Werbedurchfall bei Bild.de (5)

Machen wir es kurz. Erfahrene BILDblog-Leser können ohnehin schon anhand der Zahl hinter der Überschrift “Werbedurchfall bei Bild.de” vorhersagen, ob das “Spiele”-Ressort dort gerade als Anzeige gekennzeichnet ist oder nicht. Ungerade Nummern: nicht gekennzeichnet. Gerade Nummern: gekennzeichnet.

Wir haben leider immer noch nicht rausgefunden, nach welchen Regeln das Online-Angebot der “Bild”-Zeitung entscheidet, ob es diese reine Werbeseite wie gesetzlich vorgeschrieben entsprechend markiert. Sicher ist nur, seit gut einer Woche verkauft Bild.de die Anzeigen wieder als redaktionellen Inhalt:

Inzwischen haben wir in der Sache noch eine Antwort von Tobias Fröhlich, dem Sprecher der Bild.T-Online AG, bekommen. Er teilt uns mit, dass er sich mit dem Thema nicht befasst habe und es vermutlich auch in Zukunft nicht tun werde.

Vielen Dank für die vielen Hinweise!

Nachtrag, 31. Mai. Herr Fröhlich schreibt uns heute: “Grundsätzlich gilt auch bei Bild T-online, daß Redaktion und Anzeigen voneinander getrennt sind. Bezüglich der Kennzeichnung finden jedoch, wie Sie wissen, andere Darstellungsweisen, als beispielsweise in Print, TV oder Hörfunk, Anwendung.” Falls der Bild.T-Online-Sprecher damit sagen will, dass es im Internet nicht so genau darauf ankommt, zwischen bezahlten und redaktionellen Inhalten erkennbar zu unterscheiden, hat er damit Unrecht.

Kleinvieh macht auch Mist

In der Schlosserstraße, irgendwo im sachsen-anhaltischen Halle an der Saale, passiert ja andauernd irgendwas: 1999 wurde dort eine illegale Cannabispflanzen-Aufzuchtsanlage mit elektrischer Temperatur- und Beregnungssteuerung entdeckt, 2003 lud eine Bürgerinitiative zu Grünschnitt- und Aufräumarbeiten, 2004 geriet ein Geräteschuppen in Brand, und 2006 wurde ein sog. Stolperstein in den Gehweg eingelassen. Vom Hundekot-Problem auf einer nahegelegenen Grünfläche ganz zu schweigen…

Doch was ist das alles schon gegen den brennenden Dachstuhl eines leerstehenden Hauses in der Schlosserstraße am vergangenen Samstag, über den heute die örtliche “Bild”-Zeitung in einer kleinen Meldung irgendwo am Rande ihres Regionalteils Halle zu berichten weiß, dass ihn die Feuerwehr “nach fünf Stunden gelöscht” habe (siehe Ausriss)?

Und wiewohl nur eine kleine Meldung, ist sie doch größer als das, was uns nicht nur Augenzeugen versichern, sondern auch eine Pressemeldung der örtlichen Feuerwehr bestätigt. Darin heißt es nämlich:

“Mehrere Anrufer informierten gegen 18:30 Uhr das Einsatzleitzentrum über eine starke Rauchentwicklung in der Schlosserstr. (…) Nach ca. 1 Sunde konnten die Flammen abgelöscht werden. Die Restablöschung wurde mit Wärmebildkameras unterstützt. (…)”

Mit Dank an Alex K. für Hinweis und Scan.

Verwirrt im Regierungsviertel

Tja, schwer zu sagen, ob “Bild” den Mann nun anonymisieren wollte, der am Freitagabend gemeinsam mit seiner Schwiegermutter von dem Amokläufer im Regierungsviertel angegriffen wurde, oder nicht. Im Artikel ist sein Nachname abgekürzt, in der daneben stehenden Karte ausgeschrieben:

Aber die Karte ist ohnehin falsch. Denn das, was da als “Bundeskanzleramt” bezeichnet wird, sind in Wahrheit Parlamentsgebäude: das Marie-Elisabeth-Lüders-Haus und das Paul-Löbe-Haus. Das Bundeskanzleramt befindet sich links außerhalb der Karte.

