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Schlesinger und die Folgen, Schuler wird’s zu bunt, Die Masken fallen

1. “Der RBB ist keine Konservenfabrik”
(taz.de, Johannes Drosdowski)
Leonard Novy ist Direktor des Instituts für Medien- und Kommunikationspolitik und einer der ­­­­Köpfe der Initiative “Unsere Medien”, die sich seit 2021 für mehr Transparenz und nachhaltige Reformen im öffentlich-recht­lichen Rundfunk einsetzt. In der “taz” fordert er mit Blick auf die Affäre um Patricia Schlesinger eine schnelle und transparente Aufklärung: “Wo ist die Überblicks-Website mit in Prüfung befindlichen Vorwürfen, bereits vorliegenden Ergebnissen und getroffenen Maßnahmen? Dort sollten nicht nur wie bislang einzelnen Beiträge hochgeladen werden, sondern der RBB als Institution muss sich dort den Vorwürfen stellen.”
Im Interview mit der dpa äußert sich ARD-Chef Tom Buhrow zum Schlesinger-Fall: “Wir sind alle in der ARD inzwischen enttäuscht und auch wütend.”
Beim “Tagesspiegel” warnt Frank Überall, Bundesvorsitzender des Deutschen Journalisten-Verbands, vor zu überhasteten Entscheidungen bezüglich des Ausscheidens der Ex-Intendantin: “Es ist viel zu früh für eine endgültige Regelung in Sachen Schlesinger-Gehalt. Der Rundfunkrat sollte keine Entscheidungen treffen, die dem Sender nachhaltig schaden.”
Konrad Weber nimmt den Vorgang zum Anlass, die Strukturen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu überdenken: Diese 10 Baustellen muss die ARD nun dringend angehen.
Außerdem gibt es zwei empfehlenswerte Hörbeiträge: Im Deutschlandfunk wird darüber diskutiert, wie es für rbb und ARD weitergehen könnte beziehungsweise sollte. Zugeschaltet sind rbb-Programmdirektor Jan Schulte-Kellinghaus, die rbb-Personalratsvorsitzende Sabine Jauer und der Medienjournalist Christoph Sterz (deutschlandfunk.de, Sandro Schroeder, 45:05 Minuten).
Und im radioeins-“Kommentatoren-Talk” sprechen verschiedene Expertinnen und Experten über die Causa Schlesinger und die sich nun stellenden Fragen. Es diskutieren Annette Dittert (Leiterin ARD-Studio London), Nikolaus Blome (Ressortleiter Politik bei RTL), Stefan Niggemeier (Medienjournalist bei “Übermedien”) und Oliver Kalkofe (Kabarettist und Mediensatiriker) (radioeins.de, Marco Seiffert, Audio: 1:49:40 Stunden).

2. Schuler wird’s zu bunt
(sueddeutsche.de, Moritz Baumstieger & Anna Ernst)
Mit einem Brandbrief hat sich Ralf Schuler, Leiter des “Bild”-Parlamentsbüros, von seinem Arbeitgeber verabschiedet. Wegen Richtungsentscheidungen, die er “nicht mittragen kann und möchte”, wolle er das Haus verlassen. Schuler kritisiert unter anderem die vor dem Axel-Springer-Gebäude wehende Regenbogenfahne und lässt den Eindruck aufkommen, “Bild” sei ihm zu woke. Wohin es Schuler zieht, sei noch nicht bekannt. Außerdem bestehe der Verlag darauf, dass Schuler bis zum Ablauf der Kündigungsfrist Ende März 2023 für das Blatt arbeitet, was von Schuler “als äußerst undankbarer Akt” empfunden werde.

3. Rushdie auf dem Weg der Besserung
(tagesschau.de)
Als der Autor Salman Rushdie vor wenigen Tagen bei einer Veranstaltung im Bundesstaat New York über verfolgte Künstlerinnen und Künstler sprechen wollte, wurde er von einem 24-jährigen Angreifer mit einem Messer attackiert und schwer verletzt. Der damalige iranische Revolutionsführer Ajatollah Chomeini hatte im Jahr 1988 zur Tötung des Autors aufgerufen. Rushdie befindet sich nach Angaben seines Agenten auf dem Weg der Besserung, werde sein verletztes Auge aber wahrscheinlich verlieren.

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4. Die Masken fallen – HoGeSatzbau
(veto-mag.de, Melanie Skurt)
Nach acht Jahren in der Anonymität lassen die Anti-Rechts-Aktivisten von “Hooligans gegen Satzbau” ihre Masken fallen, geben ihre Identitäten preis und ziehen sich aus dem Projekt zurück. Wer steckt hinter den weißen Sturmhauben? Und wie geht es jetzt weiter? Melanie Skurt hat das Aktivistenpärchen zu Hause besucht und eine spannende Reportage geschrieben.

5. “Nicht das Gesicht verziehen, ich muss”
(faz.net)
Im “ZDF-Fernsehgarten” hat Moderatorin Andrea Kiewel den Eindruck entstehen lassen, es bestehe senderseits eine Anweisung zum Gendern (“Nicht das Gesicht verziehen, ich muss”). Dem widerspricht nun das ZDF: “Es gibt definitiv keine Anweisung zum Gendern im ‘ZDF-Fernsehgarten’. Andrea Kiewel ist es ein persönliches Anliegen alle anzusprechen, daher verwendete sie diese Formulierung im Zusammenhang mit ‘muss’.”
Update: Die “FAZ”-Redaktion hat den Beitrag in der Zwischenzeit hinter die Paywall gestellt.

6. Schock: Klatsch-Redakteur rutscht bei Matthias Reims Frau die Schreibhand aus
(uebermedien.de, Mats Schönauer)
“Ein neuer Schock, ein raffinierter Baby-Plan und jede Menge Lebensgefahr: Tauchen Sie wieder ein in die wilde Welt der Knallpresse – und versuchen Sie zu erraten, welche Überschrift die Blätter aus scheinbar winzigen Nachrichtenkörnchen gezaubert haben.” Bei “Übermedien” lädt Mats Schönauer erneut zum fröhlichen Schlagzeilenbasteln.

Untauglicher Schutz, Weg von Sendeplätzen, Verkaufte Globes

1. Untaugliche Pläne für Whistleblower-Schutz
(verdi.de, Daniel Moßbrucker)
Daniel Moßbrucker erläutert kenntnis- und detailreich, warum der neue Gesetzentwurf zum Umgang mit Whistleblowern aus seiner Sicht enttäuschend ist. Sein bitteres Fazit: “Die letzten Hoffnungen, doch noch eine bessere gesetzliche Regelung für Whistleblower zu schaffen, ruht nun auf den Bundestagsfraktionen, die den Beschluss der Bundesregierung hoffentlich ausgiebig diskutieren werden.”
Weitere Lesehinweise: Der bereits gestern in den “6 vor 9” verlinkte Beitrag “Entwurf lässt Hinweisgebende im Stich” (netzpolitik.org, Tomas Rudl) sowie die Stellungnahme des Deutschen Journalisten-Verbands.

