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Kriegt auch Bild.de irgendwann die Wendler-Kurve?

Tanja May und Sarina Roocks sind erleichtert. Beinahe hätten sie mitansehen müssen, wie ein deutscher TV-Sender einem “Extremisten” eine Plattform bietet. Denn beinahe hätte RTLzwei eine Dokusoap über Michael Wendler und Laura Müller, “den umstrittenen Sänger und seine schwangere Frau”, wie May und Roocks schrieben, gedreht. Über den Michael Wendler, der “2021 beim Nachrichten-Dienst Telegram Corona-Regeln mit einer erschütternden Holocaust-Verharmlosung kommentiert” hatte, der immer wieder “mit kontroversen Aussagen, Verschwörungstheorien und Werbung für Krisen-Produkte (z.B. Entgiftungskuren, Strom-Aggregatoren und ‘Das große Buch der Überlebenstechniken’) die Öffentlichkeit” schockierte, der “Schwurbel-Geschäfte im Netz” machte, so May und Roocks. Doch soweit wird es nun doch nicht kommen: RTLzwei hat sich nach heftiger Kritik und großem Entsetzen von dem Projekt verabschiedet.

Tanja May und Sarina Roocks, bei “Bild” für die Promi-Berichterstattung zuständig, können aufatmen:

Gut, dass RTLZWEI die Kurve gekriegt hat.

Man stelle sich mal vor, es gäbe eine Redaktion, die durch ihre Berichterstattung einen Typen normalisiert, der auf seinem Telegram-Kanal allen möglichen Unsinn und jegliche Schrecklichkeiten zu “Ufos, Chemtrails, Impf-Panikmache, Antisemitismus, Reichsbürger-Ideologie, Pro-Putin-Propaganda, Wahlbetrug-Lügen, Klimawandelleugnung, Gewaltverherrlichung” verbreitet, wie das Team vom “Volksverpetzer” dokumentiert. Eine Redaktion, die, wenn Michael Wendler und Laura Müller ihr “Mietshaus in der Palmetto Street in Punta Gorda (Südflorida) verlassen” müssen, berichtet:

Screenshot Bild.de - Traumhaus-Aus! Warum der Wendler seine Sachen packen muss

Eine Redaktion, die, wenn Michael Wendler und Laura Müller kurz darauf ein neues Haus gefunden haben, berichtet:

Screenshot Bild.de - Ein Tag im neuen Leben der Wendlers - Neue Bude, Supermarkt und ein Luxus-Auto für Laura

Eine Redaktion, die dann auch noch “Exklusiv! Die Fotos!” dazu zeigt:

Screenshot Bild.de - Kein Pool, Nörgel-Nachbarn und die Ex um die Ecke - Wendlers neues Haus - ob Luxus-Laura darauf abfährt? Exklusiv! Die Fotos!

Eine Redaktion, die selbstverständlich auch über Michael Wendlers “NEUES BOOT” berichtet:

Screenshot Bild.de - Wendler hat ein neues Boot - Hier schlackern nicht nur Lauras Hund die Ohren

Oder eine Redaktion, die einfach mal nur “die wahre Liebesgeschichte” von Michael Wendler und Laura Müller erzählen will:

Screenshot Bild.de - Laura war 16, als sie den Wendler traf - Bei Edeka saß sie an Kasse 3 - Bild hat ihre Mitschüler und Mama Müller getroffen - Die wahre Liebesgeschichte von Laura und Michael Wendler

Das ist nur ein kleiner Ausschnitt aus der umfassenden Wendler-Berichterstattung der “Bild”-Medien der vergangenen Monate und Jahre. All diese Beiträge da oben sind nach 2021 bei Bild.de erschienen, also nachdem Michael Wendler “beim Nachrichten-Dienst Telegram Corona-Regeln mit einer erschütternden Holocaust-Verharmlosung kommentiert” hatte. Die meisten Artikel befinden sich hinter der “Bild-plus”-Paywall, die Redaktion will mit Michael Wendler Geld verdienen.

Auch über Laura Müllers Schwangerschaft, also das Thema der für kurze Zeit geplanten RTLzwei-Dokusoap, deren Ausfall Tanja May und Sarina Roocks so erleichtert, berichtet die “Bild”-Redaktion ausführlich. Natürlich erstmal über die Nachricht an sich:

Screenshot Bild.de - Unser großes Glück ist unterwegs - Wendlers Laura schwanger!

Sie lässt eine alte Familienfehde aufleben:

Screenshot Bild.de - Bild hat mit Michaels Vater gesprochen - Ein Wendler-Baby? Ich habe erst mal Brechreiz gekriegt!

Schreibt über die Nachwuchsfreude in der Familie:

Screenshot Bild.de - Michaels Vater hat Brechreiz - Wer sich wirklich aufs Wendler-Baby freut!

Und dokumentiert den wachsenden Babybauch (“Und SO schön entspannt sieht ihre Schwangerschaft aus”):

Screenshot Bild.de - Exklusive Babybauch-Fotos! So schön schwanger ist Laura - und der Wendler auch

SIE trug ein schlichtes, schwarzes Kleid aus dehnbarem Material, die Haare schnell hochgesteckt. Zeigte glücklich ihre Kugel.

Hoppla! Auch Michael Wendler scheint etwas zugelegt zu haben. Sein Golf-Shirt spannt am Bauch.

Sind sie nicht herrlich normal, die Wendlers?

Die “Bild”-Redaktion rätselt auch über das Geschlecht des Kindes (und will selbst “Kohle” dafür):

Screenshot Bild.de - Laura und der Wendler - Jetzt wollen sie sogar Kohle fürs Baby-Geschlecht - BILD kennt es schon

Und lässt die Leserschaft einen Blick auf den “Schwangerschafts-Alltag bei Wendlers” werfen:

Screenshot Bild.de - Porsche-Cabrio, Weihnachtsmann und ein alter Sauger - Was der Wendler alles in seiner Garage parkt

Da ist Laura Müller “mit süßer Babykugel” unterwegs, Michael Wendler kümmert sich per Aufsitzmäher um den Rasen, und die “Bild”-Redaktion schaut in die offene Garage:

Ob die werdenden Eltern hier bald schon Teile ihrer Baby-Ausstattung parken werden?

