Suchergebnisse für ‘kohl’

Köhler, Quoten, Abmahnungen

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Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Horst Köhler: Ein Rücktritt unter Blog-Mitwirkung”
(carta.info)
“Carta” skizziert den Weg der Aussage, die zum Rücktritt von Bundespräsident Horst Köhler führte. “Letztlich dürfte der vernichtende Spiegel-Artikel maßgeblichen Anteil an Köhlers endgültiger Entscheidung gehabt haben – und die Blogs daran, dass Spiegel Online und der Spiegel das Thema aufgegriffen haben. In Blogs wurde das Thema als relevant identifiziert und organisierte sich erster und anhaltender Protest.”

2. “Quotenidioten”
(epd.de, Diemut Roether)
Diemut Roether stellt fest, dass sich die täglichen Meldungen zu den Einschaltquoten der TV-Sender immer mehr der Sportberichterstattung angleichen.

3. “Das Lena-Prinzip”
(print-wuergt.de, Michalis Pantelouris)
Michalis Pantelouris glaubt nicht, dass das Medium die Botschaft ist. “Tatsächlich wird in unseren Verlagshäusern aber immer noch mehr darüber nachgedacht, welche Inhalte man aufs iPad packen kann, als darüber, welche Inhalte Menschen haben wollen.”

4. “Das Abmahnlexikon”
(journalist.de, Timo Rieg)
“Wenn das Anwaltsschreiben im Briefkasten landet – diese Rechtsbegriffe sollten Journalisten kennen.”

5. “No Secrets”
(newyorker.com, Raffi Khatchadourian, englisch)
Ein ausführliches Porträt des Australiers Julian Assange von Wikileaks.

6. “Das werden Sie!”
(blog.stuttgarter-zeitung.de, Video, 2:05 Minuten)
Eine AT&T-Werbekampagne von 1993 mit “erstaunlich akkuraten Zukunftsvisionen”.

Kister, Obama, Kohlenhändler

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Therapie der sexuellen Obsessionen”
(blogs.taz.de/blogwart)
“Die Wand des taz-Hauses, mit Blick auf’s BILD-Büro, ziert seit heute ein Relief des Künstlers Peter Lenk.”

2. “Kurt Kisters gloriose Intestinade”
(saschalobo.com)
“Die zehn schmierigsten Originalzitate aus dem Artikel ‘Guttenberg, selbstleuchtend‘ (einer ‘Stilkritik’ des Verteidigungsministers) vom stellvertrenden Chefredakteur der Süddeutschen Zeitung, Kurt Kister.”

3. “President Obama Admits That He’s Never Used Twitter”
(techcrunch.com, MG Siegler, englisch)
Über 2.6 Millionen Follower hat das Twitter-Konto von @barackobama. An einer Fragestunde in Shanghai sagte der vermeintlich eigenhändig twitternde US-Präsident: “I have never used Twitter but I’m an advocate of technology and not restricting internet access.”

4. “Schwulst.de zensiert. Meinungsfreiheit war gestern”
(blog.kangaroo.cmo.de)
Eine exemplarische und bis in die Kommentare des Beitrags fortgesetzte Auseinandersetzung zwischen einem Online-Leser und einem Online-Redakteur über an den Journalismus gestellte Erwartungen, Veröffentlichungsdruck und den richtigen Umgang mit Kommentaren.

5. “A Protocol of Mathias Döpfner’s and Arianna Huffington’s Debate on the Future of Journalism”
(achtmilliarden.wordpress.com, Oskar Piegsa, englisch)
Oskar Piegsa sammelt einige Aussagen einer Diskussion über die Zukunft des Journalismus (youtube.com, Video, 49:45 Minuten) zwischen Mathias Döpfner und Arianna Huffington.

6. “Mein Onkel der Kohlenhändler”
(off-the-record.de, Olaf Kolbrück)
“Ein Gleichnis für die Medienwelt.”

WAZ, Köhler, Gebrselassie

6 vor 9

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1. “Sonntagsredner telefonieren billiger”
(stefan-niggemeier.de)
Wie “der Handyvertragsverkäufer WAZ vom Vertrauen profitiert, das die Leser der scheinbar unabhängigen Redaktion ihrer Regionalzeitung” entgegenbringen.

2. Rede von Horst Köhler
(bundespraesident.de, Horst Köhler)
Anlässlich der Veranstaltung “60 Jahre Bundespressekonferenz” sprach der deutsche Bundespräsident zu Journalisten: “Sie starren gebannt auf sinkende Auflagen und einbrechende Werbebuchungen, und alles, was ihnen zur Abwehr einfällt, sind noch mehr Drama, noch mehr Personalisierung, noch mehr zur Schau gestellte Distanzierung von der Welt der Politik. Ich glaube, es gibt einen anderen Weg, und ich bin froh, dass er aufgezeigt wird von Leuten aus der Branche selbst.”

3. “Eine Minute für den Quellencheck”
(journalistik-journal.lookingintomedia.com, Thomas Schnedler)
“Zeitnot und Arbeitsverdichtung beherrschen den redaktionellen Alltag, Journalisten verzichten auf Überprüfungsrecherchen und aufwändige Recherche-Methoden, die rasche Verarbeitung von PR-Informationen ersetzt journalistische Kerntätigkeiten. Wie die Recherche unter die Räder gerät – ein Überblick.”

4. “Visionen für Tageszeitungen in der Krise”
(ymc.ch/weblog, Kai Krämer)
Kai Krämer ist dafür, keine Zeit für das Umformulieren von Agenturmeldungen zu verschwenden: “Kein Supermarkt käme auf die Idee, die vom Grosshändler bezogenen Äpfel einzeln zu polieren. Ganz ähnlich sollten Journalisten eingekauften Content behandeln.”

5. “Angst spielt mit”
(merkur.de, Tilmann P. Gangloff)
Drehbuchautor Benedikt Röskau sieht den Fehler im Fall Heinze im System: “Die Konzentration der Entscheidungen in den Sendern auf die Führungsebene, die alles absegnen muss und die Redakteure praktisch entmachtet, hat den Fall Heinze erst ermöglicht. Hätten die Redakteure wie früher selbst Entscheidungskompetenz, wäre das viel schwieriger gewesen”

6. “Auf dem Schulweg trafen wir häufig auf Hyänen”
(zeit.de, Ralph Geisenhanslüke)
Der Weltrekordhalter im Marathon, Haile Gebrselassie, erzählt aus seinem Leben: “Mit elf Jahren baute ich mir mein eigenes kleines Haus. Eine Hütte aus Holz und Lehm. Ich baute mein eigenes Bett, mit einer weichen Matratze aus Gras. Normalerweise schliefen wir auf Tierhäuten.”

Wir haben einen neuen Kohl!

Im Prinzip könnte man die Sache mit dem heutigen “Gewinner des Tages” in “Bild” einfach wie folgt aufschreiben:

Nein, nicht alles, was in “Bild” steht, ist weit hergeholt — im Gegenteil: Als “Bild” Mitte letzten Monats den Otto-Versand-Chef (und Springer-Aufsichtsrat) Michael Otto zum “Gewinner” des Tages machte, lautete der ausgesprochen originelle “Bild”-Kommentar dazu:

“BILD meint: Otto — find’ ich gut!”

Und heute nun macht “Bild” den Otto-Chef Otto erneut zum “Gewinner” des Tages und kommentiert:

“BILD meint: Otto — find’ ich gut!”

Aber so ähnlich hatten wir das schon. Also schreiben wir lieber:

“Bild” macht heute nicht etwa Helmut Kohl, sondern abermals den Springer-Aufsichtsrat Michael Otto zum “Gewinner des Tages”. Und warum? Weil ihm ein Preis des nicht unumstrittenen Vereins “Atlantik-Brücke” verliehen wurde, in dem Otto Mitglied ist und “Bild”-Chef Kai Diekmann im Vorstand sitzt.

Nachtrag:
Dass im Übrigen auch Helmut Kohl einen Preis bekommen hat, berichtet “Bild” heute erst auf Seite 2.

“Viel zuviel Kohlendioxid”

Wegen eines Reports “des weltbekannten Max-Planck-Instituts für Meteorologie” sind wir heute mal nicht Papst, nein:

Die Ergebnisse der Wissenschafler sind alarmierend. Und “Bild” ist alarmiert:

“Die Verbrennung von Holz, Kohle, Öl stößt viel zu viel Kohlendioxid (CO2) in die Atmosphäre, heizt sie auf. (…) ‘Politiker müssen genau hinhören, was wir hier sagen”, warnt Professor Dr. Guy Brasseur, einer der Hauptautoren des Reports. ‘ Die Emissionsbelastung muss weltweit gesenkt werden. Auf jeden Fall werden wir uns an nicht mehr vermeidbare Ergebnisse anpassen müssen.”
(Hervorhebungen und Link von uns.)

