Ministerium für Informationspolitik, Kirill Petrenko, Schlüssel

1. “Deutsche haben wenig Vertrauen in die Medien”
(zeit.de)
Die “Zeit” hat infratest dimap den Auftrag gegeben, eine Studie zum Medienvertrauen in Deutschland zu erstellen. “Die Mehrheit der Befragten, insgesamt 60 Prozent, hat wenig (53 Prozent) oder gar kein (7 Prozent) Vertrauen in die Medien. Nur vier von zehn Deutschen haben ‘sehr großes’ oder ‘großes’ Vertrauen in die politische Berichterstattung der Medien. Etwa ein Viertel der Befragten sagte, ihr Zutrauen in die Berichterstattung der Medien sei in den vergangenen Jahren gesunken.”

2. “JVA muss 600 Schlüs­sel aus­tau­schen”
(lto.de)
Weil ein TV-Bericht von NDR über ein Konzert von Jan Delay einen Schlüssel aus dem Sicherheitsbereich eines Hamburger Gefängnisses gezeigt hatte, mussten am Tag darauf alle 600 Schlüssel der Anstalt ausgetauscht werden.

3. “Nicht lustig.”
(hanningvoigts.de)
Hanning Voigts (@hanvoi) hat mit Fälschungen eigener Tweets zu tun: “Von daher, liebe Photoshop-Künstler_innen, wenn ihr das hier lest: Denkt bei solchen Fake-Aktionen bitte in Zukunft daran, was für Folgen sie für andere haben. Ich habe wirklich viel Humor, vor allem wenn es darum geht, rechte Knallköpfe zu verulken. Aber euer Fake mit meinem Namen war für mich nur eins: Nicht lustig.”

4. “Kiews Informationskrieger”
(zeit.de, Simone Brunner)
Simone Brunner besucht das Ministerium für Informationspolitik in der Ukraine: “Nach den turbulenten Anfangstagen sind die großen Skandale bisher tatsächlich ausgeblieben. Die Nachricht über die ‘Informationskrieger’ poppte nur kurz in den Medien auf. Experten sehen bis dato keine Eingriffe in die Pressearbeit – abgesehen freilich vom Imageschaden, den die Regierung allein schon durch die Gründung hinnehmen musste.”

5. “Fernsehserientexte von dpa oder: Wir sind die Roboter”
(medienkorrespondenz.de, Harald Keller)
Hat es eine deutsche Serie “noch nie ins gelobte Land des Fernsehens geschafft”, wie das die dpa behauptet? Harald Keller kontert: “Edgar Reitz’ Fernsehepos ‘Heimat – Eine deutsche Chronik’ war auf US-Bildschirmen zu sehen; aktuell erfreuen sich die Zuschauer des frei empfangbaren, weit verbreiteten spanischsprachigen US-Anbieters Vme TV an ‘Alarm für Cobra 11 – Die Autobahnpolizei’. Ebenfalls RTL.”

6. “Verlogene Differenzierung”
(blogs.nmz.de)
Was die “Welt” über die Wahl von Kirill Petrenko zum Chefdirigenten der Berliner Philharmoniker zu berichten hat.

Oh Gott! “Blick” fällt auf Satire rein

Das Schweizer Rumms- und Bumsblatt “Blick” hat heute einen schönen Aufreger aus den USA entdeckt:

Nun ist dem TV-Prediger John Hagee durchaus so mancher Schwachsinn zuzutrauen (er findet auch, der Holocaust sei gottgewollt) — die Orgasmus-Aussagen aber kommen in Wirklichkeit nicht von ihm, sondern von Newslo.com, einer, wie sich in drei Sekunden herausfinden lässt: Satireseite.

Immerhin sind sie beim „Blick“ nicht die einzigen, die auf den Fake reingefallen sind.

Mit Dank an @140_a_day.

Bild  

Fälschen und Tricksen für den Grexit

“Bild” war nach eigenen Worten immer schon für den “Grexit”. Und nun sind es endlich auch alle anderen Medien.

