Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].
1. “Der Sog der Masse” (zeit.de, Harald Martenstein)
Harald Martenstein denkt ausführlich über den Mainstream nach: “In den fünfziger Jahren, in denen ich geboren wurde, dachte fast jeder, dass Deutschland die im Krieg verlorenen Ostgebiete auf keinen Fall aufgeben dürfe, dass Frauen nur in Ausnahmefällen arbeiten gehen sollten, dass Homosexualität eine Perversion sei, über die man am besten nicht spricht, dass es tausend wichtigere Dinge gebe als Umweltschutz. Heute denkt fast jeder in diesen Fragen ungefähr das Gegenteil. Auch ich denke das Gegenteil. (…) Jemand, der wirklich ein Querdenker ist, müsste heutzutage vielleicht für die Wiedereinführung der Monarchie eintreten. Er müsste an den heiligen Idealen der sozialen Gerechtigkeit, am Atomausstieg und an der Emanzipation zweifeln. Mit anderen Worten, er müsste bereit sein, sich vom Schwarm zu einem gefährlichen Irren stempeln zu lassen.”
3. “Medien nutzen Twitter immer noch als Linkschleuder” (faz-community.faz.net, Holger Schmidt)
Eine Auswertung von Twitter-Konten deutscher Medienmarken: “Inzwischen gibt es Redakteure, die mehr Follower haben als ihre Medienhäuser, weil sie sich auf den Austausch mit den Nutzern einlassen.”
4. “Schafft den Bambi endlich ab!” (haz.de, Imre Grimm)
Ein Plädoyer für die Abschaffung des Medienpreises Bambi: “Und der ‘Bambi’ ist nicht allein. Die ‘Goldene Kamera’ von Springers ‘Hörzu’, der ‘Deutsche Fernsehpreis’; sie alle wirken wie aus der Zeit gefallen, versackt in der Irrelevanz, doch man macht unverdrossen weiter, als sei für alle Zeiten 1988.”
Im Juli hatte “Bild” groß über einen Mann berichtet, der ein siebenjähriges Mädchen in Thüringen sexuell missbraucht und getötet hatte. Im Rahmen ihrer Berichterstattung bezeichnete die Zeitung den geständigen mutmaßlichen Täter als “Schwein” und zitierte einen BKA-Beamten mit den Worten “Wenn er sich nicht selbst etwas antut, gäbe es im Knast genügend andere, die das gerne übernehmen würden.”
Wie um es den genügend Anderen im Knast einfacher zu machen, hatte “Bild” den Fall mit einem großen, unverfremdeten Foto des Mannes illustriert (BILDblog berichtete):
Wir haben uns beim Deutschen Presserat über die Berichterstattung von “Bild” und Bild.de beschwert. Wie in solchen Fällen üblich nahm die Abteilung Verlagsrecht der Axel Springer AG dazu Stellung und erklärte unter anderem, es entspräche der ständigen Spruchpraxis des Deutschen Presserats, dass bei vorliegendem Geständnis auch identifizierend über Tatverdächtige berichtet werden dürfe. (Der Presserat merkt dazu an, dass sich das Justiziariat dabei “auf den einzigen Fall mit diesem Tenor” berufe.)
Die Bezeichnung “Schwein” drücke nach Ansicht der Axel Springer AG aus, was der “weitaus überwiegende Teil der Bevölkerung” über den Mann und die ihm zur Last gelegten Taten denke. Wer das Vertrauen und die Unterlegenheit eines Kindes ausnutze, um es sexuell zu misshandeln und es dann qualvoll umzubringen, sei nach herrschender Ansicht als “Schwein” zu bezeichnen. Auch die Einordnung als “beruflich und privat ein ewiger Verlierer” sei zulässig, da der mutmaßliche Täter sowohl im beruflichen als auch im privaten Bereich sein Leben nicht “auf die Reihe” bekommen habe, wie der Verlag weiter ausführte.
