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Frau zu Guttenberg hält wenig von Starkult

Es ist die Liebesgeschichte des Jahres: die “Bild”-Zeitung & Stephanie zu Guttenberg. Zum Weihnachtsfest schenken wir Ihnen, liebe Leser, die Chronologie einer Romanze, die in diesen kalten Tagen das Herz erwärmt.

Es begann schon im vorigen Jahr, und es begann mit Haaren, Blut und Beinen. Noch bevor die “Bild”-Zeitung die Ehefrau des damaligen Wirtschaftsministers Theodor zu Guttenberg “gutt” fand, fand sie sie geil. Sie sortierte sie am 20. Mai 2009 auf Platz 30 ihrer Liste der “100 erotischsten Frauen Deutschlands”. Mit mehr als nur einem Hauch von Homoerotik schwärmte “Bild”-Mitarbeiterin Christiane Hoffmann:

Stephanie zu Guttenberg (32) Frau unseres Wirtschaftsministers, blondeste Versuchung, seit es Politikergattinen gibt. Blaues, wallendes Blut. Absolut großartige Beine! Wow!

14. August 2009. Damit Karl-Theodor zu Guttenberg nicht wieder, wie in Bayreuth, mit schiefer Fliege da sitzt, korrigierte “seine hinreißende Frau Stephanie (32) sein Erscheinungsbild fürsorglich auf dem Weg in die Oper”, notiert Adels-Experten-Adel Alexander von Schönburg und stellt fest: Sie “sorgt sich rührend um die makellose Erscheinung ihres Mannes, unseres Wirtschaftsministers”.

26. September 2009. “KT und Stephanie zu Guttenberg” werden auf der Wiesn gesehen. “Bild” sorgt sich: “Dürfen Franken denn Lederhose tragen?”

5. Oktober 2009. Weil sie “mit ihrer lässigen Schönheit” “der heimliche Star bei ‘Wetten, dass..?'” war, “erklärt BILD die schöne Frau von Wirtschafts-Minister Guttenberg” – die erste Titelgeschichte. Erstaunliche Erkenntnis:

Stephanie zu Guttenberg hält wenig von Starkult. Sie sagt: “Die wichtigsten Dingen im Leben sind Demut und Dankbarkeit.”

31. Oktober 2009. “Bild”-Kolumnistin Evelyn Holst seufzt: “Ich wäre so gern eine richtig coole Technikmaus, so wie Stephanie zu Guttenberg, die mir kürzlich nach einem Interview zack, zack mein Navi im Leihwagen programmierte, an dem ich erfolglos herumgedrückt hatte.”

19. November 2009. Alexander von Schönburg beobachtet, wie sich Stepanie zu Guttenberg bei einer Filmpremiere von “Bild”-Filmgott Arthur Cohn “mit Nachos, Popcorn und Cola” ausrüstet.

21. November 2009. Alexander von Schönburg berichtet, wie es bei Verdis “Requiem” in der Berliner Philharmonie zu einem “Familientreffen der Guttenbergs” kam. “Zum Konzert gebeten hatte Stephanie zu Guttenberg, die kluge und schöne Frau des Ministers”, um für ihre Organisation “Innocence in Danger” zu sammeln.

27. November 2009. Bei der “Bambi”-Verleihung hat Stephanie zu Guttenberg den “bezauberndsten Auftritt”, als sie ihren Mann “in einer hinreißenden roten Robe” vertritt.

7. Dezember 2009. Großes Interview: “So kämpfe ich gegen den Missbrauch von Kindern. Stephanie Freifrau von und zu Guttenberg.”

12. Dezember 2009. Stephanie zu Guttenberg wird an der “Bild”-Spendengala “Ein Herz für Kinder” im ZDF teilnehmen.

14. Dezember 2009. In einer “bewegenden Rede” hat Stephanie zu Guttenberg bei der “Ein Herz für Kinder”-Gala die Arbeit von Pater Max gewürdigt.

19. Januar 2010. Stephanie zu Guttenberg wird an der “Bild”-Spendengala für die Erdbebenopfer in Haiti teilnehmen:

“Ich finde es großartig, dass es BILD und dem ZDF gelungen ist, so schnell etwas auf die Beine zu stellen, womit den Menschen auf Haiti geholfen wird.”

22. Januar 2010. “Frau Guttenberg betet für unsere Soldaten”. “Bild” zitiert sie mit den Worten:

“Mein Mann konnte wegen der Haushaltswoche nicht aus Berlin weg. Ich bin gekommen, weil es mir sehr viel bedeutet, dass wenigstens ein Mitglied unserer Familie bei diesem wichtigen Gottesdienst dabei ist.”

22. Februar 2010. Stephanie zu Guttenberg lässt Maria Riesch im Deutschen Haus bei den Olympischen Winterspielen einen Blick auf ihr iPhone werfen.

1. April 2010. Die ARD zeigt einen Film zum Thema Kindesmissbrauch. In einer Sondersendung von “Beckmann” ist auch Stephanie zu Guttenberg zu Gast. Sie sagt: “Es wird eindeutig zu wenig für die Opfer getan!”

22. Mai 2010. Stephanie zu Guttenberg ist zu Gast beim Champions-League-Finale FC Bayern München gegen Inter Mailand.

27. Mai 2010. “Bild” macht Stephanie zu Guttenberg zur “Gewinnerin” des Tages, weil sie mit dem Deutschen Kinderpreis ausgezeichnet wurde.

Die Preisträgerin: “Ich werde weiter kämpfen wie ein Löwe.”

BILD meint: Gut gebrüllt, Jury!

5. Juli 2010. “Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (38, CSU) und Gattin Stephanie (33) verfolgten das Deutschland-Spiel gegen Argentinien im fränkischen Kulmbach, wo der Minister einst selber kickte.”

2. August 2010.“Der Preis für den schönsten Urlaubs-Schnappschuss geht heute an Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (38) und seine entzückende Frau Stephanie (33). ‘Wir verbringen unsere wenigen freien Tage in der oberfränkischen Heimat’, schwärmt Stephanie, die als Halb-Schwedin im Dirndl eine erstaunlich gute Figur macht.”

11. September 2010. Stephanie zu Guttenberg erklärt in einem Ratgeber: “So schützen Sie Ihr Kind vor Missbrauch”. “Bild” druckt ihre “wichtigsten Ratschläge”.

13. September 2010. “Es ist ein mahnender Appell aus Sorge um die Seelen unserer Kinder! Stephanie zu Guttenberg, Ehefrau unseres Verteidigungsministers, beschreibt als Präsidentin des Vereins “Innocence in Danger”, wie gefährlich die Sexualisierung unserer Gesellschaft für die Jugend ist.” In “Bild”.