2. “Wir müssen weg von Sendeplätzen denken”
(journalist.de, Catalina Schröder)
Florian Hager ist seit Anfang März Intendant des Hessischen Rundfunks. Im “journalist”-Interview erläutert Hager, der zuvor das öffentlich-rechtliche Jugendangebot “Funk” mitaufgebaut hat, seine Pläne für die Umstrukturierung des Senders. Das betrifft immerhin etwa 1.700 Festangestellte und mehr als 900 freie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Zum Schluss geht es noch um die Frage, was Hager aus seinem früheren Job als Kneipenwirt in Portugal für seine heutige Position mitnehmen konnte.

3. “The Atlantic” wird 165
(deutschlandfunk.de, Brigitte Baetz, Audio: 6:11 Minuten)
Brigitte Baetz blickt im Deutschlandfunk auf die 165-jährige Geschichte des Magazins “The Atlantic” zurück, eine der wichtigsten Publikationen in den USA. Die Existenz des Magazins sei in den vergangenen Jahren immer wieder gefährdet gewesen. Als rettend hätte sich das sogenannten metered model erwiesen, bei dem die Nutzerinnen und Nutzer kostenlosen Zugriff auf eine bestimmte Anzahl eigentlich kostenpflichtiger Inhalte haben, aber auch die verstärkte Aufmerksamkeit während der Trump-Jahre.

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4. Neue Galgenfrist für den Werbe-Cookie
(spiegel.de)
Im Markt für Onlinewerbung gibt es heftiges Gerangel um die Existenz der Werbe-Cookies. Verschiedene Player mit unterschiedlichen Interessen versuchen, alternative Modelle durchzusetzen. Das gestalte sich jedoch auch für einen Internet-Giganten wie Google schwierig. Dort habe man den geplanten Umbau der Onlinewerbung von 2023 auf das Jahr 2024 verschoben.

5. “Es lohnt sich, in Geschichten zu investieren”
(blog.medientage.de, Cathrin Hegner)
Als Betreiberin eines Marktforschungsunternehmens beschäftigt sich Ines Imdahl unter anderem mit den Motiven für die Mediennutzung und mit Werbewahrnehmung. Im Interview mit dem Blog der Medientage München wird klar, wie schnell im Videozeitlalter eine “emotionale Reaktion” hergestellt werden müsse: “Ein Tutorial auf YouTube anzuschauen, kann heute schon als intensive Auseinandersetzung mit einem Thema gelten. Die Onlinevideos werden immer kürzer. Bei Instagram findet man noch einminütige Reels, bei TikTok sind die Top-viralen Videos gerade mal sieben Sekunden lang.” Was davon beim jungen Zielpublikum hängen bleibt, scheint jedoch eine andere Frage zu sein: “Wenn wir heute Probanden eine halbe Stunde TikTok oder Instagram gucken lassen, können sie sich hinterher an kaum etwas erinnern, unabhängig davon, ob es um Werbung oder andere Inhalte geht.”

6. Gehalt statt Geschenke
(sueddeutsche.de, Jürgen Schmieder)
Die Hollywood Foreign Press Association (HFPA) verkauft die Rechte an den Golden Globes an einen Milliardär. Jürgen Schmieder erklärt, mit wem man es auf Seiten des Verkäufers zu tun hat: “Die HFPA, die seit 1944 die Golden Globes vergibt und damit ihre Relevanz festigt, ist eine Vereinigung, deren Mitglieder sich bis an die Grenze der Bestechlichkeit (vielleicht auch darüber hinaus) einladen und beschenken lassen, journalistische Standards für eher nervig halten und offenbar kein Problem damit haben, dass keines der damals 87 Mitglieder schwarz ist.”

Deutsche Welle in Russland, Olympia 2022, Facebook muss Urteil posten

1. Auswärtiges Amt sieht deutsch-russische Beziehungen erneut belastet
(zeit.de)
Erst kürzlich wurde dem russischen Staatssender RT DE (früher: Russia Today) das Senden in Deutschland untersagt, weil keine entsprechende Lizenz vorliege. Nun hat die russische Regierung ein Sendeverbot für die Deutsche Welle in Russland erteilt und lässt das Moskauer Büro des deutschen Auslandssenders schließen. Eine Sprecherin des deutschen Auswärtigen Amts sagte zu dem Vorgang: “Die Maßnahmen, die die russische Regierung heute gegen die Deutsche Welle angekündigt hat, entbehren jeglicher Grundlage und stellen eine erneute Belastung für die deutsch-russischen Beziehungen dar”.
Weiterer Lesehinweis: Frank Überall, Bundesvorsitzender des Deutschen Journalisten-Verbands (DJV), kritisiert die Drohungen des russischen Außenministeriums gegen deutsche Medien und bezieht sich dabei auch explizit auf das verwendete “Kriegsvokabular”. Die Entscheidung gegen RT DE sei zudem nicht von deutschen Behörden, sondern von der unabhängigen Medienaufsicht getroffen worden. “Hier gibt es nichts zu vergelten”, so der DJV-Chef. (djv.de, Hendrik Zörner)

2. Olympia 2022: Wie Pandemie und Polizei die Medien behindern
(ndr.de, Zapp, Fritz Lüders & Mandy Mülling, Video: 12:33 Minuten)
Totale Überwachung, totale Kontrolle: Die chinesische Staatsführung tut alles, um eine unabhängige Berichterstattung über Land und Leute zu erschweren. Dies gilt auch und besonders für die anstehenden Olympischen Spiele in Peking. “Zapp” hat sich mit Athleten und Funktionären über die erschwerten Bedingungen unterhalten.

3. Facebook muss Gerichtsurteil auf seiner Startseite veröffentlichen
(spiegel.de)
Ein Wiener Gericht hat Facebook angewiesen, beleidigende Inhalte gegen eine ehemalige österreichische Grünen-Politikerin weltweit zu löschen. Bemerkenswert: Facebook muss über dieses Urteil mit einem Banner informieren und diese Information sechs Monate auf seiner Homepage stehen lassen. Das Unternehmen sei der Anweisung nachgekommen, das Banner sei jedoch nur für diejenigen sichtbar, die Facebooks aus Österreich aufrufen, ohne bei dem Sozialen Netzwerk eingeloggt zu sein. Der Streit zwischen der ehemaligen Politikerin und Facebook habe sich über fünf Jahre hingezogen.