Nachtrag, 29. Mai. Nein, die Leute von Bild.de haben da noch nichts korrigiert. Dabei könnten sie sich die richtige Grafik einfach aus der “Bild am Sonntag” kopieren. Die hat es gestern (zumindest in einigen Ausgaben) geschafft, die Karte korrekt zu beschriften.

Nachtrag, 29. Mai, 21.30 Uhr. Nach fast zwei Tagen hat jemand bei Bild.de endlich den Nachnamen des Opfers entfernt. Nur wo das Bundeskanzleramt liegt, hat Bild.de immer noch nicht begriffen.

Nachtrag, 5. Juni. Irgendwann hat Bild.de dann auch einen Weg gefunden, den Fehler aus dem Bild zu entfernen: Es wurde einfach das ganze Bild entfernt.

Danke an Christoph L., Hendrik B., Frank F. und Martin S. sowie Dirk E. und Bastian V.!

“Bild” bringt geile Fäkal-Rapperin groß raus II

Die “Bild”-Zeitungs-Ente von der Radiomoderatorin, die entlassen wurde, weil sie am Mikrofon zu sexy gekleidet war, ist auf Weltreise gegangen. Sie findet sich heute unter anderem in Medien in Südafrika und Großbritannien. Verbreitet wird sie offenbar von Ananova, der Online-Nachrichten-Tochter eines britischen Telekommunikationsanbieters. Ananova hat anscheinend nicht nur der “Bild”-Geschichte geglaubt, sondern behauptet auch, Lady Ray gehe gegen die Entlassung juristisch vor — was sehr unwahrscheinlich ist, da die Moderatorin nur freie Mitarbeiterin des Senders war.

Danke an Wolf R.!

Nachtrag, 30. Mai. Ananova hat die Meldung inzwischen ersatzlos entfernt — offenbar nachdem unser Leser Alexander N. eine freundliche E-Mail geschrieben hatte.

Diekmanns Rente reicht noch nicht II

Norbert Blüm hat Antwort auf seinen Brief an “Bild”-Chefredakteur Kai Diekmann bekommen. Die “Süddeutsche Zeitung” (SZ) zitierte gestern daraus:

Blüms Brief, so Chefredakteur Diekmann, zeige “in seiner wortreichen Zappeligkeit, mit seinen tausend Unterstellungen, Mutmaßungen und Pöbeleien, wie sehr Sie Grund haben, die Diskussionen um Ihr trostloses politisches Lebenswerk zu fürchten”.

Blüm erwiderte in einem weiteren Schreiben laut SZ:

Es sei besser, so Blüm, “mit dem Begriff ‘Rentenlüge’ sparsam umzugehen”, sonst laufe Diekmann Gefahr, der “ersten juristischen Blamage eine zweite hinzuzufügen”.

Nachtrag, 29. Mai. Auf den NachDenkSeiten sind beide Briefe nun im Wortlaut dokumentiert.

“Bild”-Artikel sind Anzeigen

Ist es vorstellbar, dass sich Unternehmen ganze Artikel in der “Bild”-Zeitung kaufen können? Schwerlich, oder?

Die “Bild”-Zeitung sah in dem Film “Da Vinci Code”, der von der Kritik sonst heftig verrissen wurde, “die Kino-Sensation des Jahres”. Das könnte daran liegen, dass “Bild”-Autor Norbert Körzdörfer der Film einfach gefiel. Oder daran, dass er “als einziger Reporter weltweit” die “Hollywood-Legende Tom Hanks” “exklusiv in Los Angeles” treffen durfte. Oder daran, dass die “Bild”-Zeitung von der Produktionsfirma Sony für die Lobeshymmne bezahlt wurde.

