10.000 Euro für Null Information, Ohne “Sinn und Form”, Lokales

1. 10.000 Euro Kosten für Null Information
(fragdenstaat.de, Aiko Kempen)
500 Euro soll die Transparenzinitiative “FragDenStaat” dem Land Baden-Württemberg für eine Behördenanfrage zahlen, die nicht mal beantwortet, sondern abgelehnt wurde: “Rund 140 Arbeitsstunden will Baden-Württembergs Innenministerium benötigt haben, um zu dem Schluss zu kommen, dass es einen Antrag nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG) ablehnt – die Rechnung dafür sollen wir jetzt zahlen. Wir gehen juristisch dagegen vor.”
Korrekturhinweis: In einer vorherigen Version war hier von 10.000 Euro die Rede. Dabei handelt es sich um den kalkulatorischen Gesamtaufwand der Behörde, der jedoch auf 500 Euro gedeckelt sei.

2. Medienhäuser dominieren auf YouTube
(netzpolitik.org, Sebastian Meineck & jocca*)
netzpolitik.org hat untersucht, von welchen Quellen bei Youtube die Top-Suchergebnisse zu politischen Themen stammen. Bei den mit Abstand meisten Videos seien es die öffentlich-rechtlichen Sender und traditionelle Nachrichtenverlage, nur ein Bruchteil stamme von unabhängigen Youtubern. Einer dieser unabhängigen Inhalteproduzenten fühlt sich nun benachteiligt: “Hier werden Menschen diskriminiert, nur weil sie kein Medienhaus im Hintergrund haben.”

3. “Das Kleine im Großen”
(journalist.de, Jan Freitag)
Ulrike Heidenreich und René Hofmann leiten die Redaktion München, Region, Bayern der “Süddeutschen Zeitung” und sind damit nicht nur für das Große, sondern auch für das Lokale und Regionale zuständig. Im Interview mit dem “journalist” erzählen sie, dass das Lokale inzwischen das größte Ressort der “SZ” ist und keineswegs querfinanziert werden muss. Außerdem geht es in dem Gespräch um Strukturen und Inhalte der Berichterstattung: “Wir müssen nicht mehr auf jeder Gemeinderatssitzung präsent sein und die Sperrung jeder Sackgasse redaktionell begleiten.”

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4. Wissing hui, Lambrecht pfui – Werden Politikerinnen strenger beurteilt?
(ardaudiothek.de, Deutschlandfunk, Brigitte Baetz, Audio: 33:54 Minuten)
Eine Deutschlandfunk-Hörerin findet, dass die Politikerinnen der Ampel-Koalition in der medialen Berichterstattung viel härter angegangen werden als ihre männlichen Kollegen. Woran das liegen könnte, darüber diskutiert sie mit Nico Fried vom “Stern”, der Publizistin Bascha Mika und der Moderatorin Brigitte Baetz.

5. Zwischen Desinformationskampagne und Verschwörungsideologie
(belltower.news, Andrej Steinberg & Manja Vitter)
Wie am vergangenen Dienstag in den “6 vor 9” zu lesen war, hat die Amadeu Antonio Stiftung eine Broschüre über “demokratiefeindliche Narrative in Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine” herausgegeben. Darin analysieren die Autorinnen und Autoren verschiedene Narrative wie die angebliche Bedrohung russischer Minderheiten oder die Behauptung, die Ukraine werde von Faschisten regiert. Der hier verlinkte Auszug aus der Publikation beschäftigt sich mit den “Fünf Methoden der Propaganda”. Die vollständige Broschüre kann als PDF heruntergeladen werden.

6. Ein Verlust für alle
(taz.de, Dirk Knipphals)
Das Landgericht Berlin hat der Akademie der Künste untersagt, die Kulturzeitschrift “Sinn und Form” weiter herauszugeben. Das helfe niemandem, findet Dirk Knipphals: “Nun ist das Gebot der Staatsferne tatsächlich unverzichtbar, weil nur so das Wächteramt der Presse und ihre Unabhängigkeit gewährleistet werden können. Nur sind solche Zeitschriften wie Sinn und Form nicht in dem Sinne Presse, wie es die FAZ oder die Zeit, die SZ, Welt oder auch die taz sind.”

Bild.de zeigt Hinrichtung eines Menschen

Wenn auf der Bild.de-Startseite ein Artikel mit der Überschrift “Mann erschießt Obdachlosen auf dem Bordstein” zu finden ist und in der dazugehörigen Dachzeile steht: “SCHOCKIERENDES VIDEO AUS USA”, dann ist zu befürchten, dass die “Bild”-Redaktion eben dieses Video auch zeigt. Und genau so ist es: Bei Bild.de ist seit gestern zu sehen, wie ein Mensch regelrecht hingerichtet wird (auf jegliche Verlinkungen verzichten wir in diesem Fall bewusst).

Screenshot Bild.de - Schockierendes Video aus den USA - Mann erschießt Obdachlosen auf dem Bordstein
(Die Unkenntlichmachung stammt von uns. Mehr dazu weiter unten im Beitrag.)