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4. Sport-Streaming: Für die Verbraucher wird es immer teurer
(deutschlandfunk.de, Timur Gökce & Sören Brinkmann, Audio: 6:57 Minuten)
Der Sportstreamingdienst DAZN verdoppelt seine Preise für Neukunden und Rückkehrer – von 14,99 Euro auf 29,99 Euro pro Monat. Kritiker sähen die Preiserhöhungen skeptisch. Es bestehe die Gefahr, dass Kunden abspringen, zumal diese jetzt schon viel Geld zahlen müssen, um beispielsweise bei verschiedenen Anbietern alle Spiele der Fußball-Bundesliga und der Fußball-Champions-League sehen zu können.

5. Elternabende zu Fake News: neues Angebot des Referentennetzwerks zum Safer Internet Day
(blmplus.de, Bettina Pregel)
Anlässlich des Safer Internet Day 2022 am 8. Februar bietet die Stiftung Medienpädagogik Bayern den neuen Elternabend “Fake News – Moderne Lügen und Desinformation” an. Außerdem werde es in der Aktionswoche rund 20 Online-Elternabende zu Digitalthemen geben, die durch die Bayerische Landeszentrale für neue Medien mitfinanziert werden.

6. CNN-Chef Jeff Zucker tritt zurück
(sueddeutsche.de, Jürgen Schmieder)
Eigentlich wollte CNN-Chef Jeff Zucker zum Jahresende ohnehin aufhören, doch nun tritt er sofort zurück. Der Grund: Zucker hatte eine Beziehung zu einer hochrangigen Mitarbeiterin nicht öffentlich gemacht.

“eXXpress” gegen Klenk, Nominiert, Show-Dinos sind wieder da

1. “eXXpress” gegen Klenk
(taz.de, Ralf Leonhard)
Ralf Leonhard, Österreich-Korrespondent der “taz”, erklärt die Hintergründe um den jüngsten Medienskandal der Alpenrepublik: Das noch recht neue österreichische Boulevardmedium “eXXpress” versuche sich derzeit an einem “Meisterstück von Rufmord und politischer Intrige”. Das Onlinemagazin wolle offenbar gleichzeitig die Korruptionsstaatsanwaltschaft und Florian Klenk, den Chefredakteur des “Falter”, in Misskredit bringen.

2. Nominierungen: Deutscher Reporter:innen-Preis 2021
(reporter-forum.de)
Das “Reporter:innen-Forum” hat mittlerweile alle Nominierungen für den “Reporter:innen-Preis 2021” veröffentlicht. Die Kategorien lauten: Beste Investigation, Beste Sportreportage, Datenjournalismus, Beste Lokalreportage, Multimedia, Kulturreportage, Bester Podcast, Beste Wissenschaftsreportage, Freie:r Reporter:in und Essay. Die Bekanntgabe der Gewinnerinnen und Gewinner erfolgt am Montag, 6. Dezember, um 20 Uhr auf Zoom. Tipp des “6-vor-9”-Kurators: Die Nominierungsliste bietet hochqualitativen Lesestoff und lohnt ein Abspeichern in den Favoriten.

3. Wie lässt sich die Klimakrise besser erklären?
(deutschlandfunkkultur.de, Teresa Sickert & Tim Wiese, Audio: 15:52 Minuten)
Die Berichterstattung über das Klima stellt eine besondere Herausforderung dar: Wie kann es gelingen, ein so komplexes Thema wie den Klimawandel verständlich zu vermitteln? Darüber hat sich Deutschlandfunk Kultur mit Laura Spengler vom Umweltbundesamt sowie der Journalistin Sara Schurmann unterhalten, die auch Medien in Fragen rund um die Klimaberichterstattung berät.

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4. Verleger erwarten Vertriebsförderung
(verdi.de, Günter Herkel)
Die deutschen Zeitschriftenverleger würden sich von der nächsten Bundesregierung verlässliche Rahmenbedingungen für gedruckte und digitale Medien wünschen. Dazu gehöre auch eine “diskriminierungsfreie Vertriebsförderung” der periodischen Presse, so der Präsident des Verbands Deutscher Zeitschriftenverleger auf dem diesjährigen Branchentreff “Publishers’ Summit”. Günter Herkel fasst zusammen, was auf der Konferenz sonst noch gesagt wurde.

5. Von wegen ausgestorben: Die Show-Dinos sind wieder da
(dwdl.de, Peer Schader)
Verschiedene TV-Sender reaktivieren ihre Unterhaltungsklassiker von damals, jüngstes Beispiel ist die “Wetten, dass ..?“-Ausgabe vom Wochenende. Peer Schader kommentiert: “Alles war wie immer, und gleichzeitig so wahnsinnig langsam, dass man schon nach einer Dreiviertelstunde, als gerade ein süßer Hund enthusiastisch Verpackungsmaterialien in die richtigen Mülltonnen trennte, eine sehr konkrete Ahnung davon bekam, warum diese Art der TV-Unterhaltung irgendwann ausgestorben ist.”

6. “Wetten, dass..?”, Medikamente für Covid-Patienten, „Stranger Things“
(meedia.de, Jens Schröder)
Im “Social Media Radar” von “Meedia” hat Jens Schröder unter anderem das Netzverhalten nach der “Wetten, dass ..?”-Comeback-Sendung ausgewertet und eine Rangliste der Wikipedia-Suchanfragen erstellt. Die beherrschenden Twitter-Themen des Wochenendes seien außerdem Medikamente für Covid-Patienten und der Trailer zur vierten Staffel der Netflix-Serie “Stranger Things” gewesen.

Mehr und weniger Transparenz, Appell an Koalition, Wilhelma-Visionen

1. CORRECTIV setzt sich gegen Bundesrechnungshof durch: Bundesbehörde ist zur Auskunft gezwungen
(correctiv.org)
Sieben Jahre lang hat “Correctiv” für mehr Transparenz beim Bundesrechnungshofs gekämpft und dafür durch die Instanzen bis zum Bundesverwaltungsgericht geklagt. Mit Erfolg: Der Bundesrechnungshof müsse erklären, welche Fälle er überprüft und was er beim Bundeskanzleramt, beim Verkehrs-, beim Wirtschafts- und beim Umweltministerium bemängelt hat. Der Vorsitzende des Deutschen Journalisten-Verbands kommentiert: “Das ist ein ermutigender Sieg der Pressefreiheit über die kleinkarierte Geheimhaltungs-Taktik einer Bundesbehörde. Ich gratuliere Correctiv zu diesem Erfolg. Gleichwohl ist es für ein demokratisches Land eine Schande, dass hier überhaupt Gerichte bemüht werden mussten. Die neue Bundesregierung muss deshalb endlich ein Presseauskunftsrecht auf Bundesebene etablieren.”
Weiterer Lesehinweis: An anderer Stelle sieht es nicht so gut aus für Transparenz und Informationsfreiheit: Innenministerium muss Twitter-DMs nicht herausgeben (netzpolitik.org, Alexander Fanta & Markus Reuter).

