizeieinsatz vollkommen irrelevant. Wenn die Polizei dennoch aktiv dafür sorgt, dass Bilder aus den Wohnungen für jeden zugänglich werden, dann dient das allein der öffentlichen Erregung, auf dass sich die feine Gesellschaft in einem orgastischen Ah-Oh-Ih-Gestöhne ergötzen kann. Mithin: Es ist an der Grenze zur Pornografie. Gefördert von der Berliner Polizei, die eigentlich wissen sollte, dass selbst frisch geräumte Vielleicht-Besetzer*innen noch einen Anspruch auf Privatsphäre haben.”
Weiterer Lesehinweis: Der Gewerkschafter Jörg Reichel kritisiert die Polizei für körperliche Angriffe auf Journalistinnen und Journalisten, die Rote Zone sowie die voyeuristische Hausführung: “Pressearbeit massiv behindert”.

2. ProSieben-Reporter Thilo Mischke: Stellvertreter in Sneakers
(dwdl.de, Peer Schader)
Unlängst hat der Reporter Thilo Mischke eine vielbeachtete Doku zur Ausbreitung rechtsnationaler Einflüsse vorgelegt. ProSieben schob vor wenigen Tagen Mischkes neueste Reportage hinterher, die sich mit dem Thema Armut beschäftigt. Wer ist dieser Thilo Mischke und was ist von seiner Arbeitsweise zu halten? Peer Schauer schreibt über eine andere Form von Journalismus, mit der sich viele Kolleginnen und Kollegen Mischkes noch schwer täten.

3. “Ohne soziale Medien wäre die rechtsextreme Welle nicht denkbar”
(spiegel.de, Angela Gruber & Ayla Kiran)
Holger Marcks und Maik Fielitz forschen unter anderem zu Prozessen der Online-Radikalisierung. Heute erscheint ihr Buch “Digitaler Faschismus – die sozialen Medien als Motor des Rechtsextremismus”. Der “Spiegel” hat sich mit den beiden Autoren über Rechtsradikale im Netz, Digitaldynamiken und Fragen der Verantwortung unterhalten.

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4. In 5 Schritten zum eigenen Home-Studio
(gutjahr.biz, Richard Gutjahr)
Richard Gutjahr hat sich zu Hause ein Podcast- und Video-Studio eingerichtet, bei dem er nichts dem Zufall überlassen hat. Auf seinem Blog berichtet er von seinen ersten Überlegungen, der Möblierung und der verwendeten Technik. Das Ergebnis ist ein stylisches und multifunktionales Home-Studio, bestehend aus einem Mix von State-of-the-Art-Technik und Budgetentscheidungen. Wegen der vielen Anregungen auch für weniger ambitionierte Podcaster und Podcasterinnen lesenswert.

5. NZZ-Präsident Etienne Jornod: «Fünf Franken pro Tag für Qualitätsjournalismus? Das müsste doch drinliegen!»
(luzernerzeitung.ch, Patrik Müller & Andreas Möckli)
Die “Luzerner Zeitung” hat mit Etienne Jornod gesprochen, dem Präsidenten der Mediengruppe der “Neuen Zürcher Zeitung”. Natürlich geht es dabei um die weitere Entwicklung der bekannten Schweizer Tageszeitung. Jornod spielt mit dem Gedanken, den Preis der Zeitung deutlich anzuheben: “Fünf Franken pro Tag liegen drin, um klüger zu sein. Bislang waren wir und andere Verlage zu wenig mutig. Wir hatten auch zu wenig Argumente, um mehr Geld für Journalismus zu verlangen. Das ändert sich. Die ­Coronakrise hat vielen Leuten bewusst gemacht, wie wichtig fundierte, überprüfte, sachliche Information ist.”
Nachtrag: Für die Einordnung des Interviews wohl nicht ganz unwichtig: Die “Luzerner Zeitung” wird von CH Media herausgegeben, was wiederum ein Joint Venture von AZ Medien und der “NZZ”-Mediengruppe ist.

