“Goldene Kartoffel” für “Spiegels” Clan-TV, Drogen-Dossier, Freigefunkt

1. NdM-Medienpreis “Goldene Kartoffel” 2020
(neuemedienmacher.de)
Der Negativpreis “Goldene Kartoffel” der “Neuen Deutschen Medienmacher*innen” geht dieses Jahr an “Spiegel TV” für die Berichterstattung über die sogenannte Clan-Kriminalität: “Die Berichterstattung über Organisierte Kriminalität in deutschen Medien und insbesondere bei SPIEGEL TV ist unterm Strich verzerrt, stigmatisierend und rassistisch. Der fast ausschließliche Fokus auf ‘Clans’ erweckt den Anschein, mafiöse Vereinigungen in Deutschland seien vornehmlich arabische Familien oder Rom*nja. Das BKA ordnet aber nur etwa acht Prozent der Verfahren zur Organisierten Kriminalität der so genannten ‘Clan-Kriminalität’ zu.” Die Präsidentin der Jury Sheila Mysorekar hat sich für ein etwa sechsminütiges Video in die Kulisse einer Shisha-Bar gesetzt und kommentiert einige der beanstandeten “Spiegel TV”-Szenen. Optisch toll umgesetzt, informativ und unterhaltsam.
Weiterer Lesehinweis: Mysorekar über die tendenziöse Berichterstattung von “Spiegel TV” und anderen Medien über Clan-Kriminalität: Viel Rauch um nichts (neues-deutschland.de).

2. Herr Friedrich Merz hat mir über seine Anwälte eine Abmahnung übermittelt
(facebook.com, Fabio De Masi)
Der Linken-Politiker Fabio De Masi hat einen Tweet über den CDU-Politiker Friedrich Merz verfasst, in dem auch dessen Abstimmungsverhalten zur Strafbarkeit von Vergewaltigung in der Ehe vorkommt. Daraufhin habe ihm Merz eine Abmahnung samt Unterlassungserklärung zukommen lassen, so De Masi. Auf Facebook erklärt er, warum er seinen Tweet nicht löschen werde: “Da bin ich hart wie Granit oder ein Black Rock.”
Weiterer Lesehinweis: Der Vollständigkeit halber ein Merz-Statement aus dem März, dem dieser “Correctiv”-Faktencheck gegenübersteht.

3. Der Journalist Javier Valdez kann nicht mehr recherchieren, weil er erschossen wurde. Aber wir können
(zeit.de, Kai Biermann & Amrai Coen & Hauke Friederichs & Holger Stark & Fritz Zimmermann)
Laut Reporter ohne Grenzen werden in keinem anderen Land, das sich nicht im Krieg befindet, so viele Journalisten und Journalistinnen ermordet wie in Mexiko. Eines der Opfer ist der Journalist Javier Valdez, der über das Sinaloa-Drogenkartell berichtete, eine der mächtigsten Organisationen im Drogenhandel weltweit. In einer aufwändigen Recherche haben Redaktionen aus vielen Ländern Valdez’ Arbeit fortgesetzt. Die Aktion wurde koordiniert und unterstützt vom Netzwerk Forbidden Stories, das es sich zur Aufgabe gemacht hat, die Arbeit getöteter Reporterinnen und Reporter fortzuführen. Ein Ergebnis ist das lesenswerte Dossier der “Zeit”, die in Mexiko und Israel, aber auch in Deutschland recherchiert hat.

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4. Mit Händen und Worten
(deutschlandfunk.de, Kevin Barth, Audio: 5:30 Minuten)
Ob Audiodeskription, Untertitel, Gebärdensprache, leichte Sprache oder Bildbeschreibungen: Die Barrierefreiheit im Fernsehen ist oftmals noch ausbaufähig, vor allem bei den privaten Sendern. Nun gibt es eine Zentrale Anlaufstelle für barrierefreie Angebote (ZABA), an die sich Betroffene wenden können. Ein Portal, auf dem alle Öffentlich-Rechtlichen sowie die privaten Rundfunk- und audiovisuellen Medienanbieter in Deutschland gebündelt werden: “Die Aufgabe der ZABA-Webseite ist es, alle Beschwerden oder Fragen bezüglich barrierefreier Angebote direkt an die jeweiligen Medienanbieter weiterzuleiten. Der Vorteil für Sie liegt auf der Hand: Ihr Anliegen erreicht sofort die richtige Stelle, unter Beachtung aller datenschutzrechtlichen Vorschriften.”

5. Freifunk wird endlich gemeinnützig
(netzpolitik.org, Markus Beckedahl)
Im netzpolitik.org-Newsletter geht es unter anderem um die (nach Ansicht vieler längst fällige) Gemeinnützigkeit der bundesweiten Graswurzelbewegung Freifunk. Die nichtkommerzielle Initiative widmet sich seit langem dem Aufbau und Betrieb eines freien Netzes. Die Freifunk-Community sorgt mit ihren WLAN-Netzwerken dafür, dass man auch an unterversorgten Orten ins Internet kommt. Seit Jahren sei der Initiative die Gemeinnützigkeit in Aussicht gestellt beziehungsweise versprochen worden. Nun habe der Finanzausschuss den entsprechenden Änderungsantrag beschlossen, der nur noch von Bundestag und Bundesrat abgesegnet werden müsse. Markus Beckedahl kommentiert: “Mit diesem Beschluss sollte die Politik aber nicht zufrieden sein. Was weiterhin fehlt ist ein Bewusstsein dafür, dass man solche Infrastrukturen auch besser durch finanzielle Mittel fördern könnte.”

6. Belarus: Wie Journalisten “mundtot” gemacht werden
(ndr.de, Joe Angerer, Video: 4:44 Minuten)
Die Entfernung von Berlin nach Minsk ist in etwa so groß – oder klein – wie die von Flensburg nach Garmisch-Partenkirchen. Dennoch bleibt für viele von uns Belarus ein unbekanntes und wenig beachtetes Land. Das liegt auch daran, dass es für Medien immer schwerer wird, von dort zu berichten. Ausländische Medienschaffende werden kaum noch zugelassen und inländische Journalisten und Journalistinnen auf vielfältige Weise bekämpft. “Zapp” lässt Betroffene zu Wort kommen, die von den Demonstrationen gegen Präsident Alexander Lukaschenko berichtet haben und dabei ihre Freiheit und ihre körperliche Unversehrtheit riskierten.