Wir werden es zu gegebener Zeit ganz bestimmt erfahren. Denn eigentlich gibt es schon längst eine Dokusoap über Michael Wendler und Laura Müller, in verschriftlichter Form, garniert mit Fotos, bei Bild.de.

Tanja May und Sarina Roocks werden intern sicherlich dafür kämpfen, dass diese Praxis bald ein Ende hat, egal wie geil dieser Wendler-Content geklickt wird, egal wie viele “Bild-plus”-Abos man damit verkaufen kann. Denn wer will schon einen Verbreiter von Verschwörungstheorien und Holocaust-Verharmlosungen zu größerer Prominenz verhelfen?

Wendlerhälse bei RTLzwei, Oben ohne bei “Stern TV”, Freischreiber-News

1. RTLzwei auf Irrwegen: Hass hat Hausverbot, der Wendler nicht
(dwdl.de, Alexander Krei)
“Nach seiner Schwurbelei von Gleichschaltung der Medien und einem abstrusen KZ-Vergleich war Michael Wendler zwei Jahre lang aus dem Fernsehen verschwunden. Doch jetzt ist RTLzwei verzweifelt genug, um ihn zurückzuholen. Das geht gar nicht.” Alexander Krei kommentiert die Ankündigung des Fernsehsenders RTLzwei, Michael Wendler und dessen Frau Laura eine sechsteilige Doku-Soap zu widmen.
Zahlreiche abschreckende Beispiele aus Wendlers Telegramkanal dokumentiert der “Volksverpetzer”: “Es gab kaum eine rechtsextreme Lüge, eine Holocaust-Verharmlosung, einen Nazi-Vergleich, eine wirre Verschwörungserzählung oder antisemitisch codierten Content, den Wendler nicht geteilt hat. Ufos, Chemtrails, Impf-Panikmache, Antisemitismus, Reichsbürger-Ideologie, Pro-Putin-Propaganda, Wahlbetrug-Lügen, Klimawandelleugnung, Gewaltverherrlichung, er leugnete sogar die Klimakatastrophe von Ahrtal.”
Mittlerweile hat sich herausgestellt, dass RTL Deutschland auf Abstand geht. Man werde die geplante RTLzwei-Doku-Soap nicht via RTL+ verbreiten. Bei “DWDL” kommentiert Thomas Lückerath: “Die Weigerung von RTL Deutschland, das von Rainer Laux Productions und EndemolShine Germany produzierte Format bei RTL+ zu veröffentlichen, raubt dem Format einen Teil der eingeplanten Refinanzierung und das in ohnehin schon angespannten Zeiten.”

2. Sechs Prozent der Minderjährigen abhängig von sozialen Medien
(faz.net)
Laut einer gemeinsamen Studie der Krankenkasse DAK und des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf hat sich die Zahl der Kinder und Jugendlichen, die von Computerspielen und Sozialen Netzwerken abhängig sind, während der Corona-Pandemie mehr als verdoppelt. Vor allem männliche Jugendliche seien anfällig.

3. Forschung: Schafft sich der lokale Kulturjournalismus selbst ab?
(flurfunk-dresden.de)
Ein Berliner Forscherteam hat am Beispiel von Neusalza-Spremberg im Landkreis Görlitz untersucht, ob gezielte kulturelle Bildungsangebote die lokale Berichterstattung über das Thema verändern. Das Fazit: Kultur sei ein Thema in den Medien, aber auf dem Land gebe es Nachholbedarf.

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4. Wer nicht kämpft
(freischreiber.de)
Der Berufsverband Freischreiber setzt sich seit 2008 für die Belange freier Journalistinnen und Journalisten ein. Im Newsletter berichtet das Team über aktuelle Entwicklungen, den Kampf für bessere Honorare und Rahmenbedingungen, anstehende Termine und interessante Fortbildungen.

5. Nutzerorientierter Journalismus: Dieses Tool hilft bei der Entwicklung neuer Angebote
(konradweber.ch)
Konrad Weber schreibt über die Bedeutung von nutzerorientiertem Journalismus und über die Frage, wie sich Medieninhalte verändern müssen, um den sich wandelnden Bedürfnissen der Nutzerinnen und Nutzer gerecht zu werden. Weber beschreibt, wie Medienunternehmen wie “The Atlantic”, “Buzzfeed” und die “New York Times” das aktualisierte “User Needs Model” genutzt haben, um Inhalte an die Bedürfnisse der Zielgruppe anzupassen.

6. In Berliner Bädern fallen ein paar Oberteile, bei “Stern TV” alle Hemmungen
(uebermedien.de, Frederik von Castell)
Bei “Übermedien” wirft Frederik von Castell der TV-Sendung “Stern TV” vor, die Debatte um das Oben-ohne-Schwimmen in Berliner Bädern unnötig aufgebauscht und unsachlich geführt zu haben, anstatt sich konstruktiv mit dem Thema auseinanderzusetzen: “In dem Beitrag wird keine Chance vertan, das Thema möglichst groß zu fahren. Dabei wird mit allerlei Tricks gearbeitet.”

Stellenabbau bei “Bild” und “Welt”, Werbung für “Zuckerbomben”, TikTok

1. Springer-Verlag kündigt Stellenabbau an
(spiegel.de)
Der Springer-Vorstandsvorsitzende Mathias Döpfner habe sich am gestrigen Dienstag in einem Brief an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gewandt und “deutliche Reduzierungen von Arbeitsplätzen” angekündigt. Von dem Stellenabbau seien auch die Redaktionen von “Bild” und “Welt” betroffen. Zudem habe Döpfner die wachsende Bedeutung von Künstlicher Intelligenz thematisiert, die “Journalismus und Mediengeschäft revolutionieren” werde. Die Gewerkschaft Verdi kritisiert den geplanten Stellenabbau. Gleichzeitig wurde bekannt, dass Springer ab Mitte des Jahres die Zustellung von “Bild am Sonntag” und “Welt am Sonntag” einstellen wird.