Den Abdruck des Fotos rechtfertigten die Springer-Juristen so:
Schon die Tatsache, dass jemand ein siebenjähriges Mädchen sexuell misshandele und sie danach ermorde, sei so außergewöhnlich, dass damit eine Fotoveröffentlichung gegen den Willen des Abgebildeten gerechtfertigt sei. Ein Großteil der deutschen Tagespresse haben über den Fall Mary-Jane berichtet.
Auszüge aus dem Pressekodex:
Ziffer 8 – Persönlichkeitsrechte
Die Presse achtet das Privatleben und die Intimsphäre des Menschen. Berührt jedoch das private Verhalten öffentliche Interessen, so kann es im Einzelfall in der Presse erörtert werden. Dabei ist zu prüfen, ob durch eine Veröffentlichung Persönlichkeitsrechte Unbeteiligter verletzt werden. Die Presse achtet das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und gewährleistet den redaktionellen Datenschutz.
Richtlinie 8.1 – Nennung von Namen/Abbildungen
(1) Bei der Berichterstattung über Unglücksfälle, Straftaten, Ermittlungs- und Gerichtsverfahren (s. auch Ziffer 13 des Pressekodex) veröffentlicht die Presse in der Regel keine Informationen in Wort und Bild, die eine Identifizierung von Opfern und Tätern ermöglichen würden. Mit Rücksicht auf ihre Zukunft genießen Kinder und Jugendliche einen besonderen Schutz. Immer ist zwischen dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit und dem Persönlichkeitsrecht des Betroffenen abzuwägen. Sensationsbedürfnisse allein können ein Informationsinteresse der Öffentlichkeit nicht begründen.
Der Beschwerdeausschuss des Deutschen Presserats ließ sich von dieser Begründung nicht beeindrucken und kam zu der Überzeugung, dass die Beiträge von “Bild” und Bild.de die Persönlichkeitsrechte des Abgebildeten verletzten und damit gegen Ziffer 8 in Verbindung mit Richtlinie 8.1 (s. Kasten) des Pressekodex verstoße.
Die identifizierbare Abbildung des Täters ist aus Sicht des Beschwerdeausschusses “ethisch nicht vertretbar”. Ein Tatverdächtiger könne ausnahmsweise abgebildet werden, wenn dies im Interesse der Verbrechensaufklärung liege oder wenn das Verbrechen unter den Augen der Öffentlichkeit begangen werde. Eine solche Ausnahme sei im konkreten Fall aber nicht gegeben, “Bild” hätte auch ohne Abbildung der Person oder mit ausreichend unkenntlich gemachten Bildern umfassend über den Fall berichten können.
Einen Verstoß gegen Ziffer 1 des Pressekodex, die zur Achtung der Menschenwürde mahnt, konnte der Beschwerdeausschuss jedoch nicht feststellen. Durch die Verwendung der Bezeichnung “Schwein” werde deutlich, “dass die Tat von der Redaktion als Schweinerei verstanden werde”. Sie bringe mit “bildhafter Sprache” eine zulässige Bewertung zum Ausdruck.
Die “Maßnahmen” des Presserates:
Hat eine Zeitung, eine Zeitschrift oder ein dazugehöriger Internetauftritt gegen den Pressekodex verstoßen, kann der Presserat aussprechen:
einen Hinweis
eine Missbilligung
eine Rüge.
Eine “Missbilligung” ist schlimmer als ein “Hinweis”, aber genauso folgenlos. Die schärfste Sanktion ist die “Rüge”. Gerügte Presseorgane werden in der Regel vom Presserat öffentlich gemacht. Rügen müssen in der Regel von den jeweiligen Medien veröffentlicht werden. Tun sie es nicht, dann tun sie es nicht.
Die letzten Ausführungen sind bemerkenswert, hatte der Presserat den Begriff “Schwein” (anders als etwa den Begriff “Bestie”) oder “Dreckschwein” doch bisher meist als Verletzung der Menschenwürde angesehen.