Russische Desinformation, “Bild”-Bollwerk, Klarnamenpflicht

1. Das Netzwerk gefälschter Auslandsmedien
(netzpolitik.org, Daniel Laufer & Alexej Hock)
netzpolitik.org hat in Kooperation mit der “Welt” eine spannende Recherche über vermeintliche Nachrichtenportale durchgeführt, die russische Propaganda verbreiten. Dabei kam ein ganzes Netzwerk von Desinformationsseiten und Fake-News-Schleudern zum Vorschein: “Die fingierten Auslandsmedien sollen die Glaubwürdigkeit der Nachrichten verstärken, wenn sie innerhalb Russlands zitiert werden. Etabliert hat sich noch eine zweite Methode: Die Drahtzieher missbrauchen sogar seriöse europäische Medien, um ihre Verschwörungsmythen zu streuen.”

2. Bollwerk “Bild”
(zeit.de, Daniel Bouhs)
Ab dem 18. Dezember gibt es auf Amazon Prime eine siebenteilige Dokuserie, in der angeblich der Redaktionsalltag bei “Bild” zu sehen ist. Daniel Bouhs hat sich das Werk schon jetzt angeschaut: “So wie Amazon auch sonst all die oft heroisiert, die dem Dienst exklusiv Zugang gewährten, wie etwa der Fußballverein Borussia Dortmund, so inszeniert auch diese Produktion Bild vor allem als Vorkämpfer. Grenzübertritte auf der Suche nach Geschichten und Bildern etwa von Toten wirken aus dem Alltag der Boulevardredaktion wie ausradiert.”

3. Facebook darf Nutzer mit falschem Namen sperren
(spiegel.de)
Das Oberlandesgericht München hat in einem Urteil zur Klarnamenpflicht entschieden, dass Facebook Pseudonyme verbieten darf. “Bei der Verwendung eines Pseudonyms liegt die Hemmschwelle nach allgemeiner Lebenserfahrung deutlich niedriger”, so das Gericht. Dies wird von Expertinnen und Aktivisten jedoch vielfach anders gesehen. Siehe dazu auch den weiteren Lesehinweis: In einem immer noch lesenswerten Gastbeitrag aus dem Jahr 2019 erklärt der Jurist und Vorsitzende der Gesellschaft für Freiheitsrechte Ulf Buermeyer, was man statt einer Klarnamenpflicht tun könnte (tagespiegel.de).

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4. Homophobie und Rassismus: Die ARD ist Dieter Nuhrs perfekte Bühne
(nollendorfblog.de, Johannes Kram)
Johannes Kram schrieb schon 2014 über Schwulenwitze in Dieter Nuhrs “Satire Gipfel”. Damals ging es um die Frage: Prangert Nuhr eine Geisteshaltung an, wenn er eine ganze Kaskade schwulenfeindlicher Klischees reproduziert, oder weidet er sich an den schalen Witzchen und trägt dazu bei, dass homophobe Vorurteile verstärkt werden? Kram vertrat die letztere Ansicht. Sechs Jahre später fragt sich Johannes Kram, wie es möglich ist, dass Dieter Nuhrs seiner Ansicht nach homophobe und rassistische Pointen in der ARD immer noch auf so wenig Gegenwehr stoßen: “Die ARD könnte sich darum bemühen zu erklären, dass das rechte Rauschen der letzten Jahre die Grenzen des in Deutschland Sagbaren in die Richtung verschoben hat, dass sich das Sagbare vergrößert und nicht verkleinert hat. Dass nicht die Diskriminierten durch ihre angeblichen Denk- und Lachverbote die Aggressoren sind, sondern diejenigen, die sie diskriminieren.”

5. Brauchen ARD und ZDF so viel Geld? Zehn Fragen und Antworten zum Rundfunkbeitrag
(rnd.de, Imre Grimm)
In den vergangenen Tagen wurde viel über die fehlende Zustimmung Sachsen-Anhalts zur geplanten Erhöhung des Rundfunkbeitrags um 86 Cent pro Monat geschrieben. Dabei standen oft die politischen Machtspiele im Vordergrund. Für das ganze Bild hat Imre Grimm zehn Fragen und Antworten zum Rundfunkbeitrag zusammengestellt. Anschließend bietet sich die Lektüre seines Kommentars an: Was viel wichtiger wäre als 86 Cent mehr.

6. Aktualisieren!
(sueddeutsche.de, Philipp Bovermann)
Philipp Bovermann philosophiert in der “Süddeutschen” über ein journalistisches Nachrichtenformat, das uns dieses Jahr besonders oft begegnet ist – den Liveticker: “Liveticker halten, so könnte man sagen, der Welt den Atem an, um vom Neuen zu künden. Ihre roten Lämpchen leuchteten viel in diesem Jahr. Alles schien möglich, während die Gegenwart immer wieder ihre Synchronizität mit sich selbst verlor. So viel Dialektik! Halb fürchtet man sich, halb sehnt man sich danach, dass die neue Gegenwart, welche auch immer es sei, endlich beginnen möge.”

Wieder Clan-Krieg bei “Bild”

In der Nacht von Samstag auf Sonntag hat im Berliner Stadtteil Charlottenburg ein Fußgänger auf mehrere Männer geschossen, die kurz zuvor aus verschiedenen Autos ausgestiegen waren und sich begrüßt hatten. Der Täter konnte flüchten.

In der Nacht von Sonntag auf Montag stellte sich ein 26-Jähriger auf einer Polizeiwache in Hamburg – er habe die Schüsse in Berlin abgefeuert. Der Mann wurde festgenommen. Nach einer Durchsuchung seiner Wohnung hätten sich neue Anhaltspunkte ergeben, so die Hamburger Polizei. Man gehe inzwischen von einem rassistischen Motiv aus. Der Polizeiliche Staatsschutz habe die Ermittlungen übernommen.

Als von all dem noch überhaupt nichts klar war, erschien am Sonntagmorgen bei Bild.de dieser Artikel:

Screenshot Bild.de - In der Nähe vom Kurfürstendamm - Schüsse in Berlin - wieder Streit unter Clans?

Schüsse? Berlin? Das kann doch nur …

In der Nacht zu Sonntag soll es in Berlin erneut zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen Clans gekommen sein.

