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Bundeswehr “erschüttert” über “Bild”-Zeitung

Gestern befand sich auf Seite 2 der “Bild”-Zeitung ein großes Foto. Es zeigte einen “blutüberströmten” Bundeswehrsoldaten, der am vergangenen Samstag bei dem Selbstmordanschlag auf einem Marktplatz in Kundus offenbar verletzt wurde. “Bild” hatte den Mann nicht unkenntlich gemacht, so dass deutlich sein verstörter Gesichtsausdruck zu sehen war (wir berichteten).

"Lafontaine soll sich bei Soldaten entschuldigen"Heute zeigt “Bild” noch einmal das gleiche Foto des Soldaten auf ihrer Seite 2. Wieder ist er nicht unkenntlich gemacht worden (siehe Ausriss). Als Anlass für die erneute Abbildung des Mannes dient “Bild” der Auftritt von Oskar Lafontaine bei “Sabine Christiansen”. Lafontaine habe der Bundeswehr vorgeworfen, “mittelbar in terroristische Aktionen verwickelt” zu sein. Und “Bild” schreibt unter der Überschrift “Lafontaine soll sich bei Soldaten entschuldigen!”:

Hat er nicht einen Moment an die Opfer gedacht, an die trauernden Angehörigen?

Eine Frage, die man auch “Bild” stellen kann. Denn der Sprecher des Bundeswehr-Wiederaufbauteams im nordafghanischen Kundus, Oberstleutnant Günter Schellmann, zeigte sich “erschüttert über die Berichterstattung” in Teilen der Presse zum Anschlag in Afghanistan, wie es in einer Meldung der Nachrichtenagentur dpa heißt:

“Ich glaube, da ist viel kaputt gemacht worden”, sagte er am Dienstag am Rande eines Besuchs von Außenminister Frank-Walter Steinmeier. Es sei sehr schwer gewesen, die Soldaten und auch die Führung zu beruhigen, als die “hässlichen Bilder” in Teilen der deutschen Presse kursierten und auch die Familien der unmittelbar Betroffenen des Anschlags erreicht hätten. “Das hat uns alle tief getroffen. Ich habe nicht geglaubt, dass so was in Deutschland möglich ist.” Nach dem Anschlag am Samstag waren drastische Bilder einer privaten afghanischen Fernsehstation auch von einigen deutschen Medien übernommen worden.

6 vor 9

Schuldig in allen Anklagepunkten
(faz.net, Jörg Thomann)
Wo Lafontaine auf Dieter Bohlen trifft: In ?Menschen bei Maischberger? ließ die ARD gestern abend eine ?Deutschland-Jury? über die Lage im Lande diskutieren. Die skurrile Runde wäre ihrerseits ein Fall fürs Fernsehgericht gewesen.

Schumihudelei bei der “Süddeutschen”
(blog.handelsblatt.de, Thomas Knüwer)
“Natürlich wollte ich immer geliebt werden”, ist ein Interview mit Michael Schumacher im Magazin der “Süddeutschen Zeitung” vom vergangenen Samstag überschrieben. Ich frage mich allerdings, ob der Liebesdienst der “SZ” nicht etwas weit geht.

“Presserat läuft Slalom”
(taz.de, Peter Nowak)
Eine “merkwürdige Kultur der Nichtverantwortung” bescheinigt Journalistik-Professor Michael Haller deutschen Redaktionen. Er fordert mehr Selbstkontrolle beim grassierenden “PR-Journalismus”.

Ein Hauch von Schmerz
(tagesspiegel.de, Adolf Theobald)
Mit der Jugend tun sich Zeitschriften schwer. Bei ?Neon? aber steigt die Auflage – weil es da weiter macht, wo ?jetzt? aufgehört hat.

