Archiv für November 25th, 2020

Fotoscheue “Querdenker”, Kirsten Boies VDS-Absage, Durchgestochen

1. Polizei soll Presse unterstützen
(deutschlandfunk.de, Annika Schneider & Sascha Borowski, Audio: 5:55 Minuten)
Bei den “Querdenker”-Demos wollen viele Teilnehmende nicht gefilmt oder fotografiert werden. Da wird gepöbelt, geschubst, gespuckt und geschlagen. Das Recht ist jedoch auf Seiten der Medien: Bilder von Demonstrationen dürfen auch ohne Einwilligung der Betroffenen veröffentlicht werden, solang es um die Darstellung des Geschehens geht und die Aufnahmen nicht aus dem Kontext gerissen werden. Medienverbände fordern von der Polizei, die Pressefreiheit entschiedener durchzusetzen. Der Deutsche Presserat hat dazu einen Entwurf mit Verhaltensgrundsätzen für Medien und Polizei (PDF) veröffentlicht – “zur Vermeidung von Behinderungen bei der Durchführung polizeilicher Aufgaben und der freien Ausübung der Berichterstattung”.

2. Warum werden so viele Interna aus den Corona-Runden publik?
(uebermedien.de, Jürn Kruse)
Immer wieder beraten die Kanzlerin und die 16 Ministerpräsidentinnen und -präsidenten der Länder über die Anpassung der Corona-Maßnahmen. Und immer wieder dringen vertrauliche Zwischenstände aus den Beratungen an die Öffentlichkeit. Florian Gathmann ist Korrespondent im “Spiegel”-Hauptstadtbüro und kennt das Geschäft mit den durchgestochenen Informationen: “Wenn Akteure im politischen Raum nicht ohne Hirn agieren – und davon sollte man immer ausgehen -, dann ist mit dem Durchstechen von Informationen grundsätzlich ein Interesse verbunden.” Auffällig oft würden die “Bild”-Medien Zugang zu Infos über den Fortschritt der Verhandlungen haben und die Zwischenstände über ihre Kanäle verbreiten.

3. “Barack Obama Book”: Mit simplem SEO und Fake Reviews zu Tausenden von Amazon-Buch-Sales
(omr.com, Roland Eisenbrand)
Der erste Teil der Autobiografie von Barack Obama dürfte sich zum weltweiten Bestseller entwickeln. Allein die Startauflage in den USA beträgt drei Millionen Exemplare. Entsprechend hoch ist die Medienaufmerksamkeit, was wiederum die Verkäufe fördert … Ein dubioser Verlag hat sich an den Erfolg des Originals angehängt und, vermutlich auf Verwechslung spekulierend, eine inoffizielle Biografie auf den Markt gebracht, die gerade mal 61 Seiten lang ist. Dabei hat der Schmu-Publisher wahrscheinlich allerlei Suchmaschinentricks und gefälschte Bewertungen verwendet, wie Roland Eisenbrand erklärt.

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4. Grundbuchamt nennt Kaufpreis für Spahns Millionen-Villa in Berlin-Dahlem
(tagesspiegel.de, Jost Müller-Neuhof)
Das Berliner Amtsgericht Schöneberg hat dem “Tagesspiegel” Informationen über den Erwerb einer Villa durch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn und dessen Ehemann zukommen lassen und dabei auch den Preis der Immobilie genannt. Dennoch wehrt sich Spahn mit Unterlassungsklagen gegen die Nennung des Preises in Medien. Für Jost Müller-Neuhof kommen dafür verschiedene Gründe in Betracht.

5. Urheberrechtsreform: Künstler laufen Sturm gegen freie Inhalte-Schnipsel
(heise.de, Stefan Krempl)
Der Entwurf des Bundesjustizministeriums zur Urheberrechtsreform führt zu einem klassischen Konflikt verschiedener Interessen: Auf der einen Seite eine Allianz von Künstlerinnen und Künstlern, die sich per Brief gegen die geplante Bagatellausnahme für nicht-kommerzielle Nutzungen wehren. Auf der anderen Seite Youtuber, Social-Media-Größen und Verbraucherschützer, die gegen Uploadfilter zu Felde ziehen.

6. Kirsten Boie lehnt Preis des Vereins Deutsche Sprache ab
(zeit.de)
Kirsten Boie ist eine herausragende Autorin von Kinder- und Jugendliteratur. Sie hat rund 100 Bücher veröffentlicht, von denen viele in diverse Sprachen übersetzt wurden. Nun wollte der Hamburger Landesverband des Vereins Deutsche Sprache (VDS) sie mit einem Preis auszeichnen, doch Boie lehnte ab. Sie störe sich an den rechtspopulistischen Äußerungen des VDS-Bundesvorsitzenden Walter Krämer. In ihrer Absage heißt es weiter: “Aber mehr noch als die verkürzte und realitätsfremde Vorstellung von Sprache, die sich in vielen Äußerungen zeigt, erschreckt mich, wie genau sie sich ausgerechnet in einer Zeit, in der wir mit Sorge einen Rechtsruck in Teilen der Bevölkerung beobachten müssen, in deren Argumentationsgänge einfügt”.