2. “Für die Finanzierung der Presse sind Werbeeinnahmen unverzichtbar”
(medienpolitik.net, Helmut Hartung)
Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft hat ein Verbot für an Kinder gerichtete Werbung für ungesunde Lebensmittel angekündigt, um Kinder besser vor “Zuckerbomben” zu schützen. Was viele Eltern freuen dürfte, stößt bei der Werbewirtschaft auf Unmut. Der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger, der Medienverband der freien Presse und der Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft lehnen die Pläne ab.

3. Es ging nie um Journalismus
(taz.de, Steffen Grimberg)
Medienmogul Rupert Murdoch musste vor Gericht einräumen, dass es im Rahmen der US-Wahlberichterstattung seines TV-Senders Fox News zu Falschaussagen und unbewiesenen Unterstellungen gekommen ist. Das könnte Fox News und Murdoch teuer zu stehen kommen, wie Steffen Grimberg erklärt: “Konkret geht es bei dem Verfahren in Delaware um eine Klage des Wahlmaschinenherstellers Dominion. Weil Trump und Konsorten Dominion unterstellten, sie hätten Stimmen für Trump einfach Biden zugeschlagen, laufen aktuell diverse Klagen. Dominion fordert 1,6 Milliarden Dollar von Fox beziehungsweise Murdoch wegen Verleumdung.”

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4. Organisationen fordern starke Plattformaufsicht
(reporter-ohne-grenzen.de)
Gemeinsam mit zwölf weiteren Organisationen fordert Reporter ohne Grenzen die Bundesregierung auf, im Zuge der Umsetzung des europäischen Digital Services Act eine starke Plattformaufsicht einzurichten. Ein gestern veröffentlichter offener Brief (PDF) beschreibt, was geschehen muss, um Rechte im digitalen Raum besser zu schützen und die Sorgfaltspflichten von Plattformen stärker zu kontrollieren.

5. Null Covid, viel Repression
(sueddeutsche.de, Philipp Riessenberger)
Der Verband der Auslandskorrespondenten in Peking beklagt die erschwerten Arbeitsbedingungen in China. Das Spektrum der Schikanen reicht von einer restriktiven Visavergabe, staatlichen Kontrollen, Behinderungen durch die Polizei und lokale Behörden bis hin zur Einschüchterung und Verfolgung von Gesprächspartnern.

6. TikTok muss von allen Dienstgeräten der US-Behörden verschwinden
(zeit.de)
Die chinesische App TikTok muss nach einer Anordnung der US-Regierung innerhalb von 30 Tagen von allen Geräten der US-Bundesbehörden gelöscht werden. Kanada hat einem Zeitungsbericht zufolge TikTok bereits seit diesem Dienstag von den Diensthandys der Regierung verbannt, “um die Sicherheit von Regierungsinformationen zu gewährleisten”. Auch die EU-Kommission habe ihren Beschäftigten die Nutzung von TikTok auf Diensthandys und Laptops untersagt. Grund seien Bedenken hinsichtlich der Cybersicherheit (gemeint ist wohl die Angst vor Ausspähung durch China).

“Bild”-Bericht teils rechtswidrig, Im Dienste ihres Kanzler, Rote Armee

1. Bild-Bericht über Tod von Lisa Mar­tinek teils rechts­widrig
(lto.de)
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat bestätigt, dass Trauer und Angst um einen nahen Angehörigen durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht geschützt sind. Eine Berichterstattung über eine solche Gefühlslage verletze das Persönlichkeitsrecht des Angehörigen auch dann, wenn seine Gefühlswelt nur “zwischen den Zeilen” wiedergegeben werde. Gleichzeitig kann ein berechtigtes Informationsinteresse der Öffentlichkeit an den Umständen des Todes eines Menschen bestehen. Zum Hintergrund: Ein Kläger, der Ehemann der verstorbenen Schauspielerin Lisa Martinek, hatte den Axel-Springer-Verlag auf Unterlassung der “Bild”-Berichterstattung über den Tod seiner Frau verklagt und vom BGH teilweise Recht bekommen.

2. Im Dienste ihres Kanzlers
(taz.de, Sebastian Erb)
Die Digitalkonferenz “Republica” konnte im vergangenen Jahr einen prominenten Gast gewinnen: den amtierenden Bundeskanzler Olaf Scholz. Die bekannte Moderatorin Linda Zervakis sprach mit ihm über “Digitalpolitik in Zeiten des Umbruchs”. Im Nachhinein wurde Kritik laut, dass das Gespräch zu freundlich und unkritisch gewesen sei. Nun stellt sich heraus, dass Zervakis offenbar direkt vom Kanzleramt und nicht vom Veranstalter der Konferenz ausgewählt und als Moderatorin des Talks engagiert wurde.

3. US-Behörden werfen Iran geplanten Auftragsmord an Journalistin vor
(zeit.de)
Die US-Justizbehörden haben die Festnahme von drei Männern bekannt gegeben, die an einem vom Iran unterstützten Mordkomplott gegen die Journalistin Masih Alinejad beteiligt gewesen sein sollen. Die drei Männer seien Mitglieder einer osteuropäischen kriminellen Vereinigung mit Verbindungen zum Iran. Alinejad, die in der Vergangenheit iranische Frauen ermutigt hatte, ihr Kopftuch abzulegen, werde von iranischen Behörden die “Verbreitung von Hass” vorgeworfen.

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4. Wie Big Oil mit Big Tech Klima-Desinformation streut
(futurezone.at, Tina Wirnsberger)
Das Bündnis Climate Action Against Desinformation hat einen Bericht veröffentlicht (PDF), der gezielte Klima-Desinformation während der UN-Klimakonferenz in Sharm El-Sheikh (COP27) aufdecke. Der Bericht zeige, dass Unternehmen aus dem Bereich der fossilen Brennstoffe während der COP27 rund 4 Millionen US-Dollar in bezahlte Werbung auf Facebook und Instagram investiert hätten, um irreführende Behauptungen über die Klimakrise zu verbreiten.