Teletubbies unter Verdacht
(nzz.ch, Theres Lüthi)
Macht Fernsehen dick, dumm oder asozial? Eine Studie in den USA, welche die Zunahme von Autismus auf kleinkindlichen TV-Konsum zurückführt, sorgt für Aufregung. Aber auch Schweizer Kinderärzte warnen vor allzuviel Fernsehkonsum für die Kleinen.

“Bild”-Leser-Reporter sehen alles!
(bildblog.de, lupo)
Sogar den Boxkampf am TV!

Parteiübergreifende Kritik an “Bild”

Die “Bild”-Zeitung berichtet heute, dass Bundestagspräsident Norbert Lammert ihr angesichts ihrer unakzeptablen Kampagne eine “unakzeptable Kampagne” vorgeworfen habe:

Lammert sprach sogar von “Vorführung und Nötigung des Bundestages”.

Auch der zugehörige “Bild”-Kommentar erweckt den Eindruck, es sei allein Lammert gewesen, der “Bild” diese Vorwürfe gemacht habe. Dem ist nicht so. (Auch wenn FDP-Chef Guido Westerwelle die Zeitung in Schutz nimmt.) Im selben Interview Lammerts, aus dem “Bild” zitiert, sogar im selben Satz betont der Bundestagspräsident, dass er mit seiner Kritik nicht alleine sei:

… zumal gestern Abend alle Fraktionen sich ausdrücklich von dieser Kampagne der “Bildzeitung” distanziert haben und gerade die damit offenkundig beabsichtigte Vorführung und Nötigung des Bundestages als in der Form und in der Sache vollständig unakzeptabel zurückgewiesen haben.
(Hervorherbung von uns.)

Die “Bild”-Zeitung verschweigt auch, dass der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Joachim Poß ihre Art der Berichterstattung gestern im Bundestag zum Thema machte. Laut Protokoll der Plenar-Sitzung sagte er:

Lieber Herr Präsident Lammert, Sie begrüße ich heute Morgen besonders freundlich, weil ich finde, dass Sie Opfer einer üblen Kampagne der Zeitung mit den großen Buchstaben sind.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Parteiübergreifend sind wir der Auffassung, dass sich die Politik nicht alles gefallen lassen darf, wenn so gemobbt wird wie hier im Einzelfall geschehen. Das ist auch nicht der erste Fall.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Oskar Lafontaine (DIE LINKE))

Danke auch an Thomas S.!

Ungeprüft übernommen (2)

Am vergangenen Dienstag noch hatte “Bild” die Meldung exklusiv: dass sich der Ältestenrat des Bundestages mit ein paar umstrittenen Äußerungen Oskar Lafontaines befassen und die Frage erörtern wolle, ob man Lafontaine dafür rügen und eine Entschuldigung einfordern solle.

Über das Ergebnis berichtete dann am Donnerstagnachmittag allerdings nicht “Bild”, sondern die “Leipziger Volkszeitung” (LVZ) exklusiv. Dort hieß es u.a. unter Berufung auf Teilnehmer der Sitzung, der Ältestenrat habe Lafontaine, “aufgefordert, sich (…) öffentlich zu entschuldigen”. Und so vermeldeten es anschließend auch verschiedene Nachrichtenagenturen und diverse Medien:

“(…) zitierte die ‘Leipziger Volkszeitung’ (Freitagausgabe) Teilnehmer der Sitzung.” (Quelle: AP)

“Die ‘Leipziger Volkszeitung’ (Freitag) berichtete unter Berufung auf Teilnehmer einer Sitzung des Gremiums, (…)” (Quelle: dpa)

Doch was die LVZ da berichtete, war, so Hans Hotter, Leiter der Pressestelle des Deutschen Bundestages, “nicht zutreffend.” Wie Hotter uns heute erläuterte, sei das Thema zwar kontrovers diskutiert worden, der Ältestenrat habe jedoch “keine offizielle Rüge” ausgesprochen und “nicht beschlossen”, dass Lafontaine sich entschuldigen müsse.