6. Vier Fäuste gegen die lausige Gegenwart
(sueddeutsche.de, Holger Gertz)
Holger Gertz kommentiert die Rückkehr des Boxsports in der ARD, und das liest sich recht unterhaltsam: “Boxen im Fernsehen lebt vom Überraschungsmoment, das in ihm schlummert, aber Boxen im Fernsehen lebt auch vom Gegenteil der Überraschung, von Tradition, Ritual, Wiedererkennung. Es ist wie bei SPD-Wählern, die nach wie vor SPD wählen – aber eigentlich wählen sie immer noch Willy Brandt.”

Gedächtnis­protokolle, “NZZ” im Tabaknebel, Diskursverschiebung

1. Warum berufen sich Undercover-Reportagen auf ominöse “Gedächtnis­protokolle”?
(uebermedien.de, Stefan Niggemeier)
In einer ProSieben-Reportage über rechte Netzwerke wurde ein AfD-Funktionär mit seinen Gewaltfantasien gegen Geflüchtete zitiert. Währenddessen wurde das Wort “Gedächtnisprotokoll” eingeblendet. Ein Undercover-Team hatte die den Politiker belastende Szene heimlich in einem Restaurant aufgenommen, in der Reportage war der AfD-Mann jedoch nicht zu sehen, und auch der Originalton war nicht zu hören. Medienanwalt Thorsten Feldmann ordnet die Thematik ein und erklärt, welche rechtlichen Gründe hinter dieser Vorgehensweise stecken.

2. Meinung: Mehr Debatte in den Tagesthemen
(ndr.de, Daniel Bouhs)
Bei den “Tagesthemen” soll es zukünftig einige Änderungen geben. Der “Kommentar” wurde nach 42 Jahren bereits zur “Meinung”. Ein “Pro und Contra” soll Debatten abbilden/anheizen. Der Historiker Jürgen Zimmerer warnt vor einer “Diskursverschiebung nach rechts”. Außerdem könnten auf diese Weise extreme Positionen salonfähig gemacht werden. Multiperspektivität sei gut, “aber es gibt natürlich einen Rahmen, außerhalb dessen Positionen einfach absurd sind. Ich warte dann auf den Kommentar in den ‘Tagesthemen’ zu ‘Die Erde ist eine Scheibe’ oder ‘Der Antisemitismus ist richtig’.”

3. Journalismus in Zeiten der Polarisierung: neun Empfehlungen von Jeff Jarvis
(innovation.dpa.com, Meinolf Ellers)
Der US-amerikanische Journalist und Autor Jeff Jarvis wurde vom Hamburger Senat und der Nachrichtenagentur dpa “für seine Verdienste als Brückenbauer zwischen den Internet-Plattformen und den traditionellen Medien” mit dem “Scoop-Award” geehrt. In seiner Keynote liefert Jarvis neun Denkanstöße für einen besseren Journalismus. Seine vollständige Rede gibt es bei Youtube (in englischer Sprache) zum Nachhören und Nachschauen.

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4. NZZ im Dunstnebel der Tabakindustrie
(infosperber.ch, Rainer M. Kaelin)
Die “NZZ” veröffentlichte jüngst einen PR-Artikel der Tabakindustrie. Der Pneumologe und ehemalige Vizepräsident der Lungenliga Schweiz, Rainer M. Kaelin, kritisiert den Beitrag: “Die Tribüne, die das älteste Medium der Schweiz dem Tabakgiganten Philip Morris zur Verfügung gestellt hat, lässt erschreckend deutlich erkennen, wie Lobbying, PR-Arbeit und Geld seit Langem die Tabakprävention auf Kosten der Jugend unterminieren. Das schadet dem Ansehen der NZZ, deren vornehmste Aufgabe die seriöse Information ihrer Leserinnen und Leser wäre.”

5. “Eine Frage von Leben und Tod”
(deutschlandfunk.de, Brigitte Baetz, Audio: 5:58 Minuten)
In London wird derzeit über die Auslieferung des Wikileaks-Gründers Julian Assange an die USA verhandelt. Dort drohen ihm eine Anklage wegen Spionage in 17 Fällen und insgesamt 175 Jahre Haft. Christian Mihr von Reporter ohne Grenzen beobachtet das Verfahren und zeigt sich äußerst besorgt: “Abgesehen davon, dass es hier um ein Verfahren gegen Julian Assange und ein Verfahren letztlich um Pressefreiheit geht, muss Julian Assange aus unserer Sicht auch schon allein aus humanitären Gründen sofort freigelassen werden.”