5. Moderatorin verwechselt Rote Armee mit RAF
(spiegel.de)
Nachrichtenmoderatorin Franca Lehfeldt hat mit einem Fehler zum Holocaust-Gedenktag für Spott und Häme gesorgt. Sie sagte beim TV-Sender “Welt”: “Heute vor 78 Jahren befreite die Rote Armee Fraktion die Überlebenden des deutschen Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz”, was nicht korrekt ist, denn es handelte sich bei den Befreiern um Soldaten der UdSSR, also die Rote Armee, und nicht um die erst deutlich später gegründete linksextremistische Terrorgruppe Rote Armee Fraktion. Lehfeldt ist “Welt”-Chefreporterin und mit dem FDP-Bundesvorsitzenden und Bundesfinanzminister Christian Lindner verheiratet.
Weiterer Lesetipp: Lehfeldt klagt über “Welle von Häme und Sexismus” (dwdl.de, Alexander Krei).

6. “Ich bin ein Star” und die Hodendämmerung im Dschungel
(dwdl.de, Peer Schader)
“Nach 16 ‘Ich bin ein Star’-Staffeln wirkt nicht nur die Inszenierung der berüchtigten Essensprüfungen völlig aus der Zeit gefallen; auch der Effekt des Verzehrs von Schweinepenis, Krokodilaugen und Bullenhoden hat sich längst erschöpft.” Peer Schader plädiert dafür, die Ekelprüfungen beim “Dschungelcamp” abzuschaffen und wendet sich direkt an RTL: “Hör endlich auf mit den überflüssigen Essensprüfungen. Sonst bleibt dir vielleicht aus Versehen irgendwann vor lauter Gewiehere der vegane Räucherlaxx deines Sponsors im Halse stecken.”
Lesenswert ist auch Imre Grimms Beitrag “Wie RTL nett werden wollte – und grandios scheiterte”: “RTL wollte endlich weg vom alten Krawallimage: Man schmiss Dieter Bohlen raus und förderte freundliche Formate. Jetzt ist Bohlen wieder DSDS-Chef – und auch im Dschungel ist Radau wie immer. Stattdessen musste der Mann gehen, der das ‘neue RTL’ erfand.” (rnd.de)
Und noch ein Hörtipp: Im “Übermedien”-Podcast sprechen Holger Klein und Samira El Ouassil über Dieter Bohlens “Rückfall ins sexistische Steinzeitfernsehen bei DSDS” (Audio: 34:47 Minuten). Hörenswert auch wegen El Ouassils vielen guten Gedanken zur Entwicklung des Trash-TV.

Böse Bild-Generatoren?, Borna-Berichte, Kampf um Rundfunkbeitrag

1. Sind Bild-Generatoren böse?
(netzpolitik.org, Sebastian Meineck)
Wenige Tastatureingaben genügen, und KI-Systeme wie Stable Diffusion, DALL·E 2 oder Midjourney erschaffen Illustrationen, fotorealistische Werke und beeindruckende Kunstwerke. Trainiert wurden sie mit Abermillionen Bildern von Kreativen, die nun um ihre Jobs bangen. Sebastian Meineck hat sich bei Fachleuten umgehört, wie sie dieses Thema aus moralisch-ethischer, wirtschaftlicher und juristischer Sicht beurteilen.
An dieser Stelle noch zwei weitere spannende Lesetipps: Bei “Zeit Online” schreibt Heike Buchter über die Entwicklung von OpenAi von einer gemeinnützigen Organisation zum wertvollen Start-up, das milliardenschwere Investments einsammelt. Und bei den “Riffreportern” geht es um die Frage, ob ein Chatbot wie LaMDA oder ChatGPT Bewusstsein erlangen kann. Daran glaubt jedenfalls der Informatiker und KI-Tester Blake Lemoine, der wegen seiner diesbezüglichen Äußerungen seinen Job bei Google verloren habe.

2. Wichtige Infos für Medienschaffende in Lützerath
(djv-nrw.de)
Der DJV-Landesverband Nordrhein-Westfalen hat wichtige Informationen für alle Journalistinnen und Journalisten, die heute und/oder in den nächsten Tagen in Lützerath unterwegs sind: “RWE möchte von Journalist:innen bei Betreten von bestimmten Bereichen eine Erklärung zum Haftungsausschluss. Laut Info der Polizei ist dies bislang nicht durchgesetzt worden. Der DJV-NRW hat diese Erklärung angefordert um sie juristisch zu prüfen. Sollte man Euch vor Ort bitten, eine solche Erklärung zu unterschreiben, sprecht Euch gerne vorab mit uns ab.”
Weiterer Lesetipp: In der “taz” berichtet David Muschenich über einen Fall von Polizeigewalt gegen Medienschaffende: “Bei Urteilen spielt die Pressefreiheit oft keine Rolle. Auch im Fall einer Journalistin nicht, die von einem Beamten ins Gesicht geschlagen wurde.”

3. SPD-Chef Klingbeil entschuldigt sich für falsche Aussagen zur Silvesterrandale in Borna
(rnd.de)
In der Silvesternacht kam es im sächsischen Borna zu Ausschreitungen. In diesem Zusammenhang verbreiteten sich in verschiedenen Medien falsche Aussagen, die wiederum an anderen Stellen übernommen wurden, darunter der SPD-Chef Lars Klingbeil. t-online.de berichtigte mittlerweile (“Berichterstattung war in Teilen ungenau”), Klingbeil nahm Bezug auf Aussagen der “Zeit”-Journalistin Anne Hähnig und stellte die Sache auf Twitter klar.

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4. Soll der Rundfunkbeitrag steigen?
(tagesspiegel.de, Joachim Huber)
ARD, ZDF und Deutschlandradio pochen auf eine Erhöhung des Rundfunkbeitrags, doch bei den Ministerpräsidentinnen und -präsidenten gebe es eine breite Ablehnungsfront gegen diese Begehrlichkeiten. Joachim Huber kommentiert: “Die Anstalten riskieren eine Menge. Sie spielen mit der Akzeptanz in der Bevölkerung, sie fordern die Rundfunkpolitik zu einer härteren Gangart heraus. Und das, wo seit dem vergangenen Jahr bei ARD, Deutschlandradio und ZDF Demut und neue Bescheidenheit angesagt wäre.”
Weiterer Lesetipp: Für medienpolitik.net hat Helmut Hartung mit dem Chef der hessischen Staatskanzlei und dem Chef der Staatskanzlei Niedersachsens über deren Erwartungen an die öffentlich-rechtlichen Anstalten gesprochen.