Seltsam also, dass “Bild” daraufhin nicht fordert, ab und zu das Auto stehen zu lassen.

“BILD meint: Thank you, Henry!”

In den frühen Morgenstunden des vergangenen Donnerstags wurde bekannt, dass der ehemalige US-Außenminister Henry Kissinger im Alter von 100 Jahren gestorben war. 100 Jahre – da waren viele Nachrufe natürlich schon lange vorbereitet und konnten entsprechend schnell veröffentlicht werden.

Die “New York Times” entschied sich für eine schlichte Überschrift und einen differenzierenden Vorspann:

Henry Kissinger Is Dead at 100; Shaped the Nation’s Cold War History. The most powerful secretary of state of the postwar era, he was both celebrated and reviled. His complicated legacy still resonates in relations with China, Russia and the Middle East.

Henry Kissinger ist tot mit 100 Jahren;
Prägte die Geschichte der Nation im Kalten Krieg

Als mächtigster Außenminister der Nachkriegszeit wurde er sowohl gefeiert als auch geschmäht. Sein kompliziertes Erbe wirkt noch immer nach in den Beziehungen zu China, Russland und dem Nahen Osten.

(Übersetzung von uns)

Der Text, für dessen Lektüre die Redaktion selbst 38 Minuten kalkuliert (die vorgelesene Version beansprucht eine Stunde und 14 Minuten), und dessen Co-Autor selbst bereits seit 13 Jahren tot ist, erinnert an die Höhe- und Tiefpunkte von Kissingers Außenpolitik: Den Rückzug der US-Truppen aus Vietnam, als nun wirklich gar nichts mehr zu holen war; die Flächenbombardements von Kambodscha, die von vielen als Bruch des Völkerrechts angesehen werden; seine Rolle beim Militärputsch in Chile 1973.

Zu den Kritikern Kissingers, die zu Wort kommen, zählt unter anderem der frühere US-Präsident Barack Obama, der mit den Worten zitiert wird, er sei zu seiner Amtszeit, Jahrzehnte nach Kissingers aktiver Polit-Karriere, immer noch damit beschäftigt gewesen, Ländern zu helfen, Bomben zu entfernen, die immer noch die Beine kleiner Kinder abrissen.

Die “Washington Post” wählte einen etwas neutraleren – man könnte sagen: defensiveren – Angang und schrieb in ihrem Vorspann lediglich, Kissinger sei “auch das Ziel unerbittlicher Kritiker” gewesen, “die ihn für prinzipienlos und amoralisch hielten”.

Das “Wall Street Journal” fasste Kissingers öffentliche Rezeption so zusammen:

Henry Kissinger, Who Helped Forge U.S. Foreign Policy During Vietnam and Cold Wars, Dies at 100. German-born academic was a hero to war-weary Americans, but many blamed him for brutalities abroad

Henry Kissinger, der die US-Außenpolitik während des Vietnam-Krieges und des Kalten Krieges mitgestaltete, stirbt im Alter von 100 Jahren

Der in Deutschland geborene Akademiker war für kriegsmüde Amerikaner ein Held, doch viele machten ihn für Brutalitäten im Ausland verantwortlich

(Übersetzung von uns)

Besondere Aufmerksamkeit erlangte der Nachruf der US-Ausgabe des “Rolling-Stone”-Magazins, dessen Dachzeile “Good Riddance” (“Auf Nimmerwiedersehen”) noch der freundlichste Aspekt war:

GOOD RIDDANCE: Henry Kissinger, War Criminal Beloved by America’s Ruling Class, Finally Dies. The infamy of Nixon

AUF NIMMERWIEDERSEHEN

Henry Kissinger, der von der herrschenden Klasse Amerikas geliebte Kriegsverbrecher, stirbt endlich

Die Niedertracht von Nixons außenpolitischem Architekten steht auf ewig neben der der schlimmsten Massenmörder der Geschichte. Eine tiefere Schande haftet dem Land an, das ihn feiert.

(Übersetzung von uns)

Einen etwas anderen Ansatz wählte die “Bild”-Redaktion am vergangenen Freitag, beinahe ganzseitig in der gedruckten Ausgabe:

Der Jahrhundert-Mann wird fehlen! Henry Kissinger (gestorben mit 100) war Nobelpreis-Träger, Präsidentenflüsterer, Frauenschwarm und Göttergatte

In dem Text taucht das Wort “Vietnam” genau einmal auf (“Dafür erhielt Henry Kissinger den Friedensnobelpreis”), “Kambodscha” oder “Chile” gar nicht. Dafür widmet sich Autor Hans-Jörg Vehlewald ausführlich Kissingers Ehe mit Nancy und dessen Ruf.

Dass Kissinger von “Bild” und dem Axel-Springer-Verlag nach seinem Tod gänzlich unkritisch verabschiedet wird, überrascht nicht: Zu Lebzeiten wurde der gebürtige Fürther und mutmaßliche Kriegsverbrecher vom Haus und dessen Blättern hofiert wie sonst allenfalls noch Helmut Kohl und Vicky Leandros.

Für die Springer-Medien hatte Kissinger zwei große Vorteile: Er konnte zur Untermauerung der wesentlichen weltpolitischen Ansichten des Verlags und dessen Gründers Axel Cäsar Springer (Transatlantizismus, Anti-Kommunismus) herangezogen werden – und ließ sich mit zunehmendem Alter immer lieber darauf ein.

Noch im Oktober dieses Jahres traf Mathias Döpfner, Vorstandsvorsitzender der Axel Springer SE, Kissinger zu einem Gespräch, was dessen “letztes großes Interview” werden sollte und von den Springer-Medien auf allen Kanälen breit präsentiert wurde. Kissinger sagte dabei praktischerweise jede Menge Sachen, die wohl auch viele Leser und Leserinnen von “Bild” und “Welt” jederzeit unterschreiben würden: “Der Grund, weshalb Deutschland in Misskredit geraten ist, liegt fast ein Jahrhundert zurück. Und man kann von einer Nation nicht verlangen, einen Preis für die Taten ihrer Vorväter zu zahlen.” Oder, ebenfalls über Deutschland: “Es war ein schwerer Fehler, so viele Menschen mit völlig unterschiedlichen kulturellen und religiösen Vorstellungen ins Land zu lassen, denn dadurch entsteht in jedem Land eine Interessengruppe, die Druck ausübt.”

Es erscheint nicht völlig abwegig, dass Axel Springer selbst vor seinem Tod verfügte, Kissinger Zeit dessen Lebens mindestens wie einen Popstar der Weltpolitik zu feiern – aber womöglich hätten es die Reporter, Chefredakteure und Vorstandsvorsitzenden seines Verlags auch ganz aus eigenem Antrieb getan, wie ein Blick ins Archiv zeigt.

Die folgende Auflistung ist naturgemäß unvollständig und konzentriert sich nur auf ausgewählte Auftritte Kissingers in den “Bild”-Medien:

11. Januar 1985:

In einer Folge des “Denver Clan” treten Hollywood-Star Cary Grant, Ex-US-Präsident Gerald Ford und dessen Ehefrau Betty als Komparsen auf. Und noch jemand:

Diese Woche im "Denver-Clan": Alexis flirtet mit Kissinger

24. September 1985:

“Bild”-Verleger Axel Cäsar Springer stirbt mit 73 Jahren. Neben salbungsvollen Worten des amtierenden Bundeskanzlers Helmut Kohl, des amtierenden Außenministers Hans-Dietrich Genscher, des amtierenden israelischen Ministerpräsidenten Shimon Peres, des amtierenden bayerischen Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß, des ehemaligen Bundeskanzlers Willy Brandt und des ehemaligen Box-Weltmeisters Max Schmeling sowie Zitaten aus internationalen Nachrufen bringt “Bild” auch Fotos aus dem Leben des eigenen obersten Chefs.

Darunter eines, das die Zeitung so beschreibt:

Freundschaftlich legt Springer seine Hand auf die Schulter des ehemaligen US-Außenministers Henry Kissinger, der am 15. Juni 1980 ins Berliner Verlagshaus kam. “Die Amerikaner verkörpern die größte Hoffnung der Welt auf eine glückliche Zukunft”, sagte Springer.

14. Juni 1994:

“4 Jahre nach Vollendung der deutschen Einheit” fragt “Bild” in Person ihres damaligen Mitarbeiters, des späteren Regierungssprechers und noch späteren stellvertretenden Chefredakteurs Béla Anda:

"Herr Kissinger, wo ist der Platz der Deutschen in der Welt?"