… schreibt Bild.de, ohne irgendwelche Belege dafür zu liefern. In der offiziellen Polizeimeldung steht nichts von Clans. Eine Polizeisprecherin konnte die Information auf rbb-Nachfrage auch nicht bestätigen:

Informationen, nach denen es sich bei den Wageninsassen um Angehörige eines bekannten Clans handelte, konnte die Polizeisprecherin nicht bestätigen.

Aber Bild.de bringt die Clans ins Spiel. Am Montag (der rbb veröffentlichte die Aussage der Polizeisprecherin am Sonntagmittag) berichtete auch die “Bild”-Bundesausgabe groß:

Ausriss Bild-Zeitung - Schüsse am feinen KaDeWe - Unbekannter feuert auf Männer in Luxus-Autos

Und wieder: die Clans:

Es war 0.45 Uhr in der Nacht zu Sonntag in einer Parallelstraße des Nobel-Kaufhauses, als Schüsse fielen: Ein Unbekannter feuert auf mehrere Männer!

Ist es wieder eine Tat im berüchtigten Berliner Clan-Milieu?

Am späten Montagnachmittag vermeldete dann auch Bild.de:

Screenshot Bild.de - POLIZEI PRÜFT AUSLÄNDERFEINDLICHEN HINTERGRUND - Schütze vom KaDeWe stellt sich in Hamburg

Der mutmaßliche Schütze vom KaDeWe hat sich nun nach BILD-Informationen bei der Hamburger Polizei gestellt.

Offiziell sagt die Polizei Hamburg nichts – Berlin ist zuständig. Aber nach BILD-Informationen hat sich Montagnacht gegen 0.30 Uhr ein Mann an der Davidwache gemeldet und behauptet, er habe etwas mit den Schüssen auf das Kaufhaus des Westens (KaDeWe) in Berlin zu tun. (…)

Aus Ermittlerkreisen erfuhr BILD, dass ein ausländerfeindlicher Hintergrund der Tat geprüft wird.

Da war das falsche Clan-Gerücht, das die “Bild”-Redaktion verbreitet hat, schon über 30 Stunden in der Welt. Und das ist es immer noch: Der Bild.de-Artikel, der am Sonntagmorgen Clans als falsche Tatverdächtige nannte, ist unverändert online, ohne irgendeinen Hinweis zu den aktuellen Entwicklungen. In der “Bild”-Zeitung gibt es heute nur in einzelnen Regionalausgaben einen kleinen Artikel, der vom geständigen Täter mit dem möglichen rassistischen Motiv berichtet. Im Bild.de-Artikel zur Festnahme des Mannes ist ein Video eingebettet, das mit der Überschrift “WIEDER CLAN-KRIEG IN BERLIN? Schüsse am KaDeWe in Charlottenburg” versehen ist. Es scheint der “Bild”-Redaktion nicht besonders wichtig zu sein, die falschen Spekulationen aus der Welt zu schaffen.

Andere Medien haben die “Bild”-Mutmaßungen einfach abgeschrieben. t-online.de meldete beispielsweise: “Laut der ‘Bild’ könnte es sich um einen Clinch zwischen Clans handeln. Die Insassen der Fahrzeuge sollen laut Informationen der Zeitung einer arabischen Großfamilie angehören.” (t-online.de hat die Stelle inzwischen geändert.) Und der “Tagesspiegel” schreibt: “Mehrere Berliner Medien spekulieren, dass es sich erneut um einen Streit im Clanmilieu gehandelt haben könnte.” Die Redaktionen tun so, als wäre “Bild” eine seriöse Quelle.

Mit Dank an die vielen Hinweisgeber!

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Wilder Podcast-Westen, AfD-Beilage, Panoramafreiheit für Drohnen-Bilder

1. Plattformkapitalismus erobert den wilden Podcast-Westen
(deutschlandfunkkultur.de, Philip Banse, Audio: 54:49 Minuten)
Eines der spannendsten Mediengespräche des Jahres und ein absoluter Hörtipp für alle Podcast-Interessierten: Bei Deutschlandfunk Kultur unterhalten sich Dirk von Gehlen (“Süddeutsche Zeitung”) und Sandro Schroeder (Deutschlandradio) mit Philip Banse über den explodierenden Podcast-Markt und die Gefahren der Monopolisierung.

2. Offener Brief: Für eine Beteiligung gemeinnütziger digitaler Publisher und Organisationen
(correctiv.org)
Einen wahren Geldregen von mehr als 200 Millionen Euro will die Bundesregierung über Tageszeitungen, Zeitschriften und Anzeigenblättern ausschütten. Das Forum Gemeinnütziger Journalismus kritisiert den Verteilungsmechanismus, der die kleinen, unabhängigen Journalismus-Projekte außer Acht lasse. Man sei “in großer Sorge, dass diese Förderung zu einer Benachteiligung von gemeinnützigen digitalen Publishern führt, die in den vergangenen Jahren mit erheblichen Risiken neue journalistische Angebote aufgebaut haben. Wir fordern deswegen, dass die Bundesregierung auf eine Förderung ausgewählter Medien verzichtet oder alle neuen digitalen Akteure gleich behandelt.”

3. AfD Sonntagszeitung
(sbamueller.com, Sebastian Müller)
Die zur “Badischen Zeitung” gehörende kostenlose Zeitung “Der Sonntag” enthielt vor zwei Tagen eine Beilage der AfD, die sich die Anmutung einer eigenen Zeitung gab. Sebastian Müller hat sich die Polit-Postille mit dem Titel “Stadt im Blick Freiburg” angeschaut und macht einige Anmerkungen zu den Inhalten.
Weitere Lesehinweise: Bei Facebook kommentiert die Initiative Aufstehen gegen Rassismus in Freiburg: “Die Badische Zeitung hat mit dieser Verteilaktion starke Fahrlässigkeit gehandelt. Keine Krisensituation und keine wirtschaftlichen Faktoren können das verteilen von rechtspopulistischen Fake News als journalistische Einheit rechtfertigen.” Die “Badische Zeitung” hat noch am Sonntag eine Stellungnahme veröffentlicht, in der sie versucht zu erklären, “warum wir diese Werbung nicht abgelehnt haben.” Am Montag folgte eine Distanzierung: “Die Abwägung war im Ergebnis falsch”.