5. Warum der CSU-Chef den Sitz aufgibt
(taz.de, Steffen Grimberg)
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder hat seinen Sitz im ZDF-Verwaltungsrat aufgegeben. Das könnte daran liegen, dass sich Söder auf die kommende Landtagswahl konzentrieren will. Es könnte aber auch ganz andere Gründe haben, glaubt Steffen Grimberg: In der Funktion als ZDF-Verwaltungsrat könne Söder schlecht für das medienpolitische Lieblingsprojekt der CSU trommeln, die Zusammenlegung von ARD und ZDF.

6. Warum ist der größte Skandal um Harry ein Skandal der Medien?
(uebermedien.de, Holger Klein, Audio: 41:17 Minuten)
Holger Klein und Stefan Niggemeier sprechen im “Übermedien”-Podcast über das Buch von Prinz Harry, das schon vor der Veröffentlichung für Schlagzeilen sorgte. Schwierig sei, wie Harry von vielen Medien dargestellt und verteufelt werde, so Niggemeier auch in einem Kommentar auf Twitter: “Ja, Harry legt sich in dem Buch auch mit seiner Familie an. Aber mehr als alles andere rechnet er mit den Medien ab. Sein Zorn ist für mich nachvollziehbar und berechtigt. Ich bin erstaunt, wie wenig das auch in der deutschen Rezeption im Mittelpunkt steht.”

Drogentest bei “Bild”, Missbraucht Bayern das Urheberrecht?, Lobbyfest

1. Staatliche Geodaten: Bayern missbraucht Urheberrecht um Pressefreiheit einzuschränken
(freiheitsrechte.org, Felix Reda)
Gemeinsam mit dem Journalisten Michael Kreil erhebt die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) eine sogenannte negative Feststellungsklage gegen den Freistaat Bayern. Das Land missbrauche das Urheberrecht, um die Pressefreiheit einzuschränken, so der Vorwurf. Das bayerische Landesamt für Digitalisierung, Breitband und Vermessung hatte zuvor Kreil angezeigt, weil dieser einen angeblich urheberrechtlich geschützten Datensatz geografischer Daten im Internet veröffentlicht habe. Die GFF strebe nun eine Grundsatzentscheidung an, die Klarheit darüber verschaffen soll, dass der Staat keine Exklusivrechte an Datensätzen geltend machen kann.

2. Drogentest für Führungskräfte bei Axel-Springer
(sueddeutsche.de)
Wie am 5. Dezember in den “6 vor 9” berichtet, bekommt der aktuelle “Bild”-Chefredakteur Johannes Boie einen neuen Mann beigeordnet, den bisherigen “Focus”-Chefredakteur Robert Schneider. Dieser werde “an Johannes Boie berichten, der unverändert in seiner derzeitigen Position als Chefredakteur und Vorsitzender der ‘Bild’-Chefredaktionen bleibt”, so der Springer-Verlag. Wie nun durch eine Veröffentlichung vom “Spiegel” bekannt wird (nur mit Abo lesbar), muss Schneider einen Drogentest machen, um neuer “Bild”-Chef werden zu können. Dies sei bei Führungspersonen neue Praxis im Springer-Konzern.

3. Einheitliche Regeln für mehr Kontrolle bei ARD und ZDF
(verdi.de)
Die Rundfunkkommission der Bundesländer hat einheitliche Regeln zur Stärkung von Transparenz und Kontrolle beschlossen. Die geplanten Neuregelungen sollen für alle Anstalten der ARD, das ZDF und das Deutschlandradio gelten. Die Regelungsentwürfe würden ab dem 19. Dezember auf der Website der Kommission bereitgestellt und voraussichtlich ein verpflichtendes Compliance-Management-System beinhalten.

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4. Der letzte papierne Schuss…
(facebook.com, Franz Sommerfeld)
Wie in den “6 vor 9” Ende November zu lesen war, erscheint der “Tagesspiegel” jetzt im kleineren Tabloid-Format. Franz Sommerfeld, selbst lange Jahre Chefredakteur von Presseerzeugnissen wie der “Mitteldeutschen Zeitung” und des “Kölner Stadt-Anzeigers”, hat einen kritischen Blick auf den neuen “Tagesspiegel” geworfen. Sein Fazit: “Manches wird sich durch Feinarbeit und wachsende Routine verbessern lassen. Doch die Fixierung aufs Papier hemmt die digitale Entwicklung. Schade.”

5. Digital-Gipfel reines Lobbyfest
(reporter-ohne-grenzen.de)
Das aus fünf Nichtregierungsorganisationen bestehende digitalpolitische Bündnis F5 (Reporter ohne Grenzen, AlgorithmWatch, GFF, Open-Knowledge Foundation und Wikimedia) kritisiert den Digital-Gipfel der Bundesregierung, der vergangene Woche stattfand. Trotz anders lautender vorheriger Versprechungen sei die Zivilgesellschaft nicht ausreichend eingebunden gewesen: “Die Regierung behandelt die digitalpolitische Zivilgesellschaft wie es die GroKo tat: Gerne mal reden – aber strukturelle Einbindung, gleichberechtigte Teilnahme, Mitgestaltung? Fehlanzeige.”

6. Karl-Theodor zu Guttenberg ist wieder da, aber wo – und vor allem: wozu?
(uebermedien.de, Nils Minkmar)
Nach einer längeren medialen Auszeit zieht es den ehemaligen Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg zurück in die Öffentlichkeit. Bei RTL hat er gestern – gemeinsam mit Thomas Gottschalk – den RTL-Jahresrückblick moderiert. Und bei RTL+ sowie am heutigen Montag um 20:15 Uhr bei ntv gibt es die Sendung “KT Guttenberg auf den Spuren der Macht – der Fall Putin” zu sehen. Nils Minkmar hat sich den Film angesehen und fragt sich am Ende, was das alles soll.