11. Dezember 1994:

“Bild” begleitet den seit Mitte des Jahres ehemaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker zum Brötchenholen. Dabei geraten Krümel von überraschender Kritik in den Artikel: “Im Gegensatz zu Altpolitikern wie Helmut Schmidt oder Henry Kissinger nimmt Richard von Weizsäcker kein Geld für seine Auftritte.”

5. Januar 1999:

“Bild” berichtet über die anstehende Feier anlässlich des 80. Geburtstags von Alt-Bundeskanzler Helmut Schmidt im Hamburger Thalia-Theater. Unter den Prominenten, die sich angekündigt haben, sind Bundespräsident Roman Herzog, Bundeskanzler Gerhard Schröder, Volksschauspielerin Heidi Kabel – und Henry Kissinger.

19. Juli 1999:

John F. Kennedy jr., Sohn des früheren US-Präsidenten, kommt bei einem Flugzeugabsturz ums Leben. “Bild” listet die Schicksalsschläge auf, die der Kennedy-Clan erdulden musste, und präsentiert einen nur wenig überraschenden Kronzeugen:

Amerikas langjähriger Außenminister Henry Kissinger gestern im TV: “Es ist, als wolle Gott diese Familie bestrafen.”

31. März 2000:

Bundespräsident Johannes Rau stürzt unglücklich über ein Lampenkabel und zieht sich dabei Schnittwunden zu. Rau sagte alle Termine für die nächsten beiden Tage ab, “auch ein Treffen mit dem früheren US-Außenminister Henry Kissinger.”

28. August 2000:

Für die deutsche Fußballnationalmannschaft der Herren steht ein Länderspiel in Hamburg an. Weil die Mannschaft im “Waldhaus” in Reinbek absteigt, porträtiert “Bild” ausführlichst das Hotel und dessen Betreiber.

Der Auszug aus der Gästeliste: Muhammed Ali, Henry Kissinger, Ivana Trump, Gudrun Landgrebe.

12. März 2001:

FIAT-Ehrenpräsident Giovanni Agnelli wird 80:

Er feiert in Paris; Henry Kissinger und Michel Platini gehören zu den wenigen Gästen.

8. Mai 2001:

Etwas überraschend ernennt “Bild” Kissinger auf der Titelseite zum “Verlierer des Tages”. Aber auch nur so ein bisschen:

War Henry Kissinger (77), Friedens-Nobelpreisträger, ein Kriegsverbrecher? Das behauptet das “Enthüllungsbuch” “Der Prozess gegen Henry Kissinger”. Die Anklage: Kambodscha-Bomben, Allende-Attentat etc, etc. Es sind die langen Schatten eines Weltpolitikers. Die Wahrheit ist grau.

23. Mai 2001:

Der ungarische Schriftsteller György Konrád bekommt den Aachener Karlspreis überreicht – natürlich ist er nicht der Erste:

Berühmte Preisträger: König Juan Carlos I. von Spanien, Henry Kissinger, Helmut Kohl gemeinsam mit François Mitterrand – 1986 erhielt den Karlspreis das luxemburgische Volk.

10. Juli 2001:

Hannelore, die Ehefrau von Ex-Bundeskanzler Helmut Kohl, ist tot:

Altkanzler Helmut Kohl hat verzweifelt gegen die immer schlimmer werdende Lichtallergie seiner Ehefrau Hannelore (†) angekämpft! Jahrelang bemühte er sich um Kontakte zu den besten Medizinern in Deutschland und Österreich. Um seiner Frau zu helfen, schaltete Kohl sogar Ex-US-Außenminister Henry Kissinger ein! Vor drei Wochen noch flog Kohl nach New York, suchte nach US-Spezialisten, die die Lichtallergie mit ganz neuen Therapien hätten bekämpfen können.

Ein willkommener Anlass für “Bild”, um mal wieder ein Interview mit Kissinger zu führen.

10. September 2001:

In Berlin wird das Jüdische Museum eröffnet. “850 Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft und Show-Business waren geladen.” Der einzige Gast, den “Bild” mit einem O-Ton zitiert: Henry Kissinger.

13. September 2001:

Der 11. September. Naheliegende Frage:

Wie sieht die Vergeltung der Amerikaner aus, Herr Kissinger?

4. Oktober 2001:

“Bild” zeigt ein Foto, auf dem New Yorks Bürgermeister Rudy Giuliani Ex-US-Außenminister Henry Kissinger und dessen Berater Alan Batkin “Ground Zero” zeigt.

24. Januar 2002:

Die US-Regierung erwägt eine Invasion des Irak, weil sie dort Massenvernichtungswaffen vermutet (die nie gefunden wurden).

Ex-US-Außenminister Henry Kissinger plädiert – wie Rumsfeld und US-Vizepräsident Cheney – für einen schnellen Schlag gegen Irak. Kissinger in der WELT am SONNTAG: “Ein militärisches Vorgehen gegen Saddam darf sich nicht lange hinziehen.”

17. März 2002:

Bundespräsident Rau gibt für den ehemaligen Bundesminister für besondere Aufgaben, Egon Bahr, ein Essen im Schloss Bellevue:

Der Grund: Morgen feiert Bahr seinen 80. Geburtstag und bekommt außerdem die Berliner Ehrenbürgerwürde. Besonderer Gast beim Dinner in Berlin ist Ex-US-Außenminister Henry Kissinger!

2. November 2002:

“Bild”-Kolumnist Claus Jacobi hadert mit der Haltung der Bundesregierung, die bei einem möglichen Irak-Krieg nicht mitmachen möchte, und präsentiert einen erwartbaren Kronzeugen:

Genau 40 Jahre ist das nun her, 40 Jahre von Adenauer bis Schröder, in denen ein wiedervereinigtes Deutschland entstand, dem Henry Kissinger letzte Woche “pazifistisch-nationalistische” Wesenszüge bescheinigte.

15. Dezember 2002:

Nebulöse kleine Meldung auf der “Bild”-Titelseite:

Kissinger zurückgetreten

Washington – Der frühere US-Außenminister Henry Kissinger ist als Leiter der Untersuchungskommission zu möglichen Geheimdienstpannen vor den Terroranschlägen vom 11. September zurückgetreten. Kissinger erklärte, er wolle vermeiden, dass es wegen seiner Geschäftsbeziehungen zu einem Konflikt komme.

11. April 2003:

Die Concorde wird eingemottet! “Bild” erinnert standesgemäß an das Überschall-Flugzeug:

Man traf Musikgenie Rostropowitsch, der einen Platz für sein Cello reservierte – oder Henry Kissinger.

20. Juni 2004:

“Bild am Sonntag” zu Gast beim ehemaligen DFB-Präsidenten Egidius Braun:

Als BILD am SONNTAG den ehemaligen DFB-Präsidenten besucht, ist gerade ein ganz privater Brief vom ehemaligen US-Außenminister Kissinger eingetroffen

17. Juli 2004:

Claus Jacobi kann in seiner Kolumne mit einer ganz scharfen Enthüllung aufwarten:

Aus kürzlich in Washington veröffentlichen Protokollen der siebziger Jahre geht hervor, dass der ehemalige US-Außenminister Henry Kissinger den Vertrauten Willy Brandts, Egon Bahr, als “Reptil” bezeichnet hat.

28. August 2004:

Claus Jacobi kolumniert:

Die zwei rätselhaften Flugzeugabstürze über Russland haben uns einmal mehr die Zwickmühle aufgezeigt, in der wir laut Henry Kissinger im Kampf gegen den Terror stecken: Terroristen haben schon was gewonnen, wenn sie nicht verlieren. Staaten haben schon was verloren, wenn sie nicht gewinnen.

3. Oktober 2004:

Der Fotograf Richard Avedon ist gestorben.

Henry Kissinger bat ihn laut “Bild”: “Seien Sie nett zu mir.”

17. November 2004:

“Bild”-Kolumnist Norbert Körzdörfer stellt die neue US-Außenministerin Condoleezza Rice vor:

Sie ist Single, Sphinx, Schwarze.

Sie hat keine Kinder, keinen Mann, keine Geschwister.

Das ist vielleicht ein überraschender Einstieg in einen Text, aber es wird noch weirder:

Jetzt wird Condi Rice die mächtigste Frau der Welt – ein “Kissinger mit Pumps”!

13. April 2005:

Alt-Bundeskanzler Helmut Kohl begeht seinen 75. Geburtstag. Unter den Gratulanten laut “Bild”: “Der ehemalige US-Außenminister Henry Kissinger, der Kohl zu Ehren auf Deutsch sprach”.