Am Montag soll in St. Louis ein Mann einen anderen am helllichten Tag auf der Straße erschossen haben. Ein Passant hat einen Teil der Tat mit seiner Handykamera aus kürzerer Distanz, leicht versteckt gefilmt. Dieses Video hat die “Bild”-Redaktion in ihren Artikel eingebettet. Zu Beginn blendet sie einen Warnhinweis ein:

Screenshot Bild.de - Achtung gewaltsame Szenen

Anschließend ist eine Straßenszene zu sehen, in der ein Mann auf dem Bordstein sitzt. Ein anderer steht neben ihm und hantiert mit einer Waffe. Nichts ist verpixelt, nicht das Opfer, nicht der Täter. Nach kurzer Zeit streckt der stehende Mann den Arm aus und richtet die Waffe auf den Kopf des sitzenden Mannes. In diesem Moment friert bei Bild.de das Video ein (dieses Standbild ist auch die Aufnahme, die bei Bild.de auf der Startseite zu sehen ist, und die wir weiter oben unkenntlich gemacht haben). Die Tonspur des Videos läuft hingegen weiter, ein Schuss ist zu hören und die Aussage der filmenden Person: “Oh my God, he just fucking killed him.”

Was nicht in dem Video zu sehen ist, aber aus einem Polizeiprotokoll hervorgeht: Dem Opfer wurde vom Täter zuvor bereits in den Rücken geschossen. Der Mann sitzt völlig wehrlos auf dem Bordstein, während der Täter seine Waffe nachlädt. Es ist eine regelrechte Hinrichtung, die die “Bild”-Redaktion da zeigt. Und sie zeigt sie nicht nur einmal – in dem 1:21 Minuten langen Clip zeigt sie die Szene insgesamt dreimal. Es scheint dabei einzig um Sensationsgier zu gehen.

In einem recht ähnlichen Fall sprach der Deutsche Presserat im September 2020 eine Rüge gegen die “Bild”-Redaktion aus:

Als unangemessene Darstellung von Brutalität und Leid nach Ziffer 11 des Pressekodex beurteilte der Presserat das Video einer Tötungsszene. Unter dem Titel “Mann in New York aus Auto erschossen” zeigte BILD.DE, wie ein Mann beim Überqueren einer Straße erschossen wird und zu Boden fällt. Die Redaktion hatte das Fahndungsvideo vom Twitter-Account der New Yorker Polizei übernommen. Nach Ansicht des Presserats bediente das Video – in dem die Tötung wiederholt gezeigt wurde – reine Sensationsinteressen. Der ursprüngliche Fahndungszweck des Videos hatte in der deutschen Öffentlichkeit keine Bedeutung. Für die Presse gilt bei der Veröffentlichung von Ermittler-Material der Pressekodex, betonte der Beschwerdeausschuss.

Die “Bild”-Redaktion weiß von dieser Kritik, sie hat die Rüge damals unter dem entsprechenden Bild.de-Artikel wie vorgeschrieben veröffentlicht.

Ein Unterscheid zwischen dem aktuellen Video aus St. Louis und dem aus New York, für das Bild.de die Rüge bekommen hat: Während in dem New Yorker Fall das Video nach einem Schnitt auch die Szene nach dem Schuss und damit den Übelebenskampf des Opfers zeigt, friert das Video aus St. Louis bei Bild.de, wie gesagt, direkt vor der Schussabgabe ein. Allerdings sollte man das nicht als Rücksichtnahme auf Opfer und Leser-/Zuschauerschaft und als letztes Fünkchen Anstand der “Bild”-Mitarbeiter deuten. Im Originalvideo, das uns vorliegt, schwenkt die filmende Person genau in diesem Moment weg. Die Redaktion konnte also gar nichts weiter zeigen.

Zukunft der ARD, Des Youtubers Ungereimtheiten, “Postillon” besorgt

1. Zu Teuer, zu Groß, zu Einseitig? Die Zukunft der ARD
(youtube.com, Zapp Medienmagazin, Kathrin Drehkopf & Tilo Jung, Video: 1:32:35 Stunden)
Das Medienmagazin “Zapp”hat eine Diskussionsrunde zur Zukunft der ARD initiiert: Wie müssen sich Strukturen, Programme und Inhalte der ARD verändern, um das Publikum auch in Zukunft mit Fernsehen und Radio zu erreichen? Und wie sieht die neue Digitalstrategie der ARD aus? Mit Kathrin Drehkopf und Tilo Jung diskutieren der neue ARD-Vorsitzende und SWR-Intendant Kai Gniffke, die Medienmanagerin Julia Jäkel, Medienstaatssekretärin Heike Raab und die Journalistin Yasmine M’Barek.

2. Was bringt der geplante Zukunftsrat?
(deutschlandfunk.de, Annika Schneider, Audio: 6:58 Minuten)
Wer nutzt in zehn Jahren noch das klassische Live-Fernsehen? Sollten öffentlich-rechtliche Sender stattdessen mehr Geld in Formate für Plattformen wie TikTok investieren? Und wie sieht eine Mediathek aus, die mit großen Streaming-Anbietern mithalten kann? Fragen über Fragen, die nun ein “Zukunftsrat” beantworten soll. Was könnte so ein Gremium zur öffentlich-rechtlichen Zukunft bewegen?

3. Wie sich Pornoseiten klein machen
(netzpolitik.org, Chris Köver & Sebastian Meineck)
Online-Plattformen verkaufen sich gegenüber Investoren gerne als populär und mächtig. Gegenüber dem Gesetzgeber würden sie sich hingegen klein machen, um nicht in den Fokus von Regulierungen zu geraten. Auffällig schweigsam seien die großen Porno-Plattformen, denen eine ganze Reihe von zusätzlichen Auflagen drohe.

