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3. “Hugh Grant: How I exposed hacking” (bbc.co.uk, Video, 4:21 Minuten, englisch)
Schauspieler Hugh Grant und Ex-Boulevardreporter Paul McMullen diskutieren über die Methoden der britischen Tabloids. Siehe dazu auch “The bugger, bugged” (newstatesman.com, 12. April, englisch).
4. “Wer hat da seine Finger im Spiel gehabt?” (mediensalat.info, Ralf Marder)
Mittelfinger oder Handyfoto? Ralf Marder betrachtet ein Foto einer Bildergalerie zur Fußball-WM auf abendzeitung-muenchen.de.
5. “Auf gepackten Kisten” (heise.de/ct, Jo Bager)
Die Redaktion der Computerzeitschrift “c’t” zieht um: “Wer weiß, ob man das gut geschriebene Perl-Manual von 2002 nicht noch einmal benötigt? Und vielleicht kann man die fünf Jahre alte Grafikkarte ja noch irgendwie verbauen?”
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1. “Die dubiosen Methoden der Null-Toleranz-Zeitung” (sueddeutsche.de, H. Leyendecker und K. Riehl)
Sueddeutsche.de berichtet von Vorwürfen gegen Mitarbeiter der Sonntagszeitung “News of the World”. Sie “sollen das Mobiltelefon der verschwundenen Milly Dowler angezapft haben, um auf der Mailbox mitzulauschen. Sie wollten angeblich wissen, wer sich wann bei ihr gemeldet hatte und was die Eltern und die anderen so sagten oder auch nur schluchzten. Mit Hilfe von Privatdetektiven sollen die Todesreporter sogar Nachrichten gelöscht haben, wenn die Mailbox voll war.”
2. Interview mit Hans Leyendecker (140z.de, Videos)
Hans Leyendecker spricht am Rande der Jahrestagung von “Netzwerk Recherche” über Journalisten: “Das Problem des Journalismus ist, dass Journalisten als wichtigste Freunde in der Regel Journalisten angeben und in einem Biotop leben, gar nicht mitbekommen, was da draussen ist (…).”
4. “Qualität setzt sich durch” (swp.de, Jan Zawadil)
Jan Zawadil verfolgt eine von Frank Schirrmacher im Rahmen der 8. Tübinger Mediendozentur gehaltene Rede. Den derzeitigen Wandel hält Schirrmacher für eine “industrielle Revolution des Geistes und des Denkens”. Weil sich “mittlerweile alles um Klicks und Visits” drehe, sei ein Quotendruck entstanden. “Es entsteht allmählich eine Welt, in der nur noch vorkommt, was interessiert.”
5. “Was im Busch ist” (katrinschuster.de)
Katrin Schuster denkt über Kritiker nach: “Würden sich ein paar mehr Journalisten wie Kritiker benehmen, dann würde ich die Zeitung sicherlich seltener gleich wieder zuschlagen, nachdem ich sie gerade erst aufgeschlagen hatte.”
Es gibt Meldungen, die wiederholen sich so oft, dass man versucht ist, sie einfach als Vorlage im Redaktionssystem stehen zu lassen. So haben sich die Einbrüche bei namhaften IT-Unternehmen in den letzten Monaten so gehäuft, dass es sich einfach nicht mehr lohnt neue Nachrichten zu schreiben. Man setzt einfach betroffene Firma, Anzahl der gestohlenen Datensätze und den Namen der anonymen Hacker-Gruppe ein — fertig sind Meldung und Schlagzeile.
Doch die Macht der Gewohnheit war hier kein guter Ratgeber. Die vorgeblichen Kundendaten lesen sich nämlich etwas seltsam: Die veröffentlichte Liste von 27 Usernamen umfasst so merkwürdige Namen wie “admin”, “backup_user” und “process_super”.
Tatsächlich waren auf dem Server nach dem aktuellen Informationsstand keine Daten von Apple-Kunden abgespeichert. Die Hacker haben stattdessen eine Liste interner Kennwörter der IT-Abteilung von Apple erbeutet. Das ist zwar peinlich genug für Apple und spricht nicht für die IT-Sicherheit des Unternehmens, aber “Kundendaten”, wie einige Medien schreiben, wurden bisher keine veröffentlicht.
Die Bundesliga-Saison ist vorbei, der Bundestag ist in der Sommerpause und in etlichen Bundesländern sind bereits Sommerferien. Kurzum: Es ist nichts los, worüber man berichten könnte.