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4. Die großen Probleme des TV-Angebots der Bild-Zeitung
(berliner-zeitung.de, Kai-Hinrich Renner)
Die “Berliner Zeitung” hatte vergangene Woche über aktuelle Entwicklungen im Hause “Bild” berichtet, sieht sich jetzt jedoch zu einem Nachtrag veranlasst: “In einer vorherigen Version schrieben wir, am 17. November habe der Springer-Aufsichtsrat beschlossen, ‘Mittel in Höhe von mindestens 20 Millionen Euro für Bild Live’, würden ‘nicht fließen’. Inzwischen teilte Axel Springer mit, dass am 17. November in einer Vorstandssitzung ‘für das Jahr 2021 für Bild Live ein Investitionsvolumen von ca. 22 Millionen Euro bestätigt worden’ sei. Zudem ist uns im ursprünglichen Text eine Verwechslung unterlaufen: Nicht die Verleihung des Axel-Springer-Awards sahen bei Bild Live im Schnitt 260 Zuschauer. Tatsächlich hatte diese Quote ein Interview mit dem Tesla-Chef im Vorfeld der Preisverleihung.”

5. Ausverkauf
(sueddeutsche.de, Florian Hassel)
Die Verlagsgruppe Passau trennt sich von ihrer polnischen Tochter Polska Press. Das Paket aus 20 Regionalzeitungen, rund 120 Wochentiteln und 500 Internetportalen geht an Polens staatlichen Öl- und Tankstellenkonzern Orlen. “Ein schwarzer Tag für die Pressefreiheit und Medienpluralität”, so die unabhängige Tageszeitung “Gazeta Wyborcza”.

6. LG Frankfurt a.M.: Urheberrechtliche Panoramafreiheit gilt auch für von Drohnen angefertigte Fotos
(dr-bahr.com)
Das Landgericht Frankfurt hat entschieden, dass die urheberrechtliche Panoramafreiheit auch für von Drohnen angefertigte Fotos gilt. Der Entscheidung vorausgegangen ist ein Konflikt zwischen der Konstrukteurin der Lahntalbrücke Limburg und einem Fotografen, der Drohnenbilder verkauft hatte, auf denen das Bauwerk zu sehen ist.

Gerangel um 86 Cent, Wende in der Wende, Spotifys Chartsmanipulation

1. Es geht um die Rundfunkfreiheit – und inzwischen um mehr
(mission-lifeline.de, Ruprecht Polenz)
Eigentlich hatten alle Bundesländer der Erhöhung des Rundfunkbeitrags zugestimmt, doch in Sachsen-Anhalt blockieren sowohl CDU als auch AfD das Vorhaben. Der ehemalige Generalsekretär der CDU Ruprecht Polenz kommentiert das Polit-Gerangel um den öffentlich-rechtlichen Rundfunk (ÖRR) und kritisiert dabei nicht nur die AfD, sondern auch das Timing der CDU in Sachsen-Anhalt: “Es bestand vor wenigen Monaten eine gute Gelegenheit, eine umfassende Diskussion über die Struktur des ÖRR zu führen, wenn man Änderungen herbeiführen wollte. Im September 2020 hat Sachsen-Anhalt den Medienstaatsvertrag ratifiziert – ohne größere Diskussionen oder Vorbehalte. Er regelt den allgemeinen Programmauftrag, die Zahl der Anstalten und der Programme. HIER hätte die CDU-Fraktion ihre Vorstellungen einbringen müssen. Das hat sie nicht getan.”

2. Wirkt der “Greta”-Effekt?
(taz.de, Reinhard Wolff)
Klimaaktivistin Greta Thunberg fungierte bei Schwedens auflagenstärkster Tageszeitung “Dagens Nyheter” (“DN”) für einen Tag als Gastchefredakteurin. Dies sorgte in den schwedischen Medien für geteiltes Echo. Einige Zeitungen kritisierten die Aktion, unter anderem als “Niederlage für den Nachrichtenjournalismus”. Thunbergs “DN”-Gastspiel war ein Besuch in der Redaktion vorausgegangen, bei dem sie der Zeitung ordentlich den Kopf gewaschen hatte: “Ihr sagt, ihr berichtet über die Klimakrise, aber das tut ihr nicht. Ihr berichtet über Klimaaktivisten mit Zöpfen und gelber Regenjacke, die ein paar unbequeme Sachen sagen, die Zitate bringen, die sich gut klicken. Aber das hat nichts mit der Klimakrise zu tun.”

3. Die Wende in der Wende – und die BRD-Medien
(medienblog.hypotheses.org, Michael Meyen)
Gabriel Wonn hat in seiner Masterarbeit die Berichterstattung von “Bild”, “Süddeutscher Zeitung”, “Spiegel” und “Tagesschau” zwischen dem 9. Oktober 1989 und der Volkskammerwahl am 18. März 1990 untersucht: “Vor ihnen ein Garten Eden. Hinter ihnen Stasiland: Eine Diskursanalyse über die Rolle der Westmedien im Wandlungsprozess der Wende” (PDF). Professor Michael Meyen kennt die Arbeit besonders gut, er war der offizielle Prüfer: “Wer den mit vielen Zitaten gespickten Ergebnisteil liest, kann gut nachvollziehen, weshalb sich die Stimmung in der DDR-Bevölkerung binnen weniger Monate so drastisch verändert hat – und wie hier der Grundstein für eine Folgeberichterstattung gelegt wurde, die uns die Anschluss-Lösung bis heute meist als selbstverständlich und alternativlos erscheinen lässt.”

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4. Christian Drosten: Die Stimme der Vernunft
(dwdl.de, Jan Freitag)
In der “DWDL”-Reihe “Bildschirmheldinnen & -helden 2020” geht es diesmal um Deutschlands bekanntesten Virologen Christian Drosten. Jan Freitag merkt an: “Charmante Belehrung mit gesenktem Zeigefinger und fotogenem Dackelblick – wäre Christian Drosten nicht so selbstgenügsam, er hätte das Zeug zum Eckart von Hirschhausen. Zum Glück ist ihm die Forschung wichtiger. SARS-CoV-2 wird nicht die letzte Pandemie bleiben.”