Insgesamt wertete der Beschwerdeausschuss den Verstoß gegen Ziffer 8 aber als so schwerwiegend, dass er eine “Missbilligung” aussprach (s. Kasten). Nach § 15 Beschwerdeordnung besteht zwar keine Pflicht, Missbilligungen zu veröffentlichen. Als Ausdruck fairer Berichterstattung “empfiehlt” der Beschwerdeausschuss jedoch die Veröffentlichung.
Der nicht einmal halbherzige Versuch, die Privatsphäre von Wolfgang Niedecken und seiner Familie zu respektieren, hat “Bild” schon zwei Einstweilige Verfügungen eingebracht (BILDblog berichtete). Vergangenen Donnerstag kam eine dritte hinzu.
Die Anwälte des BAP-Sängers schreiben auf ihrer Internetseite, es sei Bild.de jetzt verboten …
ein Foto zu verbreiten, das Niedeckens Kinder bei einem Krankenhausbesuch zeige,
den angeblichen Verlauf eines Schlaganfalltests zu veröffentlichen: Bild.de hatte geschrieben, Niedecken habe auf die Bitte eines Arztes, die Wochentage aufzuzählen, einen Arm gehoben. Diese Behauptung sei laut Niedeckens Anwälten “frei erfunden”.
Details über die Krankenhausbehandlung Niedeckens zu verbreiten,
sowie Details zu geplanten Nachbehandlungen zu veröffentlichen.
Weiter heißt es, Wolfgang Niedecken und seine Familie bäten erneut darum, die von Bild.de verbreiteten Behauptungen, die zum Teil frei erfunden seien, nicht zu übernehmen.
Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].
2. “Banken-Werbung in DuMont-Medien” (taz.de, Steffen Grimberg)
Redakteursvertreter des Verlags M. DuMont Schauberg wenden sich gegen eine Beilage, “die von der hauseigenen Wirtschaftsredaktion geschrieben werden soll”. “Besonders erzürnt die Redakteursvertreter, dass offenbar außerhalb der Beilage im normalen redaktionellen Teil von Berliner Zeitung und Frankfurter Rundschau ‘ein großes Interview’ mit dem Deutsche-Bank-Manager Kevin Parker geplant ist, der den Preis gemeinsam mit DuMont-Vertretern übergeben soll.”
3. “Die Zwangsehe in deutschen Köpfen” (cicero.de, Woody Mues)
Wie Medien die Studie “Zwangsverheiratung in Deutschland” (PDF-Datei) aufnehmen: “BILD etwa schrieb ‘2008 wurden in Deutschland 3.443 Fälle von Zwangsverheiratungen registriert’. Tatsächlich jedoch haben in diesem Jahr 3.443 Menschen eine Beratung zum Thema Zwangsheirat wahrgenommen”.
4. “Wie man in den Wald ruft …” (medienwoche.ch, Nick Lüthi)
“Blick”-Mitarbeiter erhalten Morddrohungen und werden mit einer Plakatkampagne konfrontiert: “Hier folgt eine Hetzkampagne auf die andere Hetzkampagne – jene gegen die Blick-Journalisten als Reaktion auf die Kampagne gegen den ‘Petarden-Trottel’.”
5. “Der Klügere tritt nach” (fernsehkritik.tv, Video)
Fernsehkritik.tv macht sich Gedanken über die ARD-Sendung “Der klügste Deutsche” (Website), insbesondere über das Televoting, mit dem am Ende ein Gewinner bestimmt wurde.
6. “Ich möchte die süssen Kerle nackt sehen” (sonntagszeitung.ch, Martina Bortolani)
Martina Bortolani spricht mit Elke Kuhlen, Herausgeberin von “Jungsheft” und “Giddyheft”: “Ich finde, dass die Darstellung von Sexualität nicht gross bearbeitet werden sollte, weil sie im realen Erlebnis auch nicht perfekt ist. Das macht den Sex ja auch reizvoll.”
