Archiv für Januar 9th, 2020

Das miese Geschäft der “Bild am Sonntag”

Da waren sie bei “Bild am Sonntag” und Bild.de aber ziemlich empört:

Screenshot Bild.de - Becher, Tassen, Mützen - Das miese Geschäft mit Greta Thunberg

Irgendwelche Leute versuchen nämlich, mit den Image von Greta Thunberg Geld zu machen, indem sie deren Gesicht auf T-Shirts packen, Puppen der Klimaaktivistin herstellen oder Kaffeebecher mit Greta-Sprüchen bedrucken. “Bild am Sonntag” erklärt, dass man sich dagegen wehren kann, und dass Greta Thunberg das auch macht, indem sie “den Schutz ihres eigenen Namens beantragt” habe: “Einen entsprechenden Antrag hat ihr Anwalt beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) eingereicht.”

Zur Situation in Deutschland schreibt “BamS”:

In Deutschland hat jeder ein Recht am eigenen Bild und Namen. Wenn jemand anderes das kommerziell nutzt, kann man als Betroffener dagegen vorgehen.

Ein Markenrechtsexperte erklärt das noch mal genauer:

Der Frankfurter Markenrechtsexperte Eckart Haag (46) sagt: “Ich kann den Nutzer auffordern, das zu unterlassen und mir Auskunft zu erteilen, wie viele Tassen, T-Shirts oder Sonstiges er mit meinem Bild oder Namen verkauft hat. Wenn er das nicht tut, lasse ich per Gericht die Handlung stoppen.”

Im nächsten Schritt kann man Schadenersatz einklagen. Haag: “Das positive Image des Prominenten fördert den Absatz und steigern der (sic) Wert eines Gegenstandes erheblich. Dadurch kann ein erheblicher Teil des erzielten Gewinns eingefordert werden. 80 Prozent sind durchaus denkbar.”

Bei “Bild am Sonntag” kennen sie sich mit dem Thema aus: Im Oktober des vergangenen Jahres entschied das Oberlandesgericht Köln, dass die Redaktion ein Foto des Schauspielers Sascha Hehn in dessen früherer Rolle als “Traumschiff”-Kapitän nicht hätte verwenden dürfen. Im Blatt hatte sie mit diesem Foto, auf dem Hehn und zwei weitere Schauspieler zu sehen waren, für ihr “Urlaubslotto” geworben, bei dem die Leserinnen und Leser eine Kreuzfahrt gewinnen konnten, wenn sie eine kostenpflichtige Telefonnummer anriefen oder eine kostenpflichtige SMS schickten. Sascha Hehn hatte mit dem Gewinnspiel aber überhaupt nichts zu tun. Er hatte einer Verwendung des Fotos in diesem Zusammenhang nicht zugestimmt. Und er war auch nicht Teil des Gewinns — in “Bild am Sonntag” stand sogar, die Abgebildeten werde man auf der Kreuzfahrt “zwar nicht treffen. Aber wie auf dem echten TV-Traumschiff schippern Sie zu den schönsten Buchten und spannendsten Städten.”

Das Gericht schrieb dazu in einer Pressemitteilung (PDF):

Die Beliebtheit des Klägers als Traumschiff-Kapitän habe als “Garant” für eine Traumreise ersichtlich auch auf den Hauptgewinn abfärben sollen. Außerdem sei mit dem Bild des Klägers die Aufmerksamkeit der Leser auf die kostenpflichtigen Mehrwertdienstnummern gelenkt worden, mit denen eine gewisse Refinanzierung des Gewinnspiels erfolgt sei.

Das Urteil war zu dem Zeitpunkt, als die Pressemitteilung veröffentlich wurde, noch nicht rechtskräftig.

Die “Bild”-Medien wollen mit Greta Thunberg übrigens auch ein bisschen Geld verdienen, wenn auch auf etwas andere Weise: Den Artikel, der “das miese Geschäft” mit Thunberg anprangert, kann man nur mit einem “Bild plus”-Abo lesen:

Screenshot Bild.de - Greta-Shirts, Greta-Handyhüllen, Greta-Püppchen: kaum ein Souvenir, das es nicht von der schwedischen Klimaaktivistin Greta Thunberg gibt. Ihre Einwilligung gab sie nie. Lesen Sie mit BILDplus, was Greta jetzt dagegen unternimmt
(Draufklicken für größere Version.)

Mit Dank an @yanjulang für den Hinweis!