2. Appell an künftige Koalition
(djv.de, Hendrik Zörner)
Mehrere Organisationen, darunter der Deutsche Journalisten-Verband und der Deutsche Fachjournalisten-Verband, haben sich in einem offenen Brief an die möglichen Koalitionäre von SPD, Grünen und FDP gewandt: “Mit unzähligen Überwachungsgesetzen hat die ‘Große Koalition’ die Grund- und Freiheitsrechte schwer beschädigt. Von einem ‘Ampel’-Koalitionsvertrag mit den Parteien SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erwarten wir eine Beseitigung der schädlichsten Altlast der ‘Großen Koalition’, nämlich der Vorratsdatenspeicherung von Telekommunikationsdaten in Deutschland.”

3. Wolfgang Blau: “Hohe Summen werden investiert, um Desinformationen über die Klimakrise zu verbreiten”
(derstandard.at, Oliver Mark)
Wolfgang Blau ist nicht nur langjähriger Journalist und Medienmanager, sondern auch Mitgründer des Oxford Climate Journalism Network. Im Interview mit dem österreichischen “Standard” bezeichnet er den Klimawandel als die größte Herausforderung, mit der der Journalismus jemals konfrontiert war, und fordert: “Eine Redaktion braucht Klimaexpertinnen, und gleichzeitig müssen – ich verwende das Wort müssen so selten wie möglich -, gleichzeitig müssen alle Mitglieder einer Redaktion zumindest Grundwissen zur Klimakrise erwerben. Das ist nötig, weil die Klimakrise sich auf jeden Bereich des Journalismus auswirken wird.”

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4. Die Deutsche Digitale Bibliothek startet das Deutsche Zeitungsportal mit zentralem Zugang zu historischen Zeitungen von 1671 bis 1950
(deutsche-digitale-bibliothek.de)
“Entdecken Sie historische Zeitungen aus den Jahren 1671 bis 1950!” Die Deutsche Digitale Bibliothek schaltet mit dem Deutschen Zeitungsportal einen zentralen Zugang zu digitalisierten historischen Zeitungen aus Kultur- und Wissenseinrichtungen frei. Eine wunderbare Quelle für private, berufliche oder wissenschaftliche Recherchen. Und das Beste: Alles davon ist kostenfrei zugänglich.

5. Neuer “Bild”-Chefredakteur Johannes Boie will Kultur grundlegend ändern
(rnd.de)
Der neue “Bild”-Chefredakteur Johannes Boie wolle sich laut einer Interview in der “Süddeutschen Zeitung” (nur mit Abo lesbar) für eine grundlegende Änderung des Redaktionsklimas bei der Boulevardzeitung einsetzen. Das bedeute ein empathisches Miteinander, “ohne die für ‘Bild’ typische Härte – auch in der politischen Linie – nach außen zu verlieren”. Inhaltlich wolle Boie bei “Bild” jedoch nichts grundlegend ändern.

6. Laut BILD sind im Haushalt 452 Millionen für die #Wilhelma drin.
(twitter.com/FinanzenBW)
Die “Bild”-Zeitung wettert in einem Empörartikel in der Stuttgart-Ausgabe gegen staatliche Verschwendung (“Immer raus mit der Kohle. Wir haben’s ja!”). Für den zoologisch-botanischen Garten der Stadt, die Wilhelma, seien angeblich mehr als 450 Millionen Euro eingeplant. In Wahrheit beträgt das Budget jedoch nur etwa 450.000 Euro, also ein Tausendstel der genannten Aufregersumme. Das Finanzministerium von Baden-Württemberg nimmt den Fehler der “Bild”-Redaktion auf Twitter mit Humor und überlegt, was man mit dem vielen Geld alles anschaffen könnte.

Neue Facebook-Enthüllungen, Mai This klare Kante, Echt “cringe”

1. Neue Enthüllungen zu Facebooks Umgang mit Hass
(zeit.de)
Nach den Enthüllungen einer ehemaligen Facebook-Managerin geht es weiter mit den schlechten Nachrichten für das Soziale Netzwerk. Ein ehemaliger Mitarbeiter habe offenbar Beschwerde bei der Börsenaufsicht eingelegt. Facebook habe problematische Inhalte zugelassen, um Geschäftsinteressen zu schützen. Womöglich hätte der Konzern sogar den Sturm auf das US-Kapitol verhindern können, für den sich Anfang des Jahres Hunderte von militanten Trump-Unterstützern in Washington zusammengerottet hatten.

2. Döpfner bedauert – und bittet Zeitungsverlage weiter um Unterstützung
(uebermedien.de, Stefan Niggemeier)
Mathias Döpfner hat sich mit einem Rundschreiben an die deutschen Zeitungsverlage gewandt und auf die Forderung reagiert, er solle als Präsident des Zeitungsverlegerverbandes BDZV zurücktreten: “Sie alle wissen, dass meine kritisierten Äußerungen – Stichworte: DDR-Obrigkeitsstaat und PR-Assistenten – in einer privaten SMS gefallen sind. Sie war Teil eines vertraulichen Dialogs. Worte werden dabei gewöhnlich – Sie werden das nachempfinden können – nicht auf die Goldwaage gelegt.” Er bitte die Verlage darum, ihn weiter zu unterstützen.

3. YouTube serviert freiwillige Helfer:innen ab
(netzpolitik.org, Sebastian Meineck)
Seit Jahren helfen unbezahlte Freiwillige als Trusted Flagger auf Youtube bei der Löscharbeit. Millionen Videos haben sie schon gemeldet. Jetzt hat sich Youtube offenbar kommentarlos von einigen getrennt und setzt lieber auf automatische Erkennung von Videos durch Algorithmen. netzpolitik.org hat mit zwei Trusted Flaggern gesprochen und den Mutterkonzern Google zu dem Vorgehen befragt.

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4. Fürs kritische Denken
(sueddeutsche.de, Lena Reuters)
Die Wissenschaftsjournalistin und erfolgreiche Youtuberin Mai Thi Nguyen-Kim verbindet in ihrer neuen ZDF-Show Unterhaltung mit Aufklärung. Lena Reuters hat sich die erste Folge angesehen und war, von kleinen Schwächen abgesehen, recht angetan: “Klare Kante zeigen und unterhalten schließen sich nicht aus.”

