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Wer sich versteckt, will gesehen werden

Wenn Politiker die Öffentlichkeit genau darüber informieren, wo sie ihren Sommerurlaub verbringen werden, dann könnte man das natürlich als indirekte Einladung an die Leser-Reporter von “Bild” oder Profi-Fotografen verstehen, sie am Urlaubsort zu besuchen und hübsche Fotos aus dem Privatleben in die Presse zu tragen.

Und wenn Politiker die Öffentlichkeit ausdrücklich nicht darüber informieren? Dann auch.

Jedenfalls in der Logik von Hugo Müller-Vogg, der heute in seiner “Bild”-Kolumne u.a. über Politiker schreibt, die ihren Sommerurlaub “als Versteckspiel inszenieren”:

Von morgen an heißt es für Angela Merkel: Sommer, Sonne, Urlaub. Und den beginnt die Musik-Kennerin zusammen mit ihrem Mann, Professor Joachim Sauer, wie immer in Bayreuth. (…) Während ihre Vorgänger Helmut Kohl und Gerhard Schröder gerne sagten, wo und wie sie sich erholen, macht die Kanzlerin ein Staatsgeheimnis daraus. Es scheint Angela Merkel und ihrem ohnehin pressescheuen Mann sogar Spaß zu bereiten, die Leser-Reporter von BILD und die Promi-Fotografen der Magazine zu besonderen Anstrengungen zu verleiten. Ganz nach dem Motto: Mal sehen, wer uns zuerst entdeckt.
(Hervorhebung von uns.)

Man kann das wie einen Aufruf “Fotografiert Angela Merkel im Urlaub!” lesen — und sogar als Ermunterung, sich nicht davon abschrecken zu lassen, wenn Frau Merkel und Herr Sauer deutliche Signale aussenden, dass sie gerade nicht fotografiert werden wollen. Denn damit wollen sie ja bestimmt nur die Paparazzi zu “besonderen Anstrengungen” anspornen. Quasi um den Spaß für alle zu erhöhen.

PS: Im April 2006 hatte “Bild” noch einen Regierungssprecher mit den Worten zitiert: “Auch die Bundeskanzlerin und ihr Mann haben ein Recht auf Privatsphäre!” Aber damals war es ja auch die britische Boulevardzeitung “The Sun” gewesen, die Pool-Fotos von Merkel veröffentlicht hatte. Als “Bild” im April 2007 selbst Pool-Fotos von Merkel veröffentlichte, war von einer Privatsphäre der Bundeskanzlerin und ihres Mannes keine Rede mehr. Uns sagte ein Regierungssprecher dazu, die Fotos in “Bild” seien “ohne ihr Einverständnis” gemacht und veröffentlich worden — und Merkels Urlaubsreisen “eigentlich eine private Angelegenheit”. Wie schon im Vorjahr ließ die Bundesregierung dennoch, wie angekündigt, “die Sache auf sich beruhen”.

Danke an Toni L.!

“Bild” schenkt “Reiter-Held” eine Ente

Unter der Überschrift “Verband kennt ihn nicht mehr” berichtete “Bild” am 6. Juni über den 70. Geburtstag von “Reiter-Held” Alwin Schockemöhle (siehe Ausriss). Selbst "Reiter-Held Schockemöhle: Verband kennt ihn nicht mehr"Bundespräsident Horst Köhler und Bundeskanzlerin Angela Merkel hätten gratuliert, schreibt “Bild”. Aber:

Aus aller Welt kamen Glückwünsche. Nur die deutsche Reitsportföderation (FN) in Warendorf vergaß ihren größten Reiter. Kein Anruf, kein Telegramm, keine Würdigung. Wie peinlich!

Als Quelle für die Geschichte dient “Bild” Schockemöhle selbst, über den dpa anlässlich seines Geburtstags diskret schrieb: “Inzwischen lebt Alwin Schockemöhle (…) zurückgezogen in seiner Villa im niedersächsischen Mühlen”. “Bild” zitiert ihn mit den Worten:

“(…) Dass sich nun keiner an meinem Geburtstag aus Warendorf bei mir meldete, auch nicht Präsident Breido Graf zu Rantzau und nicht dessen Vorgänger Dieter Graf Landsberg-Velen, das ist wie eine Verschwörung.”

Gut möglich, dass Schockemöhle das tatsächlich zu “Bild” gesagt hat.