6. Die Rasen-Reporter
(zdf.de, 43:33 Minuten, Christian Bock)
Das Fußballmagazin “Kicker” wird dieses Jahr stolze 100 Jahre alt. Anlässlich des runden Geburtstags berichtet eine ZDF-Doku über die Entwicklung des Fußballs zum Volkssport und die Bedeutung der ihn begleitenden Medien, nicht nur des “Kickers”.
Weiterer Gucktipp: Die ARD hat im April eine Doku zum gleichen Thema in die Mediathek gestellt: 100 Jahre “Kicker”: Ein Sportmagazin schreibt Geschichte (Andreas Kramer, Video: 41:26 Minuten).

Kontaktschuld, Kontrollversuche im Lokaljournalismus, Techjournalismus

1. Damit ist jedes Ihrer Argumente wertlos.
(planet-interview.de, Jakob Buhre)
Jakob Buhre nimmt sich eines moralisch-ethischen Themas an, das vor allem in den Sozialen Medien immer wieder für Streit und Diskussionen sorgt: der sogenannten “Kontaktschuld”. Macht man sich schuldig, wenn man Kontakt zu jemandem hat, der zum Gegner erklärt wurde? Über diese schwierige Thematik hat Buhre mit einer betroffenen Person gesprochen. Das Interview sei anonymisiert worden, weil die interviewte Person selbst Opfer von Kontaktschuldvorwürfen sei und sich daraufhin mit dem Arbeitgeber darauf verständigt habe, sich in betreffender Causa bis auf Weiteres nicht zu äußern. Das Gespräch (sowie Buhres empfehlenswerter Begleittext) liefert viel Stoff zum Nachdenken und für etwaige weitere Diskussionen.

2. Warum der Bund mit der Presse-Förderung einen gewaltigen Fehler begeht
(meedia.de, Gregory Lipinski)
Die Große Koalition wolle in den nächsten Jahren die Zeitungsbranche mit 220 Millionen Euro fördern. Eigentlich eine gute Idee, findet Gregory Lipinski, doch die Sache habe einen Haken: Das Geld solle mehrheitlich in die Digitalisierung fließen, von den ursprünglich eingeplanten 40 Millionen Euro Zuschuss für die Auslieferung von Printprodukten sei keine Rede mehr. Ein Fehler, so Lipinski. Zusammen mit dem steigenden Mindestlohn mache es der Bund den Verlagschefs quasi unmöglich, die Zustellung ihrer Zeitungen dauerhaft wirtschaftlich zu betreiben: “Vor allem in vielen ländlichen Regionen drohen rasch weiße Flecke. Denn hier sind die Zustellkosten aufgrund größerer Wegstrecken am höchsten.”

3. Kontrollversuche im Lokaljournalismus
(ndr.de, Daniel Bouhs)
Der Wunsch, Berichterstattung zu kontrollieren, zeigt sich unter anderem in der Autorisierungspraxis von Interviews. Viele Promis, Politikerinnen und Politiker lassen sich nach einem Gespräch mit überregionalen Medien oder Magazinen das jeweilige Interview zur Freigabe vorlegen. Diese Praxis scheint sich auch im Lokaljournalismus auszubreiten. “Wir haben es ständig mit Leuten zu tun, die den Text vorher lesen wollen – wohlgemerkt: Amateure, ganz normale Bürger”, so der Chefredakteur der “Ostfriesen-Zeitung”, Joachim Braun, gegenüber dem Medienmagazin “Zapp”. “Das nimmt seit zwei, drei Jahren zu.”

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4. Der traurige Zustand des deutschen Techjournalismus am Beispiel Shopify
(indiskretionehrensache.de, Thomas Knüwer)
Der deutsche Gründer Tobias Lütke hat mit Shopify ein Unternehmen geschaffen, das einen Marktwert von Daimler und Volkswagen habe – wohlgemerkt: zusammen. Dennoch werde über diese Erfolgsgeschichte in deutschen Medien so gut wie nicht berichtet. Ein Versäumnis, für das Thomas Knüwer deutliche Worte findet: “So lange die versammelte Autorenschaft der großen Medienmarken solch ein Thema verschläft, muss sie sich die Frage gefallen lassen, wofür die Redakteure bezahlt werden – und wofür der Leser sie bezahlen sollte.”