Natürlich stimmt die Überschrift schon deshalb nicht, weil nicht “alle” für den “Grexit” sind, sondern nur einige – aber das kann man noch als Stilmittel verbuchen (wenn auch eher ein literarisches als ein journalistisches): ὑπερβολή nannten die alten Griechen (!) eine solche Übertreibung, “Hyperbel”.

Aber um zu belegen, dass viele Medien jetzt angeblich plötzlich für den “Grexit” sind, schreckt “Bild” auch vor Fälschungen und groben Irreführungen nicht zurück. So zitiert das Blatt die “Neue Zürcher Zeitung” (NZZ) mit den Worten:

“Ein Grexit muss für Griechenland keineswegs jenes ökonomische und finanzielle Desaster darstellen, als das er oft präsentiert wird.”

Das Zitat hat “Bild” gefälscht. Tatsächlich schrieb die NZZ:

Ein ‘Grexit’, so das Fazit, müsse daher für Griechenland keineswegs jenes ökonomische und finanzielle Desaster darstellen, als das er oft präsentiert werde.

Den Konjunktiv “müsse” hat “Bild” einfach durch “muss” ersetzt – und verschleiert so, dass die NZZ hier das Urteil eines anderen zitiert: eines Forschungsinstitutes namens “Oxford Economics”.

Dass die “Süddeutsche” sich nun für einen “Grexit” ausspreche, belegt “Bild” mit folgendem Zitat:

“Eine Eurozone mit 18 Mitgliedern wäre schon am Tag eins nach dem Ausstieg Athens stabiler und damit überlebensfähiger. Schon der Beitritt Athens 2001 war politisch mehr gewollt als ökonomisch gerechtfertigt.”

Das steht tatsächlich auf sueddeutsche.de. In einem Artikel, der überschrieben ist mit “Pro Grexit: Kein Grund zur Panik”. Er ist Teil eines Pro & Contra, in dem es entsprechend auch ein “Contra” gibt (“Contra Grexit: Der Anfang vom Ende”).

Aus einem Pro & Contra über den “Grexit” macht “Bild”, dass die “Süddeutsche Zeitung” für den Grexit plädiert.

Im “Wall Street Journal” hat “Bild” folgendes Zitat entdeckt:

“Es ist nicht so, als ob Griechenlands Probleme nicht ernst wären. Aber für die Finanzmärkte wäre ein Grexit kein Grund zur Panik.”

Das ist nicht ganz falsch, aber auch da hilft es, das komplette Zitat zu lesen:

With Greece back in recession, the questions about the fate of the Achaeans is only going to grow. But, if you’re a stock investor, especially a U.S. stock investor, how worried should you really be? (…)

This isn’t to say Greece’s problems aren’t serious, or that an exit from the euro wouldn’t have serious ramifications. But for stock investors, it may not be a cause for panic.

Mit anderen Worten: Das “Wall Street Journal” räumt ein, dass ein “Grexit” “ernsthafte Auswirkungen” hätte – aber wenigstens für Börsenanleger, vor allem amerikanische Börsenanleger, muss es nicht unbedingt ein großes Problem werden. Das sind natürlich beruhigende Nachrichten – für amerikanische Börsenanleger.

Auch die “New York Times” sei nun für den “Grexit”, schreibt “Bild”, und suggeriert das mit diesem Zitat:

“Eine Sache ist klar: Wenn es eine Einigung mit Griechenland gibt, ist diese nur das Vorspiel für die nächste Krise in den nächsten Monaten.”

Ja, stand so in der “New York Times” – in der “Op-Ed”-Kolumne von Roger Cohen. “Op-Ed” steht für “gegenüber der Leitartikel-Seite” und ist die Seite, auf der die “New York Times” Raum gibt für Meinungen, die ausdrücklich nicht ihrer eigenen redaktionellen Meinung entsprechen müssen. Die “New York Times” selbst warnt ausdrücklich vor einem “Grexit”.