17. April 2005:

Sensationelle Anekdote von Kohls Geburtstagsfeier:

Mit dabei ist auch Ex-US-Außenminister Henry Kissinger. Der ehemalige Franke redet auf deutsch. Zuvor hatte er sich schon – ebenfalls auf deutsch – mit CDU-Chef Angela Merkel intensiv in deren Büro ausgetauscht. Das macht Kissinger übrigens immer, wenn er in Berlin ist. Am Kohl-Festabend zählt er aber noch aus einem anderen Grund auf Merkel. Während der Feier möchte Kissinger zu gern wissen, wie das Zweitligaspiel zwischen dem 1. FC Köln und seinem alten Lieblingsverein, der Spielvereinigung Greuther Fürth, ausgegangen ist. Angela Merkel bekommt das Ergebnis per SMS vom NRW-Spitzenkandidaten Jürgen Rüttgers (CDU). Dann eilt sie zum Tisch der alten Herren und überbringt Kissinger die traurige Botschaft: Fürth hatte 2:3 verloren!

8. Mai 2005:

Genau 60 Jahre nach Kriegsende redet heute zum 8. Mai im hessischen Darmstadt Ex-US-Außenminister Henry Kissinger.

“Bild am Sonntag” weiß bereits, was er sagen wird.

22. März 2007:

Der frühere Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher wird 80. Unter den Gratulanten, die es mit einem Foto in “Bild” schaffen: Henry Kissinger.

5. August 2007:

“Bild-am-Sonntag”-Kolumnist Helmut Böger nimmt eine außereheliche Affäre zwischen CSU-Politiker Horst Seehofer und einer 25 Jahre jüngeren Frau zum Anlass, über das “Parfüm der Macht” zu spekulieren, das “viele junge Frauen in Versuchung” führe:

“Macht”, so hat es der machtbewusste ehemalige US-Außenminister Henry Kissinger (84) formuliert, “ist das ultimative Aphrodisiakum.”

Im nächsten Satz zeigt Böger, wie er sein Publikum einschätzt:

Laut Fremdwörter-Duden ein “den Geschlechtstrieb anregendes Mittel”.

16. November 2007:

In New York erhält der Springer-Vorstandsvorsitzenden Mathias Döpfner die Leo-Baeck-Medaille (erster Preisträger: Axel Springer). Die Laudatio hält Henry Kissinger.

22. Mai 2008:

Bei Edward “Ted” Kennedy, Bruder der ermordeten US-Politiker John F. und Robert F. Kennedy, wird ein bösartiger Hirntumor festgestellt (der sogenannte “Kennedy-Fluch”, BILDblog berichtete). Willkommene Gelegenheit für “Bild”, das Kissinger-Zitat über die Familie Kennedy aus dem Juli 1999 noch mal aufzuwärmen.

29. Juni 2008:

Im Finale der Fußball-Europameisterschaft der Männer spielt Deutschland gegen Spanien:

Wegen des großen Interesses deutscher und spanischer Politiker am Finale, aber auch vieler anderer Promis, musste das Kontingent der Ehrenplätze ausgeweitet werden. Erst heute im Laufe des Tages wird es einen endgültigen Sitzplan geben. Erst dann werden auch der frühere US-Außenminister Henry Kissinger, Moderator Thomas Gottschalk, Schauspieler Harrison Ford, Musiker Shaggy, Ex-Formel-1-Weltmeister Michael Schumacher und Sänger Enrique Iglesias platziert werden.

6. September 2008:

Henry-Kissinger-Ultra Claus Jacobi erzählt in seiner Kolumne folgende Henry-Kissinger-Anekdote:

Nicht lange nachdem Amerikas Präsident Richard Nixon den Außenpolitiker Henry Kissinger zum Außenminister ernannt hatte, besuchte ihn im Weißen Haus Israels weiblicher Premierminister Golda Meir, in deren Händen die Außenpolitik ihres Landes lag. Nixon war es, der auf den ungewöhnlichen Zustand hinwies, dass nun ausgerechnet die internationale Politik der USA und Israels von zwei Angehörigen jüdischer Familien gesteuert werde. “Ja”, meinte Golda Meir, in Anspielung auf Kissingers schweren deutschen Akzent, “aber meiner kann Englisch sprechen.”

7. Februar 2009:

Henry Kissinger (85), US-Außenminister unter Richard Nixon, war gestern Abend der Stargast beim deutsch-amerikanischen-Freundschafts-Dinner von Rechtsanwalt Wolfgang Seybold. Dr. Gabriele Begum Inaara Aga Khan über Kissinger: “Ein beeindruckender Mann!”

9. Februar 2009:

“Gewinner” auf der “Bild”-Titelseite: Henry Kissinger

Als jüdischer Emigrant aus Fürth brachte es Henry Kissinger (85) in USA zum Außenminister, Friedensnobelpreisträger, Geschichtsprofessor in Harvard. 1990 unterstützte er die Wiedervereinigung. Jetzt hat ihn die Münchner Sicherheitskonferenz mit dem Ewald-von-Kleist-Preis ausgezeichnet – für “außerordentliche Verdienste” um Frieden und deutsche Einheit.

BILD meint: Thank you, Henry!

9. Mai 2009:

Henry-Kissinger-Ultra Claus Jacobi erzählt in seiner Kolumne noch einmal folgende Henry-Kissinger-Anekdote:

Kurz nachdem US-Präsident Richard Nixon Henry Kissinger mit dem schweren deutschen Akzent zum Außenminister ernannt hatte, besuchte Israels Premierminister Golda Meir den Staatschef im Oval Office des Weißen Hauses. Er begrüßte sie herzlich und scherzte dabei, dass nun ja ihre beiden Länder jüdische Außenminister hätten. “Ja”, meinte Mrs. Meir: “Aber meiner spricht Englisch.”

9. September 2009:

Kalenderspruch des Tages auf der “Bild”-Titelseite:

“Erst wenn es um unbedeutenden Kleinkram geht, werden Auseinandersetzungen wirklich bitter.”

Henry A. Kissinger, amerikanischer Politiker (*1923)

10. Oktober 2009:

Spektakulärer Schuldspruch für einen der reichsten Männer Amerikas: Anthony Marshall (85), der Sohn von New Yorks einstiger Society-Queen Brooke Astor ((†) 105), muss ins Gefängnis. Er hatte die Alzheimer-Krankheit seiner Mutter ausgenutzt, um sich ihr Vermögen anzueignen. Um dies vor ihren Freunden (wie Ex-Außenminister Henry Kissinger) geheim zu halten, hatte er sie über Jahre in ihrem Luxusappartement gefangen gehalten.

9. November 2009:

Mathias Döpfner hat in der Villa Schöningen ein Museum eingerichtet. Unter den 500 Gästen bei der feierlichen Eröffnung, wie in “Bild” zu lesen ist: Henry Kissinger.

10. November 2009:

Zum 20. Jahrestag der Maueröffnung ist in der Axel-Springer-Passage in Berlin die Portrait-Büste “Michail Gorbatschow” feierlich enthüllt worden:

Im Beisein von Ex-US-Außenminister Henry Kissinger und dessen Kollegen Hans-Dietrich Genscher nahm Michail Gorbatschow persönlich die Ehrung entgegen. Gorbatschow bedankte sich bei Friede Springer, dem Springer- Vorstandsvorsitzenden Mathias Döpfner und bei BILD-Chef Kai Diekmann

25. November 2009:

Bei all dem Um-die-Welt-Jetten, Preise-Annehmen-und-Überreichen und Mit-Matthias-Döpfner-Rumhängen schafft Henry Kissinger es auch noch, sich mit den Vorgängen bei deutschen Fernsehsendern zu befassen:

ZDF-Intendant Markus Schächter (60) ist in New York mit dem Ehren-Emmy ausgezeichnet worden. “Er hat das ZDF durch eine turbulente Vergangenheit geführt und es gut positioniert für eine fantastische Zukunft”, sagte Ex-US-Außenminister Henry Kissinger (86) in seiner Laudatio.

7. Februar 2010:

Nur ein Jahr nach seinem letzten Besuch ist Henry Kissinger schon wieder Ehrengast beim deutsch-amerikanischen-Freundschafts-Dinner von Rechtsanwalt Wolfgang Seybold. Für einen kurzen Moment an seiner Seite: Minister-Gattin Stephanie zu Guttenberg, eine weitere “Bild”-Ikone.

23. Februar 2010:

“Bild”-Redakteur Alexander von Schönburg nutzt “Bild”, um seiner Schwester Gloria von Thurn und Taxis zum Geburtstag zu gratulieren:

Liebe Leser,

ich habe meiner Schwester Gloria so viel zu verdanken. Als Kind nahm sie mich überall mit hin. Mit ihr traf ich Diana, Mick Jagger, Fidel Castro, Kissinger, Strauß, Kohl … Danke BILD, dass ich heute mein Geburtstagsständchen vor 12 Millionen Lesern singen darf.