5. EU will Journalisten besser schützen
(verdi.de)
Die Europäische Kommission hat in Brüssel den “Aktionsplan für Demokratie” vorgestellt. Dabei geht es auch um die Rolle von Medien, genauer gesagt um “Maßnahmen zur Förderung freier und fairer Wahlen und einer starken demokratischen Beteiligung, zur Unterstützung freier und unabhängiger Medien und zur Bekämpfung der Desinformation”. Bislang sei der Aktionsplan nur eine umfangreiche Ankündigung. Es bleibt also abzuwarten, wie sich die Initiativen in Entwürfen und Gesetzen niederschlagen.

6. Hör mich an
(zeit.de, Silvia Silko)
“Spotify bietet Musikern an, sich in den Algorithmus des Streamingdienstes einzukaufen, um ihre Songs populärer zu machen. Früher nannte man so etwas Chartsmanipulation.” In ihrer Analyse erklärt Silvia Silko die Funktionsweise von Spotifys umstrittener “Pay-to-play”-Funktion und die daraus entstehenden Konsequenzen für den Musikmarkt.

“Bild TV” ohne 20 Millionen, Fonds für Pressefreiheit, Browser Ballett im TV

1. Presserat rügt SZ
(sueddeutsche.de)
Der Presserat hat einen Online-Text der “Süddeutschen” über den Mord an fünf Kindern in Solingen gerügt, in dem zunächst Zitate aus einem Whatsapp-Chat des sechsten Kindes zu lesen waren. Später hatte die Redaktion diese Zitate gelöscht, ist nun jedoch für die Ursprungsversion gerügt worden. Anstatt das unangenehme Thema zu ignorieren, reagiert die “SZ”, wie man es sich von manch anderem gerügten Medium wünschen würde: “Die Chefredaktion der SZ hält die Rüge für gerechtfertigt und bedauert den Fehler.”

2. Renner: Springer verweigert “Bild TV” zusätzliche Gelder.
(turi2.de, Andreas Grieß)
Laut einem Bericht der “Berliner Zeitung” (Bezahlartikel) hatte “Bild”-Chef Julian Reichelt fest damit gerechnet, weitere 20 Millionen Euro für den Ausbau von “Bild TV” zur Verfügung gestellt zu bekommen. Der Springer-Aufsichtsrat habe ihm die Mittel jedoch verweigert. Ein Grund: Die größtenteils kläglichen Zuschauerzahlen. Bei der Verleihung des Axel-Springer-Awards an Tesla-Chef Elon Musk hätten beispielsweise nur 260 Menschen zugeschaut.
Nachtrag: Die “Berliner Zeitung” musste ihren Artikel um folgenden Hinweis ergänzen: “In einer vorherigen Version schrieben wir, am 17. November habe der Springer-Aufsichtsrat beschlossen, ‘Mittel in Höhe von mindestens 20 Millionen Euro für Bild Live’, würden ‘nicht fließen’. Inzwischen teilte Axel Springer mit, dass am 17. November in einer Vorstandssitzung ‘für das Jahr 2021 für Bild Live ein Investitionsvolumen von ca. 22 Millionen Euro bestätigt worden’ sei. Zudem ist uns im ursprünglichen Text eine Verwechslung unterlaufen: Nicht die Verleihung des Axel-Springer-Awards sahen bei Bild Live im Schnitt 260 Zuschauer. Tatsächlich hatte diese Quote ein Interview mit dem Tesla-Chef im Vorfeld der Preisverleihung.”

3. Die Top-Listen 2020 der besten Videos des Jahres stehen fest
(blog.youtube)
Youtube hat seine Bestenlisten für Deutschland veröffentlicht: die “Top Trending Videos”, die “Top-Musikvideos”, die “Top Creator” und die “Breakout Creator” (größte Durchstarter des Jahres) des Jahres 2020. In der Video-Bestenliste wurden keine Musikvideos, Trailer und Kindervideos einbezogen. Sie wird angeführt vom Corona-Video der Wissenschaftsjournalistin Mai Thi Nguyen-Kim, einem Video über die Belästigung von Frauen (“Männerwelten” von Joko und Klaas) und Bibis Haus-Tour. Wer sein Medien-Universum erweitern oder einfach nur erfahren will, was derzeit so angesagt ist, bekommt hier eine gute Übersicht.

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4. Twitter will mehr Gruppen vor »Entmenschlichung« schützen
(spiegel.de)
Twitter hat seine “Richtlinie zu Hass schürendem Verhalten” überarbeitet. Verboten ist nun auch die “Entmenschlichung einer Gruppe” aufgrund von “Kaste”, “nationaler Herkunft” oder “ethnischer Zugehörigkeit”. Inwieweit sich die überarbeiteten Regeln in der Praxis auswirken werden, ist noch unklar. Ähnlich unklar wie die Konsequenzen bei Verstößen gegen die Twitter-Richtlinie, die vom Einzelfall anhängen würden. Arisha Michelle von der US-Menschenrechtsorganisation Color of Change sagt, die Ankündigung falle in die “wachsende Kategorie von zu unbedeutenden, zu späten PR-Stunts”.

5. Ein Fonds für die Pressefreiheit
(verdi.de, Sarah Schäfer)
Beim jüngsten Medien-Meeting der Gewerkschaft dju (Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union) ging es um den Druck, der durch Klagen auf Redaktionen ausgeübt wird. Dass juristische Mittel eingesetzt werden, um eine ungewünschte Berichterstattung zu beeinflussen oder zu verhindern, sei längst keine Ausnahme mehr. In dem Beitrag geht es auch um den “Prinzenfonds”, der Menschen unterstützt, die wegen Aussagen über das Haus Hohenzollern abgemahnt oder verklagt werden.

6. Browser Ballett
(ardmediathek.de, Video: 29:38 Minuten)
Auf Youtube hat der Satire-Kanal “Browser Ballett” etwa 300.000 Abonnenten gewinnen können. Das öffentlich-rechtliche Format aus der Funk-Familie hat nun den Sprung aus dem Internet ins klassische ARD-Programm geschafft. Highlight der Sendung aus unserer Sicht: Ein satirischer Einblick in den “Bild”-Redaktionsalltag mit Julian-Reichelt- und Paul-Ronzheimer-Doubles, bei dem einem das Lachen im Halse stecken bleibt. Die geschilderten Szenen scheinen bei aller Überzeichnung durchaus vorstellbar (ab Minute 1:20).
Weiterer Lesehinweis: Nur mit indirektem Medienbezug, aber sehr lesenswert: Der Bericht “Ich war in der Psychiatrie und es war die beste Zeit meines Lebens” vom “Browser Ballett”-Gründer Schlecky Silberstein.

