Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].
1. “Wie die Mainstream-Medien im Fall Mollath manipulieren” (ankommen.nordbayerischer-kurier.de, Joachim Braun)
Die Berichterstattung im Fall Gustl Mollath sei “eine sehr ungenaue und manipulative Verdachtberichterstattung”, findet Joachim Braun: “Dabei wird vielfach Interpretation als Recherche verkauft. Denn SZ, Nürnberger Nachrichten, einige ARD-Sender und all die anderen haben sich bisher kaum die Mühe gemacht, auch mal die Gegenseite zu hören.”
3. “N wie ‘NEON'” (welt.de, Marc Reichwein)
10 Jahre Neon: “Berliner Lebensgefühl, das in München produziert und auf dem flachen Land konsumiert wird.”
4. “Maulhelden am Sonntag” (de.ejo-online.eu, Kurt W. Zimmermann)
“Exklusiv und geheim”, die zwei Techniken, mit denen sich Journalisten “am liebsten wichtigmachen”.
5. “Machen wir uns nichts vor… Heidis #Aufschrei” (luziatschirky.ch)
Luzia Tschirky erzählt drei Begebenheiten, die sich “im Zusammenhang mit meiner journalistischen Arbeit” ereignet haben. “Journalistenveranstaltungen scheinen die Zunge der sonst seriösen Berichterstatter zu lösen: Apéro. Es ist schon ziemlich spät und eigentlich Zeit nach Hause zu gehen. Er ist mehr als 40 Jahre älter als ich und eigentlich schon in Pension. Das hindert ihn nicht daran sich danach zu erkundigen, ob ich nicht die Nacht bei ihm verbringen möchte. Der Mann kennt nicht einmal meinen vollen Namen. Ich flüchte.”
6. “Lohnsklaven in Deutschland – Miese Jobs für billiges Fleisch” (mediathek.daserste.de, Video, 44 Minuten)
600 bis 700 Euro im Monat für einen Vollzeitjob verdienen bulgarische und rumänische Arbeiter in der deutschen Fleischindustrie. Sie haben Verträge mit Werksarbeitfirmen unterzeichnet, bei denen das Arbeitsrecht aus dem Ausland gilt.
Am vergangenen Dienstag berichtete die “Hamburger Morgenpost” über die Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und Polizisten in der Türkei. Auf Seite 3 druckte die “Mopo” dieses große Foto:
In der Bildunterschrift steht:
Ein Foto, das für Empörung sorgt: Ein Polizist tritt einer Demonstrantin, deren Hände auf den Rücken gefesselt sind, gegen den Kopf.
Und im Text heißt es:
Das brutale Vorgehen der türkischen Polizei gegen die Demonstranten sorgt für immer mehr Empörung. Ein Foto zeigt, wie ein Polizist einer jungen Frau, die offenbar zuvor festgenommen und gefesselt wurde, gegen den Kopf tritt.
Allerdings wurde das Foto nicht vor kurzem aufgenommen, sondern vor vier Jahren. Und zwar nicht in der Türkei, sondern indenUSA.
Via Migazin.
Mit Dank an Marty C., Sejfuddin, Steffen E. und Zafe.
Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].
1. “Aller Tage Abend” (zeit.de, Carolin Emcke)
Carolin Emcke verbringt vier Tage auf der Tagesthemen-Redaktion. “Man fragt sich, was erstaunlicher ist: dass das Unterhaltungsprogramm der ARD von Rote Rosen bis Günther Jauch so viel Gebührengelder ausgeben darf oder dass die Tagesthemen, über das Jahr verteilt, aus einem Pool von gerade mal zwölf Redakteuren schöpfen müssen, die rotierend sieben Tage à 14 Stunden arbeiten.”