7. April 2010:

Zum 80. Geburtstag von Helmut Kohl gibt dessen Trauzeuge, “Bild”-Chefredakteur Kai Diekmann, ein zweibändiges Foto-Buch über den Altkanzler heraus, das in den “Bild”-Medien ausführlich beworben wird. Einer der Autoren, die einen Text beisteuern: Henry Kissinger.

26. April 2010:

Altbundespräsident Richard von Weizsäcker feiert seinen 90. Geburtstag. “Bild” entdeckt unter den Gratulanten: Henry Kissinger.

17. Mai 2011:

Wie “Bild” berichtet, erhält Altkanzler Helmut Kohl den “Henry Kissinger Preis” der American Academy. Neben dem offiziellen Laudator, Ex-US-Präsident Bill Clinton, ist noch jemand erschienen, um Kohl den Preis zu überreichen: Namensgeber Henry Kissinger.

9. Juni 2011:

Endlich mal wieder “Gewinner des Tages”: Henry Kissinger!

Mit seinen “Erinnerungen” hat Ex-US-Außenminister Henry Kissinger (88) einen Bestseller gelandet. Die “New York Times” feiert sein heute auf Deutsch erscheinendes Werk “China – Zwischen Tradition und Verantwortung” (C. Bertelsmann, 608 S.) als “faszinierendes, scharfsichtiges Buch”.

BILD meint: Lesen!

29. September 2011:

Ex-Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg schließt sich in den USA dem renommierten Forschungs- und Analysezentrum (Think Tank) “Center for Strategic and International Studies” an. Dem in Washington ansässigen CSIS auch angeschlossen sind internationale Politiker wie Henry Kissinger.

18. November 2011:

“Bild” weiß zu berichten, dass Bundespräsident Christian Wulff in der Hauptstadtrepräsentanz der Deutschen Telekom die “Goldene Ehren-Victoria” des Verbands Deutscher Zeitschriftenverleger an Henry Kissinger verliehen hat.

18. April 2012:

Die Spielvereinigung Greuther Fürth steigt erstmalig in die Fußball-Bundesliga auf.

Und der berühmteste Fürth-Fan freute sich in den USA. Ex-US-Außenminister Henry Kissinger (88) ist in der fränkischen Stadt (115 000 Einwohner) geboren.

21. April 2012:

Große Ehre für den Aufsteiger!

Der in Fürth geborene ehemalige US-Außenminister Henry Kissinger (88) hat in einem persönlichen Schreiben Klub-Präsident Helmut Hack (62) gratuliert. Kissinger: “Herzlichen Glückwunsch! Dieser Aufstieg war überfällig.”

3. Mai 2012:

“Bild”-Verleger Axel Cäsar Springer hätte seinen 100. Geburtstag gefeiert. “Bild” begeht diesen Anlass mit einer minutiösen Nacherzählung des Festakts, den der Springer-Vorstandsvorsitzende Mathias Döpfner seinem Verlag verordnet hat, und lässt Prominente auf die Frage: “Warum ist Axel Springer noch heute so wichtig?” antworten. Neben salbungsvollen Worten der amtierenden Bundeskanzlerin Angela Merkel, des ehemaligen Außenministers Hans-Dietrich Genscher, des amtierenden israelischen Staatspräsidenten Shimon Peres und von Uwe Seeler kommt auch Henry Kissinger zu Wort.

4. September 2012:

“Bild”-Sportteil:

Kissinger kommt

Der frühere US-Außenminister Henry Kissinger (89) kommt am 15. September zum Heimspiel von Aufsteiger Fürth gegen Schalke. Kissinger wurde in Fürth geboren.

14. September 2012:

“Bild”-Sportteil, jetzt aber wirklich:

Kissinger kommt

Großer Besuch: Der ehemalige US-Außenminister Henry Kissinger (89) ist morgen Gast beim Spiel von Aufsteiger Greuther Fürth gegen Schalke. Kissinger wurde in Fürth geboren und ist ein großer Fußball-Fan.

15. September 2012:

Blitzbesuch in der Hauptstadt: Ex-US-Außenminister Henry Kissinger (89, Foto) besuchte für 24 Stunden Berlin.

16. September 2012:

“Bild”-Sportteil:

Draxler zerschießt Kissingers Tipp

Der berühmteste Fürther hatte auf ein 2:0 gehofft – doch die Schalker waren zu stark für den Aufsteiger

17. September 2012:

Jetzt kennen wir endlich Kissingers gesamten Zeitplan der vergangenen Tage:

Er kam nach Berlin, um sich für den Wiederaufbau des historischen Stadtschlosses einzusetzen, flog am nächsten Tag in seine Geburtsstadt Fürth. Vorher sprach Henry Kissinger (89) mit BILD im Berliner Schlosshotel Grunewald über die Unruhen in der arabischen Welt, über Kanzlerin Merkel und seine Heimatstadt.

26. Januar 2013:

Ganz schön was los in Davos! Beim Weltwirtschaftsforum trifft Polit- auf Party-Prominenz: So plauderte Ex-US-Außenminister Henry Kissinger (89) beim Hummeressen angeregt mit Veronica Ferres (47). Filmreif!

27. Mai 2013:

Er floh als Jude vor dem Nazi-Terror nach Amerika – und schrieb als US-Außenminister Weltgeschichte: Henry Kissinger wird heute 90 Jahre alt! Zum Geburtstag bekommt der Friedensnobelpreisträger ein besonderes Geschenk: In seiner Heimatstadt Fürth gibt’s künftig einen “Dr.-Henry-Kissinger-Platz”. BILD meint: Happy Birthday, Henry!

12. Juni 2013:

Aus Anlass seines 90. Geburtstags (27. Mai) hat die Axel Springer AG gestern Abend den früheren US-Außenminister und Friedensnobelpreisträger Henry Kissinger und seine Frau Nancy in den Berliner Journalistenclub eingeladen.

9. Oktober 2014:

Helmut Kohl stellt auf der Frankfurter Buchmesse seine Memoiren vor – und die “Bild”-Redakteure Ralf Schuler und Alexander von Schönburg sind ganz nah dran:

Was niemand auf der Buchmesse wusste: Der Altkanzler hatte vor der Buchvorstellung schon ein straffes Programm hinter sich gebracht, zwei große politische Weggefährten im Sheraton-Hotel am Frankfurter Flughafen getroffen: Henry Kissinger und James Baker, der bei Mauerfall und Wiedervereinigung US-Außenminister war und von Kissinger bei seinem Spitznamen “Jim” genannt wird.

2. April 2015:

Einen Tag vor Helmut Kohls 85. Geburtstag gratulieren Bundeskanzlerin Angela Merkel und “der legendäre ehemalige US-Außenminister Henry Kissinger dem Kanzler der Einheit” mit einem gemeinsamen Aufsatz in “Bild”.

24. November 2015:

Altkanzler Helmut Schmidt ist gestorben. Zu den Trauerrednern beim Staatsakt gehörte Henry Kissinger, der anschließend auch noch mit einer “Post von Wagner” klarkommen muss.

6. Dezember 2015:

Frank Sinatra wäre 100 Jahre alt geworden. “Bild am Sonntag” erinnert mit “10 Erinnerungssplittern” an den Entertainer. Nummer fünf:

Bei einem Dinner mit dem damaligen US-Außenminister Henry Kissinger beteuerte Sinatra, nichts mit der Mafia am Hut zu haben. Woraufhin Kissinger sagte: “Schade, wer kümmert sich jetzt um meine Feinde?”

5. März 2016:

“Bild” veröffentlicht die etwas verstörende Liste “Diese Super-Reichen sind noch zu haben”. Darauf: Elizabeth Holmes, Gründerin und Chefin des Laborunternehmens Theranos. “Bild” weiß: “Zu ihren größten Fans gehört der ehemalige US-Außenminister Henry Kissinger.” Heute sitzt Holmes wegen Betrugs im Gefängnis.

7. Juni 2016:

Springer richtet die “Axel Springer NOAH Berlin” aus, eine Veranstaltung, die der Verlag selbst als “das führende Branchen-Event der europäischen Internet- und Digitalwirtschaft” beschreibt. Beim “traditionellen Eröffnungsdinner am Vorabend der Konferenz” im Berliner Verlagshaus spricht Henry Kissinger zu “ausgewählten Konferenzgästen”.

22. November 2016:

“Bild” druckt das “fiktive Tagebuch” des zukünftigen US-Präsidenten Donald Trump seit dessen Sieg bei den Präsidentschaftswahlen. Darin:

17. November
Henry Kissinger war da. Erzählte von China, Russland und dieser EU. War interessant, aber, puh, ziemlich lang.