Bild.de hat Abhilfe gefunden und das hier veröffentlicht:
Streng genommen ist das allerdings gar kein Sommerlochfüller. Die gleiche 28-teilige Klickstrecke über die “lustigsten Namen für Freizeitmannschaften” hatte das Portal schon einmal im Januar gebracht:
Wobei auch das nur die Wiederaufbereitung einer Liste war, die am 23. Dezember 2008 in der gedruckten “Bild” erschienen war:
Die 10 verrücktesten Vereinsnamen in Deutschland
Sie kennen keine Angst vor großen Namen: Juventus Urin, Hinter Mailand und Dynamo Tresen. Das sind Deutschlands verrückteste Fußball-Klubs. Sie spielen in sogenannten bunten und wilden Ligen, kicken für den Spaß. Absolut erstklassig sind vor allem ihre Vereinsnamen.
Inzwischen verzichtet Bild.de auf eine Datumsangabe — so kann man den gleichen Artikel alle paar Monate wieder auf der Startseite verlinken, ohne dass es jemandem auffällt.
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1. “Ein schrecklicher, notwendiger Verein” (spiegel.de, Stefan Niggemeier)
Stefan Niggemeier widmet sich den Vorgängen im “Netzwerk Recherche”, das “sich leicht mit einem schrecklichen Mode-Schimpfwort als ‘Gutmenschen’-Verein verunglimpfen” lässt: “Es ist also leicht, das ‘Netzwerk Recherche’ zu hassen, und eine gute Person, um diese Reaktion zu provozieren, ist Thomas Leif. Leif ist im Hauptberuf Chefreporter des Südwestrundfunks. Er ist mit seinem gleichzeitig schroffen und beifallheischenden Auftreten, seiner Wichtigtuerei und seinen festen Positionen eine große Nervensäge.” Siehe dazu auch “Der nackte Kaiser beim Netzwerk Recherche” von Thomas Knüwer, eine ausführliche Presseschau findet sich im “Altpapier”.
3. “Attacke am Friedhofszaun: MOZ-Fotograf misshandelt” (moz.de, Maria Neuendorff)
Einem Fotograf der “Märkischen Oderzeitung” wird anlässlich einer Beerdigung die Kamera gewaltsam entwendet, nachdem er sie ausserhalb des Friedhofsgeländes aus seiner Tasche nimmt: “Die Männer nahmen mich in den Klammergriff und drückten mich runter, bis ich mit dem Gesicht im Dreck lag.” Der Journalistenverband Berlin-Brandenburg JVBB protestiert.
Vergangene Woche stellte ein Mann namens Paul Awe bei eBay ein ganz besonderes Objekt zur Versteigerung ein:
Diese Produktbezeichnung war womöglich etwas missverständlich, denn Awe versteigert nicht das Glücksrad aus der unfassbar erfolgreichen Sat.1-Sendung “Glücksrad” (1988 – 1998), sondern das Glücksrad aus der erfolglosen 9Live-Reinkarnation der Sendung (2004 – 2005) — deutlich zu erkennen etwa an den Euro-Beträgen auf dem Rad.
Das steht so ähnlich auch in der Produktbeschreibung:
Die zu versteigernde Version des Glücksrads drehte sich zuletzt auf 9Live. Es wurde mit Genehmigung des amerikanischen Lizenzgebers hergestellt und dürfte das einzig verfügbare Glücksrad in Deutschland sein.
Paul Awe hätte klar sein müssen, dass sein Angebot falsch verstanden werden könnte — zum einen von möglichen Bietern, ganz sicher aber von Journalisten.
Die Deutsche Presseagentur (dpa) berichtete bereits letzten Montag:
Das “Glücksrad” und die Buchstabenwand werden jetzt versteigert. Das kündigte der Münchner Medienunternehmer Paul Awe, dem die Kulissen gehören, am Montag an. Awe hatte das Glücksrad aus dem Fundus des Privatsenders Neun live übernommen, der im Jahr 2005 den Spielshowklassiker zuletzt übertragen hatte.