5. Reportagen: Schluss mit dem journalistischen Selbstbetrug!
(mediummagazin.de, Manuel Stark)
Nach Ansicht von Manuel Stark hat der Reportagejournalismus in Deutschland ein gefährliches Problem: Er reduziere Menschen auf Schablonen, damit die Leserschaft redaktionelle Thesen besser schluckt. Starks Forderung: “Sobald ein Mensch nur als möglichst thesentreffende Schablone interessiert, ist es ehrenwerter, gleich eine Figur zu erfinden. Die Regeln ließen sich dann immer noch einhalten, indem man die erfundenen Passagen mit Transparenzphrasen wie ‘so oder ähnlich’ abschließt. Ehrlicher wäre das allemal.”

6. Echt “cringe”: So reagieren Dr. Oetker, McDonald’s und das Umwelt­ministerium auf das Jugendwort
(rnd.de, Inga Schönfeldt)
Das Jugendwort des Jahres lautet “cringe”. Eine Nachricht, auf die viele Institutionen und Unternehmen in den Sozialen Medien reagierten. Und das ist teilweise ganz lustig.

Empörung über Aussagen, die “Bild” aus dem Zusammenhang reißt, ist am billigsten

In den vergangenen Tagen konnte man gut beobachten, wie die “Bild”-Redaktion manipuliert, um an eine Geschichte zu kommen, und wie sehr sie Aussagen aus dem Zusammenhang reißt und verdreht, um skandalisieren zu können.

Es sei ein “DREISTER SPARTIPP VON KATARINA BARLEY”, empörte sich “Bild” am Dienstag. Die Aussage der SPD-Politikerin in der Talkrunde “Hart aber fair” scheine “mehr als weltfremd”, es handele sich um einen “Arroganz-Anfall”:

Screenshot Bild.de - Hammerpreise fürs Heizen - Arroganz-Anfall von SPD-Politikerin Katarina Barley - Kilowattstunde, die ich nicht verbrauche, ist am billigsten

In dem Artikel schreibt das “Bild”-Trio Peter Tiede, Sebastian Ahlefeld und Lou Siebert:

Mit einer dreisten Äußerung überraschte SPD-Politikerin und EU-Vizepräsidentin Katarina Barley (52) bei “Hart aber fair” (ARD). Am Montagabend diskutierte sie mit zum Thema Inflation und Energiepreise.

Tanken, Heizen und Lebensmittel sind deutlich teurer geworden – das stieß auch einem Zuschauer übel auf. Barley hielt ihm einen dreisten Tipp entgegen: “Die Kilowattstunde, die ich nicht verbrauche, ist am billigsten.”

Was die Politikerin damit offenbar sagen wollte: Wir sind selbst schuld, wenn wir zu hohe Rechnungen bekommen! Einfach mal die Heizung abdrehen und Licht ausschalten, um unter dem Strich angeblich noch Geld zu sparen?

Oder zusammengefasst in der Artikel-Überschrift:

Screenshot Bild.de - Dreister Spartipp von Katarina Barley - Strom zu teuer? Einfach weniger Energie verbrauchen

So viel schon mal jetzt: Katarina Barley hat bei “Hart aber fair” nicht derartige Tipps gegeben.

Aber erstmal weiter mit der großen Empörung. Die “Bild”-Redaktion konnte auch einen Politiker einspannen:

Unions-Fraktionsvize Thorsten Frei (48) zu BILD: “Die Menschen haben begründete Sorge vor steigenden Energiepreisen. Wer diese Sorgen mit einem Aufruf zu mehr Sparsamkeit beantwortet, behandelt die Menschen abfällig und verächtlich. Frau Barley scheint zu glauben, dass die Menschen aus dem Fenster heizen und noch beträchtliche Einsparmöglichkeiten hätten. Wer das annimmt, hat die Bodenhaftung verloren.”

Gestern legte “Bild” nach:

Ausriss Bild-Zeitung - So verhöhnt die Politik den einfachen Bürger

Nikolaus Harbusch, Hans-Jörg Vehlewald und Peter Tiede schrieben dazu:

Deutschland stöhnt unter dramatisch steigenden Strom-, Heiz- und Spritkosten! Rentner, Geringverdiener und Pendler wissen nicht, wie sie über den Winter oder zur Arbeit kommen sollen!

Und was sagt die einstige Arbeiterpartei SPD dazu?

Spitzengenossin Katarina Barley (52) glänzt im WDR-Talk “Hart aber fair” mit Luxus-Ratschlägen: “Die Kilowattstunde, die am billigsten ist, ist die, die man nicht verbraucht.” Wer sich “neue Fenster” einbaut oder “gedämmt hat”, der komme “voll in den Genuss” staatlicher Förderung und könne jubeln: “Hey, jede Stunde, die jetzt teurer ist, habe ich mehr gespart” (…)

Für die Bürger, die sich vor dem teuersten Winter seit Jahrzehnten sorgen, müssen solche Sprüche wie Hohn klingen. Sollen sie sich nach der Corona-Krise noch verschulden für Solartechnik, Heizungssanierung oder Wärmedämmung?

Auch wenn die bis hierher erschienenen Artikel zu dem Thema nicht gerade meinungsschwach waren, veröffentlichte “Bild” zusätzlich auch noch einen Kommentar zu Barleys “Hart-aber-fair”-Auftritt:

Screenshot Bild.de - Der blanke Hohn

Julius Böhm schrieb über die “hochnäsigen Sprüche” der SPD-Politikerin:

Geht’s noch abgehobener? (…)

“Die Kilowattstunde, die am billigsten ist, ist die, die man nicht verbraucht”, empfahl Katarina Barley. Ihre Spar-Tipps: neue Fenster, Wärmedämmung.

Natürlich sparen Modernisierungs-Maßnahmen langfristig Geld. Doch für Millionen Normalverdiener sind solche Tipps der blanke Hohn. Und Rentner kriegen für solche Investitionen ohnehin keinen Kredit von der Bank.

Für alle, die am Monatsende jeden Euro umdrehen müssen und kein Geld für Dämmung, eine neue Heizung oder stromsparende Elektrogeräte haben, heißt Barleys Spar-Tipp übersetzt: Dann heizt weniger und macht das Licht aus!

Und auch bei “Bild TV” regen sie sich über Katarina Barley auf. Moderator Kai Weise sagt mit Blick auf die derzeit steigenden Energiepreise:

Es gibt immer mehr, die sagen: “Ist doch gut so. Ist doch genau das, was wir wollten.” Und auch die SPD-Politikerin, frühere Justizministerin Katarina Barley, heute in Europa unterwegs, hat diesen Satz bei den Kollegen von “Hart aber fair”, bei Frank Plasberg gesagt.

Es folgt eine Szene aus der “Hart-aber-fair”-Sendung. Weise im Anschluss:

Also das ist die Haltung von vielen Politikern aktuell. Die sagen: “Genau das wollten wir doch. Und jetzt, wenn’s euer Problem ist, dass ihr es euch nicht leisten könnt, dann verbraucht doch einfach weniger.”

