Archiv für April, 2022

Maks Levin, Podcast-Einheitsbrei, Junger Investigativjournalismus

1. Bekannter ukrainischer Fotograf und Dokumentarfilmer getötet
(spiegel.de)
Der seit dem 13. März vermisste ukrainische Fotograf Maks Levin wurde nun in einem Dorf nördlich von Kiew tot aufgefunden. Die Organisation Reporter ohne Grenzen schreibt bei Twitter über die “traurige Gewissheit”: “Er ist der sechste Journalist, der im Krieg in der Ukraine getötet wurde. Levin war unbewaffnet und trug eine Jacke mit der Aufschrift Presse.”

2. Wie sieht junger Investigativjournalismus aus?
(journalist.de, Annkathrin Weis)
Der “journalist” ist für seine ausführlichen Interviews mit Tiefgang bekannt. Aktuell bietet er ein lesenswertes Gespräch mit Isabell Beer, Investigativjournalistin, die sich in ihren Geschichten unter anderem mit Extremismus, Frauenhass, Missbrauch und Drogensucht auseinandersetzt. Beers Ansicht nach sei die jüngere Generation von Journalistinnen und Journalisten ganz anderen Gefahren ausgesetzt als die Generation davor: “Um unsere Arbeit zu promoten, sind viele von uns auf Twitter unterwegs und geben dort ihre Meinung ab, was ja auch durchaus sinnvoll ist. Aber wo man auch aneckt und es dazu führen kann, dass einem Leute nichts Gutes wollen. Früher gab es die Leserbriefe, bei denen man das Porto bezahlen musste. Aber einen Hasskommentar zu schreiben, ist kostenlos und wird noch viel zu selten verfolgt.”

3. Von True-Crime bis Geschichtspodcasts – geht die Experimentierfreude verloren?
(freitag.de, Benjamin Knödler)
Viele Verlage setzen bei ihren Podcast-Produktionen auf Bewährtes, schauen sich an, was bei den unabhängigen Podcastern und Podcasterinnen gut läuft und übernehmen deren Konzepte. Benjamin Knödler sieht in dieser Entwicklung eine Gefahr: “Die, die neue Dinge ausprobieren, die kleinen Formate, gehen im Zweifel irgendwann unter gegen die großen Medienhäuser. Am Ende droht der Einheitsbrei an ‘erprobten Formaten’. Genau deshalb sollten sich auch die großen Medienhäuser eine gewisse Experimentierlust bewahren.”

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4. Hat der Rechts­staat ver­sagt?
(lto.de, Lena Leffer & Stefan Hessel)
Nachdem vor Gericht gegen den Youtuber Rainer Winkler, besser bekannt als “Drachenlord”, ein vergleichsweise mildes Urteil erging, diskutieren Lena Leffer und Stefan Hessel die Frage, ob der Staat im Vorfeld mehr zu Winklers Schutz hätte beitragen müssen: “Im Fall Winkler hätte durch präventive polizeiliche Maßnahmen im digitalen Raum beispielsweise verhindert werden können, dass dieser erst in den sozialen Netzwerken und dann offline zur Zielscheibe wurde. Denkbar wären hier neben der frühzeitigen Identifizierung von Störern und damit verbundenen – gegebenenfalls digitalen – Gefährderansprachen insbesondere die Löschung von Aufrufen zu Hass und Gewalt im Netz im Rahmen der polizeilichen Gefahrenabwehr.”

5. Was ist los beim RBB?
(tagesspiegel.de, Markus Ehrenberg & Kurt Sagatz)
Der RBB hat eh schon mit schlechten Quoten zu kämpfen, doch zu Ostern könnte sich die Situation des öffentlich-rechtlichen Senders noch weiter verschlechtern. Hunderte von freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die Inhalte zu vielen TV-Sendungen und -Magazinen beisteuern, hätten für die Ferienzeit zur Aktion #wirsindnichtda aufgerufen. Markus Ehrenberg und Kurt Sagatz erklären die Hintergründe zur Protestaktion der Freien.