Das war (bis auf Awes Berufsbezeichnung, zu der wir später kommen) nicht falsch. Irreführend wurde die Meldung durch den darauf folgenden Absatz, der nichts mit dem angebotenen Glücksrad zu tun hatte:
Das “Glücksrad”, das im amerikanischen Original “Wheel of Fortune” heißt, war mit der meist stummen Buchstabenfee Maren Gilzer sowie den Moderatoren Frederic Meisner und Peter Bond im Jahr 1988 bei Sat.1 auf Sendung gegangen und wechselte 1998 zu Kabel eins, wo es sich bis 2002 drehte. 2004 und 2005 probierte es Neun live noch einmal. Awe kündigte an, er werde das mehrere hundert Kilo schwere Rad samt Buchstabenwand von Dienstag an im Online-Auktionshaus ebay anbieten – Mindestgebot: ein Euro.
“Welt Online” hatte sich sogar die Mühe gemacht, die legendäre “Buchstabenfee” Maren Gilzer zu befragen, was sie von der Versteigerung halte (“Besser, als wenn es in einem Kulissenkeller irgendwo verstaubt.”) und ob sie selbst mitbieten werde (“Ich nicht, denn mein Hund Tinka interessiert sich nicht für Buchstaben.”).
Auch “Focus online” hatte einen schicken O-Ton aufgetan:
Auch Frederic Meissner, der “Das Glücksrad” 14 Jahre lang moderiert hat, denkt gerne an diese Zeit zurück. “Natürlich kommt auch etwas Wehmut auf, wenn die Studioeinrichtung nun versteigert wird”, so Meissner gegenüber FOCUS Online.
Gegen Ende der Woche hatten die “B.Z.”, die “Hamburger Morgenpost” und sogar die “Süddeutsche Zeitung” über die Auktion berichtetet. Letztere, obwohl die Sendung im Rückblick “dermaßen dämlich” sei, “dass es fast schade um jede Zeitungszeile ist, die man darüber verliert”.
Nachdem Paul Awe übereinstimmend als “Medienunternehmer” bezeichnet worden war, stellte er am 30. Juni in einem Update auf der Auktionsseite klar:
Ich bin KEIN “Medienunternehmer” (wie in der Presse dargestellt), sondern ein ganz normal arbeitender Mensch – jetzt mit ein bisschen Glück, hoffentlich!
Am gleichen Tag beantwortete er die Frage eines eBay-Mitglieds, um welches Glücksrad es sich denn jetzt eigentlich handle, so:
Die zur Verstiegerung stehende Version ist nicht die, die 1988 auf SAT.1 zu sehen war, sondern lief auf 9 Live.
Zwei Tage später war die Auktion auch zu Bild.de durchgedrungen:
Die Auktionsseite hatte die Autorin für ihren Artikel offensichtlich nicht gelesen, denn sie schrieb:
Der Münchner Medien-Unternehmer Paul Awe versteigert die Original-Requisite aus der gleichnamigen TV-Sendung jetzt im Online-Auktionshaus Ebay.
Außerdem schrieb Bild.de:
Demnächst soll auch noch die dazugehörige Buchstabenwand, die bei der Show jahrelang das Reich von Buchstaben-Fee Maren Gilzer war, bei Ebay unter den Hammer kommen.
Die Buchstabenwand, die deutlich kleiner ist als die, vor der Maren Gilzer jahreland auf und ab schritt, stand da bereits seit mehreren Tagen zur Versteigerung.
Die Kabel-1-Variante des Glücksrads war übrigens bereits im Jahr 2002 für einen guten Zweck versteigert worden.
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2. Interview mit Christian Stöcker (basicthinking.de, Jürgen Vielmeier)
Wie geht Christian Stöcker, Ressortleiter “Netzwelt” von “Spiegel Online”, mit Fehlern um? “Fehler machen wir natürlich auch, und es ist klar, dass sich das nie ganz vermeiden lassen wird. Unser Anspruch besteht darin, dem Leser das Beste zu liefern, was unter den aktuellen Umständen drin ist – was auch bedeutet, dass wir schnellstens und transparent korrigieren, wenn tatsächlich mal ein Fehler auf der Seite gelandet sein sollte.”
4. “Neue Medienmode lateinamerikanischer Potentaten” (faz.net, Josef Oehrlein)
Wie der Präsident von Venezuela, Hugo Chávez, mit Medien umgeht. “Für ihn zählt nur der direkte Kontakt zu seinem Publikum, dem ‘Volk’. Dazu braucht es für ihn weder Regierungssprecher noch Journalisten. Bei Pressekonferenzen, so sie überhaupt noch stattfinden, sind Journalisten bloße Stichwortgeber für schier endlose Monologe.”