“Bild”-Parlamentsbüro-Leiter Ralf Schuler, der ebenfalls im “Bild-TV”-Studio steht, ergänzt:

Absolut. Und wenn’s kein Brot gibt, kann man Kuchen essen. Also, die Sozialdemokratie an der Seite zu haben, da hat man aber echt ein Pfund. Ich mein’, da spricht wirklich eine Blinde von der Farbe.

Soweit die große “Bild”-Aufregung. Zwei Dinge haben die Empörten gemeinsam: Sie sind ganz doll aufgebracht. Und sie haben sich die “Hart-aber-fair”-Folge, wenn überhaupt, nicht besonders aufmerksam angeschaut (oder noch schlimmer: Sie haben sie sich aufmerksam angeschaut und behaupten bewusst Falsches).

Für die Einordnung von Barleys Aussage zur Kilowattstunde, die am billigsten ist, ist der Kontext wichtig, den man in der “Bild”-Berichterstattung an keiner Stelle korrekt wiedergegeben findet: “Hart-aber-fair”-“Zuschaueranwältin” Brigitte Büscher liest gerade eine Reaktion eines Zuschauers vor (ab Minute 50:07):

Screenshot Hart aber fair

Das ist noch eine sehr spannende Geschichte von Joop van Zee. Er hat uns nämlich geschrieben: Er hat versucht, alles richtig zu machen. Er hat mehrere Beispiel genannt. Er hat gesagt, er hat ein Haus, da hat er eine neue Gasheizung eingebaut. Dann hat er mehrere hundert Euro sparen können und, bums, jetzt gehen die Preise hoch, und kommt für sich dann zu diesem Schluss. Er sagt: “Kostenexplosionen mit Einsparungen zu begegnen, ist so das dämlichste Argument, was ich kenne.”

Moderator Frank Plasberg übernimmt:

Haben Sie das eigentlich im Auge, Frau Barley oder Herr Ramsauer oder auch Frau Neubaur als aktive Politiker, dass man tatsächlich, wenn Menschen das begriffen haben und auch in die Energiewende wirklich investiert haben, jetzt gucken und sagen: “Schwupp, ist weg durch gestiegene Preise.” Was macht das mit der Bereitschaft für andere, denen dann auch zu folgen?

Erst antwortet CSU-Politiker Peter Ramsauer:

Es hätte deswegen auch “Schwupp” gemacht, ganz genauso hätte es “Schwupp” gemacht. (…) Deswegen, weil es “Schwupp” gemacht hat, kann es ja im Nachhinein nicht unbedingt falsch sein, dass zum Beispiel der Umstieg von alten Ölheizungen auf moderne Wärmepumpen-Anlagen massiv gefördert wird.

Anschließend rechnet der Finanzjournalist Hermann-Josef Tenhagen vor:

Ich hätte 1500 Euro bezahlen müssen, habe eine Energiesparmaßnahme gemacht, jetzt zahle ich nur 1000. Jetzt bezahle ich [durch die Preissteigerrungen] künftig vielleicht 1200. Wenn ich das nicht gemacht hätte, wäre ich bei 1800 gewesen. Das ist eine Milchmädchenrechnung, wenn man sagt: “Das rechnet sich nicht.” Natürlich rechnet sich das.

Und dann klinkt sich Katarina Barley ein:

Ja, und man muss ja auch sagen: Die Kilowattstunde, die am billigsten ist, ist die, die man nicht verbraucht. Also wenn man zum Beispiel sich neue Fenster hat einbauen lassen. Oder gedämmt hat. Also …

Ramsauer grätscht rein:

Wird auch gefördert.

Wieder Barley:

… wird alles gefördert, genau. Also weniger verbraucht, dann kommt man voll in den Genuss, dann kann man sogar sagen: “Hey, jede Stunde, die jetzt teuerer ist, habe ich mehr gespart.” Klingt jetzt ein bisschen zynisch, ist nicht so gemeint. Aber Investitionen in Energieeinsparen, die sind immer richtig.

Katarina Barley reagiert also auf einen ganz konkreten Fall, in dem ein Mann sagt, dass seine bereits getätigten Energiesparmaßnahmen nichts brächten. Dem entgegenet Barley, dass es sehr wohl etwas gebracht habe, schließlich habe er dadurch Kilowattstunden eingespart, und die kosten nichts und sind dadurch am billigsten. Diese simple Erkenntnis ist eigentlich auch schon alles. Die SPD-Politikerin sagt nicht, dass all jene, denen das Heizen nun zu teuer ist, künftig einfach die Heizung runterdrehen oder groß investieren sollen (sie spricht ja offensichtlich von bereits erfolgten Energiesparmaßnahmen: “… neue Fenster hat einbauen lassen. Oder gedämmt hat.”). “Bild” gibt sie falsch wieder – sowohl im größeren Zusammenhang als auch im Kleinen bei einzelnen wörtlichen Zitaten.

Es gibt aber solche Tipps, die “Bild” Katarina Barley unterzuschieben versucht und die der Redaktion zufolge “weltfremd” und “DREIST” sind, “abgehoben” und “der blanke Hohn” für “Millionen Normalverdiener” – bei “Bild”. Am Dienstag, also am selben Tag wie der “Arroganz-Anfall”-Artikel, veröffentlichte Bild.de diesen Beitrag:

Screenshot Bild.de - Kälte-Knall schon im Oktober - So senken Sie ganz einfach Ihre Heizkosten

Darin steht:

Der Winter kommt – und die Energiekosten explodieren. Stefan Materne (44), Referent Versorgungstechnik von der Energieberatung des Verbraucherzentralen-Bundesverbandes gibt Tipps, wie man beim Heizen Geld sparen kann.

“Zu den größten Fehlern zählen zu hohe Temperaturen in den Innenräumen. Bei 24 Grad im Raum anstatt 20 Grad kommt es zu einem Mehrverbrauch von fast 25 Prozent Heizenergie”, erklärt der Experte.

Also: weniger heizen. Und:

Ein Problem gerade in älteren Häusern: schlechte Dämmung. “Dicke Vorhänge und Zugluftstopper vor Fenstern und Türen können den Kaltlufteinfall zwar nicht verhindern, aber mindern”, sagt Versorgungstechniker Materne. “Am besten hilft jedoch eine intakte Dichtung bei Fenster und Türen. Sind die Bauteile zu alt, sollte über einen Austausch nachgedacht werden. Dafür gibt es bei der KfW-Förderbank umfangreiche Förderungen.”

Also: kräftig investieren.

“Bild”-Poltiktchef Jan Schäfer spricht in diesem ganzen Zusammenhang von einer “großen Heuchelei, die wir da sehen”. Er meint damit allerdings nicht die Berichterstattung seiner eigenen Redaktion.

Mit Dank an Jonas L. für den Hinweis!