Umfrage-Chaos, Twitter-Chaos, Geschönte Bilder vom Eröffnungsspiel

1. Umfrage unter “Bild”-TV-Teilnehmern belegt: Keiner versteht was von Umfragen
(uebermedien.de, Stefan Niggemeier)
Bei “Bild TV” war man mit einer Umfrage aus dem aktuellen ZDF-“Politbarometer” unzufrieden, nach der Außenministerin Annalena Baerbock derzeit die beliebteste Politikerin des Landes sei, gefolgt von Wirtschaftsminister Robert Habeck, Kanzler Olaf Scholz und Gesundheitsminister Karl Lauterbach. Weil nicht sein kann, was nicht sein darf, zweifelte man pauschal die Umfrage samt ihrer Methodik an. Medienkritiker Stefan Niggemeier erklärt die Grundlagen der Meinungsforschung und schließt mit den Worten: “Man kann über den Sinn und die Methodik all dieser Umfragen streiten. Aber viel billiger und wirkungsvoller ist es natürlich, Leute einfach in ihrem Eindruck zu bestätigen, dass das ZDF irgendwelche hanebüchenen Zahlen veröffentlicht, die im Sinne der Bundesregierung sind und niemand nachvollziehen kann.”

2. Nicht anzusehen
(sueddeutsche.de, Harald Hordych)
Während des Auftaktspiels der Fußball-WM in Katar (Katar vs. Ecuador, Ergebnis: 0:2) verließen die Zuschauer und Zuschauerinnen in Scharen das Stadion. Die Fans der Heimmannschaft hatten offenbar keine Lust mehr auf das Spiel und wollten die Staus zu Spielende vermeiden. Fernsehbilder davon gab es jedoch nicht, dafür zahlreiche Aufnahmen von “siegestrunkenen Ecuadorianern und Jubel-Katarern”. Harald Hordych erklärt, woran das liegt, und welche organisatorische Konstruktion dem zugrunde liegt.

3. Twitter-Chaos: Copyright-geschützte Filme in voller Länge hochgeladen
(derstandard.de, Jonas Heitzer)
Die Massenentlassungen bei Twitter sorgen anscheinend dafür, dass auch das automatische Copyright-Schutzsystem der Plattform nicht mehr richtig funktioniert. Ein User habe den Film “The Fast and the Furious: Tokyo Drift” in voller Länge hochladen können, ohne dass die Videodateien automatisch offline genommen wurden. Der Film sei einen ganzen Tag online geblieben, bis der User – offenbar manuell – gesperrt worden sei.

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4. Woran liegt Journalismusmüdigkeit?
(de.ejo-online.eu, Marlis Prinzing)
Laut einer Studie scheinen junge Frauen nur halb so interessiert an Journalismus zu sein wie Männer. Das müsse Medien, Wissenschaft und Politik aufrütteln, findet Marlis Prinzing: “Gerade mal 5,4 Minuten täglich widmen sich Frauen im Alter von 19 bis 24 Jahren journalistischen Inhalten auf ihrem Smartphone, Männer immerhin fast doppelt so lange – 10,7 Minuten.” Wissenschaft und Medien sollten ergründen, wann die jüngere Generation wie und für welche Themen erreichbar ist, sich engagiert und Journalismus “cool” findet, so Prinzing.

5. “El País” wächst digital
(faz.net, Hans-Christian Rößler)
Die spanische Tageszeitung “El País” kann auf beeindruckende Wachstumszahlen im Digitalen verweisen, berichtet der in Madrid ansässige Auslandskorrespondent der “FAZ”, Hans-Christian Rößler. Einer der Gründe: “Bei ‘El País’ setzt man auf anspruchsvolle Berichterstattung mit einer Redaktion mit mehr als 400 Mitgliedern und einem Korrespondentennetz, das sich im Ukrainekrieg bewährte, in dem spanische Medien von Anfang an mehr Präsenz zeigten als die deutschen.”

6. “DB Mobil” erscheint ab 2023 nicht mehr gedruckt
(dwdl.de, Alexander Krei)
Nach über 20 Jahren verabschiedet sich “DB Mobil”, das Kundenmagazin der Deutschen Bahn, von der Papierform. Wie das Unternehmen mitgeteilt habe, soll “DB Mobil” ab 2023 ausschließlich digital weitergeführt werden.

Bild.de lässt mögliche Täter-Uhr stehen bleiben

In der Nacht auf den 3. Oktober ist im bayerischen Hohenaschau eine 23-jährige Frau getötet worden. Etwa um 2:30 Uhr soll sie einen Club verlassen und sich auf den Heimweg gemacht haben. Bereits kurz darauf, spätestens um 3 Uhr, soll es zu dem Verbrechen gekommen sein. Die Polizei sucht noch nach Tatverdächtigen und setzt dabei auch auf eine Armbanduhr: Die Beamten fanden ein markantes, überwiegend aus Holz gefertigtes Modell am mutmaßlichen Tatort, das Armband aufgerissen. Ganz in der Nähe lag auch ein Ring, den das Opfer am Abend noch getragen hatte. Ob die Uhr mit der Tat in Verbindung steht, ist nicht klar. Die Polizei sucht aber nach dem Besitzer.

Am Mittwoch waren Fall und Uhr auch Thema in der ZDF-Sendung “Aktenzeichen XY… Ungelöst”. Hans-Peter Butz, Leiter der eingesetzten Sonderkommission, war zu Gast im Studio.

Und dann konnte Bild.de gestern auch noch berichten:

Screenshot Bild.de - Mordfall Hanna bei Aktenzeichen XY ungelöst - Um 2:39 Uhr blieb diese Uhr stehen - Sie wurde in der Nähe des Tatorts gefunden
(Unkenntlichmachung durch uns.)

“Bild”-Reporter Jörg Völkerling schreibt:

Butz im Gespräch mit XY-Moderator Rudi Cerne: “Es ist möglich, dass die Uhr beim Kampf mit dem Täter abgerissen wurde.” Auffällig: Die Zeiger blieben bei 2.39 Uhr stehen!