2. “Warum wir eine neue ‘Tagesschau’ brauchen” (ulmen.tv, Peer Schader)
Peer Schader kritisiert den Brennpunkt: “Ausgerechnet bei Großereignissen, wenn seriöse Nachrichten, Bildschirmerfahrung und Vertrautheit für die Zuschauer am wichtigsten wären, opfert die ARD ihre Kompetenzen in diesem Feld dem Zuständigkeitsgeschacher ihrer Anstalten und lässt Leute auf den Schirm, die von ausgebildeten Nachrichtenmoderatoren so weit entfernt sind wie Kleber und Wickert von der Bescheidenheit.”
4. “Warum wir Deutsche in 193 Jahren aussterben” (robotergesetze.com, Boris Hänßler)
Boris Hänßler zählt von den Medien verbreitete Todesursachen nach Grund zusammen und vergleicht sie mit den statistischen Gesamtwerten.
6. “Blattkritik mal anders” (blogs.tageswoche.ch, Dani Winter)
Frau R. wertet Fotos in sechs Ausgaben der “Tageswoche” aus und ermittelt so das Geschlechterverhältnis.
Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].
3. “Über den Unterschied zwischen Kritik und Beschimpfung” (zeit.de, Harald Martenstein)
Harald Martenstein schreibt seinen Leserbriefschreibern: “Wenn Sie jemanden einen Nazi, einen Chauvinisten oder einen Sexisten nennen, dann ist es ganz wichtig, diesen Vorwurf irgendwie zu belegen. Das Gewicht des Vorwurfs befreit Sie nicht von der Aufgabe, den Vorwurf zu begründen.”
4. “Interview zum erstinstanzlichen Urteil im Technoviking-Prozess” (netzpolitik.org, Leonhard Dobusch)
Der Streit um ein im Jahr 2000 an der Fuckparade in Berlin aufgezeichnetes Video: “Wenn ich die Unterlassungserklärung damals einfach unterschreiben hätte, dann würde ich mich selbst von meinem Werk ausschliessen und darf es noch nicht einmal mehr im Kunst- oder Bildungskontext zu nichtkommerziellen Zwecken zeigen, obwohl es in Form des Mems sowieso weiter unkontrollierbar existieren würde. Als eines der ersten Youtube-Memes mit einer unglaublichen Vielfalt an User-Reaktionen, die nach wie vor trotz des Alters des Memes nicht abebbt, ist es im Sinne der Kunst- und Wissenschaftsfreiheit für mich nicht vertretbar, diese Vielfalt nicht mehr in einem reflektierenden Kontext zeigen zu dürfen.” Siehe dazu auch “The Story of Technoviking” (indiegogo.com, Video, 3:45 Minuten).
5. “Wie Journalisten ihren selbst erzeugten Mythen zum Opfer fallen” (wiesaussieht.de, Frank Lübberding)
Die Berichterstattung über den Obama-Besuch in Berlin: “Wir erleben das faszinierende Schauspiel, dass Journalisten über den Live-Ticker-Wahn zu Hofschranzen werden, die dem der Berichterstatter der frühen 1960er Jahre in nichts nachstehen.”
6. “Obama Quest – Looking for Love in All the Foreign Places” (thedailyshow.com, Video, 4:12 Minuten, englisch)
Ist Barack Obama in Deutschland nach wie vor ein Rockstar? “Losing 95 percent of your audience in just five years, that basically makes Obama the NBC of presidents.”
Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].
1. “Auf der Damentoilette wurde ein Ring gefunden” (faz.net, Edo Reents)
Die Live-Berichterstattung über den Berlin-Besuch von Barack Obama mit Einzelheiten, “die früher allenfalls Kinder interessiert hätten”. “‘Familie Cool ist in der Stadt’, titelte wiederum ‘Spiegel Online’, und für einen Moment dachte man schon, die Guttenbergs wären aus Amerika hereingerauscht. Eine affirmative, nur noch auf Äußerlichkeiten achtende Hofberichterstattung, die man vor nicht allzu langer Zeit noch einem Blender widmete, den man schon im Kanzleramt wähnte, macht sich hier breit.”