Bassem Youssef, Charlotte Wiedemann, T-online

1. “T-online & Co.: die unterschätzte Macht der Mail-Medien”
(get.torial.com/blog, Stefan Mey)
Stefan Mey kann nicht verstehen, warum in der öffentlichen Diskussion über publizistische Kräfte die Medien von E-Mail-Anbietern nicht thematisiert werden: “T-online erreicht die Hälfte aller deutschen Internet-Nutzer*innen, und auch Web.de und Gmx lassen in puncto Nutzungs-Zahlen viele anerkannte, journalistische Marken alt aussehen. Auf den bunten Portalen finden Klatsch und Ratgeber-Inhalte Platz, hier werden aber auch die großen, ideologischen Themen der Politik verhandelt: der Griechenland-Streit, die Ukraine-Krise und der Bahn-Streik. Für viele Menschen liefern sie die täglichen Informationen über Politik und Gesellschaft.”

2. “Fauxpas von 20 Minuten: joiz-Redakteurin Ivona in Artikel über Zuwanderungsängste”
(joiz.ch, Ivona Domazet)
Ivona Domazet, “Tochter zweier vor 30 Jahren in die Schweiz eingewanderten Kroaten”, sieht ein Foto von sich in “20 Minuten” unter dem Titel “Junge sehen Einwanderung als grösstes Problem”: “Gerade bei einem so ernsten politischen Thema müsste sich euer zuständige Bildredakteur eventuell zwei Mal fragen, ob das random Bild, was er ausgesucht hat, auch wirklich passt. Und ob er nicht vielleicht doch ein neutrales Symbolbild einer Stock-Agentur verwenden will.”

3. “ARD und der Dokumentarfilm: Versprechen zahlt sich nicht aus”
(agdok.de)
Die Arbeitsgemeinschaft Dokumentarfilm e.V. beklagt einen Abbau dokumentarischer Sendungen im ARD-Programm zugunsten von Fiktion und Talk-Formaten.

4. “‘Humor ist die Waffe gegen Angst'”
(tagesanzeiger.ch, Constantin Seibt)
Ein Interview mit Bassem Youssef: “Seit 15 Jahren floriert Satire über Nachrichtensendungen. Und der Grund ist, dass News, vor allem TV-News, sich verändert haben: Sie laufen im 24-Stunden-Betrieb. 24 Stunden, die man mit irgend­etwas füllen muss. Kein Wunder, füllt man sie mit Sensationen und Unfug. Und damit verwandeln sich Journalisten in Entertainer – und damit automatisch in die eigene Parodie.”

5. “Was verstehen Sie unter ‘weißem’ Schreiben?”
(deutschlandradiokultur.de, Matthias Hanselmann, Audio, 36:12 Minuten)
Charlotte Wiedemann blickt zurück auf ihre bisherige journalistische Karriere und spricht über den “holzschnittartigen Blick auf fremde Länder” in der Auslandsberichterstattung.

6. “Blogger Relations Bullshit Bingo”
(twitter.com/Kirschvogel)

“Unsinnig und frei erfunden”

Unter dem Slogan „Die Toten kommen“ werden seit ein paar Tagen an verschiedenen Stellen in Berlin symbolische Gräber ausgehoben, um an die im Mittelmeer gestorbenen Flüchtlinge zu erinnern. Gestern fand die Aktion auch vor der Hamburger Uni statt.

Dazu schreibt die „Hamburger Morgenpost“ in ihrer Online-Ausgabe:

Die Teilnehmer hoben mit selbst mitgebrachten Schaufeln Gräber aus. Anschließend stellten sie Kreuze auf und legten Blumen auf die Grabstätten. Die Aktion wurde vom Uni-Präsidenten Prof. Dr. Dieter Lenzen geduldet. Entstandene Schäden würden jedoch von Mitteln der Studiengebühren beglichen.