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4. Zwischen “rasenden Reporter:innen” und “Action-Journaille” – journalistische Berufsbilder in digitalen Spielen
(fachjournalist.de, Rudolf Inderst)
Beim “Fachjournalist” beschäftigt sich Rudolf Inderst, Professor für Game Design, mit der Darstellung von Journalisten und Journalistinnen sowie deren Beruf in Videospielen. Dabei beleuchtet er verschiedene Aspekte wie die Rolle von Medienschaffenden als Charaktere im Spiel, die Inszenierung von Journalismus als Teil der Spielmechanik oder auch die Vermischung realer und digitaler Welten.

5. Der YouTuber und die erschwindelten Spenden
(t-online.de, Lars Wienand)
Rund um den rechten Youtuber Niklas Lotz könnte es so manche Ungereimtheit geben. Wie Lars Wienand bei t-online.de berichtet, lasse sich der Polit-Influencer einiges einfallen, um Spenden zu generieren. Wienand ist der Frage nachgegangen, ob Lotz möglicherweise Strafanzeigen und Ermittlungsverfahren gegen sich erfindet, um seine Followerschaft um finanzielle Unterstützung bitten zu können. Fortsetzung: “Spenden-YouTuber tobt nach t-online-Recherchen” (t-online.de, Lars Wienand).

6. Stellenabbau bei “Bild”: Verkommt Deutschlands renommierteste Zeitung jetzt zum unseriösen Bumsblatt?
(der-postillon.com)
Der “Postillon” macht sich Sorgen um Renommee und Ruf der “Bild”-Zeitung als angesehenes Qualitätsblatt: “Nachdem die Verlagsgruppe Axel Springer SE gestern einen massiven Stellenabbau bei ‘Bild’ angekündigt hat, mehren sich Befürchtungen, die Zeitung könnte mittelfristig zum unseriösen Bumsblatt heruntergewirtschaftet werden.”

Stellenabbau bei “Bild” und “Welt”, Werbung für “Zuckerbomben”, TikTok

1. Springer-Verlag kündigt Stellenabbau an
(spiegel.de)
Der Springer-Vorstandsvorsitzende Mathias Döpfner habe sich am gestrigen Dienstag in einem Brief an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gewandt und “deutliche Reduzierungen von Arbeitsplätzen” angekündigt. Von dem Stellenabbau seien auch die Redaktionen von “Bild” und “Welt” betroffen. Zudem habe Döpfner die wachsende Bedeutung von Künstlicher Intelligenz thematisiert, die “Journalismus und Mediengeschäft revolutionieren” werde. Die Gewerkschaft Verdi kritisiert den geplanten Stellenabbau. Gleichzeitig wurde bekannt, dass Springer ab Mitte des Jahres die Zustellung von “Bild am Sonntag” und “Welt am Sonntag” einstellen wird.

2. “Für die Finanzierung der Presse sind Werbeeinnahmen unverzichtbar”
(medienpolitik.net, Helmut Hartung)
Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft hat ein Verbot für an Kinder gerichtete Werbung für ungesunde Lebensmittel angekündigt, um Kinder besser vor “Zuckerbomben” zu schützen. Was viele Eltern freuen dürfte, stößt bei der Werbewirtschaft auf Unmut. Der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger, der Medienverband der freien Presse und der Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft lehnen die Pläne ab.

3. Es ging nie um Journalismus
(taz.de, Steffen Grimberg)
Medienmogul Rupert Murdoch musste vor Gericht einräumen, dass es im Rahmen der US-Wahlberichterstattung seines TV-Senders Fox News zu Falschaussagen und unbewiesenen Unterstellungen gekommen ist. Das könnte Fox News und Murdoch teuer zu stehen kommen, wie Steffen Grimberg erklärt: “Konkret geht es bei dem Verfahren in Delaware um eine Klage des Wahlmaschinenherstellers Dominion. Weil Trump und Konsorten Dominion unterstellten, sie hätten Stimmen für Trump einfach Biden zugeschlagen, laufen aktuell diverse Klagen. Dominion fordert 1,6 Milliarden Dollar von Fox beziehungsweise Murdoch wegen Verleumdung.”

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4. Organisationen fordern starke Plattformaufsicht
(reporter-ohne-grenzen.de)
Gemeinsam mit zwölf weiteren Organisationen fordert Reporter ohne Grenzen die Bundesregierung auf, im Zuge der Umsetzung des europäischen Digital Services Act eine starke Plattformaufsicht einzurichten. Ein gestern veröffentlichter offener Brief (PDF) beschreibt, was geschehen muss, um Rechte im digitalen Raum besser zu schützen und die Sorgfaltspflichten von Plattformen stärker zu kontrollieren.

5. Null Covid, viel Repression
(sueddeutsche.de, Philipp Riessenberger)
Der Verband der Auslandskorrespondenten in Peking beklagt die erschwerten Arbeitsbedingungen in China. Das Spektrum der Schikanen reicht von einer restriktiven Visavergabe, staatlichen Kontrollen, Behinderungen durch die Polizei und lokale Behörden bis hin zur Einschüchterung und Verfolgung von Gesprächspartnern.

6. TikTok muss von allen Dienstgeräten der US-Behörden verschwinden
(zeit.de)
Die chinesische App TikTok muss nach einer Anordnung der US-Regierung innerhalb von 30 Tagen von allen Geräten der US-Bundesbehörden gelöscht werden. Kanada hat einem Zeitungsbericht zufolge TikTok bereits seit diesem Dienstag von den Diensthandys der Regierung verbannt, “um die Sicherheit von Regierungsinformationen zu gewährleisten”. Auch die EU-Kommission habe ihren Beschäftigten die Nutzung von TikTok auf Diensthandys und Laptops untersagt. Grund seien Bedenken hinsichtlich der Cybersicherheit (gemeint ist wohl die Angst vor Ausspähung durch China).