CDU-Race-Berichterstattung, Contentboxen, Pornoröder Forst

1. Das komplett sinnlose Personalorakeln
(deutschlandfunk.de, Matthias Dell, Audio: 4:24 Minuten)
Das Rennen um den CDU-Vorsitz wird von einem aufgeregten Horse-Race-Journalismus begleitet. Matthias Dell plädiert in seiner Deutschlandfunk-Kolumne für ein eingeschränktes Zeitfenster für diese Form der Berichterstattung: “Personalbingo wie aktuell beim CDU-Vorsitz wird medial künftig nur noch zehn Tage vor der jeweiligen Wahl gespielt. Und der Rest der Zeit wird in die Beschreibung der Komplexität von Klimapolitik, Steuerungerechtigkeit und sozialem Wohnungsbau investiert.”

2. That’s not my name
(taz.de, Carolina Schwarz)
Schauspieler Elliot Page machte auf Instagram öffentlich, dass er trans ist. Carolina Schwarz hat sich angeschaut, wie Medien mit dieser Meldung umgehen: “Gerade deutsche Medien zeigten, wie wenig sensibilisiert ihre Redaktionen sind. Ob beim ZDF, dem Spiegel, n-tv oder RND, in fast allen Texten wurden falsche Pronomen, in diesem Fall also weibliche, und der Deadname, also der vorher bekannte Name der Person, genutzt. Das kann unabsichtlich passieren, ist aber auch ein Machtinstrument, um einer Person die Identität abzusprechen.”

3. Kultur aus der Contentbox
(verdi.de, Günter Herkel)
Beim RBB sind für das nächste Jahr schmerzhafte Einsparungen geplant: Um rund 30 Millionen Euro soll der Etat knapper ausfallen. Der Sender wolle dazu die Programmstruktur überarbeiten und sogenannte Contentboxen einführen. Von den Kürzungen wahrscheinlich besonders betroffen: die freien Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen.

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4. Medien 2020: Der ZAPP-Jahresrückblick
(ndr.de, Video: 29:31 Minuten)
Wir haben erst Anfang Dezember, aber bei “Zapp” gibt es bereits einen Jahresrückblick. In der halbstündigen Sendung geht es um Corona, Proteste gegen die Maßnahmen der Regierung, Verschwörungsmythen, Hass in Sozialen Netzwerken und Empörungswellen nach Satiren.

5. Für eine Medienpolitik mit Zukunft
(medienwoche.ch, Robert Ruoff)
In seinem Essay überlegt Robert Ruoff, wie das Schweizer Mediensystem der Zukunft aussehen könnte. Seine 18 Kerngedanken ermöglichen einen guten Überblick über die derzeitigen Herausforderungen der Medien in der Schweiz und könnten Auslöser für eine weitere Debatte sein.

6. Twitter-Bildersuche zu Protesten im Dannenröder Forst wegen Pornofilter gesperrt?
(netzpolitik.org, Markus Reuter)
netzpolitik.org berichtet über ein offensichtliches Beispiel von Overblocking: Wer bei Twitter Aufnahmen zu den Protesten im Dannenröder Forst suchte, erhielt keine Treffer, obwohl es unzählige Bilder und Videos gibt. Des Rätsels vermutliche Lösung: Twitter hatte den Hashtag #danni wahrscheinlich mit Pornografie beziehungsweise mit Darstellenden aus dem Erotikgewerbe assoziiert und deshalb unterdrückt.

Sachsen-Anhalt-Krimi, Erklärerin mit Empathie, Feigenblatt Dokumentarfilm

1. Nur Sachsen-Anhalt schert aus
(taz.de, Steffen Grimberg)
15 von 16 Bundesländern haben sich für die Erhöhung des Rundfunkbeitrags ausgesprochen, im Fall von Sachsen-Anhalt ist dies noch offen. Die CDU könnte dort zusammen mit der AfD für ein Scheitern sorgen, doch ein derartiges Abstimmungsverhalten gefährdet die sachsen-anhaltinische Koalition aus CDU, SPD und Bündnis 90/Die Grünen. So wurde in Magdeburg bis tief in die Nacht um eine Lösung gerungen – vergeblich. Steffen Grimberg hat einen Vorschlag: “Bis die Sache geklärt ist, senden ARD und ZDF für Sachsen-Anhalt einfach in schwarz-weiß.”

2. WDR-Reporterin Isabel Schayani: Erklärerin mit Empathie
(dwdl.de, Alexander Krei)
Zu den Bildschirmheldinnen und -helden 2020 gehört für “DWDL” die WDR-Reporterin Isabel Schayani, die mit ihren Schilderungen von der griechischen Insel Lesbos für einen der eindringlichsten Fernsehmomente des Jahres gesorgt habe. Eine verdiente Auszeichnung, wie man spätestens dann feststellt, wenn man sich noch einmal Schayanis Bericht über die katastrophalen Zuständen nach dem Brand im Flüchtlingslager Moria ansieht (youtube.com, 3:15 Minuten).

3. Die Politik muss den Mut haben, einzelne Bereiche der Öffentlich-Rechtlichen neu aufzustellen.
(planet-interview.de, Jakob Buhre)
Thorolf Lipp ist Filmemacher und Mitglied im Vorstand der AG DOK, der größten Interessenvertretung für Dokumentarfilmer in Deutschland. Im Interview mit Jakob Buhre spricht er über den Stellenwert des Dokumentarfilms im öffentlich-rechtlichen Programmangebot. Es geht unter anderem um den sehr geringen Anteil von (unformatierten) Dokus am Programm, die Situation für Dokumentarfilmproduzent und -produzentinnen in Deutschland und die Frage, wie es in dem Genre zu einer “Vereinheitlichung von Form und Inhalt” kam. Außerdem erklärt Lipp, warum die öffentlich-rechtlichen Sender ihr Publikum nicht als Konsumenten, sondern als Bürger betrachten sollten.