Tatsächlich erklärt der Präsident in einer heute veröffentlichten Stellungnahme, die Gedenkveranstaltung sei …

aus Sicht der Universität absolut angemessen und wird insofern begrüßt.

Allerdings:

Die Meldung „entstandene Schäden würden aus Mitteln von Studiengebühren beglichen“ ist unsinnig und frei erfunden. Dieses ist schon daran erkennbar, dass in Hamburg seit Jahren gar keine Studiengebühren mehr erhoben werden.

Mit Dank an @mahatma_django.

Nachtrag, 24. Juni: Die “Mopo” hat die Passage unauffällig korrigiert:

Nach einer Information vor Ort hieß es anfänglich, dass entstandene Schäden aus Mitteln der Studiengebühren beglichen würden. Dem ist nicht so: Die Universität betrachtet die Aktion vielmehr als “Bestandteil des Auftrags der Universität.”

Sexfrust, Polizeimeldungen, Heftig.co

1. “Bild: Aus Sexfrust zum Jihad”
(hogymag.wordpress.com, almasala)
Der Bild.de-Artikel “Aus Sex-Frust in den Dschihad?”: “Wie ein Bauchredner legt ‘Bild’ ihren Puppen Khan und Karmani verdrehte Aussagen in den Mund und müssen für die Drecksarbeit für ‘Bild’ herhalten: muslimische Elternhäuser als hinterwäldlerisch, starrsinnig und autoritär hinzustellen, dass deren Söhne mit martialischem Macho-Gehabe und aus lauter sexuellen Frust zu Terroristen werden. Gleichzeitig stehen Khan und Karmani wie Idioten da, denen ‘Bild’ dümmliche Erklärungen für die Radikalisierung junger Muslime unterschob.”

2. “Warum verschweigen Medien oft die Herkunft von Straftätern?”
(badische-zeitung.de, Karl Heidegger)
Karl Heidegger schreibt zum Umgang der Medien mit der Nationalität von Straftätern: “Anderswo sind die Vorgaben für die Medienbranche weitaus laxer als in Deutschland – es werden vielfach mehr Details über Täter und auch Opfer veröffentlicht. In den Vereinigten Staaten trägt der Trend zur Transparenz bisweilen bizarre Züge. In vielen US-Bundesstaaten werden die Polizeibilder (‘Mugshots’) von Festgenommen ins Netz gestellt, ergänzt mit allen persönlichen Angaben.”

3. “Durch Verschweigen lösen sich die Probleme nicht”
(tagesanzeiger.ch, Stefan Hohler)
Polizeireporter Stefan Hohler antwortet auf einen Vorschlag, der die Polizei dazu verpflichten will, “die Nationalität auch bei Nachfragen von Journalisten” nicht herauszugeben: “Für die beiden Postulanten ist einzig die Schwere eines Delikts massgebend und nicht die Herkunft der Täterin oder des Täters. Die Nationalität liefere ­keinerlei Erkenntnisgewinn und verführe nur zu ­unzulässigen Verallgemeinerungen. Wenn dem so ist, müssten die Postulanten konsequenterweise auch die Forderung stellen, auf die Nennung von ­Geschlecht und Alter von Tätern zu verzichten.”

4. “‘Wie wir schreiben, geht eine Richterin nichts an'”
(drehscheibe.org, Stefan Wirner)
“Nordkurier”-Chefredakteur Lutz Schumacher spricht über die Auseinandersetzung bezüglich des “Rabauken-Jägers”: “Wenn bei so einer Banalität bereits Staatsanwälte und Richter gegen Journalisten vorgehen, was ist denn dann, wenn es wirklich einmal um etwas geht?”