Insgesamt drei Artikel hat Körzdörfer, laut Impressum “Berater des Chefredakteurs”, in der “Bild”-Zeitung über den Film geschrieben. Am 12. und 13. April 2006 erschienen zwei jeweils fast ganzseitige Artikel über das Treffen mit Tom Hanks. Am 18. Mai 2006 brachte “Bild” eine Filmkritik unter Körzdörfers Pseudonym “Blieswood”.

Abgesehen von der positiven Bewertung und der mangelnden Distanz, die aber so etwas wie ein Markenzeichen Körzdörfers ist, deutete für “Bild”-Leser nichts darauf hin, dass es sich hier um Texte handeln könnte, für die die Produktionsfirma Geld gezahlt hat.

Anders bei Bild.de. Das “Bild”-Interview, das Körzdörfer geführt hat, ist hier unter einer Adresse veröffentlicht, die bei Bild.de normalerweise für “Partner” (im Klartext: Werbekunden) reserviert ist und Sony als Auftraggeber nennt:

Das könnte man noch für ein Versehen halten. Aber nur, bis man die Ressortseite “Kino & TV” von Bild.de besucht hat. Dort gibt es einen als “Anzeige” gekennzeichneten Teaser für ein “Da Vinci Code”-Special (siehe Ausriss rechts, Hervorhebung von uns).

Der Teaser führt zu einer Bild.de-Seite, die komplett als Sony-Anzeige gekennzeichnet ist und den Copyright-Hinweis “© 2006 CTMG, Inc.” trägt. Hier sind nicht nur Videoclips und Werbespiele zum Film verlinkt — sondern auch das Interview Körzdörfers und seine Filmkritik. Und alle sind pauschal und eindeutig als Werbung ausgewiesen:

Ist es also vorstellbar, dass sich Unternehmen ganze Artikel in der “Bild”-Zeitung kaufen können?

(Danke an Franzi für die Inspiration!)

“Bild” hat Klinsmanns Nachfolger schon positioniert

Die Zeitschrift “RUND” hat in ihrer aktuellen Ausgabe die Geschichte aufgeschrieben, wie “Bild” seit 1984 Fußball-Bundestrainer aus dem Amt und ins Amt geschrieben hat — und erklärt die aktuelle Feindschaft zu Jürgen Klinsmann:

Unter den Spielern der aktuellen Nationalmannschaft hat “Bild” keinen Informanten. Angeblich hat Oliver Kahn für die Zeit nach der Weltmeisterschaft einen Exklusivvertrag mit der Zeitung. Umso blindwütiger greift “Bild” Klinsmann an. Dies geschieht vor allem durch WM-OK-Chef Beckenbauer, der, so hört man, eine Million Euro pro Jahr für seine Tätigkeit bei “Bild” bekommen soll und den uns das ZDF trotzdem als unabhängigen Experten verkauft. Über “Bild”-Kolumnist Günter Netzer, den die ARD als unabhängigen Experten verkauft. Über einige Trainer aus der Bundesliga, die “Bild” brauchen, um ihren Job zu sichern. Und über DFB-Funktionäre der zweiten, Politiker der dritten Reihe und enttäuschte Spieler wie Christian Wörns. (…)

“Bild” hat den Nachfolger [für Klinsmann] schon positioniert: Matthias Sammer. Dessen Medienberater heißt Ulrich Kühne-Hellmessen und war Chefreporter bei “Bild”. Sammer wurde, unter Einsatz aller Blätter des Springer-Verlags und der üblichen Trittbrettfahrer, als neuer DFB-Sportdirektor gegen Klinsmanns Kandidaten, Hockey-Nationaltrainer Bernhard Peters, durchgeboxt. Ein Erfolg. Der Ausgang des Kampfes zwischen Klinsmann und “Bild” ist offen. Es ist wie im Fußball. Nicht immer gewinnt der Bessere.

Liest das denn keiner?