5. Schlechte Zeiten für fiktionales Fernsehen?
(uebermedien.de, Wilfried Urbe)
Die Corona-Krise ist auch eine Krise des fiktionalen Fernsehens und Films. Laut dem europäischen Film- und TV-Produzentenverband CEPI hätten zwei Drittel aller Produktionsfirmen in Europa ihre Produktionen zumindest vorübergehend stoppen müssen. Außerdem erlitten die privaten Sender erhebliche finanzielle Verluste durch den Rückgang der Werbeeinnahmen. Bei der ProSiebenSat.1-Gruppe ist von einem Minus von 40 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum die Rede. Wilfried Erbe hat sich in der angeschlagenen Branche umgesehen, dabei aber auch Krisengewinnler entdeckt.

6. Kritik an SWR-Sportsendung: Freundschaftsinterview mit Jürgen Klopp
(ondemand-mp3.dradio.de, Christoph Sterz, Audio: 2:07 Minuten)
Im SWR-Fernsehen wurde ein Interview mit dem Fußballtrainer Jürgen Klopp ausgestrahlt, bei dem es recht freundschaftlich und fast privat zuging. Kein Wunder, denn die Reporterin Lea Wagner und Klopp kennen sich gut: Wagner ist die Tochter des Fußballtrainers David Wagner, die Familien Klopp und Wagner seien miteinander befreundet (Jürgen Klopp ist laut “FAZ” sogar der Patenonkel von Lea Wagner). Im Hinblick auf kritische Distanz sind derlei persönliche Verflechtungen problematisch. Doppelt problematisch wird es, wenn die Beziehung, wie im vorliegenden Fall, nicht angesprochen wird.

Wirecard-Berichterstattung, “Medien-Doktor”, Fremder Fame

1. Zuerst wurden die Journalisten verdächtigt
(deutschlandfunk.de, Christopher Ophoven, Audio: 6:21 Minuten)
Jahrelang berichtete die “Financial Times” über die Unregelmäßigkeiten beim Finanzdienstleister Wirecard. Dies bekam auch die zuständige Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht mit. Doch anstatt Anzeige gegen das mittlerweile insolvente Unternehmen zu stellen, dem auf rätselhafte Weise 1,9 Milliarden Euro abhanden gekommen sind, von denen unklar ist, ob es sie jemals gab, erstattete die Behörde Anzeige gegen die Journalistinnen und Journalisten.

2. Es gibt jetzt einen Medien-Doktor für Ernährungsjournalismus
(medien-doktor.de, Marcus Anhäuser)
Beim “Medien-Doktor für Ernährungsjournalismus” geht es darum, wie Redaktionen über Lebensmittel, Ernährungsformen, Diäten und Substanzen berichten, und um die Frage, was gut und was schlecht läuft in der Berichterstattung. Das Forschungsprojekt untersuche Beiträge aus deutschen Medien, in denen positive oder negative Effekte von Ernährung beschrieben werden. Einer der Projektverantwortlichen erklärt das Ziel: “Mit dem Medien-Doktor Ernährung möchten wir die Verbraucher sensibilisieren, nicht jedem Heilsversprechen in den Medien Glauben zu schenken. Wir schaffen Transparenz, indem wir die Quellen und dahinter liegenden Studienergebnisse überprüfen.”

3. YouTube löscht sechs bekannte rechtsextreme Kanäle
(spiegel.de)
Vor ein paar Tagen machte Reddit das Forum “The_Donald” dicht, in dem sich rund 800.000 Trump-Sympathisanten, Rassisten, Verschwörungsmystiker und Anhänger der neurechten Alt-Right-Bewegung tummelten. Die Video-Plattform Twitch sperrte gar den Kanal des US-Präsidenten, wenn auch nur zeitweilig (weiterführende Infos). Nun hat Youtube sechs der bekanntesten rassistischen und rechtsextremen US-Kanäle geschlossen: den des rechtsnationalen Richard Spencer und seines “National Policy Institute”, die Kanäle eines Ex-Ku-Klux-Klan-Anführers und eines neurechten Bloggers sowie das Magazin “American Renaissance” mitsamt seines Podcast-Angebots.