5. “Hermann Petz: ‘Es gibt Qualitätsjournalismus nur mit bedrucktem Papier'”
(derstandard.at, Harald Fidler)
Ein Interview mit Hermann Petz, Autor des Buchs “Die Zeitung ist tot? Es lebe die Zeitung!”: “Zum Begriff des Qualitätsjournalismus gehört eben auch, dass er sich durch seine eigene Qualität refinanziert – in Vertrieb und Anzeigengeschäft. Und das funktioniert nur in Print. Oder kennen Sie dazu ein Gegenbeispiel aus Online, Radio oder TV?”

6. “‘Medienhaus ohne Journalismus – ja, das geht!'”
(meedia.de, Thomas Huber)
Thomas Huber, bezahlt für die Öffentlichkeitsarbeit von Heftig.co, preist das Portal: “Die Fans suchen das Bedeutungsvolle in der Informationsflut. Sie sind sehr neugierig darauf, wie es anderen echten Menschen in vergleichbaren Lebenssituationen ergeht und wie sie ihre Probleme und Krisen bewältigen. (…) Hinter einem Klick bei heftig.co lauert kein potemkisches Dorf, sondern eine offenbar sehr relevante Information.”

Selfies gegen Griechenland: Presserat missbilligt “Bild”

In seiner Sitzung vor ein paar Tagen hat der Presserat neben zwei Rügen auch mehrere Missbilligungen gegen “Bild” und Bild.de ausgesprochen.

Unter anderem für ihre Selfie-Kampagne gegen die “gierigen Griechen” (BILDblog berichtete):

Die “Maßnahmen” des Presserates:

Hat eine Zeitung, eine Zeitschrift oder ein dazugehöriger Internetauftritt gegen den Pressekodex verstoßen, kann der Presserat aussprechen:

  • einen Hinweis
  • eine Missbilligung
  • eine Rüge.

Eine “Missbilligung” ist schlimmer als ein “Hinweis”, aber genauso folgenlos. Die schärfste Sanktion ist die “Rüge”. Gerügte Presseorgane werden in der Regel vom Presserat öffentlich gemacht. Rügen müssen in der Regel von den jeweiligen Medien veröffentlicht werden. Tun sie es nicht, dann tun sie es nicht.

Insgesamt waren beim Presserat fast 20 Beschwerden zu der Kampagne eingegangen. Viele Beschwerdeführer kritisierten die Formulierung „die gierigen Griechen“, mit der ein ganzes Volk pauschal diffamiert werde. Außerdem sei der Aufruf, sich den Artikel auszudrucken und ein Selfie damit zu posten, ein Aufruf an die Leser, gegen die Griechen zu hetzen.

Der „Bild“-Justiziar konterte in seiner Stellungnahme:

Sinn der Veröffentlichung und insbesondere der Selfie-Aktion sei gewesen, zur Beschäftigung mit dem Thema der Griechenland-Rettung und einer Meinungsäußerung anzuregen. Die primäre Aufgabe der Medien sei es, den Einzelnen so mit Informationen zu versorgen, dass er sich seine Meinung bilden könne.

Eben. Dass die „Bild“-Zeitung (gerade zum Thema Griechenland) immer nur die Informationen liefert, die man braucht, um sich ihre Meinung zu bilden, ist natürlich bloß Zufall.

Darüber hinaus sei es gewollt und für das Bestehen eines demokratischen Staates unerlässlich, dass sich der Bürger selbst politisch betätige und durch Meinungsäußerung in der Öffentlichkeit am demokratischen Willensbildungsprozess partizipiere. Nur so sei der Aufruf der Redaktion an den Leser zu verstehen, seinen Standpunkt kundzutun.

Aber klar.

Die Redaktion habe dem Leser eine Plattform geboten, auf der er mit seiner Meinung von Dritten wahrgenommen werden könne. Durch die Aktion schaffe es die Redaktion auch eher, den Glauben an eine funktionierende Demokratie zu bestärken, als durch bloße eindimensionale Berichterstattung.

„Bild“, die große Stütze der Demokratie.