14. September 2010. Zweiter Teil des Vorabdrucks aus Guttenbergs Buch: “Die Heidi-Klum-Show ist kein Vorbild für unsere Kinder / Stephanie zu Guttenberg kritisiert den Sex-Chic”.

16. September 2010. Stephanie zu Guttenberg stellt ihr Buch vor.

17. September 2010. “Bild”-Kolumnist Mainhardt Graf Nayhauß nimmt Stephanie zu Guttenberg in seine “Top 10 der Woche” auf:

6. Der heißeste Wunsch von Stephanie zu Guttenberg, Präsidentin des Vereins gegen Kindesmissbrauchs “Innocence in Danger”, lautet: “Wenn morgen in der BILD stünde: Telekomchef Obermann spendete 1 Million Euro”.

23. September 2010. Ein “Bild”-Leser hat Stephanie und Karl-Theodor zu Guttenberg auf der Wiesn fotografiert. “Bild” titelt: “Total verschossen auf der Wiesn!” Und schreibt:

Das glamouröse Polit-Paar ganz verschossen! Am Schießstand, gleich neben dem Käfer-Zelt, hatten sich die beiden zuvor als Präzisionsschützen hervorgetan. Der Budenbesitzer: “Respekt! Die Frau zu Guttenberg schießt saugut. Er aber noch besser.” Reingewinn: Eine rote Plastikrose für SIE. Eine Hutfeder für IHN.

27. September 2010. Auf der “Funk & Soul Night” zugunsten von “Innocence in Danger”:

Ihre Haare fliegen ihr ins Gesicht, sie lacht, tanzt ausgelassen…

Hier rockt Deutschlands heimliche First Lady Stephanie zu Guttenberg (33)! (…)

Stephanie überzeugt. Souverän wie sonst ihr Mann steht sie am Rednerpult, mahnt eindringlich gegen sexuellen Missbrauch von Kindern. “KT” streichelt ihr nach ihrer Rede stolz über die Wange…

Stephanie hat eine Wahnsinns-Ausstrahlung. Sie trinkt Weißwein, glitzert im schwarzen Paillettenkleid. “Ein bisschen funky, passend zum Abend”, sagt sie mir. JEDER Gast will mit ihr reden — und sie weicht niemandem aus.

Stephanie zu Guttenberg — elegant und lässig. Eine Frau, die was zu sagen hat — sich aber nicht in den Vordergrund spielt. Deutschlands heimliche First Lady!

29. September 2010. “Bild”-“Stilkritik”:

Sie rockte und glitzerte wundervoll. Stephanie zu Guttenberg (33), Gattin des Bundesverteidigungsministers, setzt DEN neuen Mode-Trend! Was trägt frau, wenn sie mal so richtig glänzen will? Schwarze Pailletten!

5. Oktober 2010. Die Wiesn geht zu Ende. Fazit von “Bild”: “Karl-Theodor und Stephanie zu Guttenberg. Die Wiesn-Könige in puncto Stil- und Treffsicherheit”

7. Oktober 2010. Große “Bild”-Schlagzeile: “Stephanie zu Guttenberg jagt Kinderschänder im TV!”

Marion Horn kommentiert:

Respekt, Frau zu Guttenberg!

Viele Politiker-Frauen engagieren sich sozial, aber keine geht so weit wie Stephanie zu Guttenberg. Sie geht da hin, wo es weh tut. Mitten in die Abgründe perverser Täter, die sich an unseren Kindern vergreifen wollen. (…)

Stephanie zu Guttenberg zwingt Polizei, Justiz und Eltern, sich mit diesem widerlichen Thema auseinanderzusetzen. Zum Schutze unserer Kinder.

Respekt!

8. Oktober 2010. “Bild”-Kommentator Einar Koch fordert “mehr Härte gegen Kinderschänder” und behauptet: “Tatort Internet: Stephanie zu Guttenberg stellt potenzielle Kinderschänder vor laufender Kamera bloß.”

“Bild” zeigt, wie Stephanie zu Guttenberg zeigt, wie sie auf der “Bild”-Titelseite ist und zitiert sie: “Es sind diese Schlagzeilen, die wir brauchen – zum Schutz unserer Kinder!”

9. Oktober 2010. “Tatort Internet – die RTL-2-Sendung mit Stephanie zu Guttenberg erschüttert Deutschland.”

11. Oktober 2010. “Bild”-Reporter Hans-Jörg Vehlewald prangert an: “Nach mutiger TV-Doku: Kinderschänder beschimpfen Stephanie zu Guttenberg”. Mit den Kinderschändern im Bund sieht er die “Süddeutsche Zeitung” und zitiert empört und verkürzt: “Die Ministergattin wecke einen ‘gefährlichen Volkszorn’ gegen erwachsene Männer, die mit 13-jährigen Kindern Sex haben wollen.”

16. Oktober 2010.
Erstes Sex-Ekel gefeuert Bravo, Stephanie zu Guttenberg!

18. Oktober 2010.

Stephanie zu Guttenberg entsetzt über Art der Debatte ... und Til Schweiger geht auf ihre Kritiker los Kampf gegen Kinderschänder im TVStephanie zu Guttenberg sagt zu “Bild”, sie sei empört, wie sich Medienexperten, Juristen und Journalisten so offensichtlich auf die Seite von Tätern stellen, statt die Opfer zu schützen. Ein vierfacher Vater namens Til Schweiger sagt zu “Bild”, er sei “erst sprachlos und dann vor allen Dingen wütend”, wie mit Frau zu Guttenberg umgegangen werde. Er stellt die Frage: “In was für einer Gesellschaft leben wir denn?”

19. Oktober 2010.

5. November 2010. Stephanie zu Guttenberg wird für ihr Engagement gegen Kindesmissbrauch mit der “Goldene Erbse” des Deutschen Zentrums für Märchenkultur geehrt.

8. November 2010.

Diese Guttenbergs! Sie waren DAS Glamour-Paar beim Sportpresseball in der Alten Oper. Entwaffnend sympathisch, erfrischend ehrlich. So gesteht Stephanie zu Guttenberg (33) in ihrem nachtblauen Abendkleid: “Ich fühle mich eindeutig wohler in Jeans.”

10. November 2010. Stephanie zu Guttenberg ist erneut “Gewinnerin” des Tages in “Bild”:

Seit die Ministergattin mit der Sendung “Tatort Internet” gegen Kinderschänder kämpft, steigt die Zahl von Hinweisen auf Kinderpornografie bei der Beschwerdestelle der Internet-Wirtschaft rasant. Kindersex-Fotos und -Videos verschwinden schneller aus dem Netz.