Mit Dank an Jason M. für den sachdienlichen Hinweis.

Was?!

Ach so, ja… fast hätten wir’s vergessen: Selbstverständlich konnte man die LVZ-Meldung am Freitag auch in Europas größter Tageszeitung nachlesen. Schließlich hatte sie das Thema ja ursprünglich aufgebracht. Auf eine klärende Rückfrage beim Bundestag scheint man dort jedoch ebenso verzichten zu können geglaubt zu haben wie auf den Hinweis, woher die Ente Exklusivmeldung eigentlich stammte. Stattdessen standen in “Bild” unter der irreführenden Überschrift “Entschuldigung von Lafontaine gefordert” nur die irreführenden Sätze:

“Watsch’n für Oskar Lafontaine! Die Mehrheit der Mitglieder des Ältestenrats des Bundestages hat den Fraktionschef der Linkspartei scharf gerügt und eine Entschuldigung gefordert.”

Und jetzt aber wirklich: Mit Dank an Jason M. für den Hinweis.

Offensichtlich unwahr

Sie haben es immer noch nicht kapiert. Oder sie verkaufen ihre Leser gezielt für dumm. Jedenfalls demonstrierten die Redakteure der “Bild am Sonntag” in ihrem gestrigen Jahresrückblick ein erstaunliches Unverständnis über das Wesen der Gegendarstellung.

Es ging, natürlich, um den Streit mit Oskar Lafontaine. Der Politiker hatte (wie berichtet) vor Gericht durchgesetzt, dass “Bild am Sonntag” eine Gegendarstellung von ihm auf der Titelseite abdrucken musste. Die Zeitung versuchte das dadurch zu konterkarieren, dass sie im Inneren ein Interview mit dem Medienanwalt Matthias Prinz abdruckte. Überschrift: “Beweist eine Gegendarstellung, dass eine Zeitung falsch berichtet hat?” — “Nein.”

Das ist prinzipiell richtig. Der Eindruck aber, dass sich gegen jede beliebige Behauptung eine Gegendarstellung durchsetzen lässt, ist falsch. Genau in diese Irre versuchte “Bild am Sonntag” gestern ihre Leser zu führen. Rund drei Dutzend Mitarbeiter und der Chefredakteur Claus Strunz waren in roten T-Shirts zu sehen — angeblich ihrer “Arbeitskleidung am Lafontaine-Tag”. “Bild am Sonntag” zeigte ein Foto davon und schrieb:

Wie wahr ist eine Gegendarstellung? “Unwahr ist, daß ich Anja Tischendorf bin”, steht auf dem T-Shirt von BamS-Redakteurin Anja Tischendorf (…). “Unwahr ist, daß ich Jochen Gaugele bin”, stellte auch Politik-Chef Jochen Gaugele (…) per T-Shirt fest. Bei einer Kollegin (…) wölbte sich das Hemd über einem Babybauch. Aufschrift: “Unwahr ist, daß ich schwanger bin” …

Das ist vermutlich lustig gemeint, aber grob irreführend. Denn all das sind Beispiele für offensichtlich unwahre Tatsachenbehauptungen. Und mit genau solchen offensichtlich unwahren Behauptungen kann man vor Gericht keine Gegendarstellung durchsetzen.

Das Perfide an der T-Shirt-Aktion ist, dass “Bild am Sonntag” damit den Eindruck erweckt, Lafontaines Gegendarstellung sei genauso absurd wie die Aussage von Claus Strunz, er sei nicht Claus Strunz. Das ist aber nicht der Fall. Das Landgericht Berlin hat “Bild am Sonntag” zum Abdruck der Gegendarstellung verurteilt. Das bedeutet: Lafontaines Angaben mögen unwahr sein, aber sie sind nicht offensichtlich unwahr.

