Familienzuwachs für unser Sonnensystem: Die Erde kriegt drei neue Geschwister. Sie heißen Ceres, Charon und Xena. (…) Durch die steigende Zahl von Entdeckungen kleinerer Himmelskörper im äußeren Sonnensystem musste die Definition Planet überarbeitet werden. Ein Planet ist demnach ein Himmelskörper, der (…) (Hervorhebungen von uns.)
Das war etwas voreilig. Denn die Internationale Astronomische Union (IAU) hatte am 16. August lediglich bekannt gegeben, dass auf der IAU-Hauptversammlung über einen Vorschlag abgestimmt wird, der neu definieren würde, was ein Planet ist. “Bild” verschwieg das. (Wie man journalistisch korrekt mit einem solchen Vorschlag umgeht, kann man beispielsweise hier, hier oder hier nachlesen.)
Gestern wurde abgestimmt. Das Ergebnis: Die Erde bekommt keine “drei neuen Geschwister”, verliert dafür aber einen Bruder. Nämlich Pluto. Tja.
Immerhin schafft diese Nachricht (die sehrvielenanderenMedienübrigenseinegrößereGeschichtewertist) es heute auf die “Bild”-Titelseite. Als 12-Zeilen-Meldung (siehe Ausriss). Für eine Erwähnung der ziemlich großen Falschmeldung von letzter Woche ist da natürlich kein Platz.
Mit Dank an Lexirien C., Alex P., Patrick S., Matthias B., Sven P. und Robert F. für die sachdienlichen Hinweise.
An der Oberfläche des Glamours (drs.ch)
Stars und Prominente sind sein Geschäft: Rund zweihundert Berühmtheiten hat Mark van Huisseling in den letzten vier Jahren zum Interview gebeten. Die Gesprächtprotokolle in der Wochenzeitung “Weltwoche” enthalten aber vor allem auch die persönlichen Eindrücke van Huisselings. Ein Spötter auf dem Jahrmarkt der Eitelkeiten.
Medien-Windel (fr-online.de)
Ehre dem Auslober: Journalistenpreise treiben oft seltsame Blüten.
Wir brauchen einen neuen Feminismus (zeit.de)
Wie emanzipiert ist Deutschland? 15 Frauen ziehen Bilanz und sagen: Es ist wieder Zeit zu kämpfen.
Das Gegenteil von Ökosex (taz.de)
Jede Woche testen RedakteurInnen der “Zeit” Autos. Heute testen wir die “Zeit”-Tester. Ergebnis: Was zählt, sind die Autogefühle. Die ökologische Absurdität der Automodelle interessiert keinen.
Bild.de zeigt heute ein paar Anfang August schon andernorts veröffentlichte Erlkönig-Fotos des Ssangyong Chairman und warb dafür auch den Tag über auf der Startseite.
Und um den fernöstlichen Automobilhersteller nicht beständig beim Namen zu nennen, hat sich Bild.de offenbar für ein Synonym entschieden (s.o.). Das steht dann in Sätzen wie “Die Chinesen kopieren die Mercedes E-Klasse!”, “Erwischt! So klauen die Chinesen bei Mercedes” oder “Die Chinesen waren schon immer gut im abkupfern”.
Zu dumm nur, dass “die Chinesen“, die bereits seit 1991 mit Mercedes ko-o-pe-rie-ren, von anderen Medien — zum Beispiel der “Auto-Bild” — “die Koreaner” genannt werden, weil doch Ssangyong ein seit 1954 in Süd-Korea beheimatetes Unternehmen mit chinesischer Beteiligung ist.
Mit Dank an die vielen Hinweisgeber.
Nachtrag, 25.8.2006: Erst jetzt wird uns klar, dass die Geschichte vom “Chinesen-Mercedes” eigentlich die Bild.de-Übernahme einer entsprechenden Meldung aus der gedruckten “Bild” vom Mittwoch war — und wie irreführend die Behauptung “BILD erwischte den Erlkönig (…)”: Handelte es sich doch, wie auch der “Bild”-Fotonachweis “Fotos: AUTOMEDIA” belegt, nur um den verspäteten Abdruck andernorts längst veröffentlichter Aufnahmen.