Bezahlung für Scholz-Interview, Schlesingers Ruhegeld, “Dilbert”

1. Dem Kanzler lieb und teuer
(taz.de, Sebastian Erb)
Auf der letztjährigen Digitalkonferenz re:publica wurde Bundeskanzler Olaf Scholz von der ProSieben-Moderatorin Linda Zervakis in einem 20-minütigen Interview befragt. Wie sich später herausstellte, hatte das Kanzleramt bei der Auswahl der Moderatorin offenbar kräftig mitgemischt und auch eine als “Kostenpauschale” deklarierte Summe von mehr als 1.000 Euro an Zervakis überwiesen. Doch darüber wollte Linda Zervakis nicht sprechen und ging sogar einen Schritt weiter, schreibt Sebastian Erb in der “taz”: “Schon am Tag der Online-Veröffentlichung der Recherche kam Post von ihrem Anwalt. Er wollte der taz untersagen, auch nur den Verdacht zu äußern, dass Zervakis für die Moderation auf der Republica eine Bezahlung erhalten haben könnte, die als Teil einer großzügigen Kostenpauschale getarnt wurde.”

2. Patricia Schlesinger will monatlich 18.300 Euro
(tagesspiegel.de, Joachim Huber)
Die frühere RBB-Intendantin Patricia Schlesinger klagt auf Zahlung eines Ruhegelds von monatlich über 18.000 Euro. Joachim Huber sieht in dem von vielen als Skandal empfundenen Vorgang eine Chance zur Veränderung: “Das Ruhegeld wurde eingeführt, also kann es auch wieder abgeschafft werden. Fällt es weg, muss der Armutsbericht nicht neu geschrieben werden.”

3. Twitter entlässt offenbar mindestens weitere 200 Mitarbeiter
(spiegel.de)
Ob Twitter seit der Übernahme von Elon Musk einen langsamen Abstieg oder einen schnellen Absturz erlebt, ist unklar. Der umstrittene Milliardär sorgt jedenfalls fast wöchentlich für Negativschlagzeilen. Nun sollen laut “New York Times” nach diversen Entlassungen weitere 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Online-Netzwerks ihre Kündigung erhalten haben. Das wären fast zehn Prozent der zuletzt noch übrigen 2.300 Mitarbeiter.

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4. Demokratiefeindliche Narrative in Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine
(belltower.news)
Die Amadeu Antonio Stiftung hat eine Broschüre über “demokratiefeindliche Narrative in Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine” herausgegeben (PDF). Die Autoren analysieren darin verschiedene Narrative wie etwa die angebliche Bedrohung russischer Minderheiten oder die Behauptung, die Ukraine werde von Faschisten regiert. Ziel der Broschüre sei es, den Leserinnen und Lesern ein besseres Verständnis für die Informationskriegsführung Russlands zu vermitteln und Wege aufzuzeigen, wie man sich dagegen zur Wehr setzen kann.

5. Reform dringend benötigt
(djv.de, Hendrik Zörner)
Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) fordert den Gesetzgeber auf, das Transparenzregister zügig zu reformieren. Seit einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs aus dem November 2022 sei “die Einsichtnahme in das Transparenzregister nicht mehr möglich.” Das müsse sich schnellstens ändern, so der DJV-Bundesvorsitzende Frank Überall: “Medienschaffende brauchen bei Recherchen über Wirtschaftskriminalität und Geldwäsche die Informationen, die die Unternehmen an das Transparenzregister melden müssen.”

6. US-Zeitungen streichen “Dilbert”
(sueddeutsche.de, Philipp Riessenberger)
Hunderte Zeitungen in den USA wollen die beliebten “Dilbert”-Comics des Zeichners Scott Adams künftig nicht mehr veröffentlichen. Der Grund: Adams habe am vergangenen Mittwoch in einem Livestream Schwarze als “Hass-Gruppe” bezeichnet, von der sich Weiße möglichst fernhalten sollten.

Kranke Debatte

Was braucht die “Bild”-Redaktion alles, um eine angeblich große, bedeutende “Debatte” zu konstruieren und Millionen von Menschen Sorgen um ihr Geld und ihre Gesundheit zu bereiten?

Sie braucht 1) einen Professor, der gern mit steilen Thesen zu allerlei sozialpolitischen Themen von Medien zitiert wird, und, ja, das wär’s dann eigentlich auch schon.

Am vergangenen Mittwoch schrieb Jan W. Schäfer, Politik-Ressortleiter bei “Bild” und Mitglied der Chefredaktion, über einen “brisanten Vorstoß”:

Ausriss Bild-Zeitung - Experte wagt brisanten Vorstoß - Patienten sollen beim Arzt bis zu 2000 Euro selbst zahlen

Es geht um die die gesetzliche Krankenversicherung. “Kassen-Patienten (und Arbeitgeber) überweisen vom Gehalt heute so viel wie nie an Krankenkassen. Im Schnitt 16,2 Prozent”, schreibt Schäfer:

Bis 2035 könnte der Beitrag sogar auf 22 Prozent hochschnellen, warnt Gesundheitsexperte Prof. Bernd Raffelhüschen (65, Uni Freiburg): “Wir können uns das System nicht mehr leisten.”