Journalistische Meisterleistung

Prometheus ist in der griechischen Mythologie derjenige, der den Menschen das Feuer brachte. Nach Ansicht des Medienmagazins “V.i.S.d.P.” ist das ein schönes Sinnbild für guten Journalismus:

Das Feuergeschenk als Lichtbringer verweist auch auf die Aufgabe des Journalismus Aufklärung zu leisten. Journalismus ist für den gesellschaftlichen Fortschritt der Gesellschaft so unverzichtbar wie das Feuer.

Das Magazin hat deshalb seinen neuen Medienpreis, der im Januar erstmals die “Journalisten des Jahres” für ihre “großartige journalistische Arbeit” auszeichnet, “Goldener Prometheus” genannt — und bis hierhin kommen wir noch mit.

Unter den Nominierten ist auch Claus Strunz, Chefredakteur der “Bild am Sonntag”, mit der Begründung:

weil er im Streit um die Privatjet-Affäre mit Oskar Lafontaine der klare Sieger war.

BAMS musste eine Gegendarstellung Lafontaines drucken, in der dieser behauptete, nicht darauf bestanden zu haben, für ein Gespräch mit der Zeitung per Privatjet eingeflogen zu werden. Strunz platzierte ein Interview mit Medienanwalt Matthias Prinz direkt danaben. Frage: “Beweist eine Gegendarstellung, dass eine Zeitung falsch berichtet hat?” Antwort Prinz: “Nein.” Das saß.

Was “Bild am Sonntag” damals nicht schrieb und sich auch von Prinz nicht erklären ließ, ist, dass es nicht so einfach ist, sich eine Gegendarstellung vor Gericht zu erstreiten. Der Betroffene muss Belege für seine Version der Geschichte bringen. Wir wissen nicht, ob im konkreten Fall “Bild am Sonntag” oder Lafontaine die Wahrheit sagen. Mit offensichtlich unwahren Behauptungen kann man aber keine Gegendarstellung durchsetzen.

Was “Bild am Sonntag” ebenfalls nicht schrieb, ist, dass “Bild” und “Bild am Sonntag” sich fast immer weigern, Fehler richtigzustellen. Und dass beide Zeitungen sich auch in Fällen, in denen offenkundig ist, dass sie die Unwahrheit behauptet haben, juristisch gegen Gegendarstellungen der Betroffenen wehren.

Insofern kann man die Sache mit dem Prinz-Interview innerhalb einer eskalierten Privatfehde als einen Treffer bewerten, “der saß”. Man kann in ihm auch einen Kniff sehen, den juristischen Sieg Lafontaines zu entwerten. Dass man in ihm auch eine “journalistische Meisterleistung” sehen können soll, die der “Aufklärung” dient und preiswürdig ist, ist allerdings verblüffend.

In eigener Sache: Auch BILDblog ist für den “Goldenen Prometheus” nominiert. Die Jury nennt unsere Seite “medienhygienisch”. Da wir das nicht nur als Kompliment, sondern auch als Verpflichtung sehen, haben wir dem Veranstalter mitgeteilt, dass wir für einen Preis nicht nominiert sein wollen, der an dem Schlagabtausch zwischen Claus Strunz und Oskar Lafontaine irgendetwas für auszeichnungswürdig hält.

Nachtrag, 14 Uhr: Die Zeitschrift “V.i.S.d.P.” reagiert in ihrem Blog:

BILDBLOG möchte keinen “Goldenen Prometheus”, solange Claus Strunz auch nominiert ist. Und das hatten wir ganz vergessen: der ist ja böse. Na ja, Sartre wollte auch keinen Nobelpreis.

Nachtrag, 30. November, 17.45: V.i.S.d.P. bedauert unsere Entscheidung und nominiert uns nicht länger.