6. Die Folgen der Ohrfeige
(sueddeutsche.de, David Steinitz)
In Reaktion auf die von ihm ausgeteilte Ohrfeige bei der Oscar-Verleihung wurden zwei Filmproduktionen mit Will Smith, zumindest vorerst, gestoppt. Smith selbst trat aus der Oscar-Academy aus. David Steinitz spekuliert über weitere Konsequenzen: “Werden die Filmstudios bald wieder mit ihm arbeiten wollen? Glauben sie trotz (oder vielleicht ja sogar wegen) der Ohrfeige weiterhin an seine Boxoffice-Power? Oder lassen sie ihn zappeln oder gar ganz fallen?”

KW 13/22: Hör- und Gucktipps zum Wochenende

Hurra, endlich Wochenende – und damit mehr Zeit zum Hören und Sehen! In unserer Samstagsausgabe präsentieren wir Euch eine Auswahl empfehlenswerter Filme und Podcasts mit Medienbezug. Viel Spaß bei Erkenntnisgewinn und Unterhaltung!

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1. Uschi Jonas über Faktenchecks in Zeiten des Krieges
(denkangebot.org, Katharina Nocun, Audio: 1:02:22 Stunden)
Was für Falschmeldungen kursieren gerade zum Thema Krieg in der Ukraine? Welche Rolle spielen dabei russische Medien? Und wie arbeitet eigentlich eine Faktencheck-Redaktion? Darüber spricht “Denkangebot”-Podcasterin Katharina Nocun mit Uschi Jonas, die sich bei “Correctiv” mit Factchecking beschäftigt. Weitere Stimmen im Podcast: die beiden Autorinnen Marina Weisband und Karolin Schwarz.

2. Hauptsache Aufmerksamkeit: Die Medienstrategie der “Letzten Generation”
(ndr.de, Kim Kristin Mauch, Video: 10:45 Minuten)
Die Klimaschutzgruppe “Aufstand der letzten Generation” bekommt für ihren Protest viel mediale Aufmerksamkeit, doch die Aktionen sind äußerst umstritten. Das Medienmagazin “Zapp” hat dazu Carla Hinrichs, Sprecherin der “Letzten Generation”, interviewt, ebenso wie Grünen-Politikerin Renate Künast, die die Medienstrategie skeptisch sieht.

3. Das MDR-Gelände in Leipzig: Vom Schlachthof zur Sendezentrale
(ardmediathek.de, Nina Rothermund, Video: 44:40 Minuten)
Wo heute die Sendezentrale des MDR steht, versorgte von 1888 bis 1991 einer der größten Schlachthöfe Deutschlands die Stadt Leipzig mit Fleich- und Wurstwaren. Zum 30. Geburtstag des MDR widmet sich eine Doku der Geschichte und Gegenwart des heutigen Sendestandortes in Leipzig.

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4. AWFNR: Linda Zervakis
(awfnr.podigee.io, Paul Ripke, Audio: 59:30 Minuten)
Die Nachrichtensprecherin und Fernsehmoderatorin Linda Zervakis hat sich nach fast zwei Jahrzehnten bei den Öffentlich-Rechtlichen vom Privatfernsehen abwerben lassen und moderiert nun mit ihrem Kollegen Matthias Opdenhövel das ProSieben-Journal “Zervakis & Opdenhövel”. Mit Paul Ripke plaudert sie über die Hintergründe ihres Wechsels und sie erzählt, wie sich ihre Arbeit verändert hat.

5. Schieflage in der Russland-Berichterstattung
(deutschlandfunk.de, Brigitte Baetz, Audio: 36:39 Minuten)
Deutschlandfunk-Hörer Tim Kremser ärgert sich über Interviews mit sogenannten Russland-Experten, die die russische Aggression aus seiner Sicht heruntergespielt haben. Über die Auswahl von Interviewpartnern im Journalismus diskutiert Kremser mit Dlf-Osteuropa-Expertin Sabine Adler, Kommunikationswissenschaftler Daniel Nölleke und Brigitte Baetz aus der “Mediasres”-Redaktion.