Allerdings entspricht es offenbar nicht den Tatsachen. Gestern dementierte die Reitsportföderation (die übrigens nicht anzweifelt, dass Schockemöhle korrekt zitiert wurde) in einer Pressemitteilung glaubwürdig den eingangs zitierten “Bild”-Satz:

Diese Behauptung ist falsch. Richtig ist: Breido Graf zu Rantzau (Breitenburg), Präsident der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN), sandte ein handschriftliches Glückwunschreiben an Alwin Schockemöhle. Ein Gratulationsschreiben wurde ebenfalls von Dr. Hanfried Haring, dem Vorsitzenden des geschäftsführenden Vorstands und Generalsekretär der FN, an Alwin Schockemöhle gesandt. Persönlich gratulierten anlässlich des Geburtstagsempfangs mit Ruth Klimke (Münster) und Friedrich Witte (Burscheid) zwei der insgesamt drei Vize-Präsidenten der FN.

Und zumindest was die persönliche Anwesenheit von Friedrich Witte angeht, hätte es der “Bild”-Autor (Kürzel: DL) eigentlich besser wissen müssen. Es handelt sich nach unseren Informationen nämlich um denselben Autor, der auf equinet.de schrieb:

Im Kreise von Familie, Verwandten, Freunden, ihm altbekannten Journalisten und Züchtern feierte gestern Alwin Schockemöhle (…) seinen Geburtstag. (…) Gekommen waren unter anderem als Privatmann Friedrich Witte, Vize-Präsident der FN (…)

Mit Dank an Alexa F. für den sachdienlichen Hinweis.

“Bild” hält zu Söder

Vergangenen Sonntag zitierte die “Bild am Sonntag” diverse CDU- und CSU-Politiker, die sich gegen eine Begnadigung des ehemaligen RAF-Terroristen Christian Klar durch den Bundespräsidenten ausgesprochen hatten. Darunter auch den CSU-Generalsekretär Markus Söder, der im “Spiegel” eine “Begnadigung Klars als ‘schwere Hypothek’ für Köhlers Wiederwahl” bezeichnet hatte.

Am Montag zitierte auch “Bild” Söder mit dieser Äußerung, ebenso wie andere CDU- und CSU-Politiker, die sich kritisch zu einer Begnadigung Klars geäußert hatten. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU), die wegen dieser Kritik “Respekt” vor dem Bundespräsidenten gefordert hatten, zitierte “Bild” nicht (wir berichteten).

Am Dienstag meldeten quasi alle Agenturen, dass Markus Söder wegen der in “Bild” zitierten Äußerung von Politikern verschiedenster Parteien kritisiert werde. Manche forderten sogar Söders Rücktritt und selbst Kollegen aus der CSU griffen ihn an. Entsprechend berichteten diverse Medien am Dienstag im Internet darüber und/oder am Mittwoch in ihren Druckausgaben. Ein paar Beispiele:

“Focus Online”:

Söder wird auch in der CSU kritisiert

“Spiegel Online”:

CSU nimmt Söder unter Beschuss

“Die Welt”:

Partei-Kollegen greifen CSU-General Söder an

“Frankfurter Allgemeine Zeitung”:

CSU-General Söder in der Kritik (…) auch in der eigenen Partei wurde am Dienstag Missfallen laut.

“Frankfurter Rundschau”:

Söder soll sich bei Köhler entschuldigen (…) auch Politiker der Union haben sich von der Kritik des CSU-Generalsekretärs Söder an Bundespräsident Köhler distanziert.

“Süddeutsche Zeitung”:

Söder bringt selbst Parteifreunde gegen sich auf

“Hamburger Abendblatt”:

CSU-General Söder unter Dauerbeschuss (…) Politiker aller Parteien greifen den Mann aus Bayern an.

“tageszeitung”:

Söder muss auf Gnade der CSU hoffen

“Tagesspiegel”:

Keine Gnade für Söder

Und so weiter…

Kurz gesagt: Kaum eine Zeitung, kaum ein Online-Medium, egal welcher politischen Ausrichtung, kam an dem Thema vorbei. Selbst Boulevardzeitungen wie der “Berliner Kurier” oder gar die, wie “Bild” bei Springer erscheinende, “B.Z.” berichteten darüber.

Doch mindestens eine Zeitung, die vorher über die Äußerung Söders berichtet hatte, berichtete danach nicht über die Folgen:

“Bild”.

Weder am Dienstag, noch am Mittwoch, noch heute findet sich auch nur ein Wort dazu im Blatt*.

Mit Dank an Erik F. für den sachdienlichen Hinweis.