Vom Verrechnen

Dass Oskar Lafontaine inzwischen nicht mehr für “Bild” schreibt, heißt nicht, dass nicht gelegentlich doch noch was von ihm in “Bild” und “Bild am Sonntag” zu lesen wäre. Ganz im Gegenteil. Und so druckte “Bild” auch am vergangenen Montag wieder einen Text von ihm — Überschrift:

Gegendarstellung

Und erstaunlich ist das nicht. Hatte doch an ähnlicher Stelle vor vier Wochen folgende Überschrift in “Bild” gestanden:

"Oskar Lafonaine jetzt Dreifach-Verdiener!"

Und das stand da, weil Lafontaine laut “Bild” derzeit “als Abgeordneter, Fraktionschef und Pensionär” im Monat “zusammen rund 17.700 Euro” verdiene.

In seiner, ähm, Gegendarstellungskolumne widerspricht Lafontaine der “Bild”-Behauptung allerdings, indem er darauf hinweist, dass seine Abgeordnetendiäten monatlich nicht etwa 7009 Euro betrügen, wie “Bild” behauptet hatte, sondern 14 Euro und 10 Cent – weil nämlich seine Pension als Ex-Ministerpräsident des Saarlands mit seinen Bezügen als Abgeordneter “verrechnet” werde.

Und wie wir wissen, sind Redaktionen verpflichtet, eine Gegendarstellung unabhängig von ihrem Wahrheitsgehalt abzudrucken, weshalb am Ende manchmal Aussage gegen Aussage steht. Im aktuellen Fall allerdings stimmt Lafontaines Behauptung. Das mit der Verrechnung der Bezüge steht vielleicht verklausuliert, aber jedermann zugänglich im Abgeordnetengesetz (§ 29 Abs. 2 Satz 1 iVm Satz 4).

Weshalb sich nicht nur die Frage stellt, warum “Bild” nicht unter Lafontaines Gegendarstellung schreibt, was sie sonst so oft unter Gegendarstellungen schreibt (“Er hat recht.”), sondern auch, welcher Fahrlässigkeit es zu verdanken ist, dass man bei “Bild” die jedermann zugänglichen Paragraphen nicht eingesehen hat, bevor man die falsche Zahl in die Zeitung schrieb und die richtige anschließend per Gegendarstellung nachtragen ließ: Fast sieht es so aus, als ließe “Bild” ihren Ex-Kolumnisten die womöglich monatelang ohne Gegenleistung weitergezahlten Honorare abarbeiten – frei nach Lafontaines Motto: “Pacta sunt servanda.”

Mit Dank an Udo R. und Michael B. für den Hinweis.

Ende eines Wahlkampfs

Am 28. August, drei Wochen vor der Bundestagswahl, erschien eine “Bild am Sonntag”, deren Titelseite so aussah:

Und heute, fünf Wochen danach, sieht die Titelseite der “BamS” so aus:

Und weil die Titelgeschichte der “BamS” damals, vor acht Wochen, natürlich im Blatt weiterging, steht das Wort Gegendarstellung heute ein zweites Mal auf Seite 4:

Mit anderen Worten: In der längst eskalierten Privatfehde zwischen der “Bild am Sonntag” und Oskar Lafontaine, aus der von Anfang an nicht ersichtlich war, wer denn nun Recht hatte (oder den Streit geschickter für den Wahlkampf zu nutzen wusste), hat sich der ehemalige “Bild”-Kolumnist das Recht erstritten, den Tatsachenbehauptungen der “BamS” seine eigenen entgegenzusetzen. Laut Lafontaine ist die “BamS”-Behauptung nämlich “falsch”, ein sog. “Protokoll der Privatjet-Affäre” des “BamS”-Korrespondenten Bernhard Keller würde belegen, dass Lafontaine die Unwahrheit gesagt habe, als er öffentlich bestritt, für die Anreise zu einem “BamS”-Interview einen Privatjet angefordert zu haben: Weder habe seine Mitarbeiterin für ihn “einen Privatjet gefordert”, noch habe er selbst “eine solche Forderung gestellt”.