2. “Du kommst hier nicht rein” (sueddeutsche.de, Ruth Schneeberger)
Partys in Berlin, bei denen Journalisten keinen Zugang zur VIP-Zone haben: “Verständlich ist es, wenn Prominente einfach mal keine Lust auf Journalisten haben, erst recht an schönen lauen Sommerabenden, und das auch gerne in Berlin. Wenn aber Journalisten erst geladen und dann wieder ferngehalten werden – unter diesen Umständen muss sich wohl niemand mehr darüber wundern, wenn Inhalte zugunsten von Red-Carpet-Berichterstattung zunehmend verschwinden.”
3. “Neuland” (friedemannkarig.de)
Friedemann Karig schreibt zu den Reaktionen auf das Angela-Merkel-Zitat “Das Internet ist für uns alle Neuland”: “Wenn alle nur die Hälfte jener Energie, die sie für das inzestuöse gegenseitige Kompetenzbeweise innerhalb der autoaggressiv pubertierenden Netzgemeinde aufwenden, für echte Vermittlungsarbeit nach außen verwenden würden, dann. Wenn mehr erklärt statt gewusst würde, dann. Wenn die eigene Meinungshoheit der grundsätzlichen Möglichkeit weichen würde, dass ein anderer dieses tolle Ding nicht so geil findet wie man selber, beispielsweise weil sein Job davon bedroht ist, dann. Wenn grundsätzlich weniger im Netz gemeint und mehr über das Netz gesprochen wird, dann.”
4. “Warum #Neuland gefährliches Neusprech der Kanzlerin ist” (crackajack.de, René Walter)
René Walter sieht das Zitat als “Neologismus für den alten und lange widerlegten Spruch ‘Das Internet darf kein rechtsfreier Raum sein'”: “Es ist ein ‘Neuland’, das bevölkert ist von Bürokraten, die es bereits tausendmal unter sich aufgeteilt haben.”
5. “UPE” (weltwoche.ch, Roger Köppel)
Roger Köppel verabschiedet Urs Paul Engeler in den Ruhestand: “Ohne seinen Kollegen zu nahe zu treten: Engeler ist der bedeutendste Journalist der Schweizer Nachkriegsära. Es gibt keinen anderen Rechercheur, der mehr enthüllte, aufdeckte, zerlegte, entlarvte, entzauberte und zur Kenntlichkeit entstellte.”
Heute lassen wir mal die User von Bild.de zu Wort kommen. Ausnahmsweise sind wir nämlich ziemlich einer Meinung.
Das ist echt eine Sauerrei. Sogar für die BILD.
Da fragt man sich wirklich, auf welchem Niveau sich solch Schreiberlinge befinden? Schlimmer gehts nicht!
Muss man solche details veröffentlichen???schlimm genug für die angehörigen…….
Dieser Artikel hätte schon aus Anstand der Familie gegenüber NIE veröffentlicht werden dürfen. Liebe Bildredakteure, wie tief wollt Ihr eigendlich sinken…..
Völlig Krank das in einer Zeitung zu bringen . Versetzen sie sich mal in die Lage der Angehörigen .
Typisch BILD!!! WIR waren die ersten die darüber Berichteten,arme Angehörige
Ja Bild, andere bloß stellen, kommt ja ganz gut an……………
Auf diese detaillierte Info hätte ich verzichten können
Liebe Bild, zeigen Sie Anstand und Pietät !!!!!
Raus mit diesen Artikel!!!!
[…] diese Scheinheiligkeit ist unglaublich. Wieviel verdient denn ein Journalist für solche Enthüllungen? Ist es das wert?