Raffelhüschen hat daher einen brisanten Reformplan entwickelt: Kassen-Patienten sollen künftig einen Teil der Arzt- und Klinikkosten aus eigener Tasche bezahlen. Das Ziel: die Kosten-Explosion dämpfen.

Konkret sollen gesetzlich Versicherte gestaffelt zunächst bis zu 50 Prozent ihrer Arztkosten (maximal 500 Euro), dann bis zu 20 Prozent der Kosten (maximal 500 Euro) selbst zahlen. Insgesamt maximal 1500 bis 2000 Euro im Jahr. Geringverdiener soll der Staat mit Zuschüssen unterstützen.

Zum “brisanten Plan gegen die Kosten-Explosion” zählen noch weitere Ideen Raffelhüschens: Raucher an möglichen Folgekosten extra beteiligen, höhere Selbstbeteiligung für Übergewichtige, die Behandlungskosten für einen Beinbruch beim Skifahren soll der Skifahrer komplett selbst tragen, 30 bis 40 Prozent der Kliniken sollen dicht gemacht werden.

Da hat also ein Professor eine mehr oder weniger grobe Bierdeckel-Rechnung aufgemacht. Neben Bernd Raffelhüschen kommt in dem Artikel niemand zu Wort. Aber einen Tag später, “Bild”-Titelseite:

Ausriss Bild-Titelseite - Debatte um höhere Selbstkosten für Kassenpatienten - Kann ich mir Kranksein bald nicht mehr leisten?

Raffelhüschen habe mit seinen Reform-Vorschlägen “in ein Wespennest gestochen!” Und es ist laut “Bild” auch nicht nur eine “Debatte”, sondern eine:

Ausriss Bild-Zeitung - Riesen-Debatte nach Experten-Forderung zur Selbstbeteiligung

Diese von “Bild” aufgestöberte “Riesen-Debatte” sieht so aus: Bernd Raffelhüschen sagt etwas, alle anderen sagen: “Nein”, Ende der Debatte. Ausnahmslos alle Personen, die neben Raffelhüschen in dem “Bild”-Artikel zitiert werden, halten dessen Vorschlag für gar keine gute Idee: CDU-Politiker Dennis Radtke nicht (“Es ist Konsens, dass jedem die bestmögliche medizinische Versorgung ermöglicht wird”), Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach nicht (“Für die große Mehrheit der Bevölkerung nicht” bezahlbar), Andreas Storm, Vorstandsvorsitzender der Krankenkasse DAK-Gesundheit, nicht (“Die Vorschläge sind unsolidarisch und völlig inakzeptabel”), CSU-Politikerin Emmi Zeulner nicht (“Ein solches Bestrafungssystem verschärft die soziale Ungleichheit”) und auch CDU-Politiker Peter Liese nicht (“Skifahren z. B. ist in der Regel gesünder als auf dem Sofa sitzen und Chips essen”). Nach diesem Schema lässt sich zu wirklich jedem Thema eine “Debatte” inszenieren: Man muss nur eine Person finden, die beispielsweise meint, Delfine sollten aufgrund ihres IQ berechtigt sein, bei der Bundestagswahl zu kandidieren, alle anderen sagen: “Auf gar keinen Fall!”, “Wespennest” und “Riesen-Debatte” drüberschreiben – fertig ist die nächste Seite 1.

Gewinner dieser Journalismus- und Debattensimulation sind Bernd Raffelhüschen, der Publicity bekam, und die “Bild”-Redaktion, die zwei Tage lang Zeilen und eine Titelseite füllen konnte. Verlierer sind all jene, die “Bild” glauben und sich auf dieser Grundlage um ihre gesundheitliche und finanzielle Zukunft sorgen.

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“Bettelbriefe” der Intendantin, Reichelts schwarzer Kanal, Gesprengt

1. Deutsche Behörden informieren Firmen über Journalistenanfragen
(spiegel.de, Carina Huppertz)
Eigentlich soll das Transparenzregister helfen, fragwürdige Geldströme offenzulegen. Doch Firmen würden über die Recherchen von Journalistinnen und Journalisten teils vorab informiert, wie Carina Huppertz berichtet: “Die Möglichkeit, Eigentümern Informationen über Anfragen zu übermitteln, war bereits in der fünften Antigeldwäsche-Richtlinie der EU aus dem Jahr 2018 enthalten, doch nur wenige Länder hatten sie umgesetzt. In Deutschland hatten die Fraktionen von CDU, SPD und FDP unter anderem auf Druck von Wirtschafts-Lobbyverbänden für die Aufnahme dieses Verfahrens im Gesetz gestimmt. Seither erfahren Firmeneigentümer, dass zu ihnen recherchiert wird – allerdings nicht, von wem genau.”

2. RBB-Intendantin schreibt “Bettelbriefe”
(tagesspiegel.de, Joachim Huber)
Die Intendantin des Rundfunks Berlin-Brandenburg, Katrin Vernau, soll die Ruhegeldempfänger und -empfängerinnen der RBB-Vorgängeranstalten Sender Freies Berlin, Ostdeutscher Rundfunk Brandenburg und auch des RBB angeschrieben und um einen “Solidarbeitrag für den RBB” gebeten haben. Wer dem zustimme, könne damit rechnen, dass dies (positiv) in der Betriebsöffentlichkeit kommuniziert werde. Das Ansinnen stößt auf wenig Gegenliebe, wie Joachim Huber im “Tagesspiegel” berichtet: “Im Adressaten-Kreis rumort es, von ‘Unverschämtheit’ ist die Rede, verbunden mit der Empörung, warum Intendantin Vernau beim Einsparen nicht ans eigene Gehalt inklusive Mietzuschuss denkt.”

