Auf der “Bild”-Titelseite von heute kommen beide Nachrichten vor:
… wobei die “Bild”-Redaktion die “immer schlimmere” “Messer-Gewalt” offenbar für ein deutlich größeres Thema hält als den Angriff mit einer Schusswaffe auf das Büro eines gewählten Parlamentariers — allein das Wort “Messer-” ist größer als die gesamte Meldung zu Karamba Diaby auf Seite 1. (Dazu muss auch noch sagen, dass nur die aktuellen Zahlen aus Nordrhein-Westfalen die These “immer schlimmer” nicht stützen beziehungsweise gar nicht stützen können: Sie wurden zum ersten Mal erhoben, Vergleichswerte aus den Vorjahren gibt es nicht. Außerdem heißt “Messerstraftaten” nicht, dass es sich automatisch um “Messer-Gewalt” im Sinne von Gewaltdelikten handelt.)
In der auf der Titelseite angekündigten “großen Sondersendung bei Bild.de” hat die Redaktion es dann leider nicht geschafft, die zwei Nachrichten, die nichts miteinander zu tun haben, auseinanderzuhalten. Auf einmal meldet “BILD LIVE”, dass es eine “Messer-Attacke auf SPD-Politiker Karamba Diaby” gegeben habe:
Was kann schon schiefgehen, wenn “Bild”-Chefredakteur Julian Reichelt seine TV-Pläne erfolgreich umsetzen sollte und mit dieser grottenschlechten Berichterstattung 40 Millionen Menschen erreicht?
1. Profitierte Bauer Media Group vom Nazi-Regime? (ndr.de, Sebastian Friedrich, Video: 6:07 Minuten)
Die Bauer Media Group ist mit 600 Magazinen in 17 Ländern das größte Zeitschriftenhaus Europas und kann auf eine fast 150-jährige Geschichte zurückblicken. In der veröffentlichten Firmenhistorie werde die Zeit des Nationalsozialismus jedoch weitgehend ausgespart. Recherchen von “Spiegel” und “Zapp” hätten ergeben, dass das Unternehmen in der Nazizeit den entscheidenden Aufschwung erfuhr. Nun wolle das Verlagshaus, dessen historisches Interesse bisher begrenzt gewesen sei, einen Historiker mit der Aufarbeitung der Verlagsgeschichte beauftragen.
Weiterer Lesehinweis: Ein Verlag stellt sich seiner Nazi-Vergangenheit (spiegel.de, Nils Klawitter).
2. Kein Recht auf Vergessenwerden (jmwiarda.de, Jan-Martin Wiarda)
Nach jahrelangem Streit mit insgesamt drei Verfahren hat nun das Oberlandesgericht Frankfurt am Main geurteilt: Eine des Doppel-Plagiats (Promotion und Habilitation) bezichtigte ehemalige Vizepräsidentin der Universität Flensburg müsse es hinnehmen, dass in der Berichterstattung darüber ihr Name genannt werde. Dagegen hatte sich die Beschuldigte bislang gewehrt und war gegen “Flensburger Tageblatt”, “Cicero”, die “FAZ” sowie den Publizisten und Autor Jochen Zenthöfer vorgegangen. Das Oberlandesgericht habe nun entschieden, dass die Klägerin ein “Recht auf Vergessenwerden” nicht geltend machen könne.
3. Werbeverstöße: Diese Sender werden besonders oft gerügt (dwdl.de, Timo Niemeier)
Die Kommission für Zulassung und Aufsicht (ZAK) kontrolliert unter anderem die Werbung bei Privatsendern und spricht bei Regelverstößen Beanstandungen aus oder stellt mögliche Rechtsverstöße fest. Da die Rügen finanzielle Nachteile mit sich bringen, prozessieren die betroffenen Werbesünder oft gegen die Entscheidungen. Nach einer “DWDL”-Auswertung käme in den vergangenen Jahren kein anderer Sender auch nur annähernd auf so viele Beanstandungen wie Sport1.
4. Kritik an Wahl der Direktorin (deutschlandfunk.de, Tonia Koch)
Die CDU-Politikerin Ruth Meyer ist zur neuen Direktorin der saarländischen Landesmedienanstalt gewählt worden. Doch “Wahl” ist hier vielleicht der falsche Ausdruck, denn Medienrechtler kritisieren diese als intransparent und gegen die Chancengleichheit verstoßend: Die Staatsferne der Medienanstalt sei gefährdet. Nun werde damit gerechnet, dass ein nicht berücksichtigter Bewerber gegen die Entscheidung des Landtags klagt.
5. War #Omagate ein von rechts orchestrierter Shitstorm? (belltower.news, Simone Rafael)
Der zum Skandal aufgeblasene Vorgang um das harmlose Satireliedchen von der Oma als “Umweltsau” beherrschte viele Tage die Medien. Der Shitstorm wurde maßgeblich von der rechtsextremen Internetszene erzeugt, die den Fall nutzte, um rituell gegen den Rundfunk und die damit verbundenen Gebühren zu hetzen. Simone Rafael hat das Zusammenspiel der Protagonisten und die inszenierte Empörung analysiert.
6. Hinter jedem Baum lauert der Wahnsinn. (planet-interview.de, Jakob Buhre)
Wenn Jakob Buhre Interviews durchführt, dann stets wohltuend ausführlich und in die Tiefe gehend. So auch diesmal bei seinem Gespräch mit Ingo Appelt über dessen bewegte Karriere als Comedian. Appelt äußert sich darin auch zu den geschlechtsspezifischen Besonderheiten von Humor: “Frauen haben eine ganz andere Form von Humor, sie sind viel moralischer als wir Männer in der Bewertung. Das kann man gut bei Comedy-Shows sehen, wenn da ein Mann auf der Bühne steht und die Kamera ins Publikum schwenkt, geht der erste Schnitt immer zu Frauen. Immer, grundsätzlich. Weil: Wenn die Frau lacht, ist alles gut. Wenn der Mann lacht, könnte es auch eine Hinrichtung sein.”