15. November 2010. Stephanie zu Guttenberg wird an der Promi-Ausgabe von “Wer wird Millionär” teilnehmen.

16. November 2010. Stephanie zu Guttenberg wird an der Promi-Ausgabe von “Wer wird Millionär” teilnehmen. Sie sagt: “Ich bin schon nervös. Doch Nervosität muss ja nicht unbedingt schaden.” Günther Jauch sagt: “Sie spricht fünf Sprachen und ist hochgebildet. Aber dennoch kann man bei einer Frage hängen bleiben (…).”

30. November 2010. Stephanie zu Guttenberg wird an der “Bild”-Spendengala “Ein Herz für Kinder” teilnehmen.

1. Dezember 2010. “Innocence in Danger” stellt Strafanzeige gegen Redakteure der “Frankfurter Rundschau”, die die Arbeitsweise des Vereins kritisiert haben. “Bild” berichtet auf Seite 1. Stephanie zu Guttenberg sagt: “Wir lassen uns die erfolgreiche Arbeit zum Schutz der Kinder nicht von der absurden Verleumdungskampagne des DuMont-Verlags kaputt machen.”

3. Dezember 2010. “Bild” veröffentlicht eine 30-köpfige Liste: “Diese Deutschen wollen wir öfter im TV sehen!” Auf Platz 1 landet überraschend Stephanie zu Guttenberg:

Sie ist definitiv schuld daran, wenn der Blondinenwitz ausstirbt! Klug, witzig, tough. Wer interessiert sich da noch für Ur-Ur-Opa Bismarck? Nicht mal der eigene Minister-Ehemann kann ihr die Show stehlen. Bleibt nur noch die Frage: Wie schafft die das bloß?

4. Dezember 2010. Stephanie zu Guttenberg wird an der “Bild”-Spendengala “Ein Herz für Kinder” teilnehmen.

8. Dezember 2010. “Bild” präsentiert das Werk “Verletzungen – Verbindungen” des Künstlers Günther Uecker. Unter den Gästen: Stephanie zu Guttenberg.

10. Dezember 2010. “Bild”-Kolumnist Mainhardt Graf Nayhauß rühmt “den besten Beweis für tadelfreies Arbeiten”, den Stephanie zu Guttenberg für “Innocence in Danger” von der deutschen UNESCO-Kommission erhalten habe, die erklärte, sie unterstütze “mit Nachdruck die Ziele des Vereins”.

Unterdessen erklären Stephanie zu Guttenberg und Maria Riesch in “Bild”: “Jetzt kämpfen wir gemeinsam gegen Kindes-Missbrauch!”

14. Dezember 2010. Stephanie zu Guttenberg begleitet ihren Mann zu einem Truppenbesuch in Afghanistan:

Die Ministergattin sucht das Gespräch mit Soldatinnen – in sandfarbenen Jeans, Karo-Bluse, Parker und “Ugg”-Boots -, lässt sich von Oberfeldwebel Stefanie ein “Yak” erklären (gepanzertes Sanitätsfahrzeug), besichtigt die leere Intensivstation des Einsatzlazaretts: “Wenn in Krankenhäusern nichts los ist, ist es ja großartig …”

15. Dezember 2010. Ein Coming-Out:

“Bild” zitiert Hauptfeldwebel Stefan B. (39), Kunduz: “Für uns war es schön, dass beide bei uns waren. Frau zu Guttenberg war sozusagen stellvertretend für unsere Freundinnen, Frauen und Mütter hier.”

“Bild” fragt bei Moderator Johannes B. Kerner nach: “Gab es Reaktionen auf Frau zu Guttenberg?” Kerner antwortet: “Frau zu Guttenberg war hauptsächlich in Kunduz und wir in Mazar-e-Sharif. Mir haben zwei Soldatinnen gesagt, dass sie es gut finden, dass die Ministergattin mitgekommen ist. Mehr habe ich nicht gehört.”

17. Dezember 2010. Stephanie zu Guttenberg erklärt, warum sie ein “Herz für Kinder” hat: “Weil das Lächeln eines Kindes und in diesem Fall meiner eigenen Kinder mit nichts auf dieser Welt aufzuwiegen ist.”

18. Dezember 2010. Stephanie zu Guttenberg wird an der “Bild”-Spendengala “Ein Herz für Kinder” teilnehmen. Sie war als Projekt-Patin im Oktober in ein Waisenhaus nach Nepal gereist.

20. Dezember 2010. Stephanie zu Guttenberg hat an der “Bild”-Spendengala “Ein Herz für Kinder” teilgenommen.

SIE kämpfte für den guten Zweck, ER kam direkt aus dem Krieg dazu …

DIE GUTTENBERGS.

Millionen TV-Zuschauer sehen im ZDF eine Stephanie zu Guttenberg (34), die sich leidenschaftlich für verstoßene und missbrauchte Kinder in Nepal einsetzt. (…)

Nach ihrem bewegenden Auftritt fällt Stephanie zu Guttenberg dann auch ihrem Mann in die Arme. Sie küssen sich innig.

Kurz nach ein Uhr gehen die Guttenbergs — Hand in Hand.

Power-Paar: Stephanie und Karl-Theodor zu Guttenberg. SIE in einem eleganten Kleid von Rena Lange. ER direkt vom Flughafen — noch im Afghanistan-Outfit.

(Übersicht möglicherweise unvollständig. Alle Artikel ausschließlich aus der gedruckten werktäglichen “Bild”-Zeitung. Auf Bild.de ist das Korpus natürlich größer.)
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“Bravo, Stephanie zu Guttenberg!”

Es gibt viel Kritik an der RTL2-Show “Tatort Internet”, in der gezeigt wird, wie Männer in Chats vermeintlich 13-jährige Mädchen ansprechen, sich mit ihnen verabreden und sie treffen. Die renommierte Medienanwältin Dorothee Bölke wirft dem Sender vor, “die journalististischen Pflichten bei der Verdachtsberichterstattung nicht beachtet” zu haben. Der Presserechtler Carsten Brennecke bezeichnet die Darstellung der angeblichen Täter als “klar rechtswidrig”. Drei Kinderschutzvereine nennen die Show ein “reißerisches und vorurteilsstärkendes” Format, das keinen Beitrag zum Schutz von Mädchen und Jungen vor sexualisierter Gewalt leiste. “Es erfüllt einzig und allein die Aufgabe, potentielle Sexualtäter an den Pranger zu stellen und altbewährte Ressentiments zu verstärken.” Und Clemens Bieber, der Vorsitzende des Würzburger Caritas-Verbandes, fordert die Absetzung der Show.

Einer der Männer, die den Verantwortlichen von “Tatort Internet” in die Falle gingen, war der Leiter eines Kinderdorfes der Caritas. Der 61-jährige war, wie andere potentielle Kinderschänder auch, unzureichend unkenntlich gemacht worden. Am Donnerstag vergangener Woche kündigte ihm die Caritas. Seitdem ist der Mann verschwunden. Am Freitag wurde er als vermisst gemeldet; Vertraute fürchten, er könne sich etwas angetan haben.