5. “DSK darf wieder lächeln” (katrinschuster.de)
Die Berichterstattung der Medien über die Vergewaltigungsvorwürfe gegen Dominique Strauss-Kahn: “Offenbar will man einfach nicht wahrhaben, dass Journalisten weder der Exekutive noch der Judikative angehören. Und wenn Medien einen Angeklagten erst als schuldig vorstellen, noch bevor die Ermittlungen begonnen haben, um es dann ‘spektakulär’ zu nennen, wenn während der Ermittlungen Zweifel an dieser Schuld aufkommen, wird auch ihre Befähigung zur Ausübung der so genannten Vierten Gewalt in dieser unserer Gesellschaft des Spektakels ziemlich fraglich.” Siehe dazu auch Stefan Niggemeier, der Artikel in “Stern” und “Spiegel” analysiert.
6. “Und um das Sommerloch: ein Bagel” (snoeksen.blogspot.com)
Bild.de berichtet über “Bagelheads”: “Nur: zum einen ist es kein wirklicher Trend, neu ist es auch nicht und aus Japan… naja, entstanden ist es zumindest woanders.”
Bundesinnenminister Friedrich hat heute den Verfassungsschutzbericht 2010 vorgestellt. Die Zahl der “Straftaten mit extremistischem Hintergrund aus dem Bereich ‘Politisch motivierte Kriminalität – links'” ist demnach von 4.734 im Jahr 2009 auf 3.747 im vergangenen Jahr gesunken (ein Minus von 20,8%), die der “Straftaten mit extremistischem Hintergrund aus dem Bereich ‘Politisch motivierte Kriminalität – rechts'” von 18.750 auf 15.905 (minus 15,2%).
Das ZDF illustrierte diese Nachrichten in seinen nachmittäglichen “Heute”-Nachrichten mit dieser Grafik:
Vielleicht lassen Sie diese Zahlen-Balken-Kombination einen Moment auf sich wirken.
Zeichnet man den Balken der linksextremen Straftaten im gleichen Maßstab wie den der rechtsextremen, sieht die Grafik ungefähr so aus:
Aber die Grafiker der ZDF-Nachrichten haben’s bekanntlich nicht so mit der Verhältnismäßigkeit.
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1. “Hamburg, keine Perle” (timklimes.de, Video, 2:50 Minuten)
Wie sich Tom Hillenbrand nach einem Tweet und einem Blogtext als “Hamburg-Hasser” auf der Titelseite der “Hamburger Morgenpost” wiederfand.
2. “Im Namen der Dose” (zeit.de, Stefan Müller und Joachim Riedl)
Die Tochterfirma des Getränkeherstellers Red Bull aus Fuschl am See baut ihre Medienaktivitäten nach und nach aus: “Zum Portfolio des Red Bull Media House mit 530 Mitarbeitern gehören unter anderem eine Radiostation in Neuseeland sowie die Magazine Seitenblicke und Speedweek. Flaggschiff ist das Red Bulletin, das in einer Auflage von 4,6 Millionen Stück produziert wird und in neun Ländern, seit diesem Jahr auch in den USA, verschiedenen Tageszeitungen beiliegt.”
3. “Bei uns gibt es die besseren Texte” (journalist.de, Svenja Siegert)
Der Chefredakteur von sueddeutsche.de, Stefan Plöchinger, spricht über sein Produkt: “Auf allen, wirklich allen Nachrichtenportalen gab es in der Vergangenheit Exzesse von Klickstrecken. Da würde ich auch bei Spiegel Online einige finden. Websites haben den Fehler gemacht, zu lange nur auf Klicks, also Page Impressions, zu optimieren. Das Resultat: ewig lange Bildergalerien, die in die Irre führen, Zeit von Redakteuren binden, Leserinteressen nicht gerecht werden, Qualität vernachlässigen.”
4. “Teamarbeit – nicht nur auf dem Spielfeld” (blog.tagesschau.de, Tanja Körbl)
Tanja Körbl beschreibt, wie deckungsgleich (und redundant?) ARD und ZDF arbeiten: “Die rote Lampe an der Kamera geht aus, der Moderationstisch wird schnell ausgetauscht (unvorstellbar – eine ARD-Sendung mit einem Tisch vom ZDF…). Die Windschütze auf den Mikrofonen müssen auch gewechselt werden – von leuchtendem Orange zum Königsblau. Alle wieder auf Position. Und das Ganze noch einmal.”
5. “Mutig auf den Mainstream scheißen” (taz.de, David Denk)
David Denk hat “ein paar zunächst vielleicht verrückt klingende Vorschläge für neue Fernsehformate”.