16. Oktober 2017:

“Bild” hat einen neuen Liebling: Sebastian Kurz. Und die Redaktion weiß Wissenswertes über den neuen österreichischen Bundeskanzler zu berichten:

SEINE VORBILDER
Sebastian Kurz hat viele politische Biografien gelesen. Am meisten imponierte ihm das Lebenswerk von HENRY KISSINGER (persönliches Treffen vor drei Wochen in New York bei der UN-Generalversammlung) und HELMUT KOHL (“Vater der deutschen Einheit”).

1. Juni 2018:

Er beschützte Henry Kissinger und die Geissens: Promi-Bodyguard fast im Rhein ertrunken

22. Januar 2020:

“Gewinnerin des Tages”: Angela Merkel.

Große Ehre für die Kanzlerin: Die American Academy zeichnete Angela Merkel (65, CDU) gestern mit dem Henry-A.-Kissinger-Preis aus. Der legendäre US-Außenminister Kissinger (96) lobte Merkel in seiner Laudatio für ihren nüchtern unaufgeregten Politik-Stil.

BILD meint: Physikerin der Macht!

27. Mai 2021:

Henry Kissinger wird anlässlich seines 98. Geburtstags im Rahmen einer Veranstaltung der Deutschen Atlantischen Gesellschaft zugeschaltet. Markus Söder gratuliert, “Bild” berichtet.

21. Mai 2023:

Eine Woche vor seinem 100. Geburtstag warnt Henry Kissinger im Interview mit dem “Economist” vor einem dritten Weltkrieg, bietet aber praktischerweise direkt auch Lösungsvorschläge an, die “Bild plus” gerne mit seinem zahlenden Publikum teilt.

27. Mai 2023:

Henry Kissinger wird 100, und Hans-Jörg Vehlewald kann nicht mehr an sich halten:

Dieser Mann ist schlicht ein Wunder!

Ein 100-jähriges Orakel, ein politischer Generalschlüssel, der Hüter der diplomatischen Weltformel. Einer, der jederzeit den US-Präsidenten, Russlands Kriegstreiber Putin oder China-Regent Xi Jinping ans Telefon kriegt, wenn er will.

Doch das Geheimnis seines Weltruhms und seines Jahrhundertlebens wird kaum beachtet: Nancy Kissinger (89), die First Lady der Weltdiplomatie.

22. Juni 2023:

Kissingers Geburtsstadt Fürth feiert den 100. Geburtstag. “Bild”-Redakteur Alexander von Schönburg besucht die Eröffnung einer Ausstellung über den “Jahrhundert-Mann” und urteilt mit einem Hauch Homoerotik: “Humor, Geist und Macht – DAS macht einen Mann wohl unwiderstehlich.” Von Schönburg möchte das mit Erzählungen von einem “Sommer in der Karibik” untermauern, in dem seine älteste Schwester den 35 Jahre älteren Kissinger “anhimmelte”.

Andererseits kann man von Schönburg nicht vorwerfen, seine Hausaufgaben nicht gemacht zu haben:

Über die historische Bedeutung dieses Heinz (so sein Geburtsname!) Kissinger aus Fürth, der mit 15 mit seiner Familie vor den Nazis nach Amerika flüchtete und zum bedeutendsten Außenpolitiker der Welt aufstieg, steht alles in Geschichtsbüchern. Inklusive der dunklen Kapitel. Seine Rolle im Vietnam-Krieg. Der von der USA finanzierte Staatsstreich in Chile …

Mathias Döpfner, Vorstandsvorsitzender von Axel Springer, hält “eine mit Anekdoten gespickte Geburtstagsrede” auf den (abwesenden) Jubilar.

“Bild”-Werbekampagne, Durchgeboxt, Einfluss der Bilder aus Nahost

1. Kampagne gegen Auflagen-Absturz
(taz.de, Valérie Catil)
Der Springer-Verlag hat in der vergangenen Woche eine groß angelegte Werbekampagne für die “Bild”-Zeitung gestartet, mit der offenbar der rapide Rückgang der verkauften Auflage gestoppt werden soll. Valérie Catil kommentiert in der “taz”: “Mit der ‘Bild bleibt Bild’-Kampagne gibt das Blatt seinen Leser_innen das Gefühl, resistent gegen Wandel zu sein, nicht progressiv oder ‘woke’ sein zu müssen. Die Bild tut so, als springe sie auf den Anti-Establishment-Zug auf. Dabei schaufelt sie ihm Kohle in den Schlund und ist selbst maßgeblich für diese Stimmung verantwortlich.”

2. ARD-Team von israelischen Soldaten festgehalten
(tagesschau.de)
Ein ARD-Team soll im Westjordanland von israelischen Soldaten festgehalten und bedroht worden sein. Die Soldaten hätten sich aggressiv verhalten, Waffen auf das Team gerichtet und es gefilmt. Christian Limpert, Leiter des ARD-Studios Tel Aviv, kommentiert den Vorgang: “Für uns ist es der zweite Vorfall innerhalb einer Woche. Unser Team hat sich klar als akkreditierte Pressevertreter ausgewiesen und war fernab militärischer Sicherheitsbereiche. Wir können das Vorgehen des israelischen Militärs nicht akzeptieren.”

3. Jugendliche und die Bilder aus Nahost
(wdr.de, Christoph Sterz, Audio: 4:40 Minuten)
Grausame Bilder aus dem Nahen Osten hätten einen besonders starken Einfluss auf Jugendliche, deren Gehirn sich noch in der Entwicklung befindet. Christoph Sterz sprach mit der Neurowissenschaftlerin Maren Urner und mit Steffen Bronner von der Online-Jugendberatung Juuuport über das Thema, mit dem sich auch Eltern auseinandersetzen sollten.

Bildblog unterstuetzen

4. Durchgeboxt: RBB-Staatsvertrag
(verdi.de, Günter Herkel)
Günter Herkel kommentiert den neuen RBB-Staatsvertrag. Dieser sei von den beteiligten Landesregierungen gegen breiten Widerstand und ohne öffentliche Anhörung durchgesetzt worden, um die Sichtbarkeit Brandenburgs im Programm zu erhöhen. Dies werde als Eingriff in die Programmautonomie des öffentlich-rechtlichen Senders empfunden und verursache zusätzliche Kosten. Trotz finanzieller Engpässe enthalte der Vertrag aber auch positive Elemente wie die Deckelung der Gehälter und eine verbesserte Kontrolle des RBB. Der Vertrag muss noch von den Landesparlamenten ratifiziert werden und könnte Anfang 2024 in Kraft treten.

5. Meta verbietet offenbar Einsatz von KI-Produkten für Wahlwerbung
(spiegel.de)
Meta, der Mutterkonzern von Facebook und Instagram, plant offenbar, den Einsatz seiner KI-Produkte für Wahlwerbung zu verbieten, um das Potenzial für die Verbreitung von Falschinformationen einzuschränken. Die neuen Regeln würden die bereits bestehenden Vorschriften für Online-Werbung erweitern und den Einsatz generativer KI-Tools einschränken. Diese Maßnahme kommt zu einer Zeit, in der die Besorgnis über den Einsatz von Künstlicher Intelligenz zur Manipulation von Wahlkampagnen, wie etwa die Erstellung von Deepfakes, zunimmt.

6. Hans Meiser, der Grenzgänger des Privatfernsehens
(dwdl.de, Alexander Krei)
Alexander Krei erinnert an den kürzlich verstorbenen Fernsehmoderator Hans Meiser, an die Höhe-, aber auch an die Tiefpunkte in dessen Karriere. Meiser habe es wie kaum ein anderer verstanden, Einschaltquoten zu erzielen, auch auf umstrittene Weise wie durch ein Live-Telefonat mit einem der Geiselnehmer von Gladbeck oder in seiner als zu drastisch kritisierten Unfallserie “Notruf”. Meiser starb im Alter von 77 Jahren kurz nach einem neuen Sendestart bei einem kleinen Radiosender in Schleswig-Holstein.

Kurz korrigiert (539)

In einem aktuellen Artikel berichtet Bild.de über den Stromimport Deutschlands. Der Autor schreibt unter anderem:

So wird unser Importstrom produziert:

► 21 Prozent Kernkraft,

► 46 Prozent konventionelle Energiequellen,

► 51 Prozent erneuerbare Energien.

… was zusammen 118 Prozent ergibt und somit nicht stimmen kann.