3. Der schwarze Kanal
(taz.de, Peter Nowak)
Peter Nowak beschäftigt sich in der “taz” mit dem Youtube-Kanal “Achtung, Reichelt!” des ehemaligen “Bild”-Chefredakteurs Julian Reichelt, dessen Ziel es sei, rechte Politik in die Mitte der Gesellschaft zu tragen. Am Ende seines Artikels vergleicht Nowak Reichelts Wirken mit dem des ZDF-Moderators Gerhard Löwenthal, der lange Jahre als kalter Krieger des ZDF und politische Reizfigur galt, und weist darauf hin, dass Reichelts Sendungen heute eine viel größere Reichweite hätten. Kommentar des “6-vor-9”-Kurators dazu: Ganz so schlimm dürfte es nicht sein. Löwenthals “ZDF-Magazin” dürfte in den 70er- und 80er-Jahren weitaus häufiger gesehen worden sein als Reichelts rechte Empörungsfilmchen heutzutage.

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4. Funke Mediengruppe entlässt Redakteure
(verdi.de, David Bieber)
Die Funke Mediengruppe gibt neben der “Westdeutschen Allgemeinen Zeitung” und der “Berliner Morgenpost” verschiedene Anzeigenblätter und kostenlose Wochenzeitungen heraus. Nun wolle das Unternehmen seine mehr als 25 kostenlosen Wochenzeitungen in Nordrhein-Westfalen zentral und ohne eigene Inhalte produzieren. Das habe Folgen für die Belegschaft, berichtet die Gewerkschaft Verdi: “Von mittlerweile nur noch etwa 18 festangestellten Redakteur*innen bzw. Redaktionsassistentinnen und Sekretärinnen sollen zehn entlassen werden oder sind bereits freigestellt worden.”

5. Wie hat der Ukraine-Krieg die Medien verändert?
(ardaudiothek.de, BR24 Medien, Linus Lüring, Audio: 32:06 Minuten)
Ein Jahr nach Ausbruch des Krieges in der Ukraine zieht das BR24-Medienmagazin eine mediale Zwischenbilanz: Wie hat sich die Art und Weise, wie Medien über den Krieg berichten, und wie Politikerinnen und Politiker über Waffen und Militär sprechen, verändert? Wie verändert sich der Stellenwert militärischer Expertise in den Redaktionen? Und: Wie verändert sich die digitale Kriegsführung? Linus Lüring spricht mit Anna Engelke (NDR), Anna Litvinenko (FU Berlin) und Marcus Maurer (Uni Mainz).

6. ARD blamiert sich mit Übersetzungsfehler
(t-online.de)
Das ARD-Format “Faktenfinder” will aufklären und Hintergründe erklären, so auch letztens bei einem Artikel über eine Theorie des US-Journalisten Seymour Hersh zu den Anschlägen auf die Nord-Stream-Pipelines. Allerdings kam es dabei zu einem peinlichen Übersetzungsfehler, der weitreichende Folgen hatte, weil statt von “Hohlladungen” auf einmal von “Sprengstoff in Pflanzenform” die Rede war. Unbedingter Lesetipp dazu ist die Stellungnahme von David Domjahn, der beim “Faktenfinder” als Sprengstoff-Experte zitiert wurde und die Geschichte nun bemerkenswert transparent und selbstkritisch aufklärt.

KW 08/23: Hör- und Gucktipps zum Wochenende

Hurra, Wochenende – und damit mehr Zeit zum Hören und Sehen! In unserer Wochenendausgabe präsentieren wir Euch eine Auswahl empfehlenswerter Filme und Podcasts mit Medienbezug. Viel Spaß bei Erkenntnisgewinn und Unterhaltung!

***

1. Der Fall Dieter Wedel
(zeit.de, Sabine Rückert & Andreas Sentker, dreiteilige Audio-Serie: etwa 52/53/27 Minuten)
Der im Juli vergangenen Jahres verstorbene Dieter Wedel war ein gefeierter Regisseur, Filmproduzent und Drehbuchautor. Anlässlich seines Tods schrieb einer seiner Söhne damals: “Dieter Wedel war ein Monster, ein Sadist, Vergewaltiger und Menschenfeind. Die Welt ist einen Funken besser geworden.” Wenn man sich den dreiteiligen “Zeit”-Podcast anhört, versteht man, warum der Sohn zu dieser Einschätzung kommt.

2. Das Grauen ist jetzt Alltag – Ein Jahr Kriegsberichterstattung aus der Ukraine
(ardaudiothek.de, Stefan Fries, Audio: 43:17 Minuten)
“Ein Jahr nach Beginn des Kriegs gegen die Ukraine zeigen sich bei Berichterstattern und Publikum Ermüdungserscheinungen”, berichtet Stefan Fries. Der Schrecken sei fast zum Alltag geworden. Darüber spricht Fries mit ARD-Korrespondentin Rebecca Barth, Deutschlandfunk-Redakteur Thielko Grieß und Marcus Maurer von der Universität Mainz.

3. Doppelspitze
(netzpolitik.org, Ingo Dachwitz, Audio: 38:02 Minuten)
“Wer sind die beiden Menschen, die die Redaktion von netzpolitik.org leiten? Wo kommen sie her, was treibt sie an? Und kann man einen Laden wie netzpolitik.org überhaupt leiten?” Darum geht es in der neuen Folge von “Off The Record”, dem Podcast von netzpolitik.org.