*) Am Mittwoch, als fast alle Zeitungen größer über die Kritik an Söder berichteten, schrieb “Bild” auf ihrer Seite 2 (der wichtigsten Politik-Seite) lieber über den Trauzeugen von “Bild”-Chef Kai Diekmann, der für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen ist. Zwei ehemalige polnische Außenminister und ein ehemaliger polnischer Ministerpräsident finden nämlich, dass Helmut Kohl ihn verdient hätte.

neu  

“Bild” sucht Killer für Köhler

"Köhler fuhr zu RAF-Mörder Klar -- Herr Bundespräsident, diese Herren würden sich auch über Ihren Besuch freuen"Schon möglich, dass Sven Böttcher, Hans-Jürgen Rösner und Dieter Zurwehme sich über den Besuch des Bundespräsidenten freuen würden, wie “Bild” heute behauptet. Ebenso wahrscheinlich ist es jedoch, dass es den drei wegen mehrfachen Mordes Verurteilten völlig egal sein dürfte, ob Horst Köhler bei ihnen vorbeischaut.

Aber der Reihe nach.

“Bild” echauffiert sich heute großflächig auf der Seite 2 (siehe Ausriss) darüber, dass Horst Köhler sich mit dem Ex-RAF-Terroristen Christian Klar getroffen hat, um sich persönlich ein Bild von ihm zu machen, bevor er über dessen Begnadigung entscheidet. “Bild” schreibt:

Dass sich unser Staatsoberhaupt mit einem neunfachen Mörder getroffen hat, dass er ihn besuchte ist für viele Bürger und Politiker eine unerträgliche Vorstellung!

“Bild” zitiert den bayrischen CSU-Wirtschaftsminister Erwin Huber (“Eine Privilegierung der RAF-Mörder dient nicht dem Rechtsfrieden in Deutschland.”), Bayerns CSU-Ministerpräsident Edmund Stoiber (“Es könnte von manchen wie ein später Sieg der Terroristen gedeutet werden, wenn der Staat so tut, als wären RAF-Mörder die besseren Mörder!”) und CSU-Generalsekretär Markus Söder, der “intern deutlich” gemacht habe, dass eine Begnadigung Klars für Köhler “eine schwere Hypothek” für eine Wiederwahl als Bundespräsident wäre. Außerdem zitiert “Bild” Joachim Zeller (CDU), der Köhler “in diesem Punkt” nicht verstehe — und übrigens angeblich “Bezirksbürgermeister von Berlin-Mitte” sei, in Wahrheit aber seit 2006 bloß noch stellvertretender Bezirksbürgermeister ist.

“Bild” zitiert nicht Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und nicht Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU), die beide gestern als Reaktion auf die Kritik an Köhler mehr Zurückhaltung in der Debatte und “Respekt” vor dem Amt, der Person und dem Urteilsvermögen des Bundespräsidenten gefordert hatten.

Aber zurück zu den mehrfachen Mördern, zu deren Besuch “Bild” den Bundespräsidenten quasi auffordert. “Bild” schreibt:

IM KLARTEXT: Muss sich der Bundespräsident auch auf den Weg zu anderen verurteilten Mördern machen, wenn sie um ein Gespräch bitten? Könnten sich Killer wie der Gladbecker Geiselgangster Hans-Jürgen Rösner, der 1988 mit seinem Komplizen Degowski einen Bus kaperte (2 Tote), dann wohl auch über einen präsidialen Besuchsdienst freuen?

“Bild” lässt diese Fragen offen. Aber wir können sie beantworten. Und zwar mit einem schlichten “nein”. Denn weder Rösner noch Böttcher oder Zurwehme hätten besonders viel mit dem Bundespräsidenten zu besprechen. Jedenfalls nicht, was eine mögliche Begnadigung angeht. In Paragraph 452 der Strafprozessordnung steht:

In Sachen, in denen im ersten Rechtszug in Ausübung von Gerichtsbarkeit des Bundes entschieden worden ist, steht das Begnadigungsrecht dem Bund zu. In allen anderen Sachen steht es den Ländern zu.

IM KLARTEXT: Der Bundespräsident wäre für Begnadigungen von Böttcher, Rösner und Zurwehme gar nicht zuständig. (was übrigens in einem lehrreichen Text von Heribert Prantl in der “Süddeutschen Zeitung” von heute recht deutlich wird). Sie alle wurden von Landgerichten verurteilt und damit nicht “in Ausübung von Gerichtsbarkeit des Bundes”. Um es mit Prantl zu sagen: “Als ‘Gnadenherr’, wie es so schön heißt, betätigt sich der Bundespräsident nur für Agenten und Terroristen (…).”