Bild sudelt sich am Unglück anderer
Dafür müsste man euch fristlos kündigen, sowas der öffenlichkeit preis zugeben
Mir fehlen die Worte
Uns hat es auch die Sprache verschlagen, als wir den Artikel gelesen haben, auf den sich diese Kommentare beziehen. Erschienen ist er vor einem halben Jahr auf Bild.de und in der Dresdner Regionalausgabe der “Bild”-Zeitung:
Dort ging es um einen Mann, der mit heruntergelassener Hose tot in seinem Auto gefunden worden war. Im Text hieß es, der Gerichtsmediziner habe festgestellt, dass der Mann dabei war, “sexuelle Handlungen an sich selbst auszuüben”. Dabei soll er einen Herzinfarkt erlitten haben.
“Bild” nannte den Vornamen, sowie den abgekürzten Nachnamen des Mannes; zeigte auf zwei Fotos dessen Auto; beschrieb, in welchem Ort er gefunden wurde — und druckte zu allem Überfluss noch ein riesiges Foto, auf dem die Angehörigen zu sehen sind, während sie trauernd neben dem offenen Sarg knien.
Zumindest für Bekannte der Familie war also mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erkennen, um wen es sich bei dem Toten handeln musste. Auch die Angehörigen, deren Gesichter zwar verpixelt waren, mussten damit rechnen, von ihrem Umfeld identifiziert zu werden.
Die Intimsphäre des Mannes, seine Würde und Persönlichkeitsrechte und selbst die seiner Familie — all das schien bei “Bild” niemanden zu interessieren.
Wir haben uns deshalb beim Deutschen Presserat über diese Berichterstattung beschwert. Wie in so einem Fall üblich, bekam der Verlag die Gelegenheit, Stellung zu nehmen. Doch die Verteidigung der Springer-Juristen war kaum weniger unverschämt als der Artikel selbst.
Die Berichterstattung verletze weder die Menschenwürde der Angehörigen noch die des Verstorbenen, argumentierte der Verlag, “da niemand identifizierbar werde”.
So würden keine Namensangaben der Angehörigen veröffentlicht. Sie seien zudem nur von sehr weit fotografiert worden, ihre Gesichter seien vollständig verpixelt worden. […] Der tatsächliche Wohnort sei bewusst nicht genannt worden.
Die Angaben zu dem Toten seien, so die Springer-Anwälte, “zurückhaltend” erfolgt. “Zurückhaltend” in dem Sinne, dass die Autoren nicht den vollen Nachnamen des Mannes genannt und kein Foto von ihm veröffentlicht haben. Die Abbildung des Autos rechtfertigen sie damit, dass es “ein Allerweltsauto ohne jedes besondere Merkmal” sei.
Und den Angehörigen wird das “Recht auf Privatheit” mit der abenteuerlichen Begründung abgesprochen, dass sie “mit der Art und Weise des Todes des Mannes […] nichts zu tun” hätten.
Die Anwälte betonten außerdem, die Umstände des Todes und der massive Einsatz von Rettungskräften hätten “in der Region Dresden für ein starkes öffentliches und mediales Interesse gesorgt”.
Insgesamt, so das Fazit der Juristen, sei die Berichterstattung angesichts der “außergewöhnlichen und feststehenden Umstände des Falles […] als sehr zurückhaltend zu bezeichnen”.
Das sah der Presserat anders.
Der Beschwerdeausschuss erkannte in dem Artikel eine Verletzung der Ziffer 8 des Pressekodex:
Die Mitglieder sind der Auffassung, dass sowohl der Tote als auch seine Angehörigen – zumindest für einen kleineren Kreis von Personen – identifizierbar werden.
Das liege vor allem an der Nennung seines Namens und der Abbildung des Autos.
Die Mitglieder erkannten jedoch kein Informationsinteresse der Öffentlichkeit, mit dem diese Identifizierung zu rechtfertigen wäre. Sowohl das Persönlichkeitsrecht des Toten als auch das seiner Hinterbliebenen wird daher verletzt […].