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4. Attila Hildmann ist der am schlechtesten vorbereitete Verschwörungstheoretiker Deutschlands
(vice.com, Theresa Locker)
Der vom Kochbuchautor zum Verschwörungserzähler gewandelte Attila Hildmann sei erstaunlich einfach schachmatt zu setzen, findet Theresa Locker: “Man könnte Hildmann sogar als den am schlechtesten vorbereiteten Anhänger von Verschwörungsmythen bezeichnen – sobald jemand nachhakt, kommt er schneller ins Straucheln, als er seinen Telegram-Pin eintippen kann.” Im direkten Gespräch und wenn es um Quellen für seine Behauptungen gehe, wirke Hildmann oft schlicht und ratlos, “was ihn fast schon sympathisch macht, würde es nicht um hasserfüllte Ideologien gehen, die er verbreitet.”

5. Ein gefährlicher Präzedenzfall
(taz.de, Niklas Franzen)
Ein brasilianischer Kolumnist der Deutschen Welle habe auf seinem Twitter-Account eine satirische Abwandlung eines historischen Zitats veröffentlicht, die sich gegen die engen Beziehungen zwischen der Regierung des brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro und den fundamentalistischen Pfingstkirchen richtet. Der Journalist wurde dafür nicht nur von Bolsonaro-Fans angefeindet und bedroht, sondern verlor auch seinen Job bei der Deutschen Welle (DW). Niklas Franzen kommentiert: “Es drängt sich der Verdacht auf, dass der Druck der Rechten ausschlaggebend für die Entscheidung der DW war.”

6. “FameMaker”: Hat Stefan Raab seine neue Show nur abgekupfert?
(rnd.de, Thomas Kielhorn)
Vor drei Wochen habe der Fernsehsender ProSieben den Start einer völlig neuen Musikcomedyshow verkündet, die von Stefan Raab entwickelt worden sei. Bei “FameMaker” würden die Kandidatinnen und Kandidaten unter einer schalldichten Glaskuppel vor der Jury performen. Ob es sich tatsächlich um eine Erfindung Raabs handelt, sei fraglich: Das Konzept ähnele auffällig dem südkoreanischen Erfolgsformat “I Can See Your Voice”, das von RTL für den deutschen Markt eingekauft wurde und im Sommer gesendet werden soll.

Inklusive Sprache, VW klärt seit Wochen schnellstmöglich, “NYT”

1. Intuition und Abwehr
(taz.de, Peter Weissenburger)
Inklusive Sprache in den Medien entwickelt sich langsam, aber sie entwickelt sich. Die “taz” hat sich bei vier Sprecher-Profis nach deren Einschätzung erkundigt: bei der Deutschlandfunk-Moderatorin Ann-Kathrin Büüsker, bei “Aspekte”-Moderator Jo Schück, bei der Produzentin des Instagram-Kanals “Erklär mir mal” Victoria Jeffries und beim Politik­-Pod­caster Ulf Buermeyer (“Lage der Nation”).

2. Dunning-Kruger-Effekt: Warum sich Halbwissende für besonders klug halten
(nationalgeographic.de, Jens Voss)
In Mediendiskussionen und Kommentarspalten besonders häufig anzutreffen: der Dunning-Kruger-Effekt. Ein nach zwei US-amerikanischen Psychologen benanntes Phänomen, laut dem inkompetente Menschen ihre eigenen Fähigkeiten auffällig oft überschätzen, während sie gleichzeitig die Leistungen kompetenter Menschen unterschätzen. Jens Voss erzählt von der zugrundeliegenden Studienreihe und zeichnet nach, wann das Phänomen erstmals wissenschaftlich beschrieben wurde.

3. VW-Vorstand soll Instagram-Affäre klären
(faz.net)
“Wir werden unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie die Öffentlichkeit nach der Beratung im Konzernvorstand schnellstmöglich über alle wichtigen Details und Hintergründe informieren”. So lautete die offizielle Stellungnahme des Volkswagen-Konzerns, nachdem er einen rassistischen Videoclip veröffentlicht hatte und nach heftiger Kritik zurückziehen musste. Das “schnellstmöglich” liegt mittlerweile zwei Wochen zurück, doch nun gebe es “erste Ergebnisse”. Wie die aussehen, sei aber immer noch nicht bekannt – der Konzernvorstand wolle zunächst “die Erkenntnisse bewerten”.