Ach ja, die “Tagesschau”. Seit 1952 gibt es die Sendung. Vieles hat sich seitdem verändert: Der Kalte Krieg ging zuende, Deutschland ist nicht mehr geteilt, und das Fernsehen gibt’s inzwischen in Farbe. Aber die Anfangszeit der Abendausgabe der “Tagesschau”, die blieb immer gleich. Heute Abend spricht Eva Herman zum “vorerst letzten Mal” die “Tagesschau”, und “Bild” macht die älteste Nachrichtensendung des deutschen Fernsehens deshalb auf der Titelseite zum TV-Tipp:
Zum Glück weiß ja jedes Kind, wann die “Tagesschau” anfängt.
Mit Dank an Marpfaff für den sachdienlichen Hinweis.
Nachtrag, 25.8.: “Bild” stellt heute in der Korrekturspalte klar, dass die “Tagesschau” um 20 Uhr anfängt.
Mit Roger nach rechts (taz.de)
Zwischen Gewissensprüfungen und Verkaufsgerüchten: Die Rückkehr von “Welt”-Chefredakteur Roger Köppel zur Zürcher “Weltwoche” sorgt für kräftig Wirbel in der Schweizer Medienszene.
Verwesungsgeruch (faz.net)
“Popelnde Superstars” will Mike Hammer den Lesern zeigen. Doch sein Magazin “Shock” hat noch viel weniger Appetitliches auf Lager. Das amerikanische Klatschblatt für harte Männer kennt – fast – keine Tabus.
Vorbild Kohl (zeit.de)
Merkel nach der Sommerpause: Wie geht’s weiter? Keiner weiß es. Adrian Pohr kommentiert das aktuelle Meinungsbild.
Wie die Stasi Grass beschattete (welt.de)
“Aufgefallen wegen Provokation”: Was Mielkes Spitzel über den Autor sammelten, gereicht ihm heute zur Ehre. WELT.de konnte die Unterlagen einsehen, die der DDR-Geheimdienst jahrelang über den Schriftsteller anlegte. Daraus geht hervor, dass die Stasi den Freundeskreis von Grass in der DDR ausspionieren wollte.
Ich?! Ein Schandfleck? (jungle-world.com)
Flucht ins Netz: Im Iran existiert eine lebhafte Blogger-Community. Frei und sicher dürfen sich die Tagebuchschreiber aber auch im Internet nicht fühlen.
Glück (de-bug.de)
In ihrem Magazin “Glück” inszenieren die beiden Kölnerinnen Nicole Rüdiger und Elke Kuhlen nackte Männer für Heterofrauen.
Soso, aha: Da hat also Maurizio M. bei der tollen “BILD-Leser-Reporter”-Aktion mitgemacht und per MMS, E-Mail oder Upload sein tolles “Leser-Reporter”-Foto an “Bild” geschickt, richtig?
Na, es muss ja so sein. Schließlich wird das doch alles “überprüft und journalistisch nachrecherchiert”. Steht doch so auch bei Bild.de — beziehungsweise stand. Denn zur Zeit ist der Hinweis auf die angebliche journalistische Nachrecherche dort, wo er kürzlich noch stand, nichtmehr zu finden. Jetzt steht da bloß:
“Wichtig! Teilnehmen können nur Fotos, dessen Urheber Sie auch sind, das bedeutet, Sie selbst haben das Foto gemacht.”
Was wiederum nicht stimmt. Denn “das Foto von Maurizio M.”, dem “Leser-Reporter”, hat teilgenommen, obwohl Maurizio M. wohl eher nicht der Urheber ist. Zumindest findet sich dasselbe Foto ursprünglich (wie viele andere ähnliche Fotos) auf der Homepage des Straßenmalers Julian Beever sowie auf irgendwelchenWebsites und nun eben auch bei Bild.de — als eines der “25 Top-Fotos der Leser-Reporter”.
Mit Dank an Daniel R. für den Hinweis.
Nachtrag, 24.8.2006: Bild.de hat das Foto (das übrigens nicht einmal “auf einem Pariser Bürgersteig” aufgenommen wurde, sondern am selben Ort wie dieses Foto) aus der Bilder-Galerie entfernt.
Maulbrüter (medienspiegel.ch)
NZZ-Journalistin Daniele Muscionico sitzt in London und möchte ihre fernen Kollegen dazu ermuntern, Fehler einzugestehen. Denn eines hat sie aus der Beobachtung des englischen Presse-Sumpfes gelernt: nur eine Zeitung, die Fehler bekennt, ist eine gute Zeitung.