Die Aufnahmen mit dem Pädagogen waren bereits im Mai entstanden. Caritas-Chef Bieber wirft dem Sender vor, den Arbeitgeber fünf Monate lang nicht über das Fehlverhalten des Mannes informiert und so weitere Opfer riskiert zu haben. Es stelle sich die Frage, sagte er der “Süddeutsche Zeitung”, “ob es dem Sender wirklich um den Schutz der Kinder geht oder doch nur um die Einschaltquote.”

Und so berichtete am vergangenen Samstag die “Bild”-Zeitung über den Fall:

“Bild”-Chefreporter Hans-Jörg Vehlewald erwähnt in seinem Stück keinen einzigen der Vorwürfe gegen die Sendung. Aber selbst wenn man die ganze Kritik für vernachlässigenswert hält, ist es sehr abwegig, den Artikel mit “Bravo, Stephanie zu Guttenberg” zu überschreiben. Anders als Vehlewald behauptet, gehört Stephanie zu Guttenberg, die Ehefrau des Bundesverteidigungsministers und Präsidentin des Kinderschutzvereins “Innocence in Danger”, nämlich keineswegs zum “Reporterteam” der Sendung. Sie war nur Gast in der ersten Ausgabe der Show — nicht einmal der, in der es um den Kinderdorf-Leiter ging. Nach Angaben des Produzenten der Sendung ist sie nicht in die internen Abläufe der Sendung eingebunden.

Frau zu Guttenberg ist natürlich trotzdem eine der wichtigsten Mitwirkenden. Ohne sie wäre das Format vermutlich nicht prominent auf der Titelseite von “Bild” angekündigt worden.

Der Fall ist ein Paradebeispiel dafür, wie das System von Freundschaften und Abhängigkeiten funktioniert, das unter Chefredakteur Kai Diekmann die Berichterstattung von “Bild” prägt. Das Blatt darf zum Beispiel exklusiv die Klage zu Guttenbergs über die Sexualisierung unserer Welt zwischen seine Tittenbilder drucken und arbeitet dafür an ihrer Heiligsprechung. Es ist eine Win-Win-Situation, von der beide profitieren, nur vielleicht die Wahrheit nicht, oder weniger pathetisch formuliert: die Leser.

Heute erfahren sie zwar immerhin, dass “Presserechtler” der Show “Rechtswidrigkeit” vorwerfen (verpackt in einen Absatz, der damit beginnt, dass “die Ministergattin in Teilen der Öffentlichkeit Hohn und Spott für ihr Engagement gegen Kindesmissbrauch erntet”). Der Artikel ist aber ganz im Sinne zu Guttenbergs verfasst, die sich in ihrer der Zeitung auch selbst zu den Vorwürfen äußert. Gegenüber anderen Medien hatte sie eine Stellungnahme abgelehnt.

PS: Auf Seite 1 macht “Bild” heute einen Mann zum “Verlierer” des Tages, weil er Guttenberg und andere dafür kritisiert, sich “mit dem Thema Kinderpornografie ‘im Internet’ profilieren (zu) wollen” und den Missbrauch von Kindern populistisch zu missbrauchen: den Politiker Jörg Tauss, der ein Buch über die “Kinderporno-Lüge” plant. “Widerlich!” urteilt “Bild”.

Klitzekleines Detail: Tauss ist kein SPD-Mitglied; er ist bereits im Juni 2009 aus der Partei ausgetreten. Aber womöglich war das nur ein Versehen von “Bild”.

Mit Dank an Oliver O., Dennis B. und Tbo!

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Ein Herz für Schmutzkampagnen

Das Verhältnis zwischen der “Bild”-Hilfsorganisation “Ein Herz für Kinder” und dem Deutschen Zentralinstitut für soziale Fragen (DZI) ist — gelinde gesagt — durchwachsen. Während viele andere Hilfsorganisationen sich von der unabhängigen Institution auf die korrekte und transparente Verwendung von Spendengeldern prüfen lassen und dafür das DZI Spenden-Siegel erhalten, sieht “Ein Herz für Kinder” keinen Bedarf hierfür. Entsprechend war nach der Haiti-Spendengala Anfang des Jahres auf Welt.de zu lesen:

Das Deutsche Zentralinstitut für soziale Fragen (DZI) kritisierte “Ein Herz für Kinder” als intransparent. “Im Gegensatz zu allen anderen Partner-Hilfswerken der Spendengala veröffentlicht die Organisation keine Finanzberichte”, sagte DZI-Geschäftsführer Burkhard Wilke dem EPD. Dadurch sei nicht klar, wie viel Geld “Bild hilft” etwa für Werbung und Verwaltung ausgebe.

Mehr über
“Ein Herz für Kinder”:

Springer wiederum hält herzlich wenig vom DZI Spendensiegel:

Ein “Herz für Kinder” hat das “Spenden-Siegel” nie beantragt. Mit dem eingesparten Geld (10 000 Euro jährlich) hilft die BILD-Aktion lieber denjenigen, die es dringender brauchen als das halbstaatliche DZI.

Diese Aussage findet sich am Ende eines Artikels, der jüngst unter der Überschrift “Zu teuer, zu bürokratisch — Helfer wollen Spendensiegel boykottieren!” in der gedruckten “Bild”, auf Bild.de und sogar auf der Homepage von “Ein Herz für Kinder” erschienen ist. Die beiden Autoren Einar Koch und Hans-Jörg Vehlewald geben sich darin größte Mühe, das baldige Ende des DZI Spendensiegels heraufzubeschwören:

Es gilt als “TÜV der guten Tat” — doch jetzt droht dem “Spenden-Siegel” nach fast 20 Jahren das Aus!

Begründet wird das folgendermaßen:

Hilfsorganisationen wie DRK, Johanniter und Malteser erwägen einen Boykott des Siegels. Sie befürchten dramatisch steigende Verwaltungskosten zu Lasten von Notopfern. In einem Brandbrief der Johanniter heißt es: “Wissend um die Notwendigkeit von Effizienz und Transparenz müssen wir in Erwägung ziehen, auf das DZI-Spenden-Siegel zu verzichten”. Der Deutsche Caritasverband moniert: “Die mit dem Spenden-Siegel verbundenen Kosten stehen in keinem Verhältnis mehr zum erzielbaren Nutzen!”

Zwar sind oder waren alle von “Bild” genannten Hilfsorganisationen tatsächlich unzufrieden mit den neuen Vergabeleitlinien des Spendensiegels. Von Boykott oder auch nur Boykottdrohungen kann aber keine Rede sein und das wäre auch leicht herauszufinden gewesen, wenn sich auch nur einer der beiden Redakteure bequemt hätte, bei den betreffenden Hilfsorganisationen rückzufragen.