Der Fehler liegt beim angegebenen Anteil der konventionellen Energiequellen. Einer im Bild.de-Artikel eingebetteten Grafik zufolge ist der deutlich niedriger:

Screenshot Bild.de - Zu sehen ist eine Grafik mit der Überschrift So setzt sich unser Strom-Import zusammen - Deutsche Stromimporte im 1. Halbjahr 2023 - , Wind Onshore 14 Prozent, Wind Offshore sieben Prozent Photovoltaik fünf Prozent, Biomasse fünf Prozent, Wasserkraft 20 Prozent, Erneuerbare Energien zusammengefasst 51 Prozent, Kernkraft 21 Prozent, Erdgas neun Prozent, Steinkohle sieben Prozent, Öl und Sonstige sechs Prozent, Braunkohle drei Prozent, Pumpspeicher drei Prozent

Mit Dank an @avatter für den Hinweis!

Nachtrag/Möglicherweise Korrektur: Da könnten wir jetzt was durcheinandergebracht haben, sicher sind wir uns aber nicht: Mehrere Leser weisen uns darauf hin, dass es sein könnte, dass die “Bild”-Redaktion die drei übereinander geschriebenen Werte gar nicht als Teile meint, die zusammen 100 Prozent ergeben sollen, sondern dass sie einmal den Anteil der Kernkraft angibt und in der Zeile darunter noch Erdgas, Kohle und Öl hinzurechnet für die “konventionellen Energiequellen”. Das ließe die Definition von konventionellen Energiequellen auf jeden Fall zu. Allerdings würden dann die Pumpspeicher fehlen, die die Datenquelle der “Bild”-Grafik, die Agora Energiewende, durchaus zu den konventionellen Energiequellen zählt. Sollten wir tatsächlich danebengelangt haben, bitten wir, den Fehler zu entschuldigen. Aber wie gesagt: So ganz sicher sind wir uns nicht.

“Bild” erklärt Deutschland zum “Strombettler”

Jedes Kind kennt die Geschichte (und das Lied) von St. Martin, dem römischen Soldaten, der in einer kalten Winternacht auf einen “armen Mann” traf, der nur “Lumpen” anhatte und fror. Martin gab ihm einen Teil seines stattlichen Mantels ab, damit der “Bettler” es wenigstens ein bisschen wärmer hatte.

In der Logik der “Bild”-Redaktion hätte der arme Mann noch einen Sack mit wärmender Kleidung dabei gehabt, die er aber nicht anzieht, und dem Heiligen Martin noch was von den Lumpen abgegeben, denn ein “Bettler” ist bei “Bild” irgendwie was anderes.

Deutschland hat im ersten Halbjahr 2023 mehr Strom importiert als früher. Insgesamt hat es in diesen sechs Monaten aber immer noch mehr Strom exportiert als es importiert hat.

Oder, wie “Bild” es nennt:

Screenshot Bild.de - Neuer Bericht zeigt - Deutschland wird zum Strombettler

Deutschland rutscht innerhalb von sechs Monaten rapide ab: Lag der Netto-Stromexport in der zweiten Jahreshälfte 2022 noch bei 9,2 TWh, sind es jetzt gerade einmal 0,6 TWh. Vom Strom-Exporteur zum Strom-Bettler!

Auch in der “Bild”-Bundesausgabe sind “wir” nun “Strombettler” – ein Begriff, der suggeriert, dass Deutschland sich nicht mehr ausreichend selbst mit Strom versorgen kann:

Ausriss Bild-Zeitung - Wir werden vom Stromexporteur zum Strombettler

Richtig müsste es heißen: “Wir” sind im ersten Halbjahr 2023 immer noch Stromexporteur, aber mit einem geringeren Exportüberschuss als im Halbjahr zuvor.

Die “Bild”-Redaktion beruft sich in ihrem Artikel von Anfang August auf eine Veröffentlichung von EnAppSys, einem Portal, das Daten und Analysen über den europäischen Energiemarkt für Geschäftskunden bereitstellt:

Grund für den deutschen Absturz laut der “EnAppSys”-Experten: das Kernkraftwerk-Aus!

“Diese Stilllegungen bedeuteten, dass Deutschland in Zeiten geringer erneuerbarer Stromerzeugung zusätzlichen Strom aus anderen Ländern beziehen musste”, so Experte Jean-Paul Harreman.

Wir haben mit Jean-Paul Harreman von EnAppSys Kontakt aufgenommen – und der widerspricht der Darstellung von “Bild” entschieden.

Das fängt schon damit an, dass es einigermaßen unwissenschaftlich ist, eine zweite Jahreshälfte mit einer ersten zu vergleichen: Harremann sagt, dass es eine klare Saisonalität bei den Import- und Exportmustern gebe.

Und auch die Gründe für die gesteigerten Importe liegen nicht etwa darin, dass Deutschland nicht in der Lage wäre, sich selbst mit Energie zu versorgen: Es ist nur tatsächlich billiger, Strom aus dem Ausland zu importieren, als die Leistung der eigenen Kohle- oder Gas-Kraftwerke, die alle mit verminderter Leistung liefen, hochzufahren. Genau für diesen Zweck sei der europäische Binnenmarkt für Strom geschaffen worden, sagt Harremann. (Man stelle sich umgekehrt mal vor, was “Bild” schreiben würde, wenn die Bundesrepublik ohne Grund teureren Strom produzieren würde, anstatt ihn zu importieren!)

Laut Jean-Paul Harremann liegt einer der Gründe, dass Deutschland mehr importiert als im Vorjahr, darin, dass Frankreich nach einer langen Zeit wieder in der Lage sei, Strom zu niedrigen Preisen zu exportieren. Im vergangenen Jahr war nämlich zeitweise die Hälfte der französischen Atomkraftwerke abgeschaltet – entweder wegen gravierender Mängel und Schäden oder weil wegen des heißen Sommers nicht ausreichend Kühlwasser zur Verfügung stand. Jetzt laufen die französischen AKW wieder.

Nun kann man es natürlich seltsam finden, in Deutschland alle Atomkraftwerke abzuschalten, aber weiter Atomstrom aus Frankreich zu importieren. Dafür muss man sich allerdings vom Gebiet der reinen Physik auf das der Politik begeben – und dort findet man einen von einer schwarz-gelben Bundesregierung im Jahr 2011 beschlossenen Atom-Ausstieg. Als nach dem russischen Angriff auf die Ukraine im vergangenen Jahr die Energiepreise anstiegen und eine Laufzeitverlängerung deutscher Atomkraftwerke diskutiert wurde, erklärten die deutschen AKW-Betreiber, dass diese technisch und genehmigungsrechtlich schwer möglich sei.

Man kann also unterschiedlicher Meinung sein, ob Atomkraft ein sicherer oder – langfristig gerechnet – preiswerter Energieträger ist. Aber dass die deutschen Atomkraftwerke nicht weiterlaufen konnten, ist etwas, was im Januar 2022 sogar noch Christian Lindner wusste. (Die damalige schwarz-gelbe Bundesregierung hatte übrigens erst im Oktober 2010 eine Laufzeitverlängerung der deutschen Atomkraftwerke beschlossen, die sie im Frühjahr 2011 wieder zurücknahm, weswegen die AKW-Betreiber vom deutschen Staat jetzt 2,4 Milliarden Euro Entschädigung bekommen, die “wir” letztlich alle bezahlen müssen, aber das nur am Rande.)

Unabhängig von der politischen Dimension importiert Deutschland überhaupt nur einen sehr geringen Teil seines Stroms aus Frankreich. Sehr viel mehr kommt aus Dänemark, der Schweiz, den Niederlanden und Norwegen – alles Länder mit hohen Anteilen erneuerbarer Energien. Und es ist nicht nur günstiger, diesen Strom zu importieren, es ist auch umweltschonender, als die heimischen Braun- und Steinkohlekraftwerke hochzufahren.

Deutschland muss also nicht um Strom “betteln”, wie “Bild” behauptet, sondern es kauft – um im Bild zu bleiben – Öko-Strom im Sonderangebot beim Discounter in der Nachbarschaft ein, um nicht in den Kohlenkeller zu müssen.

Entsprechend ist Jean-Paul Harreman von EnAppSys mit der Wortwahl im “Bild”-Beitrag “überhaupt nicht einverstanden”, wie er uns verriet:

Es ist eine Tatsache, dass Deutschland nach der Abschaltung der Kernkraftwerke mehr Strom von seinen Nachbarn importierte, aber die damit verbundenen Auswirkungen auf die Energiesicherheit sind maßlos übertrieben. Selbst wenn die Grenzen geschlossen würden, was nicht möglich ist, hätte Deutschland überschüssige Erzeugungskapazitäten zum Zuschalten. Dass die Importe gestiegen sind, ist die logische Folge einer wirtschaftlichen Optimierung.