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4. BRIGITTE
(podcast249787.podigee.io, Till Raether & Alena Schröder, Audio: 51:16 Minuten)
In “sexy & bodenständig” tauschen sich Till Raether und Alena Schröder normalerweise über Themen rund ums Schreiben aus, etwa darüber, was beim Schreiben schwierig ist, und wie man es sich leichter machen kann. In dieser Folge geht es aber nur indirekt ums Schreiben: “Wir haben uns in der Redaktion Brigitte kennengelernt und schreiben beide immer noch für Titel der Brigitte-Gruppe, darunter auch solche, die jetzt eingestellt werden, Brigitte Mom und Brigitte Woman. Deshalb ranten wir über die Ideenlosigkeit von Konzernen, starre Hierarchien, billige Häme und darüber, dass es am Ende vor allem Leserinnen und Redakteurinnen trifft.”

5. Schiwa Schlei, Programmchefin von COSMO und 1LIVE
(medienmacherin.podigee.io, Freddie Schürheck, Audio: 45:41 Minuten)
Bei “Medienmacherin” Freddie Schürheck ist Schiwa Schlei zu Gast, die Programmchefin der WDR-Radiosender Cosmo und 1Live. Im Gespräch geht es um die Frage, wie das Radio der Zukunft aussieht, um Diversität in der Medienlandschaft und im WDR, um Champagner-Laune in Davos und um Chancen, die man lieber nicht ergreifen sollte.

6. “Clan” gleich “Kriminalität” – woher kommt diese Assoziation?
(uebermedien.de, Holger Klein, Audio: 27:47 Minuten)
Integrations- und Migrationsforscher Özgür Özvatan hat sich angeschaut, in welchen Zusammenhängen Medien den Begriff “Clan” verwenden. Berichte über “arabische Clans” seien meist negativ und kriminalisierend, obwohl ein Großteil der Menschen, die die Namen bestimmter Familien tragen, gar nicht kriminell sei. Machen es sich viele Medien zu einfach, wenn sie über organisierte Kriminalität berichten?

Neue Faktencheck-Plattform, Peter Lustig, Vergiftete Begnadigungen

1. GADMO startet Online-Plattform mit Faktenchecks
(correctiv.org)
“Gadmo”, das “German-Austrian Digital Media Observatory”, gilt als der größte Zusammenschluss von Faktencheck-Teams und Forschung im deutschsprachigen Raum. Mit an Bord sind die Deutsche Presse-Agentur, Agence France-Press, die Austria Presse Agentur und das Recherchenetzwerk “Correctiv”. Geleitet und koordiniert wird das Projekt von der TU Dortmund. Seit gestern sind alle Faktenchecks der teilnehmenden Organisationen und Agenturen auf den Seiten GADMO.eu und faktengegenfakes.de abrufbar.

2. Russische Exil-Journalist:innen im Kampf gegen Zensur
(ndr.de, Zapp Medienmagazin, Video: 21:09 Minuten)
Unzählige russische Medienschaffende sind ins Exil gegangen, um von dort aus weiter berichten zu können. Wie recherchieren sie fern der Heimat über Russland und den Krieg? Wie gehen sie mit Morddrohungen um? Das Medienmagazin “Zapp” hat einige der mutigen Journalistinnen und Journalisten getroffen.

3. Zurück in den Zukunftsrat
(taz.de, Steffen Grimberg)
Ein neues Gremium soll die Zukunft von ARD und ZDF bestimmen. Doch das, was bisher darüber bekannt ist, mache wenig Hoffnung, findet Steffen Grimberg: “Alte Schlachten zu schlagen ist auch bei zu vielen In­ten­dan­t*in­nen immer noch eine Lieblingsbeschäftigung. Das bringt die Öffentlich-Rechtlichen aber überhaupt nicht weiter.”

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4. Newsletter Netzwerk Recherche 218 vom 22.02.2023
(netzwerkrecherche.org, Albrecht Ude)
Wie immer eine Empfehlung wert, nicht nur für investigativ arbeitende Journalistinnen und Journalisten: der Newsletter des Netzwerk Recherche. Die aktuelle Ausgabe bietet einen Überblick über Nachrichten, Veranstaltungen, Seminare, Stipendien und Preise. Außerdem geht es um ein Interview mit Seymour Hersh, die “Storykiller”-Recherchen, den Schutz von Whistleblowern und die wachsende Gefahr durch Autokratien, die Korruption als strategische Waffe einsetzen. Der Pressespiegel gibt zudem wertvolle Lesetipps zu ausgewählten Themen.

5. Vergiftete Begnadigungen
(reporter-ohne-grenzen.de)
Das Regime in Teheran hat zwölf Medienschaffende begnadigt und aus dem Gefängnis entlassen. Die meisten von ihnen mussten jedoch Erklärungen unterschreiben, die es ihnen unmöglich machen, weiter zu arbeiten. Die Organisation Reporter ohne Grenzen kritisiert dies als neue Form der Unterdrückung und fügt hinzu: “Die zwölf Begnadigten können jederzeit wieder ins Gefängnis gesteckt werden. 30 ihrer Kolleginnen und Kollegen sitzen noch immer in den Foltergefängnissen, Hunderte weitere arbeiten in Angst. Diese Maßnahme der iranischen Führung ist nicht mehr als ein Feigenblatt.”