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4. MDR will Klaus Brinkbäumer als Programmdirektor anheuern
(faz.net)
MDR-Intendantin Karola Wille will Klaus Brinkbäumer als Programmchef nach Leipzig holen. Brinkbäumer war zwischen 2015 und 2018 Chefredakteur des “Spiegel”, arbeitete zwischenzeitlich als USA-Korrespondent für das Nachrichtenmagazin und schreibt und podcastet seitdem für die “Zeit”. In Zusammenarbeit mit dem Dokumentarfilmer Stephan Lamby entstand der jüngst ausgestrahlte Film “Im Wahn – Trump und die Amerikanische Katastrophe” (in der ARD-Mediathek noch verfügbar bis zum 24. Januar 2021, 88:52 Minuten).
Weiterer Lesehinweis: Bei “Meedia” ist Stefan Winterbauer wenig angetan von der sich abzeichnenden Personalie: “Klaus Brinkbäumer als Programmchef beim MDR – wie bitte?”

5. “Zu hohe Verluste”
(sueddeutsche.de, Jan Heidtmann)
Deutschlands größte Nachrichtenagentur dpa trennt sich von etwa 30 der insgesamt rund 70 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihres “Englischen Dienstes”. Die Berichterstattung für deutsche Medien sei davon nicht betroffen, sagte dpa-Chefredakteur Sven Gösmann gegenüber der “Süddeutschen”: “Wir sägen ja nicht an dem Ast, auf dem wir sitzen.”

6. Das sind die beliebtesten Hits und Podcasts 2020
(wuv.de, Belinda Duvinage)
Der Streaming-Dienst Spotify hat die beliebtesten Songs und Podcasts des Jahres 2020 bekanntgegeben. In Deutschland auf den vorderen Musik-Plätzen: Die Rapper Capital Bra, Apache 207 und Samra. Die Podcast-Charts werden von “Gemischtes Hack” mit Felix Lobrecht und Tommi Schmitt, “Fest und Flauschig” mit Jan Böhmermann und Olli Schulz sowie der “Tagesschau in 100 Sekunden” angeführt.

Abhören mit Auflagen, Kahlschlag bei Twitch, Weniger Frauen im Krisenjahr

1. Abhören mit Auflagen
(sueddeutsche.de, Ronen Steinke)
Als die Bundesregierung den Entwurf für ein neues BND-Gesetz vorlegte, waren viele Medienschaffende entsetzt. Er sah unter anderem die Möglichkeit für den Bundesnachrichtendienst (BND) vor, ausländische Journalistinnen und Journalisten abzuhören. Im neuen Gesetzestext wurden die Möglichkeiten des BND in diesem Bereich eingeschränkt. Nicht freiwillig, denn zuvor hatten Journalistenverbände eine Verfassungsbeschwerde angestrengt – und gewonnen.

2. Dieser Song ist in deinem Stream leider verboten
(zeit.de, Eike Kühl)
Die Livestream-Plattform Twitch hat mit den großen Musiklabels keine Vereinbarungen getroffen, die den Streamern und Streamerinnen die Verwendung von urheberrechtlich geschützter Musik erlaubt. Nun verlangt die US-amerikanische Musiklobby von Twitch, unzählige Videos zu löschen. Von “Kahlschlag” und “Blutbad” ist die Rede. Eike Kühl erklärt den Konflikt und verrät, wie ein möglicher Ausweg aussehen könnte.

3. Verstößt Artikel 17 der EU-Urheberrechts-Richtlinie gegen EU-Grundrechte?
(irights.info)
Die Gesellschaft für Freiheitsrechte hat eine Studie zum umstrittenen Artikel 17 der EU-Urheberrechtsrichtlinie vorgelegt (PDF, englisch). In Artikel 17 geht es um die Haftung von Plattformanbietern wie Youtube für hochgeladene Inhalte und die sogenannten Uploadfilter. Im Interview sprechen Julia Reda und Joschka Selinger, die die Studie verfasst haben, darüber, welche Schwierigkeiten der Artikel aus ihrer Sicht mache und warum er grundgesetzwidrig sei.

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4. Exklusiv: Bei Berichten von Tagesschau, heute-journal und Co. sind Frauen im Krisenjahr noch weniger gefragt als sonst
(kress.de, Roland Schatz)
Der Branchendienst “Kress” hat nachzählen lassen, wie oft in den vergangenen Jahren in ausgewählten TV-Nachrichtenformaten von ARD, ZDF, BBC und SRF über Männer und über Frauen berichtet wurde. Das Ergebnis ist besonders für das aktuelle Jahr ernüchternd: “Ausgerechnet im Covid-19 Jahr spielen Frauen in den Hauptnachrichten-Sendungen von ARD und ZDF eine noch geringere Rolle als in den Jahren zuvor.”

5. Die “New York Times” auf digitalem Erfolgskurs
(deutschlandfunk.de, Sinje Stadtlich, Audio: 5:19 Minuten)
Die “New York Times” schafft es, seit Jahren kontinuierlich zu wachsen. Dafür verantwortlich ist die Digitalstrategie mit ihren, im Vergleich zu deutschen Medien, kleinen Abo-Preisen und Podcasts wie dem auch international erfolgreichen “The Daily”. Der Deutschlandfunk hat mit Stephen Dunbar-Johnson gesprochen, der bei der “New York Times” das internationale Geschäft verantwortet. Bei aller Euphorie warnt er davor, sich die “NYT” zu sehr zum Vorbild zu nehmen: “Unser Modell ist nicht für jede Zeitung richtig. Es gibt viele mögliche Geschäftsmodelle. Ich denke, das Minimum müsste sein, dass Zeitungen ihre Leser dazu bringen, sich zu registrieren, um Inhalte zu lesen. Man muss eine Beziehung zu seinen Lesern aufbauen. Und dann kann man anfangen, unter den registrierten Nutzern verschiedene Bezahlmodelle zu testen.”
Weiterer Lesehinweis: “The Daily” steht in den Spotify-World-Charts aktuell an dritter Stelle (Anmerkung des Kurators: Für Staunen sorgt das Format “Gemischtes Hack”, das es als einziges nicht-englischsprachiger Podcast in die Top 10 geschafft hat).

6. GfdS wählt »Corona-Pandemie« zum Wort des Jahres 2020
(gfds.de)
Die Gesellschaft für deutsche Sprache hat entschieden: Wort des Jahres 2020 ist “Corona-Pandemie”. Auf den weiteren Plätzen liegen “Lockdown”, “Verschwörungserzählung”, “Black Lives Matter”, “AHA”, “systemrelevant”, “Triage”, “Geisterspiele”, “Gendersternchen” und “Bleiben Sie gesund!”.

