Die “Berliner Morgenpost” berichtet heute über den Handel mit illegalen Zigaretten in der Hauptstadt. Ein Sprecher des Zollfahndungsamts Berlin-Brandenburg erklärt:
“Inzwischen liegt der Anteil der gefälschten Ware aus illegalen Fabriken, die in der Region angeboten wird, bei 90 Prozent”
Bei so einem Satz kann man am frühen Morgen schon mal durcheinanderkommen. Blöd nur, wenn man gerade bei der Deutschen Presse-Agentur im Dienst ist. Die fasste den “Morgenpost”-Artikel so zusammen:
Im Text behauptet die dpa:
Etwa 90 Prozent der Zigaretten, die in Berlin auf dem Schwarzmarkt verkauftt werden, kommen aus illegalen Fabriken in der Region.
Unterschied bemerkt? Einmal nicht richtig hingeschaut und schwupps!, gibt es in Brandenburg illegale Zigaretten-Fabriken.
Der Tippfehler (“verkauftt”) wurde von den meistenMedien, diedieseMeldungübernommenhaben, zwar korrigiert, am Inhalt zweifelte aber offenbar niemand. Selbst bei der “Berliner Morgenpost”, auf deren (richtigem) Artikel die (falsche) dpa-Meldung beruhte, erschien der Text im Newsticker.
Inzwischen hat die dpa eine Berichtigung veröffentlicht (Nachtrag, 7. Januar: die Berichtigung erschien wenige Minuten nach der ursprünglichen Meldung), die Überschrift lautet jetzt: “Illegale Zigaretten kommen überwiegend aus illegalen Fabriken”. Irgendwelche Folgen hatte diese Berichtigung aber nicht mehr.
Im Jahr 1995 fragte der Limonadenhersteller Bluna in seiner Werbung: “Sind wir nicht alle ein bißchen Bluna?”. Im Jahr 2013 zeigte sich, dass viele Journalisten, wenn schon nicht Bluna, dann zumindest ein bisschen bekloppt sind.
Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].
2. “Die Geburt der Kritik aus dem Druckerstreik” (faz.net, Patrick Bahners)
Der Chefredakteur des „New York Review of Books“ gibt Auskunft über Geschichte des Magazins und dessen politische Ausrichtung: “Warum waren wir gegen den Irak-Krieg? Weil wir alle diese Informationen hatten. Der Kriegsgrund war haltlos.”
3. “Im Zweifel sind wir vogelfrei” (journalist.de, Richard Gutjahr)
Interview mit Ex-Spiegel-Chefreakteur Georg Mascolo über Überwachung, Snowden und politische Folgen: “Wir veröffentlichen ja als Journalisten nicht einfach etwas, weil es geheim ist. Wir veröffentlichen es nur dann, wenn es für die Öffentlichkeit relevante Information sind.”
4. “Ein Studium für einen syrischen Flüchtling crowdfunden” (ricogrimm.de, Rico Grimm)
Zwei deutsche Journalisten, die aus einem jordanischen Flüchtlingslager berichten, stoßen auf den 19jährigen Odday Alatiki, der gerne in Deutschland studieren möchte. Dazu muss er aber 8040 Euro vorweisen, eine Crowdfunding-Kamapgne soll helfen.
5. “Empörung aktivieren – Konformismus und Mobverhalten im Netz” (breakingthewaves.net, eve massacre)
Sorgen Shitstorms für Konformismus? Für die Autorin wird die Debatte anhand von falschen Beispielen geführt. “Es mag für Privilegierte ungewohnt sein, dass sie im Internet nicht immer so konsequenzlos sexistisch und rassistisch sein können wie im Gespräch unter Vertrauten oder im Beruf, aber mein Mitleid hält sich da ähnlich in Grenzen…” Der Umgang mit den veränderten Kommunikationskanälen sorgt für einen neuen Begriff von Öffentlichkeit.
6. „Ich glaube, ich hasse Sie“ (taz.de, Maria Rossbauer)
Ein Interview mit Bernd, das Brot: “Es ist wohl die Aufgabe von Ihnen als Journalistin, alles mögliche in mich hinein zu interpretieren. Unter anderem eine Antwort auf diese völlig verschwurbelte Frage, die komplett an meiner Person, meinen Belangen und allem anderen vorbeigeht, was mich, aber auch alle, die Ihr komisches Käseblatt lesen, auch nur ansatzweise interessieren könnte.”