Der Verstoß werde “noch deutlich durch die Umstände des Todes des Mannes verstärkt. Durch die Berichterstattung erfährt zumindest ein bestimmter Kreis von Personen, in welcher Situation er gestorben ist. Insbesondere für seine Hinterbliebenen entsteht somit eine äußerst unangenehme Situation, die durch eine vollständige Anonymisierung zu verhindern gewesen wäre.”
Der Presserat sprach deshalb eine “Missbilligung” aus, bei der es den “Bild”-Leuten allerdings frei gestellt ist, ob sie sie abdrucken – oder es einfach bleiben lassen.
Der Artikel beginnt übrigens mit einer bemerkenswerten Feststellung:
Kaum ein Mensch weiß, wie so eine Krankenkasse funktioniert, wie viel sie kostet und wann sie zahlt (oder auch eben nicht). Journalisten greifen deshalb gerne zu Beispielen, anhand derer sie erklären können, was im Gesundheitswesen so falsch läuft.
So wie beim Fall von Aikaterini Katsoura, Krankengymnastin aus Bayern, auf “Spiegel Online”:
Wegen einer Krebserkrankung aus dem Jahr 2007 wurde der Tarifwechsel also abgelehnt. Katsoura wollte das nicht hinnehmen. Sie schaltet im Januar den Versicherungsmakler Javier Garcia ein. Dieser erreicht, dass die BBKK den Wechsel rückwirkend zum 1. Oktober 2012 umstellt. Denn der Versicherer hätte wegen der Vorerkrankung einen Risikozuschlag verlangen dürfen – oder einen Mehrleistungsausschluss vereinbaren können. Einfach ablehnen durfte die BBKK den Wechsel aber laut Gesetz nicht.
Aufmerksamen BILDblog-Lesern könnte Javier Garcia bekannt vorkommen — aufmerksamen Lesern von “Spiegel Online” sowieso: Der Versicherungsmakler aus Bad Oeynhausen war zuvor schon drei Mal als Zitatgeber zum Thema private Krankenversicherungen aufgetaucht (BILDblog berichtete).
Im November 2012 hatte uns “Spiegel Online”-Chefredakteur Rüdiger Ditz mitgeteilt, man werde sich in Zukunft bemühen, auch andere Ansprechpartner zu Wort kommen zu lassen. Auf unsere Nachfrage, ob es keinen anderen Ansprechpartner für die aktuelle Geschichte gegeben habe, hat Ditz bisher nicht geantwortet.
Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].
1. “Tod, Tod, Tod – Wie SPON übertreibt” (freitag.de, Rasmus Cloes)
Rasmus Cloes befasst sich mit dem “Spiegel-Online”-Artikel “Lebensgefahr durch Kinder-Hustensaft”: “Zäpfchen, Zäpfchen, Tod. Das klingt heftig! Da fragt man sich als Leser: Warum zur Hölle dürfen die so was frei verkaufen? – Die Antwort: Weil es eine – unglaublich schlimme – Ausnahme ist.”
3. “There’s Always Money In The Banana Stand” (juliane-wiedemeier.de)
Juliane Wiedemeier musste an der Jahreskonferenz des Netzwerk Recherche “als Freie, die für ein mikroskopisch kleines Start-up arbeitet, bei dem niemand weiß, wo das noch hinführen soll, plötzlich den gutbezahlten Festangestellten großer Verlagshäuser Mut zu sprechen.”
4. “Fox News sued over JoDon Romero on-air suicide” (bbc.co.uk, englisch)
Fox News zeigt einen Suizid nach einer Verfolgungsjagd live und wird verklagt: “The broadcaster has apologised for the ‘severe human error’ that led to the death’s airing.”
5. “So funktioniert Die Recherche” (sueddeutsche.de, Sabrina Ebitsch)
Die “Süddeutsche Zeitung” recherchiert nach Wunsch: “Wir nehmen Ihre Rechercheaufträge entgegen: Über welche Themen und Geschichten wollten Sie schon lange mehr erfahren? Stellen Sie uns Fragen, die Sie sich selbst stellen, von der Euro-Krise bis zum Schulsystem, von Umweltschutz bis Integration.”