In keiner Weise sei versucht worden, das griechische Volk oder jeden Griechen in seinem Ansehen herabzusetzen – also in seiner Ehre zu verletzen – oder dazu aufzurufen eine feindliche Gesinnung gegenüber Angehörigen des griechischen Volkes einzunehmen. Der Gebrauch des Adjektivs „gierig“ sei klar differenzierend und nicht pauschalisierend. Entscheidend sei, dass das „Nein“ an die abstimmungsberechtigten Bundestagsabgeordneten gerichtet gewesen sei. Dies umfasse die Besorgnis der Öffentlichkeit, dass die Mittel gar nicht erst beim griechischen Bürger ankommen, sondern in das Finanzierungssystem eines Staates fließen und damit am Ende lediglich internationale Kreditgeber befriedigt würden. Mit Beginn des Beitrags werde durch die Zitate und weiteren Informationen mehr als deutlich, dass die Formulierung „gierig“ keineswegs auf jeden Griechen oder das griechische Volk als solches bezogen sei. Vielmehr gehe es um wenige Eliten und die jeweiligen Mitglieder der griechischen Regierung, die Versprechungen hinsichtlich einer Rückzahlung gemacht hätten, ohne dass es bisher dazu gekommen sei. (…) Diese Differenzierung werde noch durch den zeitgleich veröffentlichten Kommentar (…) des BILD.de-Chefredakteurs sowie den Kommentar (…) des BILD-Chefredakteurs vom 28.02.2015 vertieft.

Das sah der Presserat anders.

Der Argumentation, man solle für das Verständnis eines Beitrages auch die Kommentierung zum Thema bzw. die weitere Berichterstattung berücksichtigen, folgt das Gremium nicht.

Entscheidend sei der Eindruck, den ein Beitrag „auf einen durchschnittlich verständigen Leser“ mache. Und der sei ein anderer:

Das Gremium sieht in der Überschrift „NEIN! Keine weiteren Milliarden für die gierigen Griechen!“ eine pauschale Diskriminierung einer nationalen Gruppe. Für einen durchschnittlich verständigen Leser wird der Eindruck erweckt, die Zuschreibung „gierig“ beziehe sich auf das griechische Volk als Ganzes.

Auch in der Gesamtbetrachtung des Artikels werde „nicht hinreichend deutlich, dass damit ausschließlich wenige Eliten und die jeweiligen Mitglieder der griechischen Regierung gemeint sein sollen“.

So erkannte der Beschwerdeausschuss einen Verstoß gegen das in Ziffer 12 des Pressekodex festgeschriebene Diskriminierungsverbot und sprach eine Missbilligung aus.

Übrigens: Der Aufruf an die Leser, sich per Selfie “zu einer aktuellen politischen Entscheidung zu äußern”, verstoße “nicht schon prinzipiell gegen den Pressekodex”, erklärt der Presserat und schiebt in seiner so typischen, fast-kritischen Art hinterher:

Ob ein solcher Aufruf in der konkreten Situation die geeignete Art der Berichterstattung darstellt, ist eine journalistische Abwägung, die weitgehend der jeweiligen Redaktion überlassen bleibt.

Mit Dank an Tobias F.

Verstörung, Pornoaktricen und Fair-Trade-Koks

1. «Man muss auch mal Quatsch machen»
(sonntagszeitung.ch, Barnaby Skinner)
Sascha Lobo sieht den professionellen Journalismus vor großen Herausforderungen „verstört“ und „interessenverseucht“ und fordert, dass Journalisten „heute auf neue Weise mit neuen Instrumenten arbeiten und für ein neues Publikum auf neue Ziele hinarbeiten“ müssten.

2. „Wikipedia ist eine sexistische Männerwelt“
(welt.de, Hannes Stein)
Hannes Stein beobachtet, dass man in der Wikipedia viel über Pornodarstellerinnen erfährt, aber wenig über Dichterinnen. Einen Grund dafür, dass wir „mehr über Pornoaktricen als über die große Dichterin Helga M. Novak“ erfahren sieht Hannes Stein darin, dass die Wikipedia eine „Männerdomaine“ sei. Bettina Hammer widerspricht auf Telepolis und wirft Hannes Stein „Clickbait“, wenig überzeugende Argumente und Sexismus vor.