Unmittelbar unter der Gegendarstellung steht:

“BILD am SONNTAG ist zum Abdruck der vorstehenden Gegendarstellung unabhängig von deren Wahrheit gesetzlich verpflichtet. Wir bleiben bei unserer Darstellung.”

Und unmittelbar neben der Gegendarstellung steht dies:

Denn die “BamS” hat Matthias Prinz, “Deutschlands bekanntestem Medienanwalt”, einfach mal so ein paar Fragen gestellt: “Herr Professor Prinz, was ist eine Gegendarstellung?” zum Beispiel, “Steht in einer Gegendarstellung immer die Wahrheit?” oder eben: “Beweist der Abdruck einer Gegendarstellung, daß eine Zeitung falsch berichtet hat?”

Auf die letzte Frage antwortet Prinz:

“Nein, und deswegen sieht man ja manchmal auch Gegendarstellungen mit Anmerkungen der Redaktion, in denen es heißt: ‘Die Redaktion bleibt bei ihrer Darstellung. Es liegen uns die folgenden Beweise vor, aus denen sich ergibt, daß die Gegendarstellung unwahr ist…'”

Und dem ist nichts hinzuzufügen – außer zweierlei.

Erstens: Es gibt auch Gegendarstellungen, unter die eine Redaktion schreiben muss: XY hat Recht.” Und zweitens: Der von Prinz angeführte Satz mit den “Beweisen” steht unter Lafontaines Gegendarstellung nicht.

Mehr dazu hier und hier.

Jetzt IV

Jetzt ist es bald soweit: In vier Tagen wählt Deutschland einen neuen Bundestag. Wer die Wahl gewinnt, weiß keiner, aber “Bild”-Leser beispielsweise könnten auf die Idee verfallen, lieber nicht diejenige Partei zu wählen, für die Oskar Lafontaine sein Gesicht hergibt. Denn: Während andere Wahlkampf machen, macht Lafontaine Urlaub, fliegt im Privatjet, lügt, wird abgetupft, lässt sich im Mercedes herumchauffieren, den Wahlkampf von der PDS bezahlen, seine Sekretärin vom Staat und sich selbst von der “Bild”-Zeitung. Außerdem streitet sich dieser Lafontaine mit der “BamS” vor Gericht. Poah!

“Doch jetzt kommt heraus: Lafontaine verhinderte eine 70.000-Euro-Spende zugunsten ostdeutscher Arbeitsloser!”
(Hervorhebung von uns.)

Das jedenfalls schreibt “Bild” heute über einen Rechtsstreit Lafontaines mit dem Autovermieter Sixt. Und weil das Wörtchen jetzt so schön ist, steht es noch ein zweites Mal im Text:

Jetzt liegt der Fall als zugelassene Revision beim Bundesgerichtshof (AZ: I ZR 182/04).”
(Hervorhebung von uns.)

Und es stimmt: Jetzt liegt er da schon seit knapp zwei Monaten, der “Fall”*, wie man einer Sixt-Pressemitteilung vom 17. Juni 2005 entnehmen kann. Alles andere, was laut “Bild” angeblich “jetzt”, also vier Tage vor der Wahl, herausgekommen sei, ist sogar seit dem 16. November 2004 bekannt – und so, wie es in “Bild” steht, nichts weiter als die subjektive Darstellung einer der Streitparteien, die “Bild” hervorgekramt hat und jetzt, vier Tage vor der Wahl, undistanziert nachbetet.

*) Nur zur Info: Lafontaine hatte 2001 gegen eine Sixt-Werbeanzeige aus dem Jahre 1999 geklagt und damit nach einigem Hin und Her vor Gericht Erfolg. Sixt hat das Urteil jedoch nicht akzeptiert und Lafontaine einen Vergleich (also die umstrittene Spende) angeboten, auf den sich wiederum Lafontaine nicht einlassen wollte. Sixt ging in Revision, der Rechtsstreit in die nächste Instanz – und wer gewinnt, ist so offen wie die Bundestagswahl in vier Tagen.