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4. RSF begrüßt Verzicht auf Online-Durchsuchung
(reporter-ohne-grenzen.de)
Die Reporter ohne Grenzen (RoG) begrüßen, dass die Große Koalition auf ihr ursprüngliches Vorhaben, dem Verfassungsschutz Befugnisse zur Online-Durchsuchung zu erteilen, verzichten will. Das sei jedoch kein Grund für völlige Erleichterung, so RoG-Chef Christian Mihr: “Die Online-Durchsuchung für den Verfassungsschutz hätte das Redaktionsgeheimnis und damit eine der Säulen der Pressefreiheit in Deutschland ausgehöhlt. Es ist gut, dass die große Koalition auf diese maßlosen Pläne verzichtet. Dass der Verfassungsschutz künftig Staatstrojaner einsetzen dürfen soll, um verschlüsselte Kommunikation wie Online-Telefonate und sichere Chats abzuhören, wirft dennoch heikle Fragen auf. Wir werden genau beobachten, ob und wie die Kommunikation von Journalistinnen und Journalisten dabei geschützt wird.”

5. Meinungschef der “New York Times” tritt ab
(sueddeutsche.de)
In einem Gastkommentar in der “New York Times” hat der republikanische Senators Tom Cotton den Einsatz des Militärs bei den aktuellen Protesten in den USA gefordert (Überschrift: “Schickt die Truppen rein”). Das habe eine Revolte in der Redaktion ausgelöst und dem Chef der Meinungsseite den Posten gekostet.

6. ProSieben entschuldigt sich für Kommentar bei “SdS”
(dwdl.de, Timo Niemeier)
Am Samstagabend sorgte ein geschmackloser Kommentar in der TV-Sendung “Schlag den Star” (ProSieben) für Entsetzen und Empörung in den Sozialen Medien, für den Moderator und Sender jedoch noch während der Live-Ausstrahlung um Entschuldigung baten.

BND-Klatsche, Kritik rund um “Männerwelten”, Deutschrap

1. Grundrechte gelten für alle
(netzpolitik.org, Markus Beckedahl)
Markus Beckedahl kommentiert das gestrige Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum BND-Gesetz, das in weiten Teilen für rechtswidrig erklärt wurde: “Es ist gut, dass das Bundesverfassungsgericht geurteilt hat, dass unsere Geheimdienste einfach nicht alles machen dürfen, was sie wollen und was die Bundesregierung gerne hätte. Weil man eben auch auf unser Grundgesetz vereidigt wurde und dessen Werte selbstverständlich verteidigen sollte.” Das Urteil sei vor allem der Verdienst der Gesellschaft für Freiheitsrechte und Reporter ohne Grenzen, die sich zur Klärung dieser Frage verbündet hätten.

2. Maskuliner Trotz
(philomag.de, Philipp Hübl)
In vielen Medien seien es vor allem Männer, die eine Lockerung des “Lockdowns” fordern. Das sei kein Zufall, wie Philipp Hübl im “Philosophie Magazin” meint. Mit dafür ursächlich sei der unterschiedlich ausgelegte Freiheitsbegriff: “Liberale und Wähler rechts der Mitte (deutlich mehr Männer) fassen Freiheit eher im negativen Sinn auf, als ‘Freiheit von Zwang’: von einem zu großen Einfluss des Staates auf das Individuum und die Wirtschaft. Die Progressiven links der Mitte (deutlich mehr Frauen) sehen Freiheit eher positiv als ‘Autonomie’: Sie wollen, dass der Staat eingreift, um die freie Entfaltung besonders der Schwachen zu schützen.”