Das lässt den Zusammenhang von Uhr und Tat noch klarer erscheinen: Die Tatzeit liegt zwischen 2:30 Uhr und 3 Uhr, die Zeiger der gefundenen Armbanduhr sollen laut Bild.de um 2:39 Uhr stehen geblieben sein – Treffer!

Das Problem dabei: Die Uhr ist, anders als von Völkerling behauptet, gar nicht stehen geblieben. Schon in der ZDF-Sendung konnte man auf zwei verschiedenen, eingeblendeten Fotos erkennen, dass sich der Sekundenzeiger zwischen beiden Aufnahmen bewegt hat:

Screenshot Aktenzeichen XY ungelöst - Zu sehen sind zwei verschiedene Fotos der Uhr, auf denen der Sekundenzeiger unterschiedliche Stellungen hat

Auf Nachfrage bestätigte uns ein Sprecher des zuständigen Polizeipräsidiums Oberbayern Süd:

Die Stellung der Zeiger der Uhr spielt, wie wir bereits bei Veröffentlichung der Fotos erwähnt haben, keine Rolle. Die Uhr war zum Zeitpunkt des Fundes funktionstüchtig, lief also. Das Foto entstand am Tag nach dem Fund der Uhr, zufällig zu einer Zeit, die mit der – von Medienvertretern vermuteten – Tatzeit übereinstimmen könnte.

(Hervorhebungen im Original.)

Oder anders gesagt: Die “Bild”-Redaktion stiftet bei einen Verbrechen, bei dem sowieso noch vieles geklärt werden muss, zusätzliche Verwirrung.

Mit Dank an Stefan für den Hinweis!

“Bild” packt auch die Bundespolizei-Zahlen auf den Tisch, die laut Bundespolizei gar nicht von der Bundespolizei stammen

“Alle Zahlen auf den Tisch!”, forderte gestern “Bild”-Autor Frank Schneider in seinem Kommentar. Es geht ihm um die Zahlen der illegalen Einreisen nach Deutschland, und Schneider meint, dass das Bundesinnenministerium und Ministerin Nancy Faeser versuchen, “Zahlen zu schönen, zu verschleiern. Oder kleinzurechnen.”

Ja, “alle Zahlen auf den Tisch” ist tatsächlich eine gute Idee im Sinne der Transparenz und Aufklärung, wenn man vorher nicht Statistiken durcheinander mischt, die nicht vergleichbar sind, unergründliche Zahlen dazwischenwirft und das fehlerhafte Ergebnis dann der eigenen Leserschaft als potenziellen Skandal verkauft:

Ausriss Bild-Titelseite - Rund 40000 illegale Einreisende weggeschummelt? Frau Faeser, erklären Sie uns das bitte mal!
Ausriss Bild-Zeitung - Statistik der Ministerin weist zehntausende Migranten zu wenig aus - Schummelt Faeser sich die Flüchtlings-Zahlen schön?

Das ist die “Bild”-Berichterstattung, die gestern neben Schneiders Kommentar erschienen ist. Zusammen mit Zara Riffler und Peter Tiede schreibt Schneider:

Die Zahl der Flüchtlinge, die in Deutschland ankommen, rast seit Monaten rauf! […]

Doch die zuständige Innenministerin ignoriert die hohen Zahlen der Bundespolizei offenbar. BILD erfuhr: Nancy Faeser (52, SPD) weist intern viel weniger aufgegriffene illegal-eingereiste Migranten aus.

► Laut “Migrationsanalyse-Bericht” ihres Ressorts wurden im September 12 701 illegal Eingereiste von Bundespolizisten aufgegriffen. Die Bundespolizei hat dagegen andere Zahlen: 20 000. […]

Fest steht: Seit Januar sind laut Faeser-Statistik insgesamt rund 57 000 Migranten eingereist. Laut Bundespolizei gut 100 000. Beim zuständigen Flüchtlingsamt BAMF stellten bis Ende September offiziell sogar 154 557 Personen einen Asylantrag.

Es handelt sich also um drei verschiedene Statistiken, die “Bild” nennt: Da wäre einmal eine aus Nancy Faesers Innenministerium, eine, die von der Bundespolizei stammen soll, und eine vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF). “Bild” verrührt alle zu einem schnaubenden Aufreger.

Am ehesten passen noch die Statistiken zusammen, die “Bild” dem Innenministerium und der Bundespolizei zuschreibt. In beiden soll es um von der Bundespolizei aufgegriffene illegal Eingereiste gehen. Schneider, Riffler und Tiede nehmen sich schlicht die eine und die andere Zahl und rechnen sie gegeneinander auf: Statistik der Bundespolizei (“gut 100 000”) minus Statistik des Innenministeriums (“57 000”) gleich “Bild”-Schlagzeile (“Rund 40 000 illegale Einreisende weggeschummelt?”).

Das Problem dabei: Die Zahlen, die “Bild” der Bundespolizei zuschreibt, sollen nicht von der Bundespolizei stammen. Eine Sprecherin des Innenministeriums, dem die Bundespolizei untergeordnet ist, teilte uns gestern auf Nachfrage mit:

Die heute von der BILD-Zeitung genannten Zahlen, welche dort der Bundespolizei zugeordnet werden, stammen nicht von der Bundespolizei und sind nicht nachvollziehbar. Wir können diese Zahlen ausdrücklich nicht bestätigen.

57.647 sei die korrekte von der Bundespolizei festgestellte Gesamtzahl unerlaubter Einreisen von Januar bis einschließlich September 2022, so die Sprecherin.

Die Bundespolizei sah sich gestern genötigt, eine Pressemitteilung mit der Überschrift “Unerlaubte Einreisen – Bundespolizei ordnet öffentlich kursierende Zahlenangaben ein” zu veröffentlichten. Auch sie nennt 57.647 illegale Einreisen von Januar bis September 2022 (beziehungsweise 71.011, wenn man die gerade veröffentlichte, aber noch nicht qualitätsgesicherte Zahl aus dem Oktober dieses Jahres hinzunimmt). Bundespolizeipräsident Dieter Romann sagt in der Mitteilung mit Blick auf die Arbeit der Beamtinnen und Beamten:

Nicht dienlich ist dabei, die Lauterkeit und Transparenz ihrer Arbeit in Zweifel zu ziehen. Auch die Zahlentransparenz bleibt selbstverständlich unverändert bestehen.