Prinz Harry, Dritter der britischen Thronfolge und von den Boulevard-Medien gern als arger Hallodri beschrieben, weilt ob seiner Pilotenausbildung derzeit im Städtchen Gila Bend in Arizona.
Die britische “Daily Mail”, als Quelle für seriöse Berichterstattung in etwa so tauglich wie die gesammelten Grimm’schen Märchen, berichtete vergangene Woche, der Prinz sei dort etwas reserviert empfangen worden:
Ron Henry, Bürgermeister der 1.700-Seelen-Gemeinde, in der viele Einwohner streng gläubige Christen sind, sagt, Harry solle aufpassen, da ihm sein Ruf als Frauenheld vorauseilt.
“Hier gibt es bestimmt einige Väter, die zu extremen Mitteln greifen würden, um ihre Töchter zu beschützen”, sagte Mr. Henry, 64. “Einige der Väter würden nicht zimperlich mit einem Prinz umspringen, der sich des Nachts vergnügt.”
(Übersetzung von uns.)
Mal mit, mal ohne Nennung der Quelle “Daily Mail” hat sich diese Geschichte in den vergangenen Tagen auch in deutschsprachigen Medien verbreitet — zugegebenermaßen vor allem in solchen, die mit der Seriosität von Grimms Märchen nicht wirklich mithalten können: RTL.de, “Focus Online”, blick.ch, mopo.de oder der “Berliner Kurier” hatten darüber berichtet.
Die Geschichte verliert allerdings ein wenig dadurch, dass die Stadtverwaltung von Gila Bend schon am Tag, als der Artikel in der “Daily Mail” erschienen war, die angeblichen Zitate des Bürgermeisters brüsk zurückgewiesen hatte:
Unglücklicherweise hat die “Daily Mail” am 7. November 2011 eine schäbige und erfundene Geschichte aufgeschrieben. Bürgermeister Henry erklärte: “Ich bin tief betrübt, dass die “Daily Mail” Bemerkungen nicht nur aus dem Zusammenhang gerissen, sondern auch vollständig erdichtet hat. Tatsächlich waren die negativen Bemerkungen die Worte des Reporters, der sich entschieden hat, eine Geschichte lieber aufzubauschen und zu erfinden, als die Wahrheit zu berichten. Ich würde niemals solche seltsamen Äußerungen machen. Wir haben enormen Respekt und Verehrung für Prinz Harry und die königliche Familie. Wir sind aufgeregt, stolz und geehrt, ihn in unserer Gemeinde zu haben, und wir werden alles dafür tun, dass sein Aufenthalt so angenehm wie möglich wird.”
Nun weiß man nicht, was die Anhänger Bushidos so verstehen, im Zweifel jedoch an dieser Stelle mehr als die Journalisten von sueddeutsche.de. Denn am Ende des zitierten Tweets von Bushido steht noch ein Link. Der führt zu einem Artikel, in dem Bild.de ein “mildes Urteil” gegen einen Mann kritisiert, der seine Stieftochter sexuell missbraucht hat. Auf Facebook (wo es keine Beschränkung auf 140 Zeichen gibt) geht Bushidos Satz auch noch weiter:
Kümmert euch mal lieber um diese Tatsachen ihr Heuchler….
Mit anderen Worten: Bushido sagt, die Menschen sollen lieber etwas gegen Kinderschänder tun, anstatt ihn zu kritisieren.
Darauf hat auch schon ein Kommentator unter dem Artikel auf sueddeutsche.de hingewiesen. Aber wer als Journalist Internet-Kommentare liest, kann ja auch gleich auf Links klicken.
Mit Dank an Yorrik B.!