Diese Schlagzeile steht nun seit über 24 Stunden so bei Bild.de:

NRD läßt Verdacht auf Schleichwerbung prüfen

Nachtrag, 27. Mai, 18.50 Uhr. Huch: Der Buchstabendreher-Beauftragte von Bild.de ist am späten Samstagnachmittag noch kurz vorbeigekommen! Leider hat er nur auf die Überschrift geachtet. Unkorrigiert ließ er im gleichen Text die Wörter “typsiche”, “Programmdirketor” und “wwill”.

Danke an Daniela K., Emrah K., Torben R., René S., Thomas J., Fabian L., Volker J., Jens E., Benjamin M., Marc F. und all die anderen!

“Bild” bringt geile Fäkal-Rapperin groß raus

Reyhan Sahin fand wohl, dass ihre Karriere jetzt mal ein bisschen Schwung gebrauchen könnte. Unter ihrem Künstlernamen “Lady Ray” hat sie ein Musikstück namens “Ich hasse Dich” aufgenommen, in der sie mehrere populäre Sängerinnen “Hure”, “Nutte”, “Dummschlampe”, “Kröte” und “Drecksloch” nennt (um wirklich nur die harmlosesten Begriffe aufzuzählen) und ihnen zur Steigerung ihrer Gesangsqualitäten u.a. harten Analverkehr empfielt.

Bislang hatte Sahin noch als Journalistin für Radio Bremen gearbeitet, aber der Sender fand ihre neue Karriere wohl mit dem eigenen öffentlich-rechtlichen Anspruch nicht so richtig kompatibel. Wenig hilfreich war es sicher auch, dass Frau Sahin bei einer Veranstaltung des Senders Funkhaus Europa anstelle eines Rocks nicht viel mehr als einen breiten Gürtel getragen haben soll, auf dem fünf Buchstaben Frau Sahins Lieblingswort für ein unweit entferntes weibliches Geschlechtsmerkmal bildeten. Jedenfalls hat sich der Sender von ihr getrennt, wie uns Radio Bremen bestätigte.

Man kann sich leicht ausmalen, welche Skandal-Schlagzeilen zum Beispiel die papsttreue “Bild”-Zeitung sonst daraus hätte machen können, dass so eine Frau bei einem öffentlich-rechtlichen Sender arbeiten darf.

Andererseits gibt es von “Lady Ray” richtig scharfe Fotos, so mit mehreren Fingern im knappen Slip und so. Und da ist die “Bild”-Zeitung nicht wählerisch, wem sie zu PR verhilft. Also brachte sie in ihrer Bremer Ausgabe am Mittwoch eine große Geschichte. Schlagzeile:

Zu sexy für Radio Bremen? Funkhaus feuert Lady-Ray

Der Grund für die Kündigung? “Bild” zitiert die Moderatorin:

“[Meine Chefin] hat mich angemacht. Ich sollte nicht immer so kurze Röcke tragen und mein Dekolleté nicht so offen zeigen. Dabei hört man meine Brüste doch gar nicht am Mikrofon quietschen.”

Später heißt es immerhin noch:

Doch die Deutsch-Türkin wurde nicht nur wegen ihrer aufreizenden Kleidung gefeuert: “In meiner Freizeit mache ich Musik, bin seit 13 Jahren Rapperin. Meine Chefin hat meine Texte im Internet gehört. Die waren ihr wohl zu pornografisch.”

Bei Bild.de findet sich ein Stück zum Thema im Ressort “Geld & Job”. Angekündigt wird es (siehe Ausriss rechts) mit dem abwegigen Zitat von den quietschenden Brüsten — und das Fragezeichen hinter dem vermeintlichen Kündigungsgrund ist verschwunden. (Auch die gedruckte “Bild” tut in einem neuen Artikel heute so, als wäre das eine Tatsache.)

Der Bild.de-Artikel beginnt mit den Worten:

Sie hat eine tolle Stimme. Sie ist klug. Trotzdem wurde die Kult-Moderatorin von Radio Bremen gefeuert.

Nur was die kluge Frau mit ihrer tollen Stimme so singt, verraten weder Bild.de noch “Bild” ihren Lesern.

(Fortsetzung hier.)

Blättern:  1 ... 1004 1005 1006 ... 1127