6. Unsichtbar – Follow for Follow. Macht mich berühmt!
(mdr.de, Jonathan Doll, Video: 14:45 Minuten)
“Muss ich als junger Journalist mein Berufs- und Privatleben verwerten und vermarkten, um erfolgreich zu sein? Kann ich durch Follower und Followerinnen sichtbar werden und bekomme dann womöglich auch bessere Jobangebote?” Jonathan Doll hat ein zweiwöchiges Selbstexperiment gestartet und mit viel Fleiß, Geld und Tricks einen Instagram-Kanal aufgebaut. War es den Aufwand wert?

Lobbying-Vorstoß der Verlage, Meta-Schmutzkampagne, Ofarim angeklagt

1. Der Streit über Presseverlage zeigt deutlich, was bei der EU-Gesetzgebung falsch läuft
(uebermedien.de, Felix Reda)
Offenbar wollte die EU-Kommission in letzter Minute ein Gesetzesvorhaben im Sinne der Presseverlage ändern. Die Regelung hätte Suchmaschinen und Soziale Netzwerke verpflichtet, Ausschnitte aus Presseartikeln bezahlen zu müssen, die in Suchergebnissen oder Social-Media-Posts angezeigt werden. Felix Reda erlärt den Lobbying-Vorstoß der Verlage. Seine Kritik: Das sogenannte Trilogverfahren mache die EU anfällig für Lobbyismus.

2. “Fakten checken wird auf ein Podest gestellt, wo es nicht hingehört”
(deutschlandfunk.de, Sebastian Wellendorf, Audio: 5:40 Minuten)
Anlässlich des fünfjährigen Bestehens des ARD-“Faktenfinder” hat sich der Deutschlandfunk mit dem Leiter des Portals, Patrick Gensing, über die Herausforderungen und Grenzen von dessen Arbeit unterhalten: “TikTok ist da beispielsweise nochmal wirklich eine Plattform, die ganz neue Herausforderungen mit sich bringt, wo es Manipulationsmöglichkeiten gibt, die in sekundenschnell umgesetzt werden können.”

3. Keine Spur von Reporterin
(taz.de, Bernhard Clasen)
Der “taz” liegen Informationen vor, die darauf hinweisen, dass die ukrainische Journalistin Irina Dubtschen­ko von russischen Militärs entführt worden sein soll. Demnach habe Dubtschenko, die für die ukrainische Nachrichtenagentur Unian arbeitet, in dem Haus ihrer Großmutter einen verletzten ukrainischen Soldaten versteckt. Nachbarn sollen dies an russische Soldaten verraten haben, mutmaßt eine Kollegin.

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4. Gericht: FAZ darf Carolin Emcke nicht länger falsch zitieren
(sueddeutsche.de, Anna Ernst)
Die Autorin Carolin Emcke hat einen Gerichtsbeschluss gegen die “FAZ” erwirkt. Ein Satz von ihr sei “völlig aus dem Zusammenhang gerissen und falsch zitiert worden”, so Emckes Anwalt. Der “FAZ” liege der Gerichtsbeschluss derzeit noch nicht vor, sie könne daher noch nicht entscheiden, ob sie Rechtsmittel einlege.

5. Facebook finanziert Schmutzkampagne gegen TikTok
(netzpolitik.org, Markus Reuter)
Recherchen der “Washington Post” zufolge soll Facebooks Muttergesellschaft Meta eine Agentur damit beauftragt haben, den Konkurrenten TikTok in einem schlechten Licht darzustellen. In diesem Zusammenhang habe man sich auch Undercover-Taktiken wie dem Versenden falscher Leserbriefe bedient.

6. Anklage gegen Musiker Gil Ofarim erhoben
(zdf.de)
Der Musiker Gil Ofarim hatte in den Sozialen Medien beklagt, in einem Leipziger Hotel antisemitisch diskriminiert worden zu sein, was große Wellen der Empörung nach sich gezogen hatte. Nun hat die Staatsanwaltschaft Leipzig Ofarim wegen des Vorwurfs der falschen Verdächtigung und Verleumdung angeklagt. Das Verfahren gegen den belasteten Hotelmitarbeiter sei hingegen eingestellt worden.
Gucktipp zum Hintergrund: Der Fall Gil Ofarim (ndr.de, Kathrin Drehkopf, Video: 24:27 Minuten).

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