Insofern hätte “Bild” ihre Seite 2 heute ebensogut mit einem schönen Foto bestücken können.

Mit Dank an Thomas M., Christian A., Moritz A., Moritz E. und Hariolf B. für die sachdienlichen Hinweise.

P.S.: Der Bundespräsident hat mittlerweile entschieden, dass er Christian Klar nicht begnadigt (wir berichteten). “Der große BILD-TED” zur Frage, ob Köhler Klar begnadigen soll, hat sich damit erledigt. Bitte rufen Sie nicht mehr an!

Köhlers Entscheidung zu kompliziert für Bild.de

Heute vormittag wurde bekannt, dass Bundespräsident Horst Köhler das Gnadengesuch des ehemaligen RAF-Terroristen Christian Klar abgelehnt hat. Auch Bild.de berichtet darüber und schreibt:

Das Präsidialamt stellte jedoch eine weitere Prüfung in Aussicht: “Der Bundespräsident wird zu gegebener Zeit erneut und von Amts wegen über das Gesuch befinden.

Zugleich mit Klars Gnadengesuch wies Köhler auch das Gesuch der ebenfalls inhaftierten Ex-RAF-Terroristin Birgit Hogefeld (50) ab, einer Leitfigur der dritten RAF-Generation.”
(Bild.de, Stand ca. 15.30 Uhr)

Was Bild.de schreibt, findet sich fast wörtlich auch in verschiedenen Agenturmeldungen wieder — dort allerdings in einem völlig anderen, dafür aber korrekten Zusammenhang:

Zugleich wies Köhler auch ein Gnadengesuch des ebenfalls inhaftierten Ex-RAF-Mitglieds Birgit Hogefeld ab. “Der Bundespräsident wird jedoch zu gegebener Zeit erneut und von Amts wegen über das Gesuch befinden”, heißt es weiter.
(dpa, ca. 12.54 Uhr)

Zu Hogefeld, deren Urteil zu lebenslanger Freiheitsstrafe am 6. Januar 1999 rechtskräftig wurde, schrieb das Präsidialamt: “Der Bundespräsident wird jedoch zu gegebener Zeit erneut und von Amts wegen über das Gesuch befinden.”
(AP, ca. 13.10 Uhr)

Mit Dank an die Hinweisgeber.

Nachtrag, 16.25 Uhr: Plötzlich hat’s auch Bild.de gemerkt und einfach die Reihenfolge der beiden, oben zitierten Absätze geändert.

Im Stil einer Terroristengeisel

So sieht die heutige “Bild”-Schlagzeile aus:

Und wir fassen zusammen: “Bild” findet es nicht lustig, dass in der Pro7-Show “TV total” der ausgeschiedene DSDS-Kandidat Max Buskohl von Moderator Stefan Raab “im Stil einer Terroristengeisel” gezeigt wurde. Ja, “Bild” findet die “widerliche Kopie” sogar “total geschmacklos”, behauptet, das fraglos umstrittene Motiv “verhöhnt RAF-Opfer” — und fragt:

DAS SOLL KOMISCH SEIN?

Desweiteren berichtet “Bild”, die Familie des 1977 von der RAF ermordeten Hanns-Martin Schleyer sei “entsetzt”, und zitiert dann auch noch den Kulturstaatsminister Bernd Neumann mit den Worten:

“Wer Fotos von RAF-Opfern für Show-Effekte nutzt, handelt unverantwortlich. (…)”

Fragt sich bloß, was Schleyers Familie und der Kulturstaatsminister wohl zu folgender “Bild”-Werbung gesagt hätten:

Mit Dank an Fabian K. für den sachdienlichen Hinweis.

Lasst die Finger von Manuela E.

Es ist bestimmt nicht leicht für “Bild”, andauernd irgendwelche Geschichtchen über die RTL-Show “Deutschland sucht den Superstar” zu erf…ahren.

