Archiv für Dezember 11th, 2020

Kooperiert man mit “Bild”, wächst das Kleid

Wenn Helene Fischer in einer Fernsehshow aufklärt, dass sie auf dem Foto, das auf dem Cover ihres neuen Albums zu sehen ist, sehr wohl eine Unterhose getragen hat, wählt die “Bild”-Redaktion aus den vielen, vielen Helene-Fischer-Fotos, die man bei Agenturen finden kann, eine Unter-den-Rock-guck-Aufnahme zur Illustration der Geschichte (was sicher nichts damit zu tun hat, dass die “Bild”-Redaktion ein paar Tage zuvor eine Gegendarstellung von Fischer auf der Titelseite drucken musste):

Screenshot Bild.de - Schlüppilos durch die Nacht? Helene Fischer - zu sehen ist ein Foto von Helene Fischer bei einem Auftritt. Das Kleid ist im Schritt so hochgerutscht, dass man ihre Unterwäsche sehen kann
(Die Unkenntlichmachung stammt von uns.)

Wenn Helene Fischer bei der “Bild”-Charity-Aktion “Ein Herz für Kinder” mitmacht, wählt die Redaktion das gleiche Foto – allerdings ist das Kleid der Sängerin wie durch Photoshop von Zauberhand an einer entscheidenden Stelle gewachsen:

Screenshot Bild.de - Ein Herz für Kinder - Diese Stars sitzen heute für Sie am Spendentelefon - zu sehen ist das gleiche Foto vom Fischer-Auftritt. Nun bedeckt das Kleid allerdings den Bereich, an dem zuvor die Unterwäsche zu sehen war

Mit Dank an @rock_galore!

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“Katapults” Erfolgsrezept, Facebooks Zerschlagung?, “Repolonisierung”

1. Was ist dein Erfolgsrezept für das Katapult-Magazin, Benjamin Fredrich?
(wasmitmedien.de, Daniel Fiene & Sebastian Pähler, Audio: 1:11:24 Stunden)
Eine der bemerkenswertesten Medienstorys des Jahres ist die Entwicklung des Greifswalder Magazins “Katapult”. Der Gründer und Chefredakteur Benjamin Fredrich hat eine boomende Marke aufgebaut, um die ihn wegen der beeindruckenden Abo-Zuwächse selbst große Medienhäuser beneiden dürften. “Katapult” ist als gemeinnütziges Unternehmen aufgebaut, zahlt Einheitslöhne, betreibt ein Café und leistet sich den Luxus, sich ständig aufs Neue zu verzetteln. Ein lohnenswertes Gespräch, auch weil es Mut macht, aus dem Denken in althergebrachten Mustern auszubrechen.

2. Man nennt es “Repolonisierung”
(faz.net, Gerhard Gnauck)
Polens nationalkonservative Regierungspartei PiS freut sich über die “Repolonisierung” der Medien: Die Verlagsgruppe Passau hat ein Paket aus 140 in Polen erscheinenden Zeitungstiteln an den staatlichen Ölkonzern Orlen verkauft. Laut dem polnischen Entwicklungsminister werde damit ein Zustand beendet, “der unter dem Aspekt des Medienpluralismus skandalös war. Vor Jahren haben polnische Entscheidungsträger zugelassen, dass 98 Prozent der Lokalzeitungen ausländischen Verlagen gehören, fast alle einem einzigen Verlag.”

3. Dieselben News, anders gedreht
(taz.de, Steffen Grimberg)
Laut einer Untersuchung des hessischen Landesamts für Verfassungsschutz bedienen sich Rechtsextremisten bei ihren Posts und Tweets mehrheitlich bei klassischen Medien, deren Meldungen sie für ihre Zwecke ausbeuten. Sogenannte alternative Medien hätten eine geringere Bedeutung als bislang angenommen. Steffen Grimberg erinnert die klassischen Medien daher an ihre Verantwortung: “Natürlich können sich Medien nicht davor schützen, dass man ihre Inhalte aus dem Zusammenhang reißt, verdreht und dann phänomenbereichsübergreifendend missbraucht. Sie sollten sich diese Möglichkeit aber stärker vor Augen führen.”

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4. Warum es so wenig Frauen im Sportjournalismus gibt
(fachjournalist.de, Michael Schaffrath)
An der TU München hat man in einer Studie die “Chancen und Herausforderungen von Frauen im Sportjournalismus” in den Blick genommen. Michael Schaffrath, an der Sportfakultät der TU für den Arbeitsbereich Medien und Kommunikation zuständig, fasst die Ergebnisse zusammen.

5. Facebook soll aufgespalten werden
(netzpolitik.org, Serafin Dinges)
Facebook droht in den USA die Zerschlagung. Dies verlangen jedenfalls die Justizbehörden von 48 US-Staaten sowie die Bundeshandelskommission FTC. Den Behörden seien vor allem die Übernahmen von Instagram und WhatsApp ein Dorn im Auge. New Yorks Generalstaatsanwältin gibt sich bei der Ankündigung ihrer Klage kämpferisch: “Heute senden wir eine deutliche Botschaft an Facebook und alle anderen Unternehmen, dass wir auf alle Versuche, Wettbewerb zu ersticken und kleinen Unternehmen zu schaden, Innovationen und Kreativität zu reduzieren oder den Schutz der Privatsphäre zu beschneiden, mit der vollen Kraft unserer Ämter reagieren werden.” Facebook habe in einem Statement jegliche Schuld von sich gewiesen.

6. Harter Lockdown
(uebermedien.de, Julian Hilgers)
Bei “Übermedien” schreiben Menschen über ihr persönliches “Hasswort”. Julian Hilgers ist zunehmend vom Begriff “Harter Lockdown” genervt: “Wer die hiesigen Corona-Einschränkungen als ‘Harten Lockdown’ beschreibt, wird Schwierigkeiten bekommen, die Zustände in China, Italien oder afrikanischen Staaten, wo tatsächlich wochenlang strenge Ausgangssperren herrschten, noch adäquat zu benennen.”