3. Zeigt her eure Wunden
(spiegel.de, Margarete Stokowski)
Die Fernsehunterhalter Joko und Klaas haben für ihren Beitrag über Gewalt gegen Frauen (“Männerwelten”) viel Applaus bekommen. Margarete Stokowski lenkt den Blick auf einige aus ihrer Sicht zu kurz gekommene Aspekte und spricht dabei auch das Verhalten von Joko und Klaas in der Vergangenheit an. Diese hatten “zum Spaß” eine Frau sexuell belästigt und waren in überaus hässlicher Weise über sie hergezogen: “Natürlich muss man nicht jeder öffentlichen Person jeden Fehler jahrelang hinterhertragen, aber wenn jemand gerade dabei ist, Ruhm und Dankbarkeit einzusammeln, wenn er mit einer Sendung genau das kritisiert, was er vor Kurzem noch selbst getan hat, dann kann man schon mal dran erinnern, dass es ein perfekter Moment gewesen wäre, zu sagen: Guckt mal, ich war auch mal so, und heute weiß ich es besser. (Wenn es denn so ist).”
Weiterer Gucktipp: Auf dem Instagram-Kanal der “taz” liest Friedrich Küppersbusch sowohl dem Sender ProSieben als auch den beiden TV-Entertainern Joko und Klaas die Leviten. Statt Selbstkritik, auch wegen der eigenen Senderformate, gab es laut Küppersbusch “politisch korrektes Schwanzträger-Bashing mit festem Blick auf Gratis-Applaus und einer tüchtigen Tünche moralischer Erhabenheit für ProSieben” (Video, 1:50 Minuten).

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4. Warum der Deutschrap so verstrahlt ist
(tagesspiegel.de, Sebastian Leber)
Sebastian Leber kritisiert die Sorte von Deutschrappern, die ihre jungen Fans mit toxischen Verschwörungsmythen indoktriniert: “Statt sich etwa um soziale Ungerechtigkeit, Diskriminierungen aller Art, um Klimakatastrophe, Nord-Süd-Gefälle, ertrinkende Flüchtlinge, Korruption, sexuellen Missbrauch, Altersarmut, reflektierte Kapitalismuskritik, die Ausbeutung prekär Beschäftigter, organisierte Kriminalität, Polizeigewalt, Waffenexporte oder wenigstens um die miese Netzabdeckung zu kümmern, begnügen sich die Deutschrapper mit Hokuspokus. Weil sie dies so laut und reißerisch tun, überdecken sie auch jene seltenen Stimmen, die sich um echte Gesellschaftskritik bemühen. Sie wirken wie die Schafe in Orwells ‘Farm der Tiere’, die mit penetrantem Geblöke jede nötige Kritik an den Herrschenden verhindern.”

5. “Seid ihr noch unabhängig?”
(taz.de, Gaby Sohl)
Die “taz” hat nach eigenen Angaben viel Kritik für ihre Berichterstattung während der Corona-Krise bekommen (einige der kritischen Stimmen sind im Beitrag angeführt). Etliche Leserinnen und Leser, Genossinnen und Genossen hätten sogar ihr Abo oder ihren Genossenschaftsanteil gekündigt. Als Reaktion habe man einen “taz”-Schwerpunkt ins Leben gerufen.

6. Das Telegram-Prinzip
(sueddeutsche.de, Jannis Brühl)
Beim Messengerdienst Telegram können, ähnlich wie bei WhatsApp, Gruppen eingerichtet werden. Während jedoch die Gruppengröße bei WhatsApp ein Limit von 256 Mitgliedern hat, können Telegram-Gruppen bis zu 200.000 Mitglieder umfassen. Das macht den Dienst anfällig für Corona-Verschwörungsgläubige, die dort ihre grenzwertigen Botschaften ungefiltert und unkommentiert verbreiten können. Einige prominente Beispiele: der Sänger Xavier Naidoo, der Koch Attila Hildmann und die ehemalige “Tagesschau”-Sprecherin Eva Herman.

Zynischer Trinkgeldbecher, Coronaparty, Grenzüberschreitend

1. Haste mal nen Cent für die armen Künstler?
(zeit.de, Daniel Gerhardt)
Die Corona-Krise bedeutet für viele Branchen dramatische Umsatzrückgänge, doch es gibt auch Gewinner. Zu denen gehören Streaminganbieter wie das schwedische Unternehmen Spotify. Neuerdings biete der Musikdienst notleidenden Musikerinnen und Musikern an, ihre Spotify-Präsenz mit einem virtuellen Trinkgeldbecher zu bestücken. Das sei reiner Zynismus, wie Daniel Gerhardt bei “Zeit Online” findet: “Wollte der Streamingdienst wirklich jenen Musikschaffenden helfen, mit deren Arbeit er seine Profite erwirtschaftet, müsste er sich eigentlich selbst bekämpfen.”
Weiterer Lesehinweis: Rechte Podcasts auf Spotify: Höcke in der Playlist: “Auf Spotify geben sich extreme Rechte mit Podcasts ganz bürgerlich. Die Plattform ist informiert — und lässt sich mit der Überprüfung Zeit.” (taz.de, Volkan Agar).