Buhrowkrat im Feuer, Kampf um die “Krone”, Happy New Leak

1. “Wir werden nicht einer Meinung sein”
(zeit.de, Ralf Heimann)
Nach Ansicht vieler Kritiker hat WDR-Intendant Tom Buhrow mit seiner übereilten Telefon-Intervention und der Bitte um Entschuldigung für den eigentlichen Skandal um das Satireliedchen von der Oma als “Umweltsau” gesorgt. Viele WDR-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter fühlten sich im Stich gelassen, hatten das Gefühl, ihr Chef sei ihnen in den Rücken gefallen. Nun fand in Köln eine Redaktionsversammlung statt, zu der 700 Leute kamen. Buhrow habe dort sein Verhalten in einer Weise verteidigt, die Zweifel daran aufkommen lasse, dass er verstanden hat, worum es bei der Sache geht.
Weiterer Lesehinweis zum Hintergrund: Aufgepasst, Ihr Umweltsäue! — warum die Vorwürfe gegen die WDR-Satire falsch sind (taz.de, Heiko Werning). Lesenswert auch die aktuelle Kolumne von Sascha Lobo zur Debattenkultur: Diagnose: Vorzeitiger Nachrichtenerguss (spiegel.de).

2. “Ibiza lebt”
(sueddeutsche.de, Leila Al-Serori)
In Österreich wird ein erbitterter Kampf um die “Krone” geführt. Das Blatt mit einer Reichweite von 30 Prozent weckte bereits die Begehrlichkeiten des damaligen FPÖ-Politikers Heinz-Christian Strache, wie man im “Ibiza-Video” sehen und hören konnte. Nun versuche der Tiroler Immobilienmilliardär und Investor René Benko das Blatt zu übernehmen: “Eine weitere Parallele zu Ibiza bekommt der Machtkampf auch durch die Nähe René Benkos zum Kanzler: der Milliardär gehört dem engsten Zirkel rund um Sebastian Kurz an. Benko beteuert, dass es nicht um Politik, sondern nur ums Geschäft gehe.”

3. Ein Abschied vom Vermesser
(taz.de, Steffen Grimberg)
Horst Röper, die “taz” nennt ihn den “King of Medienforschung”, geht in den Ruhestand. Der Journalist und Medienwissenschaftler leitete seit 1984 das Formatt-Institut (“Forschung Medien Aktuell Technologie Transfer”) und sei damit “das Gedächtnis der deutschen Zeitungslandschaft”. “taz”-Autor Steffen Grimberg in seiner Art Ruhestandslaudatio: “Und jetzt will der Mann, der sich als Einziger noch so richtig um all diese Fragen kümmert, in den Ruhestand gehen. Einfach so. Is nich, Horst. Wir brauchen dich!”

4. Happy new Leak!
(deutschlandfunk.de, Samira El Quassil, Audio: 5:23 Minuten)
Die Firma Cambridge Analytica brachte es zu trauriger Berühmtheit, als 2018 bekannt wurde, dass ihre Datenanalysen für personalisierte Wahlwerbung auf dem illegalen Besitz von Informationen zu Millionen von Facebook-Profilen beruhten. In der Folge meldete das umstrittene Unternehmen Insolvenz an. Nun tauchen Tausende von neuen Dokumenten auf, die von einer Ex-Mitarbeiterin stammen sollen. Samira El Ouassil ordnet den Fall für den Deutschlandfunk neu ein.

5. Versöhnt in der Irritation
(faz.net, Nina Rehfeld)
Aus dem us-amerikanischen Phoenix berichtet Nina Rehfeld über die Zwickmühle des TV-Senders Fox News: Einerseits fungiere er als Sprachrohr der Republikaner und Stichwortgeber des amtierenden Präsidenten Donald Trump. Andererseits habe Starmoderator und Publikumsliebling Tucker Carlson den Angriff auf den iranischen General Soleimani und die offizielle Begründung dafür scharf kritisiert.

6. Die “Wissenschafts-Blogs des Jahres 2019” sind gewählt: Qualität setzt sich durch
(wissenschaftkommuniziert.wordpress.com)
“Wissenschaft kommuniziert” hat die “Wissenschafts-Blogs des Jahres 2019” wählen lassen. Auf Platz 1 landete das “Zukunftsblog” der ETH Zürich, auf Platz 2 die Archäologin Geesche Wilts mit “Miss Jones” und an dritter Stelle das Nachrichtenblog “Wissenschaft aktuell”.
Weiterer Lesehinweis: Ein gutes Beispiel für gelungene Wissenschaftskommunikation und Datenvisualisierung liefert heute die interaktive Karte der “Berliner Morgenpost”: So groß ist der Brand in Australien — im Vergleich zu Ihrer Gegend.