1. Journalisten in Kampfmontur
(sueddeutsche.de, Jürgen Schmieder)
Heute findet in Washington die Amtseinführung des US-Präsidenten Joe Biden statt. Seit Tagen gleicht die Stadt einem Militärstützpunkt mit Straßensperren und Kontrollpunkten. Für den reibungslosen Ablauf der Inauguration sollen rund 25.000 Nationalgardisten sorgen. Journalisten und Journalistinnen würden sich auf das Event wie auf einen Kriegseinsatz vorbereiten samt Schutzausrüstung, kugelsicherer Weste und Bodyguard. Reporterin Katie Miller (“Washington Post”) schreibt dazu auf Twitter: “Ich habe mir gerade einen neuen Wintermantel gekauft, der über die kugelsichere Weste passt, damit ich sicher (und warm) von der Amtseinführung des nächsten Präsidenten der Vereinigten Staaten berichten kann. Wie absurd ist das eigentlich?”
2. Trumps Verbannung von Social Media – Kritiker verkennen Gesetze
(netzpolitik.org, Julia Reda)
Angela Merkel äußerte sich vergangene Woche kritisch zur Twitter-Sperre von Donald Trump und meldete juristische Bedenken an. Darüber ist Julia Reda verwundert: “Diese Aussage ist in zweierlei Hinsicht bemerkenswert. Denn es gibt sehr wohl einen rechtlichen Rahmen für die Moderation von Inhalten auf Social Media-Plattformen in den USA, an dem sich Twitter und Facebook orientiert haben. Außerdem wäre die Entscheidung in Deutschland, wo das Netzwerkdurchsetzungsgesetz den rechtlichen Rahmen absteckt, vermutlich genauso ausgefallen.” In ihrem Beitrag beschreibt Reda, wie eine zeitgemäße europäische Plattformregulierung aus ihrer Sicht aussehen sollte.
3. “Bild” veröffentlicht keine Rügen des Presserates mehr in der gedruckten Zeitung
(uebermedien.de, Stefan Niggemeier)
Der Verlag Axel Springer hat sich, wie viele andere Medienhäuser, gegenüber dem Presserat verpflichtet, Rügen “in dem jeweils betroffenen Medium aktualitätsnah und in angemessener Form zu publizieren”. Die “Bild”-Redaktion fühlt sich an die Selbstverpflichtung anscheinend nicht gebunden: Bereits seit eineinhalb Jahren habe die gedruckte “Bild” keine der gegen sie ausgesprochenen Rügen veröffentlicht, berichtet “Übermedien”. Einen Grund dafür habe der Verlag auf Nachfrage nicht genannt. Da “Bild” sich so sperrig in Sachen Fehlerkultur gibt, erinnert Medienkritiker Stefan Niggemeier an einige der gerügten Verstöße des Boulevardblatts.
4. Durch- und weggezappt
(taz.de, Steffen Grimberg)
Die Meldung klingt zunächst positiv: “Das NDR-Medienmagazin ‘Zapp’” baut sein Online- und Social-Media-Angebot aus”. Dahinter steckt jedoch ein rigoroses Sparprogramm. Die Sendung wird zukünftig nicht mehr im Wochenrhythmus, sondern nur noch einmal im Monat im NDR-Fernsehen zu sehen sein. Steffen Grimberg befürchtet negative Folgen durch Etatkürzung und Umstrukturierung: “Was passiert, wenn die garantierte ‘Abwurfstelle’, also die Fachsendung, verloren geht oder drastisch beschnitten wird, konnte man bei der Zeit oder im Spiegel besichtigen. Seitdem hier die Medienseite(n) beziehungsweise die Medienressorts abgeschafft wurden, hat die Zahl der verhandelten Medienthemen massiv abgenommen.”
5. Seemannsgarn von der «Pioneer One»: Wie der Berliner Medienunternehmer Gabor Steingart die Geschichte eines möglichen Parteiwechsels von Friedrich Merz in die Welt setzte
(nzz.ch, Marc Felix Serrao)
Steht CDU-Politiker Friedrich Merz vor einem Wechsel zur FDP, wie der Publizist Gabor Steingart in seinem Newsletter “Morning Briefing” zu wissen glaubte? Keineswegs, wie der FDP-Bundesvorsitzende Christian Lindner auf Twitter in einem Statement klarstellt und juristische Schritte gegen die Berichterstattung ankündigt: “Berichte von Gabor Steingart über einen angebotenen Parteiwechsel sind aber (wieder mal) Fake News. Gemeinsam wehren Friedrich Merz und ich mich anwaltlich dagegen.”
6. Endlich wieder loslabern
(zeit.de, Daniel Erk)
Daniel Erk hat sich bei der neuen Plapper-App Clubhouse umgeschaut: “Wenn es einen Ort gibt, dessen Leitspruch ‘Es ist alles gesagt, aber noch nicht von allen’ lautet, dann Clubhouse, dieses nicht enden wollende Stammtischgespräch. Und nicht zufällig ist eines der in Deutschland derzeit erfolgreichsten Formate eine tägliche Lunchrunde im Regierungsviertel. Twitter ist eine Hölle redundanter Diskussionen unter Politikstudierenden und Instagram eine Hölle ewiger Dia-Abende von Menschen mit Modelambitionen. Clubhouse dürfte langfristig die Hölle der Talkshowgesellschaft werden. Schon bald werden wir merken: Wir alle sind Wolfgang Bosbach. Allzeit bereit, halbinformiert zu labern.”