3. „… sonst bring ich dich um!“
(bzw-weiterdenken.de, Brigitte Leyh)
Brigitte Leyh weist auf eine Studie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hin, laut der „Gewalt und Gewaltdrohung im Kontext etwa jeder zehnten Trennung und Scheidung“ auftritt. Von den 313 Frauen, die in 2011 einem Mord oder Totschlag zum Opfer gefallen seien, sei bei fast jeder zweiten, nämlich 154, der mutmaßliche Täter ihr Ehemann bzw. Freund oder Lebenspartner. Das alles fände weitgehend ohne ein öffentliches Problembewusstsein statt. Laut der Studie des Familienministeriums sei Gewalt gegen Frauen auch kein Unterschichtenphänomen, häusliche Gewalt „findet tatsächlich – weitgehend unbemerkt – in der Mitte der Gesellschaft statt.“

4. „Silicon Valley versucht Journalismus“
(zeit.de, Patrick Beuth und Johannes Wendt)
Patrick Beuth und Johannes Wendt über den Versuch von Apple, Facebook, Twitter und Google Nachrichtenangebote zu entwickeln und mit etablierte Medien zu kooperienen:

Die Technikunternehmen versuchen […] Nutzer innerhalb ihrer jeweiligen Ökosysteme zu halten. Sie wollen die Verweildauer und Aktivität innerhalb ihrer Angebote erhöhen, und damit auch die Markenverbundenheit und Werbeeinnahmen. Das alles geschieht zu einer Zeit, in der es mehr Konkurrenz, mehr Nischenangebote und damit gewissermaßen mehr Fliehkräfte gibt als je zuvor.

5. „Hört erst mal auf zu koksen!“
(tagesspiegel.de, Fabian Federl)
Fabian Federl weist darauf hin, dass es weder Fair-Trade-Koks, noch pazifistisches Koks gebe:

Drogen zu kritisieren, wird in Berlin gern als spießig oder lustfeindlich wahrgenommen. Deshalb noch mal deutlich: Mir ist es egal, wer was wann nimmt. Ich halte es nur für unerträglich verlogen, wenn mir jemand moralisch überlegen daherkommt, während in seinen Schleimhäuten Blut von ermordeten Mexikanern klebt.

6. “Read Jon Stewart’s blistering monologue about race, terrorism and gun violence after Charleston church massacre”
(washingtonpost.com, Emily Yahr, englisch)
Abschrift des Eröffnungsmonologs von Jon Stewart in der Daily Show vom 18. Juni 2015.

Der Photoshopper bleibt am Ball

“Unser Fotograf hat schon wieder nicht den Ball mit aufs Bild bekommen.” — “Kein Ding, ich mach’ das.”

Danke an Rolli R.

***

Kein Wunder!

Danke an Carolin S.

***

Frage beantwortet.

Danke an Jutta N.

Sehen alle gleich aus (10)

Der chilenische Fußballnationalspieler Arturo Vidal ist für flotte Muster in seinen kurzen Haaren immer zu haben. Das wissen sicher auch die Fußballerfrisurenfans bei “Bild” und Bild.de.

Nun hat Vidal vor einigen Tagen betrunken einen Autounfall gebaut. Und soll ohne jegliches Haarmuster vor Gericht erschienen sein:



Doch keine Sorge: Vidal hat noch immer Sterne am Hinterkopf. Das Foto, das “Bild” und Bild.de verwendeten, zeigt nämlich gar nicht Arturo Vidal, sondern seinen Bruder Sandrino. Steht so auch in der Bildbeschreibung der Agentur:

Sandrino Vidal (R), brother of Chile’s national team player Arturo Vidal (not pictured)

Mit Dank an Manuel

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