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“Österreich” vs. Österreich, Assange totgeschwiegen, Kessel Sternenstaub

1. “Österreich” verklagt Österreich, riesiges Interesse im TV
(dwdl.de, Timo Niemeier)
In Österreich überschlagen sich die Ereignisse: Nachdem es – im Zusammenhang mit den Geschehnissen um Ex-Kanzler Sebastian Kurz – bei der Boulevardzeitung “Österreich” zu einer Razzia gekommen war, kündigt das Blatt eine “Millionenklage” gegen die Republik an. Timo Niemeier erzählt, was sich sonst noch in dem österreichischen Medien- und Politikskandal getan hat.

2. Festgehalten wegen Bildrechten?
(taz.de, David Muschenich)
Bei einer Demo gegen die Räumung des Berliner Wohnprojekts Køpi haben Polizisten den Fotojournalisten Ralph Pache an der Arbeit gehindert und kurzzeitig festgehalten. Auf “taz”-Anfrage gibt eine Sprecherin der Polizei an, die Beamten hätten Pache nicht als Journalisten erkannt. Dem widerspricht der Fotograf: Er habe seinen Presseausweis an einem Band um den Hals getragen und sich direkt als Journalist zu erkennen gegeben. Auch Jörg Reichel, Geschäftsführer der Gewerkschaft dju Berlin, halte es für “völlig unrealistisch”, dass die Polizei Pache nicht als Journalisten erkannt habe.

3. Ein Kessel Sternenstaub
(tagesspiegel.de, Jan Freitag)
Die bekannte Wissenschafts-Youtuberin Mai Thi Nguyen-Kim (Kanal: “maiLab”) ist im ZDF gleich in zwei Formaten zu sehen: in der etablierten ZDF-Sendung “Terra X” und in der neuen Sendereihe “Wunderwelt Chemie”. Außerdem wird sie vom 24. Oktober an auch “MaiThink X – Die Show” bei ZDFneo moderieren. “Hoffentlich mit weniger Choreografie vom Blatt als ‘Wunderwelt Chemie’. Und noch hoffentlicher mit weniger Blockbuster-Musik, die Info-Formate oft verkleistern, als wären es Wagner-Opern”, wünscht sich Jan Freitag: “Millionen Abonnenten von ‘maiLab’ sind keinerlei Effekthascherei gewohnt. Hier folgt die Form der Funktion.”

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4. Julian Assange wird totgeschwiegen
(kontextwochenzeitung.de, Wolfgang Frommlet)
Bei der Freude über die Verleihung des Friedensnobelpreises an die philippinische Journalistin Maria Ressa und den russischen Journalisten Dmitri Muratow komme ein Thema zu kurz, findet Wolfgang Frommlet: “Weder RSF [Reporter ohne Grenzen] noch überregionale Zeitungen sowie ARD und ZDF erwähnen einen der mutigsten Journalisten und Whistleblower der letzten 15 Jahre: Julian Assange. Er wird im wörtlichen Sinne totgeschwiegen.”

5. Journalismus muss nicht neutral sein – aber fair
(medienwoche.ch, Marko Ković)
Neutralität, Objektivität, Unparteilichkeit und Ausgewogenheit seien zwar wichtige journalistische Ideale, findet Marko Ković, sie würden sich in der journalistischen Praxis jedoch kaum umsetzen lassen. Als praxistaugliche Leitplanken böten sich eher Werte wie Fairness, Aufrichtigkeit und Stringenz an: “Das Ziel einer Debatte darüber, wie Journalismus jenseits unrealistischer und teilweise gefährlicher Neutralitäts-Anmassungen funktionieren kann, ist letztlich, den Umgang mit Weltanschauungen im Journalismus in gelenkte Bahnen zu leiten.”

6. Der Jekyll und Hyde der digi­talen Welt feiert Geburtstag
(lto.de)
Google Deutschland feiert seinen zwanzigsten Geburtstag. Im Hinblick auf die bislang aufgelaufenen und noch zu erwartenden juristischen Problemfelder, kommentiert “Legal Tribune Online”: “Der Konzern erlebt seit Bestehen einen Spagat zwischen großem Vertrauen und tiefem Misstrauen. Und er sorgt dafür, dass Juristinnen und Juristen sowie Journalistinnen und Journalisten weltweit keinen Grund haben, über mangelnde Beschäftigung zu klagen. Es ist nicht zu erwarten, dass sich daran bis zum nächsten Jubiläum etwas ändern wird.”

Schrems vs. Facebook, Hochwasser, Reality-Format “Princess Charming”

1. Schadensersatz für Millionen von Facebook-Nutzer:innen?
(netzpolitik.org, Alexander Fanta)
Der österreichische Jurist und Aktivist Max Schrems zieht erneut gegen Facebook vor den Europäischen Gerichtshof (EuGH): “Verliert Facebook vor dem EuGH, müssten sie nicht nur damit aufhören, Daten zu missbrauchen, und illegal gesammelte Daten löschen, sondern auch Millionen von Nutzern Schadensersatz zahlen”, schreibt Schrems in einer Pressemitteilung seiner Organisation noyb.

2. “Wir verändern uns aus einer Position der Stärke heraus”
(journalist.de, Catalina Schröder)
Julia Bönisch war Online-Chefin der “Süddeutschen Zeitung”, eine Funktion, in der sie sich nicht nur Freunde machte. 2019 verfasste sie für den “journalist” einen bemerkenswerten Text, der immer noch lesenswert ist. Heute arbeitet Bönisch für die Stiftung Warentest. Catalina Schröder hat mit ihr über die Konflikte bei der “SZ”, den Umgang mit Zahlen im Journalismus und die Entdeckung des Verbraucherjournalismus gesprochen.

3. Medien und Behörden in der Kritik
(deutschlandfunk.de, Mirjam Kid, Audio: 10:06 Minuten)
Auch wenn NRW-Innenminister Herbert Reul es nicht wahr haben will: Die Informationsweitergabe vor und bei der Hochwasserkatastrophe scheint an mehreren Stellen nicht funktioniert zu haben. Was dazu beigetragen hat, dass Sender wie WDR und SWR die Menschen in Nordrhein-Westfalen beziehungsweise Rheinland-Pfalz nach Ansicht von Experten nicht ausreichend früh und deutlich gewarnt haben: “Medien können nur vor dem warnen, was ins Warnsystem eingespeist wurde. Beim Deutschlandfunk beispielsweise kamen keine Warnmeldungen der höchsten Kategorie an. Auf der Suche nach Verantwortlichen für Verzögerungen geht der Blick also mittlerweile nicht nur ans Ende der Warnkette, sondern auch an den Anfang.”