Auf Anfrage von BILDblog erklärte Svenja Koch vom Deutschen Roten Kreuz (DRK), man plane keinen Boykott und sei zudem von “Bild” nicht um Stellungnahme gebeten worden. Christoph Zeller von den Maltesern hat dieselbe Erfahrung gemacht. Er teilte mit:

Eine Bitte um Stellungnahme seitens der “Bild”-Redaktion hat uns nicht erreicht. Wir Malteser sind grundsätzlich für ein Spendensiegel und bleiben weiter im Gespräch mit dem DZI.

Caritas-Sprecherin Claudia Beck erklärte gegenüber dem Evangelischen Pressedienst (epd):

Wir werden das Siegel nicht infragestellen. Ein vertrauenswürdiges Siegel hilft den Bürgern, sich auf dem unübersichtlich gewordenen Spendenmarkt zu orientieren.

Und was ist mit dem angeblichen “Brandbrief” der Johanniter? Pressesprecher Patrick Schultheis stellte auf Anfrage von BILDblog klar:

Weder hat die Johanniter-Unfall-Hilfe vor, das DZI-Spendensiegel zu “boykottieren”, noch wurde ein “Brandbrief” an das DZI formuliert. Vielmehr hatte das DZI die Johanniter um eine Bewertung des ersten Entwurfs der neuen Vergabe-Leitlinien gebeten. In dieser Bewertung haben die Johanniter (ähnlich wie andere Hilfsorganisationen) bereits im März 2010 auf einzelne, problematische Passagen hingewiesen. Daraufhin entstand ein intensiver, konstruktiver Austausch mit dem Ziel, angemessene und für alle Seiten akzeptable Kriterien für die Vergabe des Spendensiegels zu entwickeln. Dieser Prozess ist ergebnisoffen und noch nicht abgeschlossen – momentan befindet sich der dritte Entwurf in der Diskussion. Die Johanniter hoffen auf ein positives Resultat und darauf, auch künftig zu den durch das DZI zertifizierten Organisationen zählen zu können. Das DZI-Siegel hat sich aus unserer Sicht in seiner bisherigen Form als Orientierungshilfe für Spender bewährt.

Das von “Bild” verkürzt wiedergegebene Zitat aus der vierseitigen Stellungnahme lautet im Original: “Bei aller Wertschätzung sowie grundsätzlicher Anerkennung des DZI und wissend um die Notwendigkeit von Effizienz und Transparenz müssen wir bei einer Verabschiedung der neuen Leitlinien in der jetzigen Entwurfsform (März 2010) auch in Erwägung ziehen, auf das DZI-Spenden-Siegel zu verzichten oder das Spenden-Siegel nur für einen einzelnen Arbeitsbereich der Organisation beantragen.”

“Bild” hat uns weder vor noch nach Veröffentlichung des Beitrags um eine Stellungnahme gebeten.

Mit Dank an die Hinweisgeberin!

Gericht kürzt Diekmanns Blog

Nachdem Jung-Blogger Kai Diekmann sich zu Beginn damit brüsten konnte, von der “taz” verklagt und von einer falschen Alice Schwarzer als “Sexist” beschimpft worden zu sein (BILDblog berichtete), kann er nun den neuesten Erfolg für sich reklamieren: Das Landgericht Berlin hat ihm auf Antrag des Kulturmagazins “Lettre International” offenkundig falsche Behauptungen untersagt, wie kress.de berichtet.

“Lettre International” hatte ein Interview mit dem Bundesbankvorstand Thilo Sarrazin geführt, das bald darauf Aufsehen erregte. “Bild” hatte dieses Interview nahezu vollständig in seiner Printausgabe und bei Bild.de zitiert — ohne Einwilligung von “Lettre International”, wie deren Chefredakteur Frank Berberich sagte.

Kai Diekmann hielt in seinem Blog dagegen und behauptete, dass es “normal” sei, wenn eine “große Zeitung” eine “kleine Zeitschrift” “zitiert”. Dass “Bild” die Genehmigung für den Abdruck fast des gesamten Interviews hatte, meinte Diekmann sogar mit einem handschriftlichen Vermerk der “Lettre”-Redatktion belegen zu können:

Lieber Herr Berberich: Da müssen Sie etwas übersehen haben. Denn natürlich haben wir das Interview nicht geklaut, sondern uns vorher die Erlaubnis zur Veröffentlichung geholt. Mein Kollege Hans-Jörg Vehlewald aus der Politikredaktion bat dafür telefonisch in ihrem Büro um den kompletten Text, den er anschließend auch per Fax bekam - versehen mit dem handschriftlichen Vermerk: "z. Hd. Herrn Vehlewald, mit Nennung der Quelle: Lettre International" (siehe ganz unten).

Nun muss man BILD ja nicht mögen. Und man kann sich auch immer alles anders überlegen. Aber uns zuerst den Abdruck zu erlauben, und dann davon nichts mehr wissen zu wollen, finde ich…komisch.

“Komisch” dürften auch Nicht-Juristen Diekmanns Behauptung gefunden haben, dass aus den Worten

z. Hd. Herrn Vehlewald, mit Nennung der Quelle: Lettre International

die Genehmigung zu einem Komplettabdruck zu entnehmen sei.

Berberich blieb entsprechend bei seinen Vorwürfen, wie kress.de vergangene Woche meldete, und zog vor Gericht. Das entschied: Diekmann muss seine Behauptungen unterlassen. Außerdem muss er in seinem Blog eine Gegendarstellung veröffentlichen, in der “Lettre” wiederholt, “Bild” keine Genehmigung zum Komplettabdruck gegeben zu haben. Diese Gegendarstellung soll in gleicher Aufmachung wie der “Erlaubnis-Text” veröffentlicht werden und so lange dort abrufbar sein wie der beanstandete Eintrag.

Der allerdings ist seit heute um die zwei oben zitierten Absätze kürzer:

Hier stand ein Absatz, den wir aus rechtlichen Gründen nicht mehr veröffentlichen dürfen (raten Sie, wer das erwirkt hat…)

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Entwarnung: al-Masri doch durchgeknallt

Man darf den Presserat mit seinem drolligen Arsenal munitionsloser Waffen nicht unterschätzen. Bei einem sensiblen Medium wie der “Bild”-Zeitung kann eine Rüge von diesem Gremium nachhaltige Verletzungen hinterlassen.