Russischer Schriftsteller erfindet Weblogs – im Jahre 1837 (krusenstern.kaywa.ch)
Der russische Schriftsteller Wladimir Odojewskij hat schon im Jahre 1837 die Weblogs erfunden! Odojewskij beschrieb vor rund 170 Jahren in seiner Erzählung “Das Jahr 4338”, dass die Menschen über magnetische Telegrafen einander Tagesjournale senden und sogar telefonieren können.
Du bist das Radio (faz.net)
Die etablierten Hörfunksender verlieren immer mehr junge Hörer. Diese steigen vermehrt auf neue Techniken wie I-Pod und Podcasts um. Damit können sie sich ihre Programm selbst zusammenstellen. Das Radio wird beinahe überflüssig.
Den Westen im Fokus (dradio.de)
Vor zehn Jahren ging Al-Dschasira auf Sendung, der erste unabhängige Nachrichtensender in der arabischen Welt. Seitdem hat sich die arabische Medienlandschaft gewandelt. Anstelle von endlosen Beiträgen über Staatsempfänge und Parteikongresse liefern private Satellitensender unabhängige und kritische Informationen – auch über den Westen.
War?s al-Qaida? (zeit.de)
Nach dem Drama von London schlug wieder die Stunde der Terrorexperten. Die meisten haben nichts zu sagen.
Die Xenophobie (griechisch ξενοφοβία — Fremdenangst, Fremdenfeindlichkeit, Kompositum aus ξένος, xénos — der “Fremd”, der “Gast” und φόβος, phóbos – “Furcht”) bezeichnet die Scheu oder Furcht vor dem Fremden. Xenophobie ist eine ablehnende Einstellung und Verhaltensweise gegenüber anderen Menschen und Gruppen, die vermeintlich oder real fremd sind (z. B. durch fremde Herkunft, Kultur, Sprache). Sie kann sich durch Furcht, Meidung, Geringschätzung, Spott oder Feindseligkeit ausdrücken, die bis zur Gewalt reicht. Teilweise wird der “Fremde” als Quelle unvorhersehbarer Gefahren gescheut.
Franz Josef Wagner schreibt heute in “Bild” bezüglich der versuchten Bombenanschläge in Deutschland u.a.:
*) Im Brockhaus heißt es zu Xenophobie auch:
“(…) Ursachen von Fremdenfeindlichkeit sieht die Individual- und Sozialpsychologie in Ichschwäche, repressiven Sozialisationsmodellen und mangelnder Gruppenidentität beziehungsweise fehlenden sozialen Stabilisierungen.
Die Soziologie nennt als Bedingungen, die Fremdenfeindlichkeit auslösen (die sich zur Gewalttätigkeit gegen die Fremden beziehungsweise das Fremde steigern kann), mangelnde familiäre Bindungen, berufliche Chancenlosigkeit, die Auflösung von traditionellen Milieus im Zuge beschleunigten sozialen Wandels und die Pluralisierung beziehungsweise den Verlust von gesellschaftlichen Normen und Werten.
Die Politikwissenschaft interpretiert Fremdenfeindlichkeit als Mangel an politischer Bildung, die die Unabdingbarkeit von Toleranz und universellen Menschenrechten gegenüber dem oder den Fremden in einer offenen, zunehmend mobilen pluralistischen Gesellschaft nicht genügend vermittelt. (…)”
Distanzreiten, der “Marathon des Pferdesports”, ist hierzulande eine bislang wenig bekannte Sportart. “Bild” berichtet dennoch über den 160-Kilometer-Ritt, mit dem gestern die Reit-WM in Aachen begann (siehe Ausriss), und schreibt u.a.:
“Der Sieger wurde disqualifiziert! (…) Titelverteidiger Scheich Ahmed bin Mohammed Al Maktoum (VA Emirate) kam als Erster ins Ziel – und wurde disqualifiziert! Wallach Jazyk fiel durch den abschließenden Medizin-Check. Das Pferd soll gelahmt haben. Die Anstrengung war zu groß…
Gold geht jetzt an den Spanier Miguel Vila Ubach. Falls sein Pferd Hungaris den heutigen Check der Tierärzte besteht.”
Was für ein Unsinn: Der Scheich kam nicht als Erster ins Ziel, er wurde nicht disqualifiziert, sein Pferd fiel nicht durch den abschließenden Medizin-Check, und gelahmt hat es auch nicht. Vielmehr schied er bereits während des Wettkampfs aus, weil die Tierärzte seinem Pferd Stoffwechselprobleme attestierten, weshalb Gold auch nicht “jetzt” und “falls”, sondern bereits gestern an den Spanier ging, als er als Ersterins Ziel kam.