6. “Heute vor 7 Jahren ist Peter Lustig gestorben”
(twitter.com/topfvollgold, Mats Schönauer, Video: 2:02 Minuten)
Anlässlich des Todestages von Peter Lustig, Hauptdarsteller und Autor der ZDF-Serie “Löwenzahn”, räumt Mats Schönauer mit einer bösen Unterstellung auf: “Hier nochmal zur Erinnerung: Er war KEIN Kinderhasser. Das wurde von der BILD-Zeitung in die Welt gesetzt, nachdem er sie kritisiert hatte.”

Recherche mit Vorschlaghammer?, Die “Welt” und die AfD-Mütze, Hitler

1. Recherche mit dem Vorschlaghammer
(zeitung.faz.net, Michael Martens)
Jan Böhmermann und das “ZDF Magazin Royale” beschäftigten sich in der vergangenen Folge mit dem CSU-Politiker Christian Schmidt, der seit 2021 Hoher Repräsentant für Bosnien und Herzegowina und “so eine Art Problembär” sei. Nach der Sendung wurde auf Twitter Kritik laut, es hätten sich diverse Fehler und Verkürzungen eingeschlichen. Darauf reagierte das “Magazin-Royale”-Team mit einer langen Antwort. Michael Martens hat die Kernpunkte des Konflikts in der “FAZ” zusammengefasst und erhebt schwere Vorwürfe gegen das Team von Böhmermann. Am Ende hat er einen Titelvorschlag für dessen nächste Sendung: “Recherchieren mit dem Vorschlaghammer. Was nicht passt, wird passend gemacht – notfalls durch Verschweigen.”

2. “Das war uns nicht bewusst”: “Welt” sendet Statement von Vertreter der AfD-Jugend
(uebermedien.de, Boris Rosenkranz)
Straßenbefragungen haben ihre Tücken. Oft weiß man nicht genau, mit wem man es zu tun hat, wenn man zufällig einem Menschen begegnet. Manchmal ließe sich der Hintergrund aber leicht erkennen, zum Beispiel, wenn der Passant gut sichtbar eine Mütze aus dem AfD-Fanshop mit einem AfD-Slogan trägt. Bei “Übermedien” fragt sich Boris Rosenkranz, wie es sein kann, dass die “Welt” das Statement eines Vertreters der Jungen Alternative veröffentlicht, ohne dessen politischen Hintergrund zu erwähnen.

3. NDR veröffentlicht gefälschte “Hitler-Tagebücher”
(ndr.de)
Der NDR veröffentlicht die gefälschten “Hitler-Tagebücher” von 1983 in einer kritischen Edition mit wissenschaftlichen Kommentaren des Historikers Hajo Funke. Sie sollen heute ab 18 Uhr bei NDR.de abrufbar sein. Dem Sender sei es gelungen, die kompletten 60 Bände der “Hitler-Tagebücher” lesbar und auch recherchierbar zu machen. Dabei sei deutlich geworden, dass es sich bei den Tagebüchern um einen eindeutigen Akt böswilliger Geschichtsfälschung handele: “Diese Tagebücher sind Ausdruck von Holocaustleugnung. Das ist eindeutig. Sie wollten Hitler von den schlimmsten Verbrechen der Nazis freisprechen”, so Funke.

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4. In Österreichs Zeitungen erklären noch immer Männer die Welt
(kobuk.at, Elisabeth Kröpfl)
Das Medienwatchblog “Kobuk” hat drei Monate lang alle Meinungsteile der österreichischen Tageszeitungen “Die Presse”, “Der Standard”, Kronen Zeitung” und “Kleine Zeitung” ausgewertet. Das Ergebnis: 68 Prozent aller Kommentare, Glossen und Kolumnen seien von Männern verfasst worden. Noch deutlicher sei das Missverhältnis bei den Leitartikeln: Hier liege der Männeranteil bei über 80 Prozent.

5. “Frontal” zu jung? Rätselhafte Twitter-Laune trifft ZDF-Politmagazin
(dwdl.de, Thomas Lückerath)
In der Nacht von Dienstag auf Mittwoch sperrte Twitter (vorübergehend) den Account des ZDF-Magazins “Frontal”. Im Netz wurde über die Hintergründe spekuliert: Lag die Sperrung daran, dass die Redaktion kritisch über das Kriegsgeschehen in der Ukraine berichtet hatte und Ziel eines Bot-Angriffs geworden war? Offiziell hieß es, die fehlende Altersverifikation sei der Grund. Thomas Lückerath kommentiert: “Dass eine Altersverifikation verlangt wurde, ist auch deshalb irritierend, weil der Twitter-Account von ‘Frontal’ zuvor schon den – nach derzeitiger Laune von Twitter-CEO Elon Musk – für Unternehmen vorgesehenen goldenen Haken erhalten hatte. Ob die Altersüberprüfung trotzdem von gehäufter Meldung durch z.B. russischen Bots erfolgte, ist denkbar, aber unklar und unbestätigt.”

6. ChatGPT: Hunderte E-Books von KI bei Amazon, Problem für Literaturmagazine
(heise.de, Martin Holland)
Der KI-Textgenerator ChatGPT ermöglicht die schnelle Erstellung von Texten aller Art. Da liegt für viele der Gedanke nahe, sich von der Künstlichen Intelligenz flott ein Buch schreiben zu lassen und es beim E-Book-Riesen Amazon zum Verkauf anzubieten. Das birge die Gefahr, dass von Menschen geschriebene Titel in der befürchteten Flut von KI-Büchern untergehen, kommentiert Martin Holland. Und auch die Literaturzeitschriften bekämen Probleme.

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