Diese Sache mit Khaled al-Masri zum Beispiel, die nagt immer noch an “Bild”. Der Presserat erklärte vor zwei Jahren, “Bild” hätte “in ehrverletzender Art und Weise” über den Mann berichtet — dabei haben die feinen “Bild”-Redakteure Ulrike Brendlin und Hans-Jörg Vehlewald das CIA-Folteropfer doch nur verächtlich gemacht, seine Qualen heruntergespielt, seine juristischen und publizistischen Schritte als “Terror” bezeichnet, ihn “irre” und einen “durchgeknallten Schläger” genannt und einen Artikel verfasst, den Hans Leyendecker von der “Süddeutschen Zeitung” mit den Worten “niederträchtig und verworfen” beschrieb.

Die Rüge hat “Bild” nachhaltig verstört. Schon dass der Pressekodex überhaupt auch für einen “ehrenwerten Staatsbürger” gilt, wie “Bild” al-Masri ironisch nannte! “Irre! Presserat rügt BILD wegen dieses Brandstifters”, titelte das Blatt und vergaß vor lauter Fassungslosigkeit zu erwähnen, warum es eigentlich gerügt wurde, so dass es der Presserat in einer eigenen Presseerklärung extra noch einmal erklären musste: Die Zeitung habe “über einen Kranken, der möglicherweise durch die Entführung traumatisiert wurde, unter Missachtung dessen gesundheitlicher Situation in ehrverletzender Art und Weise berichtet”.

Bis heute will “Bild” nicht verstehen, dass ihr niemand grundsätzlich das Recht abgesprochen hat, über Khaled al-Masri und seine Ausfälle zu berichten. Die Zeitung erweckt den falschen Eindruck, man wolle sie daran hindern, die Wahrheit zu schreiben. Als der Mann nun den Neu-Ulmer Oberbürgermeister angriff und verletzte, tat sie deshalb so, als würde das ihre verbalen Ausfälle gegenüber al-Masri in irgendeiner Weise nachträglich rechtfertigen, und schrieb am Samstag:

PS: Wieder einmal nutzt “Bild” die Leserbriefspalte dazu, die eigene Meinung und die Vorurteile der Leser zu verstärken. Im Dienst der schlechten Sache diesmal wieder — Birgit S. aus Aschersleben:

Zu: El Masri verprügelt Bürgermeister / Ich kann nicht begreifen, warum dieser Mensch überhaupt noch auf freiem Fuß ist. 2007 wurde er auf Bewährung verurteilt wegen Beleidigung, Hausfriedensbruch und Brandstiftung, zuvor hatte er einen Dekra-Prüfer krankenhausreif geschlagen. Nun ist er wieder ausgerastet. Aber das ist ja normal in diesem Staat. Unsere Justiz ist zu feige, ausländische Kriminelle zu verurteilen. / Birgit S. , Aschersleben (Sachsen-Anhalt)

Dazu wäre zweierlei zu sagen: Al-Masri ist seit 15 Jahren deutscher Staatsbürger. Und Frau S. eine alte Bekannte.

Allein im vergangenen Jahr hat “Bild” elf Leserbriefe von ihr veröffentlicht, Schwerpunkte: schlechtes Fernsehen, fiese Politiker und böse Ausländer.

Leser schreiben in “Bild”: Birgit S. (kleine Auswahl):

Zu: Islam-Terroristen verhöhnen deutsches Gericht
Ich weiß gar nicht, warum der Prozess zwei Jahre dauern soll. Leute, die viele Menschen in den Tod reißen wollen, gehören für immer weggesperrt.
(24.4.2009)

Zu: Gülsüm (†20) vom eigenen Bruder totgeknüppelt
Schon wieder wurde ein junges Mädchen so grausam ermordet, nur weil es die Lebensweise, die in Deutschland üblich ist, annehmen wollte. Wann begreifen diese Leute endlich, dass sie in Deutschland leben? Diese Verbrecher müssten in der Türkei ihre Strafe absitzen.
(4.4.2009)

Zu: Morsals Ehrenmörder hinter Panzerglas
Wann begreifen denn die Leute endlich, dass sie in Deutschland leben und sich hier an die Gepflogenheiten zu halten haben! Wieder muss über einen Ehrenmord verhandelt werden. Ein paar Tränen und es gibt Bewährung, obwohl ein Menschenleben geopfert wurde, nur weil die Schwester sich hier anpassen wollte.
(18.12.2008)

Zu: U-Bahn-Schläger mit Stinkefinger in den Knast
Endlich mal ein gerechtes Urteil. Ich hatte schon den Glauben an die Justiz verloren. Nur eines muss noch kommen: dass diese Herren ausgewiesen werden. (10.7.2008)

Zu: Deutsche Geisel wurde ermordet
Nun ist es raus. Aber wusste das nicht schon jeder, wollte daran aber nicht glauben? Hoffentlich werden die Angehörigen entschädigt für so ein grausames Verbrechen. Man geht in ein Land, um Geld zu verdienen oder zu helfen – und was ist der Dank? Man wird von solchen Leuten erschossen. Da gibt’s nur eines: Raus aus Afghanistan!
(4.8.2007)

Zu: Deutscher Junge (17) in Türken-Knast
Ich bete zu Gott, dass der Junge so schnell wie möglich wieder rauskommt.
(26.6.2007)

Kurz korrigiert (479)

Wenn irgendwas kompliziert ist in der jüngeren Geschichte Europas, dann sicherlich die Geschichte (Ex-)Jugoslawiens. Aber man muss sich nicht sonderlich gut auskennen, um festzustellen, wie schlecht sich einer auskennen muss, der behauptet, der ehemalige Präsident der bosnischen Serben, Radovan Karadzic, sei in Belgrad durch “jugoslawische Richter” verhört worden.

“Bild”-Redakteur Hans-Jörg Vehlewald behauptet das heute in einer Titelgeschichte über Radovan Karadzic trotzdem – bislang offenbar auch weltexklusiv. (Aber Vehlewald behauptet im selben Artikel ja auch, es handele sich bei Karadzic um den “ehemaligen Präsidenten der Serben”.)

Und wo wir schon dabei sind: Dass “Bild” heute auf der Titelseite über ein Foto Karadzics das Wort “Exklusiv” geschrieben hat, deutet übrigens nicht etwa auf eine besondere Rechercheleistung o.ä. hin. Wie man dem Fotonachweis entnehmen kann, hat “Bild” von der serbischen Zeitung “Blic” wohl nur irgendwelche Exklusiv-Rechte erworben.

Mit Dank auch an Simon S.

“Bild” schreibt Rechtschreibreform wieder mit Schl

Wegen Rechtschreibreform machen Schüler mehr Fehler

Der erste Satz des Artikels von der gestrigen “Bild”-Titelseite ist ein Rückfall in alte Zeiten.

Die 2005 verbindlich eingeführte “Schlechtschreibreform” hat den Schülern das Leben nicht leichter gemacht, sondern schwerer!