Nachtrag, 13. November: sueddeutsche.de hat den Artikel gestern um einen etwas konfusen Absatz ergänzt:
Auf Bushidos Seite bei Facebook war das Statement noch ein Stück länger, dort endet es mit “…Kümmert euch mal lieber um diese Tatsachen ihr Heuchler….” Dann folgt (wie auch schon bei Twitter) ein Link zu einem Text von Bild.de, der ein mildes Gerichtsurteil gegen einen Mann in Braunschweig anprangert, der seine Tochter missbraucht hat. Hier kann die Bushido-Mitteilung so gelesen werden, dass er dazu auffordert, gegen solche Urteile vorzugehen anstatt gegen den Bambi für ihn zu protestieren. Das Gerichtsurteil in Braunschweig hat zwar nichts mit der Frage zu tun, ob ein Bambi für Bushido gerechtfertigt ist. Aber das Herstellen eines solchen Zusammenhangs zeigt die Art, und Weise wie Bushido versucht, öffentliche Meinung zu machen.
Unter dem Artikel steht nun diese “Anmerkung der Redaktion”:
In einer ersten Fassung des Textes wurde nur die zitierte Twitter-Nachricht von Bushido berücksichtigt, nicht aber die längere Fassung bei Facebook. Dank bildblog.de konnte der Punkt in die neue Fassung des Textes eingearbeitet werden.
Wer als Journalist Internet-Kommentare liest, kann also tatsächlich auch gleich auf Links klicken.
Die Polizei sucht sie mit 200 Mann! Die Ermittler fürchten: Die Kurdin wurde von ihren Geschwistern ermordet, weil sie einen Deutschen liebt!
Arzu wuchs mit fünf Brüdern und vier Schwestern in Detmold (NRW) auf. Die Erziehung war streng muslimisch.
Auch wenn es so schön ins Weltbild von “Bild” und ihren Lesern passen mag: Die junge Frau ist keine Muslima, sondern eine Jesidin. Die Jesiden sind unter den Kurden, die sonst überwiegend muslimisch sind, eine religiöse Minderheit und wurden von Muslimen teilweise als “Teufelsanbeter” bezeichnet.
Die “Neue Westfälische” hat den religiösen Hintergrund der Familie in einem längeren Artikel beleuchtet. Darin heißt es auch, dass Jesiden im Irak, der Türkei oder Syrien, “zum Teil seit Jahrhunderten” verfolgt und unterdrückt würden, jesidische Frauen aber “keineswegs generell” unterdrückt würden. “Bild” glaubt, mit “Die Erziehung war streng muslimisch” alles gesagt zu haben.
Aber vielleicht ist es das, was Kai Diekmann meint, wenn er sagt: “Journalismus ist Komplexitätsreduktion”.
Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].
1. “Dieses Vorgehen ist ein Skandal” (nationofswine.ch, Daniel Ryser)
Fußball und Journalisten: Daniel Ryser spricht mit Peer Teuwsen über die “Blick”-Kampagne gegen einen Stadionbesucher, der sich mit einer Petarde selbst verletzte. Siehe dazu auch “Und das soll ‘Krieg’ sein?” (blog.persoenlich.com, Peer Teuwsen).
3. “Welches Weltbild soll es denn sein?” (faz.net, Jörg Wittkewitz)
Bei Wikipedia denke man über den Einsatz von Filtersoftware nach, schreibt Jörg Wittkewitz. “Genau die Befreiung, die in Nordafrika stattgefunden hat, könnte bei uns wieder zurückgedreht werden. Der Bilderfilter befriedigt die Angst konservativer Kräfte vor der Macht der bildlichen Darstellung von triebhaftem Geschehen.”
4. “Es macht Spaß, mir vorzustellen, dass alles zusammenbricht” (zeit.de, Harald Martenstein)
Harald Martenstein denkt nach über die moralische Verwerflichkeit seiner Angstlust: “Seit Monaten verfolge ich die Nachrichten über die Euro-Wirtschafts-Schuldenkrise. Ich lasse keine Talkshow aus. Ich lese jeden Artikel. Inzwischen ist mir klar, dass es mir Spaß macht. Es macht mir Spaß, mir vorzustellen, dass eine Monsterinflation kommt, dass alles zusammenbricht, dass wir vor einem Armageddon der Weltwirtschaft stehen.”