Artes E-Auto-Doku, Autobahn-Beilage, Raab macht den Fips

1. ARTE-Filmemacher wollen die Klimakrise jetzt durch Verzicht auf Windkraft und E-Autos lösen
(graslutscher.de, Jan Hegenberg)
Jan Hegenberg hat sich die Arte-Doku “Umweltsünder E-Auto” angesehen und ist entsetzt: “Das ist eine der schlechtesten Dokumentationen, die ich seit Langem sehen musste. Es wäre selbst dann blamabel, wenn RTL2 so einen Unsinn ausgestrahlt hätte, aber wie in aller Welt die Leute bei ARTE auf die Idee kommen, diesen auf allen Ebenen undurchdachten Beitrag zu verbreiten, ist mir schleierhaft.” In seinem Beitrag geht er ausführlich auf all die Punkte ein, die ihm Kopfschmerzen bereiten. Arte hat auf Twitter reagiert: Man habe die Kritik an die zuständige Redaktion mit der Bitte um ein Statement weitergeleitet und werde sich bald melden.

2. Die launige Beilage “Die Autobahn A3 für Europa” und was das mit meiner Dissertation zu tun hat
(ankegroener.de)
Der Samstagsausgabe der “Süddeutschen Zeitung” und weiteren Zeitungen lag die 32-seitige Broschüre “Die Autobahn A3 für Europa” bei. Auf Twitter hatte Lenz Jacobsen zunächst über “dieses Werk journalistischer Ingenieurskunst” berichtet. Die Broschüre sei “ein beeindruckendes Beispiel für die alltägliche, wirtschaftliche und publizistische Macht und Interessenvertretung aller, die am Ausbau der Auto-Infrastruktur beteiligt sind und davon profitieren.” Anke Groener steckt wegen ihrer Dissertation besonders gut im Thema und sieht historische Parallelen: “Lustig, wie wenig sich Argumente und Bilder in 90 Jahren geändert haben. Damit will ich der Autobahndirektion Nordbayern und den ganzen Menschen, die an dem Ding gearbeitet haben, kein faschistisches Gedankengut unterstellen, aber die Ähnlichkeit zu Texten zum Bau der Reichsautobahn ist schon frappierend.” Wer tiefer ins Thema einsteigen will: Groener hat das Autobahnkapitel aus ihrer Dissertation online gestellt (PDF).

3. Berauschende Tatortigkeit
(taz.de, Anne Haeming)
Der 50. Geburtstag des “Tatorts” wäre eine gute Gelegenheit gewesen, die Rolle der Polizei kritisch abzubilden, so Anne Haeming in der “taz”. Stattdessen habe die Jubiläumsausgabe gezeigt: “Hier will niemand was. Erst recht nicht die knirschenden Stellen unserer Gesellschaft aufzeigen – und damit die Rolle der Exekutive.” Haeming lenkt den Blick auf die unterrepräsentierten Themen, die über die traditionellen Inszenierungen hinausgehen.
Weitere Lesetipps: Die “Süddeutsche” empfiehlt fünf “Tatort”-Folgen, die man gesehen haben muss, beim “Redaktionsnetzwerk Deutschland” geht es um fünf “Tatort”-Folgen, die man nicht mehr sehen kann (weil sie im Giftschrank gelandet sind), und beim “Spiegel” stellt Peter Ahrens sein persönliches “Tatort”-Projekt vor: Er arbeitet daran, alle “Tatort”-Folgen zu gucken, die es je gegeben hat (und stellt dabei auch seine Top 10 vor).

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4. Fragen und Antworten: Kippt die Erhöhung des Rundfunkbeitrags?
(rnd.de)
Es könnte passieren, dass die Erhöhung des Rundfunkbeitrags in Deutschland an der Zustimmung Sachsen-Anhalts scheitert: Dort stemmen sich CDU und AfD gegen die geplante Neufestsetzung der Gebühren. Beim “Redaktionsnetzwerk Deutschland” gibt es eine Übersicht der entscheidenden Fragen und Antworten zu dem politisch brisanten Thema.
Weiterer Lesehinweis: Beim “Journalist” kommentiert Chefredakteur Matthias Daniel: “Der CDU geht es überhaupt nicht um den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Es geht ihr um das eigene Schicksal bei der Landtagswahl im nächsten Jahr. Sie vermutet, dass sich mit dieser billigen Haltung in AfD-Nähe Stimmen ködern lassen.”

5. ARD diskutiert über Corona-Berichterstattung
(sueddeutsche.de, Marija Barišić)
Manche Zuschauer und Zuschauerinnen kritisieren die Corona-Berichterstattung der ARD als zu unausgewogen und wünschen sich mehr Vertreter von (größtenteils widerlegten oder umstrittenen) Mindermeinungen in der Debatte. Dies führte zu einer Petition, in der mehr als 60.000 Personen eine Sondersendung mit den Kritikern der Corona-Maßnahmen Sucharit Bhakdi und Wolfgang Wodarg forderten. Die ARD hat sich mit einigen Unterstützerinnen und Unterstützern der Petition zum Hintergrundgespräch zusammengesetzt. Die geforderte Sondersendung werde es jedoch aller Voraussicht nach nicht geben.

6. Der Raab-Roast: Taugt König Lustig als Formatentwickler?
(dwdl.de, Peer Schader)
Stefan Raab ist zurück, jedenfalls als Macher der Show “Täglich frisch geröstet” (zu sehen beim Straminganbieter TVNow der Mediengruppe RTL). TV-Kritiker Alexander Krei war bereits von der Premiere wenig begeistert (“Kalter Kaffe statt heißem Roast”), sein “DWDL”-Kollege Peer Schader kann der Sendung auch nach vier Folgen wenig bis nichts abgewinnen: “Eine Idee, die im Kopf von König Lustig funktioniert, wird im Studio nicht automatisch zu gutem Unterhaltungsfernsehen. Bleibt nur noch eins zu klären: Wer sagt’s dem Chef?”
Weiterer Hörtipp: Im “Quotenmeter”-Podcast (Ausgabe 583) sprechen Fabian Riedner und Julian Schlichting über das neue Raab-Format. Dabei geht es vor allem um die grandios fremdschämverdächtige Folge mit dem Reality-TV-Sternchen Evelyn Burdecki: “Herr Raab macht den Fips Asmussen” (45:01 Minuten).

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