“Schlechtschreibreform” hatte “Bild” die Rechtschreibreform zwischen 2004 und 2006 genannt — also in dem Zeitraum, in dem sie die Änderungen, die sie 1997 begrüßt und 1998 selbst übernommen hatte, massiv und vergeblich bekämpfte und zeitweise sogar zur alten Rechtschreibung zurückkehrte.

Doch so ein Kulturkampf hinterlässt Spuren. Und wenn wegen einer solchen Reform nun die Schüler tatsächlich mehr Fehler machen als vorher, war sie sicher mehr schlecht als recht.

“Bild”-Redakteur Hans-Jörg Vehlewald bezieht sich auf die Forschungsgruppe Deutsche Sprache (FDS), die er immerhin zu Recht “reformkritisch” nennt, und schreibt:

Die Fehlerquote in Aufsätzen und Diktaten hat sich teilweise massiv erhöht. So stieg die Zahl falsch geschriebener Wörter in Aufsätzen (4. Klasse) um 80 %, in Diktaten der Unterstufe (Gymnasium) um 110 %, in Abituraufsätzen sogar um 120 % im Vergleich zu früheren Jahrgängen.

Die Fehlerzahl bei s-Lauten habe sich etwa verdoppelt, so die Auswertung vorliegender Studien. Bei Groß- und Kleinschreibung sei die Fehlerquote gar um 176 % angestiegen.

Das sind große Prozentzahlen — eindrucksvoll und ohne jede Aussagekraft, wenn man nicht dazu schreibt, worauf sie sich beziehen. Der Preis der “Bild”-Zeitung zum Beispiel ist um 566 Prozent gestiegen! (Verglichen mit 1965.) Was “Bild” nur als “frühere Jahrgänge” verbrämt, ist in Wahrheit entscheidend: Bei den Diktaten der Unterstufe handelt es sich konkret um die Jahre 1970/1972. Und um festzustellen, dass die Zahl falsch geschriebener Wörter in Abituraufsätzen “sogar um 120 %” gestiegen ist, hat die “Studie” deutsche Zahlen von 2000-2002 mit Schweizer Zahlen von 1962-1978 verglichen.

Der Linguist Anatol Stefanowitsch weist im FDS-kritischen Bremer Sprachblog darauf hin, dass es in den siebziger Jahren radikale Reformen im Deutschunterricht gab, die einen “drastischeren Einschnitt” in die Ausbildung von Schülern darstellte als die sogenannte Rechtschreibreform, und urteilt:

Es gibt deshalb keinen Grund anzunehmen, dass die Unterschiede bei den Fehlerquoten in Schülerdiktaten von damals und heute irgendetwas mit der Rechtschreibreform zu tun haben. Genausogut könnte man die Unterschiede auf die Ölkrise 1973, den Boykott der Olympischen Spiele in Moskau 1980, den Gewinn der Fußballweltmeisterschaft 1990 oder Roman Herzogs “Ruck”-Rede 1997 zurückführen.

Die Forschungsgruppe Deutsche Sprache selbst hat sich alle Mühe gegeben, diese Lücken in ihrer Argumentation zu verschleiern. Aber sowohl aus der am Montag veröffentlichten Kurzfassung der Studien, die offenbar die Grundlage für den “Bild”-Artikel ist, als auch aus einem Vortragsmanuskript ihres Autors Uwe Grund [pdf] hätte “Bild”-Redakteur Vehlewald erkennen können, dass seine Aussage “Wegen Rechtschreibreform machen Schüler mehr Fehler” nicht gedeckt ist.

Er hätte es natürlich wollen müssen.

Allgemein  

Fall Barschel: “Bild” hat den Farbfilm vergessen

Das ist sehr erstaunlich, was “Bild”-Chefreporter Hans-Jörg Vehlewald heute über einen Artikel schreibt, der die verschiedenen Theorien über den Tod von Uwe Barschel zusammenträgt:

Ein “neues Tatort-Foto” soll es geben? Ein “bisher unveröffentlichtes Polizeifoto, das den Tatort aus neuer Perspektive und erstmals in Farbe zeigt”? Und der “Spiegel” soll es “jetzt”, 20 Jahre nach dem Tod Barschels, erstmals zeigen?

Beim “Spiegel” weiß man nichts davon. Das Foto Barschels, das im aktuellen Heft abgedruckt ist (unten rechts) ist dasselbe, das der “Spiegel” bereits am 13. Oktober 1997, zum zehnten Todestag gezeigt hatte (unten links):

Das Foto ist zwar in einer besseren Qualität reproduziert. Irgendwelche neuen Erkenntnisse über die verschiedenen Mord- und Selbstmord-Thesen sind mit ihm aber nicht verbunden.

Neue Perspektive? Und erstmals in Farbe? Sollte “Bild” bislang nur ein einziges Foto des toten Uwe Barschel gekannt haben? Das, das jeder kennt? Aber über neue Erkenntnisse im Fall Barschel berichten wollen!

Vielen Dank an den Hinweisgeber!

Allgemein  

Presserat rügt “Bild” für “irren” al-Masri

Der irre Deutsch-Libanese, der einen Supermarkt anzündete / Warum lassen wir uns von so einem terrorisieren?

Im Mai machte “Bild” Khaled al-Masri verächtlich, der vom amerikanischen Geheimdienst nach Afghanistan verschleppt, dort misshandelt und monatelang festgehalten worden sein soll. Für die Zeitung war er kein Opfer, sondern einer, der “als angebliches CIA-Folteropfer die Bundesregierung, Parlament und Öffentlichkeit terrorisierte”.

Der “Bild”-Artikel von Ulrike Brendlin und Hans-Jörg Vehlewald war in vielfacher Hinsicht schlimm (wir berichteten), auch der Presserat verurteilte ihn jetzt. Die Zeitung habe das Persönlichkeitsrecht “des offenkundig kranken al-Masri” verletzt und “in ehrverletzender Art und Weise” das Verhalten eines psychisch Kranken dargestellt. In Richtlinie 8.4 des Presskodex heißt es:

Körperliche und psychische Erkrankungen oder Schäden fallen grundsätzlich in die Geheimsphäre des Betroffenen. Mit Rücksicht auf ihn (…) soll die Presse in solchen Fällen (…) abwertende Bezeichnungen der Krankheit oder der Krankenanstalt, auch wenn sie im Volksmund anzutreffen sind, vermeiden.

“Bild” nannte al-Masri schon in der Überschrift “irre”.

Der “Bild”-Artikel verstößt laut Presserat auch gegen Ziffer 9 des Presskodex, die schlicht lautet:

Es widerspricht journalistischer Ethik, mit unangemessenen Darstellungen in Wort und Bild Menschen in ihrer Ehre zu verletzen.

Alle Rügen, die der Presserat 2002 bis 2006 gegen “Bild” ausgesprochen hat, haben wir hier dokumentiert.