Mit Dank an André K. für die sachdienlichen Hinweise.

Eskalierende Privatfehde

Seit einiger Zeit taucht Oskar Lafontaine in der Berichterstattung von “Bild” und “Bild am Sonntag” vor allem als “Luxus-Linker” auf, dessen Lebenswandel angeblich in krassem Gegensatz zu den Forderungen der Linkspartei steht. Die Frage, ob Lafontaine die Teilnahme am sogenannten “Wählerforum” der “Bild am Sonntag” davon abhängig gemacht hat, dass die Zeitung ihm die Anreise in einem Privatjet bezahlt, ist mittlerweile Gegenstand mehrerer gerichtlicher Auseinandersetzungen und größerer Schlagzeilen in der Zeitung (“Lafontaine lügt!”). Heute nun macht “Bild am Sonntag” mit der Schlagzeile auf:

Lafontaine im Privatjet zu Talkshow ...und das ZDF bezahlte

Und wer nach der Vorgeschichte diese Seite 1 liest, muss zu folgendem Schluss kommen: Wie im Fall von “Bild am Sonntag” hat Lafontaine anscheinend seine Teilnahme an der Talkshow “Berlin Mitte” von der Luxusanreise abhängig gemacht (“obwohl es auch Linienflüge gab”!) — nur dass das ZDF im Gegensatz zur “Bild am Sonntag” wohl bereit war, dieser Forderung nachzukommen. Was für ein unbelehrbarer, gieriger, verlogener Politiker!?

Erst im Klein(er)gedruckten verrät die “Bild am Sonntag” ihren Lesern, wie es wirklich war: Nicht Lafontaine, sondern das ZDF bestand auf dem teureren Flug. Ein Sendersprecher wird mit den Worten zitiert:

“Herr Lafontaine teilte uns Flugzeiten von Linienflügen mit — mit keiner der genannten Maschinen hätte er die Sendung pünklich und sicher erreicht. Die Redaktion prüfte Alternativen. Aber das Risiko einer Verspätung war zu groß.”

Auch der Sprecher der Linkspartei Hendrik Thalheim (von “Bild am Sonntag” als “Lafontaines Sprecher” bezeichnet) bestätigt diese Darstellung, indirekt ebenso ein von der Zeitung nicht genannter “TV-Insider”.

Ob Lafontaine nun ein verlogener “Luxus-Linker” ist oder nicht — die Anreise zur ZDF-Talkshow, die “Bild am Sonntag” einen “Luxus-Auftritt” nennt und von gleich zwei Fotografen mit Fotos im Paparazzi-Stil dokumentieren ließ, bestätigt diesen Vorwurf jedenfalls nicht.

Wir wissen nicht, wer in der eskalierenden Privatfehde zwischen “Bild am Sonntag” und Oskar Lafontaine die Wahrheit sagt. Die heutige Berichterstattung von “Bild am Sonntag”, die zu nichts anderem dient, als einen falschen Eindruck zu erwecken, ist jedenfalls alles andere als eine vertrauensbildende Maßnahme.

Nachtrag, 22.15 Uhr: Gegenüber dem “Tagesspiegel” widerspricht ZDF-Sprecher Alexander Stock der “Bild am Sonntag” ausdrücklich:

“Nach Rücksprache mit dem Landeskriminalamt und den Fluggesellschaften sowie nach Prüfung der verfügbaren Linienflüge stand fest, dass es keine andere Möglichkeit gab, dass Lafontaine rechtzeitig zu der Live-Sendung erscheint.”

Er sei von der “Bild am Sonntag” im übrigen falsch zitiert worden: Weder Lafontaine noch sein Büro hätten Flugzeiten durchgegeben. Der ganze Vorgang sei von der ZDF-Redaktion geplant, organisiert und durchgeführt worden.

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