Nur, um das noch einmal zu verdeutlichen: “Die hohen Zahlen der Bundespolizei”, die Innenministerin Nancy Faeser laut “Bild”-Artikel “offenbar” ignoriere und die sie laut “Bild”-Kommentator Frank Schneider schöne, verschleiere oder kleinrechne, stammen laut Bundespolizei gar nicht von der Bundpolizei.

Aber woher dann? Woher haben Schneider, Riffler und Tiede die Zahlen? Unsere Anfrage dazu beim “Bild”-Sprecher blieb bislang unbeantwortet.*

Was im Zusammenhang mit den Zahlen zu illegal Eingereisten übrigens nicht unwesentlich ist: 1. Menschen können illegal nach Deutschland einreisen, von der Polizei aufgegriffen werden und damit in die Statistik eingehen, ohne die Absicht zu haben, einen Asylantrag zu stellen. 2. Kann es zu einer Mehrfachersfassung derselben illegal eingereisten Person kommen, weil die entsprechende Polizei-Statistik keine personenbezogenen Daten umfasst. Aber das nur nebenbei.

Es gibt dann ja noch eine weitere Statistik, die der “Bild”-Artikel ins Verwirrspiel bringt:

Beim zuständigen Flüchtlingsamt BAMF stellten bis Ende September offiziell sogar 154 557 Personen einen Asylantrag.

Diese Zahl ist im Zusammenhang mit der illegalen Einreise nach Deutschland ziemlich ungeeignet. Zuallererst ist sie zu hoch, wenn es um Personen gehen soll, die dieses Jahr nach Deutschland gekommen sind: Bei den 154.557 Anträgen 2022 handelt es sich nämlich um Erst- und Folgeanträge. Nimmt man nur die Erstanträge in diesem Jahr (bis einschließlich September), sind es laut BAMF 134.908 (PDF). Was “Bild” darüber hinaus nicht erläutert: Auch Menschen, die legal nach Deutschland eingereist sind, können einen Asylantrag stellen und damit in der Statistik landen. Und: Bekommt eine Asylbewerberin in Deutschland ein Kind, landet auch dieses mit einem Asylantrag in der Statistik – ganz ohne legale oder illegale Einreise. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge schreibt dazu:

Reist ein minderjähriges lediges Kind nachträglich ins Bundesgebiet ein oder wird es nach der Asylantragstellung der Eltern hier geboren, haben die Eltern, von denen noch mindestens ein Elternteil im Asylverfahren ist, oder die Ausländerbehörde das Bundesamt von der Geburt zu informieren. Damit gilt der Asylantrag des Kindes ebenfalls als gestellt. […]

Ist der Antrag der Eltern bereits entschieden, wenn ihr Kind geboren wird oder nachträglich einreist, müssen sie für das Kind einen gesonderten Asylantrag stellen.

Das Durcheinanderwerfen von Statistiken, das Hinzuziehen von Zahlen, bei denen niemand weiß, woher sie stammen, das falsche Skandalisieren zeigt Wirkung. Gestern Nachmittag schrieb die AfD bei Twitter:

#Faeser rechnet sich die alarmierenden Zahlen der nach #Deutschland strömenden #Zuwanderer schön. So gibt ihr Ministerium viel geringere Zahlen an, als tatsächlich gezählt werden.

Die “Bild”-Redaktion hat mit ihrem Artikel offenbar die Zielgruppe erreicht.

*Nachtrag, 18:40 Uhr: Der “Bild”-Sprecher hat inzwischen auf unsere Anfrage, woher die Zahlen stammen, geantwortet:

Es handelt sich bei den von BILD genannten Vergleichszahlen um Daten der Bundespolizei. Diese hat BILD unter Beachtung des Quellenschutzes öffentlich gemacht. Diese beinhalten nicht nur die offiziell genannten Zahlen der Bundespolizeiinspektionen direkt an der Grenze, sondern auch die illegalen Migranten, die später in den Zügen und/oder im Inland aufgegriffen werden. Die offizielle Meldung der Bundespolizei wie auch die offiziellen Zahlen des BAMF bestätigen diese kleingerechnete Diskrepanz nur.

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Bei “Bild” ist “das Ausland” konservativ

Es sei der “AKWahnsinn”, schreibt “Bild” zu den Plänen von Robert Habeck. Der Wirtschaftsminister “druckst und trickst sich um die AKWende”, es sei “Habecks mieser Atom-Poker”, “Habecks MIESES SPIEL mit unserem Strom”, und “BILD ENTLARVT”: “Habecks größte AKWidersprüche”.

Wir haben das leichte Gefühl, in der “Bild”-Redaktion finden sie Robert Habecks Entscheidung, die drei in Deutschland noch laufenden Atomkraftwerke nicht weiter Strom produzieren zu lassen, sondern lediglich zwei davon als Notreserve zu behalten, nicht so gut. Um der eigenen Leserschaft zu zeigen, dass “unsere Nachbarn” sowie “das Ausland” das ganz genauso sehen, haben “Bild” und Bild.de mal bei EU-Politikern nachgefragt, was die von Habecks Plan halten:

Screenshot Bild.de - Verrat an Nachbarländern - EU-Politiker entsetzt über Habecks Atom-Irrsinn

“Entsetzt” zu Wort kommen:

  • ein polnischer EU-Abgeordneter der nationalistischen und konservativen PiS,
  • ein tschechischer EU-Abgeordneter der konservativen ODS,
  • eine niederländische EU-Abgeordnete der christdemokratischen CDA,
  • ein deutscher EU-Abgeordneter der konservativen CSU,
  • ein weiterer deutscher EU-Abgeordneter der konservativen CSU,
  • ein deutscher EU-Abgeordneter der konservativen CDU
  • und noch ein deutscher EU-Abgeordneter der konservativen CDU.

Ausgesprochen ausgewogen.

Mit Dank an anonym für den Hinweis!

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