6. “Der unsinnige Traum vom ‘deutschen Google'” (blogs.wallstreetjournal.de, Stephan Dörner)
Subventionen “in dreistelliger Millionenhöhe” für eine europäische Alternative zu Google: “Es gäbe über 1.700 konkrete Ergebnisse. Darunter 130 Prototypen, knapp 60 Patente und andere geschützte Ergebnisse, 19 Standardisierungsaktivitäten, 5 Existenzgründungen und rund 900 Publikationen. Ein deutsches Google war allerdings nicht dabei.”
Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].
1. “Für diesen Text bin ich aus der SPD ausgetreten” (pantelouris.de)
Journalist Michalis Pantelouris tritt aus der SPD aus: “Ich kämpfe seit Jahren öffentlich gegen Typen wie Rolf Kleine. Ich kann nicht monatelang darüber schweigen, dass ein Mann, der dann auch mit meiner Unterstützung Kanzler der Bundesrepublik werden will, sich einen Mann ins Team holt, der genau das tut, was ich bekämpfe.”
2. “aber bitte mit profis” (wirres.net, Felix Schwenzel)
Felix Schwenzel “stört an jan josef liefers reise nach syrien vor allem, dass er sich von der bildzeitung begleiten liess”. “aber wenn zwei journalisten jan josef liefers einfach nur lieblos inkompetenz und profilierungssucht unterstellen, dann ist das keine sternstunde des journalismus, sondern wirkt genau wie das, was sie liefers vorwerfen: wie stümperhafte selbstprofilierung.”
3. “Gemeinsam ganz unten” (sueddeutsche.de, Bernd Dörries)
Warum arbeitet Günter Wallraff trotz Bedenken zum zweiten Mal mit RTL zusammen? “Bei den Öffentlich-Rechtlichen erreiche ich leider zu wenige aus der Zielgruppe unter 50 Jahren. Bei RTL kann ich auch die Jüngeren ansprechen, auf dass sie sich nicht mehr alles gefallen lassen.”
4. “Skeptizismus: Nicht Sünde, sondern Pflicht” (novo-argumente.com, Brendan O’Neill)
Das Wort “Skeptiker” drohe zum Schimpfwort zu verkommen, schreibt Brendan O’Neill: “‘Skeptiker’ ist schon einmal eine Beleidigung gewesen – in den frühen Jahren der Aufklärung, als einige (meist religiöse) öffentliche Persönlichkeiten in Panik gerieten bei der Vorstellung, die Menschen könnten zu kritisch werden und die Autorität in Frage stellen.”
5. “Sorry, ich mag meinen Job” (ausgeheckt.wordpress.com, Julian Heck)
Julian Heck zählt Gründe auf, warum er bloggt: “1. Ich lerne die Branche kennen. 2. Ich vernetze mich mit möglichst vielen Menschen. 3. Ich zeige, was ich kann. 4. Ich probiere aus. 5. Ich kämpfe um Aufmerksamkeit. 6. Ich habe Freude daran.”
Die drei Beschwerdeausschüsse des Deutschen Presserates haben Anfang Juni getagt und anschließend sieben öffentliche Rügen, zehn Missbilligungen und 19 Hinweise ausgesprochen.
Eine der Rügen ging an die “taz”, die mit einem Kommentar zur Papstwahl nach Ansicht des Presserates zwar “keine religiösen Gefühle geschmäht”, aber “grob gegen das Sorgfaltsgebot verstoßen” hatte. In der Print-Ausgabe war der Text unter der Überschrift “Junta-Kumpel löst Hitlerjunge ab” erschienen. Die Bezeichnung als “Junta-Kumpel” stelle “eine nicht bewiesene Tatsachenbehauptung” dar und verletze den Papst in seiner Ehre, urteilte der Ausschuss. Scharfe Bewertungen wie “Alter Sack I. folgte auf Alter Sack II.” seien hingegen zwar provokativ und polemisch, aber vom Recht auf Meinungsfreiheit gedeckt. Fast 50 Beschwerden waren zu dem “taz”-Kommentar von Deniz Yücel eingegangen.