Besonders unglücklich ist Harremann mit seiner Rolle als Kronzeuge in dem “Bild”-Artikel: Zum einen sei es in der Pressemitteilung von EnAppSys nur am Rande um Deutschland gegangen und hauptsächlich um den Wiederanstieg französischer Stromexporte, nachdem dort wieder mehr Atomkraftwerke im Betrieb sind (Mängel und Trockenheit, wir erinnern uns). Sein Zitat “Diese Stilllegungen bedeuteten, dass Deutschland in Zeiten geringer erneuerbarer Stromerzeugung zusätzlichen Strom aus anderen Ländern beziehen musste” sei aus dem Kontext gerissen, sagt Harremann, der sich gewünscht hätte, dass die “Bild”-Redaktion ihn kontaktiert, bevor sie ihn zum Kronzeugen ihrer Geschichte macht.

Nachdem EnAppSys und er persönlich viele kritische Nachfragen erhalten hätten, habe das Unternehmen die Pressemitteilung überarbeitet. Statt …

“Meanwhile, in Germany, the closure of nuclear power plants was the main reason why the energy balance flipped to imports. These closures meant that Germany had to source additional power from other countries in periods of low renewable generation.”

“In Deutschland war die Stilllegung der Kernkraftwerke der Hauptgrund dafür, dass die Energiebilanz in Richtung Importe drehte. Diese Schließungen führten dazu, dass Deutschland in Zeiten geringer erneuerbarer Energieerzeugung zusätzlichen Strom aus anderen Ländern beziehen musste.”

(Übersetzung von uns)

… heißt es dort nun:

“Meanwhile, in Germany, the closure of nuclear power plants was the main reason why the energy balance flipped from export in the first quarter to import in the second quarter. These closures meant that Germany sourced additional power from other countries in periods of low renewable generation, as other markets provided power at lower prices than unused generation assets in Germany.

Note that imports and exports are the result of market coupling among European electricity markets, with cross-border connections limiting the amount of power that can flow from one country to another. The objective is to optimize welfare across the continent. Except for borders that are not automatically coupled, parties acting on day-ahead markets do not actively choose to import or export.”

“In Deutschland war die Stilllegung der Kernkraftwerke der Hauptgrund dafür, dass sich die Energiebilanz vom Export im ersten Quartal zum Import im zweiten Quartal drehte. Diese Schließungen führten dazu, dass Deutschland in Zeiten geringer erneuerbarer Energieerzeugung zusätzlichen Strom aus anderen Ländern bezog, da andere Märkte Strom zu niedrigeren Preisen bereitstellten als ungenutzte Erzeugungsanlagen in Deutschland.

Beachten Sie, dass Importe und Exporte das Ergebnis der Marktkopplung zwischen europäischen Strommärkten sind, wobei grenzüberschreitende Verbindungen die Strommenge begrenzen, die von einem Land in ein anderes fließen kann. Ziel ist es, den Wohlstand auf dem gesamten Kontinent zu optimieren. Mit Ausnahme von Grenzen, die nicht automatisch gekoppelt sind, entscheiden sich die auf Day-Ahead-Märkten agierenden Parteien nicht aktiv für Import oder Export.“

(Übersetzung von uns)

Harreman betont, dass die Formulierung “dass Deutschland […] zusätzlichen Strom aus anderen Ländern beziehen musste” in der ursprünglichen Version der Pressemitteilung unglücklich gewählt war, und “bezog” richtiger gewesen wäre.

Der “Strombettler”-Artikel war Teil einer losen und vermutlich noch nicht beendeten Serie, in der “Bild” immer wieder versucht, den (noch einmal: vor zwölf Jahren von einer schwarz-gelben Bundesregierung beschlossenen und in diesem Jahr umgesetzten) Atom-Ausstieg als kapitalen Fehler der aktuell regierenden Ampel-Koalition zu brandmarken – möglicherweise aus Trotz, weil der von “Bild” herbeigeschriebene Blackout bis heute ausgeblieben ist.

Nur wenige Tage nach dem “Strombettler”-Text fragte “Bild” besorgt:

Muss Deutschland nach dem AKW-Aus jetzt dauerhaft mit Strom aus dem Ausland versorgt werden?

“Jedes Jahr gibt es Phasen, in denen wir Strom aus anderen Ländern einkaufen”, antwortete Bundeskanzler Olaf Scholz (65, SPD) am Donnerstag im Erfurter Bürgerdialog auf die Frage, warum Deutschland die Kernkraft durch Importstrom ersetze.

Klang ganz so, als habe sich durch das AKW-Aus nichts verändert im Vergleich zu den Vorjahren. Doch das Gegenteil ist der Fall: Deutschland importiert so viel Strom wie nie! 5783,4 Gigawattstunden waren es im Juli laut Bundesnetzagentur – Allzeit-Rekord.

Noch NIE hat Deutschland so viel Strom aus dem Ausland eingekauft, Herr Bundeskanzler!

Ja, weil’s halt billiger ist.

Das weiß eigentlich sogar “Bild”:

Auch wenn Import-Strom teurer ist als unser Export-Strom, ist er immer noch günstiger als Kohle oder Gas von hierzulande.

Wir seien auf den Import-Strom aber keineswegs angewiesen, deutete Scholz an: “In der Gesamtbilanz ist die Lage ganz anders.” Es gebe schließlich noch die Braunkohle als Ersatz. Aber Deutschland setze lieber “auf Windstrom aus Dänemark und Atomstrom aus Frankreich”, weil der eben günstiger sei.

Und dann wird die “Bild”-Redaktion nachgerade investigativ:

Funktioniert der europäische Strommarkt wirklich so gut, wie Scholz denkt? BILD fragte nach!

… fand für Zitate aber seltsamerweise nur Personen, die Strom-Importe mindestens kritisch sehen und vor steigenden Strompreisen warnen. Der Bayerische Rundfunk hingegen hat ganz viele Gesprächspartner und -partnerinnen gefunden, die von sinkenden Preisen ausgehen und die aktuelle Umweltbilanz loben:

Screenshot BR.de - Trotz Atomausstieg: Deutschland verbrennt weniger Kohle und Gas

Im Mai, dem Monat nach dem deutschen Atomausstieg, wurde so wenig Steinkohle nach Deutschland importiert wie in keinem Maimonat seit 2004 – mit Ausnahme des Corona-Jahres 2020.

Angesichts so unterschiedlicher Interpretationen der gleichen Fakten kann man schon mal den Überblick verlieren. “Bild” hatte deshalb schon im Juli eine “Riesenverwirrung um den deutschen Strommarkt” ausgerufen – und selbst weiter fleißig dazu beigetragen:

► Alles nicht so wild, sagen die einen. Strom sei im Ausland gerade billiger als in Deutschland, deshalb werde mehr eingekauft.

► Alles ziemlich wild, behaupten die anderen, Deutschland verliere seine Energie-Autonomie, mache sich abhängig.

Mithilfe von Manuel Frondel vom RWI Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung bemüht sich “Bild” tatsächlich um eine gewisse Ausgewogenheit (diese einigermaßen ausgewogene Betrachtung hat die Redaktion aber schön hinter der Bezahlschranke versteckt). Frondel fühlt sich in dem Artikel auch korrekt wiedergegeben, wie er uns auf Anfrage erklärt hat.

ABER (um in der Diktion von “Bild” zu bleiben):

“Bild” schreibt unter anderem: “Seit elf Jahren gibt es Pläne für Stromautobahnen von Nord- nach Süddeutschland, die dieses Problem beheben würden. Aber sie kommen nicht voran.”

Was “Bild” nicht schreibt: Dass diese Stromtrassen in den Süden nicht “vorankommen”, liegt vor allem am Widerstand der CSU – nicht zuletzt in Person des früheren bayerischen Finanzministers und heutigen Ministerpräsidenten Markus Söder. Wer das nicht weiß, kann fast wieder nur annehmen, dass die seit weniger als 21 Monaten regierende Ampel-Koalition an allem schuld ist.

Dafür zitiert “Bild” im Artikel eine INSA-Umfrage, nach der “jeder dritte Deutsche” der Ansicht ist, “dass die Stromversorgung in Deutschland nicht mehr sicher” sei.

Diese Menschen kann Jean-Paul Harreman von EnAppSys beruhigen:

Für dieses Jahr sind alle Gasvorräte ausreichend gefüllt und es stehen auf dem gesamten Kontinent ausreichend Erzeugungskapazitäten aus Gas-, Kohle- und Braunkohlekraftwerken zur Verfügung. Es besteht kein Grund zur Panik. Nur ein sehr langer, sehr kalter Winter könnte echte Probleme bereiten. Diese Probleme wären eher hohe Preise als Stromausfälle.

“Kein Grund zur Panik” – der absolute Horror für die “Bild”-Redaktion.

Dazu auch:

  • Über die Mär von der “Energiesouveränität” und die Rolle von “Bild” in dieser Desinformationskampagne hatte Christian Stöcker im Juli bereits einen aufschlussreichen Artikel beim “Spiegel” veröffentlicht.

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