6. “Oh, the Hermanity!” (thedailyshow.com, Video, 6:38 Minuten) Herman Cain, einer der möglichen republikanischen US-Präsidentschaftskandidaten für 2012, stellt sich an einer Pressekonferenz dem Vorwurf sexueller Belästigung.
Man kann sich vorstellen, dass Schlagersängerin Helene Fischer überrascht war, als sie die Titelseite des “Berliner Kurier” vom 27. Oktober sah:
Sicher, sie hatte mit dem “Kurier”-Menschen irgendwie über ihre Liebe zu Florian Silbereisen gesprochen:
Verfolgen Sie die Trennung von Stefan Mross und Stefanie Hertl mit Sorge? Sie haben mit Florian Silbereisen eine ähnliche Konstellation.
Nein, ich mache mir da keine Sorgen. Florian und ich versuchen, Privates und Geschäftliches strikt zu trennen.
Aber Sie treten gerne in seinen Shows auf, oder?
Natürlich! Es war für mich immer klar, dass ich das neue Album zuerst bei ihm präsentieren möchte.
Und auch der Kinderwunsch kam vor. Auf eine Art:
Sie bezeichnen sich als Familienmensch. Möchten Sie auch selbst Mutter werden?
Auf jeden Fall, das ist mein großer Traum. Ich denke, dafür haben wir noch Zeit. Wenn ich in einigen Jahren ruhiger werde, möchte ich aber unbedingt ein Kind.
Aber irgendwie, fand Helene Fischer, gab die Titelseite ihre Aussage dann doch nicht ganz treffend wieder. Und so erschien der “Berliner Kurier” am vergangenen Dienstag mit der Ankündigung einer “Klarstellung” auf der Titelseite:
Und im Inneren hieß es:
Klarstellung
Wir haben auf dem Titel des KURIER vom 27.10.2011 berichtet: “Helene Fischer spricht im Kurier über ihre Liebe zu Florian — Ich will ein Kind”. Hierzu stellen wir klar, Frau Fischer wünscht sich aktuell kein Kind.
Vergangene Woche hatte die Kölner Rockgruppe BAP ihre anstehende Deutschlandtour wegen einer schweren Erkrankung des Sängers Wolfgang Niedecken absagen müssen. Das Management bat “eindringlich” darum, die Privatsphäre von Wolfgang Niedecken und seiner Familie zu respektieren, woran sich vor allem “Bild” nicht halten wollte (BILDblog berichtete).
Wolfgang Niedecken und seine Familie gingen vor Gericht und erwirkten zwei Einstweilige Verfügungen, die es “Bild” verbieten …
die genaue Krankheit Niedeckens zu benennen,
Details des angeblichen Erkrankungshergangs zu veröffentlichen: Bild und bild.de hatten behauptet, Herr Niedecken sei in seinem Haus zusammengebrochen und von seiner Frau hilflos auf dem Boden liegend aufgefunden worden. Beides ist laut Niedecken falsch.
Details über den angeblichen Gesundheitszustand und Genesungsprozess Niedeckens zu verbreiten,
Details zur Fürsorge der Familie Niedecken für Wolfgang Niedecken zu veröffentlichen,
sowie Fotos zu verbreiten, die die Ehefrau und Kinder Niedeckens bei Krankenbesuchen zeigen.
Die mit dem Fall betraute Rechtsanwaltskanzlei bittet im Namen von Niedecken und seiner Familie darum, die Berichterstattung von “Bild” nicht zu übernehmen.
Das dürfte vor allem die “Rheinische Post” interessieren, die vergangenen Freitag recht ausführlich nacherzählt hatte, was “Bild” zuvor geschrieben hatte. Der rücksichtslose Tratsch kulminierte in dem Satz:
Dem Bericht zufolge verließen Niedeckens Frau Tina sowie die Töchter (…) am Nachmittag mit vom Weinen geröteten Augen die Klinik.