Ein Glück, dass “Bild” in der vergangenen Woche gleich zwei Mal die “BILD-Leser-Reporter” zur Hilfe kamen. Die angeblichen von “Bild” nicht namentlich genannten Informanten hatten nämlich “aufgedeckt”, dass mehrere DSDS-Kandidaten zuvor schon öffentlich aufgetreten waren und es sie “sogar auf CD” gab. “Bild” machte daraus Schlagzeilen* wie:

Betrug? Profi-Sänger bei den Superstars

*) Das war insofern irreführend, als ja auch bei anderen DSDS-Staffeln schon “ProfiSänger” mitgemacht hatten, ohne damit für (“Bild”-)Schlagzeilen zu sorgen. Eine gewisse Berechtigung hatte die “Betrug”-Frage aber dennoch, weil beispielsweise in den RTL-“Steckbriefen” die Gesangskarrieren der angeprangerten DSDSKandidaten mit keinem Wort erwähnt werden…

Heute nun berichtet “Bild” ein drittes Mal über einen “Profi-Sänger” bei “Deutschland sucht den Superstar”. Und ja, die Geschichte heute steht nicht mehr (wie am 6. Februar) auf der Titelseite oder (wie am 8. Februar) auf Seite 4, sondern weiter hinten im Berlin-Brandenburger Regionalteil. Groß ist sie dennoch:

Eine BILD-Lesereporterin hat es aufgedeckt: Der Berliner Kandidat Max Buskohl (18) hat eine eigene Band!

Und weiter heißt es, die “BILD-Leser-Reporterin Manuela E. [Name von uns gekürzt] entdeckte auf ‘myvideo.de’ einen Musik-Clip mit Max Buskohl und seiner Gruppe ‘Empty Trash'”.

Einen Hinweis darauf, worin genau im Fall Max Buskohl eigentlich der groß angekündigte “Schwindel” besteht, bleibt “Bild” indes schuldig. In Buskohls offiziellem DSDS-“Steckbrief” hieß und heißt es:

Er geht gerne aus und feiert, schreibt eigene Songs und spielt Gitarre. Das musikalische Talent hat Max von seinem Vater, Carl Carlton, der u.a. Gitarrist bei Robert Palmer, Peter Maffay und Udo Lindenberg war. Seit August 2005 ist Max Mitglied der Berliner Band ‘Empty Trash’, in der er unter dem Namen ‘Charlie Crawford’ singt.
(Hervorhebung von uns.)

Das heißt: Was “BILD-Leser-Reporterin” Manuela E. “aufgedeckt” hat, hätte nun wirklich jeder aufdecken können. Ach ja, vergangene Woche fragte “Bild” noch:

Wird man als Zuschauer bei “Deutschland sucht den Superstar” eigentlich nur für dumm verkauft?”

Inzwischen lautet die Antwort wohl: Nicht für dümmer als bei “Bild”.

Wie “Bild” eine Vorverurteilung wieder gutmacht

Dass eine Überschrift “Das ist der Rotkohl-Killer. Er hat das Baby seiner Freundin zu Tode gefüttert” über dem unverfremdeten Foto eines nicht verurteilten Menschen eine unzulässige Vorverurteilung darstellt, findet sogar der Presserat. Er hat auf unseren Antrag hin daher eine “Missbilligung” ausgesprochen. Im Nachhinein hatte sich sogar der ganze Tathergang, den “Bild” am 14. Januar 2006 minutiös als Tatsache beschrieben hatte, als falsch herausgestellt.

Interessanter als der Beschluss des Beschwerdeausschusses (eine Missbilligung ist zwar Ausdruck eines “schwerwiegenden” Verstoßes gegen den Pressekodex, aber für die betroffene Zeitung folgenlos*) ist die Argumentation der Rechtsabteilung der Axel Springer AG in dieser Sache. Sie erklärte, das Verfahren sei “wegen Wiedergutmachung … für beendet zu erklären”. Die “Wiedergutmachung” habe darin bestanden, dass “Bild” am 3. November 2006 einen Artikel veröffentlichte, in dem es hieß:

“Das Kind starb wegen eines ausgesetzten Schluckreflexes aufgrund des Schüttelns — nicht wie BILD im Januar berichtet hatte, weil Markus V. es mit Rotkohl gefüttert hatte. BILD hatte Markus V. damit zu einem Zeitpunkt zum Täter gemacht, als das Gericht seine Schuld noch nicht festgestellt hatte.”

Das sind für “Bild” ungewöhnliche Formulierungen. Und anzunehmen, dass diese Offenheit etwas mit dem zu diesem Zeitpunkt bereits laufenden Presserats-Verfahren zu tun hat, ist natürlich reine Spekulation.