2. Die Coronaparty der Medienvertreter
(deutschlandfunk.de, Samira El Ouassil, Audio: 3:39 Minuten)
Es war ein groteskes Bild: Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer gibt noch auf dem Rollfeld ein Statement zu einer Lieferung Schutzmasken aus China ab. Um sie herum eine dichtgedrängte Traube von Journalisten und Journalistinnen, allesamt ohne Schutzmaske. Eine visuelle Ohrfeige, wie Samira El Ouassil findet: “Solche Bilder setzen fatale Signale und wenn das jemand wissen sollte, dann Journalisten. Medienmacher müssen gerade jetzt im Hinterkopf behalten, dass einige Bürger nicht das Virus, sondern Politik und Presse für die Einschränkungen verantwortlich machen.”

3. TikToken die ganz richtig?
(politik-kommunikation.de, Sandra Peters)
Will man Schülerinnen oder Studenten erreichen, muss man auf deren bevorzugte Plattformen gehen. So denken derzeit viele Politikerinnen und Politiker und machen ihre ersten zaghaften Schritte bei TikTok, Snapchat und Jodel. Grundsätzlich eine richtige Entscheidung, wie Sandra Peters findet, doch es sei eine Gratwanderung zwischen nahbar und peinlich: “Wie kann eine Respektsperson einer Plattform entsprechend kommunizieren, ohne sich lächerlich zu machen? Ein Kanzleramtschef Helge Braun, der sich auf Jodel betont staatsmännisch den Fragen der User stellt, wandelt auf einem schmalen Grat zwischen Nahbarkeit und Autoritätsverlust.”

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4. Rekorde, Rekorde: Der unrühmliche Reichweiten-Wettlauf
(dwdl.de, Uwe Mantel)
ProSieben feierte am Mittwochmorgen 10,37 Millionen Zuschauer für das “The Masked Singer”-Finale, doch die offiziellen Quotencharts wiesen mit 5,34 Millionen Zuschauern gerade mal knapp die Hälfte aus. Uwe Mantel erklärt, wie es zu den stark voneinander abweichenden Zahlen kommt und welche Rechenwege dahinterstecken.

5. Konstruktiver Journalismus in Zeiten von Covid-19
(correctiv.org, David Schraven)
“Correctiv”-Geschäftsführer David Schraven schreibt über die Vorteile des “konstruktiven Journalismus” in Corona-Zeiten und verweist dabei auf die Empfehlungen des dänischen Constructive Institute. Sein Fazit: “Konstruktiver Journalismus in Zeiten der Corona-Krise ergänzt Meldungen und investigative Recherche. Es geht darum, sich auf den Zweck des Journalismus zurückzubesinnen: Wir wollen durch kritische und konstruktive Beiträge zur Entwicklung der Gesellschaft beitragen.”

6. Das viel zu späte Entsetzen über die Verachtungs-Show
(uebermedien.de, Nora Voit)
Anfangs sah es für viele so aus, als gebe es mit “Promis unter Palmen” (Sat.1) ein weiteres unterhaltsames Trash-TV-Format der Kategorie “Dschungelcamp”. Doch bald offenbarte sich die Sendung als Plattform für Grenzüberschreitungen aller Art einschließlich Mobbing und sexueller Belästigung. Nora Voit hat sich ihren Ärger darüber von der Seele geschrieben: “‘Promis und Palmen’ ist selbst mit Lockdown-Langeweile nicht die ‘beste Show gegen den Quarantäne Blues’, sondern eine Bühne für Arschlöcher, eine Spielwiese für Anti-Solidarität, ein Rückschlag für die Gleichberechtigung.”
Weiterer Lesehinweis: Beim “Spiegel” kommentiert Trash-TV-Expertin Anja Rützel: “Das Problem an ‘Promis unter Palmen’ war nicht, dass es von Mobbing erzählt, sondern dass es seinen Vorteil nicht nutzt, den es gegenüber dem echten Leben genießt: seine Editiermacht und sein Gespür für einen Cast, der zwar menschliche Abgründe kennt und auslotet, aber nicht Diskriminierung als Lebensprogramm betreibt.”

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