“Bild” fühlt sich von Entführungsopfer terrorisiert

Man muss das kurz rekapitulieren: Khaled al-Masri ist nach eigenen Angaben Silvester 2003 in Mazedonien verhaftet, mehrere Wochen verhört, von der CIA nach Afghanistan verschleppt und dort misshandelt, gefoltert und monatelang festgehalten worden. Zeugenaussagen und Dokumente bestätigen zentrale Aussagen al-Masris; das Amtsgericht München hat im Januar Haftbefehl gegen 13 Agenten der CIA wegen Freiheitsberaubung und gefährlicher Körperverletzung erlassen. Die Rolle der deutschen Bundesregierung und der deutschen Geheimdienste ist umstritten, ungeklärt ist vor allem, wer der Deutsche gewesen ist, der sich nach al-Masris Angaben als “Sam” vorstellte und ihn in Afghanistan vernahm. Der Fall beschäftigt Gerichte und Untersuchungsausschüsse.

Man muss das kurz rekapitulieren. Und dann muss man sich den Satz durchlesen, mit dem die “Bild”-Zeitung die Versuche al-Masris beschreibt, die Wahrheit herauszufinden und Recht zu bekommen. Er lautet so:

Monatelang terrorisierte der Islamist als angebliches CIA-Folteropfer die Bundesregierung, Parlament und Öffentlichkeit!

Wenn ein Entführungsopfer, dem nach Meinung von Regierung und Opposition schweres Unrecht geschehen ist, von rechtlichen und publizistischen Mitteln Gebrauch macht, ist das “Terror”? Für “Bild” ja:

Warum lassen wir uns von so einem terrorisieren?

Anlass für den Bericht ist, dass al-Masri in dieser Woche einen Großmarkt anzündete und in die Psychiatrie eingewiesen wurde. Die “Bild”-Redakteure Ulrike Brendlin und Hans-Jörg Vehlewald fassen es so zusammen:

Nun stellt sich raus: Al-Masri ist ein durchgeknallter Schläger, Querulant und Brandstifter. Auch ein Lügner?

Dass al-Masris psychische Probleme und wiederholte Ausfälle eine Folge seiner traumatischen Erfahrungen gewesen sein könnten, kommt bei “Bild” nicht einmal als nicht ganz auszuschließende Möglichkeit vor. Systematisch diskreditiert sie seine Aussagen und spielt seine Qualen herunter. “Bild” schreibt:

Fest steht bis heute nur, dass al-Masri Silvester 2003 versehentlich in Mazedonien verschleppt und für fünf Monate inhaftiert wurde.

Die wochenlang vorbereitete Entführung von al-Masri durch Agenten der CIA in Mazedonien wird fast zu einer Lappalie heruntergeschrieben, “versehentlich”, kann ja mal passieren. “Bild” weiter:

Zum Skandal wurde seine Geschichte erst, als Masri behauptete, während der Haft misshandelt und auch von deutschen BND-Agenten (“Sam”) verhört worden zu sein.

So spielt “Bild” die monatelange Peinigung in einem afghanischen Gefängnis herunter, Hungerstreik und Todesangst inklusive. Und ein “Skandal” war al-Masris “Geschichte” natürlich ohnehin schon: Amerikanische Medien fanden es — anders als offenbar “Bild” — durchaus bemerkenswert, dass im Krieg gegen den Terror irgendwelche Leute von der CIA entführt und in Länder wie Afghanistan verbracht werden, insbesondere wenn es sich nicht einmal um die richtigen Leute handelte.

Bei “Bild” ist al-Masri nicht Opfer, sondern (auch ohne die Brandstiftung) in vielfacher Weise Täter. Die Zeitung nennt ihn zum Beispiel den “Verursacher des ganzen Chaos” und meint damit den Streit in der Bundesregierung und die Untersuchungsausschüsse. Als Indiz dafür, dass al-Masri “auch ein Lügner” sein könnte, schreibt “Bild”:

Gleich mehrere Ausschüsse, sogar ein eigener “BND-Ausschuss” nahmen die ehemaligen und amtierenden Bundesminister (u. a. Otto Schily, Joschka Fischer) ins Kreuzverhör — ohne greifbare Ergebnisse.

“Bild” suggeriert in einem logischen Kurzschluss: Wenn den politischen Verantwortlichen kein Fehlverhalten nachgewiesen wurde, muss wohl der “Verursacher des ganzen Chaos” im Unrecht sein.

Hans Leyendecker, Leitender Redakteur der “Süddeutschen Zeitung” und für seine Recherchen im Fall al-Masri gerade mit dem Wächterpreis der Tagespresse ausgezeichnet, nennt die “Bild”-Berichterstattung gegenüber BILDblog “niederträchtig und verworfen”. Er widerspricht auch der “Bild”-Formulierung, al-Masri habe behauptet, “von deutschen BND-Agenten (‘Sam’) verhört worden” zu sein:

Al-Masri hat nicht von mehreren deutschen Vernehmern gesprochen, sondern nur von einem Mann, der sich Sam genannt habe. Dass es sich, wie “Bild” bedeutet, um einen Mitarbeiter des Bundesnachrichtendienstes gehandelt habe, hat Al-Masri nie gesagt. Er weiß nicht, ob der Mann von einer deutschen Behörde kam und deshalb behauptet er es nicht.

Er hat ein anderes Verhältnis zur Wahrheit als “Bild”.

Nachtrag, 15.30 Uhr. Die “Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung” nennt den “Bild”-Artikel über al-Masri heute ein “publizistisches Eintreten auf einen, der am Boden liegt” und findet die “Entgleisung selbst für ‘Bild’-Standards beachtlich”. “FAS”-Redakteur Nils Minkmar schreibt:

“Noch nie aber hat mich ein Artikel in irgendeiner Zeitung so alarmiert und beunruhigt wie der Text des Blattes über Khaled El Masri (…). Offenbar hält man dort die Spannung nicht aus, die sich daraus ergibt, dass eine offene Gesellschaft eben auch ihre Verfehlungen offen und ehrlich diskutiert. (…) ‘Bild’ ist das wohl alles zu komplex. Daher verfällt man dort in eine regressive, eine Kinderreaktion: Das Opfer ist selber schuld. Für ‘so einen’ gilt auch kein Grundgesetz.”

Nachtrag, 21. Mai. Hans Leyendecker schreibt in der heutigen Ausgabe der “Süddeutschen Zeitung” über den “Bild”-Bericht:

“Die immer noch vorhandene hetzerische Gewalt des Blattes, die von Heinrich Böll meisterlich beschrieben wurde, bekommt wieder einen neuen Namen. Die Erklärungen von Springer-Spitzenleuten über sauberen Journalismus, über Qualität erweisen sich angesichts dieses Falles als Konfetti.”

Mehr dazu hier, hier, hier, hier und hier.

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