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4. Tarifeinigung bei Zeitungen: Freie Tage statt mehr Geld
(dwdl.de, Uwe Mantel)
Der Zeitungsverleger-Verband BDZV und die beiden Gewerkschaften DJV und dju haben sich auf einen neuen Tarifvertrag für 2021 geeinigt. Der sieht keine Lohnerhöhung vor, jedoch drei zusätzliche freie Tage für “besondere Leistungen in der Coronakrise”.

5. Plagiat vs. Zitat: Was es bei der Übernahme fremder Gedanken zu beachten gilt
(irights.info, Maya El-Auwad & Georg Fischer)
Maya El-Auwad und Georg Fischer befassen sich in ihrem Beitrag mit der Abgrenzung von Plagiat und Urheberrechtsverletzung und erklären, was es bei der Übernahme fremder Gedanken zu beachten gilt. Empfehlenswert sind auch die beiden iRights.info-Beiträge über das richtige Zitieren und die Frage, wie man das Zitatrecht am besten auf Screenshots anwendet.

6. “Wir haben Reality-TV revolutioniert”
(taz.de, Carolina Schwarz)
Carolina Schwarz hat sich mit einer Teilnehmerin von “Princess Charming” unterhalten, der ersten lesbischen TV-Datingshow weltweit. Das Prinzip ist angelehnt an das Erfolgsformat “Bachelor”, bei dem 20 Kan­di­datinnen um die Gunst eines Mannes buhlen. Für die 27-jährige Wiki war die Teilnahme bei “Princess Charming” eine Art Bildungsauftrag: “Vor allem wollte ich ich selbst sein und den Zuschauer:innen, also vor allem weiblich gelesenen Menschen, vermitteln, dass sie tun und lassen können, was immer sie wollen. Unabhängig von gesellschaftlichen Normen, die uns vorschreiben wollen, dass wir nicht laut und wild sein dürfen oder dass uns Haare an den Beinen oder unter den Achseln wachsen dürfen.

Aufstand bei der ARD, Abgewickelt, “Disziplinierung der Presse”

1. Aufstand bei der ARD
(sueddeutsche.de, Claudia Tieschky)
Bei der ARD existieren Pläne, die Sendezeiten für Politmagazine einzudampfen und den renommierten “Weltspiegel” auf einen unattraktiven Sendeplatz zu verschieben. Dagegen wehren sich nun Redaktionsleiter, Korrespondentinnen und freie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Weiterer Lesehinweis: “Übermedien” dokumentiert den offenen Brief der Betroffenen: “Die geplanten Reformen würden die investigative, politische Berichterstattung deutlich beschneiden”.

2. Wegen IPO-Flaute: Beirat der Bundesregierung fordert “Disziplinierung der Presse”
(handelsblatt.com, Larissa Holzki, Klaus Stratmann, Michael Verfürden)
Der Beirat Junge Digitale Wirtschaft berät laut offizieller Beschreibung den Bundesminister für Wirtschaft und Energie aus erster Hand zu aktuellen Fragen der digitalen Transformation. Zu dieser Beratung gehört anscheinend auch die aktuelle Empfehlung, Medien vorschreiben zu lassen, wie und über welche Börsengänge sie berichten sollen. Ein “Erlass von Regeln zur Vermeidung einseitig diffamierender Artikel” soll der “Disziplinierung der Presse zu sachlicher, richtiger und vollständiger Information” dienen. Das Bundeswirtschaftsministerium habe sich auf Anfrage des “Handelsblatts” zunächst von Inhalten des Positionspapiers distanziert. Zu später Stunde sah sich der zuständige Minister Peter Altmaier noch zu einer eindeutigeren Stellungnahme gezwungen und twitterte: “Pressefreiheit ist ein herausragendes Grundrecht, dessen Schutz wir verpflichtet sind. Das Positionspapier des Beirates junge digitale Wirtschaft, war mir ebensowenig bekannt wie seine Veröffentlichung auf der Homegage. Ich habe soeben die umgehende Entfernung angeordnet.”

3. Die Verleger, die Abwickler und ich
(uebermedien.de, Klaus Ungerer)
Klaus Ungerer kann auf ein langes Berufsleben in der Medienbranche zurückblicken: Er war unter anderem Feuilletonist bei der “FAZ”, Satiriker bei “Spiegel Online” und Textchef beim “Freitag”. Nun hat er für sich eine Art persönliche Zwischenbilanz gezogen, und die ist nicht nur herausragend gut geschrieben, sondern verrät mehr über das Mediengeschäft als manch nüchterner Beitrag. Am Ende ist klar: Ungerer muss unbedingt weitermachen, sollte sich jedoch auf Bücher konzentrieren. Der “6-vor-9”-Kurator bestellt hiermit schon mal das erste Exemplar!

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4. Laschet-CDU hievt offenbar homophoben Verband in WDR-Rundfunkrat
(queer.de)
Laut einem “Spiegel”-Bericht (nur mit Abo lesbar) hat die CDU eine umstrittene Organisation in den WDR-Rundfunkrat gehievt: “Im Beirat des Verbands kinderreicher Familien sitzen ein Wissenschaftler mit völkisch-nationalistischen Ideen und ein Opus-Dei-Mitglied. Die CDU-Fraktion im NRW-Landtag unterstützte die Organisation trotzdem, nun hat sie Einfluss auf den WDR.”

5. Die Koalition der Hass-Bekämpfer
(deutschlandfunk.de, Tobias Nowak, Audio: 5:28 Minuten)
In der männerdominierten Gaming-Szene herrscht teilweise ein verachtender Ton gegenüber Frauen. Dem wollen die Digitalen Helden etwas entgegensetzen: “Wir thematisieren das Thema ‘Frauen in Games’, weil Frauen sprachlichen Anfeindungen ausgesetzt sind, weil es Grenzüberschreitungen gibt, weil es Beleidigungen, Hasskommentare im Internet gibt, aber eben auch in den Games selber.” Auf der Helden-Website gibt es verschiedene Angebote für mehr Medienkompetenz: Webinare, Lehr- und Informationsmaterialien und ein ganzjähriges Mentorenprogramm für Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler. Aber auch bei den Konzernen tue sich etwas, wie der Deutschlandfunk berichtet.

6. Der deutsche Fußball und seine Reporter: Boah
(post-von-horn.de, Ulrich Horn)
Im Nachgang zur Fußball-Europameisterschaft kommentiert Ulrich Horn: “Die Krise der Teams, das lässt sich kaum noch verbergen, ist auch eine Krise der Fußballberichterstattung. Wer die Spiele der Nationalmannschaft bei ARD und ZDF am Fernseher verfolgt, erlebt seit Jahren bei der Übertragung zwei Inszenierungen in einer: das Spiel der Mannschaften und den Auftritt der TV-Bediensteten, der Reporter, Kommentatoren und Experten.”

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