Tatsächlich scheint die vermeintliche “Wiedergutmachung” in einigen “Bild”-Ausgaben erschienen zu sein (z.B. in Hamburg). In der Regionalausgabe Berlin-Brandenburg aber haben wir sie weder am 3. noch am 4. November 2006 gefunden — obwohl auch hier zehn Monate zuvor der falsche und vorverurteilende, fast halbseitige Artikel veröffentlicht wurde. Auf unsere Frage, ob die “Wiedergutmachung” in Berlin-Brandenburg nicht erschienen sei, teilte uns “Bild”-Sprecher Tobias Fröhlich mit, da könne er uns “leider nicht weiterhelfen”.

Wie auch immer: Der Presserat sah in diesem “Versuch einer Korrekturmeldung” keine “Wiedergutmachung”.

*) Es besteht nach der Beschwerdeordnung des Presserates “zwar keine Pflicht, Missbilligungen in den betroffenen Publikationsorganen abzudrucken. Als Ausdruck fairer Berichterstattung empfiehlt der Beschwerdeausschuss jedoch eine solche redaktionelle Entscheidung”. Die “Bild”-Zeitung verzichtet in der Regel auf diesen Ausdruck fairer Berichterstattung.

6 vor 9

Stadt Wiesbaden kürzt Arbeitslosenhilfe für Henrico Frank
(welt.de)
Weil er sich nicht um die angebotenen Stellen gekümmert hat, muss Henrico Frank nun mit weniger Hartz-IV-Hilfe auskommen. Ab dem 1.Februar wird die monatliche Leistung von derzeit 345 Euro um 30 Prozent gesenkt. Frank war durch seinen Streit mit SPD-Chef Kurt Beck in die Schlagzeilen geraten.

Kohle und Kies, Knete und Kröten
(jungle-world.com)
Wo gibt es Geld zu holen? Die Experten der Jungle World wissen Rat.

Intelligenz im Ohr
(sueddeutsche.de, Yvonne Göpfert)
Musik, Kultur, Forschung oder Politik – es gibt eigentlich nichts, wozu sich nicht ein Podcast im Internet findet. Seit gut einem Jahr kann man auch Fremdsprachen mit der neuen Technik lernen.

“Lieber nicht am Telefon”
(tagesspiegel.de, Marc Felix Serrao)
Thomas Roth, künftiger Leiter des ARD-Studios in Moskau, über Putin und russische Pressefreiheit.

Von Popmusik bis Politik
(berlinonline.de)
In eigener Sache: Über die Blogs der Berliner Zeitung.

Was Leser wirklich lesen!
(axel-springer-akademie.de, Video)
Ein kurzes Interview aus dem Jepblog der Axel-Springer-Akademie mit Christa D., 72, Berlinerin.

Allgemein  

Köhlbrandbrücke von “Bild” verloren

Hamburg ohne Köhlbrandbrücke – unvorstellbar, aber wohl doch bald Realität!

So steht es heute in der “Bild”-Zeitung (Hamburg). Halbseitig wird dort auf der Titelseite der “Abriss” des bekannten Bauwerks annonciert (siehe Ausriss). Weiter heißt es dort ohne Wenn und Aber: “Hamburg verliert ein Wahrzeichen.” Der Hamburger Senat müsse “in Kürze” über einen Neubau oder Ersatz beschließen.

Erste Zweifel an ihrer Titelgeschichte kommen “Bild” selbst offenbar erst acht Seiten später. Dort heißt es nämlich plötzlich nur noch:

Hamburg verliert möglicherweise eines seiner Wahrzeichen.

Jetzt muss der Senat nach BILD-Informationen in absehbarer Zeit über einen Abriss der 1970 bis 1974 errichteten Köhlbrandbrücke entscheiden!
(Hervorhebungen von uns.)

Die im Hamburger Senat für den Hafen zuständige “Hamburg Port Authority” (HPA) hat die schöne “Bild”-Schlagzeile dennoch umgehend dementiert:

Ein Abriss der Köhlbrandbrücke ist nicht geplant.

Und die HPA-Sprecherin weist uns darauf hin, dass zwar auch die Zukunft der Köhlbrandbrücke in die vielen Überlegungen für eine Neugestaltung der Hafenquerspange über den Köhlbrand miteinbezogen werde. Allerdings befinde sich diese “noch im gröbsten Planungsstadium”. Zur Zeit würden “lediglich Machbarkeitsstudien erstellt”. Die Frage, ob die Brücke abgerissen wird oder nicht, die “Bild” heute auf die Titelseite beantwortet, stelle sich konkret “vielleicht in zwanzig, dreißig Jahren”.

Mit Dank an Michael H. für den Hinweis, Martin G. für den Scan und Martin A. für alles.

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