Die “Maßnahmen” des Presserates:
Hat eine Zeitung, eine Zeitschrift oder ein dazugehöriger Internetauftritt gegen den Pressekodex verstoßen, kann der Presserat aussprechen:
einen Hinweis
eine Missbilligung
eine Rüge.
Eine “Missbilligung” ist schlimmer als ein “Hinweis”, aber genauso folgenlos. Die schärfste Sanktion ist die “Rüge”. Gerügte Presseorgane werden in der Regel vom Presserat öffentlich gemacht. Rügen müssen in der Regel von den jeweiligen Medien veröffentlicht werden. Tun sie es nicht, dann tun sie es nicht.
Drei weitere Rügen sprach der Presserat für die Laufmagazine “Condition”, “Laufzeit” und “Running” aus, die auf ihren Titelseiten jeweils ein PR-Foto eines Sportartikelherstellers veröffentlicht hatten. Der Presserat sah darin Schleichwerbung und damit einen Verstoß gegen Richtlinie 7.2 des Pressekodex.
Ebenfalls gerügt wegen einer Verletzung der Ziffer 7 wurde die Zeitschrift “Kanzlei Life!”, die sich an Rechtsanwalts- und Notarkanzleien richtet. Die Zeitschrift hatte in mehreren Artikeln auf Produkte eines Softwareunternehmens hingewiesen, Konkurrenzprodukte aber nicht genannt. Die Publikation wird von einem Schwesterunternehmen dieses Softwareentwicklers herausgegeben und kostenlos an Kunden verteilt. Der Presserat beurteilte die Zeitschrift “als reine Werbepublikation”, was für den Leser allerdings nicht ersichtlich sei.
Bild.de erhielt eine Rüge für die Berichterstattung über ein Tötungsdelikt, bei dem der Hauptverdächtige als überführter “Killer” bezeichnet wurde. In den Artikeln wurde der Eindruck erweckt, als habe erwiesenermaßen ein Mord stattgefunden und der Mann sei der Täter. Beides stand zum Zeitpunkt der Veröffentlichung aber nicht fest. Der Presserat erkannte darin einen Verstoß gegen die journalistische Sorgfaltspflicht (Ziffer 2) und einen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte des Mannes und des Opfers (Ziffer 8), weil über beide identifizierend berichtet worden war.
Schließlich gab es noch eine Rüge für die Münchener “tz”, die – ebenfalls identifizierend – über einen Mann geschrieben hatte, dem die Entführung und Vergewaltigung Minderjähriger in Thailand vorgeworfen wird. Darin erkannte der Presserat zudem eine Verletzung der Unschuldsvermutung (Ziffer 13).
Einen sogenannten Hinweis erteilte der Beschwerdeausschuss der Bremer “Bild”-Regionalausgabe sowie Bild.de, weil diese unter der Überschrift “Wir sind Bremens coolste Fahrschule” Schleichwerbung für eine, nun ja, Bremer Fahrschule gemacht hatten.
Keinen ethischen Verstoß stellte das Gremium hingegen bei zwei Beschwerden zur Berichterstattung über den Bombenanschlag in Boston fest. Bild.de hatte mehrere Fotos gezeigt, auf denen unter anderem verletzte Menschen zu sehen waren. “Die Fotos dokumentieren die schreckliche Realität dessen, was sich ereignet hat, überschreiten jedoch nicht die Grenze zur Sensationsberichterstattung” (Ziffer 11), so der Presserat. Ein grenzwertiges Foto, das einen verletzten Mann im Rollstuhl zeigte, “hatte die Zeitung kurz nach Erscheinen bereits wieder von sich aus aus dem Online-Angebot entfernt”.